Kritische Analekte voN K. W. Krüger. Erstes Heft. Berlin. K. W. Krüger's Verlagsbuehhandlung Alle rechtmässigen Exemplare fuhren hier den Stempel des Verfassers. Leben des Thukydides1). §. 1. Abkunft. Vorwort. Thukydides der Ath'enacer und Halimusicr. Oloros. llegesipyle. Ln-kiadae. Peislstratiden. Pliilaiüen. Männer die durch Thaten oder Werke auf Mit- und Nachwelt bedeutend eingewirkt haben in Beziehung auf ihre Lebensverhältnisse möglichst genau kennen zu lernen ist ein Wunsch nicht bloss müssiger Neugier. Wer den Strom der Jahrtausenden Befruchtung gewährte bewundert wird gewiss, zumal wenn er selbst einer der Anwohner ist, gern auch sich von seinen Quellern und ihren Umgebungen unterrichten, sollten sie auch noch so unscheinbar sein. Denn nur durch Gegensatz verschwindet das Kleine vor dem Grossen: durch die Verbindung mit demselben wird es gehoben und geadelt. Doch nur selten ist es uns vergönnt jenen Wunsch genügend zu befriedigen, am seltensten in Beziehung auf Schriftsteller. Geränschloss und wenig bemerkt ist mehrentheils ihr Dasein hingeschwunden1; um ihr Leben kümmerte man sich gewöhnlich erst nach ihrem Tode, oft nicht einmal früh genug, um auch nur über Aeusserliches zuverlässige Nachrichten zu erhalten. Daher so häutig schwankende und widersprechende Angaben, aus denen das Wahre auszuscheiden nicht selten unmöglich scheint. Und doch findet man sich dies zu versuchen besonders dann dringend angeregt, wenn das Verständ-niss oder die Beurtheihing der Werke selbst durch eine genauere Kenntnis» des Lebens ihrer Urheber bedingt ist. Zwar möchte man Anstand nehmen sich mit Untersuchungen zu beschäftigen durch die man oft so wenig zu sichern Ergebnissen gelangt dass gewöhnlieh wer denselben Gegenstand aufs Neue behandelt überall die Ansichten der Vorgänger zu berichtigen Anlass findet oder zu finden glaubt. Indens ') Diese Schrift erschien zuerst im Jahre 1832 als Osterprogramm de» Joaehimstlialschen Gymnasiums und daneben mit dem Aufsatze über den Demos Melitc im Selbstverlage. Die Zusätze sind mit [ ] eingeklammert; Acnderungen habe ich nur wenige und geringfügige vorgenommen. 1 sorgfältige Forschung, auch wenn sie selbst das Wahre nicht ermittelt, kann wenigstens dem glücklichem Nachfolger förderlich sein. Und wer es redlich mit der Wahrheit ineint, dem wird es schon geniigen zu ihrer Entdeckung nur mitgewirkt zu haben. Welcher Philosoph, wenn anders er nicht von lächerlicher Eitelkeit geblendet ist, wird nicht die Ucberzengung haben dass auch seiner Schule das Schicksal aller früheren unausbleiblich bevorstehe? Oder darf er wähnen dass ewig nur Schüler sich mit der Wissenschaft beschäftigen werden? Denn auch seine Schüler sind doch eben nur Schüler. Dennoch wird er sein Streben nicht für verfehlt erkennen, wenn er sich be-bewusst ist den herrlichsten Schatz der Menschheit, die Wahrheit, durch ei-genthümliche Beisteuer vergrössert zu haben. Wer die menschliche Beschränktheit wahrhaft erkannnt hat vermag daher kaum sich eines Lächelns zu erwehren, wenn er irgend eine umfassendere Untersuchung für abgeschlossen erklärt sieht. Ein solches Urtheil ver-räth eben so sehr Unkundc als — ihre gewöhnliche Begleiterin —- Anmussung, wenn es nicht etwa gar noch schlechtem Beweggründen entstammt ist. Weit entfernt für die folgende Abhandlung über das Leben des Thukydidcs, so beschränkt auch der Gegenstand ist, ein so zweideutiges Lob zu wünschen, wird der Verfasser die auf sie verwendete Arbeit hinreichend anerkannt glauben, wenn einsichtige Beurthciler finden dass er die Untersuchung nicht ohne Umsicht und Schärfe geführt habe: Eigenschaften denen wenigstens nachzustreben Ehrfurcht vor den Manen des grössten der Hellenischen Historiker gebot. v Tilükj'iiitlcs stammte aus llalimus1), einem Demos in Attike, welcher, zu der Phyle Leontis gehörig"), an der Küste zwischen Phaleron und Kolias lag und von Athen selbst nur fünf und dreissig Stadien entfernt war3). Jetzt führt der Ort den Namen Misia. ') e. Plutarch. Kim. 4: 'Aliun iiirinq yiynve xnv äT/itov. und die Inschrift bei Mareellin IG. 55 und dem Anon. 10. Sonst wird er schlechtweg Athener genannt, auch von sich selbst. Ueberhaupt war die Bezeichnung nach Demen nur üblich wenn man bloss in Beziehung auf Attike sprach; natürlich also musste auf der Grabsäule des Geschichtschreibers &ovkvöMi;? 'A).i-fiovGioz stehen. Mit Rücksicht auf andere Völkerschaften Griechenlands nannte man sich 'A9ijvaTo:. So heisst Xenoplion, der aus dem Demos Er-cheia stammte, in der Anabasis überall 'AO-qväToq. Nur eine scheinbare Ausnahme macht Antiphon der Bhainnusier. Der Name Antiphon nämlich war bei den Attikern so häufig dass eine nähere Bezeichnung, etwa nach dem Demos, durch das Bedürfniss eine Art Beiname wurde, zunächst nur bei den Attikern, von denen er aber als solcher leicht auch zu Auswärtigen, selbst Römern, wie Cic. Brut. 12, überging. So ist es erklärlich, wie bei Dionysios nrfil 'Iauloirpag. 627 Avtkjmv n 'Paftvouaioi; neben 1 lolvxQiirtjq o 'A&i;vaioq erscheint. — 2) 'Ahfiovq Sn/inq tirn cijg Aenvxhhq. Lex. Seg. p. 3"G. Vcrgl. Stcph. Byz., Harpokrat. und Saidas unter dem Worte, das Schol. zu Aristoph. Vögeln 498 und Kruses Hellas U p. 214. — 3) Dcmostli. g. Eubnl. 10 p. 1302. Seinen Vater nennt der Geschichtsschreiber selbst Oloros'); und so fast ohne Abweichung auch alle späteren Schriftsteller 2) die denselben erwähnen. Nur Marccllin3), dem einige Neuere '1) beistimmen, behauptet, auf Didymos Zeugniss sich berufend, der Name sei Orolos zu schreiben. Dies bezeuge die Inschrift welche auf der Grabsäule des Thukydides gestanden: (jouxi'didrfi 'OpoXou 'slXiftourtiot; (tv&cti)e xeixcci). Zwar wird an andern Stellen 6) welche diese Inschrift anführen der Name Oloros geschrieben. Allein bei der Leichtigkeit einer solchen Verwechselung 6) wurde dieser Umstand gegen ein so bestimmtes Zeugniss nichts beweisen, wenn der wenig zuverlässige und in dieser Stelle etwas verwirrt sprechende Gewährsmann 7) die grosse Uebereinstimmung mit der so viele Schriftsteller, ohne dass sich bei ihnen die andere Lesart fände, Oloros schreiben, aufwiegen könnte. Dazu kommt dass auch Ilerodotos 8) einen Thrakischen Fürsten Oloros erwähnt und dass gerade dieser es ist durch den der unhellenische Name in das Geschlecht des Thukydides gekommen Die Tochter dieses Oloros nämlich, Hegesipyle, hatte Miltiades, der Marathonisehe Sieger, geheirathet,0) und mit ihr den Kimon erzeugt1'). Noch von mehreren Kindern spricht Marccllin, ohne sie jedoch zu nennen. Da nun die Schriftsteller ausdrücklich bezeugen dass Thukydides mit dem Geschlechte der Kimon verwandt gewesen ,8), so könnte man vermuthen dass auch Oloros, der Vater des Gcschichtschreibers, ein Sohn des Miltiades gewesen und nach seinem mütterlichen Grossvater genannt sei 13), wie Kimon nach dem väterlichen. Allein wenn Oloros ein Bruder des Kimon gewesen wäre, so würden wir höchst wahrscheinlich eine bestimmte Angabe darüber haben. Dazu kommt eine chronologische Schwierigkeit. Miltiades nämlich scheint die Hegesipyle geheirathet zu haben zur Zeit wo noch die Peisistratiden zu Athen herrschten, und Oloros würde mithin um das Jahr ') IV, 10-4, 2. — 2) Doch hat Phot. Bibl. CO VXovqnq. - 3) § 16. und daselbst Hudson. — l) Vossius De bist. Gr. I, 4 und Fabricins B. G. 25, 1. — 6) Marcellin § 55, Anon. § 10. — So schwankt auch die Lesart zwischen Olore und Orole rege bei Justin. XXXII, 3. Wahrschein- * lieh ist hier derselbe Name gemeint. |Vgl. Sauppe Acta soc. Gr. II p. 429 s.]{— Marc. § 16: /irj uyvooiuev <).= toülo ort "OooAoc <> TTartjn airriTi icrci, zijs fiiv nqiiixrfi millaß^i to u tyovnrfi, r/Js äi (Seviipat; ro X. avrt} •/alt tj YQatp'l, <5s xcti AiHiniw Jaxei, ///la^ii/rai. Der Scholiast zum Pindar Nem. II, 19 erwähnt einer Angabe des Didymos über das Geschlecht des Thukydides und nennt doch den Vater desselben Orolos. Würde er dies wohl gethan haben, wenn er von Didymos diese Schreibart für irrig erklärt gefunden hätte? Die Worte «utjj ydcp — >j/<«ori,riH sind vielleicht eine Randbemerkung die Jemand der Angabe des Marc, entgegensetzte. Grauert ad Marceil. vit. Thuc. im Rhein. Mus. I, 3 p. 176 ff. verbessert: — du 'VJ.naog oux Vffoiog, und liest auch im Folgenden "Oxonoj — 'OXaQav. Dann sind natürlich auch (> und A zu versetzen. — 8) VI, 39. 41, 2. — Plut. Kim. 4, Marc., Suid. — 10) Herod. VI, 39. — ") Plnt. a. d. a. St. — ,2) Plut. u. die Biographien dos Thuk. — 13) So war der bei Isaeos über die Eri)schaft des Dikaeog. 12 ff. erwähnte Mencxenos nach seinem mütterlichen Grossvatev so genannt. Vgl. § 5. 1* 4 in dein Thukydides geboren sein mag, bereits in einem ziemlieh hohen Alter gestanden haben. Endlich war Kimon aus dem Demos Lakiadae'), der zur Erechtheisehen Phyle gehörte; Thukydides aus Halimus, einem Gaue der Leontis. Alle diese Schwierigkeiten fallen weg, wenn man annimmt dass eine Tochter des Miltiades und der Hegesipyle Oloros Mutter gewesen. Hiemit stimmt auch die Angabe des Suidas: (Öoi'xtdf/dijs) r\v uno fti/rpo? [ju£r 71arpos Gaisford] (unb) ß/tXnadoi' rof (Jcficci^ynv ro ytvo5 fixwv, wiewohl sie freilich- auch eine andere Beziehung gestattet; und wenn Marcellin *) sagt: t)oxei iifTir* eIvcu roü MiXziotäov ?) Ol yai ntdn, so wäre hier durch eine leichte Verwechselung vom Sohne berichtet was vom Vater gilt, wenn nicht vielleicht gar die richtige Angabe in der Lücke stand. So erhalten auch einigen Sinn die Worte des Marcellin3): ««/Wo t'x naXaiov t» yivti rti>bq Mi).riadi/v rov (rri>atrtybr. Die Mutter des Thukydides nennt allein Marcellin '). Sie soll Hegesipyle geheissen haben. Man möchte vermuthen dass auch sie eine Enkelin des Miltiades und der Hegesipyle gewesen und also von ihrer Grossmutter den Kamen erhalten. Dies scheint wenigstens wahrscheinlicher als anzunehmen dass ein blosser Zufall dem jüngeren Oloros eine Hegesipyle zugeführt oder dass diese Angabe des Marcellin ungegründet sei. Möglich dass auf sie die vorher anders gedeuteten Worte des Suidas hinweisen. Befremdend ist die Angabe dass Thukydides mit den Peisistratiden verwandt gewesen. Der Hauptzeuge für diese Nachricht ist llermippos 5), wahrscheinlich der Smyrnaeer, welcher, wie es scheint, im Zeitalter des Ptoleniaeos Euergetes lebte und Biographien ausgezeichneter Gelehrten geschrieben hatte 6). Da Josephus 7) ihn einen sorgfältigen Geschichtsforscher nennt, so möchte man Bedenken tragen eine von ihm ausgesprochene Angabe in Zweifel zu ziohen, zumal da Thukydides genaue Bekanntschaft mit der Eamilie ein näheres Verhältniss zu ihr anzudeuten scheint 8). Indess die Verbindung in der diese Nachricht gegeben wird, erregt einigen Zweifel gegen ihre Zuverlässigkeit "). Herinippos nämlich, heisst es, meldet dass Thukydides auch von den Peisistratiden den Tyrannen sein Geschlecht herleite. Desshalb zeige er in seiner Geschichte auch Neid gegen Ilarmodios und Aristoteigon, indem er angebe dass sie nicht die Tyrannenmörder gewesen. ') Plut. Kim. 10. [Cic. off. 2, 18, aus Theophrastos.] - *) § 3. [Was H. Wuttke De Thue. scriptorc b. Pcl. spec. p. 25 ff', sagt kann ich für jetzt nicht kritisiren; eben so auch nicht die Stammtafel K. 0. Müllers (Gesch. der gr. Lit. 2 S. 341) u. Roschers (Leben, Werk und Zeitalter des Thuk. S. 90). Vgl. Meyer Do gentil. Att. p. 52 u. Vömel Exerc. chronol. de aetate Solonis et Croesi p. 16.] — 3) § 15. — 4) § 2. — 5) Marc. § 18. und Sehol. z. Thuk. I, 20. — °) Voss. De hist. Gr. p. 102 s. Angeführt auch von Plutarchos im Sol. 2. — 7) in Apion. 1: nolloi elf y.ai ne/>i au cor (ircoqijxcim xcü tovrwv etfKT/j/törards icriiv , ctvijp ne/ii närruv locnyiciv em/ie).i'l<;. Seine ctxqißeia rühmt auch Dionys, nt(ii 'Inalov I. — 8) VI, 55, 1. Vgl. Haacke kl. A. p. x. — [") Was H. Wuttke p. 29 ss. gegen das Eolgende bemerkt find' ich nicht nöthig zu zergliedern.] 5 Manches auffallende Beispiel beweist wie geneigt die späteren Griechen waren da wo sie gewisse .Jntercssen, besonders in Beziehung auf Vaterlauds-liebc, von den Gesehiehtschrcibcrn verletzt glaubten, ihnen schlechte Beweggründe unterzuschieben. Sehr natürlich dass man dabei es mit der Wahrheit nicht immer sehr genau nahm und wohl gelegentlich eine Vermuthung als Thatsache aussprach. Das könnte leicht auch hier geschehen sein, vielleicht nicht vom Hermippos seihst, sondern von einem Athenischen Geschicht-schrciber, der von ungehöriger Vaterlandsliebe geleitet auf eine solche Weise sich die von der herkömmlichen Sage abweichenden Angaben des Thukydi-des über die Tyrannenmörder zu erklären suchte. Indcss erscheinen diese doch auch beim Herodotos nicht als Befreier Athens und was Thukydides über sie und die Peisistratidcn hinzufügt ist keinesweges von der Art, dass man sich dadurch eine' Verwandtschaft desselben mit den letztem zu erdichten veranlasst finden konnte. Wenn man dagegen diese Verwandtschaft als Thatsache kannte, so lag es ziemlich nahe dass Hermippos oder wer sonst vermuthete, sie habe auf des Geschichtschreibers Nachrichten über die Peisistratidcn Einfluss gehabt. So fänden wir nur eine irrige Folgerung, nicht eine Erdichtung. Indess liegt in der Sache selbst eine bedeutende Schwierigkeit. Die Peisistratidcn. waren mit ihren Kindern aus Athen vertrieben und gewiss hat keiner ihrer Nachkommen, zumal in den nächsten Jahrzehnten, die Rückkehr nach Athen erlangt oder gewagt. Wie konnte also von ihnen Thukydides abstammen? Kaum anders als etwa durch eine Tochter, die schon vor Vertreibung der Peisistratidcn an einen Athener verheirathet gewesen. Oder will man annehmen dass Thukydides von den Neleiden sein Geschlecht hergeleitet und dass bei der Benennung Peisistratiden an Peisistratos den Sohn des Nestor zu denken sei ')? Beide Annahmen haben nur geringe Wahrscheinlichkeit. Eher scheint es glaublich dass Marccllin ungenau von Abstammung spreche, während Hermippos selbst, wie der Scholiast des Thukydides 2), nur Verwandtschaft erwähnt habe. Von dieser Verwandtschaft scheint sich wirklich noch eine Spur erhalten zu haben. Plutarchos 3) nämlich berichtet, dass nach Aias Sohne Philaeos, von dem auch Kimon 4) und Thukydides ihr Geschlecht herleiteten, der Demos der Philäiden seine Benennung habe und dass aus diesem Peisistratos gewesen. Nun aber bemerkt Niebuhr dass mehrere der Namen auf Hat nicht, wofür sie ausgegeben würden, Demen, sondern Geschlechter bezeichnet hätten6); .und dass diese Be- ') Vgl. Herod. V, G5, 2. — zu I, 20: » ioTi ji»n; tmv lleim-ociiatitiüiv, [So auch Roscher S. 91.] — 3) Solon 10. — ') Herod. VI, 35, 1, Marc. § 3. [vgl. Sturz, z. Phercc. p. 84.] — ®) Grauert a. d. a. St. p. 180: Quoniam Philaeus idein et in Pisistrati pago avus et in geilte Mil-tiadis, adeo ut in pago Mclite habitavisse dicatur apud Plutarehum et tt^us Tut; Mehilm jriUai? fuerint gentis Miltiadiae monumenta, jure aliquis con-jiciat affines hac ratione horum virorum execilentium fuisse familias. Attamen quum äijunq dicantur 'I'tiaiJa» apud Plutarehum atquo alios quoque, unde merkung gerade in dem vorliegenden Falle anwendbar sei mochte man schon daraus sohliessen dass sich der Heros Philaeos in Melite angesiedelt hatte ') und bei dem Molitischen Tliorc auch später sich die Familiengruft des Kimon fand, wahrend das Geschlecht desselben zu dem Domos Lakiadae gehörte. Dazu kommen bestimmte Zeugnisse. Der Etymolog ") nennt die Philaiden ein Geschlecht zu Athen, und nach Mctrodox'os 3) war Epikaros dem Demos nach ein Gargettier, dem Geschlechte nach ein Phila'ide. Nichts desto weniger nmss es doch auch einen Demos dieses Namens gegeben haben, da in mehr als einer Inschrift4), wo an eine Bezeichnung nach dorn Geschlechte nicht zu denken ist, Philaiden erwähnt werden. Nicht unwahrscheinlich ist überdies Stuart's Vernuithung 5) dass der Ort Philiati der alte Demos der Philaiden sei. Wie man sich aber auch hierüber erklären mag, immer darf man fragen, wie konnte Pcisistratos, ein Neleide, dem Geschlechte nach ein Phila'ide sein? Vielleicht von mütterlicher Seite, könnte man erwidern; allein nach der weiblichen Linie pilegte man die Geschlechter nicht zu bezeichnen. Oder wollen wir au Adoption denken? Wenn sich nur irgend eine Spur davon fände. Auf jeden Fall steht die ganze Nachricht auf so schwankendem Grunde dass es geratlien ist sie als unzuverlässig zu bezeichnen, zumal da wir ihr eine Hauptstütze die für sie angeführt wird später entziehen müssen und in der Folge manches Aehnlichc als erdichtet nachweisen werden. §. 2. Geburtsjahr. Gelliua und Famphile. Marcellln. Der Aiaraymos. rH).ixlu, Ueber das Geburtsjahr des Thukydides verdanken wir dem Gellius ®) eine Angabe. „Hellanikos, sagt er, scheint beim Anfange des Peloponne-sischeu Krieges fünf und sechzig, Hcrodotos drei und fünfzig, Thukydides vierzig Jahre alt gewesen zu sein. Diese Angabe findet sich im eilften Buche der Pamphile." Diese Pamphile, uach Saidas7) eine Epidaurierin, nach Pliotios B) eine in pagoruni tabulam eos reeepit Corsinius F. A. T. I p. 246, nonnihil dubii restabat. Quod quidem tum demum remotum est, quum exponentem sibl me conjeeturam ineam Niebuhrius fecit certiorem, plures qui dijuoi dic.antur apud ipsos veteres nomine in termiuante non fuisse d'^itou?, sed gentes, atque eo permagnum pagorum minui numerum, eurnque multo majorem eo quem Clisthenes esse voluerit, centum constituens. — ') Kim. 4. — 2) in 'Ina/.ndui. — 3) b. Diog. Laert. X, 1. — '•) bei Boeekh I p. 152. 157. 347. —' 5) Autiq. of Athen. HI p. 16. vgl. Kruses Hellas II S. 292. Plutarch. Kim. 4, Sol. IU u. das Sehol. zu Arist. Vög. 873. — 6) XV, 23. — 7) u. d. N. — 8) cod. 175: [raiir« dl nuvea örra Inyou xal [ivri/tr/t; ctvcTj ä;ia Hoxel eis ii7ii)/ivii(iara rriifiiiiyij xal oii rtobi ("s iilai v/toO-eauq äiaxexQi/itvov txamov äielüv, äf.i.' oi"t«>? etxfj xal £><; 'ixaaiov inr\).0-tv ävu/fjci Jim, H. Wuttkc, der p. 33 ss. 41 ss, die Pamphile gegen mich ritterlich in Schutz nimmt, hat diese Stelle auch init- Aegyptierin, vielleicht also eine Epidanrierin die in Aegypten lebte, blühte in Neros Zeitalter und war Verfasserin eiues grossen aus drei und dreissig Büchern besthehenden Werkes '), in dem sie ohne Ordnung und Plan historische Einzclnlieiten aller Art, wie der Zufall sie ihr durch Umgang oder Bücher in die Hände spielte, zusammengetragen hatte. Eine so entstandene Sammlung kann unmöglich als sehr zuverlässige Quelle betrachtet worden, zumal in chronologischen Angaben, in denen (auch nur in Beziehung auf sich selbst) genau zu sein überhaupt nicht die Stärke des schönen Geschlechtes ist. Auch wird die Pamphile sonst in dieser Beziehung nicht leicht angeführt. In dem vorliegenden Falle erregt schon, trotz der sonstigen Bestimmtheit der Angabe, das schwankende scheint (videtur) einiges Misstrauen2). Gesteigert wird dies durch die Bemerkung dass, wie später getheilt, aber sehr klug nur bis ä).).' oilrmg. Denn das elx'j etc. lautet für die Zuverlässigkeit der Sammlerin doch gar zu ungünstig. Auch das scheinen die irrenden Bitter dieser Dulcinca nicht erwogen zu haben was sie selbst von der Entstehung ihres Werkes meldet. Sie schrieb nämlich von ihrer frühen Jugend an (ix 71 aidb;) 13 Jahre hing tagtäglich auf was sie von ihrem Manne lernte; ausserdem auch was sie von mehr oder weniger gelehrten Besuchern hörte, so wie was sie selbst aus Büchern auflas. Die bis zur Unbegreiflichkeit tactlose Unkritik mit welcher II. Wuttkc die Sache behandelt, kann ich um so mehr übergehen, da ich (schon im J. 1839) in dem epikritischen Naclitragc § 3 11. 6 ff. das Nöthige über diesen Punct gesagt habe. Hier bemerke ich nur noch dass die dort § 7 aufgestellte Combination, durch die eine Ausgleichung der Angabe des Marcellin mit der des Gellius erzielt wird, mir jetzt ansprechender als früher scheint.] — ') Suid. Auch Diogenes V, 30 führt 32 an. Irrig erwähnt I'hotios nur 8. Doch vielleicht waren die übrigen zu seiner Zeit schon verloren. — 2) Diese Abhandlung war früher geschrieben als mir der zweite Band von Clintons Fasti Uellcnici zukam. Clinton sucht p. 607 die von mir über Thukydidcs Geburtsjahr ausgesprochene Ansicht besonders dadurch zu widerlegen dass er das Zeugniss der Pamphile, weil es von Gellius angenommen sei, für gewichtiger als das des Marcellin erklärt; denn Gellius habe literarische Chronologie erforscht (investigated) (vgl. XVII, 21), habe die xqovixu des Apollodoros gelesen (vgl. XVII, 4) und ohne Zweifel manche andere Werke der Art, von denen selbst die Namen jetzt nicht bekannt seien. Wir hätten hier also nicht die Pamphile allein, sondern die Pamphile verbürgt (sanetioned) durch Gellius, einen gültigen Richter von der Glaubwürdigkeit ihrer Angabe. — In der That? ein oberflächlicher Sammler wäre desshalb, weil er öfter chronologische Notizen aus seinen Quellen entlehnt, als Forscher der Chronologie und als gültiger Richter in derselben zu achten? er der selbst sich von acri atque subtili cura in dieser Hinsicht entbindet und nur wünscht: ut noctes istac quadamtenus his quoque historiac llosculis leviter adsperge-rentur (XVII, 21, 4.) Unmöglich! [Und kennt denn nicht Jeder die berüchtigte Unzuverlässigkeit der Compilatoren? Weiss nicht Jeder dass man ihnen bei jedem Schritte misstrauen muss? Kennt man nicht Lessings treffendes Wort (Antiqu. Br. 18 g. E.): „Der Compilator braucht sich schlechterdings an nichts zu erinnern. *' Beiläufig. Wenn II. Wuttkc S. 32 mir die Behauptung unterschiebt dass Compilatoren: nobis esse negligendos, so erregt er damit eine Vorstellung die meinen Worten nicht entspricht. Ich fordere offenbar nur vorsichtigen Gebrauch. Misstrauen aber ist das erste Gebot der Kritik wie der Politik und gegen wen wäre man berechtigter dies 8 gezeigt werden soll, höehst wahrscheinlich was von Ilcllanikos Alter gesagt wird unrichtig ist. Wenig vorsichtig scheint es also dass man kein Bedenken getragen hat auf das Zeugniss einer Famphile ') ohne Weiteres eine andere Angabe zu verwerfen oder durch einen Verbesserungsvorschlag mit der ihrigen in Uebcr-einstimmung zu bringen. Nach Marcellin 2) nämlich soll Thukydides über fünfzig Jahr alt geworden sein. Sein Tod aber fällt in Ol. 94; mithin würde er OK 81 oder vielleicht schon 80 geboren sein. Freilich ist auch Marcellin nur ein unkritischer Sammler und ohne Zweifel aus einer späteren Zeit als die Famphile3). Allein er ist doch der Biograph des Geschichtschreibers und benutzte Quellen die man ihr vorzuziehen nicht anstehen darf. Und dass mehrere derselben die von ihm überlieferte Angabc enthalten haben möchte man daraus schliessen dass er sie mit einem „man sagt" einführt. Ja selbst ihre Unbestimmtheit kann ein günstiges Vorurtheil für sie erregen, da das Werk des Thukydides erst lange nach dem Tode desselben zu üben als gegen die meist sehr gedankenlosen Compilatorcn ? Dass wir oft nur solche Quellen besitzen ist eine weise Fügung des Schicksals, um scharfsinnigen Köpfen Anregung und Beschäftigung zu geben. Aus demselben Grunde hat Mutter Natur besonders Theologen und Philosophen so reichlich mit Verkehrtheiten ausgestattet. Um Dcssinge anzuregen darf es an den Göze nicht fehlen.] Aber gesetzt, Gcllius wäre ein gültiger Richter: würde nicht immer sein videtur in der obigen Stelle es mehr als zweifelhaft machen, ob er es hier wäre, hier sein wolle. Allerdings benutzte er noch manche chronologische Werke die für uns verloren gegangen sind; aber wodurch wird es wahrscheinlich dass er in ihnen etwas über die Geburtszeit des Thukydides vorfand? Wäre das der Fall gewesen, warum hätte er sie nicht eben so wohl als die Pamphile erwähnen sollen? oder vielmehr, warum hätte er nicht lieber Schriftsteller von anerkanntem Gewicht in der Chronologie als eine in derselben gar nicht geachtete Sammlerin anführen sollen? So gültig als ihr Zeugniss, mein' ich, ist wohl auch das Zeugniss eines Schriftstellers, für den Thukydides Leben zu behandeln eigentliche Aufgabe war. Ja dürfen wir das videtur, wie es wirklich den Anschein hat, von der Pamphile herleiten, so erscheint ihre Angabe als völlig unsicher. Gar keine Beachtung verdient Suidas: Ijx/iate xaict ii,v nt} 'Ölufiirtäd'a. Denn da in diese Olympiade der Anfang des Peloponnesischen Krieges fiel, so lag es ihm sehr nahe in sie auch die Blüthe des Thukydides zu setzen, ohne dass er dabei sieh einfallen liess, ein Alter von etwa 40 Jahren andeuten zu wollen. Sehr möglich aber ist es dass durch denselben Ausdruck, bei einem früheren Schriftsteller vorgefunden, die Pamphile sich zu der bestimmten An uTir urt. p. 200 Cant.: (dovxudl^g o O/.oooi/) Ol /tovov ifj löiv Xnyoiv änr&fiic xcu afuvü-iifit, «Ma xut z Tj lüiv ft(tuyii'Xiuv ü/mßtirt TT'.i tuiov 7t(J0t/tiv tiov crvyy(ju- tf.iu)v (So«r. 9 bekannt and berühmt wurde, und es also wahrscheinlich nicht mehr möglich war etwas Genaues über das Geburtsjahr des Verfassers zu ermitteln. [Auf eine solche Gcnaiugkeit waren auch die Hellenen des vierten Jahrhunderts so wenig erpicht, dass z. B .Xenophon das Alter der ihm sehr bekannt gewordenen Strategen Klearchos, Proxenos, Agias und Sokrates mit ähnlicher Unbestimmtheit bezeichnet: ) gewährte das Schicksal den lvrieg und er machte das von allen Hellenen Ausgeführte zum Gegenstande seiner eigenen Kunst und wurde Bewahrer dessen was der Krieg herbeiführte." Offenbar deuten diese Worte eher an dass Thukydides heim Anfange des Pe-loponnesischen Krieges noch ein Jüngling von fünf und zwanzig als dass er bereits ein Mann von vierzig Jahren gewesen2). • Diese Zeugnisse sind um so unverwerflicher, da sie sich aus dem Thukydides selbst bestätigen lassen. Er nämlich erklärt3) dass er den ganzen Krieg belebt habe cuTÖwöiitj'o? cfj 'jXixia xai 71Qost'/wv irjv yväifirjv. Also vermöge seines Alters, versichert der Geschichtsschreiber, habe er dio Ereignisse richtig aufzufassen vermocht. Er kann mithin weder beim Anfange des Krieges ein unreifer Jüngling noch am Ende desselben ein abgelebter Greis gewesen sein. Für das erste bedurfte es kaum einer Versicherung, da er selbst schon erzählt hat dass er gleich beim Beginne des Kampfes ihn zu beschreiben sich entschlossen und bereits im achten Jahre desselben Feldherr gewesen; desto mehr für das zweite, da gerade diese schon Ol. 89, 1 bekleidete Würde leicht die Vermuthung dass Thukydides am Ende des Krieges schon in sehr hohem Alter gewesen sei veranlassen könnte. Sie zurückzuweisen ist also auf jeden Fall, wenn nicht allein '1), so doch vor- ') In der Bcckschen Ausg. des Thuk. B. II p. 70. [11. Wuttke S. 41 findet in dieser Stelle eine Bestätigung seiner Ansicht, weil er glaubt bei dem Ausdrucke «'« uv/iga? ü'/ixeio an die „iines juvenilis aetatis'1 denken zu dürfen. So etwas scheint auch H11. Göller vorgeschwebt zu haben. Aber diese beiden Herren, denk' ich. werden auch die einzigen sein denen so etwas begegnen konnte. Vgl. den Epikr. Nachtrag § 4.] — 2) [Die Widerlegung der Einwendungen Hn. Göllers gegen diese Zeugnisse s. im Nachtrage § 3. 4. 6.] — 3) 5, 26, 4. — 4) Nur diese Beziehung sucht der Scholiast: üfii toi; axfiätynv () 1 u 10 yrj nu^tjßr]xivut rijv t/Xixt'ai' /zanuxoXnvQi'iy Tlü'Tiv. [LI, Wuttke S. 38 berichtet, ich glaube dass „'-Xixla omnino tiorentem solam ae-tatem" bezeichne. Das ist mir natürlich nicht eingefallen. Vgl. den Nach- 10 zugsweisc der Zweck jener Worte. Wenn aber dies der Sinn der Stelle ist, so kann inan sich schwerlich überreden dass Thukydides am Ende des Pelo-ponnesischen Krieges schon sieben und sechzig Jahre alt gewesen. Denn obgleich ein Mann dieses Alters immer noch kräftigen Geistes sein kann, so wird er doch schwerlich äussern dass er dies vermöge seines Alters sei; er ist es vielmehr ungeachtet seines Alters [netga ti;v i;Aixta»]. Also nicht alcj&avoftirw; rjj 'jXixia konnte Thukydides sagen, wenn er zu der angegebenen Zeit ein Greis von sieben und sechzig Jahren war, sondern nur etwa aif. p. 422 f.: (Vonylaq) roi'i eXXoyefloicätoVi avti(itl; (7.) / 15 Btotclcs desshalb habe tadeln wollen, weil dieser Alexandras Vorliebe für die Wissensehaften benutzte, um von ihm bei seinen Forschungen, besonders den naturgeschichtlichen, Unterstützung zu erlangen? Wenn der Philosoph dabei dem Helden über dessen Glück und Vorzüge, besonders über seine glänzenden Siege, etwas Schmeichelhaftes sagte, so hielt ihn gewiss Lukianos, der ihn sonst als Lehrer hochherziger und freier Gesinnungen mit dem Piaton und Chrysippos') zusammenstellt, dcsshalb nicht für den abgefeimtesten aller Schmeichler, wenn gleich er es bei der Stimmung in welcher er den Alexandras schildert ihn von diesem so nennen zu lassen für vollkommen angemessen erachten inusste, für eben so angemessen als er es hielt dass sein Parasit unter mehrern Philosophen auch den Piaton und Aristoteles als Zunftgenossen aufführe "). Etwas mehr Grund, scheint es, hat eine andre Beschuldigung die H. Dahlmann gegen den Lukianos erhebt. „Wir linden den Hannibal, sagt er, weil es in einen Dialog so passt, als einen Mann geschildert der nichts von griechischer Literatur verstanden3), da doch sogar der Name seines Lehrers im Griechischen aus Nepos bekannt ist und griechische Wissenschaften in Karthago fleissig geübt wurden." Dass Hannibal des Griechischen kundig genesen ist kaum zu bezweifeln. Soll er doch sogar Werke in griechischer Sprache geschrieben haben '). Wenn iudess diese Nachricht auch gegründet ist, so liisst sich doch zweifeln ob Hannibal selbst diese Werke Griechisch abgefasst habe, wenn man nicht etwa annehmen will dass er erst nach seiner Flucht aus Karthago dieser Sprache so mächtig geworden dass er sogar in ihr habe schreiben- können. Denn dass er früher ihrer nicht vollkommen kundig gewesen sagt Cicero5); und seiner Angabe widerspricht in der That auch die Stelle des Lukianos nicht. Denn bei ihm sagt Hannibal: wra/tijv Sti ivzavO-a (in der Unterwelt) xal T/jv'EU.uäa (f wvrjv e£ffta&ov. Nicht ffta&ov sagt er, sondern e'|efia&ov, ich habe sie vollständig erlernt, so dass ich jetzt nicht durch eine mangelhafte Kenntniss, wie ich sie auf der Oberwelt besass, mich in dieser Sprache genügend auszudrücken gehindert werde; eine Wendung durch die der Schriftsteller, wie es scheint, dem Vorwurfe dass er den Barbaren zu geläufig Griechisch sprechen lasse zuvorkommen wollte. Sollte indess auch die Richtigkeit dieser Erklärung in Anspruch zu nehmen sein, so würde zwar der Widerspruch dieser Stelle mit anderen Nachrichten fortbestehen, nichts desto weniger aber dem Lukianos nicht der Vorwurf zu machen sein dass er seine Angabe nur erdichtet habe, weil es in den Dialog so passe. Denn in den Dialog würde die Stelle eben so gut passen, wenn man, um sie mit der Angabe des Nepos in Uebereinstimmung zu bringen, das ivraü&a entweder mit Gesner vor ott stellte oder mit Voigtländer ganz tilgte. Angenommen aber dass die Stelle wirklich unverfälscht und die ') 7iep! täv-tnl fitrr&öi auvövrmi 24. — =) llaqarr. 36. [vgl. m. Studien 2 S. 26 f.] — 3) Todtengespr. XII, 2. — >) Nep. Hann. 13. — 5) De or. II, IS: Quum Hannibal Carthagine expulsus Ephesmn ad Antiochum venisset, — Poenus non optima Graece —, sed tarnen libere respondisse fertur. 16 gewöhnliche Ansicht über sie die richtige sei, so würde doch nur lolgen dass Lukianos entweder andere Nachrichten gehabt oder von Haunibals Ivenntniss des Griechischen nichts gewusst habe. Penn dass er wider besseres Wissen angebe, Hannibal sei dieser Sprache unkundig gewesen, wäre nur dann glaublich, wenn sich genügende Gründe, warum er hier absichtlich gegen die historische Wahrheit gesündigt, nachweisen Hessen. Doch wie kann man noch an Lukianos Unzuverlässigkeit zweifeln, wenn or sogar einen Meineid verschuldet hat? „Im Toxaris, sagt IL Dahlmann, kommen Beispiele von Freundschaft bei den Scvthen vor, die zum Thcil, wie sie da stehen, in keine Zeit passen, am wenigsten aber in die Lucianische, in welche sie doch gesetzt sind, und gleichwohl verbürgt sogar ein Schwur ihre Wahrhaftigkeit." Ein Schwur! aber wessen? doch nicht des Lukianos? Man höre wie es sich mit diesem Schwüre verhält. Mnesippos und Toxaris streiten ob die Hellenen oder die Skythen sich mehr durch Treue in der Freundschaft ausgezeichnet. Den Streit zu entscheiden soll jeder von ihnen fünf Beispiele ausgezeichneter Freundschaft erzählen. Doch, sagt der Skythe ') zu dem Hellenen, musst du mir einen Eid schwören dass du nur wirklich Geschehenes erzählen wollest. Denn sonst möcht' es eben nicht schwer sein Dergleichen zu erdichten. Der Hellene giebt ihm die Forderung zurück und beide leisten den Schwur. Wer aber einen Eid erdichteter Geschichten (denn für etwas Anderes wird man doch das im Toxaris Erzählte nicht halten wollen) dem Scliriftsteller selbst aufbürdet, um ihn der Unzuverlässigkeit beschuldigen zu können, der muss wunderliche Begriffe von den Hechten des Dichters haben- §. 4. Fortsetzung. l'anathenaeen. Phorekydos. Arsakiden. Plutarchos. Ilerodotos Verkleiuorer dea Volksriihmes V H. Dahlmann scheint es selbst gefühlt zu haben dass aus dem bisher von ihm Angeführten für Lukianoä Unzuverlässigkeit in historischen Angaben sich nicht viel schliessen lasse. Er glaubt daher Entscheidenderes anführen zu müssen. „Will man, fährt er fort, noch offenbarere Verstösse zur Urkuud seiner historischen Leichtfertigkeit, so lernen wir aus ihm dass in Rom neben .Saturnalien auch Fanathenäen gefeiert wurden2). Dass ein Schriftsteller der überall eine so genaue Ivenntniss des Römischen Lebens und der Römischen Sitten zeigt, fast überall seine Gemälde auf diesem Grunde entwirft in einem rein historischen Stücke einen so groben Verstoss begangen habe, ist so auffallend dass man es um so weniger für wahr zu halten geneigt ist, da manche Stellen zeigen dass er gerade mit den Festen solir genau bekannt gewesen. Die Panathenaeen werden neben den Ivronien von Lukianos als ein Fest genannt an dem ein Hauslehrer Geschenke zu erwarten habe. Solehe Leute M'urdcn von den Aeltern ihrer Zöglinge beschenkt an dem grossen Minerven- ') § II. vgl. § 38, — 2) ticq'c rüir tni /iia&ü auvi'jrcwv 37. 17 feste Quinqatrus. Bedarf es noch eines Beweises dass Lukianos dieses genieint habe? Welche Uebersetzung lag dem Griechen hier näher als diese? Und Lukianos ist nicht der Einzige der Quinquatrus durch HavaOijvaia gegeben hat. Schon Dionysios sagt1): ioqt!/ d' ainöiv {imv SaXiutv) eaii nt/ii ia llava&i]rata t« v.uiavfiho) Maqxlbi. Denn nur die Quinquatrus Helen in den März, nicht die Panathcnaeen, weder die grossen, noch die kleinen. Scheinbarer ist der folgende Vorwurf den H. Dahlmann dem Lukianos macht. ,,Den alten Pherccydes, heisst es, lässt er statt aus der Insel Syra aus Syrien stammen, macht ihn zu seinem Landsmanne, und durch ein zwiefaches Versehen macht er nun noch diesen Syrier zu dem bekannten Historiker, da doch der Syrier Pherccydes der Philosoph dieses Namens ist2)." Dass indess Lukianos den Pherekydcs einen Syrier genannt habe, weil er ihn zu seinem Landsmanne machen wolle, ist eine blosse, freilich auch von Sturz3) ausgesprochene Vermuthung, deren Nichtigkeit auf den ersten Blick einleuchtet. Denn auch nicht ein Wort deutet an dass dem Schriftsteller eine Absicht vorgeschwebt habe durch deren Unterschiebung man ihn so leichtfertig bezüchtigt dass er, um eine kleinliche, auf nichts hinauslaufende Eitelkeit zu befriedigen, sich eine Verfälschung der Wahrheit erlaubt habe, ohne auch nur im Entferntesten hoffen zu dürfen dadurch das Anschn der übrigen Zeugnisse zu verdunkeln. Da es aber keinesweges gewöhnlich ist einen Schriftsteller bloss durch Erwähnung des Landes zu bezeichnen ohne den Geburtsort zu nennen '), so darf man wohl kein Bedenken tragen mit Dawes und Guyet anzunehmen dass Lukianos 'I>eQtxvdt\<; b ^vninq geschrieben habe. Zwar bleibt auch so ein Irrthum übrig, denn Acqioq mit Majus zu lesen ist doch zu gewagt; aber auch nur ein Irrtlium, und zwar ein so leicht zu begehender dass wir ihn mehrern und zum Tlieil sehr achtungswer-tlien Schriftstellern zu verzeihen haben5). Gar nicht erwähnen wollen wir dass es Manchen noch zweifelhaft schcint ob die Schrift 7iiqI fiaxQoß'imv wirklich den Lukianos zum Verfasser habe. Sehr verzeihlich ist der letzte Irrthum den Hr. Dahlmann dem Lukianos vorrückt. Denn dass derselbe in einer, übrigens gleichfalls von Manchen als unächt angezweifelten Schrift6), den Dareios zu den Arsakiden zählt kann ihm unmöglich hoch angerechnet werden, da zu seiner Zeit der Name Arsakiden eine Art Gattungsbegriff für Perserkönige geworden war. So sähen wir also dass von Allem was H. Dahlmann anführt, um Lukianos UnZuverlässigkeit in historischen Angaben zu erhärten, nicht viel mehr als nichts übrig bleibt. Um aber die Ansicht zu begründen dass der Schriftsteller „die Thatsache durch welche das Urtheil über den Hcrodot und sein Work so sehr verwirrt sei, rein zur Lust erfunden habe," musste vor allen ') II, 70 p. 385. Vgl. Meurs. Panath. c. IV. [Erwähnt werden Hava-Oijvuia zu Horn auch bei Dion. C. 54, 2S u. 67, 1.] — 2) Maxynß. 2-2. — 3) Pherec. fragin, p. 4 f. — 4) Man vgl. § 20: Tlnanämioq o Arxa-peIi; Ii"; SvqUic. — 5) Vgl. Sturz S. 13. 56 ff. — 6) In der Schrift ntnl toi" olxoi\ 18 Dingen nachgewiesen werden das» er öfter durch Erzählung ähnlicher Geschichten seine Leser zum Besten habe. Und auch dann wäre erst erwiesen dass die Annahme dem sonstigen Verfahren des Lukianos gemäss und in so fern nicht unwahrscheinlich sei. Doch was dürfen wir nach Wahrscheinlichkeit oder Unwahrscheinlichkeit fragen? H. Dahlmann hat ja bewiesen „dass kurz vor Lucian kein Mensch von Herodotos Olympischem Triumphe etwas wusste, dass vielmehr das Mährchen womit Lucian seine Macedonicr, die alle Ursache hatten dem Hc-rodot wohlzuwollen, unterhielt, im Widerspruche mit den Ansichten stand die sonst in Hellas im Umlaufe waren." Dies soll hervorgehen aus Plutarchos Schrift über die Bosheit des I-Ierodotos, in welcher dem Gcschichtschreiber Vergehungen aller Art vorgerückt werden. Nun aber „durfte Plutarch, fährt H. Dahlmann fort, ohne eben so unredlich als ungeschickt zu verfahren, nicht unbemerkt lassen dass ja doch das ganze Hellas für Herodotos Unparteilichkeit entschieden habe, wenn ihm etwas von dieser Thatsache be-wusst war; er musste durchaus diesen Einwand zu entkräften suchen, den jeder Leser ihm würde gemacht haben." Wir wollen hier nicht unsere Zuflucht zu der Vermuthung nehmen dass vielleicht nur Plutarchos diese Thatsache nicht gekannt habe. Denn wie sollte auch dem Belesensten eine literärische Einzelheit der Art nicht unbekannt bleiben könnnen? Doch er habe sie gekannt: woraus aber folgt dass er sie hätte berücksichtigen müssen? Das ganze Hellas hatte für Herodotos Unparteilichkeit entschieden? entschieden? wodurch? Durch das Anhören und Beloben seines Werkes. Ist denn aber ein solches Urthcil in einer solchen Sache so gewichtig, so entscheidend, dass Plutarchos es nothwendig berücksichtigen musste, zumal wenn er etwa glaubte dass es nicht sowohl dem Dargestellten als der Darstellung gegolten habe? Denn dass diese viele besteche erklärt er ausdrücklich'). Wenn er aber einer, wie er glaubte, erschlichenen Bewunderung nicht ausführlicher erwähnte, so handelte er wenigstens nicht unredlicher als er in mehrfacher Hinsicht wirklich gehandelt hat; ja auch nicht ungeschickter, da die Erwähnung des allgemeinen Beifalls den Herodotos Werk gefunden gegen seine eignen Behauptungen ein starkes Vorurtheil erweckt haben würde, was anzuregen er um so angelegentlicher vermeiden musste je nichtiger seine Beschuldigungen sind. Wenn H. Dahlmann hiebei urtheilt dass die in Lukianos Schrift über Herodotos ausgesprochene Ansieht, die zu erdichten er, so viel man sieht, keinen hinreichenden Grund haben konnte, im Widerspruche stehe mit der Stimmung die im Alterthum über diesen Geschichtschreiber die vorherrschende gewesen, so lässt sich dies keinesweges aus der Grabschrift desselben2) envei- ') § 1 : TToUouc—rj Ae'Ji;—eJijTrarijxti'. §43: xavea xal y.i]Xil xal nqoaa-yiTUL nävTuq. — 2) beim Schol. zu Aristoph. Wolken 331 (nach Hermann): 'Hqbäatav Aviem xnvizru xovüvfia iqlw in tu /ilj änaäexn/iivoiai ') § 8. vgl. Isokr. Tttql Ejei'/Oi/C 32 p. 353: xovq"EXXrpustnlStiltV iv auxij (cFl 'Oh'/i.ila nuvriyiqtt) noionfibouq xal nXnviou xal £muij? xal rraithiatroq. — 2) Longin. neql vifionq 13. — 2) III, SO, 1. — 3) VI, 43, 2. 22 'SULi/rur Ht^aiimi total inta 'Oiui'icx yvtou rtv unodi'iciaOtu «s /(icmv t'lt] iSrj-fioxoatitaOai llitjtraq. I)io Art in wolchcr er von dieser Suche spricht scheint in der That anzudeuten dass er selbst über diesen Punct Einwürfe erfahren habe '). Er selbst. Denn vor ihm war dieses Ercigniss wohl schwerlich in der von ihm angegebenen Weise bekannt geworden. Und wollte man auch annehmen dass etwa Charon von Lampsakos es so vorgcstollt hatte, so sieht man nicht wie Herodotos sich hatte veranlasst linden sollen für ihn gerade auf diese Weise und so angelegentlich jene Einwürfe zu berücksichtigen. Wenn man ferner erwägt in welcher Allgemeinheit er liiebci Einige der Hellenen und die Zweifelnden unter den Hellenen erwähnt, so sieht man sich gedrungen anzunehmen dass jene Zweifel von Hellenen mehrerer Staaten gegen ihn geäussert seien. Daraus folgt dass er diese Erzählung entweder an mehreren Orten vorgetragen habe oder an einem Orte wo Hellenen aus mehreren Staaten versammelt waren. Das erste ist nicht unwahrscheinlich, ja wir haben sogar Zeugnisse von Herodotos Vorlesungen zu Athen Ol. 83, 42) und zu Korinthos 3). Wenn er aber hier Beifall einerntete, wie hätte er nicht leicht zu dem Wunsche angeregt werden sollen durch eine Vorlesung zu Olympia seinen Ruf noch weiter zu verbreiten? Auch diese Angabe verbürgen ja bestimmte Zeugnisse, ohne dass dabei, wie bei jenen, sein Charakter in zweideutigem Lichte erschiene. Wenn gleich indess Herodotos Vorlesung zu Olympia an und für sich betrachtet eher für wahrscheinlich als für unmöglich zu erklären sein möchte, so ist doch für ihre Wirklichkeit nichts gewonnen, wenn wir die Gründe welche aus der Chronologie dagegen hergeleitet sind nicht beseitigen können. Ueber die Zeit der Vorlesung würden wir völlig im Dunkeln sein, wenn nicht Suidas berichtete dass Thukydides sie als Knabe mit angehört. Nun ist es aber auffallend dass e r der einzige ist welcher angiebt dass Thukydides zu Olympia den Herodotos gehört habe. Ja die Erzählung selbst passt nicht einmal recht zu dieser Angabe. Denn wie ist es denkbar dass der Geschichtschreiber, wenn er vor einer zahlreichen Versammlung vorlas, dabei die Thränen eines Knaben beachtet und dazu dem Vater desselben Glück gewünscht? Offenbar deutet dies mehr auf eine Scene im häuslichen Kreise; und als solche schildert den Vorfall wirklich Photios. Atytiui, sagt er4), ävayiyvo)-oxofitvqs zTjq 1<1 couiaq y.auidi] vtov ovta netoa n7) naifjl Qovxvöidrp axov-nai. Denn nagcc xw natoi kann nicht wohl etwas Anderes bedeuten als im Hause des Vaters. Und sollte dieser Schriftsteller nicht mehr Glauben verdienen als ein überall Alles durch einander mengender Zusannncnstoppeler, der hier so leicht zwei getrennte Thatsachen mit einander zu verbinden verleitet werden konnte? [') So urtheilt auch Roscher S. 93, anders Bähr z. Her. IV p. 413.] — 2) Plut. niQt t'/S Hq, xax, 26, Eusebius: 01.83, 3. Herodotus quum libros suos Athenis legisset honorc affcctus est. [vgl. Bähr z. Her IV p. 417 ss.] — 3) Dion Chrys. 37 p. 1U3 Ilciske. Auch wohl zu Theben. Plutarch. a. d. a. St. 31. — 4) cod. 60. 23 Wenn aber diese Angabe des Suidas zu verwerfen ist, so bleibt, um die Zeit wo Herodotos seiue Vorlesung zu Olympia gehalten zu bestimmen, nichts übrig als seine Auswanderung nach Thurioi, Ol. 84, 1, v. Ch. G. 443'), wiewohl auch sie nur Wahrscheinlichkeit giebt, da es bei dem häufigen Verkehr zwischen Italien und Hellas sehr denkbar wäre dass Herodotos auch später einmal Olympia besucht und dort sein Werk vorgelesen hätte. Indess diese Möglichkeit bei Seite gesetzt kann man das Ereigniss in Ol. 84, 1, nach Ch. 444 setzen, also zwei Jahre später als nach Eusebios Angabe Herodotos sein Werk zu Athen vorgetragen hat.'2) §. 6. Das Werk des Herodotos. Amyrtaeos. Abfall der lleder Dekeleia. Zeit der Abfassung des Werkes. Hellanikos. Chronologie der Vorlesung. Doch zu beiden Vorlesungen fehlt uns noeli die Hauptsache, das vorzulesende Werk. Dies ist, wie Plinius3) ausdrücklich sagt und eine Stelle des Herodotos selbstA) zu bestätigen scheint, erst zu Thurioi geschrieben, und zwar, wie man jetzt ziemlich allgemein annimmt, erst nach Ol. 92, 4, v. Ch. 409. Also erst nach seinem fünf und siebenzigsten Jahre, erst dreissig bis vierzig Jahre nach Beendigung seiner Reisen hiittte Herodotos sein Work geschrieben? Die Annahme ist auffallend genug um zur Prüfung aufzufordern. Worauf also gründet sie sich? Einmal auf die Stelle in der Herodotos6) von den Persern erzählt dass sie Königssühne zu ehren und denselben, auch wenn die Väter von ihnen abgefallen wären, deren Reich wieder zu geben pflegten. So habe Pausiris Amyrtaeos Sohn des Vaters Herrschaft zurückerhalten. Amyrtaeos aber starb nach Eusebios Ol. 93, 1, v. Ch. G. 408 oder nach Georgios gar noch zehn Jahre später6). Die Stelle würde entscheidend sein, wenn die Voraussetzung dass Herodotos denselben Amyrtaeos den diese Schriftsteller erwähnen gemeint habe richtig wäre. Sie ist es aber nicht. Unstreitig ist der Amyrtaeos des Herodotos derselbe der ungefähr fünfzig Jahre früher mit Inaros den Abfall der Aegyptier geleitet und auch nach dessen Gefangennehmung sich in den Sumpfgegenden gehalten hatte7). Schon diese Zeitferne erregt Bedenken; entschei- ') Dies Datum bezeugen Suid. in 'HoorJoto? und Strabo XIV p. 656, c. vgl. Plin. XII, 4 (8.), deren Zeugniss Böckh in den Abhandlungen der Aka- demie IS24 S. 60 auf eine blosse Hypothese gestützt verwirft. — [.*) Bei stimmt mir Lahmeyer 'de lib. Plutarcheo epii de mal. Her. inscr. p. 15. —] 3) XII, 4. (8.) urbis nostraa trccentesiino deeimo anno ist natürlich nur auf die Zeit der Auswanderung zu beziehen. [Vgl. Nachtrag § 9 u. 10.] — 4) IV, 99, 3, wo Italioten als Leser gedacht werden: eine Stelle die schon Mitford darauf hindeutete. Gesch. Griech. II S. 356 der Deutschen Uebersetzung. — 5) III, 15, 2. — °) S. Clinton Fasti Hell. App. p. 317. (328 der Uebers.) — 7) Thuk. 1, 112, 1. vgl. 110, 1. Ihn meint wohl auch Ivtesias Ih/irr. 32: v*/ Y in IUI 'iL A'iyvjiios 'Ivtxynv ylvdlou [l. ..-if'/jVn^l dvd(tb<; xat Mt'yot» AI— yvJtviov i v u.Ta'TI unir itt'f.rii aavtoq, wo man 'Afivqzaiou für tituot vorzuschlagen versucht werden könnte. 24 elender aber ist der Mangel an Uebereinstimnuing in den Angaben über beide Arayrtaeos. Der Amyrtaeos des Herodotos wird unterjocht und sein Sohn erhält die Herrschaft als Geschenk der Perser zurück; der Amyrtaeos des Eu-sebios und Georgios befreit Aegypten und ohne dass von seiner Wiederunterwerfung die Rode wäre, wird eine neue Dynastie erwähnt; von einem Könige Pausiris hören wir nichts. Wie bedenklich es aber sei aus der Gleichheit des Namens auf Gleichheit der Person zu schliessen zeigt ein hier sehr nahe liegendes Beispiel. Nämlich auch Ktcsias') nennt einen Amyrtaeos als den Füi-sten Aegyptens gegen den Kainbyses zu Felde gezogen sei. Die zweite Stelle die man für eine so späte Abfassung des Werkes anführt ist die2) in- welcher'der Geschichtschreiber, nachdem er der Meder Unterwerfung durch Kyros gemeldet, hinzufügt: vaiioui fiivioi x\>6via /iect/ii).>iai fjf l Tavia TToii'/iTani xai Linea crjtTav Ii .TO Jaqeiov* unoffiäviti; ()f nniaio xa-i ttiQuijOtiaav ftäxn nxijö-H/rf?. Nun aber sagt Xenophon3) unter dem erwähnten Jahre: jllijiloc ä/zo Jautiav xov llitiawv ßamUmq a/roiTiävteq TlcD.iv nqoosx<'>Q1V<*v aviü. Und da wir von keinem frühem Abfalle der Meder etwas wissen, so folgt dass Herodotos diesen gemeint habe. Allein ist es nicht aullallend dass der Geschichtschreiber eine Begebenheit die von der vorher erwähnten anderthalb Jahrhunderte entfernt war durch den Ausdruck vtrctQU XQova bezeichnet haben sollte? wofür man nach 11c-rodotos Weise doch wenigstens XQÖvq) nnf.Xiü ilaitjinv oder TiofJ.nlrri i'ieai il-attqov oder wohl auch eine Bestimmung nach Menschenaltem erwarten sollte: eine Bezeichnung die hier um so nothwendiger gewesen wäre, da das fitce-fiih/\ai aq,i an eine naho Zeit zu denken verleitet. Dazu kommt dass dem Leser sonderbar genug z'ugemuthct würde unter Dareios ohne weiteren Zusatz den zweiten Perserkönig dieses Namens zu verstehen, da doch Jeder wohl geneigt ist an den ersten zu denken, welcher der Berühmteste war und den man aus Herodotos selbst kennen lernt, während der andere bei ihm sonst nirgends erwähnt wird. Endlich ist es erweislich dass selbst die späteren Bücher vor der Niederlage der Athener in Sikelicn geschrieben sind, zuerst aus der Stelle4) in welcher der Schlacht zwischen den Tarcntinern und Japy-gern, Ol. 76, 4'), gcdacht wird mit dem Zusätze: „dies war das grüsste Hellenische Blutbad unter allen die wir kennen:" eine Acusserung die der Schriftsteller schwerlich würde ausgesprochen haben, wenn er jenes Ercigniss gekannt hätte6). Nicht minder würde er, wenn dies der Fall gewesen wäre, wohl auch bei folgender Stelle') es berücksichtigt haben: ini //aotinu mü Yntdninc; xai j: ialioi lür . /uol/oi xai or i ov Zlo^toi, tqh'jv toij- iltav inetij; yeveloiv, ey&vezo n).im xaxu I~ 'k).).ü<)i r ini tixorrt ä^./ag yeveuq ') § 9. — 2) I, 130. — 3) Hellen. 1, 2, 19. — *) VII, 170, 3. — 5) Diod. Xr, 52. — [6) Diese Deutung der Stelle hatte II. Bahr 1834 u. 35 nicht beachtet u. daher in seiner Commentat. § 6 geirrt. Jetzt führt er mehrere spätere Schritten an deren Verfasser sich dieser Deutung angeschlossen haben.] — 7) VI, 98. [So urthcilt auch Ullrich Beitr. zu Erkl. des Thuk. S. 15.] 25 toi? TT (tu Jatjdou yevnfiiraq, iä fttv unit töiv Ilequimv ut'iij ytvofitra, tu äi aitö ctiuüv träv y.oqtufuiwv /iinl tjjs Tzohfieovciitv. Ja dass Herodotos schon vor der Besetzung und Befestigung Dekeleias durch die Spartiaten geschrieben habe zeigt entscheidend eine andere Stelle '). Nachdem er nämlich erzählt hat dass die Dekeleer den Tyndariden, als sie, um ihre vom Thcseus geraubte Schwester zu befreien, in Attikc eingefallen wären, den Aufenthaltsort derselben, Aphidnae, verrathen hätten, fährt er fort: tolai elf JexeXeüai iv S/iaqtt] ajzb tovtov t o 5 tqya u arcat itj t t xal 7Tui)idnt r. dta £ lkttl e? ToJe ahl iit lovtra, oütot oltrie xal e? tbv 7io?.s/:tov %ov vittiqov noÄXoiffi htm tovzotv yevhfjtrov 'A&yvaiaiin re xal llil.ortorvrfiioitsi aivouivmv xrtv äXX^v Avuxhv Auxeäaifioviav Atxt\iiij? u.itytaO-ai. Unmöglich kann diese Stelle nach der Besetzung Dekeleias geschrieben sein. Dem widerspricht offenbar das äuiyta^ai. Und wollte man auch annehmen, dieser Ausdruck sei bloss darauf su beziehen dass der Ort keine Plünderungen und Verheerungen erfahren, und diese Verschouung habe selbst da statt gefunden als die Lakc-daemonier ihn besetzt hatten: würde wohl Herodotos diesen Umstand, wenn er ihn gekannt hätte, zu erwähnen ermangelt haben, da er gerade liiedureh die Dankbarkeit der Spartiaten noch in ein helleres Licht gesetzt hätte? Diese Gründe sclicincn zu genügen um die Stelle von dem Abfalle der Mcder entweder für falsch gedeutet2) oder für später eingeschoben zu erklären. Für die Finschicbung dürfte man geltend machen dass die angefochtenen Worte keine Spur von Herodotos Geiste verrathen und ohne dass der Zusammenhang etwas verlöre getilgt werden könnten. Freilich, scheint es, ist eine Beziehung auf sie in dem nächst Folgenden: töis äi t.ii 'Aaivayea o l Iliqnai ts xal o Kr (in; üraraiTidrceg tolai M/jäoiai fy/ov i o U/r b lou-tod t/7? 'Anirfi. Man müsstc also auch diese Worte streichen, wenn der Zusammenhang durch nichts gestört werden sollte2). Von wem das Einschiebsel herrühren möchte lässt sich natürlich nicht nachweisen; vielleicht vom Plesirrhoos; möglich auch dass Herodotos selbst in späteren Jahren den Zusatz gemacht hätte. Gegen die letztere Annahme spricht indess die Nachricht das Ilcllanikos das Werk des Herodotos benutzt habe, wovon auch jetzt noch einige Spuren nachweislich sind3). Da nun Hellanikos nach der Pamphile4 ) Ol. 71, 1, v. Ch. G. 496 geboren und nach Lukianos5) 85 Jahre alt geworden, mithin im J. 411 gestorben wäre: so miisste llerodotos sein Werk schon vor dieser ') IX, 73. [Uebcr die beistimmenden Ansichten Neuerer vgl. Nissen in der Zeitschr. F. A. W. 1839 u. die Nachweisungen bei Bähr zu d. a. St. —] [2) Gegen Hn. Güllers Einwendungen vgl. den Nachtrag § 20. Dass wirklich ein früherer Abfall der Mcder vorgekommen ersieht man jetzt aus der Inschrift von Bisitun. vgl. Bähr zu 1, 130 der zweiten Ausg. Es versteht sich dass H. Bähr jetzt von seinen Bedenken gegen meine Ansicht zurückgekommen ist. Die ganze Stelle zu streichen ist jetzt unzulässig. Das über diese Stelle und 9, 73 Gesagte gab ich zuerst weniger ausgeführt im Archiv für Piniol, und Päd. 1824 S. 223 f.] — 3) Sturz Hellan. p. 13 ff. — 4) bei Gellius XV, 23. — s) Maxqojl. 22. 26 Zeit herausgegeben haben. Wäre dies aber der Fall gewesen, so Hesse sieh nicht wohl denken dass er noch später Zusätze eingeschaltet habe. Wenigstens wäre es auffallend wenn ein Znsatz den etwa der Schriltsteller seiner eigenen Abschrift beigefügt hätte auch später noch in alle Handschriften gekommen wäre. Allein die Angabc der Pamphilc über Hellanikos Geburtszeit unterliegt erheblichen Zweifeln1). Denn der Verfasser der Lebensbeschreibung des Eu-ripides meldet ytwti&ijvai if/ avrij rtpi(ja xctl'JSXXürtxov tv fr ivlxiav d/v 7teyi SSaXa/iTra vavftax'av ai "EXXr;re;. Und diese Nachricht findet ihre Bestätigung in dem Namen selbst. Denn was lag wohl näher als dem am Tage des grossen Sieges der Hellenen über die Barbaren Geborenen den Namen Hellanikos zu geben2)? Beziehungen der Art, auch wenn kein solches Zu- ■) Nicht erwähnen würde ich hier die Stelle des Dionysios von Ilalikar-nassos über Thuk. p. 818, aus der nur hervorgeht dass Hellanikos und Ilerodotos ungefähr gleich alt gewesen, wenn nicht H. Clinton glaubte dieselbe gegen mich wenden zu können a. d. a. St. S. 70S. „Dionysios, sagt er, setzte den Hellanikos an die Spitze der lieihc von Geschichtschreibern die dem Ilerodotos vorangegangen. Diesen lasse er kurz vor dem Perserkriege geboren sein. Offenbar also sei er mit der Angabe die den Hellanikos jünger als den Herodotos mache in Zwiespalt, stimme dagegen überein mit der Pam-pliile die den Hellanikos zwölf Jahre älter mache.'* Die Folgerung ist richtig, falsch aber der Satz aus dem sie gezogen wird. Die lieihc von Geseliicht-schreibern die Hellanikos beim Dionysios beginnt ist die Zahl derer die der Kritiker als dem Thukydides gleichzeitige erwähnt, wie II. Clinton ans p. 817 hätte ersehen können: oXIyct ßouXofiat. neyl liiiv üXXmv aifiin)v tirziiv i ~>v ic 7Z(JErrßuit(jwv xul tüiv xara loiiq ctuTOi'c; ax/iaoavimr txeivw yoovnus. Die Reihe der älteren führt Eugeon der Samier ein. — 2) Gegen die hier angenommene Ableitung des Namens erinnert Clinton a. <1. a. St- dass derselbe, wenn er aus "EXXrtv und vixq zusammengesetzt wäre, ' EXXavovixni; heissen miisste und also vielmehr als Dorisehe Form für 'EXXrjvtxöi; mit zurückgezogenem Accente zu fassen sei. Dieser Einwand ist schon längst durch Analogien widerlegt von Lobeck zum Phryn. p. 670. [vgl. Lob. Paral. 1 p. 49.] Die von mir angenommene Ableitung schützt ausser Tzetzcs auch Theognostos bei Bekker Anecd. IH p. 1369. Wer mag Gewährsmännern in deren Munde der Name lebte die Messung welche ein ausländischer Dichter, Avienus, beliebte (— iin ii) entgegenstellen? [Nach Erscheinung dieses Programms erhielt ich von A. Meincke einen Aufsatz über diese Sache, den ich hier mit Vergnügen mittheile: „Von allen Gewährsmännern, auf die man sich zur Feststellung der Quantität des Namens 'EXXdnxog berufen hat, beweist keiner was er beweisen soll. Denn wenn Tzetzes in den Posthomerieis V. 778 demselben die Messung eines epitritus quartus giebt: Ktivij vuxxl o Aiaßios 'EXXartxng utiäei, — so braucht er ihn in demselben Gedicht V. 14 als Choriambus: 'EXXavixog, Au-alaq elf xal üXXm üvdotq ayuuoi. Wenn man ferner den Avienus in der Ora marit. 43 für diese Messung (--im) anführt: Hcllanicusquc Lesbius, Phi- leas quoque —, so muss man bedenken, dass sich dieser Dichter auch anderwärts in der Quantität der nomina propria seltsame Freiheiten erlaubt. So verkürzt er z. B. in demselben Gedichte V. 372 die letzte Sylbe des Namens Damastes: Damastes esse, Caryandaeus Scylax. Nicht anders ergeht es dem Namen des alten Historikers Phileas V. 685 : Disterminati, Phileas hie quam-quam vetus. Nun könnte man zwar annehmen dass Avienus sich an beiden Stellen, so wie auch im 46 Verse, der Formen Damastus und Phileus be- 27 sammentreffen der Zeit statt fand, liebten die Alten; und so soll Adeiinantos der Korinthier seine Kinder desselben Sieges wegen Nausinike, Akrotliinion, Alexibia und Aristeus genannt haben'). Umgekehrt anzunehmen dass die Nachrieht über Hellanikos Geburtszeit nur des Namens wegen erdichtet worden dürfte weit weniger wahrscheinlich sein. Eine Bestätigung der Angabe des Biographen liefert ein Seholiast des Aristophanes 2), indem er für eine Thatsache die nach der Schlacht bei den Arginusen fällt den Hellanikos als Gewährsmann anfülirt, der, da er 85 Jahre alt geworden3), frühestens Ol. 72, 2 = 491 geboren sein kann, nicht, wie man aus jener Angabe der Pamphile folgern würde, Ol. 70, 4 = 496. Doch die Stelle des Scholiasten beseitigt Böckh'), die gewöhnliche Annahme über Hellanikos Lebenszeit als sicher voraussetzend, durch die Ver-mutliung dass die Thatsache für welche dieser Schriftsteller als Gewährsmann von dem Scholiasten angeführt wird auch schon früher vorgekommen sei, dass nicht bloss nach der Schlacht bei den Arginusen, sondern schon sonst im Peloponnesischen Kriege die Sklaven welche mitgcfochten die Freiheit erhalten hätten. Allein mit Recht bemerkt dagegen Dahlmann6) dass Thukydides so ausgezeichnete Sklavendienste und deren ausgezeichnete Belohnung schwerlich unerwähnt gelassen hätte. Und wollte man auch den eben so genauen als ausführlichen Geschichtschreiber einer solchen Nachlässigkeit für fähig halten, so liessc sich doch in den ersten achtzehn oder neunzehn Jah-icn des Krieges kein Vorfall nachweisen bei dem die Sache wahrscheinlich hätte vorkommen können. Endlich inüsste man, wenn jene Vermuthang als wahr erscheinen sollte, ohne Weiteres annehmen dass der Seholiast eine Venvecliselung begangen und eine Angabe die Hellanikos von einem frühem dient habe: denn dies scheint die Lesart der Handschriften zu sein, für die man vielleicht zu willkürlich die anderen Formen Damastes und Phüeas gewählt hat. Allein durch diese Annahme wird schwerlich etwas gewonnen: denn wer aus metrischen Gründen so eigenmächtig in der Umwandeluug üblicher Formen verfuhr, konnte mit gleicher Verwegenheit auch die Quantität des Namens Hellanicus umgestalten. Noch auffallenderes aber linden wir in der Deseriptio orbis terrae desselben Avienus, z. B. das y kurz V. 129 und 635 in Pachynum, V. 569 in Triphylis, V. 662 in Corcyra, das zweite a lang V. 679 in Salamis, das y kurz V. 690 in Abydus, das A kurz V. 953 in Asopus, lang V. 1013 in Cragus u. a. der Art. Eben so wenig endlich entscheidet der späte Grammatiker Theognostus in Bekk. Anecd. Gr. III, p. 1369. Dessen Angabe von der Länge der vorletzten Sylbe in 'EU-ävixoH gleich wieder durch die entschieden irrige Behauptung, dass auch der Name '/'iV.iko; die vorletzte Sylbe lang habe, verdächtig wird. Aus allen diesen Zeugnissen ergiebt sich also nichts mit völliger Gewissheit. Gleichwohl halte ich die von Ihnen und anderen angenommene Ableitung des Namens '£M'1' tä^ätraxe) deutlich genug dass dieselbe nur als einzelner, ungewöhnlicher Fall zu denken sei? Ja liisst sich in den ersten 18 bis 19 Jahren des Peloponncsischen Krieges auch nur ein Ereigniss nachweisen durch das eine Sitte der Art hätte veranlasst werden können ? Will man aber die Stelle des Ilerodotos als eine von ihm gleich bei der Ausarbeitung des Werkes niedergeschriebene vcrtlieidigen, so bleibt nichts übrig als die Annahme dass in ihr nicht der vom Xenophon erwähnte Abfall bezeichnet werde, sondern ein früherer unter dem ersten Dareios: eine Ansicht die schon Wesseling2) gefasst hatte. Dass wir von diesem Ereignisse keine andere Nachricht haben kann nicht auffallen. Denn tlicils sind uns viele Schriften über diese Zeit verloren gegangen, theils scheint dieser Abfall nicht von grösserer Bedeutung gewesen zu sein als der vom Xenophon erwähnte, von dem eben so wenig ein anderer Schriftsteller etwas meldet. An und für sich aber ist eine Empörung der Heder nnter dem ersten Dareios noch weniger unwahrscheinlich als ein Abfall unter dem zweiten, weil damals der Schmerz über den Verlust der Herrschaft noch nicht durch die Länge der Zeit unterdrückt war, wesshalb auch Xerxes noch die Meder fürchtete3). Dazu kommt dass bei einer neuen, noch nicht eingewurzelten Dynastie die Empörer sich leichter mit der Hoffnung eines glücklichen Erfolges schmeicheln konnten. Wenn indess Herodotos sein Werk auch nicht so spät ausgearbeitet hat, so ist es doch gewiss dass er nicht vor dem Anfange des Peloponncsischen Krieges geschrieben habe. Denn ausser der schon oben berücksichtigten Stelle über die Dekcleer') erwähnt er auch sonst Ereignisse der ersten Jahre desselben, den Uelierfall von Platäa durch die Thcbacer5), die Vertreibung der Aegineten und das Schicksal der Lakedaemonischen Gesandten die an den Perserkönig abgeschickt vom Sitalkcs oder vielmehr dessen Sohne Sadokos gefangen genommen den Athenern überliefert und von diesen hingerichtet wurden '). So fehlt uns also immer noch für die Vorlesung das Werk, wenigstens wenn die oben für sie angenommene Zeit die richtige ist. Dass Lukianos es schon damals vollständig ausgearbeitet sein lässt, kann sehr leicht ein Zu- ') Was sonderbar genug Clinton S. 703 bestimmt ableugnet. — 2) zu Diod. XI, 6. — 3) Diod. a. d. a. St. — 4) IX, 73. — 5) VH, 233, 1. vgl. Thuk. II, 2, 2 u. 5, 4. — °) VI, 91. vgl. Thuk. II, 27, 1. — 7) VII, 137, 2. vgl. Thuk. II, 67. 29 sau eigener Erfindung sein, ohne dass jedoch dcsshalb seine ganze Erzählung für verdächtig erklärt werden durfte. Denn genügte die irrige Angabe von Nebenumständen um eine Erzählung verdächtig zu machen, so wäre es um alle Geschichte gethan'). Kann indess auch das Werk so wie wir es besitzen Ol. 84, 1 nicht vorgelesen sein, so folgt daraus doch keinesweges die Unmöglichkeit der Vorlesung überhaupt. Ohne zu der immer bedenklichen Hypothese einer ersten und zweiten Ausgabe seine Zuflucht zu nehmen darf man doch mit hoher Wahrscheinlichkeit vermuthen, Ilerodotos werde schon während seiner Reisen Bemerkungen aufgesetzt und diese nicht zwanzig bis dreissig Jahre luvben ruhen lassen ohne sie zu verarbeiten. Denn wie hätte er sich wohl durch so lange Zögerung der Gefahr aussetzen mögen die Ausführung eines Werkes das er als die Aufgabe seines Lebens betrachten musste durch den Tod vereitelt zu sehen? Ja wie sehr würde selbst die Darstellung an Frische und Lebendigkeit verloren haben, wenn er die auf seinen Reisen empfangenen Eindrücke und Anschauungen durch die Länge der Zeit hätte verwischen lassen? Viel glaublicher ist es dass er, sobald, ihm Müsse geworden, die Ausarbeitung seines Werkes begonnen habe, besonders desjenigen Theilcs in dem er eigene Anschauungen wieder zu geben hatte. Für diese Vermuthung lässt sieh das Zeugniss dess Suidas anführen, nach dem Herodotos sein Werk schon zu Samos geschrieben. Als höchst w ahrscheinlich darf man annehmen dass der Geschichtschreiber um Ol. 83, 3 u. 84, 1 bereits so viel ausgearbeitet hatte um Vorlesungen zu halten, wenn gleich nicht zu leugnen ist dass er viel später erst sein Werk entweder überarbeitet oder wenigstens durch Zusätze bereichert habe. So scheint also von keiner Seite gegen die Möglichkeit dass Herodotos zu Olympia, wie an andern Orten, eine öffentliche Vorlesung gehalten habe ein irgend erheblicher Einwand übrig zu bleiben; und wenn es ein Grundsatz der Geschichtsforschung ist dass man kein Zeugniss welches nicht durch äussere oder innere Gründe genügend verdächtigt werden kann verwerfen darf: so ist auch diese Nachricht nicht in Zweifel zu ziehen, zumal da sie mit der bei einem Schriftsteller vorauszusetzenden Ruhmsucht im Einklänge steht. S i c befriedigten die Alten zunächst durch Vorlesungen, und wenn sie schon bei diesen ausgebreiteten Beifall eingeerntet, so gewannen sie es leichter [') Man vgl. über dieso Sache die treffliclicn Bemerkungen Lessings in der Duplik II: „Wer hat sich je in der Profangcschichte die nämliche Folgerung erlaubt? Wenn Livius und Polyliins und Dionysius und Ta-citus eben dieselbe Ercignung, etwa eben dasselbe Treffen, eben dieselbe Belagerung, jeder mit so verschiedenen Umständen erzählen dass die Umstände des Einen die Umstände des Andern völlig Lügen strafen: hat man darum jemals die Ercignung selbst in welcher sie übereinstimmen gcläugnet?" Ferner erinnert er: „Hast du nie gelesen was ein Gcschichtschreiber selbst, uud zwar einer der allcrpünctfichstcn (Vopisens), sagt? Neminem scriptorum, quantum ad historiam pertiuet, non aliquid esse mentitum.'1] 30 über sich ihre Werke Jahre lang zurückzuhalten und zu bessern, che sie dieselben herausgaben, während die Schriftsteller unsrer Zeit die Bekanntmachung der ihrigen zum Theil gerade dcsshalb beschleunigen, weil öffentliche Vorlesungen der Art bei uns nicht Sitte sind, am wenigsten solche durch die des Verfassers Ruf auch in die Ferne verbreitet würde. Wenn gleich indess kein genügender Grund vorhanden ist die Wahrheit der Angaben dass Herodotos zu Olympia und an andern Orten Vorlesungen gehalten in Zweifel zu ziehen: so ist doch damit nicht erwiesen dass Thukydides als Knabe bei einer derselben zugegen gewesen. Dies zu bestreiten veranlasste die schon oben berücksichtigte Angabe der Pamphile. Nach ihr nämlich soll Thukydides zu Anfange des Peloponnesischen Krieges vierzig Jahre alt gewesen sein. Nehmen wir nun auch an dass er etwa erst in seinem fünfzehnten Jahre den Herodotos gehört habe, so würde dieser, der nach der Pamphile 484 geboren ist, seine Vorlesung in einem Alter von 28 Jahren gehalten haben. Dagegen bemerkt Bredow: „Wer irgend mit den Begriffen der Alten von männlicher Keile, mit ihren Forderungen an sich selbst, um öffentlich auftreten zu können, bekannt ist; wer Herodots Geschichtsbücher gelesen hat, die nur das Resultat weiter Reisen und umständlicherer Erkundigungen sein konnten: dem kann es nicht weiter glaublich sein dass Hcrodot als ein acht und zwanzigjähriger Adolescens aufgetreten sei und vorgelesen habe, ohne dass sein frühreifes Talent gerühmt worden wäre." Die Unmöglichkeit der Sache ist hiemit freilich noch nicht dargethan. Denn immer bleibt es doch denkbar dass Herodotos schon in seinem 28sten Jahre wenigstens einen Theil seiner Reisen vollendet und eine Darstellung davon geliefert hätte. Indess findet sich wenigstens keine Spur dass er schon damals nach Athen gekommen und die Möglichkeit darf daher immer als Umvahrscheinlichkcit gelten. Ganz anders jedoch erscheint die Sache, wenn man von der oben ver-theidigten Berechnung über das Leben des Thukydides ausgeht. Nach dieser fällt die Geburt desselben Ol. 80 oder 81. Sonach hätte Thukydides den Herodotos in einem Alter von 10—12 Jahren gehört und hiermit ist jede Schwierigkeit beseitigt'). Betrachtet man aber die Erzählung selbst, so zeigt sich in ihr Manches was den Verdacht der Erdichtung zurückweist. Obgleich nämlich die Alten Literatoren öfter Angaben der Art ersannen, so thaten sie dies doch nicht leicht ohne irgend einen dazu verleitenden Anlass. Am häufigsten sind ihre Erdichtungen Erklärungsversuche. Bloss etwa „zum Nutzen und Frommen ') Gegen den von H. Göller Thuk. I p. XI [der eisten Ausg.] mir aufgebürdeten Irrthum bedarf ich hoffentlich auch gegen ihn selbst keiner Verteidigung. Wer fremde Ansichten widerlegen will sollte sie vor allen Dingen richtig aufzufassen suchen: eine Mühe deren sich H. Göller, wie manclicr anderen, nicht in Beziehung auf mich allein, öfter entiibrigt hat. [Heber Hn. Göllers Einwendungen in der zweiten Ausgabe I p. 40 vgl. man den Nachtrag § 9.] 31 der lieben Jugend"2) ein Goscliichtehen zu erfinden und als Wahrheit einzu-schwärzen war ihre Sache nicht. Eher licsse es sieh denken dass hiebei das oft sichtbare Bestreben grosse Manner mit einander in Verbindung zu bringen obgewaltet. Allein in Fällen der Art finden wir doch in der Regel ganz allgemein nur Umgang, Freundschaft, Unterricht erwähnt; eine Erzählung von so inviducllem Charakter und so eigenthümlieher Färbung wie die hier erwähnte erdichtet zu sehen wäre wenigstens eine sehr auffallende Erscheinung. Denn so gut auch jene Thränen die Thukydides der Ueberlicferung zufolge bei der Vorlesung des Herodotos vergoss aus der Stimmung eines von Bewunderung ergriffenen und zu dem Wunsche einst durch ähnliche Leistungen sich auszuzeichnen befeuerten Knaben sich erklären lassen: so wenig denkbar ist es doch dass ein Anekdotenkrämer, dem eine ähnliehe Stimmung sehr fern lag, diese Thränen erdichtet habe. Und spricht nicht endlich für die Wahrheit des Geschichtchens der so gewählte Ausdruck mit dem sich Herodotos über dieselben geäussert haben soll: ooy(t fj v/ijv) nqöq (1a) fia&fj/iaca-')? ein Ausdruck der den Späteren so fremd erschien dass sie ihn glaubten erklären zu müssen. So scheint demnach Alles was gegen die Zuverlässigkeit der Angaben von Ilerodotos Vorlesungen geltend gemacht ist vor einer genauem Prüfung dahin zu schwinden und Manches sogar der Wahrheit dieser Uebcrlieferungen bestimmt das Wort zu reden. Wohl also darf man sie anerkennen ohne den Vorwurf geschichtlicher Wahngläubigkeit zu fürchten3). Nicht auffallen kann es dabei dass eine Darstellung die den Knaben entzückte nicht auch dem Manne als Muster der Nachahmung erschien. Die eigenthiimliche Gcistes-richtung des Attischen Geschiehtschreibers durch eben so eigenthiimliche Einflüsse entwickelt mtisste ihn nothwendig auf eine Bahn führen die von der des Vorgängers sehr verschieden war. §. 7. Ausbildung des Thukydides. Antiphon. Piatons Mencxenos. Anaxagoras. Athen die Akademie der Hellenen. Einer der angesehensten Familien Athens entsprossen wird Thukydides, wie sich erwarten lässt, keine gewöhnliche Erziehung genossen haben, zumal da er einer Völkerschaft angehörte, die unter allen Hellenen die gebildetste Bildung über Alles achtete und bei der besonders die Beredtsamkeit den Weg zum höchsten Ansehn bahnte. ') Bredow zu Heilmanns Uebers. S. 6. — 2) Phot. cod. 60, Marcell. § 54, Suidas in Öonxi'tltJij; und oqyüv. Der Ausdruck fehlt bei Tzetzes in Poppos Thuc. I p. 321. — [3) Ueber die Vorlesungen des Herodotos ist auch nach Erscheinung dieser Schrift von Vielen Vieles geschrieben. Die Nachweisungen darüber findet man ziemlich vollständig in Biihrs Herod. IV p. 406 ss. Meine Ansichten über den Gegenstand zu ändern habe ich bis jetzt noch keine hinreichenden Gründe entdeckt] Der bedeutendste Redner und Rhotor der im Jugendalter des Thukydides zu Athen blühte war Antiphon, und dass seinen Unterricht auch Thukydides genossen habe wird einstimmig von Vielen berichtet'). Es ist daher um so weniger ein Zweifel dagegen erhoben, da die Sache an und für sich nicht unwahrscheinlich ist und sogar durch eine Stelle des Piaton bestätigt zu werden scheint. — Ein Jahrhunderte lang fortgepflanzter Irrthum, und ein solcher dürfte hier nachweislich sein, verdient schon an und für sich die Mühe der Beseitigung; der vorliegende insbesondere noch desshalb weil er wesentlich dazu beigetragen hat unrichtige Ansichten über ein Werk des Piaton zu erzeugen. Irrthum wuchert überall, oft auch da wo man es am wenigsten erwarten sollte. Darum eben ist auch der geringfügige nicht zu vernachlässigen, weil er leicht einem bedeutenderen Eingang verschaffen kann, wie oft ein kleines Uebel verwahrlost schwere Krankheit herbeiführt. Spürt man der Quelle jener Angabe nach, so ergiebt sich mit ziemlicher Gewissheit dass hier eine Vermuthung sich nach und nach als überlieferte Thatsache geltend gemacht hat. Der älteste Schriftsteller der liicbci als Zeuge zu vernehmen ist war Caeeilius aus Kaiakte 2), ein Kritiker von leichtfertiger Keckheit, Zeitgenosse und Freund des Dionysios von Halikarnassos. 7£aix(A»os) heisst es in der Schrift über die zehn Redner3), iv i« ntQi aviov (AviapSvcoi;) ffnviäyftctii Oovxvdi(low tov ovyyQU-flttif t5i<)ürrxa).ov t tx/tat (t tj ai ytynvivat i%v erzairecccet 7ixq' aviü o 'Avvitpi>r. Was bedurfte es anders um die nichtige Vermuthung zur Thatsache zu machen als dass ein Späterer etwa bloss angab: Caeeilius sagt dass Antiphon Lehrer des Thukydides gewesen sei. Gerade dies tliut (nur das Vcrhältniss umkehrend) Photios4), und wahrscheinlich er nicht zuerst. KaixiXioi, berichtet er, Qouxuäldou roü auyyqäfmq tiaö-rj-t!;v ycyovtvai yr^'t ibv (ii':rncia. Wenn sich auf diese Weise die falsche Nachricht geltend gemacht hatte, so glaubten Spätere ohne Bedenken eine Angabe die ihnen auf die Gewähr eines Caeeilius überliefert wurde, da dieser, schon in Quintilians Zeitalter, nicht geringes Anselm genoss5). ') Schon Hcnnog. 7ifpf M. II p. 496 sagt: ©»uxtij/tfijv 'Av ci^önnos et-rai tov 'J'aurnvrrmv /m&ijt»;v äxnutit noV.wv Xeyovmtv. So ferner der Schol. zu Aristeides vn'fg töiv xtic. p. 131, 1, Marcellin 22, Anon. 2, Suidas in Aviiföiv und Önvxvd'<)';?, Schol. zum Thnk. B. IV am E. b. Beck II p. 569, Joannes Sikeliotes und Tzctzes b. Kuhnken de Antiphontc bei Reiskc VII p. 804 Vgl. 603. [Poppo fügt noch hinzu Rlict. Walz VII p. 26 u. VIII p. 750, die ich nicht zur Iland habe.] Ueber die Sucht der Grammatiker grossen Männern grosse Lehrer zu verschallen vgl. man Näkc Choe-ril. p. 21 ss. — -) An seinem Judaismus zweifelt mit Suidas Vossius Histt. Gr. i). 178 ohne hinreichenden Grund, [vgl. jedoch Schäfer z. Plut. V p. 366 s.] — 3) Unter Antiphon. Die Lesart diöairxaXov für (taOryiiy geben einige Handschriften. Sehr ansprechend aber ist Wyttenbachs Vorschlag xulhjytjzliv zu lesen. Doch las schon Phot. Cod. 259 ficcthjujv, wo der Zusammenhang die Verbesserung zurückweist. — •*) Phot. cod. 259. — [6) Mir bei stimmen Westermann Vitae X or. p. 8, 19 u. II. Roscher S. 94 f., dieser unbekümmert um die abweichende Ansicht seines Lehrers O. Müller Gesch. der gr. Lit. II S. 330 und Hn. Wuttkcs 2 S. 8 f., denen auch H. Poppo 33 So ergiebt sich also dass alle Zeugnisse die den Thukydides zum Schüler des Antiphon machen keine Zeugnisse sind. Ihre Nichtigkeit darf um so weniger bezweifelt werden, da ein Mann der die Geschichte der Hellenischen Rhetoren aus guten Quellen kannte von dieser Nachricht, wie es scheint, keine Kunde hatte. Cicero ') nämlich erwähnt die Bcredtsamkeit des Antiphon und beruft sich dabei, dieselbe Stelle auf die Caecilius seine Vermuthnng gründete berücksichtigend, auf das Zeugniss des Thukydides, den er hier wohl schwerlich bloss als zuverlässigen Gewährsmann, sondern auch als Schüler des Redners bezeichnet haben würde, wenn er ihn als solchen gekannt hätte. Eben so wenig scheint Aristeides von diesem Verhältnisse heider Männer ge-wusst zu haben, da er sie nur Freunde nennt2). Wenn es einmal als Thatsache angenommen wurde dass Antiphon Lehrer des Thukydides gewesen, so lag es sehr nahe auf diese Thatsache auch beim Piaton eine Anspielung zu finden. Im Menexenos nämlich äussert Sokratcs3): ,,Auch wer schlechter als ich gebildet ist, in der Musik vom Lainpros, in der Rhetorik von Antiphon dem Rhamnusier, auch dieser möchte wohl die Athener vor den Athenern lobend Beifall zu finden im Stande sein." Offenbar ist hier Jemand berücksichtigt der als Verfasser einer Standrede gedacht wird. Eine solche haben wir vom Thukydides; Thukydides aber war, wie man glaubte, ein Schüler des Antiphon; folglich, schloss man, mnss z. Marc. 22 sich anscliliesst. Jene beiden, mein' ich, haben wohl daran ge-than. Denn alle erwähnten Zeugnisse sind eben keine Zeugnisse, indem sie durch die einfachste Bemerkung annnllirt werden. Ua nämlich Caecilius die Sache nur vermuthete (iitxituliitTu), so ergiebt sich dass er ein Zeugniss darüber nicht kannte, was bei einem so belesenen Manne ausserordentlich viel sagen will. Da ferner der gleichfalls sehr belesene Verfasser des Lebens der zehn Redner bloss die Vermuthung des Caecilius anführt, so ergiebt sich dass auch er von einem Zeugnisse für die Sache nichts wusstc, was er sonst gewiss lieber als eine blosse Vermuthung angeführt hätte. Danach ist es höchst wahrscheinlich dass im Zeitalter dieser beiden Schriftsteller ein Zeugniss gar nicht vorhanden war, zumal da von sämmtlichen spätem Schriftstellern kein einziger einen Zeugen der vor Caecilius gelebt hat anführt, wie sie es doch bei andern Sachen öfter thun. Die seltsame Unkritik sich auf die Vielheit der Zeugen zu steifen sollte doch in unsern Tagen nicht mehr vorkommen. Für die falsche Angabe über den Regierungsantritt des Arta-xerxes giebt es, wenn ich mich recht erinnere, mehr als dreissig Zeugen; aber wem wird es jetzt noch einfallen darauf Gewicht zu legen. Man vgl. m. Studien I S. 36 f. u. 52 Ii'. Und was für Zeugen sind es denen wir die Angabe über den Antiphon verdanken? Mehrere haben offenbar nichts Anderes vor sieh gehabt als die Stelle des Piaton, in welche sie den Thukydides hineindeuteten; und da hiess es denn, um mit Lessing zu reden: „Ein Schöps folgt dem Andern." Von dem Einen urtheilt Ruhnken: „Nihil levius est Hermogenis conjeoturis." Wenn übrigens II. Wuttke behauptet dass die von mir durchgeführte Ausicht über diesen Punet schon Gottleber aufgestellt habe, so ist das, so viel ich weiss, ein Irrthum.] — ') Brutus 12. — 2) bnig Ii7w zecapwv p. 217 Canter, p. 131 Jebb.: (QomuäiJiji) xmv Avti fiävint; hu.iqm i-ativ. — 3) p. 236, a. [Ucber einige Missdeutungen dieser Stelle vgl. Lessing im Leben des Soph. E.] 3 er vom Piaton bezeichnet sein. So meinten schon Alte ') und mit ziemlicher Ucbcreinstiminung sind ihnen hierin die Neueren gefolgt. Nur einer dcrjllerausgcber des Menexenos Herr V. Lörs hat die Sache bestritten, aber freiliehjmit so schwachen Gründen dass sie kaum eine Widerlegung verdienen. Am nichtigsten ist sein Haupteinwand, dass es nämlich ungewiss sei ob Lampros Thukydides Lehrer gewesen. Soll denn etwa aus der Ungcwisslieit folgen dass er es wirklieh nicht könne gewesen scini1 Ferner meint H. Lörs: „Piaton habe gewiss eine zu hohe Meinung vom Thukydides gehabt, sei gewiss ein zu gerechter Beurtheiler seines grossen Geistes gewesen, um ihn auf eine so unwürdige Weise anzugreifen. Auch habe er nirgends sich nachtheilig über Thukydides geäussert." Allerdings nicht nachtheilig, weil erjsich überhaupt nirgends über ihn geäussert hat. Aber gesetzt dass diese Stelle auf den Thukydides zu beziehen wäre, so liesse sich doch in ihr keine unwürdige Herabsetzung erkennen. „Mir, einem Schüler der Aspasia, sagt Sokrates, jener Unvergleichlichen die den Periklcs bildete, muss es wohl ein Leichtes sein eine licdc zu halten wie sie auch der Schüler eines minder grossen Lehrers, eines Antiphon, zu halten im Stande wäre." Nur mit^der Aspasia verglichen wird Antiphon hier als weniger bedeutend erwähnt, wie auch der Schüler desselben nur im Vergleich mit Sokrates als minder grosser Redner vorgestellt wird. Die ganze Stelle aber ist offenbar ironisch, und so wenigjSokrates sieh liier im Ernst als einen zweiten Perikles zu preisenjbeabsichtigt, eben so wenig kann er den Antiphon und den Schüler desselben herabsetzen wollen. Wenn er zugleich den Lampros, der uns als der berühmteste Musiker, seiner Zeit erwähnt w ird2), einem Kon-nos, den wir nur kennen weil er Sokrates Lehrer war3), nachsctzt, so zeigt sich hierin noch offenbarer das ironische Element, dem vielleicht eine Verspottung derer zu Grunde lag die einen Vorzug aus der Schule in der ein Redner gebildet worden herleiteten, ohne zu bedenken dass die Schulo eben nur Schüler bilde, nicht Meister. So unhaltbar indess diese Gründe sind, so wahrscheinlich ist doch die Ansicht für welche sie angeführt werden. Wenn Piaton an dieser Stelle nur die Nachbildung welche Thukydides von der Perikleischen Standrede giebt berücksichtigt hätte, so würde er wohl angedeutet haben dass diese Nachbildung weniger getreu sei als die seinige. Denn als Nachbildung derselben, wenigstens als theilweise, giebt ja auch Sokrates seine Rede. Ue-berhaupt würde Piaton dann wohl auch durch anderweitige Beziehungen theils in der Einleitung theils in der Rede selbst auf Thukydides hingedeutet haben. Erwägt man dagegen dass im Menexenos ein ironisches Ueberbicten der Standreden, wie der Eitelkeit des Volkes schmeichelnde Redner sie hielten, versucht wird, so muss man es wahrscheinlicher finden dass der Verfasser ') HennogencsTzetzes und Joannes Sik. b. Ruhnken p. 803 s. — 2) Nep. Epam. 2. [vgl. Lessing, cb.] — [3) Heind. zu Plat. ICuthyd. 4. vgl. eb. 295, d. u. Stob. 29, 68. 35 einer wirklich gehaltenen Rede als dass der Nachbildner einer solchen in der Stelle bezeichnet werde. Wenn man die Worte des Piaton betrachtet hätte ohne dazu die irrige Ansicht dass Antiphon Lehrer des Thukydides gewesen mitzubringen, so würde man schwerlich in der Ferne gesucht haben was so ganz in der Nähe sich darbeut. Denn was kann näher liegen als an einen der beiden Redner zu denken, die Menexenos vorher als die genannt hat von denen der Senat vermuthlieh Einen um die Standrede zu halten wählen würde')? Aber an wclchen von beiden? Den Dion 2) nennt, so viel ich weiss, kein Schriftsteller als Verfasser einer Standrede; wohl aber ist uns als solcher Archinos bekannt. Photios 3) berichtet ausdrücklich dass aus dessen Standrede Isokrates Vieles für seinen Panegyrikos entlehnt habe. Es kann mithin so wenig die Rede als ihr Verfasser, der Gehiilfe des Thrasybulos bei der Befreiung Athens, unbedeutend gewesen sein, und nicht zu verwundern' ist es daher wenn Piaton später diese Rede berücksichtigte, um so weniger, da wahrscheinlich, wie es zu geschehen pflegt, der Ruhm des Mannes die Schätzung derselben über Gebühr gesteigert hatte. Bei dieser Deutung erscheint die ganze Einleitung des Menexenos als *■ vortrefflich, während sie als durchaus ungehörig da steht, wenn man die Stelle auf Thukydides bezieht. Denn unternahm Sokrates den Archinos zu überbieten, so konnte er den Vorwurf der Anmassung treffend zurückweisen durch das Vorgeben dass er seine Rede der Aspasia verdanke '), während diese Wendung als völlig nichtssagend erscheint, wenn wir statt des Archinos den Thukydides denken. Denn dessen Standrede war ja die vom Perikles gehaltene, diese aber, sagt Sokrates selbst, habe Aspasia verfasst5). So hätten wir also den Antiphon und mit ihm den Lampros als Lehrer des Thukydides eingebiisst oder wenigstens gesehen dass die hieher gehörigen Zeugnisse auf Ungenauigkeit und Missverständniss beruhen. Wohl möglich ist es indess dass, wenn auch die Zeugnisse falsch sind, doch die Sache selbst wahr ist. Wenigstens ist es glaublich dass Thukydides den Umgang6) eines Mannes gesucht haben werde dem er selbst ein so glänzendes Lob ertheilt. Nicht viel sicherer als diese Nachricht ist die Angabe dass Thukydides Schüler des Anaxagoras gewesen sei'). Für sie als Gewährsmann wird An-tyllos angeführt, ein Rhetor8) und Grammatiker9) dem allerdings das Zeug- [') vgl. Studien I S. 224 f. 241. —] 2) Vielleicht ist es derselbe den Xenoph. Hellen. IV, 8, 13 als Gesandten erwähnt. — 3) cod. 260. — 4) Denselben Grund hat die Erwähnung der Diotima im Symposion. — 5) Absichtlich habe ich hier keine Rücksicht genommen auf Hrn. Schönborns Abhandlung: Ueber das Vcrhältniss in welchem Piatons Menexenos zu dem Epi-taphios des Lysias steht. Was II. S. für seine Ansieht geltend macht beruht so weit es scheinbar ist auf Missdeutung. [Eine Begründung dieses Urtheils s. man in m. Studien I. S. 224 ff.] — °) Das Zeugniss des Aristeis des dafür s. oben. — 7) Marcellin 22. — 8) Suidas in "AnvMoq. — 9) Al-solcher erscheint er in dem Schol. zu Thuk. III, 95. IV, 19. 28. 4* 36 niss der Zuverlässigkeit gegeben wird'). Allein auffallend ist es doch dass dieser Angabe der Zusatz beigefügt ist: „daher wurde er für einen Atheisten gehalten.'1 Wolil möglich also dass auch in dieser Nachricht eine aus dem Werke selbst gezogene Vermuthung zu einem Zeugnisse umgewandelt worden 5). Doch ist die Saeho an und für sich nicht unwahrscheinlich, da Anaxagoras gerade in dem Jünglingsalter des Thukydides zu Athen lebte und dieser einen so bedeutenden Philosophen zu hören schwerlich verabsäumt haben wird. Auf diesen Umgang möchte man des Gesehichtschrcibers Bemerkung3) dass eine Sonnentinstemiss wohl nur beim Neumonde eintreten könne, so wie seine Erklärung einer auffallenden Naturerscheinung3), zurückführen, wenn es nicht bedenklich wäre auf so unsichere Spuren, die nicht minder sich auch anders erklären lassen, eine Vermuthung zu gründen. Doch so zweifelhaft auch diese Angaben über Thukydides Bildung sind, so glänzend strahlt uns diese selbst aus seinein Werke entgegen und so un-verkenuliar ist es dass gerade Athen der Ort war wo ein Geist wie der sci-nige sich aufs herrlichste entwickeln musste. Denn wie unter allen Ländern Hellas, so ragte unter allen Städten der Hellenen Athen durch Bildung hervor: es war wie Thukydides der Dichter es treffend nennt 'EUdäoq 'E)la;5) oder, wie es bei dem Geschichtsehreiber selbst heissf, rvs 'E)lääoq naläev-v'Aäi\vai<,iv. (bei F. A.Wolf § 48.) — [') H. WuttkoH S. 13 sagt: „Corte Athenienses devictis Thasiis jura privatorum liominum circa metalla aliqua ccrte ex parte respicicntes non Omnibus ademerunt omnia." Woher weiss H. W. das? Thukydides 1, 101, 2 sagt unbedingt: io fihalXor üfineq. Oder schliesst er' das aus der Athenischen Humanität? Die Humanität reicht in solchen Dingen überall nicht weit, wenn Intoressen ins Spiel kommen.] — [2) H- Wuttke 2 f. K. 145 ereifert sich über meinen Verdacht gegen ICimon „levi ex conjectura." Er versichert: „Cimonem possessionibus bonisqtte Milti-adis patris liberatis Persarum imperio quam maxime divitem esse factum constat." Woher H. W. das weiss ist mir unbekannt. Meine Vermuthung gründet sich auf Thatsachen und Zeugnisse. Denn der Vater Miltiades starb im Gefängnisse, weil er die über ihn verhängte Geldstrafe nicht bezahlen konnte, (die Erkl. z. Her. 6, 13G.1 Entrichtet wurde sie erst vom Kimon durch Hülfe des reichen Kallias. (Plnt. Kim. 4.) Dass Kimon aber seine Siege auch für sich ausbeutete sagt Plutarchos 10: a xahög äno n'iv noXt-itiüiv fdolfv otjeUjnOui xüXXtnv uvijXiaxiv tig Tot',- 7taXiiaq. Selbst der Bestechung war er verdächtig. (Waehsmuth Hell. Alterthumskunde § 57 unter Kimon und Perikles.) Wenn H. W. mir zuruft: „Nefas omnino est hominis nomen diffamare et sine argumentis testibusque vana conjiciendi libidine mores ejus accusare tam gravitcr," so kann ieli ihm nur erwidern dass es gar nicht hübsch ist über eine Sache so zu urtheilen, wenn man so wenig mit ihr bekannt ist. Das Quilibct praesumitur bonus, donec probetur contrarium ist nur juristisch richtig. Praktisch muss man leider nur zu oft denken: quilibet prae-sumatur malus, donec probetur contrarium. Ja es giebt gewisse Verhältnisse in Bezug auf die man zum Argwohn sein- berechtigt ist. So liegt es im Kriegshandwerke dass der Soldat über das F'igenthumsrecht ziemlich commu-nistisclie Ideen bekommt. Der Gemeine beschränkt sich zunächst auf das „Rabuschern," wozu er ein Nothrccht hat; geht aber gelegentlich auch weiter und denkt mit Tilly: ,,Dcr Soldat muss für seine Gefahr und Arbeit etwas haben." Die Befehlshaber, oft in anderer Hinsicht vortreffliche Männer, wissen doch zuweilen auf eine recht stattliche Weise für sich zu sorgen, mitunter durch Mittel die man nicht gerade Schurkereien nennen, aber doch auch nicht loben kann. Der heldenmüthige Vcrtheidiger Breslaus im siebenjährigen Kriege, er der auf die Drohung dass man, wenn er sich nicht ergebe, das Kind im Mutterleibe nicht verschonen werde, ruhig antwortete: „ich bin nicht schwanger und meine Soldaten auch nicht," dieser so wackre Mann, der von Hause aus arm war, hatte, wie Friedrich der Grosse selbst bezeugt, ein Vermögen von wenigstens hundert und fünfzig tausend Thalern erworben, damals eine ungeheure Summe. (Stalir in Lessings Leben I S. 201.) Friedrich selbst dachte über so etwas zu lässlich. „Ich habe den Ochsen an die Krippe gestellt, warum hat er nicht gefressen?" äusserte er auf ein ihm widerwärtiges Gesuch um Unterstützung. Der Tapferste der Tapfe ren, Ney, deutete den Magdeburgern an dass er 80000 Franken „Glockengeld" erwarte. Sie zahlten, um die Prcussischen Glocken nicht in 41 werke auch dem Zweige seiner Familie von dem Thukydides abstammte zuwenden. Diese Vermuthung, die mit Plutarehos Angabe übereinstimmt, scheint so ansprechend zu sein dass man kaum geneigt ist ihr das Zeugniss einer Schrift entgegenzusetzen in der man bei jedem Schritte auf Irrthümer und Widersprüche stösst. Wenn indess Thukydides vielleicht auch keine Thrakerin zur Frau hatte, so bestätigen es doch mehrere Angaben dass er verheirathet gewesen sei. Ein günstiges Vorurtheil für seine — man darf voraussetzen, rechtmässige — Gattin erregt es dass die Nachwelt von ihr nicht einmal den Namen, übrigens aber nur Gutes weiss '), nämlich dass sie die wesentlichste Bestimmung des Weibes erfüllt habe. Suidas2) erwähnt einen Sohn, auf welchen jedoch dem gewöhnlichen Gange der Natur gemäss des grossen Vaters Geist sieh nicht fortgeerbt hatte. Wenigstens wissen wir von ihm nichts als dass er Timotheos geheissen. Man möchte wünschen das uns lieber der Name der Tochter erhalten wäre. Denn s i e scheint ein Weib von nicht gewöhnlichem Talente gewesen zu sein, wenn anders die Vermuthung derer die das achte Buch des Thukydides ihr aneigneten3) auf eine Ueberliefcrung von ihren Fähigkeiten gegründet war. Die häuslichen Freuden und Leiden des Gcsehichtschreibers deckt die Nacht der Vergessenheit. Nur das erfahren wir gelegentlich von ihm selbst4) dass bei der Seuche welche Ol. 87, 1 und 2 Athen heimsuchte auch er an derselben erkrankte. Mehr als unzuverlässig ist was uns von seiner rednerischen Wirksamkeit erzählt wird. Nach einer Angabe seines ungenannten Biographen6) hätte er sich durch seine Bercdtsamkcit ausgezeichnet und die erste Probe davon bei französische Kanonen metamorphosirt zu sehen. Dieser Erwerb war nicht schön, aber jedenfalls clirenwerthcr als — der Verrath der Preussischen Festungen. Eine Integrität wie sie 1815 Miiffling und Ribbentrop in Paris bewiesen (Förster in seinem Befreiungskriege 3 S. 1200 f.) hat noch immer, und besonders in den älteren Zeiten, zu den Seltenheiten gehört. Nicht eben so leicht wie diese Beispiele von Integrität sind Bestechungen nachzuweisen. Denn die bestochen haben schweigen und die bestochen sind werden nicht reden. Die chroniquc scandaleuse, z. B. die des Wiener Congresses, weiss Manches sehr Wahrscheinliche zu erzählen; aber an rechtsgültigen Beweisen fehlt es natürlich fast überall. Wer jedoch wird desslialb z. B. Fr. Gcntzens Redlichkeit behaupten wollen, wenn er sieht wie des Mannes ungeheure Verschwendung zu seinem rechtlichen Einkommen in gar keinem Verhältnisse stand. Aus einem ähnlichen Grunde dürfen wir gegen Ivimon Verdacht hegen, unbekümmert um die gedankenlose Unkunde Iln. Wuttkcs, dem ich seinen Zuruf an mich parodirt zurückgebe: ,,Nefas est vana vituperandi libidine ignorantem quac scirc debeas cum qui noverit levitatis accusare tarn graviter."] —, t,1) ®ie mas illm vorgeschwebt haben bei den Worten H, 45, 2: r/q av tm üäyirrcoi üatiTi; miii /) tfinynv Iv iotq tigrrtai rj.toq —] -) unter Qov-y.vStäijq. Auch Marcellin § 17 berichtot aus Polemon, der unter Ptolemaeos Epiphanes lebte: * * &iovv * * ahm ytyev'rt&ai niioqirriotiü, wo die Lücke unstreitig mit Casaubonus und Stcphanns durch Tiun&tnv vlov zu ergänzen ist. — 3; Marc. § 43. — 4) II, 48, 2. — § 6. 42 der Verteidigung eines gewissen Pyrilampes gegeben. Pyrilampes niimlieh habe aus Eifersucht „einen befreundeten und geliebten Mann" ermordet, sei darüber vom Perikles angeklagt, aber von Thukydides vertheidigt und gerettet worden. Einiges Misstrauen gegen diese Nachricht erregt schon die Bemerkung dass Thukydides dabei als Verwalter der Staatsangelegenheiten und Volksführer bezeichnet wird '). Als solchen kennen wir den Geschichtschreiber nicht2), wohl aber wissen wir dass Thukydides, Sohn des Melesias, wenn auch nicht Volksführer, so doch Oborhaupt der Aristokraten und als solches besonders auf der ltednerbühne Widersacher des Perikles war3). Ferner ist es wahrscheinlich dass Pyrilampes nur als Jüngling sich zur Ermordung seines Geliebten habe hinreissen lassen; und da er bereits Ol. 89, 2 einen erwachsenen Sohn hatte'1), so würde sein Process in eine Zeit fallen wo Thukydides der Sohn des Oloros unmöglich schon als Anwalt auftreten konnte-Endlich ist es gar nicht denkbar dass der grosso Perikles in seinen letzten Lebensjahren, in welche diese Sache fallen müsste, wenn Thukydides, Oloros Sohn, sein Gegner gewesen wäre, zu einer Anklage der Art sich hergegeben habe. Noch könnte man der Nachricht des Ungenannten ein bestimmtes Zeugniss entgegensetzen. Marcellin nämlich berichtet dass Thukydides an der Staatsverwaltung keinen Antheil genommen noch die Rednerbühne betreten habe, sondern nur Feldherr gewesen sei5). Allein auf solch eine [von Cicero bestätigte] Angabe, die leicht nur als Antithese entstehen konnte, mag man eben so wenig Gewicht legen als auf die entgegengesetzte des Dionysios6) dass Thukydides mehr als einmal Feldherr gewesen7) und auq)i die übri- ') nqntmt] Tri»' Ttqaytiärwv inö i1t][inv. — 2) os oüdi 7tavii\ yvii'iqilioq eyiveio, u'.V o(J J£ ,7.ihu zniq xm/uxolq, ihtt zu t'/r' nklyov (Tiquteiuq oratio— &ivxa fttia KliWo? i/il Qqäxrfi ipvyfi xatadixair&eria (1. xaiad'txaa&ijrai), Schol. zu Aristoph. Wespen 941. — 3) Tzeqi u) ßtj/ia coi lleqixkü aufinke-xoittvoq. Plutarch. Per. 11. — A) Aristoph. Wespen 98. Es versteht sich dass die Stelle in Piatons Gorgias S. 4SI, a, welcher Dialog nach S. 473,e Ol. 93, 4 gehalten wäre, hiegegeu nicht anzuführen ist. Zwar wird noch Ein Pyrilampes im Parin. S. 126, b und Einer im Charm. S. 158, a erwähnt; aber wenn auch diese von dem Vater des Demos verschieden und Einer von ihnen gemeint sein sollte, so würde doch der Grund derselbe bleiben, weil sie nach Piatons Angaben eher älter als jünger denn jener gewesen wären. Anders wäre freilich die Sache wenn Keiner von diesen gemeint wäre. — 5) § 23. [Vgl. Cic. De. or. 2, 13: Atqui ne hunc quidem, quamquam est in rcpubliea versatus, ex numero aeeepimus eorum qui causas dictitarnnt.] — 6) p. 770. Vgl. Cic. Brut. 11. — 7) So auch Saidas: >/i' nokvq — axni-ßtiu rtua' iiaii'iv xat n zq a ztjyi aiq xal aviißovkiaiq xal navyjyvqixaiq vtzo- üimrjiv. Doch die Unzuverlässigkeit auch dieser Angabe springt in die Augen. [H. Wottke II p. 20 glaubt diese Stelle auf die schriftstellerischen Leistungen des Thukydides beziehen und uiqaT^yiaiq descriptionibus certa-m in um erklären zu dürfen. Das heisst dem Saidas eine höchst alberne Ausdrucksweise andichten. Anders wäre die Sache freilich wenn man nach Marc. 1 läse txqazriyixaTq av/ißovklait. vgl. p. 8, 3.] geil Ehrenstellen verwaltet habe. Denn da er den Thukydides als undankbar gegen die Athener darstellen will, so konnte er, dem überhaupt die Wahrheit nicht sehr heilig ist, leicht sich verleiten lassen was er etwa glauben mochte als Thatsache auszusprechen, wenn nicht vielleicht auch er durch eine Verwechselung des Geschichtschreibers mit dem Sohne des Mclcsias zu einer ungenauen Angabe verführt ist. So unzuverlässig indess alle diese Nachrichten sind, so wenig ist es doch wahrscheinlich dass Thukydides seine politische Lautbahn mit der Feldherrn-würde angefangen. Denn mochte er immer auch, wie selbst in demokratischen Staaten nicht ungewöhnlich ist, wegen seiner Herkunft und seines Vermögens kein geringes Ansehn geniessen, so ist es doch nicht denkbar dass man ihm zu einer Zeit wo die Strategen wirklich noch als solche von Bedeutung waren mit dieser Würde bekleidet hätte, wenn er sich nicht bereits irgendwie die Gunst des Volkes erworben und Beweise seiner Tüchtigkeit gegeben hätte. Nur das Wie und Warum zu bestimmen fehlen uns so sehr selbst Andeutungen dass man darüber nicht einmal Vermuthungen die einigen Schein hätten aufstellen kann. Nicht unwahrscheinlich ist es indess dass seine Besitzungen und sein EinHuss in Thrakc mit ein Beweggrund gewesen ihn Ol. 89, 1 als Feldherrn in jene Gegenden zu senden. Thukydides befand sich mit einem Geschwader bei Thasos als er von seinem Amtsgenossen Eukles, der als Befehlshaber zu Amphipolis stand und sich zugleich vom Brasidas und einer Lakonisch gesinnten Partei in der Stadt selbst bedroht sah zur Hülfe gerufen wurde. Ohne Verzug segelte er mit sieben Schiften, die eben zugegen waren, von Thasos ab, das etwa eine Tagereise von Amphipolis entfernt war, um diesen Ort oder, wenn dies schon nicht gelänge, die am Ausflusse des Strymon nur fünf und zwanzig Stadien von Amphipolis entlegene Hafenstadt Eon zu retten. Da Brasidas die Ankunft dieses Geschwaders fürchtete und erfuhr dass Thukydides wegen seiner Bergwerke in Thrakc unter den Bewohnern dieser Gegenden sehr bedeutenden Einfluss habe, so eilte er, wo möglich, sich vorher den Besitz von Amphipolis zu verschallen, damit die Amphipolitcn durch Thukydides Ankunft nicht zu der Hoffnung dass dieser von der Seeseite und aus Thrakc Unterstützungen herbeiziehen und so die Stadt retten würde veranlasst werden und sich dann nicht ergeben möchten. Daher gewährte er annehmliche Bedingungen und liess öffentlich bekannt machen: Wer von den Ampliipoliten und anwesenden Athenern Lust habe, solle bei völliger Gleichheit der Rechte im Besitze seiner Habe dort bleiben; wer dies nicht wolle, könne in fünf Tagen abziehen und das Seinige mit sich nehmen. Dieser Vorschlag änderte die Gesinnungen der Menge, zumal da nur wenige Athener in der Stadt ansässig, der grösste Theil der Einwohner gemischt war. Ueberdies hatte Brasidas bei seiner unvorhergesehenen Ankunft viele ausserhalb der Stadt befindliche Amphipolitcn gefangen genommen, für die ihre zahlreichen Verwandten in der selben besorgt waren. Endlich hielten Alle im Vergleich mit ihrer Furcht naylq ijxei itäv nQaSövxmv "'<7x1 C-Jijdxijq.] — 7) Vgl. Heilmann in s. krit. Gedanken S. 114 f. bei Danow. Sclion desshulb wird man geneigt das Wort Verrath. in einer milderen Bedeutung für Vernachlässigung der Amtspflicht zu nehmen'). Und so berichtet wirklich der Anonymus2): alt luv ia/j 7tqodoaiaq ix ßqaduiTjxif xe xai bhyu>ijla5. Der Verlust einer Stadt nämlich reichte hin um eine Eisan-gelie wegen Verrathes wider einen Feldherrn zu veranlassen 3); und dass eine solche gegen den Thukydides erhoben sei scheint kaum zweifelhaft. Die Strafe für ein Verbrechen dieser Arf war keine geringere als die höchste. Nach dem Psephisma des Kanonos4) nämlich sollte Jeder, der gegen das Volk (den Staat) der Athener gefrevelt hatte, gefesselt sich vor dem Volke vortheidigen und wenn er verurtheilt würde, getödtet und in das Ba-rathron geworfen werden. Seine Güter sollten eingezogen werden und der Zehnte] der Athene gehören. [Die Athenische Demokratie verfuhr gegen solche Verbrecher nicht so glimpflich als — Preussen gegen die Venäther oder Feiglinge von 1806.] Bei der Aufregung in die der Verlust von Amphipolis die Athener versetzt hatte würde Thukydides gegen die Angriffe der Gegner in seiner Unschuld wahrscheinlich eine wenig wirksame Walle gehabt haben, zumal da er schon als Eupatride und als Reicher das Vorurtheil des Volkes gegen sich hatte. Sehr natürlich wäre es daher gewesen, wenn er, bekannt mit dem Charakter seiner Mitbürger, durch die Flucht ihnen eine Ungerechtigkeit und sich eine unverdiente Strafe erspart hätte. Nun berichtet er selbst 6) dass er nach dem vereitelten Versuche Amphipolis zu retten zwanzig Jahre lang in der Verbannung gelebt habe, ohne jedoch zu bestimmen ob dieselbe eine freiwillige oder als Strafe über ihn verhängte gewesen. Das letzte äussern Cicero6), Plinius7), Marcellin8) und der Anonymos0). Dieser, der unzuverlässigste der unzuverlässigen Biographen des Geschichtsehrcibers, spricht gar von Ostrakis-mos, wobei offenbar eine Verwechselung mit dem älteren Thukydides zu Grunde liegt. Wäre der Geschichtschreiber wirklich vom Volke verbannt worden, so müsste man annehmen dass eine Milderung der von dem Gesetze bestimmten Strafe eingetreten sei, etwa weil seine Schuld dem Volke nicht als entschiedener Verrath erwiesen worden 10). Allein wer die Leidenschaftlichkeit der Athener erwägt wird eine solche Milde wenig walirschein- ') Vgl. Plattner Process II S. S5. — 2) § 3. — 3) Demosth. Lept. 79 p. 481: |uiav fih> TXofov tl ämideaev !} vavq dixa ftovaq, nqodoniaq av av-xov eiqjyyeXXov oh rot, xai cl taXo>J tov unuvi' av anoXäln yqovor. [An eine yqayri nq»Soaiai; denkt Müller Gcsch. der gr. Lit. II S. 342, 1.] — ") Xenoph. Hellen. I, 7, 21. — 6) V, 26, 5. — 6) de or. II, 13. — 7) H. N. VII, 31. — 8) 23: i/vyaSeüeiai-ifvyaötvovaiv aviöv. 46: iavyctäev&it. [vgl. Nachtrag § 11.] — °) § 7. — [,0) Der Begriff der nqoä'oaia war ziemlich elastisch. Plattner an d. a. St , Meier im Att. Proc. S. 341 u. 343. Und daher „wurde zuweilen auch auf blosse Geldstrafen erkannt." Ilefl'ter Die Athen. Gerichtsverfassung S. 151. Wenn H. Wuttkc n p. 32 versichert dass er nicht begreife was meine Worte besagen sollen, so ist mir das eben so unbegreiflich als sein Einwand. H. Roscher S. 99 hat mich verstanden.] 4G lieh finden, zumal bei einem Ereignisse wie der Verlust von Amphipolis. Strenge Beweise der Schuld in Fällen der Art zu fordern war man weit entfernt. Tonende Redensarten und Hyperbeln genügten den Sinn der leicht zu täuschenden Menge zu berücken. Obgleich aber Thukydides der Todesstrafe entging, so rettete er doch schwerlich sein Vermögen, wenigstens nicht das in Attike befindliche, wenn nicht vielleicht auch von diesem ihm ein Theil durch die Vorsorge seiner Freunde und Verwandten heimlich vor der Einziehung geborgen wurde. Sehr zweifelhaft ist es ob er seine in Thrake belegenen Bergwerke gerettet habe '), da es keinesweges entschieden ist dass die Gegend von Skaptcliyle in dieser Zeit von den Athenern unabhängig gewesen2). Zwar Amphipolis war abgefallen ohne wieder unterworfen zu werden3); allein dass die Thasos gegenüberliegenden Ortschaften, die von dieser Insel aus so leicht gefährdet werden konnten, sich gegen ihre Gebieter, uijd das waren die Athener damals noch unstreitig, zu empören gewagt hätten ist nicht eben sehr wahrscheinlich. Auch erwähnt Thukydides4) zwar dass nach dem Verlust von Amphipolis die Bundesstädte der Athener grosse Neigung zum Abfalle geäussert und dcsshalb mit Brasidas Unterhandlungen angeknüpft, ja er führt ausdrücklich an dass Myrkinos, Galepsos und Oisyme sich dem Spartanischen Feldherrn unterwarfen6); allein von dem benachbarten, wegen seiner Bergwerke so bedeutenden Skaptehylc, das wahrscheinlich durch eine starke Besatzung gedeckt war, berichtet er nichts. Vermutlilich fiel also dieser Ort nicht eher ab als Thasos wie denn auch später die Insel mit den gegenüberliegenden Küstengegenden dasselbe Schicksal thcilte7). §. 9. Thukydides Verbannung. Zu Aegina. Zu Skaptohyle. Im Feloponnes. In Sikclion und Italien. Dauer der Verbannung. . Nach diesen Erörterungen wird es nicht schwierig sein manche von den Ueberlicferungen zu würdigen die uns von Thukydides Aufenthaltsorten während seiner Verbannung erhalten sind. Zunächst soll er nach Aegina gegangen sein und dort mit seinem Gelde Wucher getrieben haben8). Zum Glück ist es leicht die den Charakter des Schriftstellers beschmitzende Angabe zurückzuweisen. Aegina war nämlich damals von Athenischen Kleruchcn besetzt und also gewiss ein für ihn verschlossener Aufenthaltsort. Wenn diese Nachricht nicht rein erdichtet ist, so könnte man vermuthen dass sie auf den Sohn des Melesias zu beziehen sei, weil der Eine von den Schriftstellern ') wie Hr. Meier de bonis daran, p. 179 annimmt. — 2) wie H. Meier glaubt. — 3) Thuk. V, 21, 1. 38, 1. VII, 9. — 4) IV, 108. — "') IV, 107, 2. — Ol. 92, 1. Thuk. VII, 64, 3. — 7) Xenoph. Hellen. I, 4, 9. De- mosth. Lept. p. 474. — B) Marcellin § 24. u. Anon. 7, dieser mit unsinniger Uebertraibung: rote d? t!;v rfü.agyvQiav aüioü fiahtrva qavtqav ytviaO-ai. ä- navtag yaq Alyivr^uq xac uvatxtüiovq tno'tqatv. 47 die sie geben kurz vorher, indem er ebenfalls den Thukydides geizig nennt, ihn als Volkshaupt bezeichnet und von Ostrakismos spricht, durch den bekanntlich der Sohn des Mclesias verbannt wurde'). Nur müsstc man da, um dem Charakter desselben nicht Unrecht zu thun, eine bedeutende Uebertrei-bung in dieser Angabe gestatten. Denn eigentlichen Wucher hielten die Hellenen für zu verächtlich2) als dass man glauben dürfte ein Mann wie dieser werde daraus ein Geschäft gemacht haben. Von Aegina, berichtet Marcellin3), sei der Geschichtschreiber nach Thrake gegangen und habe zu Skaptehvle gelebt. Auch Plutarchos ■') meldet dass Thukydides in dieser Gegend (ntjil cr/v 2xcmci\v vJ.rjp) sein Werk verfasst habe. Wenn nun ferner erzählt wird dass er zu Skaptehvle seinen Tod gefunden, so scheint man hienach der Meinung gewesen zu sein dass er während seiner Verbannung fortwährend dort gelebt habes). Hiegegen aber spricht zunächst die obige Bemerkung dass zur Zeit wo Thukydides in die Verbannung ging Skaptehvle wahrscheinlich noch unter Athenischer Bot-miissigkeit stand; und dass später diese Gegenden, nachdem sie abgefallen waren, wieder unterworfen wurden melden bestimmte Zeugnisse0). Zu diesen Zeiten aber konnte Thukydides nicht wagen dort zu leben. Ferner sagt uns im Widerspruche mit diesen Zeugen ein Scholion7), der Geschichtschreiber habe zwanzig Jahre in der Verbannung gelebt und sich im Feloponnes aufgehalten. Diese Angabe ist zwar vielleicht nur Erklärung der Worte des Schriftstellers zu denen sie ausgesprochen wird; aber in der That keine verwerfliche, da sie sich leicht aus ihnen entnehmen lässt: Svvißq uoi, sagt Thukydides, 'ftvyuv i^v ifiaviov fetj iixoai tieta thv eq 'A/iq IttoUv avqacr)-ylav xul yivo/ievoi /raq uyq.octqotq rot,* tt Qu)'u am xul /tuv ic aücöiv fiäUor uXa9ta&ui. Wie hätte sich der Geschichtschreiber so ausdrücken können, wenn er während seiner ganzen Verbannung in der Zurückgezogenheit, entfernt von den Ereignissen, gelebt hätte? rtvin&ai naqu 101,- nnayfiam kann nur der von sieh sagen der selbst den Begebenheiten nahe gewesen ist. Dazu kommt dass Thukydides erklärt: ni'X rjomv tlunu coiq lhkonovrt]).ctt<; xaAou/ievaiq iarlv iv Kol).;] xä xa).ov'fitva Ki/i'övia fivi'juaia, Zv&a äeixvvtai 'Hqoiotou xal Qovxvdiöov räfoq. Allein da der Biograph hinzufügt dass kein Fremder dort bestattet werde, so würde er sich widersprechen, wenn er 'HiiotSacau geschrieben hätte. Sehr einleuchtend ist daher Koraes Vorschlag 'HgoiJov zu lesen, da Herodes der Attiker wirklich sein Geschlecht vom Kimon herleitete2). Nimmt man dagegen an dass Thukydides wirklich eine Zeit lang zu Thurioi gelebt habe, vielleicht während seiner Verbannung so lange Skaptehyle nntcr Athenischer Botmiissigkcit stand, so ergiebt sich wie dort ein Grabmal des Thukydides vorhanden sein konnte, auch wenn er vielleicht dort nicht gestorben war. Denn die Hellenischen Städte geizten nach der Ehre die Ueberreste grosser Männer bei sieh bestattet zu haben und wohl konnten die Thurier mit einigem Scheine erdichten dass Thukydides bei ihnen begraben sei, wenn er eine Zeit lang bei ihnen gelebt und vielleicht gar, auf fortwährenden Aufenthalt rechnend, sich ein Grabmal in ihrer Stadt gegründet hatte3). §. 10. Thukydides Heimkehr und Ende. Ende der Verbannung. Psephisma des Oinoblos. Ermordung: — wo? Didymos, Zopy-ros und Ivratippos. Timacos und Apoltodoros. I'arparon, Perperene, Perine, Perne. Ikrion. Plutarchos. Die Dauer seiner Verbannung giebt Thukydides selbst '') auf zwanzig Jahre an. Nun fällt sein Zug nach Amphipolis, auf den unstreitig sehr bald seine Flucht folgte, in den Winter von Ol. 89, 1 oder in den Anfang des Jahres 423 v. Ch. G. Wenn man daher seine Angabe genau nehmen darf, und das seheint man zn müssen, da sie nicht durch ein milderndes Wort (ungefähr, beinahe) eingeführt wird, so ist seine Rückkehr oder Zurückberufung in den Winter Ol. 94, 1 oder in den Anfang des Jahres 403 v. Ch. G. zu setzen, mithin in eben die Zeit in welcher Thrasvbulos für die Befreiung Athens kämpfte. An ihn, könnte man also vermuthen, habe sich auch Thukydides angeschlossen und so durch seine Mitwirkung sich die Wiederherstellung in sein Vaterland erworben. ') § 17. — 2) Koraes zu Plut. Kim. 4. [Andre anders. Die Nachweisungen bei Bähr z. Her. XV p. 421.] — [3) Bei stimmt RoscherS. 104.] — 4) V, 26, 5. — [5) Ullrich Beitr. z. Erkl. S. 136 setzt sie erst in den Winter von 403 auf 402 ohne genügenden Grund. Auch was er S. 148 E. anführt will mir nicht einleuchten.] 51 Dieser Annahme stehen jedoch ein Paar bemerkenswerthe Nachrichten entgegen. Marcellin1) nämlich meldet, angeblich aus /lern Zopyros und Di-dymos, dass die Athener nach der Niederlage in Sikelien den Verbannten mit Ausnahme der Peisistratidcn die Rückkehr bewilligt und dass auch Thukydides damals zurückgekommen sei. Als Zeugen dafür dass den Verbannten diese Erlanbniss gegeben sei führt er noch den Philochoros und Derne-trios an. In der That wurden, zwar nicht unmittelbar nach der Niederlage in Sikelien, aber doch nicht lange nach derselben im Frühlinge Ol. 92, 1 Alki-biades und andere Verbannte zurückberufen2); allein keinesweges wurde allen die Rückkehr bewilligt. Dies geschah erst durch den Fricdcnssclduss mit den Lakedaemoniern; und von dieser Zeit sprachen wahrscheinlich die Schriftsteller welche Marcellin anführt, wie deutlich genug auch daraus hervorgeht dass mit diesem Ereignisse die Rückkehr des Thukydides in Verbindung gesetzt wird. Denn dass diese nicht schon nach der Niederlage in Sikelien erfolgte mussten sie aus ihm seiht wissen. Nach diesen Schriftstellern also wäre Thukydides unmittelbar nach der Eroberung Athens zurückgekehrt. Allein man sieht leicht dass diese Angabe kein Zeugniss, sondern nur eine Vermuthung ist, zu der man freilich sehr leicht verleitet werden konnte. Dass sie aber ungegründet sei geht schon daraus hervor dass Thukydides zur Zeit der Eroberung Athens eben erst neunzehn Jahre und höchstens noch einige Monate in der Verbannung gelebt hatte. Diesem Grunde könnte man indess einige Nothbehelfe entgegensetzen, wie z. B. dass man die Angabe von zwanzig Jahren, einer runden Zahl, selbst bei einem genauen Schriftsteller so genau nicht nehmen dürfe; auch sei es denkbar dass Thukydides nicht unmittelbar nach dem Friedensschlüsse, sondern erst nach mehreren Monaten zurückgekehrt sei und dass also die Zeit von zwanzig Jahren ziemlich ausgefüllt worden. Will man diese Auskunft auch gelten lassen, so erhebt sich doch cir.e bedeutendere Schwierigkeit gegen jene Vermuthung in einer Nachricht des Pausanias3). Nach diesem nämlich soll Thukydides auf den Vorschlag eines gewissen Oinobios zurückberufen sein. Wozu aber hätte es eines besonderen Vorschlages für den Thukydides bedurft, wenn eben erst eine Friedensbedingung allen Verbannten die Rückkehr gewährt hatte? Diese Schwierigkeit bleibt aber dieselbe wenn wir den Geschichtschrciber etwa neun Monate später zurückkehren lassen. Denn auch da bedurfte es, weil die Er-laubniss dazu allgemein war, keines besondern Psepliisma für den Einzelnen. Diese Bemerkung möchte man für geeignet halten die Nachricht des Pausanias verdächtig zu machen, um so mehr da Zopyros, der, wenn man aus der ihn betreffenden Angabe eines unzuverlässigen Schriftstellers') etwas ') § 32. — 2) Thnk. VIII. 97, 2. — 3) I, 23, 11. — ') Marcellin § 33-yw tJi 'ZünvQov /.>:otiv vouIZto — xav uArün'tiv voftlti] Kqüiixxos orrov'- 4* ry> folgern darf, ein Zeitgenosse des Thukydides gewesen wäre, von ihr nichts gewusst zu haben scheint. Dies könnte man leicht aus der eben erwähnten Stelle des Marcellin schliesscn. „Didymos sagt diesor'), berichtet dass Thukydides zu Athen gestorben sei. Dies, giebt er an, melde Zopyros. Denn die Athener hätten den Verbannten mit Ausschluss der Peisistratiden nach der Niederlage in Sikclien die Bäckkehr bewilligt.'' Wäre auch der letzte Satz aus dem Zopyros gellossen, so würde dieser offenbar von dem Pscphisma des Oinobios nichts gewusst haben. Allein es kann dies eben so gut ein Zusatz des Didymos sein und ist es wahrscheinlich, weil die irrige Angabe dass diese Bewilligung nach der Niederlage in Sikelien ertheilt sei schwerlich vom Zopyros herrührte. Nichts desto weniger scheint die Angabe des Pausanias durch die vorher erwähnte Schwierigkeit verdächtig zu werden. Da es indess bedenklich ist eine so bestimmte Nachricht gradezu für erdichtet zu erklären, so könnte man mit Dodwell vermuthen, dieser Schriftsteller habe sie nur durch ein Versehen auf den Sohn des Oloros bezogen, während er in seiner Quelle bloss den Namen Thukydides vorgefunden, bei dem an den Sohn des Melo-sias zu denken gewesen. Oder wenn man Anstand nimmt einem im Ganzen so sorgfältigen Schriftsteller als Pausanias solch' eine Verwechselung aufzubürden, so könnte man sich das Entstehen dieser Angabe auch auf folgende Weise erklären. Wenn gleich die Zurückberufung der Verbannten Friedensbedingung war, so ist es doch wohl denkbar dass sie, um wenigstens die Form zu beobachten, durch einen Volksbeschluss ausgesprochen wurde. Wenn aber der Vorschlag dazu von einem gewissen Oinobios gemacht war, so konnte eine Aeusserung dass Thukydides seine Bückkehr dem Pscphisma des Oinobios verdanke den Pausanias sehr leicht verleiten zu glauben, es sei dasselbe nur für den Thukydidcs gegeben worden. Allein vielleicht mühen wir uns vergebens die Entstehung eines Irrthums •zu erklären wo nicht minder wahrscheinliche Vennuthungen uns eine wenn auch beim ersten Blicke auffallende Nachricht als sehr begreiflich zeigen können. So wäre es z. B. wohl möglich dass den Verbannten eine gewisse Frist zur Rückkehr gesetzt worden, dass Thukydides bei der bedenklichen Lage des Staates in dieser nicht nach Athen heimgekehrt sei und dass es daher eines besonderen Psephisma für ihn bedurft hätte. Dies ist indess nur eine Möglichkeit die sich zu keiner Wahrscheinlichkeit erheben lässt. Nicht haltbarer, wenn auch vielleicht auf den ersten Blick ansprechend, ist ein anderer Erklärungsversuch. Nach Zopyros nämlich ist den Verbannten mit Ausschluss der Peisistratiden die Rückkehr gewährt worden. Nun aber soll Thukydides mit diesen verwandt gewesen sein oder gar von ihnen sein Geschlecht abgeleitet haben. Wie also wenn es aus diesem Grunde für ihn eines besonderen Pscphisma bedurft hätte? Kratippos abei" war auch ein Zeitgenosse des Thukydides. Dion. Urtheil über Thuk. XVI, 2. [Vgl. unten S. !H.] — [») § 32.'vgl. Anon. 10.] — 2) Annales Thuc. p. 647 in der Beckschen Ausg. des Thuk. Allein wenn es wirklich auch mit dieser, wie wir oben sahen, sehr zweifelhaften Verwandtschaft seine Richtigkeit hätte, so ist es doch nicht denkbar dass die Ausschliessung der Peisistratiden sich auf Andere als die früher verbannt gewesenen Abkömmlinge des Peisistratos erstreckt habe. Wie hätte man dazu kommen sollen erst ein Jahrhundert nach der Vertreibung dieses Geschlechtes auch Andere die mit demselben in verwandtschaftlichen Beziehungen standen mit Verbannung zu belegen, sie die man so lange ohne Furcht und Gefahr geduldet hatte? Wenn man dagegen erwägt dass nach der oben gegebenen Darstellung dem Thukydides nicht vom Volke die Verbannung als Strafe auferlegt war'), sondern dass er sich dieser durch die Flucht entzogen hatte, so ergiebt sich dass die Friedensbedingung welche den Verbannten die Rückkehr gewährte nicht auch ihm sie gestattete2). Eben so wenig wagte jener Kallixenos auf dessen Betrieb die Strategen welche bei den Arginusen gesiegt hatten verar-theilt war-en, als er sich durch die Flucht der Verurtheilung entzogen hatte, nach der Eroberung Athens zurückzukehren: erst bei der Befreiung durch Thrasybulos glaubte er die Erbitterung seiner Mitbürger nicht mehr scheuen zu dürfen3). Wenn aber Thukydides wirklich durch ein besonderes Psephisma nach zwanzigjähriger Entfernung aus seinem Vaterlande zurückberufen ist, so muss dies in der letzten Zeit der Herrschaft der Dreissig geschehen sein. Indess, dürfte man einwenden, diese dachten mehr an Verbannungen als an Zurück-berufungen. Wie hätten sie gerade den Thukydides vor Andern so begünstigen sollen? Etwa, weil man, was Plinius4) als Grund der Zurückberufung desselben angiebt, den Geschichtschreiber als solchen bewunderte? Aber aus dem Werke desselben wissen wir dass er es erst nach seiner Rückkehr ab-gefasst habe. Ungleich glaublicher ist es dass Thukydides als anerkannter Aristokrat zurückberufen sei. Ein solcher Mann konnte der kräftiger Stützen bedürfenden Oligarchie als vorzüglich geeignet erscheinon für ihre Aufreeht-erhaltung mitzuwirken. Sehr nahe liegt hier die Vermuthung dass eben dieser Umstand später die Ermordung des Geschichtschreibers veranlasst habe. Möglich scheint es freilich auch dass der Geschiehtsehreiber erst nach der Befreiung Athens zurückgerufen sei. Doch könnte man liier einwenden dass es dann bei der Amnestie Tür ihn nicht noch eines besondern Psephisma bedurft hätte; so sei ja auch Kallixenos damals ohne Weiteres zurückgekehrt. Allein dieser wagte dies vielleicht nur weil er dem Anhange des Thrasybulos Dienste geleistet hatte. Denn obgleich sich die Amnestie auf alle Bürger mit Ausnahme derer die selbst zu den Gewaltherrschern gehört hatten er- [') Dies nimmt auch Roscher S. 101 an.] — [2) Dies nimmt auch Sievcrs an Gesch. Griech. S. 88, der noch auf Lys.G, 39 verweist. Vgl. auch Ullrich Beitr. z. Erkl. S. 139.] — 3) Xenoph. Hell. I, 7, 40. — 4) VII, 31: Thucydidem imperatorem Athenienses in exsilium egerc: rerum conditorem revoeavere: eloquentiam mirati cujus virtutem damuaverant. — [') Ueber Hn. Göllcrs Einwendungen dagegen s. den Nachtrag 12.] 54 streckte '), so scheint es doch sehr fraglich, oh auch ein in früherer Zeit als Staatsverbrecher Angeklagter in dieser Bestimmung hinlängliche Bürgschaft für seine Sicherheit linden konnte. Auf joden Fall ist es denkbar dass Thukydides es für vorsichtiger gehalten erst nachdem ein Voiksbescliluss ihn zur Rückkehr ermächtigt sein Vaterland wieder zu betreten. Freilich stimmt dies weniger mit der Zeit zwanzigjähriger Verbannung, da man unstreitig an die Zurückberufung eines Einzelnen erst da denken konnte als wichtigere Angelegenheiten beseitigt waren. Der dunkelste Punct in Thukydides Leben ist das Ende desselben. Zwar dass der Geschichtschreiber ermordet worden berichten die Schriftsteller ziemlich einstimmig =); aber wo dies geschehen sei, darüber findet sich eine Verschiedenheit der Angaben nus der die wahre zu ermitteln fast unmöglich scheint. Wenn dem Marcellin zu trauen wäre, so könnte man die Sache leicht durch das Zeugniss von Zeitgenossen des Thukydides zur Entscheidung bringen. „Didymos, berichtet der Biograph, sagt dass der Geschichtschreiber, nachdem er aus der Verbannung zurückgekehrt, zu Athen durch gewaltsamen Tod ■umgekommen. Dies, sagt er, erzähle Zopyros. 'Eyo> de, fährt Marcellin fort, nachdem er noeli andere Bemerkungen hinzugefügt hat, Z'linVQOv ).rQih< ro,ut£ct> liyovrot tovxov iv xeve/.evii/xivai, xäv älij&cveiv vo/ilfyj Kqätmrcoq ahtov." Der Widersprach dieser Stelle mit der vorigen Angabe ist so auflallend dass der Vorschlag iv (iij) 'AcuxTj für iv (zlndxi; zu lesen 3) nicht verwerflich scheint. Aber auch so hat die Stelle noch etwas Auffallendes. Kratippos nämlich war ein, wahrscheinlich jüngerer, Zeitgenosse des Thukydides4) und es ist daher nicht wohl denkbar dass er eine Nachricht über denselben bloss einem andern Schriftsteller geglaubt haben sollte. Gewiss konnte er hierüber etwas wissen, um so mehr da er Thukydides Werk fortgesetzt hatte und also wohl genauere Kunde von demselben haben musste. Doch vielleicht kannte Marcellin das Zeitalter des Kratippos nicht und sprach daher von Glauben wo er von einer Uebercinstimmung des Kratippos mit dem Zopyros hätte reden sollen. So könnte denn Zopyros auch ein späterer Schriftsteller als Kratippos gewesen sein, vielleicht, wie Vossius 5) vermuthet, der Byzantier dessen Plutarchos erwähnt Dann hätten wir immer in ihm nächst dem Kratippos den ältesten Zeugen für die Annahme dass Thukydides in Attikc gestorben. Ihnen gesellen sich bei Pausanias7) und der ungenannte Biograph 8). ') Andok. v. d. Myst. 90 p. 12. — 2) Zopyros und Didymos bei Marc. § 32, Plutarch Kim. 4, Pausanias I, 23, 11. Von Krankheit spricht der Ungenannte § 9. Eine Spur dieser Nachricht findet sieh auch bei Marc. § 44. — a) Poppo Prolegg. I p. 31. Warum diese Verbesserung nicht in den Zusammenhang zu passen scheine (Dahlmann Iierod. S. 216 Anm. 59) ist mir nicht klar. Graucrt p. 184 schlägt vor vo/ii^u ov leynviu zu lesen, was doch erst als sprachgemäss zu erweisen wäre. [Gegen Hü: Goller s. den Nachtrag § 13.] — 4) s. oben S. 52. — 5) De histt. Gr. p. 425. [Andre Vermuthungen Anderer bei Poppo z. Marc. 33.] — 6) Kleine Par. 36. — 7) I, 23, 11. So wohl auch Antyllos bei Marc. § 55. — 8) § 10, der indess 55 In auffallendem Widerspruche mit diesen hatte ein Schriftsteller der nächst Kratippos und vielleicht Zopyros der älteste ist dem wir eine Angabe über Thukydides verdanken, nämlich Timaeos, berichtet dass der Geschichtschreiber in Italien gestorben sei'). Auch Andere, sagt Marcellin, hätten dieselbe Nachricht überliefert, wahrscheinlich, darf mau vermuthen, auf die Gewähr des Timaeos. Etwa ein Jahrhundert später meldete Apoilodoros2) dass Thukydides zu Parparon einer Aeolischcn Gegend (xwqa) in Asien gestorben sei. Diese Angabe ist so befremdend dass man wohl mit Heyne3) vermuthen könnte, es sei hier ein Anderer als der Sohn des Oloros gemeint. Indess wenn Stc-phanos der Byzantier, von dem sie uns erhalten ist, einen Andern als den so oft von ihm erwähnten Geschichtschreiber Thukydides hätte bezeichnen wollen, so würde er dies wohl durch einen Beisatz bemerkt haben. Auf ihn aber bezogen klingt ;diese Ueberlieferung so unwahrscheinlich dass man sich dadurch leicht könnte verleiten lassen sie für wahr zu halten4). Allein ver-muthlich beruht sie nur auf einer Verwechselung. Parparon, sagt Stephanos, werde von Andern auch Perine genannt. Nun findet sich als Lesbos gegenüber liegend Perperene oder Perpercna (IlfQ.itni^-a) erwähnt6). Darf man zweifeln dass dies der andre Name für Parparon gewesen ? In Perperene aber soll Hellanikos gestorben sein6). Wie wenn also durch eine leicht mögliche Verwechselung statt des Hellanikos Thukydides genannt wäre? Diese Meinung möchtc ansprechend genug scheinen, wenn nicht eine glückliche Vermuthung Seidlers ihr den Vorzug streitig' machte. In Thrake, Thasos gegenüber, also in derselben Gegend wo Skaptehyle, lag ein Ort Perne7). Wenn Apoilodoros etwa berichtet hatte dass dort Thukydides gestorben sei, so konnte Stephanos leicht durch eine Verwechselung von Perne und Perine verleitet werden zu glauben dass Thukydides zu Parparon, was er von Andern — ob mit Hecht mag dahin gestellt bleiben — Perine genannt glaubte, seinen Tod gefunden. Wenn diese Vermuthung nicht trügt so hätten wir in Apoilodoros den ältesten Zeugen für die Meinung dass der Geschichtschrciber in Thrake gestorben sei; und sein Zcugniss miisste um so gewichtiger erscheinen, da er das Ereigniss nicht an den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Thukydides, Skaptehyle, verlegt. Dies fhut Plutarchos, während andere Angaben nur Thrake ohne nähere Bestimmung nennen. auch die Nachricht kannte dass Thukydides in Thrake gestorben. — ') Marc. § 33. — 2) Bei Steph. Byz. 11'tonäomv y/oqa iv 'Aalet, ir&a latoqovm Qavxuöidtjv ano&avtlr, wq 'A.toV.oiutqoq iv /QOVtxiäv duniqif. ruf; df 11c-qirtjv loiro xaXovmv. — 3) zum Apollod. I p. 400. — [') Tay' av nq tl-xöq auro rove tivoti Äiyoi, ßqoiatat noXXa ivyyävtty ovx tixbxa. Agathon bei Aristot. Bhct. 2, 24.] — 5) Strabo XHI, 1 p. 607, Plin. V, 31, Suidas in 'E).Xavixot;. — r') Suidas a. d. a. St.: iciXtiirr/atv iv UtQTitQrjvii t$ xai* ävnxQv Aiaßov, — 7) Steph. Byz. unter d. W. niqvrj 7roh; &qa,-xi)? avitxqii öciiroi'. 56 Für diese Nachricht wurde angeführt'), was freilich auch für die Angahe des Timaeos geltend gemacht werden konnte, dnss sich auf dem Grabmale des Thukydides ein Ikrion, vcnnuthlicli eine Art hölzerner Säule2), befunden. Dies sei ein landesübliches Zeichen eines Kcnotaphion gewesen, in Attike herkömmlich von denen gebraucht die in der Verbannung gestorben. Gegen diese Angabe erregt einigen Verdacht die erweisliche Unrichtigkeit des letzten Zusatzes. Denn in der Verbannung kann Thukydides nicht gestorben sein, da er selbst sagt dass er zwanzig Jahre in derselben gelebt habe. So könnt« er offenbar nur sprechen wenn er bereits zurückgerufen war. Dass dies geschehen sei bestätigen auch die Zeugnisse des Zopyros, Plinius und Tansanias. Aber wenn auch nicht als Verbannter, so könnte er doch im Auslande gestorben sein. Dies wenigstens, sollte man glauben, licsse sich auch durch das Zeugniss des Timaeos erweisen. Er der so lange zu Athen lebto musste doch, so lässig er sonst auch in seinen Erkundigungen sein mochte, sich überzeugt haben ob der Geschichtschreiber dort wirklich begraben oder ihm bloss ein Kcnotaphion errichtet sei; und nur wenn er das Letzte wusste, durfte er es wagen die Nachricht nieder zu sehreiben dass Thukydides im Italien begraben sei. Allein dieser Betrachtung treten bestimmte Zeugnisse entgegen. Ein Schriftsteller der selbst in Athen gewesen, nämlich Plutarchos3), dem Andere beistimmen, sagt ausdrücklich dass der Geschichtschreiber zwar in Skaptehyle ermordet, seine Ueberreste aber nach Attike gebracht seien und sein Grabmal unter den Kimonischen gezeigt werde. Eben so erwähnt auch Pausanias4), der Athen so genau kennende, eines fivijfict des Thukydides, nicht, wie vom Euripides5), eines /ivijfia xtvir. Gegen ein solches Zeugniss ans einer Angabe des Timaeos, der sich oft nur durch Streitsucht Andern zu widersprechen verleiten liess, etwas folgern zu wollen ist sehr bedenklich. Bedenklich bleibt es freilich auch ihn eines Irrthums wie dieser wäre zu beschuldigen und wohl mag daher die Vermuthung vergönnt sein dass er von einem andern Thukydides gesprochen, etwa von dem Sohne des Melesias, der wahrscheinlich in der Verbannung starb. Eine freilich nur unsichere Bestätigung dieser Vermuthung könnte man darin finden dass Plutarchos, der doch sonst den Timaeos benutzt hat, seine Angabe über den Geschichtschreiber ausspricht ohne die vom Timaeos gegebene Nachricht zu berücksichtigen r'). Freilich könnte man auf dieselbe Weise auch was Ivratippos und Zo- ') Marc. § 31. — 2) Nach Grauert p. 182. vgl. Eustath. zur Od. •/, 353 u. 1, 64 u. Alberti zum Hesych. ein Mast den man ursprünglich auf die Kenotaphien der im Meere Umgekommenen, später auf die aller in der Fremde Gestorbenen gesetzt. [Gegen Hn. Göller s. man den Nachtrag § 15.] — 3) Kim. 4. Marc. § 16 auf das Zeugniss des Antyllos § 55 erwähnt eine Säide mit der Inschrift: Qouxväiäijg 'OXofiov [tvOcuh xeirai]. — I, 23, 11. — 5) I, 2, 2. — [6) Uebcr Hn. Göllers Einwendungen s. Nachtrag § 14."j 57 pyros angeblich über den Tod des Thukydides überliefert hatten in Abrede stellen. Denn auch sie erwähnt Plutarchos. Indess scheint er doch sie nicht so genau als den Timaeos gekannt zu haben. Wenigstens rindet sich jeder von ihnen nur ein Mal bei ihm erwähnt; und was den Zopyros betrifft, der hier am entschiedensten als Zeuge hervortritt, so ist es völlig ungewiss ob der vom Plutarchos genannte derselbe sei den Marcellin erwähnt. Doch werden wir allerdings auch gegen dieses Zeugniss als ein vielleicht nicht ausgesprochenes ohne Bedenken Zweifeln Raum geben, wenn nicht etwa dem entgegen stehenden dass Thukydides in Thrake gestorben sei bedeutende Gründe widerstreben. Fragt man zunächst wclche von beiden Angaben am leichtesten erdichtet werden konnto, so erscheint wohl die letztere als die verdächtigere. Wenn man nämlich wusste oder glaubte dass Thukydides als Verbannter in Thrake gelebt hatte, so lag es sehr nahe zu vermuthen dass er dort auch gestorben sei, wenn man keines bestimmten Zeugnisses über seine Zurückberufung sich erinnerte. Ganz auf dieselbe Weise gab man die Vermuthung dass er in der Verbannung sein AVerk abgefasst habe als Nachricht, ungeachtet die Grundlosigkeit derselben sich aus eben diesem AVerke nachweisen lässt. Genaue Beachtung einzelner Stellen aus denen erst durch Erörterung eine Ansicht zu entnehmen ist war im Allgemeinen die Sache der Alten nicht; und dass der Vielschreiber Plutarchos sich durch kritische Gründlichkeit besonders ausgezeichnet habe wird Niemand behaupten wollen. Wenn es aber als entschieden anzunehmen ist dass Thukydides zurückgerufen worden, so sieht man keinen Grand warum er nicht hätte heimkehren sollen. Ja es wäre auffallend wenn er dies nicht gethan hätte, da er unstreitig zu Athen besser als in Thrake Nachrichten für sein AVerk einsammeln konnte. Und dass er wirklich sein Vaterland wieder gesehen lässt sich mit ziemlicher Gewissheit aus folgender Stelle scliliesscn: 'Jhxnäöurjaar^ sagt er von der Mauer des Pciräeus sprechend!), xfi ixtivov (BetiiaxoxXioi/;) yvo'i/ii] 10 7iot/og xof1 xtiyovq örtfq vvv Xu drÄov trrit niQi Lov lletqcttü. Schwerlich würde sich der Schriftsteller so ausgedrückt haben wenn er nicht selbst die Grundlage der zerstörten Mauern gesehen hätte. Und dürfen wir nicht endlich aus seiner Erklärung2) dass er zwanzig Jahre ausserhalb seines Vaterlandes gelebt habe ohne Bedenken folgern dass dies zu der Zeit wo er diese Stelle schrieb nicht mehr der Fall gewesen? Denn so nur darf sein iftvytiv gedeutet werden, da er wahrscheinlich nicht eigentlich verbannt worden war. Nur wenn dies der Fall gewesen wäre, liesse sich bei jenem Aus-druke an Zurückberufung ohne erfolgte Rückkehr denken. ') I, 93, 3 und über die Beziehung des fi/ttn auf Treloc unten. [S. 68 f. und den Nachtrag § 17. Mir bei stimmt Roscher S. 101. — 2) V, 26, 5. [vgl. den Nachtrag § 17.] 58 §. II. Todeszeit. Wiedersehn Athens. Thukydides der Dichter. Areheiaus. Ausbrüche des Actiui. Kra-tlppos. Lebensziel. Grabmal. Aus eben diesen Stellen ergiebt sieh dnss Pausanins mit Unrecht sagt Thukydides sei ermordet worden «i x<*ti}«, bei seiner Rückkehr'). Wie lange er indess dieselbe überlebt habe ist eine schwer zu beantwortende Frage. Dodwell glaubt diese Beantwortung aus einer Stelle des Marcellin entnehmen zu dürfen, die wir im Zusammenhange betrachten müssen, um sie auf ihren wahren Gehalt zurückzuführen. Thaqiof, sagt Marcellin2), «AAo; Govxvdläqs, tov ört/iov 'AxeQÜoioioS, or LiLI IVr:itxt 'AvdpotitiiV iv ifj 'At-0 li)l . /.eyoii' tlvtxi TTftr^o? V/^/ffictyoq. avve/QovHTE ()', oiq t[ L'HL Ilqcc^itfcti'L'^ iv tcö Tieql iaioqia;) HXazoivi xui/itxü, 'Ayä&uivi zqayixiTij I\rixt]qrtim t/io-7zoiöi xal xotutdiill (lies Xoiqi).o>~) xul MeXavtnniäij. xul intl fiiv fjq 'Aq-yJXan;. acioio? ?jv oj; i/ti TZ'.LUTIUI^ (o) anros Ilqaitfdri^ d'/.OL, i'Ljunov (!f datfioviu>; i&arj/d(j6; ix rijq A'ixvrfi Stqneq xai to 7Z(ihuonv, er musste ihn tö nqätov [levfict nennen '). Aber, wird man einwenden, ist es denkbar, was hieraus folgt, dass Thukydides den Ausbruch der einer Nachricht beim Stobaeos2) zufolge Ol. 81, 1 statt fand gar nicht gekannt habe, ungeachtet derselbe in einer ihm so wenig fern liegenden Zeit eingetreten war? Ist es denkbar dass ein Schriftsteller der sonst sich als so zuverlässig bewährt gerade hier, wo er durch die Bestimmtheit und Allgemeinheit seiner Angabc das Zutrauen der Eeser besonders in Anspruch nimmt, triiglich sein sollte? Unmöglich3). Oder soll man die Angabe über diesen Ausbruch für erdichtet halten? Auch dies scheint bedenklich. Doch vielleicht ist noch ein Drittes möglich. Nach der Marmorchronik4) fällt ein Ausbruch des Aetna in Oi. 75, 2 unter Xanthippos. Vor diesem war Kalliades oder Ivallias Archon. Ein Ival-lias aber war auch Ol. 81, 1 Archon. AVer möchtc zweifeln dass der Name des Archon richtig, aber das Jahr falcli angegeben, dass der beim Stobaeos erwähnte Ausbruch kein anderer sei als der in der Marmorchronik augemerkte? An dem Unterschiede eines Jahres wird Niemand Anstoss nehmen. Denn der Ausbruch mochte in den dem Kalliades oder Kallias Xanthippos gemeinsamen Sommer fallen. Ohne Bedenken darf man annehmen dass eben diesen Ausbruch auch Thukydides mit seinem ngotegov gevua bezeichne. Allein er setzt denselben ins fünfzigste Jahr vor den Frühling von Ol. 88, 3, v. Ch. G. 425. Dies, meint H. Böckh5), sei nur eine runde Zahl und man müsse sich daher an die Ueberlicfernng der Chronik halten. Allein Thukydides Sache ist es nicht einer runden Zahl die Genauigkeit aufzuopfern; dass er es liier nicht gethan zeigt er selbst dadurch dass er nicht 7iivi>;xoricx Urn sondern 7ievirtxnaiCl frei sagt. Oder soll man glauben, ') Dodwell p. cos, 6. — 2) Senn. CXCVIII (bei Gaisford B. III p. 98): nQü'nii xai nyd'nTjxniTifj'()).v/tmdäL ij aal tt/v A'irvt]v [)tirjvut, Sie xat 'I'tiovouot; xal KaXXiaq ni Karavaini inrq fai'ii~:v Tiazinciq unü/nvni diu /Jerrys itfXoybq ■exöfiitrav. Die Sache wird von Vielen erzählt. Man vgl. Blume zum Üv-kurg 23, 1 und Jacobs zur Anthol. Fal. p. 40. Aber alle von denen die Namen der Brüder erwähnt werden nennen sie Amphinomos und Anapis, Anapus, Anapias. Die Verwechselung von Amphinomos und l'hilonomos erklärt sich leicht aus der Namensiihnlichkeit. Aber wie ist Kallias statt Anapis eingeschlichen? Wahrscheinlich fand der Schriftsteller den Kallias als Ar-chonten des Jahres erwähnt und setzte durch ein leicht mögliches Versehen ihn statt Anapis. — 3) Schon Wernsdorf Poetae lat. min. IV p. 378 bemerkt': Quum minime credibile sit ignorari hoc tarn eelebre a Thucvdide potuisse, lere eo propendet animus, ut pntenms hoc ipsnm illud fuisse, quod Thucydi-des secundum a Graeeorum in Siciliam adventu dicit et Aelianum [Stobaeum] numerum Olympiadis non accurate designasse. — 4) Ep. 53. — 5) Explic. ad Pind. Pyth. I. p. 224. er selbst htflje die Zeit nicht genau gekannt? Dagegen spricht schon dieser Ausdruck, spricht nieht minder die genaue Kunde welche Thukydides überall -von Sikclien darlegt. Sein liyeiai zeigt nur die Quelle seiner Angabe, nicht die Unsicherheit derselben an. Wie darf man wiihncn dass Spätere nichtigeres über das Ercigniss hätten ermitteln können als e r, der wahrscheinlich selbst diese Gegenden bereist hatte? Ucbcr ein so bedeutendes Naturcreigniss pflegt aber die örtliche Sago genau zu sein, zumal wenn sie sich, wie hier, an eine Grossthat (die Schacht bei Plataca) stiit/.en kann. Thukydides Zeugniss müsste daher unbedingt den Vorzug verdienen, wenn es nicht wahrscheinlich wäre dass bei ihm aus ve' i'iti das «' ausgefallen sei. Wenn er aber ve schrieb, so führt uns auch seine Angabe in den Sommer des Kal-liadcs und Xantliippos. Diese Vermuthung scheint wenigstens leichter als II. Böckhs sehr bedenkliche Annahme dass sich der Ausbruch etwa vier Jahre lang wiederholt habe: eine Annahme für die in der schlecht verbürgten Nachricht') dass er unter Hicron erfolgt sei wenig Gewähr liegt, da er von Thukydides und der Marmorchronik so genau einem bestimmten Jahre zugeschrieben wird. Doch wie man sich hierüber auch entscheide, so viel scheint wenigstens gewiss dass der Gcschichtschrciber einen Ausbruch des Aetna von Ol. 81, 1 weder gekannt noch bezeichnet haben könne. Es bleibt also nur noch übrig zu ermitteln ob der von ihm der Zeit nach nicht bestimmte vor dem ersten oder nach dem letzten der von ihm chronologisch angegebenen zu setzen sei. Diodoros2) erzählt unter 96, 1 beiläufig dass einige Zeit vorher (nQoqifä-tm?) ein Ausbruch des Aetna statt gefunden. Wahrscheinlich ist dies derselbe den Orosius 3) kurz nach der Schlacht bei Kunaxa ansetzt. Und dieser in Ol. 95 gehörende Ausbruch, nimmt Dodwell an, sei der dritte der von Thukydides bezeichneten. Aber, darf man einwenden, wenn der Geschichtschrciber i diesen gemeint hätte, würde er ihn da nicht eben sowohl als den ersten mit Zeitbestimmung erwähnt haben? Dass er ohne sie einen der Ausbrüche angeführt wird nur erklärlich wenn man annimmt dass er die Zeit desselben nicht kannte und dass mithin an den frühesten zu denken sei. Nur wenn man dies voraussetzt ist nichts Auffallendes in den Worten: ,,1m Ganzen soll dreimal ein Ausbruch statt gefunden haben, seit Sikelien von den Hellenen bewohnt wird," während man, wenn der Geschichtschreiber den Ausbruch von Ol. 95 gemeint hätte, etwa erwarten würde: „Noch ein dritter Ausbruch erfolgte nach dem Ende dieses Krieges und mehr sollen überhaupt nicht stattgefunden haben seit Sikelien von den Hellenen bewohnt wird." ') Schol. zu Aeschyl. Prom. 367. — 2) XIV, 59. — 3) II, 18. [Ullrich S. 94 meint: „was er dabei zugleich von der Insel Atalantc und von der Attischen Pest anführt zeigt ganz deutlich dass der Ausbruch von dem sechsten Jahre des Pcloponncsischen Krieges, von dem J. 425, gemeint ist, der jüngste des Thukydides."] 63 Zum Theil schon widerlegt ist eine Vermuthung Dodwells nach der Thukydides bis in Ol. 97 gelebt haben müsste. In der Stelle des Marccllin nämlich in welcher berichtet wird dass Thukydides über fünfzig Jahre alt geworden will der Englische Kritiker, dem auch manche Deutsche beigetreten sind, das mvir^nvtu in ri (ny) bei Dionys, über Thuk. S. 847. — s) Brief an d. Pomp. S. 771. G4 Dass Dionysios hievon nichts sagt oder andeutet, ist kein hinreichender Grund gegen diese Vermuthung. Denn er, dem es bloss darauf ankam den Ge-schiehtsclirciber zu tadeln, betrachtete das Werk nur wie er es vorfand, nicht berücksichtigend was den Verfasser entschuldigen konnte dass er es nicht beendigt hatte. Doch wozu bedürfen wir fremder Zeugnisse, da des Geschichtschrcibers eigene Acusserungcn so unzweideutig sind? Nicht bloss im ersten Buche verheisst er eine Beschreibung des ganzen Krieges: auch im fünften noch wiederholt er dieses Versprechen aufs bestimmteste'). Ja noch mehr! da er hier ausdrüchlich auch den Dekelischen Krieg zu umfassen oder gar umfasst zu haben erkliirt, so ist es einleuchtend dass die selbst noch am Schlüsse der letzten von ihm beschriebenen Jahre wiederkehrende Formel — i'ios iti-P.ti'ia tiü noXifio) iwde ov öot'xi/j/iJi;? £t;W/pai/ie — eine Erneuerung jenes Versprechens sei, dass mithin der Schriftsteller bis an das Ende seines Werkes, wie wir es jetzt besitzen, eine vollständige Geschichte des Krieges be-absichtet habe. Und zeigt nicht endlich der Schluss des Werkes, indem der Faden der Erzählung mitten in der Darstellung eines Ereignisses abgerissen ist, dass nicht an freiwilliges Abbrechen, sondern nur an unfreiwillige Unterbrechung zu denken sei? Was also kann sicherer sein als das der Schriftsteller durch seinen gewaltsamen Tod an der Vollendung seines Werkes gehindert wurde? Da man kaum zweifeln darf dass der gewiss in einer glücklichen Müsse mit keinesweges erkaltetem Eifer für sein Werk lebende Schriftsteller wenigstens gleich nach Beendigung des Krieges die Bearbeitung desselben werde begonnen haben, so lässt sich voraussetzen dass er ihn nicht lange überlebt habe. Denn die vorhandenen acht Bücher konnte er bequem im Laufe eines Jahres ausarbeiten, indem er den Stoff dazu wahrscheinlich mcistentheils schon vorbereitet und reiflich durchdacht hatte. Man darf daher ohne Bedenken annehmen dass er gegen das Ende oder wohl gar schon um die Mitte der 94 Olympiade ermordet sei2). Setzt man seinen Tod später an, so lässt ') V, 26, 5. — [2; Himmelweit verschieden von meiner Annahme ist Hn. Ullrichs Ansicht in den Beiträgen zur Erkl. des Thuk. S. 147 f., der für die Abfassung der ersten vier Bücher acht und für das Ucbrigc sechs bis sieben Jahre erfordert. Ich würde es nur natürlich finden, wenn ein Philo-log zu einem gediegenen Commentar über das Thukvdideisehe Werk etwa fünfzehn Jahre verlangte; unmöglich aber kann ich dem Thukydides selbst bloss zur stylistischen Bearbeitung seiner Geschichte eine eben so lange Frist, d. h. durchschnittlich etwa für je vier Zeilen einen Tag, gewähren, zumal da nothwenig anzunehmen ist dass er im Verlauf des Krieges nach und nach eine vorläufige Darstellung der Begebenheiten aufgesetzt, den wesentlichen Inhalt der Reden (wahrscheinlich nicht bloss was Andere ihm darüber berichteten) niedergeschrieben und gewiss auch Ansichten, Ideen, Beflcxionen, Sentenzen, wie sie einem Schriftsteller aus der Betrachtung eines mit Liebe verfolgten Gegenstandes (besonders auf Spaziergängen) vielfach sich aufdrängen, buchhältcrisch, wie Lichtenberg fordert, eingetragen. Nach solchcn Vorar-arbeiten aber muss ein Werk das wie aus einem Gusse hervorgegangen da- 65 sich nicht wohl begreifen warum er sein Werk, dessen Abfassung ihm offenbar so sehr am Herzen lag, nicht vollendet haben sollte, da es ihm dann keinesweges ah der dazu erforderlichen Zeit gefehlt hätte? stehen soll, auch, fast milcht' ich sagen, in einem Schusse ausgearbeitet werden. Immerhin nonum prematur in annum, aber nicht nonum ducatur in annum. Aufschieben führt nur zu leicht zum Aufgeben. Dies erkennend verfolgen geistreiche Schriftsteller, oft wie von einer dämonischen Gewalt gedrängt, ihre Arbeiten mit ungekühltem Feuereifer bis zur Vollendung und gehen ihnen dadurch eben Schwung, Frische und Lebendigkeit: Eigenschaften die durch ein vieljähriges Hinzögern und Hinschleppen selten gefördert werden. Dafür bietet uns auch die neuere Literatur, selbst die der bedächtigen Deutschen, interessante Belege. So berichtet Göthe (Aus meinem Leben B. 13 S. 200 der Duodezausgabe) über seinen Götz von Berlichingen: „Ich hielt mich ununterbrochen ans Werk und in etwa sechs Wochen hatte ich das Vergnügen das Manuscript geheftet zu erblicken." Selbst Lessing, ein be-kantlich sehr besonnener, umsichtiger, wählerischer, bei jedem Schritte weilender und feilender Arbeiter, hat doch seinen mit Thukydideisher Kernhaf-tigkeit und Gediegenheit geschriebenen Nathan (nach Stahr in Leasings Lehen II S. 291 der zweiten Ausgabe) in derZeit vom 15. November 1778 bis zum Anfange des April 1779 versilicirt. Und Versemachen ist „gewiss auch kein Geschäft das merklich fördert, das so von der Hand sich schlagen lässt." Ja J. II. Voss hatte sogar im Eutinsehen Schuljoche und bei mancherlei „Unwetter" seine gegen den September 1786 angefangene Uebersetzung der Ilias schon am 16 Mai 1787 beendigt. „Wer einmal tapfer sich anstrengt zu finden worauf es ankommt, der arbeitet sicherer und leichter als der flatternde Liebhaber der ohne Kunstfertigkeit huscht und pfuscht." (Voss Bestätigung der Stollbergischcn Umtriebe S. 168 u. 176. Vgl. s. Briefe B. II S. 281 ff.) Da H. Ullrich zum Behuf seiner Annahme voraussetzt dass Thukydides „sehr langsam möge geschrieben haben", so sei es mir erlaubt mit Grossem sehr Kleines, mit dem xirjfia e; dei ein moddeiy/ia tö naqaxqij/ia dxovuv zu vergleichen, um zu zeigen wie auch ein äusserst langsamer Schriftsteller, dem eine Menge stylistischcr Grillen und das Streben fliessend und pikant zu schreiben, ausserordentlich viel Zeit kosten, doch so langsam wie II. Ullrich meint au einem historischen Werke gar nicht arbeiten kann. Von meiner Geschichte der Englischen Revolution habe ich, dem störenden Gewühl in Berlin entwichen, im Jahre 1849 die beiden letzten Drittel, an Umfang etwa der Hälfte des Thukydides gleich, in Nauen d. h. in ungestörter Müsse von Anfang des Juli bis gegen das Ende des Septembers gedacht und niedergeschrieben, angeregt nur durch das Vergnügen meine politischen Erfahrungen und Ansichten zu verarbeiten. Wenn ich nun die erzählenden Partien des Thukydides betrachte, so sind diese grösstenteils so schlicht und einfach dass sich gar nicht begreifen lässt wie ihm die stylistische Darstellung einen ganz unbegreiflichen Zeitaufwand kosten konnte. Die uns hin und wieder aufstossenden Schwierigkeiten sind i h m nicht schwer geworden, wenn sie auch uns oft Mühe machen. Anders verhält es sich freilich mit den rhetorischen und ähnlichen Partien. Aber wer wird zweifeln dass die Ausarbeitung derselben grossentheils nur eine Zusammenstellung dessen war was der Schriftsteller früher erkundet und beobachtet, gedacht und vorläufig aufgesetzt hatte? Dies, glaub' ich, verräth sich auch vielfach durch den nicht selten schwer zu ermittelnden Zusammenhang. Eine abermalige Abschrift und theilweise Uebcrarbeitung, woran wohl nur der Tod den Thukydides hinderte, würde gewiss Manches mehr gefugt und geglättet haben. Was abermals durch die Feder geht, geht auch abermals durch den 5 66 Eine Bestätigung dieser Ansieht gicbt die Bemerkung dass er nirgends eins der spätem Ereignisse erwähnt, so nahe liegende Anlässe auch mitunter dazu einladen konnten. So erzählt er') wie Ol. 90, 1 Eichas bei den Olympischen Spielen gcmisshandclt sei und wie man daher einen Angriff der La" kedaemonicr besorgt habe, ohne zu sagen oder auch nur anzudeuten dass dieser Vorfall in der Folge mit ein Grund zu dem Elisclicn Krioge gewesen. Wie nahe lag es ferner bei Erwähnung des Klearehos2) ihn als den später so berühmt gewordenen Feldhorm zu bezeichnen? Dieser Bemerkung darf man um so weniger beweisende Kraft absprechen, da Thukydides es liebt in die Vergangenheit hinüberzugreifen und gelegentlich auch bei Erzählung früherer Ereignisse des Krieges spätere Vorfälle desselben beiläufig zu erwähnen nicht verschmäht, wie er z. B. bei der Charakteristik des Perikles der Unterstützung gedenkt die der jüngere Kyros den Lakedaemoniern gewährte3). Das Grabmal des Thukydides zeigte man zu Athen noch dem Pausanias4) und Plutarchos s) unter den Gräbern der Kanonischen Familie am Melitisclien Thore, unstreitig ausserhalb der Stadt, da in ihr zu begraben nicht erlaubt war0) ; ob aber in Koile, wie Marcellin7) und der Anonymos8) melden, scheint mehr als zweifelhaft. Denn ist es wohl wahrscheinlich das die Kimonisclic Familie ihre Gräber in einem fremden Gaue gehabt und nicht vielmehr im Gebiete des Demos Lakiadae? Dieser aber lag nicht weit von der heiligen Strasse"), die durch dasThriasische Thor führte, zwischen welches und das Acharnisclie höchst wahrscheinlich das Melitisclie zu setzen ist: eine Behauptung die ich anderswo genügend zu erweisen hoffe ,0). Dieses Zusammentreffen der liier bezüglichen Oertliclikeiten rechtfertigt wohl die Vermuthung dass die Ländereien von Lakiadae sich bis gegen das Melitisclie Thor erstreckten und auf ihnen sich die Grabstätte der Kimonischen Familie befand. Woher aber die Erwähnung Koiles,? Wahrscheinlich nur aus einer unKopf und eine Abschrift fördert mehr als zehnmaliges, auch aufmerksames Durchlesen. Belehrend ist wie es Voss bei seiner Uebersctzung der Dias erging: „Ich glaubte nur die ersten ziemlich durchstrichenen Gesänge für den Druck umschreiben zu dürfen; und siehe da es ward beinahe eine Umarbeitung für die ganze erste Hälfte, die nun fertig ist." Vossens Briefe 2 S. 298.) Selbst seine Anmerkungen zu Virgils Gcorgika hat er abgeschrieben und umgearbeitet. (Eb. 2 S. 116.) So habe auch ich manche meiner Schriften, deren stylistische Säuberung mir am Herzen lag, z. Th. mehr als ein Mal, abgeschrieben d. h. umgearbeitet. Zu dieser Arbeit entschliesst man sich natürlich erst nach Vollendung des Ganzen. Wenn diese dem Thukydides vergönnt gewesen wäre, so würde auch er seinem xtTj/ia it; äei. die Überarbeitentie Abschrift, die ihm gewiss als wünschenswerth erschienen wäre, schwerlich entzogen haben. — ') V, 50, 3. vgl. Xenoph. Hell. III, 2, 21 und daselbst die Erklärer. — 5J VIII, 8, 3. 80, 1 f. — 3) II, 65, 8. [Mir bei stimmt Kissen Zcitschr. f. A. W. 1839, der aus 8, 08, 3 (tw ttt'/^t ifiov) vermuthet dass diese Stelle vor der Vcrurthcilung des Sokrates geschrieben sei. Roschers Einwendungen S. 103 halte ich für völlig verunglückt.] — 4) I, 2, 23. — 4) Kim 4. — °) Cic. Legg. II, 23. — 7) § 17. 55. [auf das Zeugniss des Antyllos.] — 8) § 10. vgl. § ). — g) Paus. I, 37, 1. — [,0) S. den Anhang über Melite.] 67 genauen Erinnerung an eine Stelle des Herodotos. Dieser nämlich erzählt'), der ältere Kimon sei bestattet niio mv üaitaq 7tiiirtv trjq d 10t KoiXrjq xuleo-fiivijq o]V dt« lüde ort ro?; nqb ipioii cmaaiv ix).inh xofito i/v ih Xioqlov. Eben dahin gehört die am Schlüsse jedes Jahres wiederkehrende Formel: ov 0ovxvähirjQ ivveyQaipt. Zu glauben das.s alle diese Stellen erst nach der Abfassung des Werkes eingefügt seien geht schon desslialb nicht, weil der Schriftsteller dasselbe nicht so weit als er wollte fortgeführt hat. Eben desslialb darf man auch die Abfassung des Proömions nicht später als die des Werkes ansetzen. Denn hätte der Schriftsteller sie verschieben wollen, so würde er sie wohl bis zur Vollendung des Werkes ausgesetzt haben und dann würden wir das Proömion gar nicht besitzen. Wollte man indess auch annehmen dass Thukydides dasselbe etwa nach Beendigung der sieben ersten Bücher geschrieben, diese aber bereits in Thrake ausgearbeitet hätte, so würden uns auch hiettei nicht leicht zu beseitigende Schwierigkeiten entgegentreten. Sehr auffallend zunächst wäre dann, um minder befremdende Wiederholungen nicht zu erwähnen, die Art wie im Proömion der Peisistratidcn gedacht wird. Ist es denkbar dass der Gesehiehtsclireiber von ihnen dort so ausfuhrlich als es geschieht würde gesprochen haben, wenn er bereits die sie betreffende Episode des sechsten Buches niedergeschrieben hatte? Ferner scheint er die Niederreissung der Mauern des Peiriieus schon im ersten Buche zu erwähnen. Indem er nämlich die Erbauung derselben beschreibt, ') I, 13, 2 f. 18, 2. Der Schol. zu der ersten Stelle: yvuiajiov xal evitv&tv Sit varcqnv (Tt'vtyqaifjti' o QavxvSidrfi ri/v Xt'tiv tij? laroqiaq. 'I-otoqia. bezeichnet hier die Ereignisse selbst, tq die Darstellung derselben wie wir sie haben, nicht ein vorläufiges vrtöprrjia, wie Stephantis b. Beck II p. 493. 499 glaubte. — [2J H. Egon Sehunck De prooemio Thucvdidis hält es für höchst wahrscheinlich dass Thukydides das Prooemium schon nach Vollendung eines grossen Thcilcs seines Werkes geschrieben habe. Ein jnste milieu, das mir nicht das vechte scheint.] — 3) I, 1, 1. 23, 4. Eben so steht c. 22 , 1 oicoiq £t(»jr«» und yiyqaife V, 26, 1. Aehnlieh Tifiaioq i> Anxqoq t«(v ft/a. Analog ist der Gebrauch der Präterita in Briefen bei den Griechen wie bei den Lateinern. So Alkipliron III, 30 bei Ueberscn-dung eines Geschenkes üniirtaXxa. — ■>) I, 97, 2, wo der Scholiast anmerkt: 011/ oh (Jdij fy/iayt, «AP ort o/toi? ytyqaniut, ci xcti /ii'jna t'ipi/tat, nicht als ob es schon im Vorhergehenden dargestellt worden, sondern u. s. w. Eine Erklärung bei der Stephanns Vorschlag tYqijxtv für Hyqayiv zu lesen als unnöthig erscheint. Nur muss mau dabei annehmen dass der Sclioliast geglaubt habe, die Stelle sei nach Beendigung des Werkes eingeschoben. sagt or: !<)xoi)o«r(Xctv ti} ixeirov ,(~)£utaioxtlcoi'c) yvoi/tij rb rrriynq tov tet-XOvq orttq rvv tri dr'iov e'trn /legi tov lltiqatä. — xo dt vif/oq vm.nv iaxi /repi tov lleinaiä? Das J/jXov würde auf jede Weiso unpassend sein: und auch das v'v tu nur dann als angemessen erscheinen, wenn die Mauer etwa bereits so lange gestanden hätte dass ein Verfallen derselben denkbar gewesen. Alle diese Schwierigkeiten schwinden, wenn wir mit Fortus und Haacke o/ztQ auf ita/oq beziehen. Die Breite der Mauern, sagt dann der Schriftsteller, ist noch jetzt, nach ihrer Niederlassung, aus den Buinen ersichtlich2). Doch wenn sich der aus Erwähnung der Peisistratiden entnommene ') I, 93, 3. Die Höhe sagt Appian v. Mitlir. Kr. 30 sei nrjyjmv zta- aaqaxovia /ia).iaza gewesen. Irrig aber nennt er diese Mauern, weil er sie mit den langen verwechselte, Htnixlunv iqyov. Daher rührt wohl II. Böckhs, so viel ich weiss, unbegründete Angabe in der Staatshaushalt, d. Ath. 1 5. 215. — [2) Was gegen Iln. Göller zu erinnern war steht in dem Nachtr. §17. Eben so wenig leuchtet mir ein was Ullrich Beiträge z. Erkl. S. 143 f. von „einem eigenthiindichen Gebrauche der Partikeln vvv in oder izi xai vvv in einer für unsre Auffassung entbehrlichen Weise" angiebt, deingemäss glaubend dass öittQ vvv in dijXnv iait „auch ganz gut fehlen könnte." Der Natur der Sache nach, mein' ich, können diese Ausdrücke nur gebraucht werden wo dem gewöhnlichen Laufe der Dinge nach eine Möglichkeit vorliegt dass die Sache in der bezüglichen' Gegenwart nicht mehr so sei wie früher, woran doch bei einer vollständig stehen gebliebenen Mauer nicht zu denken war. Auf diese Ansicht stützt sich meine, schon z. Dion. p. 250 ausgesprochene Erklärung der auch Gassen beistimmt. Wenn Ullrich glaubt dass 1, 93, 1 : dliXtj tj aixodofita tu xai rvv itxitv ott xatu tT/rovdftv iyivtzo, „eine Ergänzung nicht möglich sei," so kann ich ihm darüber nicht beipflichten. Der Schriftsteller hat vorher gemeldet der Bau sei erfolgt iv o).iyoi xqovm und fügt nun hinzu, (nicht bloss aus der Tradition, sondern) aus dem Bauwerke selbst sei die Eilfertigkeit „auch noch jetzt" ersichtlich. Warum man nicht auch in den übrigen von Ullrich angeführten Stellen 2, 15, 3 bis u. 4. 6, 11, 5 u. das ganz verschiedene 7, 13, 2 auf die natürlichste Weise erklären soll, find' ich noch weniger einleuchtend. S. 144 bemerkt Ullrich: „Dass aus diesem i/v (Thuk. 1, 93, 3) nicht im entferntesten eine Hindeutung darauf gefunden werden könne, dass die Mauer des Hafens, als Thukydidej diese Stelle schrieb, nicht mehr gestanden haben könne, ist auf das genügendste aus Krügers Bemerkung, Leben S. 73 über 2, 13, 6 zu entnehmen. Sonach würde also aus der Stelle 1, 93 vielmehr erschlossen werden können, dass die Mauer um den I'eiraeeus noch gestanden habe, als sie geschrieben wurde, folglich ein Beweis für die Hauptaufgabe dieser Untersuchungen." Diese, wie es scheint tendenziöse, Folgerung versteh' ich nicht und kann sie also auch nicht besprechen.] 71 Grund ablehnen Hesse, so könnte man die Beweiskraft dieser Stelle durch die Annahme beseitigen dass überhaupt das erste Buch, welches ja nur eine Einleitung zu dem ganzen Werke enthalte'), etwa nach der Abfassung der sechs folgenden gesehrieben sei. Allein auch in diesen finden wir Stellen die uns zwingen die Ausarbeitung derselben erst nach der Beendigung des Krieges anzusetzen. Dafür liesse sich zuerst aus dem zweiten Buche folgende Stelle geltend machen'): toir >l>aXt\qixov Tei/ouq ataSioi ijtrav izivie xal iqtüy.oviu 7tqo; tbv xuxXov toö äaieoiq. Wie, dürfte man fragen, konnte der Schriftsteller liier /;) Bei Dionys, über Thuk, S. 847: {Kqcxnnnoq) ut'nuv iv iru^ 1 tÄlvzu/uiq irts ioio-iiia; Ifjifft fitjäc/tiav rätat qi/co(jtlar. — 4) Marceil. 44: X/yofttv w; äirot-rttritunr nitpQaatat xai öXlyov (xai' bXiyov vermuthet Grauert im Rhein. Mus. I, 3 p. 192), xuOön ci^öiDtnwj' ui'iJjv ifatvezai (Tuvie&uxois. Anon. 9: .llr.nnioüc-; c)f r/1' ö;'(),')f;v focopiav uiriOavE roffw. xal itäXXov xoiq /a/jictTugoig Qovxvöidov ttlv elvar. (Joxtt, äXXu)? d' uxuXXtiuitiTrn; di1 ixivmav ytyqa/iflivjj xal noXXüiv 7iXt\-Qrtg iv xEifuXalv) ntiayfiävtiiv xaXXri)/iLad~~ivai xal Xaßtiv ixvaniv dvvainvwv. Hiemit bringt Marcellin, was höchst wahrscheinlich jene Kritiker nicht ge-than hatten, die erwähnte Ansicht über die Krankheit des Thukydides in Verbindung. — J) beim Dionys, p. 847. — 3) Ausführlicheres hierüber s. in m. Commentatt. p. 253 s. — *) S. 847. 75 er länger gelebt hätte, die frühem Bücher umgearbeitet und die Reden, etwa durch eigene Bcllexion Ersatz gebend, getilgt haben würde. Denn wie ist e» denkbar dass er ein Werk welches er zum Besitzthume der Nachwelt bestimmt hatte, in einer ihm selbst missfälligcn Darstellung, von der nur das letzte Buch eine im unangenehmen Widerspruch mit den früheren stehende Ausnahme machte, zu hinterlassen sich entschlossen hätte? Es ist indess sehr zu bezweifeln ob jene Aeusserung des Kratippos, vorausgesetzt auch dass Dionysios sie treu wiedergegeben'), als Zeugniss zu fassen sei und nicht vielmehr nur ein Urthcil und eine zur Begründung desselben angeführte Vermuthung enthalte. Dies anzunehmen sehoinen nicht unerhebliche Gründe zu berechtigen. Wenn wirklich Thukydides seine Ansicht über die Zulässigkcit der Reden in der Geschichte geändert hätte, so konnte dies nur nach Abfassung des siebenten Buches und kurz vor seinem Tode geschehen sein. Es müsste also Kratippos gerade in dieser Zeit mit dem Thukydides in Berührung gekommen sein, wenn er von ihm selbst die angegebene Nachricht erhalten hätte. Nun könnte man zwar daraus dass Kratippos Fortsetzer des Thukydides wurde ein sehr nahes Verhältniss beider Männer folgern; allein dage-gegen spricht doch cinigermasscn dass nicht er, sondern Xenophon als Herausgeber des Thukydideischen Werkes genannt wird. Will man aber annehmen dass Kratippos jene Nachricht durch die zweite, dritte Hand erhalten habe, so verliert sie wenigstens bedeutend au Zuverlässigkeit. Indess die Möglichkeit dass Kratippos Angabe ein Zeugniss sei lässt sich durch Bedenklichkeiten dieser Art freilich nicht beseitigen. Allein die Sache selbst ist so unwahrscheinlich dass man sie für ungegründet zu erklären nicht anstehen kann. Es erscheint nämlich fast als undenkbar dass ein bejahrterer Mann von so scharf ausgeprägter Eigentümlichkeit wie die in dem Werke des Thukydides uns entgegentretende in Beziehung auf einen Gegenstand über den er einen grossen Theil seines Lebens nachgedacht haben musste urplötzlich eine so sehr auf das politische Leben der Alten, besonders Athens2), gegründete Ansicht so auffallend geändert haben sollte. Dies ist um so weniger glaublich , da eine nähere Prüfung aufs entschiedenste zeigt dass die Reden des Thukydides nicht bloss Reden sind, dass sie vielmehr, gleichsam die Chöre seines Werkes, vorzugsweise das enthalten was den Leser in den Stand setzt den Gang der Ercignise richtig aufzufassen und sich zu erklären. Denkt man sich die Reden aus dem Werke weg, so behält man nichts als ein kahles Gerippe. Hätte Thukydides daran gedacht sie zu tilgen, so hätte er notwendig auch sie zu ersetzen sich entschlicssen müssen: ein Vorhaben das ') wogegen sich Bedenken erheben lassen. S. m. Commentatt. p. 257 ss. — 2) Liv. XXXI, 44: Nunipmni ibi desunt linguae promptae ad plebcni concitandam: quod genus quum in Omnibus liberis civitatibus, tum praeeipue Athenis, ubi oratio plurimum pollet, favore multitudinis alitur. Vgl. m. Vorr. zu Dionys, historiogrr. p. XXVIII ss. 76 Kratippos und aus ihm Dionysios gewiss auch erwähnt haben würden, wenn wirklich eine Nachricht darüber vorgelegen hätte. Diese Gründe scheinen erheblich genug um die Angabe dass Thukydides selbst seine Reden geinissbiUigt und daher im letzten Theilc seines Werkes keine gegeben für eine blosse Vermuthung zu erklären. Hieran wird man um so weniger zweifeln dürfen, wenn sich zeigen liisst dass der Geschichtschreiber seinen Ansichten über historische Reden gemäss im achten Buche keine anbringen konnte, weil er die Zwecke derentwillen er überhaupt Reden eingefügt schon durch früher gegebene auch in Beziehung auf dieses Buch genügend erreicht hatte und bei den in demselben erzählten Ereignissen wirklich keine Reden gehalten waren deren Nachbildung durch historisches Interesse hinlänglich gerechtfertigt scheinen könnte. Denn schon geschildert waren die Charaktere der kriegführenden Völker, ihre politischen Grundsätze, ihre Lage und ihre gegenseitigen Verhältnisse. Von den einzelnen Männern die uns das achte Buch als handelnd vorführt war mit Auschluss des schon früher hinlänglich charakterisirten Alkibiades keiner sehr bedeutend durch folgenreiche oder dauernde Einwirkung; keiner übte einen so grossartigen Einfluss wie ein Pcrikles, Kleon, Alkibiades; mehr durch geheime Umtriebe als durch eine die Volksversammlung leitende Be-redtsamkeit wirkten Phrynichos, Peisandros, Antiphon. Wie also hätte der Schriftsteller sich veranlasst finden sollen ihre schnell erloschene Wirksamkeit dadurch zu schiltlern worauf sie nicht gegründet war, durch Reden? Nur an Einer Stelle möchte man eine Rede zu erwarten sich für berechtigt halten, nämlich eine Ermunterungsrede an die Athenischen Soldaten vor der Schlacht bei Kynossema. Allein man muss erwägen dass damals keiner der Strategen Oberfeldherr war, dass wahrscheinlich jeder derselben seine Abtheilung zur Tapferkeit ermuntert hatte und dass also der Gesellichtsclirei-ber keine einzelne der bei dieser Gelegenheit etwa gehaltenen Reden wiedergeben konnte, was er um so weniger für nöthig halten mochte, weil der Leser über die Verhältnisse der Kämpfenden, über die von einem Siege oder einer Niederlage zu erwartenden Folgen schon hinlänglich unterrichtet war. Somit darf man also wohl unbedenklich annehmen dass wir auch das achte Buch des Thukydides, wenn gleich vielleicht bei diesem mehr als bei den übrigen die letzte Durchsicht zu vermissen ist, im Wesentlichen so besitzen wie der Schriftsteller es herauszugeben beabsichtigte'). Bedarf diese Ansicht noch einer Bestätigung, so bietet sie selbst der Sclüuss des Werkes. Wollte man glauben dass achte Buch sei nur etwa ein Thcil der wio/tv/j/eaia die der Schriftsteller zu künftiger Verarbeitung aufgesetzt haben mochte, so dürfte man zunächst fragen wie es gekommen dass nicht auch über den Verfolg des Krieges eine, wenn glcich nur mangelhafte, Darstellung des Geschichtschrcibcrs erhalten sei. Denn dass er eben [') Die verschiedenen Ansichten von Roscher S. 102. 246 f. u. 355 und Anton Jerzykowsky in der Schrift Octavo bist. Thuc. 1. extrem um ma-num non acccsissc demonstratur muss ich ablehnen. Vgl. S. G4 H. Anm. 2.] 77 sowohl über die späteren als über die früheren Jahre des Krieges sieh vno-/ivi'l/iara werde aufgesetzt haben darf man doch wohl ohne Bedenken voraussetzen. Indess angenommen es wären die folgenden weniger zur öffentlichen Mittheilung geeignet gewesen: wie hätte der Anordner des Werkes dasselbe gerade da abbrechen oder vielmehr abreissen können wo es jetzt endigt? Nachdem nämlich der Gcschichtschrciber erzählt hat dass Tissaphemes nach der Schlacht von Kvnossema sich cntschloss sein gespanntes Verliältniss mit den Peloponnesicrn auszugleichen, fügt er nur noch folgende über die Ausführung dieses Entschlusses gar nichts enthaltenden Worte hinzu: xal difixo/ievoq nqüiov tq "Etytaov &valav e/zoLrjaaio xjj 'Aqxi/xiii. Diesen Uebelstand musste jeder nicht völlig vernunftlose Anordner des Werkes bemerken und also früher, am schicklichsten mit der Schlacht bei Kvnossema, oder später, noch angemessener mit Alkibiades Siege bei Kyzikos, abbrechen. Wäre das über dieses Ereigniss von dem Verfasser Hinterlasseue auch noch so wenig ausgearbeitet gewesen, so war es doch ein I.eichtcs dem vorhandenen Stoffe eine lesbare Form zu geben. Diese Schwierigkeit verschwindet wenn man annimmt dass wer das Werk herausgab gewissenhaft Alles mittheilte was er von dem Schriftsteller selbst für die Bekanntmachung ausgearbeitet vorfand. Wer dieser Herausgeber gewesen deutet eine Nachricht des Diogenes an, der nachdem er Xenophons Werke aufgezählt, hinzufügt1): /.iycrai d' Sri xal ja Oavxväiäov ßißkia ).av9nvovxa vifeUir&ai övvuutvoq aixöq ei? (Tritav {jyaycv. Befremdend ist Weiskes5) Vermuthung dass diese Angabc 'aus einem übel verstandenen Lobe Xenophons herzuleiten sei. Es möge nämlich Jemand geäussert haben dass Xenophon, wenn er die Gesclüchte des ganzen Peloponnesischen Krieges hätte beschreiben wollen, durch die Anmuth seiner Darstellung Thukydides Werk leicht hätte verdunkeln oder gar dessen Vernichtung herbeiführen können. Wenn wirklich auch Jemand so unbegreiflich abgeschmackt geurtheilt hätte, ist es wohl denkbar dass aus einem solchen Urtheil eine solche Nachricht entstanden wäre? Aber vielleicht erdichtete man sie bloss um Xenophons Rechtlichkeit zu preisen. Wahrlich ein schönes Lob, wenn man Jemand nachrühmt er habe sich nicht als Schurke gezeigt, in einem Falle wo Entdeckung unvermeidlich gewesen wäre. Denn hätte Xenophon wirklich das AVerk des Thukydides als das seinige herausgegeben — und dass nur darauf das vyMa&ai zu deuten sei zeigt schon das Medium — so würde doch die Vergleichung mit seinen übrigen Schriften hingereicht haben, um das Plagiat auf den ersten Blick zu verrathen. Dass man eine solchc Nachricht zu Xenophons Lobe wendete lässt sich begreifen; dass man sie zu seinem Lobe ersonnen ist fast undenkbar. Je weniger sich aber ein ansprechender Grund für die Erdichtung jener tJeberlieferung nachweisen lässt, desto sicherer dürfen wir dieselbe als wahr ') II, 59. — 2) Zum Xenoph. B. I p. XXXII. 78 annehmen, zumal da sie durch die innige Verbindung in der Xenophons Hellenika sich an das AVerk des Thukydides anschlicssen sichtbar bestätigt wird. AVenn nämlich Xenophon dasselbe gleichsam als von sich ausgegangen betrachtete, so lag es sehr nahe dass er, mehr die Vervollständigung der Erzählung als die Verschiedenheit der Verfasser berücksichtigend, seino Darstellung ohne Weiteres da anknüpfte wo er die des Thukydides abgerissen fand, eben so wenig hier als in irgend einem anderen seiner Werke sich alB Verfasser bezeichnend. ;v nnttyucci iicev, wq xal e/rexqivev o 'A ßa-TiXimv, i'yqaft (fiXoobtftov ßißXluw ätnqOaxixd. [e/raideurre dt xai eiq 'I'tou^v em UofiTztjicu xov Hf/aAon] xai ev AXiiaviqeia difoqtifiev. fyqaifie naXXa. 80 nnng welche durch die Angabc dass er in Turditanien Grammatik gelehrt') nicht ausgeschlossen wird. Seine Bliithe fällt also in die Zeit um welche zu Pcrgamos die Bibliothek gestiftet wurde2), wobei man sich wahrscheinlich der Einsichten in Alexandria gebildeter Gelehrten bediente. Ilicmit in Verbindung stanil die Verfertigung von Verzeichnissen der Schriftsteller und ihrer Werke mit Ausscheidung des erweislich Unäehten oder Zweifelhaften3): woran sich wohl auch genauere kritische Erörterungen anschlössen'). Es ist vorauszusetzen dass man dabei die Vorarbeiten der Alexandriner ähnlichen Inhaltes zu Batlie gezogen, vorzüglich die Schrift des Kallimachos: lllvaxti; %mv iv 7züotj rcauhla ihaXauifidviniv xai luv rTvvlyQaipav6), so dass die Kritik der Pcrgamenischen Grammatiker zum Theil nur eine Epikritik war. Hieraus erklärt sich der Ausdruck imxoive beim Marcellin. Asklepiades nämlich billigte nur die von einem Frühem, wahrscheinlich einem Alexandriner, festgestellte Eintheilung des Thukvdidcischcn Werkes in acht Bücher. Vielleicht rührte sie schon vom Kallimachos her, welcher, da er bei jeder Schrift nach Sitte der Alten die Zahl der Zeilen >angab °), das Bedürfniss kleinerer Abschnitte empfinden und sich dadurch zu dieser Eintheilung veranlasst sehen mochte, wenn er sie nicht vielleicht schon von Zenodotos, dem Vorsteher der Bibliothek, gegeben fand. Dass sie wenigstens zu Alexandria entstanden sei, ist auf jeden Fall überwiegend wahrscheinlich. Denn nur so erklärt es sich auch wie diese Eintheilung so früh die vorherrschende geworden. Dies würde freilich nicht minder begreiflich sein wenn man annähme dass sie schon vom Aristoteles oder Theophrastos festgestellt worden7). Allein dass die Philosophen sich mit einem Geschäfte der Art befasst ist wenig wahrscheinlich. Von der Eintheilung des Werkes in neun Bücher ist uns weiter -nichts bekannt als dass sie dem Zeugnisse des Diodoros8) zufolge vorhanden war. Dürfte man aunehmen dass dieser selbst kein so abgetheiltes Exemplar gesehen, so könnte man vermuthen dass die Ergänzung des Xenophon dabei als neuntes Buch betrachtet worden. Etwas mehr wissen wir von einer andern Eintheilung des Werkes, nach der dasselbe in dreizehn Bücher zerfiel, das erste in zwei"), vielleicht 1, 88 ') Strabo III p. 157. Keisen der Gelehrten mit cpideiktischcn Zwecken waren nichts Seltenes. — 2) Ders. XIII p. 624 vgl. 609. — 3) nivaxaq avv-Tuaaeiv. Dionys. Br. an den Amin. I p. 725 JhQyauryavq nlvaxat; erwähnt ders. über Deinarchos p. 661, die mit Wolf Prolegg. in Horn. p. CCLXXVII erst von der Schule des Krates herzuleiten kein Grund ist. — *) wie man aus Dionys, p. 630 schliessen darf. — 5) So betitelt es Suidas; iv rü tiTiv navxoSanmv (nvyyqafiudxm) nivaxi Athen. VI p. 244, a. XIV p. 643, e. An der ersten Stelle findet sich eine Probe von der Einrichtung des Werkes. Oefter nimmt Dionvsios auf dasselbe Bezug. Uebrigens vgl. m. über das Werk C. Ferd. Bänke Comm. de Aristoph. vita p. CLVHI ss. — 6) Athen. VI p. 244, a. Vgl. daselbst Casaubonus und Wower de polymath. XVI, 15. — 7) Vgl. Strabo XIII p. 608. — 8) 12, 37 n. 13, 42. — 9) Schob in der Beckschen Ausg. p. 569, 6: o Qovxvöidt\q ov tiitXXiv tls iavoqiat;; älXix et (fiiav) i(ii g (für »w avyyottföiv dtai.ejt; Bgaaläov Tzqöq Toqtovalovq. [Vgl. Plut. 'Anotp&. Kala. 14? Nach dieser Stelle könnte man vermuthen dass im Zeitalter des Augustus die Eintheilung in dreizehn Bücher üblich gewesen. In der Schrift II. aäoX. 21 bezeichnet der Schriftsteller mit >/ oyäotj unser achtes Buch.] 5 gängigem Misstrauen zu prüfen, um so mehr du verschiedene Reisende über dieselben Puncto oft die verschiedenartigsten Ansichten aufstellen und ihre Com-hinationen mitunter ziemlich abenteuerlich sind. Daher ist die alte Geographie, wie die alte (und selbst die neuere) Geschichte, einem nicht geringen Theile nach noch keine fahle convenua und nicht überall wo sio es ist verdient sie es zu sein. Die Autopsie ist unstreitig eine schöne Sachc, aber leider auch eine sehr verführerische. Bei der grossen Neigung der Menschen sich momentanen Eindrücken und oft sehr subjectiven Einfällen hinzugeben, verleitet sie leicht zu seltsamen, ja wunderlichen Missurthcilen, wenn sie nicht durch eine umsichtige und besonnene, scharfsinnige und skeptische Kritik gezügelt wird. Eine solche Kritik aber findet sieh überhaupt selten und dass Reisende mit ihr vorzugsweise ausgestattet seien lässt sich der Erfahrung gemäss nicht annehmen. Dazu kommt dass Viele ihre Reisen unternehmen ohne sich dazu genügend vorbereitet zu haben, namentlich ohne sich, vorher durch eine scharf eindringende exegetische und kritische Erörterung der Stellen der Alten über die bctretl'enden Oertliehkeitcn ein sicheres Urtheil vorgebildet zu haben, um »dadurch den oft verführerischen Eindrücken der Autopsie eine sichernde Schutzwehr entgegenzustellen. Je weniger sie aber dies gethan haben, desto zuversichtlicher pochen sie gelegentlich auf ihre Anschauung („man muss da gewesen sein"), desto empfindlicher lehnen sie alle Einwürfe ab, desto mehr beanspruchen sie eine despotische Autokratie ihrer Ansichten. Dabei überlassen sie sich, „der atomistischen Kritik'1, welche doch die einzig wahre ist, ausserordentlich abhold, nur zu leicht einer vorzugsweise construi-renden Methode, bei der sie das Widerspenstige recken und strecken oder nöthigen Falles auch verstümmeln, um es in das Prokrustesbette ihrer Phantasiegebilde einzupressen. Ein Verfahren das um so verlockender ist, da sich eine Fülle von „geistreichen" Einfällen dabei entwickeln lässt. Es versteht sich von selbst dass man es hiebei mit sprachlichen Kleinigkeiten, auf die doch oft Alles ankommt, nicht gar zu genau nimmt. Es hat mir einmal nicht geringe Mühe gekostet durch die einfache Bemerkung dass naqa xlv izoxctfiov rtoqti'ia&ui nur lieissen könne: längs dem Flusse, nicht nach dem Flusse) marscliiren, einem wackern Reisenden eine verführerische Entdeckung auszureden. Dass auch Herr Forchhammer von den Schwächen die man gelegentlich bei Reisenden findet sich nicht ganz frei erhalten zeigt er z. B. gleich bei dem ersten Orte über den der folgende Aufsatz handelt. „Es giebt, versichert er S. "4 f., keinen Theil in und bei Athen, auf den der Name Koile passt, als die kleine Hochebene südlich und südwestlich von Museion, durch welches sich das Bett des Iiissos hinzieht. Gegen das iiusserste Ende dieses Thals in dem Felsberge der sich westlich von der westlichen schroffen Felswand des Museions erstreckt sind zwei grosse Grabkammern im natürlichen Stein ausgehauen. In und um Athen giebt es keine ähnliche und schon dies führt auf den Gedanken, dass diese die berühmten Kimonisclien Gräber sind. Bestätigt wird diese Vermuthung durch eine Nachricht bei Herodot 8P, (6, 103), welcher sagt, das Grab des Kimon sei vor der Stadt, am Ende der Strasse durch Koile. Nach diesen Worten muss man glauben, die Strasse diu Koikijs sei innerhalb der Stadt, denn die Kimonischen Gräber waren nahe am Thor." Die reizende Idee die Kimonischen Gräber entdeckt zu haben verführt Hn. Forchhammer zu dem Wagnisse das niqrv bei Herodot, was bekanntlich jenseits heisst, durch am Ende zu übersetzen; etwa weil er dabei an 7ii-l>aq dachte? Diesen seltsamen Missgriff konnte II. Forchhammer leicht vermeiden, wenn er Meursiuä De Ceram. gem. 24 oder Valckenaers, auch von Schweighäuser und Gaisford aufgenommene, Anmerkung zu Käthe gezogen hätte. Denn unstreitig richtig ist die Erklärung: „ultra viam, quae, quod trans [per] Coolen ducat, nomen inde aeeepit." Dass Jemand die Stelle anders verstehen könnte ist mir nie eingefallen, obwohl ich jetzt sehe dass auch Andre hier zwar nicht so arg wie H. Forchhammer, aber doch auch gefehlt haben. Diese geringfügige Sprachbemerknng ist so bedeutend dass ich fürchte, sie werde einen wesentlichen Theil von Hn. Forchhammers Gebäude zertrümmern, da sein topographischer Grund demselben keineswegs eine zureichende Stütze gewährt. Denn es ist bekannt dass man z. B. mit einem Ausdrucke wie Berg oft eine gar nicht erhebliche, ja wohl gar eine kaum bemerkbare1) Erhöhung bezeichnet und demgemäss auch bei dem Worte Grund keineswe-ges immer an eine beträchtliche Vertiefung zu denken hat. So ist es bei uns und so wird es auch bei den Griechen gewesen sein. Jedenfalls wäre es seltsam, wenn in den Umgebungen Athens sich nicht mehr als eine Oert-lielikeit fände, auf die der Ausdruk xoV.oq passte. Ein Felsenthal oder so etwas dafür zu verlangen ist man durch nichts berechtigt; es genügt eine mässige Niederung. Wie wir Hu. Forchhammer nicht gestatten durften durch einen Sprachfehler Koile aus seiner Lage v o r der Stadt in die Ringmauer zu escamoti-ren, so können wir ihm auch nicht erlauben die beiden grossen Stadtheile Melite und Kollytos aus ihrer Lage zwischen Iverameikos und Diomeia, wo sie ausreichenden Platz haben, in einander gemischt neben Skambonidae auf den beschränkten Raum um die Pnyx nördlich von Museion einzupferchen, ohne uns Domen nachzuweisen die in den grossen leeren Raum in den wir Melite und Kollytos gesetzt haben einrücken könnten. Dabei liegt die letztere Demos unmittelbar an der südwestlichen Stadtmauer, im schneidendsten Widersprache mit der Angabe des Ilimerios, nach der er iv fitaandxu ri]? nhleaiQ gelegen. Ein Widerspruch den II. Forchhammer S. 81 mit der Erklärung abfertigt dass „der Ausdruck nicht genau zu nehmen sei, da diesem die Nachbarschaft von Melite widerspricht." Sie widerspricht aber nur, wenn die von Hn. Forchhammer diesem Demos angewiesene Stelle die richtige und ■) Der Taschenberg in Neu-Ruppin, wo ich seit fast fünf Jahren wohne, ist eine Entdeckung die meine Augen noch nicht gemacht haben. So war auch der KoXuvoq in Athen wohl keine bedeutende Anhöhe. C* 84 die von uns angenommene zu verwerfen ist. Das ist eine Prokrustische Kritik, der wir nichts beizufügen brauchen.] Plutarchos1), Marcellin2) und der Ungenannte3) berichten einstimmig dass Thukydides in der Kanonischen Familiengruft bestattet worden, Plutarchos fügt hinzu: neben dein Grabmale der Elpinike, der Schwester des Jüngern Kimon. Wenn wir, freilich gegen Plutarchos'1) Meinung, annehmen dass diese Familiengruft nach dem altern Kimon den Namen erhalten, so finden wir über die Stelle derselben schon beim Herodotos eine Angabe. Der ältere Kimon, erzählt dieser Geschichtschreiber5), sei nach seiner Ermordung, welche die Söhne des Pcisistratos veranlassten, vor der Stadt begraben worden, 7tl(i>;v Tij; äta KoUt/q y.altojiivrft öclor. Ihm gegenüber lägen die Kosse mit denen er dreimal zu Olympia gesiegt. Dasselbe erzählt mit Verwechselung des Namens Aelianos0) von den Rossen des Miltiades; nennt aber als Grabstätte den Kcrameikos. Nur auf diese Verwechselung, scheint es, gründet sich Wesselings Angabe dass beide Orte nahe zusammen gelegen. Doch haben auch Andre ähnlich geurtheilt. So meint Lcakc") es sei natürlich dass die Kimomsche Gruft nicht weit von Kimons Wohnung entfernt gewesen. Kimon habe aber in der Pnyx gewohnt. Die Folgerung wäre wenn auch nicht sicher, so doch erträglich, wenn nur die Angabe richtig wäre. Lcakc hat sich, wie es scheint, auf Meursius s) verlassen, der aus dem Scholiasten des Aristeides °) folgende Stelle anführt: Jiän/inq de (f ijoic ou% Sri (o Ki/ioiv) i).axo>vita', «AP ort iv Ibvy.i r!j äö'eX-ovvTjv. Wenn hier auch wirklich die Lesart iv Ilvvxi für 'E).~iviy.i; zulässig wäre, so hätten doch Meursius und Leake bei dem auvrtv nicht an Zusammenwohnen, sondern, worauf schon die Wortbedeutung und die Erinnerung an andre Stellen10) führen konnte, an Beiwohnen denken müssen, wenn sie jene Worte im Zusammenhange gelesen hätten. Vielleicht indess ergiebt sich dieselbe Folgerung aus einer andern Angabe. Nicht weit von den Thoren Athens lag an der heiligen Strasse der Demos Lakiadae"). Zu ihm gehörte die Familie des Kimon12). Sollte es nicht wahrscheinlich sein dass zwischen diesem Demos und der Stadt die Gruft der Familie gewesen? — Doch gegen diese Annahme spricht die Lage welche man dem Bezirk Melite und dem Melitischen Thore giebt, vor welchem Thukydides nach Plutarchos, Pausanias, Marcellin und dem Ungenannten bestattet war. Ohne die verschiedenen Ansichten darüber aufzuführen wollen wir von Feststehendem ausgehend versuchen uns an dem Faden unzweideutiger Zeugnisse zu dem zweifelhaften Ziele hinzufinden. Vielleicht gelingt es so eine bedeutende Verwirrung in Athens Topographie zu beseitigen. ») Kim. 4. — 2) § 5. 55. — 3) § 10. — 4) Kim. 19. — VI, 103. — c) Thierhist. XII, 40. — 7) Topographie v. Athen S. 182 der deutschen Uebers. — 8) Athenae Att. II, 9. — 9) Zur Rede irtfq iwv zeizaQoiv die vnö&eou; Klftuwoq. — 10) Kim. 4: vtoq äv aliiav tnye rzXrfiiät.uv zjj üih).-l xijv ayogav (fovnq inirr/e nuvza xav ivxoq Kir Jinvlov Kcqa/utxov. So gehen Hannodios und Aristogeiton aus dem äussern Kerameikos nach dem Leokorion c), das mitten anf dem innern lag7). Beim Lcokorion ordnete Hipparchos den Panathenaischen Festzug6). Also musste dort ein freier Platz sein. Dies war kein anderer als der Markt, Denn auf dem Markt lustwandelnd begegnet beim Demosthenes 9) Ariston dem Ktesias am Leokorion. Nicht minder zeigt auch die Stelle des Plutarchos dass der Markt zu diesem Bezirke gehörte. Vom Markte geht Ktesias 7iqos MeX'txt\v üni und von dort nach dem Markte zurückkehrend trifft er den Ariston wie derselbe vom Pherephattion umkehrt beim Leokorion. Dass endlich der Markt zum Kerameikos gehörte ersieht man auch daraus dass die Poikile, welche sich auf der Agora befand'0), zum Kerameikos gerechnet wird"). In demselben standen die Bildsäulen des Harmodios und Aristogeiton dem Metroon gegenüber beim Aufgange zur Burg ,2), so dass sich dieser Bezirk bis an sie erstreckt haben muss. Mit der Agora in Verbindung stand unstreitig der Kolonos agoraeos. Alle Angaben setzen ihn an das Eurysakeion, nqlq iw Evqvouxtlw 13), iv xjj äyoqä tianu to Eugvaäxeiov "). Auch ihn hat man für einen Stadtbezirk gehalten. Hiegegen aber sprechen schon die Worte der Schriftsteller. AVollte man auch nichts geben auf den einzelnen Zusatz iv rij uyoqä oder ihn deuten durch: beim Markte, da wirklich Hnrpokration ihn n).>\) 54, 7 p. 1258. — 10) Aescli. g. Ktesiph. 186 p. 80. Solons Bildsäule bei der Poikile (Pausan. I, 16, 1) setzen [Demosth.] g. Aristog. 2, 23 p. 807 und Aclian. V. G. VIII, 16 auf den Markt. [Vgl. Lessing, Leben des Soph. Anm. K, aa.] — ") Luk. Zeus Trag. 15 f."— I2) Arrian. Anab. III, 16, 13. Vgl. Pausan. I, 8, 5. — ,3) Einleitung oder Schol. zum Oed. K. b. Thiersch in den Actis Mon. I, 3 p. 325. — ") Pollux VII, 132. 86 Angabe dass dort die Eckensteher, wie sie in Berlin, oder Sonnenbriidor, wie sie in Leipzig heissen, daher Kolonitae genannt, zusammengekommen: ov aw-ijtaav ol [tiaOaqvovvxtq'), nq bq (fi oi (naOaqvovvxeq nqonatijxtaav ä), nana tm KoXaroi ei'Txrjxeirav3), wovon er den Namen Mia&ö; erhielt4). Solche Menschen aber zerstreuen sieh nicht, wie die Buhlerinnen, von denen daher auch gesagt wird iv röi Keqa/n ix w nqoeiaxljxiuav 5), über einen ganzen Bezirk, sondern suchen bestimmte Puncto:. Wohl schwebten auch sie dem Aristophanes") vor, wenn er den Meton von sich rühmen lässt: ihn kenne Hellas und — der Kolonos. Der Scherz war um so treffender wenn etwa Meton selbst in der Nähe wohnte, wie dies wirklich der Fall war. Sein Haus nämlich lag nahe an der Poikilo7). Möglich auch dass er wie eine Ueberlieferung meldet auf dem Kolonos einen Brunnen einrichtete 8) und ein astronomisches Instrument, avä&tjiia äaiqoXoytxbv, dort aufstellte0). Nach Philoclioros indess hatte er sein Heliotropion in der Ekklcsia aufgestellt und um beide Angaben zu vereinigen scheint man vermutliet zu haben dass xoXwvoq hier überhaupt einen hohen Ort bedeute und die Pnyx bezeichne l0). Ovxwq, sagt der Seholiast der uns diese Vermuthung mittheilt, «tpo? n vvv avvtjd-eq xb yiyove KoXwvov xaXelv ro bmvöev Tij; iiaxoüq atoäq' &XX\ ot'x lern. MeX.lxij yaq anav ixeivo, utq iv tol; bqi(T(ioTq yiyqanzai xijq 7ioXeoiq, Offenbar hat der Verfasser dieser Worte, der genau unterrichtet gewesen zu sein scheint, keinen Kolonos als Bezirk anerkannt. Zwar eine Gegend, sagt er, wird jetzt so genannt, sie ist aber nicht Kolonos: eine Aeusserung bei der ' Ders. und Harpokrat. in KaXtuvlri;;, der zugleich die Nähe des He-phaisteions erwähnt. Einen Tempel des Hephaistos über dem Kcrameikos und der Königshalle nennt auch Pausan. I, 14, 5. — -') Schol. b. Thiersch. — 3) Harpokrat. in KoXmvhriq. — ") Was nicht mit Meursius in fiirr&to; ändern wird (wie Müller S. 240) wer sich erinnert dass ähnlich die einzelnen Theilc des Marktes z. B. ti; xovipov, ei; xa rrxooodu u. s. w. liiesscn. S. Poll. I, 9, 5. 10, 2, Theophr. Char. neql ßötX. XI, 2, Lvs. 23, 6 p. 166, Aristoph. Wespen 789 und daselbst die Erklärer. — 5) Suid. in Kequfieixbq und Schol. zu Aristoph. Rittern 769. — °) Vögel 998. [Anders erklärt Forchhammer S. 68.] — 7) Aelian. V. G. XIII, 12. Plutarchos Nik. 13. — 8) Suidas in Mixotv. — Ders. u. Schol. zu Aristoph. Vögeln 99S, zu dem Bekker nach yiyqanxai t/j; nhXtmq folgenden Zusatz liefert: Xauiq iii iv Ko- Xo)ro) xqfjvrjv xivct xuceffxtvaaazo. qr.niv 6 fI>qvviyoq MovoxqÖTro). ,,t Iq toxiv o fiexa zuvra rainijq tfqovxityiiv; Mirmv b Aevxwtev;. oiäa b xaq xqrjva; ayutvyxOiuai df xai b Mnrniqonn; iiil Tofr avxov y/ilgiau, e)'(l?-ixi. "AXXhi;. YfTtiiq iv xot KoXotvtji xqi'jvtjv nra xara /uqyuvljv zioiq otitTav (nvx nv-ftavf) r, ayaXfia i] (xl'äOrila äaxqoXoyixov xaxeGxevanaxo avxoi, 6tt de KoXmvoq ■i'jV xöj <)i;i HvvS KoXmvo; iirxtv, b exeqoq o M. X. Der letzte Zusatz ist freilich irrig. [Iln. Forchhammers Uebersetzung S. 72 ist mir unbegreiflich. Er bessert irtäva>, oi ira»,] 87 ihm unstreitig der Gegensatz des Kolonos Hippios vorschwebte. Der Kolonos den er in der Stadt kennt gehört nach ihm zu Melite; und auf Melite weisen auch die Angaben welche ihn an das Eurysakeion hinsetzen. Denn in Melite hatte sieh der Heros dessen Heiligthum dies war niedergelassen'). Ohne Hedenken also, scheint es, darf man annehmen dass der Kolonos ago-raeos ursprünglich nur ein erhabner Platz war 2), dessen Name vielleicht auch mit auf seine nächsten Umgebungen überging3). So können wir also von der Agora geradezu nach Melite gehen, dessen Nähe auch Piaton bezeugt '1). Nur fragt es sich ob wir dasselbe gegen Nordosten oder gegen Süden zu suchen haben. Im Süden ist bereits Alles gedrängt voll, und wenn man aus den zahlreichen Anführungen von Gebäuden 5) sehlicssen darf, so kann Melite kein unbedeutender Bezirk gewesen sein. Aber noch mehr: auch für Kollytos miissten wir Platz gewinnen. Denn dass beide Bezirke, wie es scheint, die bedeutendsten Athensc), au einander grenzten bezeugt Strabon7). Dies wäre aber unmöglich wenn wir Me-jite mit. Lenke8) südlich von Kerameikos ansetzen, wo es durch den Demos Lenaeon (Limnae) von Kollytos getrennt sein würde. Dazu kommt dass einer bestimmten Angabe zu Folge Kollytos ganz im Mittelpuncte der Stadt, mithin nördlich oder nordöstlich von der Burg lag. Doch die Stelle auf welche sich diese Angabe gründet ist so dunkel dass eine nähere Betrachtung derselben unerlüsslicli scheint. Sitvumöq ziq, sagt Himerios9), rtv KoXvzzöq nvzoi xaXovfievoq iv tw /icaaizäzw zijq noXeoiq, äri/Aov fiiv ijrmv imovvftov, äyoqäq XQtia rifin'ifievoq. xazix dl; xXioq zb TtäXai tq/tzai xal oinoq ial zur zorzov vsro zijq nvit/iv iixntßräp ondir, xafränttj KnXXvziov xal MtXizqq, otov -tios 4) erklären. Und dass wirklich Himerios den Stadtbezirk gemeint habe deutet er schon dadurch an dass er von Bewunderung der natürlichen Beschaffenheit des Ortes spricht. Noch entscheidender aber zeigen dies, richtig erklärt, die Worte Jrj/iou fih Ij/wv imbw/iov. Es ist einleuchtend dass dieselben nicht mit Mcursius6), dem auch II. Müller0) zu folgen scheint, zu übersetzen sind: ita vocatus a populo cjusdem nominis; ein Gedanke der t)'ij-iiov fiiv üv inun/v/ioq erfordern') und hier als völlig nichtssagend erscheinen würde. Denn wozu sollte die Erinnerung an die Entstehung des Namens dienen? Dem Zusammenhange nach scheint der Schriftsteller nur sagen zu können: Kollytos sei ein aitvumbq der zwar als dij/toq gelte, aber den Namen nicht verdiene. Um diesen Sinn zu erhalten denke man bei einem ä/j-fiov inavvfiov i'/eiv an einen fjgw? innh'uunq. Denn bekanntlieh hatten auch die Demen ihre Heroen von denen sie ihre Namen ableiteten. Somit ist also der Sinn: Kollytos hat seinen Gaueponymos und macht in sofern auf die [*) Ueber Knü.vibq oder Koi.vcinq vgl. Schaefer z. Dem. II p. IIS s. u. IV p. 253.] — 2) bei I.cake Topogr. v. Athen S. 397 d. Uebers. — 3) Isokr. Areop. 46 p. 149. Daher bei Aristopli. Wolken 966 und Lvs. 5 jtwur'rtj? einen Nachbar bezeichnet. Die Scholien erklären dort xtbftq durch ct/ttf otJov, wie auch Phot. u. Suid. u. d. W. xotfirj. — 4) Suid. in xiiifioq (1. x&fLTj), aitvhq ibrznq. Derselbe und Phot. unter xw/.itj: xdi/iijv oi nltldiot tov (Tttvumbv xat tt\v oiov (ol'xwp?) ytltvtuglv, ot t)£ lovq iv tij noXu ,«ous xdifiaQ quäl /T(>oqayn(tf> tij&ai. Man sieht wie nahe die hier geschiedenen Bedeutungen an einander grenzen. [Anders Forchhammer S. 79 ff.] — ') de popp, unter MO.It->]. — °) Encycl. in Attika S. 227, b. — ') Vgl. Plut. v. d. Verb. 6: O-ixriav iitiirvvfiov uynvai tov ptroixia/toü tu ftetuyei-ivta. Stellen in denen imiivvuov als Prädikat steht hüte man sich dagegen anzuführen. 89 Ehre ein Gau oder Demos zu sein Anspruch: eine Erklärung die um so sicherer scheint, da sich schwerlich eine andere die sprachgemiiss wäre wird ermitteln lassen. Kaum heachtenswerth scheint liiebei der Einwurf welcher aus der Bemerkung Müllers') dass die Stadtquartiere nirgends wo man genau spräche Demcn genannt würden, gegen diese Ansicht geltend gemacht werden konnte. Denn wäre diese Behauptung auch begründet, warum hätte nicht eben so gut Himcrios als so viele andere Schriftsteller ungenau sprechen dürfen? So finden wir als Demen erwähnt Kvdathenaeou2), Eretria3), Lenacon'1), Kerameikos '), Melite, Kollytos6), während nirgends ein bestimmt erwähnter Bezirk ') l'rolegg. zu c. wiss. Myth. S. 429. — 2) Hesych. KudctOi/vaiov ärr /ioq iv uoiei. — 3) Strabon erwähnt X p. 447 tijv Ath'jvqaiv 'Eqizqiav, rjnq vT/v iaüv äyoQtx und nennt es p. 445 bestimmt di/iioq. Corsini, der keine Demen in Athen selbst zulassen will, glaubt I p. 217 'A&ijvtjat könne hier, wie bei den Lexikographen öfter, in Attike bedeuten. Allein wie ist es denkbar dass Jemand von einer Agora spreche und dabei dem Leser zu-muthe nicht eine in der eben erwähnten Stadt bcrindliche zu verstehen, sondern dieselbe an irgend einem andern Orte zu suchen? — Steph. Byz. vgl. Böckh über die Lenacen in den Abhandl. d. Ak. 1816. S. 72. — 6) Der Scholiast zu Aristoph. Vögeln 39 5 von dem öffentlichen Begräbnissplatze sprechend sagt: vaXeizui d'f xal b toTtoq abzoq änctq KeQafitixoq. tau yaq b aicbq dij/ioq. Er spricht zwar eigentlich nur von dem äusseren Kerameikos, allein die ursprünglich nicht vorhandene Stadtmauer hat in bürgerlicher Hinsicht schwerlich eine Trennung herbeigeführt. — Diese beiden Orte sollen zwar, wie auch Kolonos, Eupyridae und Marathon, nach Hn. Müller Encycl. p. 227 zugleich Stadtviertel und ländliche Demen gewesen sein. Allein abgesehen von der inneren Unwahrscheinlichkeit dieser Annahme, die zu entwickeln hier zu weit führen würde, zeigt sich bald dass Hn. Müllers Beweise wenig haltbar sind. Ucber Kolonos ist schon gesprochen; über Kollytos wird auf die Stelle des Himerios verwiesen, die auf keinen Fall was sie soll beweist. Ueber Melite wird man den Beweis vergebens bei Siebeiis Index zum Pliiloch. p. 125 suchen. Eher konnte dafür Plin. IV, 11 oppidum Melita geltend gemacht werden. Allein desssen Unzuverlässigkcit ist bekannt und zeigt sieh auch hier durch sein locus Iiissos. Marathon wird zwar von Saidas Toioq 'A(H\vi]iiiv genannt; allein 'AOijvtjaiv heisst ja, wie bereits Corsini I p. 209 erinnert hat, bei den Lexikographen oft in Attike. Und dass Saidas wirklich an den ländlichen Demos gedacht zeigt mehr noch als die Erwähnung des Heros Marathos die Hinzufügung des Maqa&divwv Xqyov. Eupyridae nennt Hesychios drtttov xixi tänov 'Ath]v>j7,«o; denkt mau bloss an die bürgerliche Verbindung welche diesen Namen führte, die wenigstens nicht nothwendig an den Ort geknüpft war, da man zu einem Demos gehören konnte ohne ihn zu bewohnen. So soll Acschines nach dem fünften der ihm beigelegten Briefe, ungeachtet er ein Kothokide « war, fünf und vierzig Jahre in Koliytos gewohnt haben: eine Nachricht, die auch darin eine Art Bestätigung findet dass Eustratios zu Aristot. Nikom. Eth. IX, p. 148, b die Kollyttcr bfioyevev; des Acschines nennt, was Rnhn-ken Iii st. crit. pug. 148 aus einer Verwechselung init Hyperides erklären wollte. Hütte Hesychios angeben wollen was H. Müller glaubt, so musste er 90 xu'ifii] genannt wird. Diese Unger.auigkeit scheint so auffallend, dass es last bedenklich ist sie anzunehmen. Allein es ist wahrscheinlich dass diese Bezirke ursprünglich ländliche Deinen waren und als solche später in den Umkreis der Stadt gezogen wurden. Daher dürften sie leicht auch ihre demotische Verfassung behalten haben und da sie meist nur in dieser Beziehung erwähnt werden, so ist es erklärlich dass sie fortwährend Deinen heissen, zumal da dieses Wort eigentlich mit *"!/< 1 gleichbedeutend ist1). Eben so wenig als die eben besprochenen Worte scheinen die ihnen entgegengesetzten ayoyüq elf /ot/Ve iiutiiyeroq richtig erklärt zu sein. Sie bezeichnen, meint II. Meier, dass Kollytos zum Markte gebraucht sei. Wenn wirklich auch üyoqäq y.s>tia heissen könnte: der Gebrauch zum Markt oder als Marktplatz, so würde man doch fragen dürfen wie mit dieser Erklärung der Begriff ritin'ittevoq zusammenstimme. Denn ein Platz der zum Markte dient kann dadurch keine Ansprüche auf irgend eine Art von Ansehn oder Ruf haben. Diese Einwürfe fallen weg, wenn man uyoQÜq yj>tla erklärt: die Bedürfnisse des Marktes, die Bedürfnisse die der Markt hat2). Man darf nämlich annehmen, dass Kollytos bedeutende Gärten gehabt habe, deren Erzeugnisse den Attischen Markt gefüllt. Eine Bestätigung dieser Vermuthung bieten schon die Worte: ti,v yvotv ijyäir&t] tov tbnov. So erklärt es sich warum gerade in Kollytos, wo man ein'städtisches Landleben führen mochte, wohnen zu können als besonders wünsehenswerth erschien. Dass dies der Fall gewesen bezeugt Plutarchos3). Seinen Freund tröstend sagt er: rö ie ne /uj xazoixeiv SSdoätiq oiiStv iaitV ni'ä't yäq 'A&qvaioi nuvteg xuioixoüvi Kohinov ovdt KoQtv&tot Kodvetnv o'id): Ih-Tcxrrjv Aüxon'eq. Doch wie? wenn Hr. Müllers Ansicht dass Kollytos auch ein Demos ausserhalb Athens gewesen richtig und dieser Ort hier gemeint wäre? Ergiebt sich dies nicht aus der Verbindung mit Kraueion, das bekanntlich vor Ko-rinths Thoren lag? So scheint II. Müller'1) zu urtheilen, wenn er aus die- sagen drifioq -lijq 'Aixtr.Tfi xai to.to; 'A&tjvtj(Ttv. Auch kennen der Etymolog und Stephanos nur Einen Ort dieses Namens. Der letztere berichtet dass er mit Pelekes und Kropidne den Namen t(ilxoi/iot gehabt. Kropidae lag auf dem AVege von Rheitoi bei Eleusis nach Acharnae am Acgaleos (Thüle. II, 19, 2; und H. Müller, der, wie Meursius, die angeführte Stelle nicht kannte, hat ihn daher (unter dem Namen Kekropidae) nicht ganz richtig angesetzt. — ') S. Aristot. Poet. IH, 6. So sagt Strabo VIII p. 337 Mantinea sei aus Domen entstanden, während die übrigen Schriftsteller von xm/taiq sprechen. So sagen Suidas und Photios: xwfjijv oc nXtZrycot tov atevoinöv xai rt/v otor ytti-viaatV ol tlf vovq ev tTj nöXtt t)t,'/fouq xoi/iaq (petai tinnqtxyaytvlrloai, xae y.uifT^Taq TOvq iv tjj 7ib\tt xai olov Tovq fltjttütaq iv tTj uuiy t«|tt xat itotQU zfjq nöleiaq olxoüvzuq. wofür Photios hat: — xai xnt/triaq toi'? äijuöraq tv nölti xai olov iv xjj avij} x. t. ?.. — 2) Vgl. Aeschin. nifi nXoviov 35: uvO-Qionoq oväivbq tovimv Atöatvnq nQoq iljv toi" an'ifiaroq yotlar. [Aehn-lich erklärt Forchhammer S. 81.] — 3) V. d. Arerb. 6. [Vgl. S. 91 Anm. 7 Andre, dem AVorte tpuatq wenig entsprechende Gründe sucht Forchhammer S. 83.] — 4) Dor. II S. 50 f. 91 ser Stelle folgert dass Plutarchos Pitane ausserhalb Spartes setze. Dies berichte auch Herodotos. Herodotos ') sagt indess nur dass er den Lakcdac-monier Archias in Pitane gesprochen und dass derselbe aus diesem Demos gewesen. Demos aber ist eigentlich die ionisch-attische Benennung für xw-ll1")t w'e auch Pitane selbst genannt wird; und dass Sparte nur aus einzelnen Komen bestand bezeugt Thukydides3). Mithin folgt keinesweges dass Herodotos Pitane indem er es Demos nennt nicht als Stadttheil anerkannt habe. Ja man darf vermuthen dass Pitane der bedeutendste war, da es von Euri-pides als Sitz des Mcnelaos bezeichnet wird4). Nicht minder ist Kraneion auch als Theil von Korinthos zu betrachten. Denn ein Ort der hart an den Thoren einer Stadt liegt wird am natürlichsten als Theil derselben gedacht. Dieser Ansicht muss auch Plutarchos gefolgt sein, wenn seine Vergleichung als angemessen erscheinen soll. Er will seinen Freund trösten wegen des Unglücks nicht in der Ilautpstadt Sardes wohnen zu dürfen. Was war also natürlicher als zu sagen: auch nicht alle Bewohner anderer Landschaften können die Hauptstädte bewohnen? Statt aber diese selbst zu nennen erwähnt er die Thcile derselben in denen der Aufenthalt als vorzugsweise wünschenswertli betrachtet wurde. Sonach scheint es also keinem Zweifel unterworfen zu sein dass Kollytos wirklich nordöstlich von der Burg gelegen. Uebereinstimmend damit ist die Verbindung in welche der Mythos diesen Demos mit Diomcia setzt. Diomeia nämlich lag in der Nähe von Kvnosarges, das selbst mit dazu gehörte, wie nicht nur Stephanos5) bezeugt, sondern auch die Sage dass Kvnosarges bei Gelegenheit eines Opfers das Diomos, der Sohn des Kollytos, dem Herakles dort dargebracht0) seinen Namen erhalten. Mit Recht setzen also Barthe-lemv und Leake auch das Dioraciische Thor nach der Gegend von ICyno-sarges hin. Bis dahin erstreckte sich wahrscheinlich auch Kollytos, wenn gleich es durch die Worte des Himerios tV tw ataaiTaxo) Tijg noXentq auf einen eugern Kreis beschränkt zu werden scheint. Allein da Athen in seinen Mauern bedeutende Strecken enthielt, die nicht bebaut waren7), diese ') III, 55. — 2; Aristot. Poet. III, 6: (ot IhXorzovvijijioi) xiifiaq ras .-Itptoixtdas xahh' q.aviv, 'A&ijvaioi äf äi'ifiovg. — 2) Schol. z. Thuk. I, 20. — 3) I, 10, 3. — 4) Eurip. Troad. IIIS, wo es jröii; heisst. Eben so nennt Polyb. IV, 27, 6 die Komen aus denen Mantinea bestand noXus. So heissen bei lvtesias Pers. 5S die Flecken der Parysatis (Xeuoph. Anal). II, 4, 27) fioXttq, während Erntosth. bei Strabon II p. SO die Stadt Opis yhutj nennt. — ö) KvvnfTanytq yviiväniov iv zfj 'AllLy.fi xai <)~,fiämi Jtofiov, uyj' oti o xü'Qoq Jii/ina xu/.ticai. — °) S. Ilesych. u. d. W. Richtig bemerkt dies Müller zu Leake S. 460. [Wenn II. Forchhammer S. 82 fragt: „Wie konnte Müller aus dieser Stelle (Plut. v. d. Verbannung 6) schliessen dass Diomeia an Melite grenze? Sie sagt ja gerade das Gcgentheil?'1 So viel ich sehe sagt sie keins von beiden und ist daher auch von mir nicht angeführt. Doch mag man bei dem Worte (ittayehtva lieber an Nachbarschaft als an Entfernung denken.] — 7) t« l'Qifitx i;; jrriitius Thuk. II, 17, 1. vgl. d. Schol. zu Aristopli. Rittern 791. Xcnoph. Ihm nnouiv II, 6: xal ttoXXa ofxnöv ioij/ia iaxiv tVrö; rrj; nohwq xa! oixorttäa. Aristcid. Panath. p. 100 erwähnt ne- 92 aber nur in den nordöstlichen Gegenden gesucht werden können, wcsslialb später auch vorzüglich von dieser Seite der Umfang der Stadt beschränkt worden ist, so liegt die Vermuthung sehr nahe dass Kollytos nach der Mauer zu einen Theil seiner Gärten oder Ländereien hatte1); und so erscheint denn der Ausdruck ormiHios iv zw fttnaicixro> jroAewq als völlig genau, auch wenn das Gebiet des Demos sich bis an die Mauern erstreckte. Eine bemerkenswerthe Bestätigung dieser Ansicht liefert eine Angabc des Pausanias. In der Richtung vom Tempel des Zeus Olvmpios, der südöstlich von der Burg lag, nach dem Kynosarges zu erwähnt er2) eine Gegend die den Namen Gärten geführt: x">Q'ni' o Ki)novq nvofidtnvmv. Und dass diese nicht etwa ausserhalb der Ringmauern zu suchen sei zeigt die Vergleichung einer andern Stelle: lau, heisst es3), ntiiißoXoq iv %Tj nbXu trjq xaXoufiivqq iv Ktj-tzoh; '-iif(todii>j<; ol 7iö(>qii>. Ist es denkbar dass P. einen Ort in der Stadt nach einem ausserhalb derselben gelegenen bestimmt haben werde, während ihm zu diesem Behuf so mancher bekannte Platz innerhalb der Ringmauern zu Gebote stand? Zwar Plinius4) sagt ausdrücklich dass die Aphrodite iv xij-Tzoiq ausserhalb der Mauern gestanden; allein die Angabe eines so unzuverlässigen Gewährsmannes darf hier um so weniger beachtet werden da er wahrscheinlich nur durch den Ausdruck iv y.ijnniq an einen Ort ausserhalb der Mauer zu denken verleitet wurde. So bestätigt sich auch von dieser Seite die Ansicht, dass der nordöstlich von der Burg gelegene bis zu den Mauern hin sich erstreckende Theil der Stadt Kollytos gewesen. Da nun ferner Melite zwischen Kollytos und dem Kerameikos lag, so ist es entschieden das das Mclitisehc Thor zwischen dem Thriasischen und Domeiischen zu suchen sei, wahrscheinlich nicht östlich, äliov xaUij xal /aouaq, zu u'fv nqb irjq noXtioq ev<q u7to zotl zEtyouq, piäXXov bi unb 1 Tjq nbXeoiq xtyvuivuiv xal iyxaza/tlyvvpivw zf] Ttnlti. Wenn man diese Stelleu betrachtet, so wird man Müllers Angabe S. 240 bezweifeln dass es vor Epikuros keine Gärten in Athen gegeben habe. Plinius [sagt XIX, 4. (19, 1) weit weniger: Jam quidem hortorum nomine in ipsa urbe dc-licias, agros, villasque possident. Primus hoc instituit Athenis Epicurus otii magister. Usque ad cum moris non fuerat in oppidis habitari rura. Romae quidem per sc hortus ager pauperis. Also nur zuerst verschaffte er sich .weite Länderstrecken um seine Wohnung und die Annehmlichkeit einer Villa in der Stadt. Dass überhaupt Athen keine Gärten gehabt ist schon desslialb undenkbar weil es zum Theil aus Demen erwachsen war und die vom Lande Eingezogenen die Annehmlichkeiten eines Gartens gewiss zu gut kannten als dass sie sich bei der Leichtigkeit- dazu Stellen zu erhalten und den, wenn auch schlechten Boden, durch reichlichen Dünger zu verbessern dieses Vergnügen nicht hätten verschaffen sollen. Dikaeogenes riss sogar in der Stadt ein Haus nieder um einen Garten zu erhalten. Isaeos über die Erbschaft des Dikaeog. 11 p. 51 und daselbst Schümann. AVie sehr besonders die Bewohner grosser Städte jedes Plätzchen zu benutzen verstehen ist bekannt. — [') Wie viele und grosse Gärten auch Berlin früher innerhalb der Ringmauern hatte wissen Viele der noch Lebenden.] — 2) I, 19, 2. — 3) I, 27, 4. — *) XXXVI, 4: praeclaram Veneris imaginem qtiae appellatur 'AlfQoähr] iv x//7t0tc. 93 sondern westlich von dem Achamisehen, worauf auch die Nähe des Demos Lakiadae hinweist. Doch könnte es scheinen uls erhielten wir nach dieser Seite hin der Thorc xu viele, da nach Hn. Muller auch das Heiter- und das Leichenthor in diese Gegend zu setzen ist. Das erstcre, al tnnaSeq nuXai, wird bestimmt nur in dem Leben der zehn Redner ') erwähnt, wo aus Heliodoros berichtet wird dass Hyperides mit seinen Acltern vor diesem Thorc bestattet worden. Doch sucht mau eine Anspielung auf dasselbe auch in einer Stelle des Philostratos. llaq'jX-9ov, sagt derselbe vom Philagros2), es in imv ti/vitmv ßovXtvtt'jQior, o 6rj äxoön/ltjiai 71 a(ict tus ioü Jvtn'iit ti/.ou nvXccq ol 7töqQH 1 öiv lnntoiv. Auch Leake vermuthet dass ein Platz InneT; genannt, wahrscheinlich wegen einiger Reiterstatuen, zu dem Namen des benachbarten Thores Veranlassung gegeben. Es möge dies von dem innern Kerameikos nach dem äussern geführt haben. Denn es sei höchst wahrscheinlich dass die Gräber einer so berühmten Familie wie die des Hyperides in diesem Viertel gelegen. Es sei sonach auch wohl anzunehmen dass die ürnaäeq nvXai das Thor zwischen dem Dipylota und dem Peiraeisclien Thore gewesen, von dem noch einige Uebcr-reste auf der nördlichen Seite des Berges Lykabettos vorhanden seien. Allein die btrtüq sind nach den Worten des Philostratos ganz nahe au dem Thriasisehen Thore zu suchen und es ist daher eben nicht wahrscheinlich dass sie mit einem andern Thore in naher Berührung gestanden. Auf jeden Fall ist es äusserst bedenklich bei Erwähnung der inntlq gleich an die cti-nutSiq rcvXai zu denken. Der Grund welcher dafür als Bestätigung angefühlt wird ist noch unsicherer. Denn sollte wirklich auch die Familie des Hyperides eine der ausgezeichnetsten gewesen sein, so folgt daraus noch nicht dass sie auch im Kerameikos ein Grabmal gehabt. Im Gcgentlieil: die einzelnen Familien haben ihre Gräber wahrscheinlich in der Regel nahe bei ihren ursprünglichen Wohnsitzen gehabt; und da Hyperides ein Kollyteer war, so möchte man mit grösserem Rechte vermnthen, dass die imtaätq tzv-Xai die den Theil der Mauer der den Bezirk Kollytos berührte zwischen das Acharnisehe und Diomeiishe Thor zu setzen sein, wo gerade Leake3) eins vermisst. Doch wenn auch wirklich das Reiterthor in dem westlichen Theile der Mauern zu suchen wäre, so würde sich daraus gegen die Annahme dass zwischen das Thriasisclie und Acharnisehe Thor das Melitisclie zu setzen sei nichts folgern lassen, wenn man nur das Reiterthor da wo Leake ein Thor sucht und nicht mit Barthelemy zwischen das Thriasisclie und Acharnisehe Thor setzt. Die Streckc zwischen diesen beiden scheint aber gross genug um hier neben dem Melitischcn auch dem Leiehenthore einen Platz anweisen zu dürfen. ') unter Hyperides. — 5) II 8 p. 580 Olear. — '•) S. 286. Epikritischer Nachtrag % „Wozu hilft das Stüz, wenn man nicht damit salzen soll." 1. An die Friedsellgen. Die Philologie darf stolz darauf sein dass der Begrifi' Kritik in seiner scharf ausgeprägten Bedeutung, aus ihrem Schoosse hervorgegangen, überall allgemeine Geltung erlangt hat. Je ehrenvoller dies für die Wissenschaft ist, desto mehr müssen Alle denen das Gedeihen derselben wahrhaft am Herzen liegt dahin streben dass in ihr selbst echt kritische Behandlung erhalten und gefördert werde, nicht entmuthigt durch die Bemerkung dass da wo das goldene Zeitalter der AVirrköple erblüht nur das phantastische Gefasel dieser, eingehüllt in modisches Prunkgeschwätz, officiellc Anerkennung findet. Diese Erscheinung ist freilich nicht tröstlich; aber manche andere ist es noch weniger: dennoch sollen wir das Gute nicht aufgeben, nicht verzweifeln; bewahre Jeder vielmehr jene heilige Entrüstung die aus der Erniedrigung zur Erhebung fahrt, und wirke, wo es angemessen ist, für Wahrheit und Recht und Emancipirung echter Intelligenz, überzeugt dass sie nur gehemmt, nie unterdrückt werden kann. Denn geistige Unterdrückung, auch von dem Gewaltigsten versucht, kann gesprengt werden durch einmüthiges und beharrliches Anstreben: der furchtbarste Zwingherr der neueren Zeit, Napoleon, stürzte von jenem Throne vor dem Europas Throne sich neigten, Throne zerfielen ; stürzte, weil er dass llccht und die Freiheit verhöhnte. Die waltende Nemesis ruht wohl, aber sie stirbt nicht. Doch wo ein Gut zu erringen ist dürfen die Tüchtigen nicht feiern, Kraftanstrengungen nicht scheuen. Kein Sieg ohne Kampf; es kämpfe wem die Natur dazu den Beruf verlieh. Aber kämpfen — welch' ein unheimliches, schauerliches AVort! Als ob es etwas Höheres gäbe als Ruhe, Ruhe ') Diese Abhandlung, zuerst im Jahre 1839 erschienen, ist hier unverändert abgedruckt. Zusätze sind mit [—] eingeklammert. 95 und Friede unter den Völkern, Ilulie und Friede in der.Wissenschaft. Welch* ein Besitz wäre segensreicher als. sie? Welche Opfer darf man scheuen, um sie zu erhalten? Der Wunsch dass die Völker sich einer nie gestörten Ruhe, eines nie gestörten Friedens erfreuen möchten ist freilich sehr natürlich; aber eben so gewiss ist es das seine Erfüllung für das wahre Wohl der Menschheit, das nicht auf Procenten beruht, verderblich sein würde. Denn besonders da wo nicht eine auf unumstössliche Rechtsverhältnisse gegründete Basis der geistigen Entwickclung freien Spielraum sichert erscheint der Krieg, dessen Wunden bald verschmerzt werden, als das notwendigste der Uebel. Denn während er überall die Tüchtigen hervorzuziehen nöthigt, die Fesseln der Knechtschaft lockert oder zersprengt, die Kräfte der Völker aufregt und den Geistern einen höheren Schwung verleiht, zeigt die Geschichte, deren Lehren besonders hier zu beherzigen sind, wie bei lange andauernder Friedenszeit Männer von Talent und Charakter, weil sie zuweilen unbequem scheinen, mehr and mehr zurückgedrängt werden, um möglichst gefügigen Dienern Platz zu machen: Ilalbküpfcn, die allenfalls Fähigkeit genug besitzen, um eine wohl angelegte Intrigue gegen einen rechtlichen Mann mit Geschick durchzuführen und genau zu berechucn was etwa diese oder jene einüussreichc Person mit Beifall aufnehmen dürfte, dabei aber unter einem Heere von Rücksichten, neben denen die auf das öffentliche Wohl eine sehr untergeordnete Stelle einnimmt, geistig und moralisch verkrüppelnd nur geeignet sind Verkehrtheiten auf Verkehrtheiten zu häufen. Kür solche ist jede Regung unabhängiger Gesinnung staatsgefährlich: jede Erörterung die eine von ihnen ausgegangene Maassrcgel beleuchtet revolutionäre Frechheit. Die wahrhaft loyale Gesinnung erkennen sie nur in Gefangennehmung der Vernunft unter den Gehorsam eines politischen Glaubens wie er ihren engherzigen Ansichten und selbstischen Bedürfnissen gemäss ist. Jedes öffentlich ausgesprochene Wort das irgend einem vornehmen Beamten unerwünscht sein könnte erklären sie für frevelhaft und fordern gebieterisch Rcspcct vor der von Gott eingesetzten Obrigkeit. Nur die rücksichtsloseste Unterdrückung jeder Art von Oeflcntlichkeit ist das Palladium der Mittelmässigkeit; und wie sollte sie, wo etwa ihr die Gewalt verliehen ist, Anstand nehmen „zum Wohle des Staates" davon Gebranch zu machen, um die Stabilität und den Mandarinismus des himmlischen Reiches zu begründen ? Solchen Verhältnissen kann, wie die Geschichte bezeugt, durch nichts so leicht ein Ende gemacht werden als durch Kriege, welchc die Bedrohten zwingen grosse Kräfte zu wecken, den geweckten ihren Wirkungskreis anzuweisen und überall tüchtigen Bestrebungen eine freiere Entfaltung zu gestatten. Heilsame Gewitter reinigen sie die Atmosphäre von den verderblichen Dünsten die, zuerst in höhern Regionen erzeugt, dann auch die niederen Schichten inlicirt haben: das Blut der Gefallenen befrachtet die Saaten der Freiheit, deren Segnungen dann oft selbst die Waltenden erkennen und — versprechen. 96 Wie Kriege den Völkern, so sind litterürische Fehden der Wissenschaft wohlthiitig. Denn auch sie hindern Erschlaffung, wecken neue Kräfte, verdrängen was zu wissenschaftlicher Anerkennung der inneren Berechtigung entbehrt, um dem Gediegenen und Tüchtigen Geltung zu verschaffen oder es, wenn nicht selbst hervorzubringen, doch anzuregen. Da wo Schürzen- uud Schulnepotismus krebsartig nach allen Seiten um sieh frisst, bleibt eine schneidende Kritik oft das einzige Mittel gegen die auch im Gebiete der Wissenschaften schamlos sniuggelnde Protection. In unsern Tagen, wo] man weichlich und weibisch vor jeder unsanften Berührung erbebt, scheint man sehr geneigt zu sein diese Vortheile der Polemik zu verkennen; und selbst Philologen, welche sonst mit der Energie eines Luther ihre Streitigkeiten zu führen gewohnt waren, fangen zum Theil an zarteren Sinnes sich der philologischen Eristik abhold zu zeigen und wohl gar ihr laut Fehde zu bieten. Je bedeutender solche Stimmen sind, desto weniger können sie ungehört verhallen; und darum dürfte es nicht unangemessen sein über diesen Gegenstand auch die entgegengesetzten Aeusserungen eines Mannes der, wenn irgend Jemand, in einer solchen Sache gehört zu werden verdient, unsern Zeitgenossen zur Beachtung zu empfehlen. „Das Publikum, sagt Lessing (Einleitung zu: Wie die Alten den Todgebildet), scheint vergessen zu wollen, dass es die Aufklärung so mancher wichtigen Puncte dem blossen Widerspruche zu danken hat, und dass die Mensehen noch über nichts in der Welt einig sein würden, wenn sie über nichts gezankt hätten." „Gezankt; dehn so nennt die Artigkeit alles Streiten: und Zanken ist etwas so Unmanierliches, dass man sich weit wcnigei'Jschämen darf zu hassen und zu verläumden als zu zanken. „Bestünde indess der grössere Theil des Publikums, das von keinen Streitschriften wissen will, etwa aus Schriftstellern selbst; so dürfte es wohl nicht die blosse Politesse') sein, die den polemischen Ton nicht dulden will. Er [') „Die Alten, sagt Lessing (Vorbericht zu den antiquarischen Briefen) kannten das Ding nicht was wir Höflichkeit nennen. Ihre Urbanität war von ihr eben so weit als von der Grobheit entfernt. —• Doch es sei dass jene gothische Höflichkeit eine unentbehrliche Tugend des heutigen Umganges ist. Soll sie darum unsere Schriften eben so schaal und fnlsch machen als unsern Umgang?" „Anständigkeit (sagt er in seinem Antigöze 11), guter Ton und Lebensart: elende Tugenden unsers weibischen Zeitalters! Firniss seid ihr und nichts weiter. Aber eben so gut Firniss des Lasters als Firniss der Tugend. Was frage ich darnach ob meine Darstellungen diesen Firniss haben oder nicht? Er kann ihre Wirkung nicht vermehren; und ich will nicht dass man für mein Gemälde das wahre Licht erst lange suchen soll.1' Derbheit ist oft Pflicht gegen die Wahrheit. Göthc, selbst der liofmünnische Götlie, „sprach es laut aus dass wer das Hecht auf seiner Seite habe, derb auftreten müsse und das bescheidenes Recht gar nichts heissen wolle." (Ad. Stalir in Lessings Leben 2 S. 25). Unsere Höflichkeit, der nur zu gern Heimtücke und Perlidie sich zugesellt, ist eine Ausgeburt des Despotismus, der sie natürlich auf alle Weise zu erhalten bemüht ist. (So strich nur einst 97 ist der Eigenliebe, dem Sclbstdiinkel so unbehaglich! Er ist den erschlichenen Namen so gefahrlich'). „Aber die Wahrheit, sagt man, gewinnt dabei so selten. — So selten? Es sei, dass noch durch keinen Streit die Wahrheit ausgemacht worden: so hat dennoch die Wahrheit bei jedem Streite gewonnen. Der Streit hat den Geist der Prüfung genährt, hat Vorartheil und Ansehn in einer beständigen Erschütterung erhalten; kurz hat die geschminkte Unwahrheit verhindert, sich an der Stelle der Wahrheit festzusetzen." „Auch kann ich nicht der Meinung seiu, dass wenigstens das Streiten nur für die wichtigem Wahrheiten gehöre. Die Wichtigkeit ist ein relativer Begriff, und was in einem Betracht sehr unwichtig ist kann in einem andern sehr wichtig werden. Als Beschaffenheit unserer Erkenntniss ist dazu eine Wahrheit so wichtig als die andere: und wer in dem allergeringsten Dinge für Wahrheit und Unwahrheit gleichgültig ist, wird mich nimmermehr überreden, dass er die Wahrheit bloss der Wahrheit wegen liebt." ein Censor in einer Sammlung von Sentenzen Lessings, Göthes etc. alle die in denen das Wort Schurke oder Spitzbube vorkam. Eine neue Art die Menschheit tugendhaft zu macheu.) Weil bei uns die Striemen der Untertänigkeit noch nicht vernarbt sind, nehmen immer noch Viele Anstoss an Allem was ihnen unhöflich scheint. Je freier aber ein Volk ist desto derber, ja gröber ist seine Sprechweise. So war es nicht bloss bei den alten Griechen und Römern, so ist es noch jetzt bei den Engländern und Amerikanern; ja selbst die feinen Franzosen sind sehr freigebig mit ihrem mensonge, fou, coquin, fripon, fourbe etc., wo unsre Höflichen nur von Irrthum, incorrectem Verfahren etc. sprechen. Doch sind auch unter uns Männer wie Luther, Friedrich der Gr. und Blücher sehr derb und offenherzig gewesen. Mit welcher Frechheit aber die Höflichen, nach allen Seiten hin Freundlichen, Jeden Anlächelnden und Anwedelnden, hinter den Coulissen spielend, um desto erfolgreicher ihren Interessen nachzujagen, heimtückisch und hinterrückisch jede zweckdienliche Lüge, jede Verläumdung, wo möglich unter dem Deckmantel der Anonymität, zu verbreiten oder verbreiten zu lassen sich nicht scheuen, hal>' ich an einem Individuum erfahren das vor fünfzehn Jahren lebhaft in Demokratie machte so lange dies Geschäft Vortheile in Aussicht stellte. Solche Gesellen, wenn sie sich mit moralischer Giftmischerei beschäftigen, glauben sich hinreichend gedeckt, wenn sie nur ihre Hand oder ihren Namen verhüllen. Ihnen gilt Lessings Wort (Antiqu. Br. 56): Der Wirth, der in seiner Kneipschenke wissentlich morden lässt, ist kein Haar besser als der Mörder."] — ') Ueber das hier etwas auffallende Abbrechen verwundert man sich im ersten Augenblick, um im zweiten die Feinheit des Schritstellcrs zu bewundern. Denn offenbar deutet er an dass unter den Nichtschriftstellern Manche aus Sympathie nur desshalb Feinde der Polemik seien, weil sie in dem Angegriffenen einen Mann erkennten der das Schicksal habe was sie verdienten, das grausame Schicksal erschlichenes Verdienst entlarvt zu sehen. Aus einem ähnlichen Grunde sind solche Menschen unbedingte Verehrer der ausgedehntesten Censurfreiheit [ich meinte Censurfrechheit], 98 2. Ein prophetisches Wort. Durch amtliche Geschäfte veranlasst hatte ich Jahre lang meine Zeit grösstenteils der Beschäftigung mit dem Lateinischen gewidmet und nur wenige vereinzelte Stunden konnte ich dem Griechischen zuwenden; die litterä-rischen Erscheinungen auf diesem Gebiete zu verfolgen war mir nicht vergönnt. Erst seit ich mich bewogen fand meine amtliche Stellung aufzugeben, erwachte die alte Neigung wieder und so weit ich es vermochte suchte ich mich aufs Neue in der mir früher lieb gewordenen Sphäre heimisch zu machen. Auch die den Thukydides betreffenden Werke nahmen meine Aufmerksamkeit in Anspruch, vor allen die Bearbeitungen der Herren Poppo und Göller, dessen zweite Ausgabe gegen die erste gehalten nicht sowohl eine vermehrte und verbesserte ist, wie der Titel sie ankündigt, als vielmehr eine völlig umgearbeitete. Eine gänzliche Umgestaltung hat auch die Biographie des Thukydides erfuhren, mit veranlasst durch meine Untersuchungen über das Leben des Geschichtschreibers, aus denen der Verfasser viele und lange Stellen theils beistimmend, theils widerlegend übertragen, über Manches auch bloss die von mir gewonnenen Ergebnisse mitgetheilt hat. H. Güller selbst erklärt; er habe bei dieser Biographie die Angabe der Pamphile und die Gewähr des äusserst sorgfältigen (diligeutissimi) Pausanias einer nicht unversehrten (non integri) Stelle des Marcellinus vorgezogen und sei desshalb nicht bloss in Nebenpuncten, sondern gerade in der Hauptsache, dem Geburtsjahre und der Todeszeit des Schriftstellers, wie in den davon abhängigen Bestimmungen, von mir abgewichen. „Sorgfältige Forschung, auch wenn sie selbst das Wahre nicht ermittelt, kann wenigstens dem glücklicheren Nachfolger förderlich sein. Und wer es redlich mit der Wahrheit meint dem wird es schon genügen zu ihrer Entdeckung nur mitgewirkt zu haben." So sprach ich in der Einleitung zu der erwähnten Schrift, wie es scheint, prophetisch. Denn schon vier Jahre später sähe ich erfüllt worauf ich gefasst zu sein andeutete: der glüchliehere Nachfolger wäre gefunden; mir bliebe nur übrig meine Abhandlung, über die ich zum Glück noch Herr bin, zu vernichten, um Iln. Göllers Ergebnissen ungestörte Anerkennung zu gewähren. Doch der Anerkennung muss Prüfung vorhergehen: aber wer möchtc sich ihr unterziehen? Bequemer ist es in beliebter und herkömmlicher Weise den Widerspruch als Widerlegung hinzunehmen. Dazu würde man sich um so mehr berechtigt glauben wenn ich selber schwiege. Denn Schweigen, besonders eines Solchen der nicht träge ist zu sprechen wo er es für angemessen erachtet, deutet man als Eingcständniss des Unrechtes. Will ich diesen Schein vermeiden, so sehe ich mich genüthigt meine Ansichten, so weit ich kann, selbst zu vertreten. Nicht meine Schuld ist es dabei, wenn Gelegenheiten vorkommen wo die Vertheidigung zum Angriffe überspielt. Wer angreift wahre sich dass er selbst dem Angriffe keine Blossen gebe. 3. Männer- oder Frauenwort'? Ueber das Geburtsjahr des Thukydides giebt es zwei bestimmte Zeugnisse, das eine der Pamphile beim Gellius, das andere des Marcellintis. Beide sind unvereinbar; mithin ist im glücklichsten Falle nur eins wahr. Um zur Entscheidung darüber zu gelangen, war vor nllen Dingen zu erörtern welcher von beiden Zeugen der bessere sei. [In dem schon oben S. 6 ff. erörterten Zeugnisse der] Panlphile, deren Ansicht nns nicht einmal unmittelbar überliefert ist, „erregt schon, trotz der sonstigen Bestimmtheit der Angabe, das unsichere videtur einiges Misstrauen. Denn wer ein feststehendes Zeugniss giebt wird es mit keinem Scheint einführen. Dieses setzt nur Wahrscheinlichkeit oder höchstens Berechnung voraus; und auch Berechnung kann trügen. Zu grosser Vorsicht gegen die Angabe wie sie da steh* gemahnt auf jeden Fall die Bemerkung dass die in demselben Satze mitge-theilte Nachricht über das Geburtsjahr des Hellanikos höchst wahrscheinlich falsch ist. Denn nach ihr wäre die Geburt dieses Gescliichtschreibers v. Ch. 496 anzusetzen, während er nach einem keinesweges verwerflichen Zeugnisse am Tage der Schlacht bei Salamis geboren wurde; eine Angabe die, um Anderes hier nicht zu erwähnen, der Name selbst bestätigt. Wer aber wird galant genug sein einer Dame die er eben auf einer Unwahrheit ertappt hat bei einer andern Nachricht, die sie in demselben Athem ausspricht, ohne Weiteres zu glauben, gegen ein widersprechendes Zeugniss zu glauben? Ucberall darauf bedacht den bezüglichen Werth der Quellen zu ermitteln habe ich diese Gründe bei dem für meine Untersuchung nicht unerheblichen Gegenstande ausführlich erörtert und geltend gemacht. Um das Ergebniss meiner Erörterung zu vernichten, mussten diese Gründe entkräftet werden. Wie nun, wird man fragen, hat II. G. sie widerlegt? Das Widerlegen ist unbequem; das wissen manche Behörden, die auf die einfachste Weise mit einem: „wir finden uns nicht veranlasst darauf einzugehen," das Ungelegene abthun. Aehnlich II. G.; meine Gründe beseitigt er durch Stillschweigen und insinuirt nur beiläufig in einer Anmerkung dass alle diese Gründe in einer unbegreiflichen Gedankenlosigkeit ihre Quelle hätten. Denn bei meinen Zweifeln gegen die Zuverlässigkeit der Pamphile hätte ich nicht bedacht dass auch ein wissenschaftlich ungebildeter Mensch, dem jedoch jetzt verloren gegangene Bücher zu Gebote gestanden, das Geburtsjahr eines Schriftstellers richtig habe überliefern können. Ich erstaune. Das hätte ich nicht bedacht? nicht bedacht was jeder Tertianer bedenken würde? H. G. lese nochmals S. fi ff. Anm. 8 meiner Schrift, um sich zu überzeugen wie wohl ich es bedacht habe. Aber was konnte ich dadurch für die Sache gewinnen? Möglich ist es dass die Pamphile, der ich übrigens Bildung nicht abgesprochen habe, gute Quellen vor sich hatte und die Berichte derselben getreu wieder gab; allein was berechtigt die Möglichkeit als Wirklichkeit vorauszusetzen? Etwa 100 dies dass ihre Angabe über das Geburtsjahr des Hellanikos aller Wahrscheinlichkeit nach falsch ist? Aber wenn sie auch in diesem Puncte unzuverlässig ist, so konnte doch wohl ihre Angabe über Thukydides richtig sein? Allein hier steht ihr ja nicht minder das Zeugniss des Marcellinus entgegen; und wer wird nicht lieber einem Manne trauen dessen eigentliche Aufgabe es war Nachrichten über das Loben des Geschiehtschreibers zu sammeln als einer Dame dio nur gelegentlich eine Angabe darüber mittheilt? Ja selbst durch ihre Unbestimmtheit („über fünfzig Jahre") erhält die Nachricht des Marcellinus einige Wahrscheinlichkeit, da Thukydides geraume Zeit ziemlich unbekannt blieb und mnn sieh vermuthlich erst da tun sein Leben bekümmerte als sein Geburtsjahr genau zu ermitteln kaum noch möglich war. So urtheilte und urtheile ich noch über die beiden Hauptzeugnisse, und meine Schätzung derselben, dächte ich, wäre hinlänglich erwogen und begründet, um etwas mehr als eine blosse Abweisung zu fordern, wenn eine Widerlegung meiner Ansicht erzielt werden sollte. Doch vielleicht ersetzt H. G. das was er hier zu wenig gethan dadurch dass er entscheidende Momente für seine Meinung geltend macht. Wir wollen ihn Schritt für Schritt begleiten. 4. Richtigkeiten. Zunächst führt Ii. G. eine Anzahl unbestimmter Zeugnisse an und bemerkt dass sie mit der Pamphile übereinstimmten; weniger unter einander harmonirten, wenn man mit mir(d. h. nach dem Marcellinus) annähme dass Thukydides beim Anfange des Peloponncsisehen Krieges ungefähr fünf und zwanzig Jahre alt gewesen. Sonderbar! Alle diese Zeugnisse habe ich gekannt, habe gezeigt, dass sie für eine genauere Berechnung keine Ausbeute liefern und soll jetzt auf Hn. G'.s blosse Versicherung dass sie mit der Angabe der Pamphile übereinstimmten nochmals über sie sprechen. Doch es sei; Hn. G'.s Schuld ist es, wenn ich zum Theil früher Gesagtes wiederholen muss. Zuerst werden Eusebios und Suidas erwähnt, welche die Bliithe (<**/«»/) des Thukydides in Ol. 87 setzen. Wie unbedeutend diese Zeugen seien weiss Jeder; und dass sie gerade die erwähnte Olympiade ansetzten hat offenbar seinen Grund darin dass der Anfang des Peloponncsischen Krieges in dieselbe fiel. Demnächst beruft sich H. G. auf Ciceros Worte: Thucydidcs paulo aetatc posterior quam Thcmistocles. Wie wenig aus einer solchen Angabe etwas Bestimmteres zu entnehmen sei habe ich aus einer auffallenden Angabe desselben Schriftstellers erwiesen: Themistoclcs aliquot an-nis ante (quam Epaminondas). Sodann, meint H. G., spreche für seine Ansicht Aphthonios: tu? dt (&ov- x utf/dffc) l! i üvd(iat; ä r(, l x er o tQijxn xaiqbv tlq iniie^iv wv xa/.w; 7iqoi\-nxtfiaro. xal za/i: TTatiiayir fj zvy.r\ Tor nbhfior x. r. ).. Kaum traut man .seinen Augen! Wie? gelangt man denn in Köln erst mit oder gar nach dem 101 vierzigsten Jahre ins Mannesalter? Weiss H. G. so wenig wann in Athen v <)'t u/mtiv Innlmv vtitq tov; fjfjxorra, neunt Je e; tov; TQtaxovxa. Und was spräche denn sonst für die vorgeschlagene Verbesserung? Nicht ■einmal die Aehnliehkeit der Zahlzeichen. Freilich eine nothdürftige Ueber-einstimmung mit der Pamphile würde dadurch gewonnen; aber wenn man [') Ein Recensent meiner Schrift Ueber das Leben des Thuk. nimmt an dass vueg xcc 7iertiy*oviotaavxa, um an die Thukydidcischc Pentekontaetic zu erinnern. Damit ist der Mann vollständig charakterisirt» Dass ich die anderweitigen Ausstellungen und Einfälle eines sollchen Kritikers nicht weiter berücksichtigt habe, wird man mir nicht verargen.] 104 ein solches Ergebniss nicht auf oine leichte, ansprechende Weise erreichen kann, so wird eine besonnene Kritik ohne Anstand Verschiedenheit der Nachrichten anerkennen und aus Gründen zu ermitteln versuchen welche wohl die glaubwürdigere sei. 7. Palinodie. Auf solche Weise habe ich den Gegenstand behandelt und wahrlich Hn. G.s Einwendungen können mich nicht veranlassen auch nur ein Jota in meiner Erörterung zu ändern. Und doch kann Niemand geneigter sein als ich eine Palinodie anzustimmen, einzugestehen dass ich der guten Dame Pamphile Unrecht gethan, dass sie gar nicht oder doch weniger als es scheint geirrt habe, wenn sich nur irgend etwas fände das meinem guten Willen die Berechtigung gäbe. Doch müssten es wenigstens Wahrscheinlichkeiten sein: denn ein blosses gehaltloses Meinen mir gefallen zu lassen und darauf einem Andern beizustimmen vermag ich nun einmal nicht, selbst nicht einer Dame zu Liebe. Indess eine Möglichkeit die Pamphilo zu rechtfertigen und die irrige Angabe einem Manne aufzubürden wäre wohl vorhanden; aber — doch man höre. Wenn gleich Thukydides den von ihm beschriebenen Kampf der Athener und Peloponnesier als einen Krieg umfasst unu diese Einheit nachzuweisen versucht hat, so dauerte es doch sehr lange ehe diese Ansicht und der Name Peloponnesischer Krieg durchdrang. Piaton spricht von zwei Kriegen, welche die Redner unter den Namen des Archidamischen und Dekelisclien erwähnen. Auch später verschollen diese Namen nicht; aber der letztere wurde öfter gemissdeutet und nur als eine andere Bezeichnung des Pelopon-nesischen Krieges betrachtet. Unstreitig eine ungebührliche Ausdehnung; nur so viel ist nicht unwahrscheinlich dass man zuweilen auch den Sikelischen Krieg unter dem Namen des Dekelisclien mitbefasst habe. Nehmen wir an dass die Pamphile dies gethan und statt des Peloponnesischen Krieges den Dekelischcn genannt habe, so sind ihre Angaben über das Geburtsjahr des Thukydides wie des Hellanikos gcrechtfertfgt. Denn danach ist der letztere, im Jahre 415 v. Ch. l'iinf und sechzig Jahre alt, 480 geboren, also in demselben Jahre welches die Biographie des Euripides angiebt; und Thukydides, im J. 415 vierzig Jahre alt, wäre — ein überraschendes Zusammentreffen mit meiner Berechnung — Ol. 81, 1, v. Ch. 455 oder 45g geboren. Dass Gellius, ein Schriftsteller der selbst auf eine acris atque suhtilis cura in der Chronologie verzichtet, für den wenig bekannten Namen Dekelischer Krieg den Pelopomiesischcn genannt könnte nicht auffallen, da mehrere Grammatiker, unter ihnen Harpokration, jenen Namen durch diesen erklären und es sehr möglieh ist dass eine solche Missdeutung schon im Zeitalter des Gellius vorgekommen. Also e r trüge die Schuld, die Dame wäre gerechtfertigt. An einer solchen Combination mag man sich einen Augenblick, sie für 105 Bicher haltend, erfreuen, um sie im zweiten wenigstens als zweifelhaft zu erkennen. Nach derselben Stelle nämlich war Ilerodotos beim Anfange des Peloponnesischen Krieges drei und fünfzig Jahre alt. Sein Alter aber dieser Zahl gemäss gleichfalls von 415 v. Cli. an zu berechnen und somit seine Geburt in d. J. 468 v. Ch. zu setzen widerspricht nicht nur manchen That-sachcn, sondern auch dem Zeugnisse des Dionysios, nach welchem dieser Geschichtschreiber vor dem (zweiten) Perserkriege geboren war. So hätten wir also doch im glücklichsten Falle nur zwei Angaben der Pamphile gerettet, um eine dritte, nach der gewöhnlichen Deutung der bezüglichen Stelle nicht zweifelhafte, als unsicher zu erkennen. Ein lrrtlium für zwei wäre freilich ein Vortheil; doch auch des einen möchte man gern entübrigt sein. Allein lüer weiss ich nicht anders zu helfen als durch die Annahme dass in der erwähnten Stelle Nachrichten aus verschiedenen Quellen zusammengeflossen seien, von denen eine die Angabe enthielt oder veranlasste dass Ilerodotos zu Anfange des Peloponnesischen Krieges drei und fünfzig Jahre alt war; die andere die dass zu Anfange des Dekelischen Hellanikos fünf und sechzig, Thukydides vierzig Jahre alt gewesen. Solche Nachrichten konnten möglicher Weise wohl auf die Art wie wir sie beim Gellius linden zusammengemischt werden. Dies anzunehmen bleibt freilich immer gewagt; allein was thut man nicht einer Dame zu Liebe? 8. 'HhxCa. Um meine Berechnung über das Geburtsjahr des Thukydides zu bestätigen, erörterte ich schon in einer Anmerknug zu den historiographischen Schriften des Dionysios die Stelle des Thukydides 5, 26, 5: intßimv ihxla genannt zu werden? Kommt diess Wort allein der Jugend oder dem männlichen Alter zu, oder bezeichnet es ein jedes, irgend etwas zu bewerkstelligen angemessenes Alter?" Was meint II. G. ? Nur ein zu etwas taugliches Alter, glaubt er, könne fjUxia genannt werden? Und ich hätte das bei meiner Erörterung abgeläugnet? Ich gewähre viel mehr als H. G. verlangt: auch dem ältesten, zu nichts mehr tauglichen Greise leg' ich eine ijXixia bei; aber was folgt daraus gegen meine Beweisführung? Oder hat H. G. dieselbe gar nicht verstanden? Fast muss ich dies annehmen; und doch glaube ich mich klar genug ausgedrückt zu haben. Wenn Cajus versichert, seinem Alter nach könne er dies oder jenes gar wohl leisten, so will er doch wohl damit nichts Anderes sagen als dass er nach dem gewöhnlichen Laufe der Natur für die Leistung nicht zu bejahrt sei. Nun aber, mein' ich, zu einem Geschäfte das einen bedeutenden Grad von Geistesanstrengung erfordert sind die meisten Menschen nur etwa bis zum sechzigsten Jahre fähig; manche freilich auch bis zum siebzigsten und selbst länger; aber diese besitzen eine solche Fähigkeit doch nicht vermöge, sondern vielmehr ungeachtet ihres Alters; und wenn ein fast siebzigjähriger Mann uns etwa sagte, er sei vermöge seines Alte rs noch sehr angestrengter Geistesthätigkeit fähig, was anders würden wir glauben als dass er uns über sein Alter täuschen wolle? Und so würde auch Thukydides, wenn er, gegen das Ende des Pcloponncsischen Krieges bereits sieben und sechzig Jahre alt, mit Beziehung auf diese Zeit ala&a-vnfttvoq tij ijXixia gesagt hätte, einen Ausdruck gewählt haben der notwendig über sein Alter irre führen müsste. Darum war und bin ich der Meinung dass diese Stelle gegen die dem Gellius entnommene Bestimmung spreche, dagegen die aus dem Marcellinus hergeleitete bestätige. Aber so schlecht fluch H. G. mich widerlegt haben mag, vielleicht giebt er selbst eine beachtungswerthe, auf etwas Anderes führende Erklärung. „Mir, sagt er, scheint der Sinn der Worte alit&avöfitvrn; t,ij 'jhxia derselbe zu sein als wenn Thukydides geschrieben hätte: ala&avnytvoq xy äQiO-fiiii iviavxü)v 107 tu ala&iiveirO'ai äurautvoi. Wahrlich ein Griechisch das eben so schön als logisch ist. Man denke: „beobachtend durch die Zahl von Jahren welche (Zahl) noch beobachten konnte." Penn den Ausdruck „beobachtend durch" wähl' ich hier nach Hn. G.s Vorgange S. 11. Was aber damit eigentlich gesagt werden solle, in wie fern diese Erklärung eine von der gewöhnlichen abweichende sei, das festzustellen überlasse ich geschickteren Exegeten. 9. Kritik des Glaubens und sinngetreue Uebersetzung. Für meine Ansicht über das Geburtsjahr des Thukydides hatte ich noch die Ucberlieferung von der Vorlesung des Herodotos angeführt, die mit der andern Bestimmung unvereinbar ist. Dagegen bemerkt H. G. S. 49 f.: „Wenn nur auch das Uebrige was wir von dem Leben des Thukydides wissen übereinstimmte." Welche Nachlässigkeit oder welche, schriftstellerische Gewissenlosigkeit von mir, der ich erkläre nach meiner, auf Zeugnisse gegründeten Berechnung habe Thukydides in einem Alter von zehn bis zwölf Jahren den Herodotos gehört und hiemit sei jede Schwierigkeit beseitigt. Und jetzt kann H. G. auftreten und versichern es gebe Puncte im Leben des Thukydides die mit meiner Berechnung nicht vereinbar seien. H. G. ist ein elirenwerther Mann, gewiss er wird die starke Beschuldigung welche er damit gegen mich ausspricht erwiesen haben. Gespannt auf die zu erwartenden Einwendungen les' ich und lese wieder, um aus der für mich unklar geordneten Darstellung die von mir übersehenen oder vertuschten Schwierigkeiten die meiner Berechnung entgegentreten herauszufinden. Aber ich finde nur einige Gegenbemerkungen die nichts weniger als geeignet sind die erwähnte Beschuldigung zu beweisen. Doch wir müssen Hn. G.s Einwendungen schon hören und prüfen. Gegen meine für den zu beweisenden Vorwurf gleichgültige Annahme dass die Vorlesung des Herodotos zu Olympia in Ol. 84, 1 zu setzen sei, erinnert H. G.: „dieser Vermuthung trete gleich die Schwierigkeit entgegen dass die Alten meldeten Herodotos habe erst zu Thurioi, mithin nach Ol. 84, 1 sein Werk abgefasst; und da die zu Athen erfolgte Vorlesung früher falle als die Olympische, so hätten wir zwei Vorlesungen ohne das vorzulesende Werk." Also die Alten meldeten das? Gewiss weiss uns H. G. mehrere oder doch wenigstens einige gute Zeugen dafür nachzuweisen. Nichts weniger. H. G. selbst sagt auf derselben Seite in einer Anmerkung dass Herodotos sein Werk nach Lukianos in seiner Vaterstadt, nach Suidas zu Samos geschrieben habe. Also jene Alten sind nicht mehr und nicht weniger als einer gegen zwei anders berichtende, der natürlich auch von mir angeführte Plinius. Und was finden wir bei diesem? Folgende beiläufige Angabe 12, 4: tanta tbori auetoritas erat urbis nostrae treceutesimo deeimo anno: eunc cuim auetor ille (Herodotus) historiam eam condiditThu- 108 riis in Italia. Glaubt aber H. G. wirklich, l'linius wolle genau das .Tahr angeben in dem Herodotos sein Werk ausgearbeitet? Eher, denk' ich, wird Jedem einleuchten was ich S. 23 A. 1 andeute, dass Plinius das erwähnte Jahr nur genannt habe weil Herodotos in demselben nach Thurioi auswanderte. Dass Jemand dies anders verstehen werde ist vermuthlieh dem Schriftsteller eben so wenig eingefallen als es wahrscheinlich ist dass er eine Ue-berlicfcrung vor sich gehabt die gerade das Jahr der Abfassung des Werkes angegeben. Aber dennoch werde ich Vorlesungen angenommen haben ohne die Möglichkeit dass schon etwas Vorzulesendes da gewesen. Die Sache wäre spasshaft genug. Wer mir so etwas zutraut lese meine Abhandlung S. 28 f., aus der übrigens auch H. G. meine Meinung anführt. Nach diesen Erinnerungen möchte man erwarten dass H. G. die von mir vertheidigten Vorlesungen verwerfe; und in der That führt er S. 41 ff. mehrere von andern gegen dieselben erhobenen Schwierigkeiten an. Dann aber fahrt er fort: Ex iis quae adhuc dicta sunt patet non posse negari praelectiones ab Hcrodoto habitas esse. Ich traue meinen Augen, traue meinem Verstände nicht; ich lese wieder, aber ich kann nichts linden als dass H. G., nachdem er eine Anzahl von Gründen gegen die Olympische Vorlesung angeführt, beiläufig nur eine unerhebliche Gegenbemerkung einschaltend, seinen Lesern zumuthet, sie sollen als wahr oder wahrscheinlich annehmen was sie eben bestritten gelesen haben. Dagegen hat H. G. erkannt dass die Angabe von einer Vorlesung des Herodotos bei der Thukydides als Knabe zugegen gewesen mit seiner Chronologie nicht füglich zu vereinbaren sei. Da er diese aber doch nicht aufgeben kann, so beseitigt er die Schwierigkeit auf die einfachste Weise mit einem credo. H. G. glaubt dass die Anwesenheit des Thukydides bei jener Vorlesung eine Erdichtung sei; und da der Glaube eine Sache ist der sieh mit Gründen nicht beikommen liisst, so könnte es zu nichts führen, wenn ich die meinigen wiederholte und selbst verschärfte. Uebrigens aber dürfte es uns jetzt erlaubt sein Hn. G.s oben erwähnten Wunsch: utinam etiam re-liqua quae de Tliucydidis vita novimus conveniant, in ehrliches Deutsch so zu übersetzen: Schade nur dass ein Punct da ist der zwar mit Krügers Chronologie sehr wohl übereinstimmt, dagegen mit der des Hn. Prof. Göller schlechterdings unvereinbar ist. 10. Nachtrag. Bei dieser Gelegenheit will ich zu den Angaben über die Olympische Vorlesung nachträglich noch ein Zeugniss liefern das ich früher gelesen aber bei der Ausarbeitung meiner Schrift vergessen hatte. In der Bibl. Coisl. p. 609 lindet sieh nämlich folgende hieher gehörige Stelle: tiq iltv 'Hqnäorov oxiuv. im [<7>v fi!/ itXeaioiiqyobvcMV « 7I(ioilXovio. qairl y:tq 'HqoSotov tov Xoyoyqaifnv 'OXvfiniaat öei'iai ßovXijSivta i>tv faviaü laioqiav uvaßdXXert&ai 109 ij/i{quv ii iiy.tQiis, ffdiixoi'ta, axtäq et imXaßoixo, iv ™ xe/iirei zov 'Ol.v/t~ Tliov Atifciv xrjv taxoqiav, 1 de ZÜTZuqov hjQtlv voulC(i) Xiyovtu roihov iv (rJqctxf; Teie/.twrjxevutJ xuv a).rj-öeiieiv i 'oftltyl IvqäziTznoq ai'tov. Aber wie stimmt denn diese Angabe mit § 32, wo gesagt wird dass Didymos aus Zopyros berichtet hatte: iv 'A&ij-vutq anu ztjq t[>vy~lq iX&ovzu ßtulti) Oavctt'j) tpyaiv aTzo&avetv? Ein blosser Irrthum des Marcellinns; Marcellinus verstand kein Griechisch: er las beim Didymos otrtb tpvyrfi ohne ü&ovza und deutete das falsch; Didymos meinte: nachdem sein Vcrbannungsurthei 1 aufgehoben, nachdem ihm die Erlaubniss zur Rückkehr gegeben war. Wenn es aber auch möglich wäre dass Didymos diesen Gedanken so seltsam durch ützo tpvyiiq urziO-avev ausgedrückt hätte, was sagt denn II. G. zu den folgenden die Fortsetzung der Nachricht des Didymos enthaltenden Worten: ijxovcu ovv ahzov üizo&avetv ßtet' xat ze&fjrat iv zotq Kifintvuoiq u y I'id-tnt' xat xacctytyvwaxeiv siß/j&eiav icft] züv voftttovzüir ahzov ixvoq ttev zetO.suzijxivai, tTzl y/)q df rijq Azztxrfi xt&atp&ui. Ist es nach diesen auch nur möglieh dass Didymos angenommen, Thukydides sei in Thrake gestorben? Da nun aber Didymos seine Angabe aus dem Zopyros geschöpft hatte, so steckt unstreitig ein Felder in den Worten § 33: iyot Zo'mvoov hjytiv voturty>> kiyovza zoTicav iv Qpcixij ztzelsv-xrjxivott, xuv af.tj&ti'civ vo/tity] ICfjuttTZTZoq autöv. Ganz vernünftig hält II. Poppo iv Qqczxij für eine Verfälschung und schlägt iv 'Acztxlj vor. Nicht so H. G. Da er sich einmal eingeredet hat dass Zopyros und Didymos beberichtet hätten, Thukydides sei in Thrake gestorben, so erklärt er das iv für richtig, dagegen den Namen Zopyros an dieser Stelle für falsch. 112 So beseitigt er eine vernünftige Vcrmuthung durch eine eigene die Jedem der von sinngemässer Wortstellung einen Bcgrifl' hat sofort als unzulässig erscheinen muss. Denn wäre hier ein im Vorgehenden nicht erwähnter Schriftsteller genannt, angenommen Asklepiades, so könnte nicht iyiii, es müsstc dieser Name voran stehen. 14. Wann wurde Thukydides der Sohn des Melesias verbannt? Nicht recht begreiflich ist es mir in welchem Sinne II. G. S. 26 gegen mich einwendet: „Ein Kenotaphion des Thukydides in Italien anzunehmen verbieten die Worte des Marcellinus, nach welchem Timacos erzählt hatte: aviäv iv 'ItcO.ici xtlafrai." Was soll dies gegen meine Vermutliung dass die Thuricr ein Grabmal des Thukydides erdichtet hätten und daraus vielleicht die Nachricht des Timaeos dass Thukydides wirklieh in Italien begraben worden entstanden sei? Indess die letztere Annahme genügte mir selbst kei-nesweges und daher stellte ich, um einen Gcschichtschreiber wie Timaeos eines solchen Irrthumes nicht beschuldigen zu dürfen, die Vermuthung auf dass Timaeos von einem andern Thukydides gesprochen, etwa von dem Sohne des Melesias, der wahrscheinlich in der Verbannung gestorben sei. „Allein, entgegnet II. G., Thukydides der Sohn des Melesias starb nicht in der Verbannung, sondern scheint bald nach derselben heimgekehrt und in dem Kriege der Athener gegen die Samier Feldherr gewesen zu sein." Darüber werden wir auf Wachsmuths Hell. Alterthumskunde 1 , 2. S. 63 und Od. Müller Vita Phidiae p. 32 verwiesen. Diese Anführungen sind nicht viel anders als wenn uns Jemand den wir über den Weg von Deutz nach Köln befragten versicherte die Angabe darüber könnten wir in Koblenz und Bonn erhalten. Warum sclückt uns II. G. nicht gleich vor die rechte Schmiede, die jene beiden Herren uns angeben und die um so Vieles näher liegt als deren Werke, nämlich zu Thtic. 1, 117? Oder müssen wir erst von Hn. Wachs-mutli oder Hn. Müller lernen dass Thukydides, wenn er, Ol. 84, 1 durch Ostrakismos verbannt, doch schon Ol. 84, 4 wieder als Athenischer Feldherr erwähnt wird, „wahrscheinlich" vor Ol. 84, 4 zurückberufen sein musste? Wer wirklich darüber erst zu belehren ist wäre denn doch an Dodwell Annales Thuc. zu verweisen gewesen. Denn dieser weist unter andern auch die Stelle nach aus der die Bestimmung dass Thukydides Ol. 84, 1 verbannt worden entnommen ist. Sie findet sich bei Plutarchos im Perikles K. 16, bietet aber sowohl in Ansehung der Worte als des Inhaltes grosse Schwierigkeiten. In ersterer Hinsicht habe ich sie in der Zeitschrift für Alterthums-kunde Nov. 1836 Nr. 137 p. 1098 behandelt. Wenn aber auch die dort vorgeschlagene oder eine ähnliche Verbesserung angenommen wird, so bleibt immer doch die Schwierigkeit welche die Nachricht selbst bietet. Denn wie? Thukydides durch Ostrakismos verbannt erscheint nach drei Jahren selion wieder als Feldherr? Was konnte die Abkürzung der zehnjährigen Verbau- 113 nung herbeiführen? Ist es denkbar dass der vorsichtige Perikles, nachdem er eben erst um politisches Sein oder Nichtsein mit dem gefährlichen Gegner gekämpft, ihm so bald die Heimkehr gewährt habe? Nur ein so dringender Anlass wie etwa der welcher die Zurückberufung des Kimon herbeiführte könnte eine Abkürzung der Verbannung des Thukydides erklärlich machen; wo aber lässt ein solcher sich hier aus den Verhältnissen nachweisen ? AVer dies gebührend erwägt könnte sich leicht versucht finden unter dem Thukydides der als Feldherr im Samisclien Kriege genannt wird zwar nicht den Geschichtschreiber, aber doch einen andern als den Sohn des Melesias zu verstehen, da in der Tliat die Gewähr auf welche man diesen bezeichnet glaubt eine äusserst dürftige ist. Indess ist es immer ein Zeugniss was dazu veranlasst und es ist weniger Grund dies zu bezweifeln als die Zeitbestimmung des Plutarchos, bekanntlich in der Chronologie eines sehr unzuverlässigen Führers, in Anspruch zu nehmen. Dazu berechtigt eine höchst bedeutende Gewähr, die ich im Auge hatte als ich es aussprach dass Thukydides der Sohn des Melesias wahrscheinlich in der Verbannung gestorben sei. Aristo-phanes nämlich sagt in den Acharncra, die Ol. 88, 3 gegeben wurden, V. 702 ff. tw yetn tlxdi äväqa xvcfov fjXutov @0vxvdiä>]v 'EqoXiadai avfi7iXaxtvTa xij Sxv&ütv tortuiri Tidde tw JCrj^ctrodrj/tiio TW XäXiii fcwTjyopoi: aJlmr iyoj iitv 7i>.krtTct xäneftoQiaicriv idiiiv "AvSqa 7i(>taßvTi\v vn' aväghi toIotou xvxwfitvov, "0? f<ü tj/v Ji'ifir^Q' extiroq t/vix' t]v Qovxvöidrfi Old' av ainijv ti/v 'Ayaluv Qadiox; jjvia/eT1 av. Die Erklärungen welche man von dieser Stelle giebt sind meist höchst sonderbar. Am vernünftigsten noch das erste Scholion: 7iü>; äixaiov iari avdqu yeyqqaxora dvimoXixevaäfievov UeQixXei u7ioXti7ieG&ai dyq ihx^xi. xovxo yao dr/Xoi '/ Sxv&üv inqfiia. Wie man aber auch über einzelne Schwierigkeiten sich entscheiden mag, so viel ist wenigstens gewiss dass der Dichter das Schicksal des Thukydides bedauert; und auch darüber, denk' ich, darf kein Zweifel sein dass ri] JSxvO-Oiv rqij/iia eine hyperbolische Bezeichnung der Verbannung ist. Dies anzunehmen berechtigen ja wohl die Worte exetvo; ijvlx' >>v (-Jnvxväidr^. Diese Erklärung schien mir damals als ich die erwähnte Ansicht niederschrieb die natürlichste und sie scheint es mir eben so noch jetzt. Hoffentlich urtheiie ich nicht allein so; wenigstens sehe ich dass H. Sintenis zum Perikles p. 120 eine ähnliche Ansicht haben musste als er die Stelle anführend bemerkte: loquitur de Tliucydide a Cephisodcmo vexato et, quod dubitanter adjicio, in exsilium misso, quum senectute jam ineurvus esset. Den höchsten Grnd von Wahrscheinlichkeit würde die von mir ausgesprochene Vermuthung erhalten, wenn dio Nachricht des Sclioliasten zu den Wespen 941 gegründet wäre. Dieser nämlich berichtet nach dem Idomeneus mit Anfuhrung der eigenen Worte desselben dass Thukydides der Sohn des Melesias als Verräther des Vaterlandes für immer verbannt worden; wobei, 8 114 die Nachrieht des Plutarchos über Ostrakismos als richtig vorausgesetzt, die von dem Scholiasten erwähnte Verbannung als eine zweite, spätere zu denken wäre. Allein es ist auffallend dass so wenig von einer abermaligen Verbannung des Thukydides als von einer Verbannung für immer sich sonst irgendwo eine Spur findet, namentlich nicht beim Plutarchos, der doch über die Schicksale dieses Staatsmannes offenbar gute Nachrichten vor sich hatte; der auch den Idomeneus kannte (IC. 10) und doch wohl die erwähnte Nachricht desselben berücksichtigt,,. vielleicht widerlegt haben würde, wenn er sie vorgefunden hätte. Dies erwägend habe ich vermuthet (Hist. pliilolog. Studien S. 53) dass Idomeneus jene Nachricht vom Thcmistokles gemeldet und der Seholiast sie durch ein Versehen auf den Thukydides übertragen habe; und diese Vermuthung scheint mir auch jetzt noch die wahrscheinlichste. Wenn wir demnach annehmen dass Thukydides nur ein Mal, nur durch Ostrakismos verbannt worden und dass auf diesen auch die Stelle der Achar-ner zu beziehen sei, so konnten die zehn Jahre desselben zur Zeit der Aufführung dieses Stückes noch nicht abgelaufen sein. Mithin wäre diese Verbannimg nicht einige Jahre vor dem Samischen Kriege, sondern kurz vor dem Ausbruche des Peloponncsischeu erfolgt: eine Zeit in der wirklich zwischen Perikles und seinen Gegnern so starke Reibungen statt fanden dass ein Ent-scheidungskampf fast nothwendig daraus hervorgehen musste. Aber wie konnte Plutarchos eine so bedeutende Verwechselung der Zeiten verschulden? Vergehungen der Art sind bei diesem, mehr auf die Sache als aus die Zeitfolge bedachten Schriftsteller nichts Seltenes; und dass er im vorliegenden Falle sich wirklich stark verrechnet habe, davon liefert seine eigene Erzählung nicht zu verkennende Spuren. Nach Ivimons Tode Ol. 82, 4 landen die Aristokraten sich ohne Haupt} und da sie in der Vereinzelung ihre Ohnmacht erkannten, so wählten sie zu ihrem Führer den Thukydides. Dieser liess es sich angelegen sein die aristokratisch Gesinnten von dem Volke mehr und mehr auszuscheiden, die zerstreuten Kräfte zu sammeln und so eine Macht zu bilden die dem gewaltigen Einflüsse des Perikles das Gegengewicht halten könnte. Wer da weiss wie langsam solche Bestrebungen, zumal von dem argwöhnischen Auge eines mächtigen Gegners üherwacht und bei jedem Schritte gehemmt oder vereitelt, zur Reife gedeihen wird sich nicht überreden dass es kaum einer Olympiade Zeit bedurfte um dem Perikles eine Gegenpartei zu schaffen die stark genug war, um ihm das Ruder des Staates streitig zu machen. Ungleich natürlicher ist die Vermuthung dass es so vieler Zeit etwa bedurfte, um die Aristokraten nur zu einer Macht zu vereinigen die es wagen konnte mit dem gewaltigen Gegner einen Kampf einzuleiten. Wahrscheinlich also fällt in Ol. 84, 1 erst die eigentliche Erhebung des Thukydides und seiner Partei. Ihr entgegenzuwirken ergriff Perikles anfangs nur einige auf die Erhaltung der Volksgunst berechnete Mittel, deren Plutarchos mehrere erwähnt, unter andern die Aussendung von Colonisten nach dem Chersonncs, nach Naxos und Thurioi. Die beiden ersten Colonien sind hier ungehörig erwähnt, wenn / 115 sie, was sich freilich bezweifeln lässt, von Diodoros 11, 88 mit Recht in Ol. 81, 4 gesetzt sind; die letzte dagegen fällt gerade in Ol. 84, 1. Nirgends zeigt sich hier schon eine Spur von dem Entscheidüngskampfe zwischen den beiden Parteihäuptern. Erst viel später, nachdem die Geschichte der Bauten erzählt ist, wird uns gemeldet das Thukydides und seine Anhänger dem Pe-riklcs darüber den Vorwurf der Verschwendung gemacht und dass es endlieh (it'Ao;) zu dem Kampfe gekommen durch den Thukydides verbannt und die Partei desselben aufgelöst worden. Wohin anders ist anch nach dieser Darstellung das Ereigniss zu setzen als gegen den Anfang des Peloponnesischen Krieges? Und wie ist es danach denkbar dass zwischen der Verbannung des Thukydides und dem Tode des Perikles eine Reihe von fünfzehn Jahren verflossen sei? Der ganze Zeitraum von der Erhebung des ersteren gegen den letzteren kann ja höchstens einige Jahre mehr betragen. Hieraus ergiebt sich, scheint es, unabweislicli dass Plutarchos durch ein Versehen erzählt hat: Perikles verwaltete den Staat fünfzehn Jahre nach der Vertreibung des Thukydides, statt: fünfzehn Jahre seit der Erhebung des Thukydides bis zur Verbannung desselben. 15. Das Dlelitische und das heilige Thor. Koile. Gegen meine Ansicht über die Grabstätte des Thukydides bemerkt H. G. S. 27: „Marcellinns und der Auonvmos erwähnen dass diese Grabstätte in Koile gewesen, was ich nicht desshalb mit Krüger verwerfen möchte, weil es unwahrscheinlich sei dass die Grabstätte der Kimonischen Familie in einem fremden Gaue und nicht vielmehr im Gebiete des Demos Lakiadae gewesen. Denn wenn Jeder in seinem Gaue bestattet werden mnsste, warum wurde denn nicht anch Thukydides in Halimtis bestattet? Die Deinen waren nicht geschlossene und genau abgeschiedene Gemeinheiten; — und daher w:ar es nicht Gesetz dass Jeder sein Grabmal in seinem Gaue habe." Gesetz? Wo Sprech' ich denn von Gesetz? wo von Notwendigkeit oder Gewissheit? Wahrscheinlich aber ist es doch wohl dass eine Familie ihre Grabstätte gewöhnlich an ihrem angestammten Wohnorte hatte; wahrscheinlich insbesondere dass die Grabstätte des Kimon in seinem Gaue gewesen, dessen Genossen er schon im Leben so grosse Anhänglichkeit bewiesen hatte. Plut. Kim. 10. Cic. Off. 2, 18. Eben so begreiflich ist es, wenn Thukydides nicht in Halimus, sondern an der Grabstätte der Familie zu Lakiadae beigesetzt wurde. Diesem Grunde der Wahrscheinlichkeit habe ich eine Verdächtigung der Angaben des Marcellinus und des Anonvmos beigefügt, in welcher H. G. so glücklich ist den allein gültigen Grund zu erkennen. „Nur desshalb, sagt er, möchte ich die Angaben dieser Schriftsteller missbilligen, weil ein viel zuverlässigerer Zeuge berichtet: Kimon der Einfältige, Vater des zweiten Miltiades, sei bestattet Jifo ioö a~itoq niqrv T>;q Jiü KoiXrß xaXeofiiviji; ocJniV 5* 116 Posshalb also? Aber wie? wenn von „dem sogenannten Wege durch Ivoile" hier gerade der Theil bezeichnet wäre der zu Koile selbst gehörte, nicht die Fortsetzung durch den Gau Lakiadae? Pa dies an und für sich durchaus als möglich gelten muss, so bezeugt die Stelle dos Herodotos gegen die Angaben des Anonymos und dos Marcellinus nichts, schlechterdings nichts; und selbst Verdacht erregt sie nur unter der als Wahrscheinlichkeit begründeten Voraussetzung dass die Grabstätte der Kimonischen Familie in Lakiadae gewesen. Nicht zufrieden mir den eben aligelehnten Misgrifl nachgewiesen zu haben ist H. G. auch so gefällig die Folgen desselben zu erörtern. „Pureh diesen Irrthum verführt, sagt er S. 28 Anm. 3, bringt Krüger S. 66 (vgl. S. 84. 92 f.) das heilige Thor und die heilige Strasse in die Nähe des Melitischen Thores, da doch aus Plutarcb Sylla 14 bekannt ist (constat) dass das heilige Thor, durch welches die heilige Strasse nach Eleusis führte, in der Nähe dos Peiraiischcn Thores gewesen." Hier bringt II. G. mich wirklich in Verlegenheit. Wenn er mit Verstand gesprochen hat, so fürchte ich sehr dass ich nur theilweiso verstehe wie er sich die Sache gedacht hat. „Purch diesen Irrthum verführt." Padureh also dass ich die Grabstätte der Kimonischen Familie in Lakiadae suche? Aber H. G. scheint das ja gleichfalls zu thun; er hat ja nur meinen Grund für diese Ansicht durch einen andern, wie er meinte, besseren ersetzt: dass er i die Ansicht selbst verwerfe, jene Grabstätte in einem andern Gaue suche ver-räth er durch kein Wort. „Irrig hätte ich das heilige Thor und die heilige Strasse in die Nähe des Melitischen Thores gerückt." Wo aber sucht denn H. G. das heilige Thor? Er führt sonst öfter Hn. Leakes Topographie von Athen an: das beste Werk, was wir einstweilen über diesen Gegenstand besitzen, und gerade in Beziehung auf den Umfang und die Umgebungen Athens im Allgemeinen das zuverlässigste. Sollte nicht auch H. G. es hier vor sich gehabt haben, wie ich es bei meiner Untersuchung zum Grunde legte? Ich zweifle fast. Penn Leake hält das heilige Thor, welcher Name auch mir nur aus der angeführten Stelle des Plutarchos bekannt ist, für dasselbe wie das Thriasische (Pipylon) und glaubt S. 162 der Uebersetzung dass es desshalb so genannt worden, weil es auf den heiligen Weg hinführte. „Pa wir nicht annehmen können, äussert er S. 165, dass irgend ein anderes Thor den Zunamen des heiligen führte als das Pipylon, welches der Anfang des heiligen Weges war und j dasjenige Thor durch welches die Mvsten gingen bei ihrem Zuge vom Kera-meikos nach Eleusis, so scheint es dass die Zerstörung die Sylla anrichtete vom Pipylon bis zum Peiraiischen Thore reichte." Piese Annahme stimmt ganz wohl zu den Worten des Plutarchos: ^"iU->.aq to fiezatv t//S IJuQa'Cxijs nvbjg xai tijq Uqäg xazacrxiixfiaq xai avvoiia-Ivvas netn /tetra; rvxzag igijXavvev. Aber warum stände denn meine Bestimmung mit dieser Stelle im Widerspruch? Wenn das Peiraüsche Thor südlich von dem Thriasischen oder heiligen zu suchen ist, kann da nicht im- I Hi- mer gegen Norden oder Nordosten von diesem das Melitisehe gelegen haben ? Das eben ist es was ich zu erweisen versucht hatte. Was also will H. G mit seinem Tadel? welche Vorstellung hat er von der Sache? Hatte er etwa nur Hn. Müllers Plan zu dem Artikel Attika in der Encyklopädie vor Augen? Auf diesem Plane wird das heilige Thor als ein besonderes zwischen das Thriasische und Peiraiische gesetzt und danach liesse sich denn freilich Hn. G.'s mir gegebene Belehrung erklären, und entschuldigen; immer aber würde ich sie einstweilen ablehnen müssen, bis für das heilige Thor gerade die angenommene Stelle mit Sicherheit nachgewiesen wäre. Das aber dürfte sehr schwierig sein, weil Zeugnisse dazu nicht vorliegen und man nicht recht einsieht warum gleich von Athen aus nach Thria und Eleusis, die ja ganz in derselben Richtung lagen, aus zwei verschiedenen Thoren zwei verschiedene Strassen geführt hätten. Freilich ist es anstössig dass ein und dasselbe Thor drei oder vielmehr fünf Namen gehabt hätte; denn nach ITesychios hiess es auch Ktoctmty.cu nvXai und Jq/tiüStq. Allein wenn man sich vier gefallen lässt, so darf man auch gegen den fünften nicht spröde sein. Der Hauptname war Thriasisches Thor und nnr nebenbei hiess es nach bestimmten Beziehungen z. B. Iierameikisches, insofern es dem Kerameikos angehörte (oder dahin führte?), heiliges in sofern die feierlichen Festzüge dadurch gingen : ein Zweck zu dem es wegen seiner Geräumigkeit vorzugsweise geeignet war. Und wenn man zugiebt dass die Grabstätte der Kimonischen Familie in der Nähe des Melitischen Thores und zugleich in den Marken des an der heiligen Strasse belegenen Gaues Lakiadae zu suchen sei, so wird sich an der Gleichheit des Thriasischen und des heiligen Thores kaum zweifeln lassen; das letztere als ein besonderes zwischen jenes und das Peiraiische zu setzen ist dann unmöglich. Ueber das Melitisehe Thor stimmt H. G. trotz seines Widerspruches mehr mit mir als mit Hn. Leake oder Hn. Müller iiberein, wiewohl er dabei auf eigenen Füssen steht. „Dass dieses Thor, sagt er, nach dem Kerameikos geführt erhellet aus Ailian. V. H. 12, 40." Allein freilieh wo H. G. so glücklich ist Gewissheit, ein überzeugendes patet, zu finden, da konnte ich (S. 85 f.) nur unter Voraussetzung der Richtigkeit einer andern Vermuthung eine höchstens erträgliche Folgerung anerkennen. Aber nie ist es mir eingefallen aus der Stelle zu scliliessen dass dieses Thor nach dem Kerameikos geführt. Man lese die Worte, nicht, wie H. G. angiebt, bei Ailianos V. H. sondern in der Hist. Anim. 12, 40: Mdriädr^ i\v und des Zusammenhanges annehmen müsse, als er die Stelle gesehrieben, seinen Standpunkt in der Stadt so gedacht dass zwischen ihm und dem Kerameikos und dem Meli tischen Thore der sogenannte Weg Juqdov tov IJeqaäv fluaiXtat; anoaiävxtt; jibhv 7t(ii)qe/_wqr]iTav. Beim Hcrodotos hindert uns nicht minder der Zusammenhang der Rede als der Erzählung etwas auszulassen. Daher (oder und so, itaque) ist der Abfall der Meder unter Dareios, den Sohn des Hystaspes, zu setzen, wozu alles zusammenstimmt, sowold was vom Herodotos gesagt wird als die übrige Geschichte der Perser." II. G. muss wunderbare Kenntnisse von der Persischen Geschichte besitzen, um diese Uebereinstimmung aus ihr herzuleiten. Mir geht sie ab, diese historia arcana, und ich kann also nicht sagen welche Ereignisse es sind in denen er die Bestätigung eines Abfalles der Meder unter dem ersten Dareios entdeckt hat. Aber auch in Herodotos Angaben tindet er diese Bestätigung. Des aufmerksamen Lesers oder des scharfsichtigen Exegeten! Ich habe nichts der Art gefunden; mir hat sich sogar eine Bemerkung aufgedrängt die mich geraume Zeit die Sache anzuzweifeln bewog. Denn wie? fragte ich, ist es nicht auffallend dass Herodotos so ganz beiläufig von einem unter dem ersten Dareios vorgekommenen Aufstande eines der bedeutendsten Völker Asiens spricht, er der die Geschichte dieses Königs so ausführlich behandelt hat? nicht auffallend dass wir auch bei andern Schriftstellern von diesem Aufstande nirgends eine Nachricht finden? Diese Schwierigkeiten konnte ich nur (S. 30) durch einige Bemerkungen mildern; nirgends aber 127' konnte ich für die Angabe eine Bestätigung linden. Aber siehe da, II. G. hat sie gefunden, hat sie im Herodotos gofunden. Ich bitte ihn dringend seine Entdeckungen den Geschichtschrcibern nicht vorzuenthalten; sie scheinen geeignet Vieles in ein ganz anderes Licht zu stellen. Zugleich muss ich seine Sprachkunde in Anspruch nehmen, muss ihn ersuchen mir zu sagen warum beim Herodotos die von mir bezeichneten Worte (vatiqoi fiivioi XQOvoi — t/7? 'Aaiaq) nicht felden könnten ohne dass der Zusammenhang in den Worten wie in der Erzählung gestört würde. Auch meiner mangelhaften Logik wird endlich H. G. wohl noch zu Hülfe kommen und mir entdecken warum erst wenn die Stelle des Xenophon, in welcher von dem zweiten Dareios die Rede ist, getilgt worden, die Angabe des Herodotos sich auf die Zeiten des ersten [beziehen lasse, damit wir sowohl das Catonischc dclenda sunt als das folgernde itaque deutlich werde. Einer beträchtlichen Nachhülfe wird meine Logik auch bedürfen, um folgenden Schluss zu begreifen: „Herodotos erwähnt kein Ereigniss das später fiele als die Regierung des Artaxerxes, die 424 v. Ch. G. endigte. Daraus folgt dass Herodotos seine Geschichte nach dieser Regierung geschrieben habe." Warum denn erst nach ihr? Oder hat Herodotos etwa Ereignisse aus dem Jahre 424 erwähnt? Dann freilich Hesse die Folgerung sich hören. Fast konnte es scheinen als sei H. G. wider Willen von meiner Beweisführung fortgozogen, habe das durch sie Begründete so ungefähr angenommen und dann jene merkwürdige Art von Schluss gebildet, damit es doch nicht schiene als wolle er bloss ohne Gründe glauben was ich durch Gründe dar-gethan. Ich nämlich führe mehrere Stellen an aus denen meines Bedünkens hervorgeht, wie ich davon auch nach Hn. G.s durch nichts begründeten Widerspruch vollkommen überzeugt bin, dass selbst die letzten Bücher des Werkes vor der Niederlage der Athener in Sikelien gesclnicben sind. Daraus folgt denn freilich nur dass Herodotos, nicht, wie man sonst annahm, gegen das Ende der Regierung des Dareios oder gar noch später, sondern in der ersten Hälfte derselben oder schon unter Artaxerxes geschrieben habe. Denn dass die Abfassung des Werkes unter dessen Regierung nicht erfolgt sein könne ist eine Entdeekimg die erst Hn. G.s Logik zu begründen vorbehalten blieb. 21. Epilog. [Seit Erscheinung der ersten Ausgabe meiner Untersuchungen über das Leben des Thukydides und des epikritischen Nachtrages dazu ist über manches darin Behandelte von Andern mehr oder weniger Abweichendes aufgestellt worden, bei weitem das Meiste von der Art dass es mir keiner Widerlegung zu bedürfen scheint, da meine Ansichten in der Regel mehr Widerspruch als Widerlegung gefunden haben. Man meint eben anders und setzt sich über die dabei entgegentretenden Schwierigkeiten durch allerlei Ausflüchte und Nothbehelfe hinweg. Vieles der Art habe ich oben in den Anmerkun- 128' gen zu der ersten Schrift dargelegt. Hier will ich noch einige Bemerkungen über die kritische Competenz eines der lebhaftesten und zuversichtlichsten meiner Gegner, Hn. A. Schölls, hinzufügen, bloss auf das mich beschränkend, was zur Charakteristik seiner Polemik geeignet ist. Als Dahlmann behauptete dass Lukianos die Angabe von Herodotos Vorlesung zu Olympia erdichtet habe, erkannte er dass -es zur Begründung eines solchen Vorwurfes einer Nachweisung ähnlicher Sünden dieses Schriftstellers bedürfe und führte eine Reihe, wie er glaubte, sehr schlagender Belege dafür an. Ich widerlegte diese Beschuldigungen ausführlich und H. Schöll, der im Philologus 1855 S. 410 ff. für Dahlmanns Ansicht als Vorkämpfer auftritt, gesteht ein dass ich von den verschiedenen Anführungen Dahlmanns für die Unzuverlässigkeit Lukinns allerdings einen Theil weggeräumt habe." Aber nur einen Theil. Hn. S-s geneigter Leser wird also natürlich glauben dass ich einen andern Theil unangetastet oder doch unwiderlegt gelassen und Dahlmanns Behauptung immer noch ein Fundament habe. Oder rechnete II. S. auf Leser die gutwillig genug sein würden sich einreden zu lassen dass ein Gebäude fest stehe auch wenn das Fundament ihm entzogen ist? Das verlangt er in der That. Denn meines Wissens habe ich alle erwähnten Anführungen Dahlmanns als nichtig dargethan. Wenn II. S. für seine Kritik einen festen Boden gewinnen wollte, so musste er zeigen dass ich irre, dass ich eine Anzahl von Dahlmanns Belegen nicht wankend gemacht habe oder er musste statt der aufgegebenen andere nachweisen. Obgleich IL S. sich dieser Mühe entschlagen hat, so deutet er doch an dass meine Bemühungen trotz alle dem vergebens gewesen seien. Denn ich habe immer nicht „ aus dem Belletristen einen strengen Historiker machen können." Habe ich denn das gewollt? Habe ich es nöthig gehabt? Oder glaubt H. S. dass jede geschichtliche Angabe zu verwerfen sei, wenn nicht ein strenger Historiker sie überliefert? Ist denn etwa jeder Belletrist ein Lügner? Seinen Lesern scheint H, S. diesen Glauben anzumuthen, d. h. der historischen Kritik Hohn zu sprechen. Was mir zu leisten oblag liab' ich geleistet: ich habe den Lukianos von der kecken Beschuldigung mutwilliger Lügenhaftigkeit gereinigt und den Satz aufgestellt S. 19: „Es lässt sich auch nicht ein Beispiel nachweisen dass Lukianos, zumal in einem ernsten Aufsatze, einer historischen Person, wie Herodotos, eine ganze Geschichte der erwähnten Art angedichtet habe." Dieser Satz war es den H. S., wenn er konnte, anzutasten hatte, nicht meinem Ausdruck historische Haltung, der sich schon durch den dabei gedachten Gegensatz der (Uj/fb/q laxoqia erklärt. Gegen meine Behauptung dass Lukianos es nieht hätte wagen dürfen ausgezeichneten Rhetoren, Gesehichtschreibcm und Sophisten eine solche Fabel für Wahrheit zu geben, ruft H. S. S. 414 aus: „Diese grossen Unbekannten ! Wer nennt sie denn so ausgezeichnetes der Declamator selbst?" Muss dieser denn auch hier gelogen haben? Müssen alle seine Zuhörer ganz unbedeutende Literaten gewesen sein? Aber gesetzt, sie wären es gewesen-, meint denn II. S. dass eben nur grosse Gelehrte in der Literaturgeschichte 129' •der ausgezeichnetsten Schriftsteller ihres Volkes bewandert sein können? Ist eine solche Kenntniss nicht bei jedem einiger Massen gebildeten Literaten zu erwarten? „Wie es mit ihrer Gelehrsamkeit stand, sagt H. S. weiter, sehen wir an dem was er ihnen bieten konnte. Er lässt sie glauben, Herodot habe in Olympia sein ganzes Geschichtswerk recitirt und vom damaligen Beifall hätten die Bücher den Titel Musen bekommen." Waren denn etwa auch alle die zum Theil sehr ausgezeichneten Gelehrten der neueren Zeit die dasselbe geglaubt haben Ignoranten und Dummköpfe, denen man alles Mögliche bieten konnte? Sie glaubten es auf die Tradition, glaubten es weil die Sache noch nicht genauer untersucht, noch keine Zweifel dagegen angeregt waren. Was man diesen Männern leicht verzeiht, soll man darum jene Ma-kedoner für einfältige Ignoranten halten? Und womit beweist denn H. S. dass der Tradition, deren früheres Dasein er doch S. 413 zugiebt, dieser Zug gerade vom Lukianos zugefügt sei; vom Lukianos, der ihn zu erdichten gar kein dringendes Bedürfniss hatte? Doch mag H. S. auf diesem Wege immer noch eine Strecke fortdämmern, um sich schliesslich noch ein Mal über „jene makedonischen Lichter" zu ereifern; mir, mein' ich, wird man es nicht zumuthen so wirres Gerede noch weiter zu zergliedern. Wenn Ii. S. S. 415 versichert „die Thräuen des Knaben Thukydides habe nur Suidas der Lukiancischen Vorstellung angehängt," so täuscht eiserne Leser. Thräncn linden sich auch bei Photios, Marcellin und Tzetzes, wenn gleich diese keinen Ort nennen; und dass Suidas diese Thränen der Lu-kianeisclien Vorstellung angehängt Hesse sich nur hören, wenn seine Erzählung mit den Angaben des Lukianos auch andere Aehnlichkeiten hätte als die des Namens Olympia, woraus sich eben ergiebt dass er so wenig als Andere die das Geschichtchen erzählen es aus Lukianos geschöpft haben kann. Man vergleiche S. 29 u. 31 Anm. 2 (in der ersten Ausgabe S. 21 u. 33 Anm. 1). Daneben erklärt H. S., es lasse sieh über diese Sachc nichts Treffenderes sagen als was 0. Müller Gesch. d. gr. Lit. II S. 484 erinnere: „Im Alterthnm sind zu viel Anekdoten erfunden worden, um die berühmten Leute eines Fachs mit einander in Verbindung zu bringen, als dass man einer Geschichte der Art, wenn sie nicht sehr bedeutende Gewährsmänner hat, irgend Glauben schenken dürfte." „Nichts Treffenderes" als — eine offenbare Verkehrtheit? „Sehr bedeutende Gewährsmänner" haben wir für Notizen der griechischen Literaturgeschichte überhaupt verhäitnissmässig so wenige, dass es mit dieser sehr schlecht stehen würde, wenn wir die Angaben von Scliriftstellcrn untergeordneteren Banges ohne Weiteres über Bord werfen wollten. Auch in einem Falle wie der vorhegende dürfen wir das nicht, zumal wenn sich, wie liier, für dio Wahrscheinlichkeit der Angabe innere Gründe, (die H. S. durch eine unwahrscheinliche Ausllucht nicht widerlegt hat,) nachweisen lassen (S. 30). Oder sollen wir es als Grundsatz der historischen Kritik annehmen: Weil möglicher Weise in dieser Art sich falschc Angaben eingeschlichen, dürfen wir nach Beliebou 9 130' jedes Zeugniss der Art, auch ein von Mehreren überliefertes ohne Weiteres verwerfen? Das ergäbe eine blosse Kritik von Möglichkeiten und Nichtigkeiten. Wer mit Verstand kritisirt muss sich zur Probe bei jedem Schritte die Grundsätze auf die sein Verfahren führt klar machen. — Hn. S.s Einfall dass es eine grosse Anzahl von „Anekdotenfabrikanten" gegeben die ohne vorliegende Ueberlieferungen zu folgen eine Fülle rein aus der Luft gegriffener literarischer Notizen zusammengelogen hätten, diesen drolligen Einfall überlassen wir billig seiner eigenen Hohlheit. Höchst seltsam bezüchtigt mich H. S. S. 415 f. eines Widerspruches mit mir selbst, der natürlich gar nicht vorhanden ist. Denn um gegen Dahlmann zu zeigen dass nicht, wie dieser will, Lukianos Erfinder des Geschichtchens sei, dass vielmehr keiner der spätem Schriftsteller die Herodotos Vorlesungen erwähnen seine Angabe aus Lukianos geschöpft habe, musste ich diese Schriftsteller S. 20 (21) alle anführen (nicht „feierlich," wie II. S. mir nachredet). Wenn ich daneben S. 22 (24) eine Verschiedenheit in den Angaben derselben nachweise, so kann darin hoffentlich nur IL S. einen Widerspruch oder eine Inconsequcnz finden. Völlig entstellt und verfälscht hat H. S. mein Verfahren S. 416. „II. Krüger, sagt er, ist mit Erwägungen von allen Seiten auf die Verteidigung Lukians und Widerlegung Dahlmanns ausgegangen und was er endlich wirklich unterstützt hat, ist eine Vorlesung an anderm Orte, in anderer Zeit und andern Inhalts als die von Lukian vorgemalte." Jedes Wort ist hier eine kecke Täuschung. „An anderm Orte." Habe ich denn etwa eine Vorlesung zu Olympia, von der Lukianos spricht, nicht angenommen? „Zu anderer Zeit." Hat denn etwa Lukianos eine Zeit bestimmt die ich verworfen hätte? „Andern Inhalts." Auch das ist unwahr. Der Inhalt den ich annehme ist derselbe; ich beschränke bloss den Umfang. Dass Herodotos sein ganzes Werk von Anfang bis zu Ende vorgelesen sagt auch Lukianos nicht ausdrücklich. Der Satz: ,,Das Zuhören des Thukydides ist indessen nach Athen hinübergeratscht," ist zwar spitzig aber nicht treffend. Das Wahre ist dass ich Vorlesungen des Herodotos sowohl zu Olympia als zu Athen annehme und es wahrscheinlich zu machen suche dass Thukydides nur bei der letzteren zugegen gewesen. Man s. S. 22 f. (24.) Wenn IL S. mich dabei beschuldigt: „ich liesse das Zuhören des Thukydides erst für die olympische Vorlesung zeugen", so wiisste ich nicht wo und wie ich das gethan hätte. „Die Zeit aber, heisst es weiter, welche Krüger dem Vortrage bestimmt, sei immerhin ein olympischer um dieselbe Zeit von Herodot gehalten worden, ist unverträglich mit Lukians Darstellung. Nach Lukian hatte ja Herodot Griechenland noch gar nicht bereist als er nach Olympia ging." Wirklich? Hat etwa II. S. einen andern, vollständigem Lukianos vor sich als ich? In dem meinigen steht davon kein Wort. Nach diesem war Herodotos zwar mit seinem Werke von Karien nach Griechenland gereist, aber dass er vor der 131' Abfassung dieses Werkes niemals in Griechenland gewesen, davon find' ich bei Lukianos keine Spur. Was IL S. demnächst über die Sache sagt kann ich füglich der eignen Nichtigkeit seiner Behauptungen überlassen. Einige Bemerkungen nur über die Worte: „Krüger hat freilich S. 23 (jetzt 21) auf seine Hand versichert, es würden in jener Zeit Wenige an Herodots Darstellung Anstoss genommen haben, aber wie ich schon bemerkt im Widerspruch mit Herodots eigener Versicherung." Allerdings sagt Her. 7, 139 dass die Anerkennung der Verdienste Athens um Griechenlands Freiheit der Mehrzahl unangenehm sein dürfte: iniip&ovov 7iQÖq rütv nktibvmv Uv&Qomtitv. Aber soll man desshalb glauben diese Hellenen würden albern und erbärmlich genug gewesen sein die Anerkennung der frühem Verdienste der Athener, weil sie ihnen nicht wohl wollten, als eine persönliche Beleidigung, einen sie empörenden Anstoss aufzunehmen? Denn nur ein sie empörender Anstoss könnte hier in Betracht kommen. Erklärten nicht selbst die Lakedaemonier sogar nach einem sieben und zwanzigjährigen Kriege dass die Athener sich in den grössten Gefahren grosse Verdienste um Hellas erworben? (Xen. Hell. 2, 2, 29.) Also in dieser oder einer ähnlichen Beziehung hätte Herodotos -schwerlich eine bedrohliche Ccnsur zu fürchten gehabt; aber vielleicht von Seiten derer die als Verräther am Vaterlande gehandelt hatten? Ich habe es schon S. 21 (22) ausgesprochen dass solche ihre Sünden der Art damals gewiss noch nicht abzuläugnen wagten, sondern höchstens entschuldigten, wie z. B. die The-baeer noch viel später bei Thuk. 3, 62, 3 sich darauf beriefen dass bei ihnen zur Zeit des zweiten Perkrieges Svvaaitia, öXiywv avÖQoiv tlyt zu itqd.-y/iara. Wer jede Angabe die Einzelnen hier oder dort anstössig sein könnte vermeiden will darf weder öffentlich vortragen noch schreiben. Wer eins von beiden thut muss immer sich darauf gefasst machen seine Schöll und Wuttke zu finden. Aber die Schöll und Wuttke sind nicht das Publicum. Dass solche Gegner mit einer Kritik wie sie ihnen beliebt meine Beweisführung nicht umgestürzt liegt in der Natur der Sache. Zwar versichert H. Schöll vor der Prüfung sei dahin geschwunden was ich fest zu halten verheissen. Allein diese Beschuldigung ist aus der Luft gegriffen. Ich wüsste keinen Satz von dem man mir nachweisen könnte dass ich ihn fallen gelassen, nachdcm ich ihn fest zu halten verheissen. Es liegt in der Natur der Dinge dass sich an jede Tradition im Laufe von Jahrhunderten mehr oder weniger Flitterwerk ansetzt'), und es ist in der Ordnung dass man dies ') Wie leicht bei der Wiedererzählung Kleinigkeiten ausgelassen, dies oder jenes geändert, mehr oder minder erhebliche Zusätze gemacht werden und so mancherlei Entstellungen sich oft ganz absichtslos einschleichen, hat Jeder schon im gewöhnlichen Leben zu beobachten tausend Gelegenheiten. Wie verschiedenartig daher selbst in Schriftwerken viele Anekdoten z. B. von Friedrich dem Grossen, Napoleon, Blücher erzählt worden ist bekannt genug. Das oben S. 40 erzählte Geschichtehen von Friedrich hatte ich aus getreuer Erinnerung, wie ich glaubte, niedergeschrieben als ich zufällig von einem meiner ehemaligen Schüler, der besser unterrichtet war, belehrt wurde dass die 9* 132' Flitterwerk ausscheidet so weit es nöthig und miiglich ist. Wenn aber H. S. vermeint dass wo oine solche Ausscheidung erforderlich ist auch der Kern der Ueberlieferuug zu verwerfen sei, so mag e r dies als das Verfahren eines methodischen Historikers beloben; ich halte es unbedingt fiir eine bodenlose Verkehrtheit, die nach entsprechenden Grundsätzen mit Consequenz durchgeführt einen ungeheuren Thcil der Geschichte vernichten würde. Wie Lessing, ein Mann der wirklich kritisches Talent besass und nach vernünftigen Grundsätzen verfuhr, wie Lessing über solche Kritiker urtheilen würde zeigt die oben S. 29 Anm. 1 angeführte Stelle. Aehnlich sagt er weiter unten: „Sollte man sich nicht erst erkundigt haben, ob in dem ganzen weiten Umfange der Geschichte ein einziges Exempel anzutreffen dass irgend eine Begebenheit von Mehreren, die weder aus einer gemeinsamen Quelle geschöpft, noch sich einer nach dem andern gerichtet, (wenn sie in ein Detail kleiner Umstände gehen wollen) ohne die offenbarsten unauflöslichsten Widersprüche erzählt worden? Ich biete aller Welt Trotz mir ein einziges solches Exempel zu zeigen. — Ich bin von der Unmöglichkeit eines solchen Exempels eben so gewiss überzeugt als von meinem eigenen Dasein." „Aus Möglichkeiten, scldiesst H. S., schreibt man keine Geschichte; und für die Annahme der Wirklichkeit bitten wir uns aus, nicht auf das Zeugniss Lukians verwiesen zu werden." Dies patzige Gebot klingt so zuversichtlich als ob die Muse der Geschichte selbst Hn. S. zu ihrem Anwalte bestallt hätte, eine Unbesonnenheit die ich denn doch der weisen Göttin nicht nachsagen möchte. Dor Vorwurf auf blosse Möglichkeiten gebaut zu haben trifft lediglich Hn. S. selbst, wenn anders man nicht den verrückten Grundsatz anerkennen will dass da wo in einer Uebcrlieferung Einzelnheiten als zweifelhaft oder auch mehr als zweifelhaft erscheinen, die ganze Ueberlieferung zu verwerfen, das Kind mit dem Bade auszuschütten sei. Diesen Grundsatz hat H. S. freilich nicht gewagt bestimmt auszusprechen: aber er will ihn tatsächlich geltend machen, will ihn stillschweigend einsmuggeln, unbekümmert um meine Warnung S. 29 (30): „Wenn die irrige Angabe von Nebenumständen genügte um eine Erzählung verdächtig zu machen, so wäre es um alle Geschichte gethan.1'] Sache sieh etwas anders verhielte. Dieser Belehrung gemäss konnte ich meine Angabe noch bei der Correctur ändern. Ein Glück für mich. Denn sonst hätte leicht „ein methodischer Historiker," wie H. Schöll diese Art von Kritikern nennt, mir nachweisen können dass ein oder der andre Zug in meiner Erzählung falsch und also das Ganze von mir „rein zur Lust" erdichtet sei. Spicilegia Cönjecturarum1) 1) in Dionysium Halicarnasseum. Quam ante hos decem annos in secessu aestivo versarer [1831], circum-spiccre eocpi quibus potissimum studiis librorum supellectile parum instnuctus et mnitis rebus distrietus snbseciva tempora impenderem. Inter alia tum in manus ineiderunt Dionysii Halicarnassei libri rhetoriei quos nuper Gros Professor Parisinus ediderat; quos ego, quum innumeris locis corrnptos esse no-vissem, adhibitis subsidiis ab hoc viro doeto pnblieatis et conjecturis aliorum, maxime Sylburgii et Ileiskii, adscitis diligentius emendare institni. Quo in negotio quamquam permulta jam ab aliis egrcgie administrata vidi, tarnen non pauca repperi in quibus mea quoque opera scriptori prodesse posse videretur Quae tum conjectavi, eorum partem nunc, ut reUcua plagula compleatur, in medium proferre liceat, ne iliis quidem usquequaque rejectis quae ipse pro certis venditare nolim. Videlicet etiam tales conjecturae saepe eo bene me-rnernnt quod perspicacius interpretandi solertiam diiigentiamve elieuerunt exer-cueruntque. Ceterum non probo superstitionem eam quae probabili emenda-tioni eontortam explieationem anteponat; atque ut leves conjeeturas odi, ita faciles non vitupero, etiamsi non utique necessariae sint2). Reisk. V. Y. p. 424, 6. zo ßeXztov. zo deleo. — 425, 1. iv olg — diodo-yo ig. imo fjg — Jiaie'xiou. — 426, 9. nijciyftazog. nXäauazog. — 11. Xo-yoig. rhaXöyotg? — 42", 4. dnXrj Xineiv. äftX'i ixXiynv? — 15. tov ttquy-fiuroq. xütv nQoaiimmvi — 429, 6. oi'v. yovv. — 429, 7. xar' i7itzi]äeviict fitv al. xaTtnizcrrjdevutvai ai. — 7. ofiaetätiq. ofiotlöciat. — 448, 12. toi"? Xöyovg. inrinvq ro!■• Xöyovg? — 16. öXctq. äXXctg. — rai'irrjg zf avitjq. ccuzijg Tai'irij;. , [') Zuerst erschienen im Jahre 1841 als Anhang zu meiner Schrift: Bruchstücke aus dem Leben eines Schulmannes. — 2) Das Geschrei über leichtfertige Conjecturcn erlaubt man sich oft selbst gegen Männer wie Do-bree, der sichtlich überall nach sehr scharfer Erwägung conjicirt und auf den man Quintilians Wort über Cicero anwenden kann: Multum se profecisse sciat cui Dobreus valde placebit,] 134' Lysias. 455, 10. -fjv deleam. — 460, 2. i'x«m i'/.ovaav? — 3. tV» deleam. — 462, 4. tj /täXtazu deleam. — 467, 3. ze ovv. ti' ovv — 468, 12. re-Xvtxov. zeyvtxmql of. de Isoer. 13 p. 560, 4. — 471, 3. nqoq. <5? 7rqöq? ef. de Isaeo 14 p. 611, 12. — 472, 7. ti? jj. ti? ij y?— 477, 4. (feivö?. det-«3?? — 480, 10. 7ic(il. o ncqlf — 481, 2. äv tlrttiv. äv deixvvvai? — 483, 13. ini. vnö? — 485, 6. yquftfia. avyyqafifia. — 486, 1. Xoyov exci-dit, fortasse post unoätäoixa. cf. 16 p. 488, 2. — 3. unuvieq. uv nuvzeq. — 13. Xeyet. rpeqet. — 487, 2. de. ye aut di'j. — 10. e'Aev&tqoq. iXev&eqioqf — 489, 13. (orpeXijaetev. tb(ptXi]aei. cf. de Isoer. 14 p. 544, 3. — 490, 2. oturo?. avtiö. — 492, 3. ye ovv. yovv. — 4. ßovXono. ßovXezat. — 493, 11. ftötkuna. itüXtat' äv. — 12. Avalon naqudelyftaza notov/ievoq. inl Av-alov naqadeiyfiaToq noiovftevovq? cf. de Thnc. 1, 1'• irzl xavbvotv noitiaftui. zctq xai a uiqoq yvitvaaiaq. —• 494, 1. yäq. }'uq äv. — 498, 6. xeyqtjiut. xe~ yqt]Tat iljdt? — 501, 14. äxovaat. exciditne fitt' evvotaq? — 15. 7tQoqizt. TTQÖqeazi. cf. Jud. de Thuc. 12, 1. — 518, 5. emStixtixoiq köyotq. dtxavt-xof? Xöyotq Totovzoq o avijq. iv dt toi? t/rtdeixnxof?? — 522, 4. avzötv. avve-zäv. cf. Thnc. 6, 39: ßovXevaai äv ßeXrtaza rot'? Svvezovq. — 525, 11. toü Xoyov deleam. Isocrates, p. 538, 4. xai ante aiQoyyv).rt deleam aut xa! itetatixi] legam. — 539, 3. yttf/oq. nqoxtiqov? cf. Isae. 13 p. 609, 15: ix nqoye'iQov yvwqt'Qo/ieva, — 541, 1; 7toXv. to noXv? — 17. ,1'i']. ovx? — 542, 8. yuq. äv? — 543, 1. ofioetdlav. b/ioeldetav. — 545, 15. iiiat. idiaq? — 548, 8. fjyovfievoq. ijyovfitvovq?— 550, 3. ti/v t? — xai fjijs. Ante haec verba et post ea lacunae signa ponenda erant. — 576, 12. f^d' ort. «>]&' ott. Isaeus. P. 588, 1. ftr,de. uydtum? — 9. uivzm. [t'rv xolvvv. cf. de Isoer. 11 p. 556, l. — 589, 1. ovtoiq. ovtot? — 2. /■ äiidaai xwqioiq? sc. auditores. — 15. iy/eiqtipäxoiv. trti/tiqr^idimv, cf. de Isoer. 4 p. 542, 16. 12 p. 558, 2. de Dill. 8 p. 646, 1 1. — 591, 14. avi\q. ävi'q. — 592, 10. f17. pi) '). — 12. iXev&iqoi. iXivfHqtat. — 16. xijv iiixamv. in' avxötv xotv naquöei-ypäzmv naiavpevtp %rtv e'tizaaiv? cf. de Dem. 9 p. 976, 2. 19 p. 1008, 13. — 594, 4. äij. de. — 9. nqmmq. nqäiov. — 595, 19. tit' o'väiv. Ulm:ixij, <)»' ouiivt — 601, 14. d' exäzeqoq. äij ix&xtqoq. — 603, 9. xai. tag? — 604, 7. av ante ovv deleam. — 605, 3. 01'äiv. oväi'v. — 613, 11. olbpc-voq deleam. — 615, 2. pt]v noXizwv. — 16. ive&avaza-Tav. iDaväxaaav. — 638, 11. (fi;tri. tpi'/au. — av. avzov? — 12. ätfiXrjzaz. ■itpeXoix' uv? — 639, 1. toi'5 i&ev Xoyovq naqaXapßävtiv (i'iyel. Uli) Si. cf. p. 667, 10. — 14. xolq ini. to» Jeiväqyov eni? — fx0>v-lyovzoq? — 668, 3. ote xai. oze xai izeXwzijirev? Epistola ad Ammaeuni. P. 736, 8. Xoyovq zovq. — 738, 18. avztj. aiizij '/. — 747, 9. zovzov. irov? 136' Demosthenes. P. 956, 2. xaxaaxevriv ze xal layvv rtjv nqoq idioiit/v iytiv Xiyov xal buoioxj]ia. xaiaaxtvrjv ze zi/v iayvijv xal 7iqoq (zov) Hubitjv iyeiv Xoyov o-fioibztjxa? cf. 13 p. 993 in de Isaeo 2 p. 589 , 8. de Din. 7 p. 642, 13. -— 958, 11. avTÖv. avzüni. — 13. /lijews. addiderim Uta aut äq/iovia. — 959, 12. txaxlqaq. ixaxiqaq xrjq, nisi forte plura interciderunt. — 960, 1. xöiv ze. tmv ye. — 11, xal dvxi. xal xb avii; et post yqbvov iucide. — 961, 3. einelv post i'/eiv v. 5 transposuerim. — 3. oxo). äaiiq? — 963, 4. ävttXijife. naqtiXtjife? — 10. ixpiu'xr.tv. ixiituaxzai? Nam Activum minus aptum et ejus perfeetum seribitur fietiaya. cf. Ar. Eq. 55 et Lob. paralipp. p. 405. — 13. ovte xaiqw. ovx' iv xaiqiäi cf. ep. ad Pomp. 6, 11. — 964, 6. noiovaiv deleam. — 13. ixaxiqiav. ixaxiqov? cf. 15 p. 1000, 9. — 974, 1. xal xav&a. xal zavxa aut xuvzav&a. — 3. [q Xiyta? — 995, 16. üoze neql ftiv zov tttiaiv zöiv dxqtov txaziqov. oaa lii zov {teiatv zutv äxywy /aqaxxTjQoq? — 996, 11. fort, taza? — 999, 16. n^oqiftqeiv, tlal fi'fv ovv Hains. nqoqipeQttv, dal n'tv 5'aaiq? — 1000, 18. naqa. Tzegl. cf. Jud. de Thuc. 16, 4. 17, 2. de Lys. 15 p. 486, 11. — 1006, 4. voi\fiaav. bvofiaai. — 1008, 4. exXoyi ixXoyfj. — 1011, 11. zavztjv. zoiavzrjv. — 1013, 17. dyävaq. äyxöivaq. cf. 4 p. 964, 5. — 1014, 3. zovz' Xaxt. zavi1 tau. — 5. zovxotq. avzixa —• Xbyoq. zo ze. zovzocq. avzixa — Ad;'"?, xo it. — 6. ävtixeizai, avxiOtaiq xal xaid fziqoq avzov vorj/zuxoq iv nna q tv dvzixeizai supplevit Par. D ; sed emenda vbtjtta aut vorjuaza. — 12. xvxXm. xvxXoyqaifti? cf. 17 p. 1008, 16. — 1020, 10. äidXt$iv. äidXexxov? — 1021, 13. cW. (Je zöiv? — 1022, 11. xavxa. zd xoiavia? — 1023, 15. zö ze. zöze. — errl deleo. — 1026, 11. ido£tv. 'idosd? — 1027, 3. auzai. avxat. — 5. bnoiov. onola1 — 6. cf ij. zovzo 7ta&tiv ob dv-vazai bene subjicit Par. D; sed pro avzr\ 1. avzij. — 1039, 17. o xai. xal ö. — 1040, 4. aitxijV. aviä. — 13. zijq. zi;v. — 1041, 1. zb z . zbx', pro quo iv ixeivo) xöi yqövtit Plato. — 7. döi/itv. ijv di äü/iiv? — 9. yqi\att xai. Xqliaeiai. — 1050, 7. fiivxoi. yi xoii — 1056, 6. ;). e'itj. — ovxm. zoaoiizo). 137' — 1057, 14. xqovov. Xoyov. cf. Jud. de Thuc. 4, 3 et de comp. 11p. 54, 8. cogit neqiyeyqiij.&ai. — 1060, 3. xav ei. Et xai> — 1061, 3. ye. i'vt. — 14. dazqiav. äxqtov. — 1063, 2. (laqzvqijaeiav. fiaqzvqijaetav äv. — 1063, 7. äaie. cSui' iv? — 10. ou noXv uv. ovx oXiyov. — 13. xaid. xa-äaifid/ievoq, xatäi — 1064, 6. nw. äel? — 7. z/jv. zai'zrjv Tf;v. — 1065, 9. e'x de. ex äij? — 15. dl). de. — 1066, 3. xavzg. zatrt' fdr/. — 1066, 6. oi'. Öaoi? —• 12. TtQÜnov. nqtbir\v. — 1067, 1. zvyxdvofiev. zoyydvoifiei'. — 9. xqr^iuwxdi^v. id xqrjiji/tüzaiu xr\v. — 1069, 13. fieza&fj — äieaxd-vat. dvvt;(}jj — Snazdvai? — 1070, 10. tri'yxeicrfrai. auvttiaOai? cf. de comp. 23 p. 171, 11. — 1072, 2. zäv ivvoiäv deleo. — 1073, 1. rj neqi-odotq ij ßaaeaiv evqu&fiotq. i) neqtodoq ij ßdaeiq tuquö-uot? — 8. zatäiXij-Xov. xo xuxdXXqXov (7«,"-fidxmv. — 15. voffovq. znvouq. — Qewqia, rj Sttiiqia. — 1078, 7. avvxi&t]-v. — 1088, 7. Xoyov. roü Xoyov? — 10. tuvzt/q. zoiavxtjq? — 1090, 4. avyxtZa&ai. avy-Xeia&ai supra 1070. 4 ubi v. aira. — 13. xaqdxxei. yaqdiiei? ut äiaxa-qdzzea&ai 1092, 9. — 1093, 7. zäv ze. zäv de. — 1099, 11. ydq rt. ydq av f). — 14. iniozuflivouq' ob — yqdipio. zb dei£at. iniaza/iivovq, (od — yqdqm) vnodüqai? — 1100, 12. avazijqäq. addiderim dquariaq, — 1102, 9. noirjcai. noioizo? nisi forte ante yv legendum. — 1103, 2. ze xai. df xat? — 15. zozi fiiv. loxe fiiv Tb. — 1104, 1. ix&qov. üäqov? — 14. nqoq-fiaqzvqovvza. fiaqzvqovvta? — 1107, 14. Jt/. cU? — 1109, 3. ye xai. ze xai? — 1111, 14. xai deleo. — 15. öte yqutpei. Sz' fyqaipe? — 1113, 8. avvzi&ifievov. avv&euxbv?— 1115, 14. zä dXXa. äXXa zd?— 15. ovbiiaia. ovta? — 1117, 2. ävijo. dvr,q. — 1118, 15. a-Tovvreq eiXov, 01 ye ävreZyov' nnXtotixln d' äv. (jaditiiq ur, /(((/', xqatovvreq, ot ye — ävielyov, TroXtnnxlcc ar? — 13. Ptt /tüXXov. it («äAAovV — 14. a<[>' ov nunc deleam. — 20. adeXfoi. exciditne veoneqoi? — 25. yqövov, o/toia rot; 'EXXrjvmv nXovaiioruroiq, xai ijj distingnendmn est. — 26. oixt)-roftä re tov. oixtjtottdq Te, tov? — 29. teTffaqäxovta. al TeiriraqäxovTa? — Toiiq t/jv 'Enida/erov. Tijv'Enidaftvov tovq? — 35. tittpeXiaq, elta — denn t!)a. noXit de. tutpeXiaq. e't te deo/ttO-a, ;ni/,i' (dij) ? et sie jam Pflugk. in sehedis critt. p. 32, nisi quod et (Jt voluit; sed v. Krüger ad Dionys, liistoriogrr. p. 268 s. — Tovq ueTarrtdvTuq. Toi'? fteta(Tc';rTavraq? qui nos a se abalie-narunt. — 36. Knniv0it/)v. zovvotv ()' ei. KoQtv&loiv av zwi'ih, el?— 37. rjfeeZq te. rjiiEiq 11V — tpatrl de. (pafft dtj. •— ovie. ovde? — 44. Toiq äXXoiq. roiq äXXotq Toiq. — 47. iv tTj qntiQti) displicet. — 50. xai ante offat Ijiruv deleam. — 53. ttev ante vrouinnednv vix ferri potest. — 54. 'etrciiaav tqo-naZov melius abesset. — 70. äXXo t». ftäXXov ti? — 72. xai ante utq od-orvo deleam. — 74 extr. tu ngay/iara deleam. el'. 1, 109. 2, 56. 3, 18. — 75. tneliu de xai rt/iijq, vfrienov xai uitpeXiaq. enenu n/trjq, vitieqov äi xai ätpeXiaq? — 76. dnty/fr^a&t iv tTj. äm/qtja&e t? — 81 in. tay! äv Ttq. ra/ äv de Ttq? de collocatione v. 6, 2 cl. 2, 65 et Hermann, ad Eur. Ipli. T. 431. — 84. diainetuq. dtaxpizäq? ef. 86. — 90. nneaßeiu qui sie addiderit non novi. — vipovq abesse malim. — 91. nqeaßeveaiyat nanu, otpäq deleam. cf. 2, 12. — 95 extr. nannvtt deleo; sie solum iv ra tote 1, 92. 4, 12. — 103. dovXov deleam. — 107 extr. xai tov dtj/iov. xai 7tov diifiov? — 120. xaraxo/ttdi'-v. xopttäftv ut de exportatione eogitetur. — 121. xqovio deleam; sie iv TtXeiovt (Txe7Tteov 1, 72.— xai ante avroi deleo. — 122. nX.eioiovq dij. 7iXeirrtovq nXeZtTia dr\? — 123 in. ueXXnvztov deleo. — 128. eveqyemav de. evenyeaiuv te. — 130. dvvaaO-txi si abesset nQoqtevat esset admittere. — 132. ovde TÖiv EiXtltvmv ftrjvvraiq not 7Tt(TrevoavTEq mihi suspecta. — 136. xaO-itetrO-ai. xa&etea&at. L. 91. 8. xexütXt"a&at. xexmXvaeaO'ai? sie fortasse Sch. — 10. extr. TtaqeZvat. TtaQaivütv? — 33. ixätrvrjq. ixätTzrjq exärrzt]?'— 39 in. xai taZq. xai' Tai?« — 42. Tta&eivoTeqav. no&eivoteqov ?— 43 in. äotpaXeateQuv. äaipaXiatEqa? — äv Ttq. ti äv Ttq? — 55. rcit'ztjv -ij. ravtt]q r\? — 63. te neiaavreq. ci miaavveq? quamquam potius in proximis aliquid cxcidisse puto. — 64. ueyqi tovde. tmv ftiyqt roi"de? — 77 in. detvöiv deleam. — 81. vno ante tiöv ixeivti deleam. — xaXXitTttjV. xÜXXitt' äv? — 90 in. eaiiTtZv. NavnaxTiatr? — nXioviu. nXeovteq? 139' L. III. 5. «fri rijV /IÜX>1V deleam. — 10 extr. tdvvrj&rivitv. dvvi;&tir\oav? — 11. zd zeXtvzaia. rüde ztXevzaia? — 12. lutlhov. iuiXXofiev?— extremum hoe e. sie legam: ü ydq ävvazol ij/iev ix zol Yqov xai avzemßovXev ffai xal c»vtifieXXTjtyai tt, i'd'ei viiüq ex zov ouoiov in' ixeivovq thuc. in' ixtivoiq x. z. >.. Aliter Ptlugk. in seliedis critt. p. .31. — 13 extr. zov 7toXl/iov deleam. — 17. 7Tevxrjxovxa. oyöoijxovxa? — 18. iyxaxmäbfit-zai. iyxazMxoSb-fiyaav? aut iyxaxoixoäofieizai? — 22. noXv deleam. — ezezaxzo. inuizaxzo ? 23. ßoqiov. tvqov? — 30. fiaXiffva ovtra. uuliaz änovaa aut [tu).' dno-axazovaa? — 38. nqoenaiviaai. nnoemvoTjirai aut jrooÜTTovoiJffa». Plut. noXiz. nuquyy. 3. o 'A&qvaUrv ätjftoq aäXXov oH">q vnovoTiaai »/ diäu}• — 63. xaizoi zi zd; ? — 72. aipixoiii- vtjq. irpixo/iivi/q? — 77. zoiv miovfiivmv deleam. — 79. xgazovvxeq tTj vavfia/la deleo. — 81. iävvavto deleo. — 82. ivoiumv. hoiiioiv ov~ zoiv? — txutrrui. hxdaxoiq? — ccffadX11u de tc. dtnpaXeia de zm? — 89. dnb xrjq. xazu zijq?— 91. avxwv. uvxüiv. — 95. qi'itudyoLq. tjt'tfiua/oq?— gnXiav. tpiXiav av? — 97. dxovxiuxütv. xal dxovxiazt'iv? — yinni'0y deleam. — 101. ovv post niiüirov fiiv deleam. — 102. dttvvoftivoiv. afivvovfiivotv? — 104 extr. xai ante zu nXelaza deleam. — III. bffoi uiv. oaomeq? — 112. zov dk iXdvao). iq d'i zov iXdaira)? nec falsum eq zov äi iXavcrii). — axqazevfiaxi avzöiv. azqaxevfiaxt avxöi? — 113. xavxl rpaivexat. zavzi rf (diaxorriwv) qaiveiat. L. IV. 4. emfiiveiv. iniuevelv? — 8. iv ZaxvvOif deleam. — 10 extr. xal av-zoi'q. xal avzov? — 11. Xeyo>v deleam. — 15. oQMVzaq deleam. — 17. äe post Xdßeze deleam, nisi forte melius dXX' ante imywqiov abest. — 18. fieiioq deleo. — 19. aino vixijiraq. avzov vixrjiraq? — nqoqediyeco. n(ioqed'td'exzo? — 21. xai ante zö> nXi'j&H deleo. — 25. 2?ixeXoi. SixeXol oi? — 26. eyi-yvizo. iyiyvtxo zbxe? — f)f yaXijVi]. v. dqfiuyoiyüv ? — einev ozi. eine d'özt? — 31. noXXoi. uXXot, ? — i-'xairro; post zig deleam. — di]ftoaiav delendum esse in eadem eensura doeui. — a&QOtazeqa. ä&qoiözeqoi ? — 35. o zi. örou? — 38. noXXüg. noXXaxtg? — rvpavvidaq dt. zl'Quvvidug re ? — 39. äffntq. oXovgneq ? — 42. irziiazonedeveo&ui. azqazoneihvaetjO'ui?— 45. i'vO-a. es tu? — 48. ctnqdxzoig. anqäxzovg. — 49. ünoXeupO-r/vai l'io) diu. dnoXiyp&ijvat diu? •— avzwv ttjv fTzquziav ovx. auzöiv' rijv fTtquriav d'ovv.? — 54. rbnoi. TnnnioV — extr. rov ßtafiov deleam. — 59. yovv. d'ovv? — 62- ig zotig rwv Siv.elStv. ig zoiv TS. rovg jam in eensura. — 66. Iqvfid ze. i'qvftu zi? — 68. Tcot.ii zt. nolv TtV — 72. dei. deiv? — 75. nottjaüfievoi. nottjab-fitvoi? — iv rij ft&XÜ deleam. — 76. ärzb aipöiv. üf.Xoi aipwv? — elyov deleam. — 82. ig to uy.qtßtq. otg zo uxptßeg? — 87. xai Ol. v.uv <5? — arzent-ßovXevaai. dvzemßovXevaai t'o nqnemßovlevucu? — 88. innictg. Inning xai Tojöraq? — , oig. lqyo> d' Sig Valla. — 89 extr. xai to. xaizoi (vi)? — 90. aig post äipO-ova deleam. — 94. röiv iv rij SixeXiu deleam. — 96. iqi'lQZVjZui. eiTjqzui ex scholiis eruas. — Xei/iöiva naqu. Xeiuöiva zov naqd. — 97. rat; re. zaig de? — 103. xai uvzov deleam. L. VII. 1. nQo&v/iözeyov. nno&vuö venoi deleto erolftot? — 2. med. to ze. re zo? — 3. röi eavzov. toi havzö)v? — 13. vvv post ¥zi deleam. — aiizo-fio).iag. avvozoliüag, avzoftu/iaq aut simile quid. — 14 extr. 5 noXeuog deleo. — 18. oQfiüfievoi. oiqfitj/iivoi? — 19. tai; oXxdui. iv zaig bXxäai? ut 7, 7. 17. 21. — rov toi;, to zaig? — 23. rij rai'/iayja deleam. 28. noi-oii/tevoi? — fnzaxaidexazoi. ißSöfioi xai dexdzoi? — 34. noXvv post üvzei-/ov deleam. — dvzinpotqoi. uvzmqoiqotg? — 36. neqinXov. exeiditne '/ diex-nXov? — to dvztnqo'iqotg. tw dvzinqoiqoi. — nXeiozov. nXeiov vel potius nXiov. — 38. tu r'jg vavuayjaq deleam. — 41. xeqalai a'i? — 42. tVrt zoig. irtiui zolg Kr. ad Xeu. An. 7, 2, 22 ex. min. — 44. oväe zavtu. ovd' iviav&a? — oi ante noli.oi deleam. — 48. zobg alzobg. rovg uvzov? — idta. jjdii? — r'jg vvv nuiiaaxtvTjq non liabuit Valla. — 50. nqbg xe/.iav ex seholio ortum et ~e'/.trovg post n/.ovg excidisse puto. — 53. xoi-'■vfiaza. nqoxulvfijtaza? nisi delendum est. — 55. Xa/inqüq. laiinqUig? ut 1, 49. — xqeiuirovg, xqtiairovog seh. et Valla. — 56. abzoi av. avzo ab? — /tiqog deleam. — zabz>]v. zavza? — Xöyov. b/Xov? — 57 in. SixeXiav. 142' JSixeXia? — ixövieg ante ijX&ov Valla non vertit: an intdviefV — ol iv. oi ritv iv? nisi 'Eaciaiav olxoüvreg delendum est. — "Jutveg ie. Naxios et Chersonesitas desidero. — xaXovpievoi. xaXovfievoi oi? — 67. 10 xqaTiaeovg. tov xqaticrcovq? —- 68. xai post t]fäv deleam. — 73 extr. oi äxovffavieg. o'i axovauvreg, — 75. exaarag post iävvato deleam. — 77. 9tov. (Xeiov? — <*W.a. xai äXXa? — 78. nXeiarov. iptXov? cf. Xen. An. 3, 4, 26. — 85. ^ixeXixid deleo. — L. VIII. 14. SvXXtyofAevtjv. SvveiXeyfiivijv? — 16. ävmxodifiriaav. ivioxodofiyauv? — 21. iv ante rqiai deleam. — 22. tqigxaidexa. znifrl xai dexa? — 27. bveidee. ov /itj dei? — ovx ig. obd' ig? — 33. dieipyovzo xai xatha/jfiioav-to. dieiqyovzog xa&otq/cifTavto. — 45. /pövaa deleam. — eiev. tiaiv, el? — 46. fjv ante eixaaat deleam. — 47. yi&rtvaioiv acqaxiüixae deleam. — 48. ti rcatiavcixa. (ti) to nauuvtixu. — 68. xai ante ov ftovov deleo. — 6. oug 'AO-ijvaToi ene/iipav olxijaovraq deleam. — 87. inupavhg dp7iov ovx iv-dotatm'g" xoiiiaaq yäft äv. imtpavelg dij/tov ovx ivdoeaaTwg, xoftiaag äv? — 94. Xoyov deleam. — 99. xai wv. xaToixüv? — 108 extr. äXXa. üttu? Has conjecturas colligendi consilium non prius cepi quam typotheta in tertia plagula aliqnantum spatii superesse indieavit. Ita factum est ut summa festinatione eas conquirere coactus nec omnia qua par erat diligentia circum-spicere possem öt complura qnae marginibus adscripseram oculos efiugerent, veluti suspectum illud bXeO-qu) Thuc. 7, 27. ßecension1) der ausführlichen Griechischen Grammatik von Aug. Matthiii. 2 Bde. Zweite Auflage. Leipzig, bei Vogel, gr. 8. Zusammen 1598 S. Eine Griechische Grammatik zu liefern die nicht etwa nur das für den Unterricht Notwendigste umfasst, sondern an Umfang sowohl als an Gehalt wissenschaftlichen Forderungen genügt, ist unstreitig eine der schwierigsten Aufgaben der Philologie. Denn eine Sprache die bei so vielfachen Eigen-thümlichkeiten ihres formalen wie ihres syntaktischen Baues eine solche Mannigfaltigkeit und Fülle von Erscheinungen darbietet wie die Griechische; eine Sprache die mit einer Zartheit wie keine andere die leisesten Beziehungen und feinsten Scliattirungen der Gedanken auszudrücken vermag und obgleich sie an strenge Gesetze gebunden mit fast mathematischer Consequenz aus den einfachsten Elementen die Formen der Rede combinirt, doch im Gebrauche derselben eine so grosse Freiheit gestattet, dass sie dem Halbkundigen aller Regeln zu spotten scheint — eine solche Sprache nicht nur in allen ihren Einzelnheiten gründlich zu erforschen, sondern auch die fast unübersehbare Masse derselben auf einfache Gesetze zurückzuführen und mit eindringender Schärfe so zu entwickeln und anzuordnen dass die lebendige Organisation des Ganzen anschaulich erkannt werde, ist ein um so schwierigeres Unternehmen, da diese Sprache eine von den lebenden iu so vielfacher Hinsieht abweichende todte ist, die man allein aus den stummen Lauten schriftlicher Denkmäler so auffassen soll, dass die von ihr erworbene Kcnnt-niss eben so anschaulich werde wie von einer lebenden Sprache, wodurch die wahre (nicht bloss sammelnde) Beobachtung bedingt wird, die gleich sehr Empfänglichkeit und Gewandtheit des Geistes als anhaltendes Studium voraussetzt. [') Erschienen in den Jahrbüchern für wissenschaftliche Kritik, Januar 1829 S. 24—52.] 144' Durch die zahllosen Schwierigkeiten der Aufgabe geschreckt haben daher selbst die gelehrtesten und geistreichsten Philologen, auch wenn sie einen grossen Theil ihres Lebens vorzugsweise der Beschäftigung mit dem Griechischen gewidmet, eine Grammatik dieser Sprache zu liefern um so weniger zu unternehmen gewagt, je grossere Ansprüche sie selbst an eine solche Arbeit machten. Indess bedarf man doch immer eines Werkes das dem jedesmaligen Standpuncte der Kenntniss des Griechischen gemäss ein ausführlicheres Lehrgebäude der Sprache enthält; und da noch bei weitem nicht so vorgearbeitet ist dass schon jetzt hier etwas auch nur einiger Massen Vollendetes erwartet werden könnte, so muss man mit Dank auch das vergleichungsweisc Gute aufnehmen, zumal wenn es dem dermaligen Standpunkte dieses Zweiges der Literatur nicht unangemessen erscheint. Als vor etwa zwanzig Jahren Hrn. Matthiä's Griechische Grammatik zuerst erschien, wurde sie mit aller der Anerkennung aufgenommen die einem Buche gebührte das, basirt auf das Studium der Quellen und der damals vorhandenen Hülfsmittel und Vorarbeiten, nicht bloss das in Commentaren und ähnlichen Werken vielfach Zerstreute mit dankenswerthem Fleissc gesammelt enthielt, sondern auch oft das von Andern Zusammengeworfene und Verwirrte gesondert und gesichtet, zuweilen durch eigene Forschungen des Verfassers genauer bestimmt oder erweitert, und das Ganze in eine für den Gebrauch ziemlich bequeme Ordnung gebracht darbot. Wenn gleich für den Unterricht weniger geeignet, schaffte das Buch sich doch bald, selbst im Auslande, ein sehr bedeutendes Publicum und erhielt bei den Philologen eine Art von kanonischem Ansehen, in dem es sich um so leichter behauptete, da es keine Nebenbuhler hatte. Zwar wurde man bald auf mancherlei Unvollkommen-heiten des Werkes aufmerksam. So entdeckte man nicht selten Mangel an Kritik, die Begeln schienen häufig nicht den erforderlichen Grad von Genauigkeit und Präcision zu haben, noch öfter wurde Unvollstiindigkcit bemerkt; Viele vermissten in dem Ganzen philosophischen Geist. Diese und manche andere Mängel wurden um so mehr gefühlt, je eifriger das Studium des Griechischen in den letzten zwanzig Jahren getrieben wurde und je mehr die Kenntniss dieser Sprache sowohl an Umfang als an Gründlichkeit gewann. Kaum übersehbar ist die Masse der in diesem Zeiträume herausgekommenen Schriften die sich theils unmittelbar theils mittelbar auf Griechische Grammatik beziehen. Eine Anzahl von Ausgaben ist erschienen, durch die, zum Theil nach neu verglichenen Handschriften, die Texte mancher Schriftsteller ganz anders gestaltet sind; wir haben eine Monge von kritisch-exegetischen Werken erhalten in denen sich spraclilichc Bemerkungen aller Art zerstreut finden; endlich sind einzelne Gegenstände der Griechischen Grammatik in eigenen Schriften ausführlich untersucht worden. Alle diese Vorarbeiten mussten bei der neuen Ausgabe des Werkes, der man um so mehr mit Sehnsucht entgegen sah, da die alte sich schon überlebt hatte, nicht bloss benutzt, sondern auch mit besonnener Prüfung und Aus-- 145' wähl benutzt werden. Ja noch mehr! Vieles was kaum erst angeregt worden bedurfte noch eigener, zum Theil weitschichtiger Untersuchung. Ilicnach konnten die Ansprüche und Erwartungen mit denen man der neuen Bearbeitung des Buches entgegensah nicht anders als sehr bedeutend sein. Hr. Matthiii scheint das selbst gefühlt, scheint selbst erkannt zu haben wie schwer es ihnen zu entsprechen sein würde. „Bei dieser neuen Auflage,'1 sagt er in der kurzen Vorrede zum ersten Bande, „habe ich weiter nichts „hinzuzusetzen, als dass ich dieselbe mit geringerem Zutrauen dem Publicum ,,übergebe als die ersterc. Bei und nach der Ausarbeitung ist mir noch so „vieles Nachzutragende vorgekommen, dass ich schon daraus sehe, wie weit „ich noch von der Vollständigkeit, nach der ich strebte, entfernt bin. Indessen wird man doch die Zahl der Berichtigungen und Zusätze bedeutend „genug finden, um in dieser neuen Auflage eine völlige Umarbeitung der er-„sten anzuerkennen." Wenn eine Umarbeitung durch blosse Zusätze und Berichtigungen gegeben werden kann, so mag man immerhin was H. M. wünscht anerkennen. Wie zahlreich namentlich die ersteren seien, lässt sich schon daraus entnehmen dass diese Ausgabe, die zweihundert und achtzig Seiten füllenden Register ungerechnet, fast vierhundert Seiten stärker geworden ist als die erste. Auch fehlt es nicht an Berichtigungen, wenn gleich dieselben noch nicht immer das Richtige geben. Da indess das alte Gebäude damit immer nur ausgebessert und geändert, wenn auch zum Thcil bedeutend geändert, nicht aber ein ganz neues aufgeführt ist, so kann wohl nicht von Umarbeitung, sondern nur von Ueberarbeitnng die Rede sein. In sofern nun in dieser Ausgabe derselbe Geist und dieselbe Manier herrscht wie in der früheren, würde es überflüssig sein über den schon hinlänglich bekannten und gewürdigten Charakter des Ganzen zu sprechen. So wenig es aber in dieser Hinsicht an Stoff zu mannigfachen Ausstellungen fehlt, so wird doch Jeder es dankbar anerkennen dass H. M., dem an Fleiss und Gelehrsamkeit wenige unserer Philologen gleich kommen, in seiner Grammatik uns ein Werk geliefert hat dem wenigstens in Ansehung der syntaktischen Theiles, den Ree. vorzugsweise berücksichtigen wird, weil über den formalen schon ein anderer Beurtheiler in einer anderen Zeitschrift genügend gehandelt hat, kein anderes an Reichhaltigkeit gleich kommt. Immer schon ein bedeutender Vorzug, wenn gleich es nur ein relativer ist. Denn dass in der That an und für sich genommen das Buch nicht auch nur auf einigermas-sen erschöpfende Vollständigkeit Anspruch machen könne, hat II. M. schon selbst eingestanden: und wer sich mit der Griechischen Grammatik beschäftigt hat wird fast auf jeder Seite Fehlendes nachzuweisen flnden, am häufigsten in den Abschnitten über den Artikel, die Pronomina, die Präpositionen, die Adverbia, die Conjunctionen. Auch die Tempora und Modi bieten Stoff" zu einer nicht unbedeutenden Nachlese. Noch weniger genügend ist über die Abweichungen von der regelmässigen Construction gehandelt. Kaum glaublich wird es scheinen dass die Ellipse mit anderthalb Seiten abgefertigt ist. 10 146' Fast müchte man vevmuthen, Hr. AI. sei am Ende ermüdet. Denn an Stoll konnte es ihm hier natürlich nicht fehlen. Man durfte einwenden dass bei noch grösserer Vollständigkeit das ohnehin schon sehr umfangreiche Buch übermässig stark geworden wäre. Allein dies hätte sich wohl verhüten lassen, wenn der Verfasser sich, was oft ohne Nachtheil geschehen konnte, in dem Ausschreiben von Beispielen mehr beschränkt hätte. Ucbcrdies würden die 223 Seiten welche zur Verzeichnung aller angeführten Stellen verwendet sind auf jeden Fall besser zur Vervollständigung des Inhaltes der Grammatik benutzt worden sein. Zu dieser Vervollständigung aber, wie zu manchen wesentlichen Berichtigungen, würde II. M. sich ziemlich oft veranlasst gesehen haben, wenn er nicht theils mehrere Vorabciten ganz vernachlässigt, theils auch in den von ihm wirklich benutzten Werken Manches übersehen hätte. So gerne nun auch Rccensent Hn. Ms. mannigfachen Verdiensten Gerechtigkeit widerfahren lässt, so wenig kann er es doch bergen dass er die nach einem Zwischenräume von zwanzig Jahren erschienene zweite Ausgabe dieser Grammatik ungleich vollendeter zu finden hoffte als er sie bei genauerer Ansicht wirklich gefunden hat. Man darf zwar nicht so strenge gegen Hn. M. sein als er selbst gegen sich ist, indem er den Spruch: opere in longo las est obrepere somnum, zu seiner Entschuldigung angewendet zu sehen verschmäht. Im Gegentheil glauben wir dass der Verfasser eines solchen Werkes um so mehr Ansprüche auf Nachsicht habe, je umfangreicher und schwieriger dasselbe ist. So billig man aber auch in dieser Hinsicht sein mag, so wenig wird man doch alle Mängel und Verstösse des Buches entschuldigen können. Es sind dieselben in der That so zahlreich und zum Theil so bedeutend , dass man überall bei dem Gebrauche des Werkes Vorsicht und Misstraucn empfehlen muss. Um dieses Urtlieil zu belegen kann Bec. für jetzt nur einen Theil der von ihm bemerkten Fehler und Ungenauigkeiten durchgehen, behält es sich aber vor, später einmal, wenn ihm mehr Müsse geworden, noch andere Beiträge zur Berichtigung eines Buches mitzutheilen das seiner mannigfachen Mängel ungeachtet doch gewiss noch lange zur Grundlage unseres Studiums der Griechischen Sprache dienen wird und zu dessen Vervollkommnung gelieferte Beiträge hoffentlich Niemand erwünschter sein werden als dem Verfasser selbst, der es gewiss zu redlich mit der Sache meint als dass er die an seinem Werke gemachten Ausstellungen übel deuten sollte. Die Grundlage aller grammatischen Forschungen ist bekanntlich die Kritik. Sehr wahr erinnert II. Matthiä selbst hierüber in der Vorrede p. IX: „Bei den angeführten Stellen darf die Kritik nicht vernachlässigt werden: „es ist wesentlich nothwendig, sich nicht damit zu begnügen, dass eine Stelle „in der Ausgabe, deren man sich gerade bedient, so gelesen wird, wie man „sie zu seinem Zwecke braucht, sondern man muss nachsehen, ob die Les-„art, nach der man eine Stelle anführt, die urkundliche, durch Handschriften „bewährte ist oder nicht. In diesen Fehler war ich zuweilen bei der ersten 147' „Aullage gefallen, wo ich z. B. behauptet hatte, tivtxu käme auch bei den „attischen Dichtern vor, denn Stellen, an denen die Handschriften von einander abweichen oder in der Lesart schwanken, können gar nichts beweisen." Wenn jenes „Zuweilen" uns die Hoflnung geben soll dass dieser Fehler bei der zweiten Ausgabe gar nicht oder wenigstens höchst selten vorkomme, so muss Iiec. bemerken dass er, ohne sich etwa ein Geschäft daraus zu machen kritisch unsichere Stellen in dem Werke aufzusuchen, bloss bei gelegentlichem Nachschlagen ihrer nicht wenige entdeckt hat und sich also zu dem Schlüsse berechtigt glaubt dass H. M. auch hei der zweiten Ausgabe sich „diesen Fehler" ziemlich oft habe zu Schulden kommen lassen. Zum Beweise hier nur folgende Stellen. Um zu zeigen dass (daoq ein Commune sei, fuhrt H. M. ausser zwei missverstandenen Stellen (ein Irrtliuni der jedoch, wenn auch nicht in den Zusätzen und Berichtigungen, wo man dergleichen sucht, S. 827 anerkannt wird) Eurip. Troad. 1110 an: eine Stelle der Scidlers Aenderung n/.uiuv in ni.aiäv ihre Beweiskraft nimmt. Das S. 646 aus Xen. Anab. I, 10, 4 angeführte nuviu rixäv ist dort eine schon hinlänglich widerlegte Conjectur. In der Stelle lvyrop. VIII, 3, 47 (S. 942) liest man jetzt, wenn auch vielleicht mit Unrecht, ftivt für /itvüq. Bei Thuk. VIII, 36 (S. 1113) hat Bek-ker für in! aus einer der besten Handschriften 'in gegeben, und IV, 15 (S. 1182) ans fast allen nuqa/QTjtia für nqbq in x'Vt,"«• Gleichfalls aus Handschriften liest man jetzt Xen. Mein. I, 6, 13 (S. 102 5) noieicai für Trojjjra«. In der S. 1026 angeführten Stelle des Piaton Phaed. p. 101, c: ntiatt/av iiSiuq oÄfft«; häacov ov uv iniun/ai haben Heindorf und Bekker den Conjunctiv gegeben, und das dieser hier nothwendig sei, zeigt Reisig de vi et usu uv part. p. 110. Ja Hn. Ms. eigene Uebersetzung: wessen sie theilhaftig sein mag, ist nur diesem Modus angemessen. Schlimmer noch ist es, wenn durch nicht sichere Lesarten die darauf gegründeten Regeln selbst zweifelhaft werden. Das dürfte z. B. der Fall sein § 141 Anm. 1, wo von dem Part, dtiav bei Zahlen gesagt wird dass es auch auf die geringere abzuziehende Zahl bezogen würde und so die Genitive con-sequentiae ständen. Dafür werden Thuk. IV, 102, Demosth. Lept. p. 480 und Xen. Hell. I, 1, 5 angeführt. Allein an den beiden ersten Stellen hat Bekker auf genügende handschriftliche Autorität däovia und ihovauq gegeben. Zwar bemerkt Fr. A. Wolf zu der Stelle des Demosthenes dass die andere Construction nicht minder bei den besten Schriftstellern sich finde. Allein man darf fragen: bei welchen? Bei Herodotos und Thukydides kommt sie nie vor; aus den Rednern weiss Ree. eben so wenig ein Beispiel dieser Art: schwerlich dürfte sie sich auch bei Piaton finden, der Gesetze S. 766, c sogar sagt: naiv izrjxeiv uvvio xtjv uq/qv nXecov !j tqiuxovtu incihoiievijv ijfie-qöv. Die Stelle des Xenophon aber: ävolv äeovaaiv tlv.oai vuvalv kann leicht geändert werden, indem man äcovoaiq liest. Ein zweites Beispiel einer auf unsichere Stellen gegründeten Regel finden wir S. 952. „Zuweilen steht so (in Beziehung auf die Zukunft), heisst 10* 148' es dort, in der or. obliqua der Optativ Aor." Ohne es weiter zu rügen dass eine solche Kegel mit einem „Zuweilen" eingeführt keine Hegel ist, bemerken wir nur dass in der ersten von den drei dafür angeführten Stellen Xen. Hell. II, 3, 56 die Handschriften für nifi£oivio haben; die letzte Aesehyl. l'ers. 355 ff. ist mit sehr leichter Aenderung gebessert. Ks bleibt also nur noch eiue und zwar aus einem sehr verfälscht auf uns gekommenen Werke übrig, nämlich Hell. V, 5, 14, wo aber, wenn man nicht etwa mit Schäfer /.iinnv schreiben will, mit sehr leichter Aenderung äv nach Uieiixv eingeschoben werden kann: eiue Art des Ausdrucks die unten gegen Hn. M. als richtig erwiesen werden soll. Hienach wird es erlaubt sein, bis genügende Beispiele für das Gegentlieil geliefert werden, zu glauben dass der O-ptativ Aoristi ohne äv nie auf die angegebene Weise gebraucht worden sei, sondern in der oratio obliqua nicht zuweilen, wie H. M. versichert, sondern i mmer die Bedeutung der Vergangenheit gehabt habe, ausgenommen wo er, wenn ein historisches Tempus vorangegangen, die Stelle des delibera-tiven Conjunctivs vertritt, wie in *;(jcio ei xataeiev er fragte ob er schlagen sollte. [Noch ein Fall in Ivr.'s gr. Spr. f. Sch. § 53, 6, 4 E. der 4 A.] Eben so wenig zuverlässig zeigt sich der Verf. S. 102 7. „Oft," sagt er, „steht auch das Relativnm statt iva, wie im Lateinischen qui statt ut." Ritt welcher Construction ist nicht gesagt. Zum Belege sind ausser einigen Stellen des Homer Tliuk. VII, 25 und Xen. Mein. II, 1, 14 angeführt. An der letzten Stelle steht der Indieativ Präsentis und da nun Beispiele vom Conjunctiv und Optativ bereits da gewesen sind, so wird man am Ende wohl nach Belieben alle drei Modi gebraucht haben, wobei, wenn man das Oft der Kegel in drei Theile theilt, doch auf jeden Fall ungefähr noch ein Zuweilen kommen wird. Indess den Indieativ scheint H. M. selbst auszuschliessen. Wenigstens hat er § 481, wo drei von den hier angeführten Stellen sammt der Hegel schon da gewesen sind, (eine Art von Wiederholung die man auch sonst hin und wieder findet,) aus der Stelle der Memorabilien otg ä/iv-vnvvrai für o'q äftvvoveai gesetzt, aber ohne zu erwähnen dass dies nur eine Conjectur ist. Der Indieativ des Futurs steht allerdings in der Prosa regelmässig nach Relativen, wenn ein Zweck zu bezeichnen ist, obgleich dieser Begriff, wie sich von selbst versteht, nicht im Relativ, sondern im Futur enthalten ist. Dass man aber auch den Conjunctiv in der Prosa so gebraucht habe ist erst mit sichereren Stellen als der von Hn. M. angeführten Thuk. Vn, 25 zu erweisen. Denn dort haben die beiden besten Handschriften, aus denen Bekker an unzähligen Stellen den Geschichtschreiber verbessert hat, nnoiq für o\'neq. Eine andre Stelle, die Buttmaun anführt, Plat. Men. p. 89, c beweist eben so wenig, da in ihr der Conjunctiv imperativisch gefasst werden kann. Eher verzeihlich ist es, wenn H. M. S. 1156 sagt iW(i mit dem Accu-sativ hiesse „auch a n, wie mit dem Genit." Denn in der dafür angeführten Stelle Xen. Anab. I, 1, 9 hat wenigstens nur eine, erst von Jacobs verglichene, Handschrift den Genitiv. Freilich aber musste hier nicht so gesprochen werden als sei diese Construction nichts Seltenes. Das ist sie in der 149' That. Wenigstens hat es dem Ree. bis jetzt noch nicht gelingen wollen ein zweites Beispiel der Art [bei Attikem] aufzufinden. [Vgl. Kr.s Sprachl. f. Seh. § 68, 29, 1.] Nächst der Kritik hat der Grammatiker zuvörderst darauf zu sehen dass er die angeführten Stellen auch richtig verstehe oder wenigstens bei solchen bei denen die Erklärung nicht ganz sicher ist seine Ansicht von ihrem Sinne nicht als apodiktische Gewissheit ausspreche. In dieser Hinsicht loben wir es, wenn H. M. S. 606 in der Stelle Xen. Mem. I, 4, 13: zi (füXov äXXo 1} [ot] ävd-gwrzot Q-fobq t}t:(i{i7iEÜrivOLv, eine doppelte Erklärung als zulässig erwähnt, wenn gleich die erste sich als richtig beweisen lässt durch Stellen wie Demosth. IV, 12 p. 43: i'nt(i (jj zxixi) all ßiXxtov 1} i]ittt<; ijiiüv a'notv iniueXovfie&a. Aehnlichc Beispiele aus Lateinern giebt Zumpt Gr. § 370 Anm. Allein nicht immer ist H. M. so vorsichtig gewesen; er stellt zuweilen als gewiss auf was kaum für wahrscheinlich gelten kann. So behauptet er S. 591 dass bei Xen. Mem. I, 2, 55 als Subject zu ßovXtxai — tiuqü-zai aus § 54 exarrroq gedacht werden müsse. Allein diese Erklärung ist schon desshalb, weil jenes Wort zu weit entfernt ist und bereits andere Sub-jecte dazwischen getreten sind, nicht wohl zulässig und man muss vielmehr zlq aus dem «s tpQovtfio')zarov eivat ergänzen. Aehnlich sind die von Herbst nachgewiesenen Stellen des Piaton. [Kr.'s Spr. f. Seh. § 61, 4, 5.] Noch auffallender ist manches Andere. So wird S. 583 gesagt bei Piaton Euthyd. p. 303, c: iv dt rot? xai zovzo fityctXonqeniaztqov stehe iv 70t; eben so beim Comparativ wie sonst bei Superlativen. Heindorf, heisst es weiter, vergleiche dort Aelian. V. H. XIV, 38. Allein bei diesem steht ja ir df toi; ohne Comparativ nach regelmässigem Spraehgebrauche für iv zniq de; und nicht anders ist auch die Stelle des Piaton zu fassen. Nicht weniger unrichtig wird S. 712 Odyss. y, 228: ovx av i/ioi ye iXno-fievw tu ytvotzo übersetzt: ich hätte das nicht gehofft. So würden wir nur von etwas bereits Geschehenem sprechen und dies müsste hier im Griechischen durch den Indicativ des Aorists bezeichnet werden: allein Telemachos redet dort von der Zukunft und will sagen: ich darf nicht hoffen dass dies etwa geschehen dürfte. Denn dass bei einer solchen Redeweise bloss das Participinm als der Hauptbegrifl' durch das Verbum fmitum zu übersetzen sei ist eine Regel die keiner Widerlegung bedarf. In der noch für diese Angabe mit der nachlässigen Erklärung des Scholiasten angeführten Stelle des Thuk. V, 111: zoiitw fiiv xal Tzetieiqa/iivoiq a>' rt yevoizo xal vfüv xal oiix averzioirjfioaiv x. i. X., würde die NichtÜbersetzung des av yi-vozzo einen widersinnigen Gedanken geben. Der Schriftsteller kann wohl nichts Anderes sagen wollen als: wenn etwas der Art geschähe (z. B. ein Einfall in Attika erfolgte', so habt doch auch ihr schon (durch die Belagerung von Potidaen) die Erfahrung gemacht und wisset e« wohl dass u. s. w. — Kaum glaublich scheint es dass H. M. S. 817 in den Worten Xen. Anab. V, 6, 9: AXvv ou fittt» ävotv trzadioiv das fitiu als Neutrum Pluralis nehmen zu müssen geglaubt habe. — Noch ärger ist 150' es, wenn es S. 986 heisst: „Plat. Phaedon p. 95, e: ti'it ti ßovkei nQoq-frijq tj itifihjq statt Trqoq&iivai iJ äipe/.elr." Das heisst etwas glauben dessen Möglichkeit vor allen Dingen zu erweisen war: eine Mühe die sich lciclit Jeder ersparen kann der die Stelle im Zusammenhange liest: »Jenmjtfe? noXXüxiq dvaXaitßdvot, iva f.it] zi äiatpvyij ';/iäq, e'i ze ti ßovlei, 7Z(joq&ijq i] üipiXi/q. Diese Coujunctivc hängen noch von ira ab und werden durch zi, was von tX zu trennen ist, mit diaipvyij verbunden. Leider beschränken sich solche Missdeutungen nicht immer auf einzelne Stellen. So lehrt H. M. p. 547, hei Prosaikern stehe der Artikel beim Substantiv, wenn das Pronomen (ovzoq, öcJc, ixetvoq) vorausgehe, fehle aber oft, wenn es folge. Um diese, so viel liec. weiss, neue Ansicht zu erweisen, werden drei Stellen angeführt. Die erste Thuk. I, 1: xivi;aiq yaq avirj iie-yitnii ä!] zolq "EUt/itiv iyivtzo ist schon längst richtig erklärt worden. Ki-ytja-iq ist nämlich Priidicat und «vrij besteht für sich als Subject. welches das Genus des Prädicats angenommen, nach einer bei den Griechen sehr gewöhnlichen Sprechweise. Der Artikel fehlt in solchen Fällen eben so wohl wenn outoq vorangeht. So sagt z. B. Lykurgos g. Leokr. III, 5: roi'iw xavbvi ■/q^a&ai, und sehr mit Recht hat Bekkcr an einigen andern Stellen der Art bei diesem Redner und dem Lysias den durch Unkunde der Abschreiber eingefälschten Artikel getilgt oder verdächtigt. Wer mehr Belege verlangt vergleiche Piaton Polit. I, 6 p. 331: ohoq oqoq inzi ihxaionvvrq. II, 2 p. 359: eivai dr, xavTTjv yeveaiv ze xai oiWar dixatoovvtjq. X, 14 p. 619, a: avzt; x'iai/rrn; a'ioeoiq. Dionys. Arcli. V, 9 p. S63: fiiav atroufiivio zav-ir;v äwQeäv. So construirt der Grieche auch bei Adjectiven den Subjectsbegriff ohne Artikel zum Prädicat, wie z. B. Thuc. II, 75: il.m^ovzeq rayinzr.v aiqemv iaeoöai a'vimv. Xen. Mem. 1, 3, 12: wq äeivi;v ziva Xiyuq bvvapuv zov qzhjfiazoq eivai. Stellen an denen man wie bei Soph. Phil. 81, (von der Hr. M. S. 612 ausser Hermanns Erklärung, eine zweite giebt, deren Zulässigkeit doch hätte erwiesen werden sollen.) wegen des hinzugefügten Genitivs den Artikel erwarten würde. Von der zweiten der von Hn. M. angeführten Stellen Thuk. I, 65 (1, 55. 66) gilt dasselbe was von der ersten; scheinbarer ist die dritte ebend. II, 74: im yr\v zijväe. Allein auch sie spricht vielleicht nicht gegen die gewöhnliche Ansicht. Man darf "nämlich nicht wähnen dass bei den mit jenen Pronominibus verbundenen Substantiven der Pronomina wegen der Artikel stehe. Es ist dieser Sprachgebrauch, in dem Weiske de pleon. p. 35 irrig einen Pleonasmos fand, ursprünglich von einem reinen Appositionsverhältnisse ausgegangen. Das zeigen Stellen wie Xen. Anab. VII, 5, 3: zovzoiq dt zotq azqatiyyolq dugov schenke diesen, den Sratcgen. Der Artikel wird also nur hinzugefügt, insofern der Begriff dadurch als bestimmt bezeichnet werden soll, kann aber weg bleiben bei Wörtern bei denen überhaupt, auch wenn bestimmt gesprochen wird, der Artikel nicht notwendig ist. So findet sich namentlich öfter bei Eigennamen bloss ovzoq, öde, wie z. B. Xcn. Anab. VII, 2, 29. Eben so alzbq ßaaikivq ib. 1, 7, 11 und 151' Hell. III, 5, 14. Nach dieser Analogie könnte wohl auch ijtle y'i gesagt sein, wenn sich nur erweisen Hesse dass yij, auch wo ein einzelnes Land bezeichnet wird, eben so ohne Artikel stehen könne, als wenn von der Erde überhaupt die Hede ist. Denn dass dies in diesem Falle oft vorkomme ist bekannt, wenn auch II. M. es, wie vieles Aehnliche, nicht berührt hat. Da indess jener Beweis vielleicht nicht geführt werden kann (denn Thuk. II, 54 kann yijq ft"> ät]ovfiivr,q übersetzt werden: da (ihnen) Land verwüstet wurde), so ist Thuk. 11, 74 mit zwei Handschriften iijv yijv rljväe zu lesen. Wenn also II. M. seine neue Regel halten will, so wird er uns eine Anzahl anderer recht fest stehender Stellen zu liefern haben. Ob er das können werde, erlauben wir uns sehr zu bezweifeln. Nicht weniger irrig ist was p. 550 behauptet wird, oi nhlovq stehe statt nXtiovq. Eine solche Angabc sollte man in unsern Tagen kaum noch erwarten. Warum hat H. M. nicht gar diese Angabe auch auf deu Artikel bei anderen Comparativcn ausgedehnt? Denn eben so findet sich z. B. Xen. Mem. III, 9, 9: jzqäiovraq icl ßthim rovxuiv. Zwei andere Stellen haben Erfurdt und Hermann zu Soph. Antig. 312 angeführt und der letztere sie auch erkliirt. Was die übrigen Stellen die H. M. mit solchen zusammenstellt anbetrifft, so ist es wohl offenbar dass im Philokt. 576: ,«») vvv fi' i't>n tu nXeiova, ohne den Artikel der Sinn ein ganz anderer sein würde, nämlich: frage mich nicht um mehrere Dinge, während die Worte mit dem Artikel heissen: frage mich nicht um das Weitere, Uebrige. Die Stelle Trach. 731: triyüv toi' 7i).tia> ).oyov, die eben so zu erklären ist, würde nur wenn der Artikel fehlte auffallend sein. Auch in Aristoph. Fröschen 160: ov xaOc'ÜM i«viu tov TiXüw yqovov, finden wir nichts Auffallendes, da hier die Zeit als ein Ganzes in zwei bestimmte Theile gethcilt vorgestellt wird: der eine begreift die vergangene, der andere die künftige. Eine solche Vorstell ungsweisc ist bei den Griechen so gewöhnlich dass sie sogar regelmässig, wenn ein oder mehrere Theile eines Ganzen genannt werden, den Artikel zu den Theilen hinzufügen, wie z. B. tmv nivic uoiuüv ritq ävo viunvicti sie haben zwei Fiinftheile inne. Ja selbst wird wo auf eine grössere Zahl eine kleinere folgt, dieser der Artikel beigefügt, weil sie durch die Nennung der grösseren als ein bestimmter Theil derselben bezeichnet ist. Dies geschieht nicht etwa nur in Stellen wie Thuk. VII, 43: toiorc«; totq tzütiv oydoijxovra xai itiqaxoaioiq — xai tovtmv KoTjrtq oi bySoijxorra i'aav welche II. M. S. 550 mit verschiedenartigen zusammenwirft, sondern auch in Fällen wo die kleinere Zahl nicht schon namentlich erwähnt ist, so häufig dass man sich bei ihm nichts darüber zu finden um so mehr verwundern muss, da an einigen solcher Stellen die Verbesserungsvorschläge der Gelehrten auf diesen Sprachgebrauch aufmerksam machen konnten. Doch wo noch neue Beobachtungen zu machen gewesen wären, wird man oft vergebens sie von Hn. M. gemacht zu sehen erwarten. Wenn wir S. 559, wo über die Apposition gehandelt wird, die Bemerkung lesen: „selbst findet sich ö "stkvq noca/toq," so verleitet zunächst das 152' »elbst diese Art des Ausdrucks für unregelmässig zu halten. Sie ist aber regelmässig, nur ist wohl liier eben so wenig an eine Apposition zu denken, als bei uns etwa in: „der Rheinstrom," der Begriff Strom Apposition zu Rhein ist. Der Artikel gehört eigentlich zu noxauos, wogegen die Stellung nicht ist. Eben so sagte man z. B. xb 'yixadtjfzia xaXovfttvuv yvfivämov. Nicht wohl begreifen lässt sich, wie Ii. M. mit jener Ausdrucksweise Soph. Trach. 1162: öd' ovv b &t](> (nicht bloss n 9ij(>) KevxavQos, als nicht sehr verschieden zusammenstellen konnte. In der Erklärung eigentlich schwieriger Stellen, deren in dem Werke eine grosse Anzahl behandelt werden, scheint II. M. nicht selten unglücklich gewesen zu sein. Ree. begnügt sich hiefür nur einige Belege aus den beiden ersten Anmerkungen zu § 556 zu entnehmen. „Das Particip, heisst es „dort, steht in Zwischensätzen, wenn diese mit dem Hauptsatze ein Subject „gemeinschaftlich haben, wo dann das Verbum im Hauptsatze seinen Einfluss „auch auf den Zwischensatz ausdehnt." Ist denn aber bei Thuk. I, 25 ein Zwischensatz in den Worten oute yuq iv navr\yvt>tat x. r. X., zu denen wir noch aus dem Vorigen naqrifiiXovv ergänzen sollen? Um diese Ansicht annehmlich zu machen, wird hinzugefügt: ,,So hängen bei Thuk. II, 17. VII, „28, Plat. Svmp. p. 189, c die Infin. in Sätzen, die mit Conjuuctionen yuq, „inii anfangen, noch von den Verbis fin. in den vorhergehenden Sätzen, do-„xovatv in der ersten und letzten Stelle, tiniaxTfatv äv r»s in der zweiten ab." Aber diese Stellen sind schon einander nicht ähnlich. In der abhängigen Rede muss allerdings öfter nach yän zum Infinitiv oder einem Satze mit' ort, — ftijä' o's ärtoijiijvcti von dem Ilauptverbo des vorigen Satzes r\nioxr\aev äv abhängen soll, wogegen schon das Gefühl sich sträubt. Unstreitig ist hier wie an vielen andern Stellen avyj &avfiaaxov oder ein ähnlicher Gedanke zu ergänzen: eine Erklärung die doch damit nicht widerlegt sein soll dass diese Art des Ausdrucks, die ja nicht in der Gattung des Stils, sondern in der Lebhaftigkeit der Vorstellung gegründet ist, sich sonst vielleicht bei Historikern nicht findet. Gleich darauf sagt H. M.: „Zuweilen steht auch, wenn zwei Handlungen angegeben werden, von denen die eine einen weitern Umfang hat, und „die zweite unter sich begreift, diese letztere im Particip, wo wir das Ver-„bum finitum setzen würden," Dafür werden zwei Stellen angeführt, Herod. VII, 6: iXcye xov xe 'EXX/janovxov o's £ev%9ijvctt yqeotv f)V v71 ctväqbq Ui'q-ato), tljv t£ VXamv e;rtyeofitvo%. Wenn man die Stelle im Zusammenhange liest (es geht nämlich voran: töiv ft'ev 'iXeye ovd'ev, o tte xä eixiiye-triixxa ixXeyn/ievn;), so kann man wohl nicht zweifeln dass eben sowohl xov 'EXXiidnavxov als xi;v iXamv von iltjyebftevoq abhänge und dass also nichts hier auffallend sei als die Inconcinnität, die aber bei Ilerodotos und Thukydides sehr häufig ist. Dass iXtye mit dem Vorhergehenden zu verbinden sei, zeigen Stellen wie I, 107: Mtjihav ttev — ovdevi didof — c di Iliqoi] dt- 153' Hol. Auffallender ist die zweite Stelle Thuk. II, 11: «i/.a xai irti nohv äiivaimrctTtiv vvv iq/n/je&a, xai aiiini 7tXeiiJcoi xal uyiaioi aiqaievovieq. Indess halten wir für schlechterdings unmöglich, was II. M. anzunehmen scheint, dass £(>x6fiel}u xai iriQunvofw; zu verbinden sei. Eher liesse sich glauben dass das zweite xai mit Bredow bloss auf aitoi zu beziehen sei (et ipsi). Da es indess mit dem ersten xai in Beziehung steht, so muss man wohl auch zu dem zweiten Satze noch das Verbum nnitum des ersten denken. Ob die schwierige Stelle Aesch. Ag. 431 ff. (410 ff. Blomf.) so gedeutet werden könne wie H. M. Anm. 2 will, der zu tut' av aus einem vorhergegangenen xäqiv — Xa'Q!i ergänzt, überlassen wir Andern zu entscheiden. [Hermann ergänzt oqä aus öfäv.] Sonderbar ist die Erklärung der Stelle des Herod. I, 129: ei ydq cJtj dtov jzdviuiq neqi&eivai aX).u> teui lijv ßaailr[iijv xai /.ilj avibv exuri dixai-öieqov Mrjdoiv xeoi neqißai.tiv tovio to uya&bv ij Uequiuiv. „Hier, heisst es, „muss zu ei ydq dij snpplirt werden äV.ni 71 tini&r^.t zo xqdxoq, und deov „heisst quia oportuisset, wie kurz vorher ei naqeov aviü ßaadea yevea&ai — dV.ai jiepte&qxe to xgäro.;." Wozu diese Vergleichung? Denn dass äeov so gebraucht werden könne, weiss wohl Jeder. Dass es aber hier nicht so zu nehmen sei, wird, denken wir, eben so Jedem die Uebersetznng des Siov nach der von Hn. M. gegebenen Erklärung zeigen: „Wenn er nämlich, da es nöthig gewesen wäre einem Andern die Herrschaft zu geben, sie einem Andern gegeben habe, so wäre es gerechter gewesen einem der Perser als einem der Meder dieses Gut zu geben."' Es miisste doch dem Znsammenhange gemäss wenigstens heissen: wenn er sie einem Andern habe geben wollen. Gar nicht erwähnen wollen wir die harte Ergänzung. So zu erklären scheint sich H. M. dadurch haben verleiten zu lassen dass er geglaubt, Seov könne nur als Casus absolutio stehen. Allein es findet sich auch adjectivisch nüt Auslassung des Verbi Substantivi, wie z. B. Demosth. III, 1 p. 28: tu dt Ttqdyuatu eiq zovto 7tqor';xovta (opiS) wo11 o7ZMq il'] TzeiaöueQa avtoi jtqdisqov xaxöiq oxiipaaO-ai älov, wo es Seagers Conjectur nicht bedarf. Denn eben so findet sich auch e$6v Isac. VII, 22: litlv a ovx efbv avxij, und rrqoqtjxov Lys. XVHI, 11. XXV, 2. — Was die Stelle Plat. Phaedr. p. 260 betrifft, so sieht man nicht woher II. II. das ßovXetut, was er ergänzt, nehmen wolle. Wenn man sich solche Freiheiten erlauben darf, so kann man leicht Alles erklären. Noch weniger lässt sich begreifen wie man Soph. Oed. T. 159 nach einer völlig abgeschlossenen Rede das Particip xixXduevoq der Antistrophe noch zu dem ixxhctuai der Strophe soll ziehen können. Die Stelle Xen. Mem. H, 6, 25 findet sich bereits in Herbsts Anmerkung dazu richtig erklärt. Doch genug über Hn. M.s Exegese, um in dieser Hinsicht einige Vorsicht bei dem Gebrauche des Werkes zu empfehlen. Wenden wir uns jetzt zu dem was bei einem solchen Buche die Hauptsache ist, zu der historischen Erforschung des Sprachgebrauchs und der auf sie gegründeten Angaben und Regeln. Hier erfordern wir zunächst dass nicht als allgemein oder doch vor- 154' zugsweisc gültig ausgesprochen werde wovon Abweichungen nielit selten sind. Dieso sollen, zumal in einem so umfangreichen Werke, bemerkt und, wo es thunlich ist, die Bedingungen unter denen sie zulässig sind erörtert werden. In dieser Hinsicht Hndet man bei Hn. M. manches Auffallende. So heisst es z. B. S. 554: „Wenn ein Nomen ein anderes im casu obliquo bei sich hat, )(so haben entweder beide den Artikel oder keines.'1 Und das ganz ohne Rücksicht auf den Sinn? Es hätte also etwa Thuk. I, 110 sagen können diu ftryt&o? f'Aou« für äiu ,». roü Woi'«? Wenn aber auch hier der Sinn zu berücksichtigen ist, so sagt die Regel so ausgedrückt nichts, zumal da sich gegen sie eine Unzahl von Stellen geltend machen lässt. Ferner heisst es S. 566: „In der gewöhnlichen Sprache steht Alles, was zu einer Bestimmung „gehört, nach dem Artikel. Die Dichter aber weichen von dieser Stellung „zuweilen ab." Nur die Dichter? Auch bei den Prosaikern findet sich, wo die Betonung dazu veranlasst, eine solche Stellung, wie Xen. Symp. II, 4: fivqm n uUiifiäiievo';. Kyrop. V, 3, 19: TialSat — 16 ttoicTitOui. Andere Stellen der Art sind schon von Andern angeführt worden. Noch weniger allgemein wahr ist die Regel, wenn das Nach etwa heissen soll: unmittelbar nach, womit allerdings das Gewöhnliche bezeichnet sein würde, wovon es aber mehrere Arten von Abweichungen giebt, die auf jeden Fall Erwähnung und Erörterung verdient hätten. Doch der Artikel ist überhaupt sehr mangelhaft behandelt worden. Noch auffallender ist was S. 1027 behauptet wird: „in orat. obl. steht „der Optativ ohne av. Denn bei Xen. Anab. I, 6, 2 steht der Opt. mit av „im Nachsatze nach einer Bedingung." Allein in eben dieser Anabasis finden sich wenigstens noch sechszehn Stellen an denen, ohne dass ein Bedingungssatz dazu gehörte, in der or. obl. av mit dem Optativ steht. Man hat wohl an solchen Stellen Anstoss genommen. Allein das diese Fälle schützende Sprachgesetz ist, wie wir glauben, sehr einleuchtend und so einfach dass man sich wundern darf es nicht schon längst ausgesprochen zu sehen. Bei der or. obl. nämlich muss man überall von der or. recta ausgehen. Wo in dieser der Indicativ stehen würde, wird in der or. obliqua entweder der Infinitiv (oder das Participium) gesetzt oder ort und w; mit dein Indicativ oder mit dem Optativ ohne av. Wo dagegen in der or. recta uv mit dem Indicativ oder Optativ stehen würde, bleiben diese Modi mit uv bei ort und w; oder gehen in den Infinitiv oder (wo das regierende Verbum die Participial-construction erfordert) in das Particip, beide mit av, über. Hieraus ergiebt sich auch warum der Gebrauch des Indicativi Futuri mit uv und des I'arti-eipii Futuri mit derselben Partikel nicht verschieden sei, wie II. M. S. 1200 annimmt. Nach derselben Analogie steht in indirecten Fragen statt des In-dicativs der directen entweder gleichfalls der Indicativ oder der Optativ: der Optativ mit av der directen bleibt in der indirecten unverändert; eben so auch der Conjunctiv, wenn ein Praesens oder Futurum vorangeht, während statt dessen regelmässig der Optativ steht, wenn die Frage sich an ein historisches Tempus anschliesst. Dass aber in diesem Falle zuweilen auch der Conjun- 155' ctiv beibehalten wird, ist auf dieselbe Weise wie analoge Erscheinungen in andern Arten von Sätzen zu erklären, üebrigens kann in abhängigen Fragen eben so wenig der Conjunctiv als «p mit dem Optativ nach tl (oder etre — iI'ib) befremden, da dies hier eine blosse Fragepartikel ist. Hin und wieder linden wir als selten bezeichnet was gar nicht ungewöhnlich ist. So wird S. 629 gesagt dass, wenn zu einem Ortsnamen der Name der Landschaft im Genitiv gesetzt werde, dieser meistens voran stehe. Mit einem Meistens oder Gewöhnlich ist in solchen Fällen sehr wenig gesagt. Denn wenn sich auch wirklich nur zehn Fälle gegen hundert nachweisen lassen, ein Verhältniss das hier keineswegs statt findet, so miissten doch beide Arten des Ausdrucks als gleich sprachgemäss betrachtet werden und es würde nur der Grund aufzusuchen sein warum die eine seltener als die andere erscheint. Der Name der Stadt, denken wir, wurde vorangesetzt, wenn nicht der Name der Landschaft als Hauptbegriff hervortreten sollte. — Wenn S. 795 gesagt wird: „die Wörter, die die Einwohner eines Landes bedeuten, „stehen zuweilen statt des Namens eines Landes," so ist dies viel zu wenig gesagt; es ist das sehrTiäufig, ja die Namen mancher Landschaften finden sich, vorzüglich bei den frühern Schriftstellern, nie anders ausgedrückt. Nicht minder ungenau ist was S. 1114 bemerkt wird: „Besonders „Herodot setzt statt des Particips bei Zeitbestimmungen das v. finitum, wcl-„ches er dann mit der Haupthandlung durch xai verbindet." Das ist aber keineswegs dem Herodotos besonders eigenthümlicli. Es finden sich allein in Xenophons Anabasis, aus der auch zwei Stellen, von denen aber I, 8, 1 nicht hieher gehört, erwähnt werden, ausserdem noch eben so viele als IL M. aus dem Herodotos nachweist. Doch Ungenauigkeiten dieser Art, deren sich leicht noch mehrere nachweisen Hessen, sind eher erträglich als manche Mängel in der Bestimmung der Regeln. Jede Regel nmss eine Definition und als solche weder zu enge noch zu weit sein. AVenn man von diesem Grundsätze ausgeht, so wird man nicht selten an Hn. M.s Regeln Ausstellungen zu machen sich veranlasst sehen. Führen wir zuerst einige Beispiele an in denen man nach des Verf. Worten den definirten Sprachgebrauch auch auf Fälle würde ausdehnen dürfen in denen er weder Anwendung gelitten hat noch leiden konnte. So heisst es S. 575: „Auch bei den Attikern findet sich, besonders hei den Dichtern „dieser Gebrauch " (des Artikels statt des Pron. Demonstr.). Etwa in jeder beliebigen Verbindung? Im dramatischen Dialog wenigstens und in der Prosa kann der Artikel in der Begel nur so in Verbindung mit einigen aus den Beispielen zu entnehmenden Partikeln gebraucht werden. Vör den Iielativis werden wenigstens die proklitiselien Formen sich schwerlich nachweisen lassen und sie waren also S. 577 auszunehmen. Wenn es S. 956 heisst: „So (wie »;xi») wird äxovoi oft statt cixijxoa gebraucht," so müsste ich danach auch sagen können axorra toi" rtO-i^xoio; ich habe den Gestorbenen gehört. Denn das Oft kann mich doch nicht beschränken. Allein axoi'w, so wie xli'r« und das hier gleichfalls zu 156' erwähnende 7inv&drofiai, stehen nur dann für die Perfecta, wenn die Rodo von Thatsachen ist von denen die durch Hören erworbene Kunde noch in der Gegenwart vorhanden ist. Anders Buttmann zu Soph. Phil. 261, der doch eine Erklärung giebt und also eher angeführt zu werden verdient hätte als in manchen anderen Fällen mancher Andere, den nachgeschlagen zu haben man nicht selten bereut. S. 1028 wird gesagt: „Besonders steht dann (in der or. obl.) der „Optativ nach ör», äq, die Handlung mag in die gegenwärtige, vergangene oder „zukünftige Zeit gehören." Dafür werden eine Menge von Beispielen angeführt, aber sämmtlich nur solche wo ein historisches Tempus vorangeht. Ob und in wiefern man aber sagen könne: Xeyoutriv ör» to ßißXlov äyaO-bv flij oder n«vt«s ngootjUiaiv Set i'crono o noXetioq, ist gar nicht angegeben. Wenn hinzugefügt wird: „Auch steht bei zukünftigen Handlungen statt des Futuri „ein anderes Tempus," so wird damit ganz freie Wahl gelassen. Man darf also der Regel nach die Worte: er sagte dass sie dies thnn würden, nach Belieben übersetzen tXeyov öti tovxo notouv, nenaiijxoitv, trottjttttar. Und diese Regel, von der nach dem Auch zu urtheilen die Beispiele gar nicht ungewöhnlich selten sein müssten, begnügt sieh II. M. mit einem Beispiele zu belegen, während er bei Ausdrucksweisen die keinem Zweifel unterworfen sind die Stellen zu Dutzenden anführt. Gleich darauf heisst es: „Zuweilen wird auch bei diesem Optativ oiq oder ort ausgelassen." Hie-nach darf ich also unbedenklich sagen: (denn wie kann ein Zuweilen mich beschränken das nicht wenigstens ein und das andere Mal zu thnn?) iXiym Tioirjtreitxv roüro und zwar wieder in beliebiger Bedeutung sowohl für: sie sagten dass sie das gethan hätten, als für: sie sagten dass sie das thun würden. Denn auch hier trägt II. M. kein Bedenken dem blossen Optativ des Aorists die Beziehung auf die Zukunft zu gestatten, wie die Anführung der verfälschten Stelle des Aesch. Ag. 615 (589 Blomf.) beweist. Abgesehen liievon kann ein solcher Optativ nur stehen, wenn schon ein obliquer Satz, sei es mit dem Infinitiv oder mit öxt, mq vorangegangen ist. Dass aber in diesem Falle diese Partikeln ausgelassen seien, kann man nicht sagen, weil sie in den angeführten Beispielen gar nicht stehen könnten. Eben so wenig genau wird S. 1057 angegeben dass in der or. obl. der acc. c. inf. auch nach Partikeln und dem Relativo folge. Man könnte z. B. nicht sagen: vnitr/txo avtoitq xaiayayüv, 17111 oixaäe atfixta&at, sondern nur uqt-xotvin. Wie der Satz zu beschränken gewesen wäre lässt sich hienach leicht bestimmen. Dass die Infinitive und Participien mit äv verbunden auch durch den Conjunctiv aufgelöst werden können, wie S. 1195 ff. gelehrt wird, ist eine Angabe für die II. M. keine Belege gegeben hat und sie wohl auch nicht wird geben können. Nicht minder zu weit gefasst ist die S. 1192 aufgestellte Regel, dass „bei einem Relativo, das sich auf ein mit einer Präposi-„tion verbundenes Nomen oder Pronomen beziehe, die Präposition ausgelassen „werde." Hienach müsstc man auch sagen können: ol mtiaßeiq syrav/jX&o* 157' tiq t«; 'A&i)vaq, aq ir liü fittaiu xqÖviu no)loi av&Qwnoi aweqqvijxetrar. Allein diese Auslassung kann nur statt finden, wenn der relative Satz das Nomen auf das er sich bezieht attributiv vervollständigt. Der umgekehrte Fall dass Hn. M.s Kegeln zu enge sind, ist gleichfalls nicht selten. So heisst es S. 545: „Vom Perserkönig war gewöhnlich ßaai-„Itc? ohne Artikel." Allein es findet sich dies Wort eben so z. B. von den spartanischen Königen gebraucht bei Xen. v. Staat der Lak. XIH, 10 f. XV, 1 ff. Nicht bloss in dieser Hinsieht ist mangelhaft was S. 592 gesagt wird: „In abhängigen Sätzen fehlt oft das Subject, weil es zu dem Vcrbo des vorhergehenden Satzes construirt ist; eigentliche Attractio." Hienach würde eine Attraction sein in dem Satze: inatat zov iyOqbv onoiq dnoOävoi (sc. b ix&qbq). Doch abgesehen hievon findet sich die hier bezeichnete Attraction nicht bloss in Beziehung auf das Subject und auch nicht bloss bei Ver-bis. Man sehe z. B. Lykurgos g. Leokr. XXXI, !: zov nqäyfiaziq tan arj-fiüov mq oi' nenm/jxaair. Wohl hätten hier auch manche verwandte Erscheinungen berücksichtigt zu werden verdient, namentlich Stellen wie Piaton Phaedr. S. 271, d: ävayxrj eläivai xj)vx>j öaa t'id/j i'yti, wo man Heindorfs Anmerkung vergleiche, und wie Thuk. IV", 8: vijaov zavztjv v inl dexa azabtovq xa&elelv ixazeqov mit Recht txcaiqov hergestellt sei, kann kaum bezweifelt werden. liard mit dem Accusativ vertritt eben so nicht nur die Stelle des näheren Objects, sondern findet sich auch mit Dativen verbunden, wie z. B. Thujc. i, 36: toi; et qvLtnaai xal xa&' i'xaazov zwb' uv fit] nqoia&ai ij/iäq /xä-&oiie. Vgl. VI, 67. Wenn man bloss von unserem Sprachgebrauche ausgeht, so kann man sogar sagen dass I, 122: nqoq tvfmavzdq tt »/««; 'st&ij-vuioi ixavol xai ü nbXiv hi ävvazo'tzeqoi, das x«t« mit die Stelle des nobq vertritt, da der Sinn ist: gegen die einzelnen Städte. [Vgl. Kr. zu 2, 64, 3.] Ein merkwürdiges Beispiel von Mangel an Präcision liefert die S. 918 aufgestellte Regel: „ziq wird oft mit dem dazu gehörigen Worte nach dem „Artikel oder dem Relativ oder nach Conj. u. s. w. eingeschoben, ohne dass „der übrige Satz von ihm abhängt, welches weder im Lateinischen noch im „Deutschen geschehen kann." Hier ist zunächst auf zlq beschränkt was auch bei andern Fragewörtern vorkommen kann und vorkommt, wie z. B. Xen. Anab. III, 1, 14: zov ix noiaq nbXtoiq aiqazijybv nqoqSoxä) lavia nqatetv; Nichts gesagt ist mit dem „Oft." Der Zusatz: „mit dem dazu gehöri- 158' gen Worte'1 verleitet zn der Vorstellung als müsse in diesem Falle noch ein Wort dem Nomen beigefügt sein. Der Begriff „Relativ" nmsstc beschränkt werden, wenn es allgemein wahr sein soll dass man nieht auch im Lateinischen so sagen könne. Man denke nur an Stellen wie: quo quid potest esse tnrpius? Viel zu unbestimmt ist auch der Begriff „C'onjun-ction" und nun gar noch ein „u. s. w.", wobei man die Freiheit hat sich so viel oder so wenig als man will zu denken. Der Begriff „eingeschoben" passt eigentlich, da er zwei Gegenstände voraussetzt zwischen die etwas eingefügt wird, nur auf den Fall wo ein Artikel, durch den übrigens diese Redeweise gar nicht wesentlich bedingt ist, mit seinem Nomen sich findet. Die Worte: „ohne dass der übrige Satz von ihm abhängt," sagen entweder nichts oder etwas ganz Falsches. Denn dass von «'s der übrige Satz abhänge, kann man wohl eigentlich nicht sagen; wenn man es aber sagen könnte, so würde sich nicht einsehen lassen warum der Satz: roc; «' mn-ouvras "> ovofia rovzo ÜTZoxciXoöaiv; weniger von dem Pronomen abhängen sollte als folgender: «Va; tu ovo/tcc iovio anoxaf.oüaiv; Auch die Beispiele sind weder zum Besten gesondert noch die verschiedenen Arten dieser Sprechweise erschöpfend behandelt. Sonderbar ist ferner der Zusatz: „Auch steht zweimal in einem Satze «'s in verschiedenen Casus." Als ob liier die Verschiedenheit der Casus das Wesentliche wäre und man nicht-unbedingt richtig sagen könnte: rlva cl 7it7iolr:xev. Hin und wieder sind Hn. Ms. Regeln so unbestimmt dass man nicht recht weiss ob man sie zu enge oder zu weit nennen soll. Dahin gehört z. B. was S. 953 gesagt wird: „der Conjunctiv mit Zeitpartikeln, öiav, ineiäav, „entspricht oft dem Latein. Futuro exaeto. — — Doch bleibt immer der „llauptbegriff einer vollständigen geschlossenen Handlung." Wenn H. M. diese Bedeutung dem Aorist beilogt, so wird man fragen wie er denselben vom Perfcct unterscheide. Dies soll nach S. 938 die Fortdauer eines durch eine vergangene Handlung gegründeten Zustandes, nach S. 948 die Fortdauer einer Handlung oder ihrer Folgen bezeichnen. Dass es die Fortdauer der Handlung selbst nie ausdrücken könne darf wohl nur erinnert werden. Auch die Fortdauer der Folgen bezeichnet es eigentlich nicht. Das zeigen z. B. Sätze wie: der Brief den Du mir geschrieben hast ist verbrannt. Stellen wie ■io uyxvqiov üvtando&o> sind nicht mit Hn. M. zu erklären: „werde gelichtet und bleibe s o," sondern: es sei gelicht et, das heisst: es werde sogleich gelichtet. Dasselbe gilt auch von den übrigen S. 947 angeführten Imperativen. Ja nicht einmal ein Resultat der Handlung wird immer durch dieses Tempus bezeichnet. Wer denkt an ein solches in Sätzen wie: er hat regiert, gelebt, geliebt. Oder will man die reine Negation des Begriffes als durch die Handlung begründeten Zustand betrachten? Da man nun als eigentliche Bedeutung eines Tempus nur die annehmen darf die überall als zum Grunde liegend nachgewiesen worden kann oder von der sich die übrigen Bedeutungen ableiten lassen, so muss man, denken wir, annehmen dass das Perfect eigentlich nur die völlige Abgeschlossenheit einer Handlung 159 / bezeichnet. Da imless gewöhnlich jede vollendete Handlung auch ein Ergeb-niss herbeiführt und der Schluss jener zugleich auch der Anfangspunkt dieses ist, so lag es sehr nahe das Pcrfcct auch zur Bezeichnung des Resultates zu gebrauchen. Dasselbe gilt vom dritten Futur, was eben so das Perfectum der Zukunft ist als die andern Futura, wie schon ihre Bildung verräth. Aoriste der Zukunft sind. Ganz anders das Lateinische Futur, das schon in seiner Form zeigt dass es eine Dauer in der Zukunft bezeichne. Wenn demnach das Perfeet ursprünglich die Abgeschlossenheit einer Handlung bezeichnet, so kann nicht füglich der Aorist dieselbe Grundbedeutung haben, um so weniger da es Fülle giebt in denen er entschieden das Gegentheil bezeichnet, nämlich den Beginn der Handlung: eine Bemerkung von der freilich unsere Grammatiken noch nichts wissen. Zwar Buttmann hat an einigen der hieher gehörigen Stellen Anstoss genommen und sagt daher Gr. § 131 Anm. 7 dass Participia wie aiquiqyijirag, zuweilen: als Stra- teg, als Archon, zu übersetzen seien. Indess zu Dcmosth. Mid. S. 96 erklärt er, nachdem er Xen. Mem. II, 6, 25 angeführt: „memorabile parti-„eipium aoristi pro ägxuv olr: de quo usu nondum mihi satisfaeio." Allein so wenig dort als sonst irgendwo heisst ctoj'a; so viel als äfj/uüv, sondern vielmehr uqx">>' yivö/itvog. So findet sich nicht nur das Participium sehr häufig, sondern auch andere Modi, wie z. B. Dionys. Arch. II, 59 S. 36: 1t ix(Tunm yun oAot; ilffctqov ; i tn'iy jj ofiüv aqiai 'l'oiuuiuiv Mi'rtxtkog au— '',»' {Kqinava) txciaev. Hcrod. VII, 3: xai avtv lai'tf/s imol^ijxtyi ißa-ai'/.tuott uj. Zifirfi. Eben so häytvaiv Xen. Uclt. VI, 1, 7 (19). Offenbar zeigt in diesen Stellen der Aorist das Beginnen der Handlung an; und wenn man annimmt dass dies die ursprüngliche Bedeutung dieses Tempus gewesen, so sieht man dadurch eine wesentliche Lücke in der Reihe der Griechischen Tempora ausgefüllt: der Aorist bezeichnet das Beginnen der Handlung, das Perfeet den Schluss derselben, das Imperlect die von beiden umgränzte Dauer. Im Gebrauch dieser Tempora für die Erzählung ihren Charakter aussprechend wählte der ruhig betrachtende Deutsche das Impertect; der überall nach Bestimmtheit, die sich erst bei der Abgeschlossenheit einer Handlung zeigt, strebende Römer das Perfeet; der lebhafte Grieche den Aorist, weil er mit dem Beginn der Handlang leicht auch die Fortsetzung vergesellschaftete, eben so leicht als er in das Perfeet, in solern es den Anfang des durch die Handlung Hervorgebrachten bezeichnet, auch den Begriff der beuchenden Folge hineintrug. Aus dieser Ansicht lässt sich auf die einfachste Weise der Begriff des Momentanen herleiten, der unstreitig gewöhnlich im Aorist liegt. Es bezeichnet nämlich derselbe die Handlung in sofern mit dem Beginne derselben unmittelbar auch ihr Ende verknüpft gedacht wird, wobei es aber keinesweges nothwendig ist dass dieselbe auch in der Wirklichkeit nur auf eine kurze Zeitdauer beschränkt gewesen sei. Hieraus ergiebt sich auch die gewöhnliche Bedeutung des Particips dieses Tempus, so wie auch die Fälle wo dieselbe nicht anwendbar ist sich nach der aufgestellten Ansicht ungezwungen 160' erklären lassen. Da die beiden ersten Futura eigentlich Aoriste der Zukunft sind, so »rf es nicht auffallen dass auch sie die Handlung in ihrer Ge-samintheit zusammenfassen, wie z. B. Thuk. VI, 34: vofiioarTtq, ei idih nqoipovtai, xai ar aijeiq iv novo) elvai. Und so vertritt hier wie in den von Schäfer zum Demosth. I S. 500 angeführten Stellen das Futurum die Stelle des Lateinischen Fut. ex. Wenn H. M. sagt dass diesem der Conjunctiv des Aorists mit Zeitpartikeln oft entspreche, so ist hier zuerst wieder mit dem Oft nichts bestimmt. Der Conjunctiv des Aorists hat nur insofern diese Bedeutung als aus dem Tempus des Hauptsatzes, das desshalb gerade nicht ein Futurum zu sein braucht, erhellet dass die Vergangenheit erst in der Zukunft als solche zu denken sei. Dann aber gilt diese Regel nicht bloss von temporalen, sondern eben sowohl von relativen und condicionalen Sätzen. In diesen wie in jenen hat der Conjunctiv des Aorists nie die Bedeutung des momentanen Präsens. Demi Thuk. II, 34: xXivtj xevtj iflqexai iaiqMuivri läv uifctvön' oi uv fiij evge&öloiv ig avaiqemv, ist oi är /iij evqt&inaiv nicht mit Hn. M. S. 1024 zu übersetzen: si qui non inveniuntur, sondern: si qui non sunt inventi. Dasselbe ist für diese Arten von Sätzen über den Optativ des Aorists zu bemerken, der dem Lateinischen Conjunctiv des Plusquampcrfccts entsprechend regelmässig in der oratio obliqua gebraucht wird, wenn dieselbe von einem historischen Tempus abhängt. Wie hier so hat auch sonst II. M. die eigentliche Bedeutung gewisser Redeweisen verkannt. Das scheint z, B. S. 1125 der Fall zu sein, wo w? und are mit dem Particip verbunden als gleichbedeutend zusammengestellt werden und von beiden gesagt wird was nur von einem wahr ist. Denn dass auch nie den Begriff des Subjectiven enthalte, dafür hat II. M., der sonst mit Belegen nicht karg ist, kein Beispiel angeführt und wir denken er wird auch keins anführen können. Eben so wenig, meinen wir, wird er beweisen können was er S. 1125 behauptet, dass o>q mit dem Particip auch einen objcctiven Grund bezeichne. In der Stelle Soph. Trach. 1192: oiä' öiq O-viijo ye 7ZnU.u dt; oea&eiq w, würde, wenn wirklich <5? mit dem Particip zu verbinden sein sollte, es wohl durch w i e zu übersetzen sein, und bei Xen. Hell. V, 4, 9: ixriqvxTOV iilivai rzävraq &qßaiovq w? tinv Tuqäwotv xeOveontiv, ist der Grund als Ansicht derer, welche den Aufruf erliessen, ausgesprochen: da die Tyrannen getödtet seien, nicht waren. Eben so unrichtig ist der S. 1123 aufgestellte Satz: „q hinzu, so spricht er sie subjectiv als Vorstellung eines Anderen aus. Dieselbe Erklärung ist auch anzuwenden auf 161' Stellen wie naqtuy.ivaC.isno wt; 7io>.efif]anvieq, was nach Hn. M. S. 1125 so viel sein soll als mtQemeud^nvin rtohuiiv. Auch sonst ist H. M. in der Behandlung dieser Partikel nicht immer glücklich gewesen. So heisst es S. 1281: „Zuweilen wird dann (bei w?, „dass, damit) wie bei "vct das Wort ausgelassen, dessen Absicht angezeigt „werden soll, oder w; drückt die Absicht eines ganzen Satzes aus." Zum Belog wird angeführt Lys. S. 137, 28: ok äXtj&!j Ae/w, xäl.ei um % oi; Hier soll damit heissen? Dann werden wir wohl auch dieselbe Bedeutung für ort gewinnen, das in eben dieser Formel bei den Kednern so oft vorkommt. Wenn ferner H. M. glaubt, dass in Redensarten wie w? aw-eXovn tlrtiTv der Begriff' der Absicht in w; liege, so scheint dies dadurch widerlegt zu werden, dass auch ohne hinzugefügtes w? diese und ähnliche Formeln dieselbe Bedeutung behalten. Ueber «s wie wird S. 1282 bemerkt: „In dieser Bedeutung wiederho-„len die Tragiker oft das vorhergehende Wort mit ius, wenn die Redenden „die eigentliche Art und Weise wegen der unangenehmen Erinnerung nicht „bestimmen wollen." Die Tragiker! Warum nur die Tragiker? Liegt denn in dieser Redeweise etwas das nur dem Kothurne geziemte? Wenn wirklich von dieser Art des Ausdruckes in der Prosa sich kein Beispiel gerade mit w? fände, so würde sie doch desshalb nicht der Poesie zu vindiciren sein, weil in der Redeweise selbst kein Grund dazu liegt und wenigstens andere Relative sich so auch in der Prosa gebraucht finden. Man sehe z. B. Herod. I, 92. H, 49. Uebrigens war diese Regel hier aufzustellen nicht nöthig, da sie S. 909 bereits gegeben war, freilich an beiden Stellen falsch. Denn dass diese Sprechweise nur gebraucht werde, wo „die genauere Bestimmung unangenehm sein würde," ist eine Ansicht die weder in der Bedeutung dieser Redeform gegründet ist noch auf alle Beispiele passt. Warnen konnten Seidler zu Eurip. El. 1117 und Hermann zum Viger S. 709. Man vgl. Thuk. IV, 65 und Lucian. Tox. 34. Ungenau wird bald daraufgesagt: „In den Bedeutungen dass und wie „sagte man pleonastisch wi ort.'1 Hier wären doch mehrere Fälle zu unter-»cheiden gewesen, zuerst der wo beide Partikeln durch einen Zwischensatz getrennt sind und also die zweite nur zur Wiederaufnahme der durch denselben unterbrochenen Rede dient: eine Erscheinung der ähnliche sich auch bei andern Wörtern nachweisen lassen. So finden sich sowohl Set — oi? als auch w? — Sn. Dass aber diese Partikeln bei einem Verbum unmittelbar hinter einander ständen, ist in Beziehung auf die Classiker von ori obwohl zu läugnen. Denn Xen. Hell. I, 3, 13 und III, 4, 20 beweisen nicht», wie die Varianten zeigen. Auch von gj« Sit bei einem Verbo weiss Ree. nur ein Beispiel aus frühem Schriftstellern, nämlich Xen. Hell. HI, 2, 14, wo es daher vielleicht mit Castalio auszulassen ist. Sicher dagegen ist «? oit bei Superlutiven. Man vgl. Plat. Ges. S. 743, 757, 759 und Symp. S. 218. Schwerlich jedoch wird sich in diesem Falle noch ävvaa&at hinzugefügt finden, was auch bei dem blossen Sit mit dem Superlativ nicht vorkommt, wie man 11 162' nach Hn. M. § 461 glauben sollte. Wenn ebendaselbst (mit einer auflallenden Wiederholung) bemerkt wird dass zuweilen wc und ort von dem Saperl. durch andere Wörter, besonders Präpos. getrennt würden, so möchte mau einmal diese anderen Wörter genannt wissen, sodann aber auch Beispielo erwähnt wünschen wo die Präposition dem i'iq nri nachgestellt wäre. Bis solche nachgewiesen sind, wird Ree. für Regel halten was hier als Ausnahme angeführt ist. Nicht recht klar ist was H. M. über die Formel ef.g i'xwrini sagt S. 1284: ,,'/2q txaaroi, besonders bei Thukydides scheint aus einer Verkürzung „entstanden zu sein, ws h'xuarot ycfav etc." Was soll hier wieder das unglückliche etc.? Etwa: man erkläre sich die Sache, indem man nach Belieben ein ungefähr passendes Verbum ergänzt, z. B. tny/dveiv, wie Hermann zum Viger S. 853 annimmt, oder ivfißalveiv, was als Glossem hin und wieder bei dieser Formel eingefälscht ist? Stellen wo *aav passend ergänzt werden könnte, möchten sich kaum linden. Die richtige Erklärung kann man schon entnehmen aus der angeführten Stelle des Herodotos 1, 29: uni-xvtovicti — ioq f'xctrrroq avxitov antxvioixo. Es ist nämlich das Verbum des Satzes zu dem w? ixaavov gehört zu ergänzen, was Herodotos hinzusetzen musste, weil er ixaaioq im Singular setzte, während der Begriff auf den er sich bezieht im Plural steht. Die Richtigkeit dieser Erklärung erhellt aus den Stellen in denen w; ixaninq in einem Casus obl. steht, wie Her. I, 114: ws fxcttjiiti iqyov 7TQoqiu(j(T(jit\ VI, 31: (5; txämrjv alqtnvceq. Thuk. VII, 65, 74: w? Ixdarrjv not exTienromviav uvadqoduevot ix6jiiC,»v eq ■vijr noXiv. Zuweilen scheint H. M. in seinen Erklärungen sich selbst zu widersprechen. So wird z. B. S. 713 der sogenannte Dativus ethieus ein Pleonasmos genannt. Da nun aber Pleonasmos nach dem über denselben handelnden äusserst mangelhaften § 636 als „das Setzen ganz überflüssiger Wörter" defi» nirt wird, so würde dieser Dativ, wenn er noch Pleonasmos sein sollte, die Handlung ja auch nicht einmal in Beziehung auf eine Person vorstellen dürfen : eine Erklärung die übrigens wohl auch nicht die richtige ist. Vielmehr scheint dieser Dativ eine Theilnahme, ein Interesse an der Sache zu bezeichnen. Nicht genauer ist was S. 975 gesagt wird: „das Imperfectum steht zuteilen statt des Aorists, besonders bei Homer und Herodot, indem der Erzählende die Handlung so darstellt, als wenn er dabei gewesen wäre,-so wie „man im Deutschen spricht, er sagte, wenn der Erzählende dabei war, er „hat gesagt aber, wenn er nicht dabei war, sondern es erst von einem „Andern hörte." Das heisst so weit Ree. es versteht: das Impf, steht statt des Aor. ohne statt desselben zu stehen. Unrichtig ist selbst was hier von unserer Sprache gesagt wird, wenn anders es nicht etwa falsch ist zu sagen: er selbst hat es mir erzählt dass er damals geflohen sei. In der Stelle des Piaton Polit. X Auf.: nomxbq aqa fidllnv tiq&üiq oixl^oiie» cijv nöXiv, hat das Imperfect so gut als irgend sonst wo seine eigentliche Bedeutung, indem der Redende die ganze Dauer der Zeit in welcher sie über 163' die Gründung des Staates gesprochen umfasst. Selbst in dem auf ähnliche Weise so oft vom Piaton gebrauchten iXiytxo erkennt man leicht die Beden-tung des Imperfecta. Kben so wenig ist dieselbe verwischt in Stellen wie Xen. Anab. V, 4, 34: xoinovi iXeyov oi ttiqaxtvaapitvoi ßaqßaqißxdxovg dt— riflw, d. h. sie sagten zur Zeit wo sie es erzählten. Selbst die allgemeine Ansicht dass hfij aoristisch gebraucht worden sei scheint grundlos zu sein. Dass auf elrztv oft noch ein i'ip; folgt, spricht eher gegen als für dieselbe. Denn das tinir fasst die angekündigte Hede als ein Ganzes zusammen, das t

nqiirxov ccno navxöi itolquv uexä i» lai'iijr ii'i hqei ätrtXaalav tavtif.:. Aber auch nur scheinbar. Denn dtivs^ttv fesst hier das Ganze zusammen, während "jqy.tio den Anfang als etwas Dauerndes ausmalt; «v sich an iXitffotievog, und IXirratTÖfn->'o-,- sich an i'aneuit anschliesst. Da nun ferner der Begriff' üaittväe von einem Verbum abhängt, das ein Partieip erfordert, so finden sich in dem Satze drei Participia, die aber so wenig ohne Verbindung mit einander stehen, dass sie vielmehr aufs Engste sich an einander schliesen. Dasselbe gilt von II. n, 660, wo aus dem einfachen Satze ßeßXij/iivoq i'xuxo auf dieselbe Weise geworden ist: ßaatXrja "3ov ßeßXrj/iivov ijxoq xei/ievov iv vexiiow ayvqei. Noch sonderbarer ist was 11. M. kurz darauf sagt: „Auch stehen in ei-„nem Gliede des Satzes zwei Participia, wovon also das eine überflüssig ist." Zum Beleg führt er an II. f, 204 : 3r,fibv iqt7iT0/iyoqij}(Taq fi'ui, nachdem ich hingegangen, werde ich, wenn ich Lebewohl gesagt, fortgehen. Hingegen fioXdiv 7T(jo;r,;o(>rjrjv ainw mqoLitrybq tt? &qaxrjv 1/täfi'tf 7Zuv&avn[itvo<; Ihriathv avdpas ivdöSovq xai aiiyyevtü; ßaaMoiq 'Htnvet 7toÄiv 7taqä tw iivunvt xet/4['r>v jinvauöi yxttynyittq ivoyltiv toi? 7ttql xnv to-5Tov ixeivnv ElXr^niv. — 6) Krüger z. Thuk. 1, 102, 1: tttynttaytiv idoxnnv linvazni ttvai. Mehrere Bemerkungen hierüber konnte H. Schäfer schon bei Clinton Append. VI gegen das Ende finden. 11' lichkeiten beruho; und dass AUea was er auf diese gründet von selbst in Schutt zerfallt. Hier vor allen Dingen hätte er den tatsächlichen Eckstein seiner Untersuchung unumstösslich begründen müssen. Ohne dies war, das Gefecht kaum begonnen, die Schlacht unrettbar verloren, verloren durch einen Hauptschlag, die jedem einleuchtende Bemerkung dass die thatlustigen und mittelreichen Athener sich unmöglich etwa sieben Jahre lang einer vollständigen kriegerischen Unthätigkeit hingeben konnten. Wer gedächte hier nicht für die Athener und in verschiedener Beziehung für — Hn. Schäfer des Pindarisehcn Wortes: )uT]V avi ov xal zijv toiv zgayoiiSüjv xqiaiv n*oua(tzt]V yevoitevijv. llgwzrjv yuo dtdaaxaX'utv zov SofOxXeovt; i'zi veov xatfevro? 'Aipttpimv o ä^wy etc. Kind übersetzt diese Stelle: „Das Volk gewann ihn desswegen sehr lieb und stellte zum Andenken dieser Begebenheit den bekannten Wettstreit unter den Tragödienspielern an etc." Allein das avzov kann hier nicht füglich heissen „dieser Begebenheit." Richtiger übersetzt Lessing3) zum Andenken des Kimon. Dass man aber den Satz auf die vorher erzählte Thatsache bezieht ist wohl nur durch das Kolon nach if/tv veranlasst, wie auch noch Lessing interpungirt. Die neueren Ausgaben setzen dafür ein Punctum. Dies angenommen kann das Folgende als eine für sich bestehende spätere Begebenheit aufgefasst werden und muss es, wie ich glaube. Denn hätte es sich auf die skvrische Angelegenheit beziehen sollen, so würde vor xa&evcoq wohl ein roze zugefügt sein. Auch würde statt des selbständigen Satzes i&tvcn etc. rermuthlich ein con-secutiver mit "> KaQvOTtovs etc. Daher habe ich diese Begobenheit in Ol. 76, 2/3 gesetzt1); H. Schäfer vorweist sie in Ol. 78, 1. Auch dieser Ansatz ist mit der Nachweisung des leeren Raumes bei Eon abgethan. Die Belagerung von Naxos habe ich in Ol. 76, 4 gesetzt5); Herr Schäfer in 466, eine Bestimmung die gleichfalls mit dem erwähnten leeren Räume schwinden muss. Ollenbar erzählt Thukydides die C. 98 erwähnten Ereignisse alle so dass zwischen den einzelnen keine bedeutende Zwischenzeit zu denken ist. Wie sehr meine Annahme durch die Geschichte des Themistokles bestätigt wird habe ich hinreichend nachgewiesen3). Indess so einleuchtend dies Alles auch ist, so werden wir uns doch der Mühe nicht überheben können Hn. Schäfers Ansätze über die letzten Schicksale des Pausanias und Themistokles einer genauem Prüfung zu unterziehen. Die Zurückberufung des erstem habe ich4) gegen das Ende des Winters 476, seine Rückkehr nach Byzantion in den Frühling desselben Jahres gesetzt. Das, meint H. Schäfer5), sei denn doch ein zu kurzer Zeitraum für die Heimkehr des Pausanias, die Aussendung des Dorkis, die Anklage des erstem und seine Wiederkehr nach Byzantion. Das Alles könne nicht ,,uno temporis momento" geschehen sein. Zu kurz? Aber warum? Sind denn die Entfernungen so gross, die Ereignisse so zahlreich und verwickelt? War eine Klage auf Hochverrath etwa ein sächsischer Process? Und sind denn drei bis vier Monate nur unum temporis momentum? Genügten nicht noch weniger für den Krieg von 1866? „Dass er einige Zeit (aliquid temporis!) habe verstreichen lassen (intermisisse) bevor er Sparta verlassen und in Gegenden die den Grenzen der Perser nahe gelegen sich begeben" ist so wenig natürlich (consentaneum), dass man vielmehr anzunehmen hat, der durch Leidenschaft Gestachelte und durch persünliehc Gefahr Bedrohte werde möglichst geeilt haben zum Ziele zu gelangen, seine schnelle Abreise vermutlich mit dem Vorwando deckend dass er versuchen wolle die verlorne Hegemonie wieder zu erwerben. Bedachte denn II. Schäfer nicht dass ein Verrath der eine Reihe von Jahren spielt so gut wie verspielt sei? Das erkannte auch der Perserkönig und drängte daher zu äusserster Beschleunigung der Sache: xai ae prjtt vvi 'ipl/ia emayhut wirie ävelvai nqäfTfrtiv rt üjv iunl vmiT/r/jc). (vgl. w; läyiaxa dtanlutpai eb. § 2.) Doch H. Schäfer seiht Mücken und verschluckt — ich weiss nicht was. Es ist in der That unbegreiflich wie II. Schäfer sich einreden konnte7) dass Pausanias erst „im J. 470, Ol. 77, 3 von Kimon aus Byzantion vertrieben nach Troas sich begeben habe und von dort nach Sparta zurückberufen sei." Was er über eine von ihm angenommene Verwechselung spricht8) können wir ruhig unbeachtet lassen, da aus Thukydides9) sehr ■) Stud. S. 4 5 f. — s) Eb. S. 46. — 3) Stud. S. 47 ff. vgl. S. 30 ff. — 4) Stud. S. 38 f. — 6) p. 14. — c) Thuk. 1, 129, 3. vgl Stud. S. 38 § 2 f. — 7) p. 14. — 8) p. 14 s. — Thuk. 1, 128, 2: ixeuS)/ Havtraviaq — u7Z?).i'i&r] fit] udtxtiv, dtjiioata J(iv ovxin i/:!;t:ii'i{n: Uta tf£ avioq tqi' Xaßwv 'Eo/uovidu uveu staxeduifiovlwv arpixviiiui t'q 'ElXi](tnavcov, tü fihr 15' einleuchtend erhellt dass die Wiederkehr des Pausamas nach Byzantion wie schon Nepos') einsah, gar nicht lange Zeit nach dem Uebergange der Hegemonie an dio Athener erfolgt sein müsse; dass jedenfalls an eine Zwischenzeit von etwa sechs oder noch mehr Jahren nicht zu denken sei. Warnen konnte Hn. Schäfer vor diesem Irrthuine schon was Clinton5) in anderer Beziehung gegen Dodwell erinnert hat. Die Annahme dass Pausanias erst Ol. 78, 1 Anf. getüdtet sei3) bedarf weiter keiner Widerlegung'1). 5. Thcmistokles. Geburt und Tod. Archon? Strateg. Archon. Da die letzten Schicksale des Pausanias mehrfach mit denen des The-mistokles in Berührung kommen, so will ich hier Alles was H. Schäfer in Beziehung auf den letztern gegen mich erinnert der Reihe nach besprechen, besonders auch um von der Behandlungsweise dieses Kritikers eine Anschauung zu geben. „Quaeramus tandem, sagt H. Schäfer6) qua de causa factum sit ut Kriigerus identidem scriptorum testimoniis rcjectis ad conjecturas confugeret ipsa re non commendatas.1' Da ich mit ausserordentlicher Sorgfalt alle meine hier in Betracht kommenden Conjecturen erwogen und begründet habe, so bedarf es mich zu widerlegen ganz anderer Kampfmittel als wir sie oben an Hn. Schäfer kennen gelernt haben und weiter unten vorlinden werden. „Supra vidimus, fährt er fort, tempora rerum gestarum definienda esse ex magistratibus annuis regumque successionibus." Das ist wahr und ist nicht wahr; nicht wahr jedenfalls, wenn man dadurch so verkehrte Ansätze gewinnt, wie II. Schäfer sie gegeben hat. Dass überdies die Angaben des Diodoros ex annuis magistratibus ohne Bedenken zu verwerfen seien, wenn sie mit Thukydides, oft auch wenn sie mit weniger bedeutenden Zeugen im Widerspruch stehen unterliegt keinem Zweifel. Ueberall kann nur eine scharfe, eindringende und umsichtige Kritik das Wahre ermitteln. Eine zur Sache nicht Gehöriges verwirrt einmengende, unklare, weder kritische noch dialektische Behandlung kann zu keinen vernünftigen Ergebnissen führen. In Bezug auf eine solche kann II. Schäfer mit Recht sagen: „Krügero haec parum valent6)." Die Geburt des Thcmistokles hatte ich um das Jahr 535, seinen Tod um 470 angesetzt. Ii. Schäfer lässt ihn 524 geboren werden, sterben um f.öyio i/ii iov 'EXXrjvixov noXtpiov, tw f(>J'w xct 7TQoq ßamXict nqäyuaza 7t{ili'fiTCt)', dtviegov ixnXeviraq — xal ix ioü Bv'Quvziov ßia Vit' 'A0~rtvaloiv inoXioqxrj&eiq iq ufi' tijv S.KXUIr:v ovx i/rave-X'OQtt-, iq KaXotvaq tu; Tqtacttiuq löqv&elq nqdairii)v iqrjyyiXXeto aviniq TCfioq rouq ßit(>ßapouq. Wie konnte Ii. Schäfer diese Stellen übersehen oder — übersehen wollen? — ') Paus. 3, 1: Ille post non multo sua sponte ad ex-ercitum rediit. — ") p. 252: ,,the question therefore is, whether the siege of Sestos was immediately followed by other Operations or whether the Greeks remained in complete inaction l'or eight years. But ancient writers suppose no such interval of inaction." — 3) Schäfer p. 15. — *) Stud. S. 46 f. — *) p 11. — «) p. 12. 16' die Zeit des Abfalles der Aigypticr 460 „cum Lydiato Dunckero Curtio." Er liebt die Abstimmung. Ueber den Lydiatus habe ich in den Studien') gesprochen und dort auch eine meiner Berechnung günstige Aeusserung Böckhs angeführt. Doch lassen wir die Auetoritaten auf sich beruhen, um die Zeugnisse zu betrachten. Für meine Bestimmung der Geburtszeit des Themisto-kles habe ich drei Zeugnisse angeführt3), die verschiedenen Zeiten angehören und wahrscheinlich von sehr verschiedenen Quellen abgeleitet sind, aber doch einstimmig meiner Annahme das Wort reden. H. Schäfer weiss sie sehr energisch zu beseitigen. Beim Ailianos3) will er, wenn die Stelle Jemand etwas Wahres zu enthalten scheine, mit den Hn. Kleinen und Curtius statt des Peisistratos einen der Feisistratiden gedacht wissen. Also fort mit diesem Zeugnisse. Die Angabe des Jimkos4), nach der Themistokles um 480 bereits dem Greisenalter nahe war, passt Hn. Schäfer nicht; also weg damit. Die Stelle des Plutarchos5), nach der Themistokles Altersgenosse des Aristeides war, passt Hn. Schäfer eben so wenig; also über Bord auch mit dieser. Alle drei Zeugnisse sind Anekdoten, nichts als Anekdoten; sind Fabeln, nichts als Fabeln, weil sie — ihm nicht passen. Ueber die boden- ') S. 15 Anm. 2. — 2) Eb. 31 f. — ') 5, 21. — 4) Stob. — 5) Ar. 2. Eine vortreffliche Charakteristik dieser Herren giebt G. Hermann in seinen Opuscc. 6 p. 199: „Diese Materien sind natürlich in der Manier der mystischen Mythologie, die alles zu deuten, alles in Verbindung zu bringen weiss, behandelt, und werden daher den Augen der Anhänger dieser Schule in vollem Lichte erscheinen. Wer nicht zu dieser Schule gehört, wird freilich diese durch Phantasien und unlogische Schlüsse was sie braucht supplirende und durch unendliche Abschweifungen nach allen Richtungen hin mehr verwirrende als etwas ordentlich entwickelnde Manier nicht billigen und sehr die Mühe beklagen die es dem Leser macht einer durch beständiges ei tensprünge unterbrochenen und selten fest auftretenden Spur gehörig zu folgen, wobei noch alle die eitirten Stellen nachzuschlagen sind. Denn wer mit den Schriften dieser Schule bekannt ist, wird wissen, dass man sich nie auf ihre Angaben verlassen kann, wenn man nicht die Stellen selbst nachsieht, indem sie bald aus mangelhafter Spraclikenntniss die Zeugnisse falsch versteht, bald dieselben ihren Ansichten gemäss willkürlich interpretirt, bald etwas hineinphanta sirt das nicht darin liegt." Zu erwähnen wäre noch die Willkür mit der sie ihren Einfällen gemäss Angaben verwirft und guten Zeugnissen gegenüber schlechte zur Geltung zu bringen versucht, ändert wo nichts zu ändern ist und durch die seltsamsten Kunstgriffe zu linltcu versucht was unhaltbar ist. Wie es gelingen kann auch bei solchem Verfahren Viele zu blenden hat G. Hermann verrathen eb. p. VII s.: „Gross-sprecherisches Aufstellen leichtsinnig erdachter Dinge, unredliches Verdrehen und höhnisches Abwehren jedes Widerspruches, überall sichtbares Bestreben in Verbindung mit einer gegenseitig auch das nicht lobenswerthe lobenden und die nichteinstimmendcn gemeinschaftlich schmähenden Partei sieh den Schein ausschliesslicher Competenz zu verschaffen, sind Künste, durch die selbst Leichtgläubige, Unwissende nnd Furchtsame nur eine Weile geblendet und erschreckt werden; jeder andere aber wendet mit Widerwillen den Blick ab, wo eine Denkart hervortritt, die auf die eigne Achtung verzichtet hat." Ferner S. 13 f.: „Diese Partei hat gezeigt, dass sie kein Mittel verachtet ihre 17' lose WiHJKir der Phantasickritiker in solchen Dingen mich hier auszusprechen kann ich mir fiiglich ersparen, da ich bereits in meinen Analekten') mich genügend darüber erklärt habe. „Has omnes, sagt H. Schäfer5) weiter, sive fabulas dixeris sive narra-tiunculas, quibus omnis Graecorum memoria, praesertim vita Themistoclis re-pleta est, nihili dueimus prae illis testimoniis quibns fidem habendam esse ipsa re docemur." Vortrefflich! Wie sehr werden wir es Hn. Schäfer Dank wissen, wenn er uns solche Zeugnisse darbeut, versteht sich aber auch Zeugnisse die für die streitigen Fragen von Gewicht sind; Zeugnisse die meine Annahmen aus dem Felde schlagen, die seinigen siegreich begründen oder wenigstens ihnen einen Halt geben. Dazu gehört aber mehr (oder auch weniger) als ein kahles Register meist ungehöriger und nichts entscheidender Thatsachon. Wir wollen sehen ob er mir lebenskräftige Truppen entgegenführt oder bloss luftiges Gesindel, das vor jedem Hauch der Kritik in nichts zerstäubt. Zunächst erwähnt er dass nach Dionys. Arch. 6, 34 Themistokles Ol. 71, 4 Archon gewesen. Aber was gewinnen wir mit dieser Angabe für die Geburtszeit des Themistokles? Nichts, auch nicht das Mindeste. Und ist es denn auch nur gewiss dass dort der berühmte Themistokles gemeint sei? Ich dächte es3) sehr wahrscheinlich gemacht zu haben dass nicht er, sondern ein anderer Themistokles Ol. 71, 4 Archon gewesen sein müsse. „Tertio anno post, lieisst es weiter, apud Marathonem in numero dccem praetorum fuit cum Miltiade et Aristidc ipse minor natu: v'o? öjr tri. Plut. Them. 3. Arist. 5." Also jünger als Aristeides? und so erklärt II. Schäfer das vioq äv iti? Das passt allerdings für seine Ansicht über das Alter des Themistokles, aber die griechischen Worte so zu erklären konnte doch wohl nur Hn. Schäfer einfallen. Er war noch jung, sagt Plutarchos, als das Tropaion des Miltiades ihn nicht schlafen liess; jung aber nur nach der Berechnung des Plutarchos, der ihn erst nach der Schlacht bei Kvpros sterben und daher auch i/r! noXvv /qovov in Magnesia leben lässt: ein Irrthum der schon von Andern bemerkt worden ist4). Aber auch Feldherr bei Marathon soll Themistokles gewesen sein. Woher weiss H. Schäfer das? Wenn Plutarchos dies gesagt hätte, so müsstc man ihn der ärgsten Gedankenlosigkeit zeihen. Denn wie konnte er wähnen dass Themistokles schon im Alter von etwa vier und zwanzig Jahren diese Würde bekleidet habe? Indess was H. Schäfer den Schriftsteller sagen lässt, hat dieser nicht gesagt, sondern nur dass die Phyle des Themistokles, die Leontis, neben der des Aristeides, der Antiochis, gekämpft. Was aber hat denn H. Schäfer mit diesen so jämmerlich von ihm verhunzten Stellen gegen mich beweisen wollen? Er scheint wirklich noch nicht zu der Einsicht gediehen zu sein Behauptungen für wahr geltend zu machen, selbst, wie dem Reeensenten versichert worden, den Versuch nicht, das Erscheinen einer Reeension, von der sie starken Widerspruch gegen einen von ihr begünstigten Gelehrten voraussieht, zu verhindern." — ') S. 129. — 5) p. 12. — 3) Stud. S. 15 ff. — 4) Kb. S. 34 f. o 18' dass man gegen fremde Ansichten nur mit bewoisonden Stellen und schlagenden Gründen etwas ausrichten könne; ungehörige, nicht zweckdienliche^ Notizen einmischen heisst die Sache bloss verwirren. Der Art folgt demnächst noch Mchrcres, was einzeln zu rügen nicht der Mühe verlohnt, da e« kein chronologisches ICrgebniss bietet. Ergötzlich ist es wie II. Schäfer') meine Vermuthung dass Themistokles Ol. 74, 3 Archon gewesen belobt und — verwirft.' Er billigt es dass ich ein in dass Scholion zu Thukydides 1, 93 gelegtes Zeugniss nicht anerkenne, nennt jene Vermuthung „speciosam, multis ingeniosisque argu-mentis probatam, ad Thucydidis Ilcrodotique narrationem quam inaximo accommoüatam." Ist es möglich? Das konnte H. Schäfer mir nachrühmen; er der sich eben die Aufgabe gestellt hat meine conjecturale Leichtfertigkeit in's Lieht zu setzen? Freilich! Aber sein Lob ist nur hypothetisch. ,,Cui conjecturae, sagt er, equidem non dubitarem adstipulari, si pri-mum de temporibus belli Aeginetici ita constaret, ut negandum esset potuisso iieri, ut Athenienses ex munitionibus Firaei partem aliquam ante pugnam Mara-thoniam aedificarent.1' Also ein gut Stück verloren gegangener Geschichte soll ich ihm zur Stelle schaffen, um meine Ansicht von ihm anerkannt zu sehen? H. Schäfer ist entsetzlich geistreich. Er hat ein Mittelchen erfunden um auch die wahrscheinlichsten Combinationen mit einem Kuck sammt und sonders aus dem Sattel zu heben. Um die Gründe durch die ich es wahrscheinlich gemacht habe dass nicht der berühmte Themistokles Ol. 71, 4 Archon gewesen sei hat Herr Schäfer sich nicht bekümmert. Wenn man nicht beweisen könne dass Dionysios auch sonst bei Angaben von Archonfen „parum se aceuratum praebuisse'', wie er sein gutes Deutsch latinisirt, so müsse man mit Böckh und Hn. Curtius annehmen, dass auch hier ihm zu trauen sei. Abgesehen von der seltsamen Folgerung muss ich doch Hn. Schäfer fragen: was soll uns hindern anzunehmen dass Dionysios einen andern als den berühmten Themistokles gemeint habe? Die Gründe welche ich dafür anführe') wären, dächt' ich, unverächtlich und sollten denn doch wohl gewichtiger scheinen als eine blosse Uebereinstimmung der Herren Böckh und E. Curtius, denen gegenüber ich jetzt 0. Müller anführen kann, der in seiner Schrift de munimentis Athcnarum, die zugleich mit dem ersten Bande meiner Studien (1836) erschienen ist, erklärt: „Mihi ctiamnunc Themistocles ille, qui Dionysio teste Ol. 71, 4, i. e. quatuordeeim annis ante Salaminium proo-lium, archon eponymus fuerat, alienus ab bac quaestione videtur, quod Themistocles, dico hunc Salaminium, anno Ol. 74, 4 t'? nqiiiiovi »twerri naQiüv ab Herodoto 7, 143 dieitur et a Plutarcho Them. 3 et alibi (v. Car. Sintenis in annot. illius 1.) aliisque scriptoribus, adolescens vel juvenis cum osset, a Marathoniis tropaeis ad magnas res audendas exeitatus esse fertur, et quod omnia ejus maritima consilia, classis struendao marisque obtinendi, l) p. 13. — s) S. 14 ff. vgl. 23 ff. — p. 8. 19 quibuscum Piraeei munitio conjunctissima erat, ad tempora inter Maratho-nium et Salaminium bellum interccdentia referuntur." 6. Themistokles. Phrynichos. Aiscbylos. Verbannung und Flucht. Anokdoto. Tod des Aridteidcs. Weiter heisst es') vom Thcmistokles: „Imprimis gloria florebat a. 476, cum Phrvnicho in Dionysiis Ol. 75, 4 Phoenissas docente ipse choragus esset." Etwa seiner Ruhinesblüthe wegen? Und wozu das hier? H. Schäfer will wohl nur andeuten dass für dieses und die nächsten Jahre noch nicht an eine Vertreibung des Thcmistokles zu denken sei, um — dies Er-cigniss bis in das Jahr 471 hinzuziehen. Ist es denn aber wahr dass Thcmistokles 476 imprimis gloria florebat? In Athen wie in Paris wurden die Capacitätcn sehr schnell abgenutzt und ich wüsste nicht dass Thcmistokles um diese Zeit noch eine bedeutende Rolle gespielt hätte. Sehr urteilsfähige Männer haben die Ansicht ausgesprochen dass schon damals der Neid sich gegen ihn erhoben und grade um diesen zu dämpfen Phrynichos sein Stück geschrieben habe5). Womit kann H. Schäfer diese Ansicht widerlegen? Oder glaubt er es genüge dazu sein dictatorischer Machtspruch? Dass übrigens Phrynichos seinen Zwcck wenig oder gar nicht erreicht haben werde, ist durchaus wahrscheinlich und meiner Annahme dass Thcmistokles 6chon zwei Jahre später verbannt sein dürfte wird nichts Erhebliches entgegen stehen. Wenn H. Schäfer sein Register der Schicksale des Themistokles fortsetzend uns erzählt: ihm scheine das und das anders als Andern (mihi vi-detur potius etc.), so können wir ihm dies Scheinen Schon gönnen. Aber wem liegt daran zu wissen was Hn. Schäfer so oder so scheint? Ist er denn etwa schon eine Auctoritiit deren Erachten auch ohne Gründe achtbar wäre? Wenn er sich wundert dass von Aischylos in den Persern (Ol. 76, 4) zwar die Ueberlistung des Xerxes durch Themistokles berührt werde, verum quan-topere ejus virtus Salamine spectata fuerit non praedicatur, und vermeint dass dies unterblieben sei, weil Thcmistokles schon damals den Neid seiner Mitbürger angeregt habe, so bezüchtigt er den Dichter einer sehr kleinlichen Gesinnung3). Das Verschweigen der Verdienste Einzelner war anderweitig genügend motivirt. Nam neque hie neque usquam, sagt Hermann4), in tota fabula Graeci hominis noinen oceurrit: quod prudenti consilio a poeta factum est, non quod invidiam metucret, sed quod intelligebat commemorandis iis qui quotidiano adspectu noti omnibus cssent, tragoediae sublimitatem ad hu-militatcm communis vitae deprimi. Zu wähnen dass der Neid erst sechs bis sieben Jahre nach den Grossthaten sich erhoben habe heisst mit Sieben-meilenstiefeln über Zeit und Scelenkunde hinwegsetzen. So langsam pflegt der Neid nicht zu wandeln, zumal bei einem Volke wie die Athener. Das verrathen auch zur Genüge manche Angaben bei Plutarchos. Dass Herr i) S. 13. — *) Eb. p. 96. a) Stud. S. 48 f. — 3) Vgl. Hermaun opuscc. 2 p. S9. — 2* 20 Schäfer diese Sachen nur so hinzerrt, um damit in die Nähe des von ihm für die Flucht des Themistokles angesetzten Jahres zu gelangen ist einleuchtend. Dass Diodoros') die letzten Schicksale des Themistokles unter Ol. 77, 2 zusammenfasst5) hat auch H. Schäfer anerkannt, setzt aber seltsam genug in eben dies Jahr auch die Verbannung dcsselbcu. Euscbios und Ciccro setzen in dies Jahr seine Flucht zu den Fersern. Nun aber hatte er bereits in Argos, dort angesiedelt, geraume Zeit gelebt, und auch nach andern Orten des Feloponnes ßeisen gemacht3). Gewiss also kann beides, die Verbannung und die Flucht nicht auf ein Jahr beschränkt werden4). Unverständlich ist es mir wie H. Schäfer diese Schriftsteller eines Irrthums beschuldigen könne, weil sie zwischen der Verbannung und der Flucht zu den Persern nicht unterschieden hätten. Den Ciccro kann dieser Vorwurf nicht trelfen, da er die erstere durch exilium bezeichnet, dio letztere durch den etwas euphemistischen Ausdruck: „fecit idem quod XX annis ante apud nos feccrat Corio-lanu«." Die Zeit der Verbannung noch besonders zu bezeichnen war für seinen Zweck nicht wesentlich; möglich auch dass sie ihm nicht genauer bekannt war. Jedenfalls sind wir nicht berechtigt anzunehmen weder dass Cicero noch dass Eusebios beides, dio Verbannung und die Flucht des Themistokles, in das Jahr 471 setzen. Nach einer Angabe desNepos6) wäre die Verbannung des Themistokles etwa vier Jahre vor dem Tode des Aristeides erfolgt. Nun aber soll dieser noch einer Aufführung des Aischyleischen Stückes die Sieben gegen Theben beigewohnt haben, wobei die Zuschauer nach Flutarchos6) die Verse7): oft yciq Joxttv dixaioq ÜAA' tlvai etc. auf den Aristeides bezogen hätten. Nach einer Didaskalie aber wurde die Oidipodie des Aischylos, zu der dieses Stück gehörte, Ol. 78, 1 aufgeführt. Mithin könnte die Verbannung des Themistokles nicht vor 471 eingetreten sein. Hätte ich dieses Argument, das H. Schäfer gegen mich anführt, für mich geltend machen können, so würde er sehr bald mit mir fertig geworden sein. Er würde die Angabe des Plutarchos, um meinem Beweisgrunde den Boden zu entziehen, frisch weg für eine narratiuneula, eine fabula erklärt haben. Denn wie hätte er gegen die eine Stelle nicht wagen sollen was er gegen drei Stellen verschiedener Schriftsteller, die einstimmig für mich ') 11, 54. — 2) Stud. 19. 49. 51. 53 f. — 3) Eb. S. 49. — 4) Wenn II. Oncken (Hellas und Athen S. 121) mich beschuldigt dass ich Themistokles Flucht aus Argos in das J. 471 und schon auf der folgenden Seite in 473 setze, so kann ich dies nicht recht begreifen. Jone Angabe habo ich S 49 ausdrücklich nur für die Boise an den Hof des Königs (con-fugit ad Fersas) angesetzt, die ja. wie ich S. 50 f. ausführe, beträchtlich später erfolgen musste als die Entweichung von Argos. Die etwa drei Jahre in welche ich dio betreffenden Ereignisse (den Aufenthalt am Hofe des Perserkönigs mitgerechnet) vertheilt habe werden eben zureichend sein. — 5) Ar. 3. — °) Ar. 3, dessen Angabe Oncken Athen und Hellas 1 S. 115. 3 verwirft. — 7) 573 (592) (f. 21 zeugen, ohne Bedenken sich erlaubt hat? Indess so summarisch will ich gegen Hn. Schäfers Beweisgrund nicht verfahren; aber eine genauere Prüfung desselben werde ich mir doch erlauben müssen. Ein sehr fleissiger und sorgfältiger Geschichtschreiber, Krateros, der eine Urkundensammlung geliefert hatte1), berichtete nach Plutarchos5) dass fictu il/v (fU/.^v tom öeuirjtoxaeoi'? zahlreiche Sykophanten sich gegen die vorzüglichsten und einflussreichstcn Männer erhoben hätten; dass auch Aristeides von ihnen wegen Bestechung angeklagt, zu einer Geldstrafe von fünfzig Minen verurtheilt worden und, weil er sie nicht bezahlen gekonnt, nach Ionien ausgewandert und dort gestorben sei. Plutarchos bemerkt freilich dass ICrateros hier wider seine Gewohnheit keine Urkunde für diese Angaben mit-getheilt habe. Indess zu dieser Unterlassung konnte er mancherlei Gründe haben, z. B. die Masse des.Stoffes und die verhältnissmässige Geringfügigkeit der nur einzelne Persönlichkeiten betreffende Ereignisse. Auf alle Fälle dürfen wir annehmen, dass auch ohne Urkunden das Zeugniss eines Schriftstellers wie Krateros mehr Achtung verdiene als eine blosse Combination. Dem gemäss konnte Aristeides der Aufführung des Stückes die Sieben gegen Theben nicht beiwohnen, wohl aber konnten die Zuschauer füglich die angeführte Stelle auf den Verstorbenen deuten und deuteten sie gewiss lieber einstimmig (nuviti;) auf ihn, wenn er nicht mehr lebte, nicht mehr unter ihnen wandelte3). Virtutem incolumcm, odimus sublatam ex oculis quaeri-mus invidi4). Denn praesentibus nos obrui, praeteritis instrui credimus6). Wie vorherrschend besonders bei den Athenern eine solche Gesinnung war bezeugt ihre Geschichte und Demosthenesc). Wenn aber ein solcher Vorfall sich ereignet hatte, so war nichts leichter al$ dass mit einer kaum bemerkbaren Fälschung aus einer Angabe wie: „die F'reundc des Aristeides bezogen die Stelle auf diesen," um die Anekdote drastischer zu machen (ein Zweck dem man nur zu gern etwas von der strengen Wahrheit opfert) ein Tiavre; drtißXetjiav ti? 'Aqiactlär^ entstand, wie Plutarchos7) auch, weil es ihm besser passte, in dem angeführten Verse dlxaioz statt ufiiacoq eingeschmuggelt hat. Zum Ueberfluss mag noch bemerkt werden dass Nepos, dessen Zeugniss man für die vorliegende Combination als unzweifelhaft sicher annimmt, in Zeitangaben sehr wenig zuverlässig ist8). Wie verwirrt er besonders in der Geschichte dieser Jahre gewesen sei zeigt er dadurch dass er Skyros erst nach der Schlacht am Eurymedon, die er mit der bei Mvkale verwechselt, erobert werden lässt0). Die grosse Dürftigkeit der Biographie des Aristeides ') Stud. S. 117 f. — *) Arist. 26. — 3) Die Angaben über die ihm bei seinem Begräbniss und kurz nachher seiner Familie gewährten Auszeich- nungen und Wohlthaten (Plut. Ar. 27 und Nepos Ar. 3) werden wohl, furcht' ich, von denen erdichtet sein die sich des Verfahrens der Athener gegen den hochverdienten Manu schämten. — 4) Hör. Od. 3, 24, 31. — 5) Vellej. 2, 92, 5. — •) 18, 315. vgl. Kr. z. Thuk. 2, 45, 1. — 7) Ar. 3. — 8) Man vgl. Stud. S. 39, 2. 41, 2. 125, 1. 204, 3. Falsch ist auch seine Angabe über das Alter des Alkibiades. Clinton 423, 2. — 9) Cim. 2, 3 ff. 22 berechtigt nicht ihm vorzugsweise bei dieser Vertrauen zu schenken, wenn anderweitig Gründe- zum Misstrauen gegen ihn vorliegen. Dass aber Aristeides erst etwa im J. 466 gestorben sei anzunehmen verbietet die wohl beglaubigte Angabe dass nach dem Tode desselben Perikles, der 429 starb, vierzig Jahre lang als Staatsmann in Athen gewirkt habe'). Wenn Herr Schäfer äussert'), diese Angabe sei nicht genau zu nehmen, so hat er dazu wieder den bekannten Damengrund: das passt mir nicht, ein Grund der in der Chronologie, wenn er nicht anderweitig gestützt wird, leider nicht so viel Anerkennung findet als in der Ehe. Dieselbe Angabe genau genommen würde mit meiner Annahme über das Jahr der Verbannung des Themistokles (473), wenn sie vier Jahre vor dem Tode des Aristeides erfolgte, ziemlich übereinstimmen. Wir werden (S. 2 5 f.) sehen wie H. Kleirfcrt nachdem er die von mir festgestellte Anordnung der betreffenden Begebenheiten sehr ausführlich bekämpft hat, eine Erklärung ausgesprochen die fast einem Aufgeben seiner Ansicht ähnlich sieht. Noch glänzender rechtfertigt mein Verfahren ein neuerer Gegner, der in Hn. Kleinerts Fusstapfen tritt, H. Oneken, der in seinem Athen und Hellas 1 S. 145 über meine Anordnung sich so ausspricht: „Ich räume gern ein dass die Art wie sich Krüger die letzten Dinge des Pausanias und Themistokles zurechtgelegt hat ausserordentlich bestechend ist, dass sie an und für sich inneren Bedenken wenig oder gar nicht unterliegt und dass insbesondere der von uns unternommene Versuch, die Erlebnisse beider Männer nach dem entgegengesetzten System zu verthcilen, im Vergleich mit der Krügerschen wenig Empfehlendes und manches Befremdende haben wird." Diese offenherzige Erklärung beweist dass ich erreicht habe was ich als meine Aufgabe erkannte Stud. S. 48: „Wenn die Ueberlieferungen nach ihrem bezüglichen Werthe geltend gemacht und dabei die Ereignisse mit so fester Verkettung in einander gefügt werden dass eine Auflösung nicht wohl möglich ist, so ergiebt sich von selbst die Unhaltbarkeit der Ansichten die keiner von beiden Forderungen Genüge leisten." Dennoch hat H. Oneken sich verpflichtet gefühlt gegen mich anzukämpfen. „Allein, fährt er fort, und hier ist der Kern der ganzen Frage, ich kann nimmermehr zugeben dass eine Reihenfolge der geistreichsten Ver-muthungen, denen es an unzweideutiger äusserer Beglaubigung gebricht, gegen eine unabhängige chronologische Ueberlieferung ins Gewicht falle." Eine unabhängige Ueberlieferung? Der Ausdruck ist mir unklar. Meint II. Oneken etwa eine solche bei der man sich von allen andern Ueberlieferungen unabhängig macht d. h. sich um sie nicht bekümmert? bei dor man z. B., wenn es für sie nicht passt, das für die Schlacht amEurymedon überlieferte Datum ohne Weiteres verwirft, um eine durch nichts, durch gar nichts verbürgte Annahme einzuschmuggeln? oder bei der man, um ihre Unabhängigkeit auch vom Thukydides darzuthun, die Belagerung von Naxos, die nach ihm höchstens einige Jahre ') Clinton 469, 2. 429, 2. — 5) p. 14. 23 nach der Unterwerfung der Karystier erfolgt sein kann, etwa acht Jahre später ansetzt? oder bei der man, noch unabhängiger vom Thukydides, den Pausanias, seit er von der Befehlshaberschaft der Hellenen abberufen war, noch ein acht- bis neunjähriges Bummelleben fuhren lässt und, um dies scheinbar zu ermässigen, „seinen Aufenthalt in Kolonä" auf drei bis vier Jahre veranschlagt, ohne dass man, abgesehen von der Unmöglichkeit gegen die Aufforderung heimzukehren so etwas wagen zu dürfen, irgendwo eine Spur sähe wie er diese lange Zeit benutzt hätte, um mit Artabazos und dem Könige weiter zu kommen? Eine so behandelte Ueberlieferung ist denn wirklich eine sehr unabhängige, da sie sich durch keine Zeugnisse, durch keine Raison von ihrem Wege abbringen lässt. Zwar sagt H. Oncken S. 126: „Die Zeit während welcher Pausanias seine verrätherischen Anschläge im Verkehr mit Persien völlig ungestört genährt haben muss, bis man ihn endlich überführte, bleibt immerhin lang genug, um unser äusserstes Erstaunen zu erwecken." Aber bei diesem änssersten Erstaunen lässt er es denn auch bewenden und statt die Sache als eine verlorne, rettungslose aufzugeben spricht er noch sehr wortreich allerlei durch einander was zu widerlegen nicht der Mühe verlohnt. Wie aber ist II. Oncken zu einem so bedauerlichen Missgriffe gekommen? Etwa dadurch dass sein „verehrter Lehrer E. Curtius," dessen Ansprüche auf den Namen eines Kritikers, so viel ich sehe, äusserst problematisch sind, „die alte durch H. Kleinert siegreich vertheidigte Rechnung wieder aufgreift?" S. 124. Wenn er diese Verteidigung eine siegreiche nennt, so muss ich nur daran erinnern dass der angebliche Sieger selbst von jeder Siegeszuversicht sehr weit entfernt gewesen, viel weiter als seine Anhänger. Ich selbst glaubte ein solches Siegesgeschrei so wenig besorgen zu dürfen, dass ich es für unnöthig hielt Hn. Kleinerts Ansichten eingehend und ausführlich zu widerlegen, überzeugt dass eine genauere Begründung meiner früher nur beiläufig vorgetragenen Ansichten dazu genügen würde und dass ein System was zu so abenteuerlichen Annahmen führt wie die oben besprochenen sich selbst sein Grab gegraben habe. Wenn H. Oncken mich S. 121 beschuldigt dass ich „ohne einen einzigen stichhaltigen Grund den Ostrakismos des Themistokles in das Jahr 476 setze," so wünschte ich wohl dass er meine Studien S. 48 f. gelesen hätte. Dort heisst es: „Die Zeit wo Themistokles verbannt wurde lässt sieh nicht mit völliger Genauigkeit bestimmen." — „Bei der Olympiadenfeier 76, 1 war er gewiss auch noch nicht verbannt worden." Natürlich musste ich mich auf eine Vermuthung beschränken, da Zeugnisse oder Thatsachen die zu einer sichern Combination führen könnten nicht vorliegen. Vgl. obcn'S. 20 Anm. 4. Was aber hat denn H. Oncken für seine Ansicht Stichhaltiges angeführt? Eine grundverkehrte Anordnung der Begebenheiten. Aeusserst bedrohlich klingt das Gesammturtheil was II. Oncken gegen meine Behandlung der Chronologie (etwa seit 4 75) sehr kategorisch ausspricht. „So viel, sagt er S. 113, sheeint mir bei aller sonstigen Ungewissheit uuumstösslich, dass wir von hier an fürs Erste uns von Krügers Schema, dem wir bis 24 liieher gefolgt sind, vollständig loszusagen haben. Eine sorgfältige Nachprüfung seiner Ergebnisse und seines Verfahrens hat mich bolehrt, daBs es jenen ebensosehr an äusserer Beglaubigung als diesem an innerer Folgerichtigkeit fehlt." An innerer Folgerichtigkeit? Hab' ich denn nicht ein völlig entschiedenes, noch von Niemand widerlegtes Princip aufgestellt und dies mit unverbrüchlicher Strenge durch die ganze Pentekontactie durchgeführt? Wenn H. Oneken dies nicht für Folgerichtigkeit gelten lässt, was bezeichnet er denn sonst mit dem Ausdrucke? Aber auch Mangel an äusserer Beglaubigung wird mir vorgeworfen und wer das so liest kann nichts Anderes ver-muthen als dass ich durchgängig eine kecke Phantasiekritik übe, sie der ich mich seit jeher aufs Gewissenhafteste enthalten habe. Auf Grund der Reihenfolge in der Thukydides die Begebenheiten erzählt und mit Zuziehung aller anderweitigen Angaben, die ich mit möglichster Schonung behandele, habe ich mein System durchgeführt. Ist das keine äussere Beglaubigung? Unbekümmert um die eben so unlogische als unkritische Forderung die II. Oneken mir S. 123 entgegenwirft und die im nächsten Abschnitte ihre Erledigung finden wird, will ich nur seinen scheinbar mich stark treffenden Tadel besprechen. „Das Stärkste, sagt er S. 123, was Krüger gegen die alte Ansicht anführt, ist lediglich dies, dass, wenn sie richtig wäre sein ganzes Schema von den letzten Dingen des Themistokles und Pausanias nicht bloss erschüttert sondern umgestürzt würde, ein Grund der natürlich für uns kein Gewicht hat, so sehr wir auch den Scharfsinn bewundern, mit dem dies Gebäude aufgerichtet ist." Allerdings ist die Hauptstütze meines Systems dessen innere Notwendigkeit, für die Gegner eine dira r.ecessitas; ist die Unmöglichkeit ein anderes aufzustellen das nicht zu völlig unbegreiflichen und taetlosen, ja lächerliehen Ergebnissen führen müsste, Ergebnissen wie Hn. Schäfers Lücke bei Eon oder Hn. Onckens acht- bis neunjähriges Bummellebcn des Pausanias, verbunden mit der Notwendigkeit die Schlacht am Eurymedon, die ich auf ein, vielleicht auf zwei Zeugnisse gestützt in Ol. 77, 3 gesetzt habe, ohne Zeugnisse drei bis vier Jahre später zu rücken. Das Interessanteste hiebei ist dass IL Oneken selbst in der oben (S. 22) angeführten Stelle die vollständige Zalänglichkeit meiner Hauptstütze glänzend anerkennt, während er sich über die von ihm angenommene Ansicht in einer Weise ausspricht die unwillkiihrlich den Gedanken erregt: das ist ein Kampf der Verzweiflung; zu solchen Ergebnissen gelangen heisst laut den Sieg des Gegners verkünden. Zum Schlüsse nur noch einige Worte über eine arge Denunciation die Herr Oneken gegen mich erhebt. Verwundert darüber dass die „Krügcrsche Hypothese in Deutschland sehr viel Anklang gefunden" S. 124 beschuldigt er mich dass ich die Leser bestrickt und berückt habe S. 145. „Er wisse aus Erfahrung wie leicht die beredten und geistvollen Ausführungen ihres Vertreters den Leser darüber (über die innere Schwäche seiner Ansicht) hinweggleitcn lassen." Also Bercdtsamkeit und geistvolle Darstellung — bei so sprödem Stoße, in chronologischen Untersuchungen? Unerhört! fast möcht' ich sagen, 25 noch nie da gewesen. Sollte wirklich auch, was ich jedoch nicht wissen kann, denn über seine Schreibart wie über sein Gesicht hat Niemand selbst ein Urthcil, sollte wirklich mein Stil etwas gewählt und glatt, meine Darstellung etwas frisch und gerade nicht ungefällig sein, so sind das doch Eigenschaften die in solchen Sachen keine Erfolge erzielen. Aber freilich eines stilistischen Kunstgriffes muss ich mich denn wohl schuldig bekennen: eines Kunstgriffes der allerdings für viele ein Geheimniss ist, den ich jedoch jetzt der Oeffentlichkeit zu vcrrathen nicht anstehe. Ich habe immer mit äusserster Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt mich vor dem Xöyog ddixo? gehütet, habe immer nach möglichst objectiver Prüfung mich dem Adyo? äi-xctioq zugewandt, nur für die gerechte Sache gesprochen und geschrieben; wo ich polemisirte eben nur die Dictate der Gegner, fast möchte ich sagen, stenographirt. Dem gemäss betrachte ich diese, zumal wenn sie sonst ehrlich und ehrenhaft zu Werke gehen, nicht als meine Feinde, sondern als meine Gehülfen und II. Oncken hatte sehr Unrecht zu besorgen dass ich ihm ob seines Widerspruches grollen, wohl gar ihn einer Impietät zeihen möchte, von der hier überall gar nicht die Rede sein kann. Im Gegentheil, so sehr ich ihm für seine ausserordentliche Anerkennung meiner Leistungen mich verpflichtet finde, so dankbar, ja noch dankbarer bin ich ihm für seinen Widerspruch, der mir wie gerufen kam die Notwendigkeit meiner „Hypothese" darzuthun. Er ist mir als Gegner ein höchst erwünschter Bundesgenosse gegen Hn. A. Schäfer geworden. Beido nämlich, das gleiche Ziel auf verschiedenen Wegen anstrebend, suchen die ihnen verhasste Hypothese zu stürzen und drängen sie, der Eine auf der rechten, der Andere auf der linken Seite. So mit gleichen Kräften von beiden Seiten getrieben was kann die arme Hypothese, wie heftig auch bedrängt, was kann sie anders als — unverrückt stehen bleiben? 8. Artaxoxxes Regierungsantritt. Der Kanon. Mit der Ankunft des Themistokles in Asien steht der Regierungsantritt des Artaxerxes in Beziehung. Durch meine Abhandlung über den Frieden des Kallias veranlasst hatte ich mich (1824) in einer Episode über diesen Punct etwas ausführlicher erklärt. Meine Ansicht fand bei Hn. Hengstenberg1) lebhafte Anerkennung und Bestätigung. Gegen uns beide schrieb H. Kleinert einen Aufsatz von 232 Seiten'), den er aber mit einem Geständnisse abschloss das so ziemlich einem Aufgeben seiner Sache gleich lautet. „Die Schwierigkeiten, sagt er3), der von mir verteidigten vulgären Ansicht ') dem ich vor Erscheinung der ersten Auflage des zweiten Bandes seiner Christologic auf Veranlassung zugleich mit der ersten Aufluge meiner Abhandlung „über den Kimonischen Frieden" (in Seebodes Archiv für Philologie und Pädagogik, 1 Jahrg., 2 Heft,) die betreffende Partie meiner damals noch nicht erschienenen Schrift über die Pentekontaetic des Thukydides im Manuscript mittheilte. — ') Beiträge zu den theol. Wiss. II S. 1 — 232. 26 Ton der Regierungszeit des Xerxes verkenne ich keinesweges; mein Versuch sie zu heben wird nicht überall gleich gelungen sein und wer weiss ob sie sich völlig heben lassen. Ich habo, wie schon der Titel meines Aufsatzes ausspricht, meinen Gegnern [Krüger und Hengstenberg] gegenüber nicht schlechthin leugnen sondern nur Zweifel erheben wollen an dem was mir noch zu wenig begründet scheint. — Kämpft sich die neuere Ansicht, was ich mir doch denken könnte, durch alle Zweifel siegreich hindurch, so will ich mich freuen durch meinen Widerspruch wenigstens auf einzelne Parthien derselben aufmerksam gemacht zu haben, die dem Angriffe noch bloss standen. So viel glaube ich in Einstimmung mit meinen Gegnern hier zum Schlüsse ausdrücklich behaupten zu müssen, dass wer die Schwierigkeiten der älteren Meinung nicht zu lösen vermag olino die Auctorität des Thukydides und Charon preiszugeben, schon darum keinen Anspruch auf Billigung von Seiten Unbefangener zu machen hat." Diesem gemässigten und bescheidenen Widersacher gegenüber, der meiner Erörterung der Sache bis zum Zweifel an der seinigen volle Gerechtigkeit widerfahren lässt, ersteht mir jetzt ein Gegner der meine auf eine vernünftige Anordnung der Begebenheiten nach Thukydides gegründete und später in den Studien') sehr eingehend erörterte-Ansicht kurz und bündig für ein com-mentum, eine Erdichtung, erklärt. Gewiss also wird er mich ganz unwiderleglich widerlegt haben. Wir wollen sehen. „Pcrsarum reges, sagt H. Schäfer'), illa aetate Xerxes et Artaxerxes fuerunt, de quorum temporibus cum scri-ptorum testimoniis tum canene astronomico certissime constat." Certissime? Wirklich? Auch dann wenn sie nicht mit einander übereinstimmen? Schon Plutarchos, der doch manche ältere Werke, auch chronologische, benutzte, klagt über ihre Widersprüche und Sulpicius sagt: „is (Xerxes) unum et vi-ginti annos regnasse traditur, quamquam in plerisque cxemplaribus viginti et quinque [XV?] annos imperii ejus fuisse repperi3). Sind denn solche Verschiedenheiten so unerheblich dass H. Schäfer es wagen durfte zu erklären4): „Haec igitur tam certa habemus tamque testimoniis firmata, ut nullam dubita-tionem relinquant. Nam si quid auetores variant, id ejusmodi est ut fidem non demat sed addat, quoniam apertum est diversas computandi rationes in summa re ad idem redire6)." Geben denn die vier Jahre mehr die nach SulpiciuB ') S. 52—64. — *) Schäfer p. 5. — 3) Stud. 62 f. — 4) Sch. p. 5. — 5) Noch entschiedener spricht von der Einstimmigkeit aller nennenswerthen Zeugnisse H. Oncken 1 S. 122. „Die Sache, meint er, sei rerhältnissmässig einfach und lasse an Klarheit wenig zu wünschen übrig," wenn man sich bloss an Hn. Kleinert und an mich gar nicht kehre, an mich der vorzugsweise gegen an Hn. Kleinert und dessen dreiesig Tyrannen (Zeugen) die Episode S. 52—64 geschrieben nnd also nichts der Rede Werthes zu Markte gebracht haben muss. Ich dächte indess doch authentisch bewiesen zu haben dass keinesweges alle nennenswerthen Zeugen hier übereinstimmen, dass vielmehr von den ältesten Zeiten die Misshelligkeiten über diesen Gegenstand sehr gross gewesen; so gross dass ich den erneuerten Versuch auf Grund einer vor- 27 pleraque excmplaria dem Xerxes beilegen, eine Bestätigung der Angaben die ihm so viel weniger zuschreiben? Und nun gar erlaubt man sich die Folge der Begebenheiten bei Thukydides auf eine Weise zu recken und zu strecken, zu verrücken und zu zerstücken dass es haarsträubend ist. Was immer man auch über die Angabe des Diodoros, des Kanon und Genossen denken mag, so viel ist jedenfalls gewiss und wird sich aus dem vorher Gesagten wie aus dem später Anzuführenden ergeben dass Thukydides den Regierungsantritt des Artaxerxes nicht erst in Ol. 78 angesetzt haben kann. Da ich dieses auch in den Studien für Urteilsfähige hinreichend erwiesen zu haben glaube'), so dächt' ich nicht dass ich, wie IL Schäfer mich beschuldigt, zu Erweisendes bloss angenommen hätte. Es konnte mir freilich nicht einfallen in der Art nur schreiben zu wollen was ein Kritiker wie H. Schäfer etwa anerkennen mochte. Wenn er versichert'): „firmuin rationum nostra- gespiegelten Uebereinstimmung vermittelst eines Zwing-Eon und eines Bummel-Fausanias im Bunde mit obigen dreissig Tyrannen dem Thukydides chronologische Daumschrauben anzulegen mit der grössten Entschiedenheit abwehren muss. Wenn H. Oncken nach S. 123 zu glauben scheint dass solche Zeugnisse wie das des Thukydides keine Gültigkeit haben, wenn man für sie nicht die erforderlichen Zahlangaben zur Stelle schallen könne, so will ich ihn in seinem Glauben nicht irre machen, obwohl überzeugt dass ältere Zeugen, wenn ihre Angaben mit den Zahlangaben jüngerer unvereinbar sind, auch ohne Zahlbestimmungen zu geben entscheidend ins Gewicht fallen. Nicht minder gönne ich auch Hn. Schäfer S. 5 seine Ueberzeugung dass Böckh in seinem Manetho S. 165. 351 ff. die vorliegende Frage erschöpfend abgethan habe. Dass Böckh selbst dies glaube möchte ich bezweifeln. Jedenfalls hat er sie in der Weise wie sie von mir gefasst ist nicht einmal berührt. Uebrigens ist es von den beiden Herren, Schäfer und Oncken, gar nicht hübsch dass sie von der Zeugenharmonie so sprechen wie Herr Kleinert selbst gar nicht gesprochen hat. „Was den consensus antiquitatis betrifft, sagt er S. 13, so kann von einem solchen hier freilich nicht im strengsten Sinne die Bede sein, sondern nur a potior! Wir haben nicht alle Zeugen für uns, sondern nur eine überragende Majorität." Damit man aber sehe was für Kroopzeug es meistens ist was diese Majorität bildet, will ich die ganze Heerschaar nach H. Kleinert S. 16 aufmarschiren lassen: [Ktesias,] Manetho, Diodoros, Josephos, Kan. Ptol., Klemens Alex., Julius Afric., Anonvmos, Eusebios, Chron. pascbale, Hilarianus, Sulp. Severus, Bas. Seleuciensis, Chron. Alexandr., Jornandes, Isidor, Hispalcns., Ma-ximns confess., Julian. Tolet., G. Svncellus, Monum. Anast., Nikephoros Cstp., Freculphus, Ado, G. Cedrcnus, Ilonorius August., Sam. Aniensis, Joel, Abul-pharagius, Chron. Orientale, Anon. ap. Seal. Einen beträchtlichen Nachschub dazu liefert H. Kleinert noch S. 84 ff. Das ist die Erläuterung für H. Kleinerts a potiori, dem ich denn wohl ein a deteriori beifügen kann. Wenn der Chorag meiner Zeugenschaar wieder auferstände, wurde er nicht, wie einst Friedrich der Grosse seinen Feinden gegenüber, ausrufen: „Seh' er einmal mit solchem Gesindel muss ich mich herumschlagen?" Was ich im J. 1836 als Ergebniss meiner Untersuchungen aussprach (Stud. S. 59. vgl. 61): „Unbedenklich ist die Bestimmung durch die Artaxerxes Begierungsantritt etwa in Ol. 76, 4 gesetzt wird die bei Weitem besser verbürgte," muss ich auch heute noch für meine Ueberzeugung erklären. — ') S. 52 ff. — *) p. 7. Ueber die Unzuverlässigkeit des Kanon Hengst. Chri. 3, 1 S. 168. 28 rum fundamentum paratum esse apparet, so wird nach dem Gesagten Jeder leicht einsehen was von diesem Wahne zu halten sei. Wenn II. Schäfer mich schilt1) dass ich den Kanon, von dessen Quellen und Entstehung wir so gut wie gar nichts wissen, die gebiihrendo Achtung versagt habe'), so mag er sich darüber vollständig beruhigen. Nach meinen Erörterungen stand und steht die Sache so. Entweder der Kanon und Genosson, alles nur Zeugen zweiten und dritten Hanges, haben geirrt oder Thukydides hat den Regierungsantritt des Artaxerxes falsch angegeben. Dies anzunehmen wollte meine Achtung gegen Thukydides nicht gestatten; aber auch den Kanon mochte ich nicht inissachten. Aber was nun anfangen? Bei so heillosen Collisionen hilft man sich oft durch eine Conjcctur. Indess bei welchem Schriftsteller eine solche anbringen? Bei Thukydides®), dem sich mit einer prokrustischen Erklärung nicht beikommen lässt, ist auch eine Conjectur unmöglich; im Kanon dagegen wäre nichts leichter, da es sich hier nur um Zahlen handelt, die auch in den am besten erhaltenen ■) p. 6. — ') H. Schäfer S. 6 beschuldigt mich: ,,Tacet enim de canone astronomico, de Manethone, de clironographis, et quasi cum uno Diodoro, cui multi quidem, sed nullius fere momenti scriptores accedant, sibi res sit, agit (p. 37. 53, 2): obiter (!) demum p. 58 praeter Diodorum canonis quoque mentionem injieit." Tacet? Ich sage S. 53 dass Artaxerxes „nach den Schriftstellern von denen uns eine Jahrbestimmung darüber erhalten ist Ol. 78, 4 den Thron bestiegen" und erwähne Anm. 2 die grosso Anzahl derselben; wozu aber hätte ich die Einzelnen nennen sollen? Wenn ich später den Diodoros einige Male als Stellvertreter Aller erwähne, so geschieht dies weil er der Bekannteste ist. Viel täuschender ist es dass Herr Schäfer es verschwoigt wie wenig mehrere der früheren Schriftsteller mit Diodoros etc. übereingestimmt haben dürften. Stud. S. 55 ff. „Wie aber kann, sage ich weiter S. 58, die Einstimmigkeit abgeleiteter Zeugnisse (vgl. Kleincrt S. 100) gegen das Gewicht auch nur eines ursprünglichen geltend gemacht werden?" (Stud. S. 58.) Wenn eine, aber die älteste und beste Handschrift allein an irgend einer Stelle uns eine gute Lesart böte, würden wir es wagen sie zu verwerfen, weil vielleicht Dutzende anderer Handschriften einstimmig etwas Anderes gäben? Uebrigens glaube ich dass Vi-tringa Observv. sacr. 6, 1 T. 2 p. 257 sehr richtig urtheilt: „Respondeo me canonis auetoritatem (certe in Medicis) revereri magis quod ad integrum summ am annorum, quos durationi illius imperii ab initio Cyri babylonico tribuit usque ad Alexandrum, subinde a Ptolemaeo ipso consignatam, quam in definiendis annis singulorum regum Persarum, maxime Dario Hystaspis filio posteriorum, quorum tempora astronomicis observationibus non adstruuntur. In caeteris enim auetor illius Canonis, quiscunque tan-dem sit, non meretur majorem fidem quam optimi historici posteriorum temporum." Wider Semlers Einwendungen gegen ihn bemerkt II. Klcinert S. 106 f. mit Recht: „Man sieht leicht, dass diese Entgegnung nur solche Widersacher berücksichtigt, die irgend eine der einzelnen Regierungen verlängern oder verkürzen wollten, ohne den so entstandenen Ueberschuss oder Mangel auf andere Weise wiederum auszugleichen. Thut hingegen Jemand das Letztere [wie ich in den Stud. S. 62 ff.], so wird er von dem angeführten Einwände gar nicht getroffen." „Auch das, fügt er hinzu, müsse den Gegnern zugegeben werden, dass im Kanon sich so gut Irrthiimer finden können, wie in jedem andern menschlichen Werke. — 3) 1, 137, 3. 29 Handschriften nicht selten verfälscht sind. Was beim Thukydides erweislich öfter vorgekommen ist, warum könnte das nicht auch ein Mal beim Kanon geschehen sein? Ich habe demnach, urn den Verfasser eines Irrthums zu entheben, einen Abschreiber der Auslassung eines Strichelchens geziehen'). Pas war meine Missachtung des Kanon. Ich setzte natürlich voraus dass diese Auslassung sehr alt, dass sie wohl schon im Urkanon erfolgt sein müsse, dass sie möglicher Weise vom Verfasser selbst verschuldet sei5). Dass Jemand behaupten könne, es dürfe mir nicht erlaubt werden besagtes Strichelchen einzufügen, wenn ich nicht in dem so kurzen Kanon noch sonst einen oder den andern Fehler nachwiese, musste mir sehr undenkbar scheinen. Einem solchen muss ich denn freilich erlauben das ketzerische Stri-chelehcn zurückzuweisen und der rechtgläubigen von dreissig Schriftstellern, die freilich grossentheils nicht einmal als abgeleitete Zeugen von Gewicht sind, sehr schlecht verbürgten Angabe dass Artaxcrxes Ol. 78, 4 zur Regierung gekommen sei als sicher anzuerkennen. Ich jedoch kann nicht anders als auch jetzt erklären dass ein Zeugo wie Thukydides, der gleichzeitige, mir unbedingt gewichtiger erseheint als jene dreissig. Wenn ich noch wahrscheinlich zu machen suchte dass auch andere Schriftsteller, zum Theil solche die den Begebenheiten mehr oder weniger nahe lebten, mit diesem übereingestimmt haben dürften, so war ich weit entfernt zu glauben dass Thukydides noch solcher Bundesgenossen bedürfe; ich habe diese nur, um ihnen ihr Recht widerfahren zu lassen und zu verhüten dass man sie für die entgegengesetzte Ansicht ausdeute und ausbeute, ausführlicher besprochen. Meine Zeitbestimmung steht demnach vollkommen eben so fest als wenn diese Zeugnisse gar nicht vorhanden wären. Ich kann mich daher der undankbaren Mühe überheben die Nichtigkeiten mit denen II. Schäfer in gewohnter Weise gegen mich ankämpft der Reihe nach zu besprechen. Wir ') Stud. S. 62 ff. — ") Wie oft die Schriftsteller selbst an falschen Lesarten Schuld sind habe ich an zahlreichen Beispielen kennen gelernt, zum Theil sehr belehrenden. So steht in meiner Geschichte der englischen Revolution S. 171 Z. 5: „Diese schriftliche Anklage." Wenn hier Jemand die Vermuthung ausgesprochen hätte, der Verfasser werde „Diese schroffe Anklage" geschrieben haben, so würde man über die verwegene Conjcctur geschrieen haben, vielleicht bei oberflächlicher Ansicht auch ich selbst. Erweislich mit Unrecht. Denn um jeden Zweifel zu beseitigen, musste ein günstiger Zufall mir ein von dem Manuscript abgeflattertes Blatt in die Hände spielen und mich entdecken lassen dass ich wirklich ganz deutlich schroffe geschrieben hatte. Ich hatte die Correeturen des Abends, schon abgearbeitet und ohne Vergleichung des Manuscripts, gemacht und so war die garstige Verschlimmbesserung des Setzers durchgeschlüpft. Dass nicht auch bei den Alten auf ähnliche Weise manche Fehler in die Handschriften eingeschlichen seien wird Niemand behaupten wollen. Bei dieser Gelegenheit will ich noch einige S. 509 nicht angegebene Druckfehler in dem erwähnten Werke anzeigen. S. 61, 6 lese man: seinem Systeme. — 61, 21 fruchtbaren. — 64, 3 man nicht schuldete. — 70, 4 dieser Bahn. — 99, 17 aufs. — 106, 28 ihrem für seinen. — 135, 3 ist vor Niemand ausgefallen: Er las sie ab. — 159, 20 1. auf der Wage. 30 werden ja ohnehin noch Gegenstände genug finden, um den kritischon Gehalt des Mannes kennen zu lernen. 9. Schlacht am Eurymedun. Ml tu tuvtu. Abfall dar Thasier. Xqovu vattfjoy. Coujcctur. Die Schlacht am Eurymedon rückt H. Schäfer in dus Jahr 465; ich habe sie Ol. 77, 3 angesetzt, „Thucydidis, wie Ii. Schäfer1) in seiner Latinität versichert, parum rationu liabita, quem eisdem verbis non mul-tum diversa temporis spatia notare recte a Rospatto observatum est." Der Ausdruck auf den er hier hindeutet ist dus fiecd tuvtu bei Thuk. 1, 100, 1. Vor so raisonwidrigen Annahmen sollte man sich doch wahren. Meid tuviu heisst eben nur find tuvtu, bezeichnet nur eine wenig oder gar nicht näher bestimmte Zeitfolge. Die Annahme dass Thukydides damit den Uebcrgang zu einem neuen Jahre zu machen pflege ist eine unerwicsene und unerweisliche. Es wäre mehr als seltsam, wenn der Schriftsteller seinen Lesern eine Deutung zugemuthet hätte die der Ausdruck und der Sprachgebrauch so gar nicht rechtfertigt. Denn dass fietu tuviu sowohl hei einem geringen als bei einem längeren Zwischenräume gebraucht werden könne zeigen Stellen wie 1, 111, 2. 114, 1: und tuviu ov naXXü vateqov und 118, 1: fieia tuviu ov noXXois iieaiv voteyov. (Eine Stelle die man denn nach Hn. Rosapatt erklären müsste: im nächjsten Jahre nicht viele Jahre später.) Mithin musste zu fieid laviu auch nXeiomv irtmv vaiefiov zugefügt oder hinzugedacht werden können. Und was will man denn mit einem: es pflegt so zu geschehen beweisen? Wenn man Ausnahmen zugesteht, warum müssto nur hier das Gewöhnliche Geltung haben? Wenn aber auch wirklich jene Deutung des /inu tuvtu begründet wäre, so würde damit gegen mich immer noch nichts gewonnen. Man hat nämlich vorausgesetzt dass ich das find iavva C. 100, 1 auf iVd£oq eüov-Xrö&t] bezogen habe. Nun aber ist C. 99 von Empörungen auch anderer Bundesgenossen die Rede und ich musste also annehmen dass wenigstens mehrere Fälle der Art auch bald nach der Unterwerfung der Naxier vorgekommen und dass auf diese Fälle, die den Athenern vermuthlich einige Jahre zu schaffen machten, das fiezd tuvtu zu beziehen sei. Denn wären Ereignisse der Art damals gar nicht eingetreten, so würde Thukydides dio Sache nicht hier und nicht so (nifuirj — ine ira) erwähnt haben. Diese Erwägungen führten mich zu der Annahme dass nach Thukydides die Schlacht am Eurymedon um die Mitte der 77 Olympiade erfolgt sein werde. Ueberrascliend stimmt liiemit die Angabe des Diodoros2) dass sie Ol. 77, 3 geliefert worden. Diesem aber darf man hier mit ziemlicher ■) p. 16. — ä) 2, 60 f. Die seltsamen Unzulänglichkeiten, eine Kritik des Reckens und Streckens, der Ausflüchte und Nothbehelfe, mit denen Herr Kleinert S. 188 f. die Schlacht in das J. 466 rücken will darzulegen halte ich jetzt noch weniger als früher für erforderlich. Die Unmöglichkeit der Sache wird nach dem oben Gesagten von selbst einleuchten. 31 Sicherheit trauen, da es nicht wohl denkbar ist dass er über ein so hoch berühmtes Ereigniss eine irrige Ansicht gehabt haben sollte. Wer diesen Wahrscheinlichkeitsgrund nicht anerkennt, mit dem ist eben nicht zu streiten. Wie wenig aber daran zu denken sei dass nach Hn. Schäfers Prokrustik die Schlacht am Eurymedon in 465 zu setzen sei wird das nächst Folgende darthun. Den Abfall der Thasier habe ich zwei bis drei Jahre nach der Schlacht am Eurymedon angesetzt, also 467; H. Schäfer1) einige Monate nach derselben, in den Herbst von 465. Wenn H. Schäfer im Obigen Unrecht hat, so kann er hier nicht Becht haben. Den Ausdruck ZQoru vantjOY Swißri, mit dem Thukydides1) diesen Abfall an jene Schlacht anschliesst, konnte er nicht füglich, zumal in einer Uebersicht bei der es sich um Jahre, ja um Olympiaden handelt, von einer sehr kurzen Zeit gebrauchen, von der er vielmehr ov xoXXu üotepov gesagt haben würde, wie 1, III, 2. 114, 1. 115, 1. vgl. 112, 1. Denn das y.qövu steht an sich von einer längeren Zeit3), /(/önf vareqor sogar von einem Jahrzehnt und mehr. Thuk. 4, 81, 2 u. Her., 9, 64, 75. An einen so langen Zeitraum ist hier natürlich nicht zu denken; aber viel weniger noch an eine Zwischenzeit von Wochen oder höchstens von einigen Monaten. Jedenfalls darf man sich erlauben eine Frist von zwei bis drei Jahren anzunehmen. Die Art wie ich mit dieser Annahme die Zeitangabc des Diodoros 11, 70 in Einklang gebracht habe4) ist eben so einfach als natürlich. Die gleichzeitige Niederlage bei Drabeskos setzt der Scholiast z. Aesch. p. 755 ixt Avmxqüiovc. Dass dieser Name verschrieben sei ist anerkannt. Die leichteste Aenderung die sich uns hier bietet ist int Avtriarparov. Sie führt uns gerade auf das Jahr was ich oben aus andern Gründen als das richtige angenommen habe, Ol. 78, 2 6). Wenn Clinton eine weniger leichte Aenderung, eVii Avai&iov annimmt, so thut er dies nur um die Stelle mit seiner (falschen) Zeitangabe für die Schlacht am Eurymedon in Einklang zu bringen. Wenn H. Schäfer versichert7): „longius etiam (als Meyers enl Avaarlov) a vero recessit Krügerus," so kann ich ihm diesen Wahn schon gönnen, da er, so viel ich sehe, auf weiter nichts gegründet ist als auf seinen verkehrten Ansatz der Schlacht am Eurymedon (465). Eine Bestätigung meiner Verbesserung ergiebt auch die Angabe des Thukydides8) dass die Niederlage bei Drabeskos zwei und dreissig Jahre nach dem Tode des Aristagoras erfolgt sei. Denn dass dieser im J. 499 gefallen sei glaube ich in den Studien8) erwiesen zu haben. Dass Thuky- ■) p. 16. — s) 1, 100, 1. Sehr Seltsames findet man hierüber bei H. Kleinert S. 191 ff. — 3) „De aliquo longiore tempore." Schümann ad Isae. p. 444. — *) Stud. S. 145 f. — 5) Bei stimmt mir Böhneke Forschungen S. 121 A. — °) Ueber die zutreffende Verbesserung der Stelle des Diodoros 12, 68 (A in düo) s. man in. Studien S. 146. An der gerirgfügigea Ungenauigkeit darf man keinen Anstoss nehmen. Anders will Weissenborn Hell. S. 146, 36. — 7) p. 17. — s) 4, 102, 1. — 9) S. 147 f. Schultz Beitrag zu genaueren Zeitbestimmungen S. 29, 37 Mitt. 38 setzt die Nieder- 32 dides, der die Aussendung der Ansiedler neun und zwanzig Jahre später ansetzt mit Diodoros und dem Scholion, die das Jahr der Gründung der Stadt Amphipolis angehen, sehr wohl vereinbar ist, wenn man seine Worte genau erwägt, habe ich eben dort') gezeigt. Man bedenke nur dass der schwierige Bau der Stadt und ihrer Mauer (t«'*0? /'«»fdv2) gewiss nicht in wenigen Monaten vollendet sein konnte3). 10. Der mesaeuisehe Krieg. Mykeilä. Kimon. Den Anfang des mcssenischen Krieges setze ich in Ol. 78, 3, v. Ch. 466; H- Schäfer in Ol. 7.9, 1, vi Ch. 464. Die Entscheidung dieses Zwiespaltes hängt wesentlich ab von der Geschichte des Königs Archi-damos. Dass dieser Ol. 77, 4 := 469 zur Regierung gekommen ist unzweifelhaft'). Nun aber erfolgte im vierten Jahre seiner Regierung das Erdbeben, läge und den Tod des Aristagoras in 498. Iln. Klcinert S. 202 habe ich in den Studien S. 148, 2 widerlegt. Die von ihm ergriffene Ausflucht beruht auf einer sprachwidrigen Deutung der Worte i'ir/e n)v x"'-t>uv, die er übersetzt: er hatte das Land besessen. Sie heissen: er nahm das Land in Besitz. Wenn H. Kleinert S. 201 meint, ich würde in die Verlegenheit gesetzt zwischen dem Momente der Flucht des Aristagoras (Her. 5, 123. 124) und dem des Aufbruches gegen Milet (ü, 6) ein Vadium von drei Jahren und darüber zulassen zu müssen, worin die persischen Anführer gar nichts getlian hätten, so wird dies Vacuum sich wohl ausfüllen lassen, etwa so: 498 Entlassung des Histiaios aus Susa, seine Verhandlungen mit den Cliiern, mit den Persern in Sardeis und seine Versuche in Miletos Aufnahme zu finden (6, 2 — 5). Seine Kapereien bei Byzantion (6, 5 und 26) gehören vielleicht schon in das folgende Jahr. Nun aber bedurften die Perser, um die loner vollständig zu besiegen, ausser einer Ergänzung ihrer Landheere, noch einer sehr bedeutenden Vermehrung ihrer Flotte: sie stellten sechshundert Schiffe her durch Contingente der Phöniker, der Kyprier, der Ivili-ker und der Aigyptier. Eine solche Masse von Schiffen hatten diese Völker gewiss nicht zur Verfügung bereit stehen; sie mussten gewiss eine bedeutende Anzahl erst neu bauen. Nimmt man dazu die vielfachen Verzögerungen die bei solchen Bautcu, deren Anordnung schon eine geraume Zeit erfordert, naturgemäss eintreten, so darf man ohne Bedenken annehmen dass darüber mehr als ein Jahr verfioss. Mau erwäge dabei immer wie Vieles was jetzt mit Sturmeseile geschieht in dem grossen Perserreiclie, bei den so bedeutenden Entfernungen von der Hauptstadt, nur mit beträchtlichen Verzögerungen erfolgen konnte. Wenn man dies alles erwägt, so wird vielleicht die Lesart i'xTW i'iei bei Her. 6, 18 zu halten sein. Doch ist Weissenborns Conjectur (Hellen S. 126) Ttra^rw hu, der auch Andre beistimmen, sehr ansprechend. Danach wäre Miletos schon 496 erobert worden. Doch ist die Entscheidung der wohl noch einer genaueren Erörterung bedürfenden Sache bedenklich, da Herodot hier mehrfach in Bezug auf Zeitangaben die wiinsehens-werthe Akribie vermissen lässt. Ucbrigens ist gewiss nicht anzunehmen dass Miletos schnell erobert worden, vgl. 5, 115. — ') Eb. S. 146. — 2) Thuk. 4, 102, 1. — 3) Auch iiher diese und die folgende Begebenheit hat H. Kleinert S. 193, einmal in seine vergriffenen Ansichten verritten, so viel Wunderlickeitcn zu Markte gebracht dass ich von einer Widerlegung abstehen muss. Ist mein Princip S. 3 — 7 richtig, so hat er Schritt vor Schritt geirrt. Ihn im Einzelnen zu bekämpfen würde unnütz sein und eiuen starken Band erfordern. — *) Stud. S. 151. 33 welches den Ab/all der Messenier veranlasste. Wie H. Schäfer es möglich maelien könne mit diesen etwas mehr als drei Jahren den Zeitraum von 469 bis 464 auszufällen mag räthselhaft scheinen. Aber man höre ihn nur: „Ex Spartanorum fastis, sagt er1), annus acquinoctio auctumnali terminabatur (vid. C. F. Hermanni diss. de mens, graec. ins. act. acad. Gott. a. 1844 p. 112): ergo si post m. Sept. a. 469 regnum iniit, quartus ejus annus fini-tus fuit aequinoctio auctumnali a. 464." H. Schäfer will hier ziemlich ein ganzes Jahr erschleichen. Dass gewählte Beamte ihr Amt im Anfange des lakonischen Jahres antraten war auch mir (schon vor vierzig Jahren) bekannt. M. lat. Ausg. der Xenoph. Anab. p. 560, 1. Dass man aber auch die Kegierungsjahre lakedaimonischer Könige so berechnet habe, ist eine erschlichene Annahme, für die sich auch in der angeführten Schrift IC. F. Hermanns") keine Spur eines Beweises findet. Gewiss ist vielmehr dass die Lakedaimonier nicht, wie die Perser, nach den Regierungsjahren der Könige, sondern nach ihren Ephoren die Zeit ofßciell bestimmten3). Auf eine nicht glücklichere Weise erklärt Clinton4), seinen Irfthum offen zur Schau stellend: „In B. C. 464, at the period of the earthquake, his fourth year would be completed, and his fifth year current." Indess wenn Plutarchos dies hätte bezeichnen wollen, so musste er sagen: ni/tntov fioc /JaiTiZei'ovio; ') oder wenigstes xitxaQa Ixt) ßaadtvaavxoq, wiewohl das letztere kaum mehr als vier volle Jahre ausdrücken würde. Dass und warum auf die von meinem Ansätze etwas abweichende, erst durch Conjectur gewonnene Angabe des Pausanias kein Gewicht zu legen und durch welche Missdeutung sie entstanden sei habe ich in den Studien6) nachgewiesen. Wenn H. Schäfer die Unterwerfung der Thasier in 462, den Hülfszug des ICimon nach Lakonike 461 ansetzt, so dürfte das mit dem oben Erörterten hinreichend erledigt sei, da diesen Annahmen alle wesentlichen Stützen entzogen sind. Beiläufig noch einige Bemerkungen über die Leichtfertigkeit mit der man die Zerstörung Mykenäs in die Zeiten des messenisehen Krieges hinabrückt. Diodoros7) erzählt sie unter Ol. 78, 1, II. Schäfer setzt sie8) in Ol. 79, 2 = 463, H. DrovsentJ) in Ol. 79, 1. „Der pragmatische Zusammenhang, sagt dieser, den Diodor angibt, namentlich dass die Argiver durch die Empörung der Heloten gegen Sparta sich in den Staud gesetzt gesehen hätten, die den Spartanern befreundeten Mykenäcr anzugreifen, diese Zusammenhänge geben den Beweis dass der Fall von Mykenä nicht Ol. 78, 1, sondern Ol. 79, 1 zu setzen ist." „Die Empörung der Heloten1' hat II. Drovsen, dem man bei keiner Zeile trauen darf, eingeschmuggelt: Diodoros erwähnt ') p. 8. — -) Monatskunde S. 112. — 3) Thuk. 8, 58, 1: xqixu rai ih y.üim t i ti Jaqttov ßanileuovraq, iaoQtvovvoq c)> 'ÄLXt$i7t7iidct £r Aav.töai-ftovi. — 4) p. 211. — 5) Vgl. Caes. b. G. 5, 25: „tertium jam hnnc an-num regnantem inimici interfecerunt." — 6) S. 152 —155. — 7) 11, 65. — 8) p. 18. — *) in der Zeitschrift für A. W. 1841 S. 226. - 3 34 sie mit keinora Worte, was er denn doch wohl gethnn haben würde, wenn er sie gemeint hätte. Er sagt ganz allgemein: die Lakedaimonier hätten den Mykenaicrn nicht helfen können Ji& toi,? idiovq noXi/tovf xal tjjv Ix Twr actOfttür ytro/iirrfv airoi; airftufoqdr. Besondere Fehden hatten die Lakedaimonier wegen ihrer Herrschsncht häutig; hätte Diodoros den messenischen Krieg gemeint, so würde er nicht den Plural gebraucht; hätte er das berühmte Erdbeben, von dem er früher gesprochen hat1), bezeichnen wollen, so würde er nicht iünr aturfiöiv, sondern toi" irtirrfiov gesagt haben. Auf solche „pragmatischen Zusammenhänge," die auf gar nichts Zuverlässiges gegründet sind, chronologische Bestimmungen ansetzen zu wollen ist ein Verfahren dessen man sich denn doch nach gerade entschlagen sollte. Die Verbannung des Kimon habe ich Ol. 79, 2 angesetzts), Herr Schäfer setzt sie in das J. 460. Hier hat er einen Bundesgenossen an Hn. Droysen gefunden, der mit gewohnter Keckheit und Phantasiekritik noch etwas weiter geht und mein Werk für die betreffende Partie ganz beiläufig zu vernichten gewillt ist. „Die oben angeführte Notiz, sagt er3), über Kimons Theilnahme am Manerbau lehrt dass derselbe noch 460 in Athen war." Das lehrte sie? Sie lehrt vielmehr dass Herr Droysen sie entstellt hat. Aiytxat, sagt Plutarchos4), xai tif fiaxqitv xeiyHiv, a vxO.rj xaXovai fTi'rifXefr&rji'at fiiv vaxeqav xfjr oixoäofliav, z'jV dl nqunr\v &tfte-Xiwmv tlq xonnvq iXt!)<5etq xal ätaßqoyovs zäiv fqytav iitntfrövzwv eQeio&rjvai dl« Kifiwvoq uij'-paXws, yaXtxi nnXXij xai Xi&oiq ßuuiai xtüv t}.(~v mta&iri mr, exelvou xqii/taia 7ioQl£ovxoq xai diditvioq. Also nicht lange nach der Schlacht am Eurymedon wurde der Grund zu den langen Mauern durch Kimon gelegt, ausgeführt aber wurden sie erst später und die Art wie Plutarchos diese Ausführung erwähnt zeigt sehr deutlich dass Kimon an ihr nicht betheiligt gewesen, weil er nämlich verbannt v/ar. Unbegreiflich ist es mir wie IL Droysen demnächst sagen kann: „und dass ihn der Ostracismus des Jahres 459 und nicht 458 traf erkennt man aus dem Zusammenhange der politischen Verhältnisse, worauf ich hier nicht eingehen will,'' da er doch auf der vorigen Seite versichert hat: „aber schon im Anfange des nächsten Jahres 459 traf ihn der Ostracismus." Und nicht sprechen wollte H. Droysen „über die politischen Verhältnisse?" Warum denn nicht? Musste er das nicht, da er hier als Reformator auftritt? Oder wähnte er dass man einem Phantasiekritiker ohne Weiteres glauben, auf sein blosses Wort glauben werde und müsse? „Plutarch, sagt er ferner, stellt die Rückbcrnfnng des Kimon so dar als ob sie im Winter nach dieser Schlacht [bei Tanagra] erfolgt sei, und setzt doch hinzu: eb&uq /(iv oiv !> Kifiatv xaxeX&oiv tXvae tbv nöXe/ior, und seit dem unglücklichen Ausgange des ägyptischen Krieges begannen erst die Unterhandlungen." Woher weiss II. Droysen dies? Und welche Untcrhand- ') 11, 63. — 2) Stud. 155. vgl. 173. — 3) a. a. St. S. 218. — 4) Kim. 13. 35 lungcn meint er denn? Jedenfalls wohl, wie II. Schafer'), die welche (sechs bis sieben Jahre später) dem fünfjährigen Vertrage vorangingen. Plutarchos a) spricht ausdrücklich nur von der nächsten Zeit nach der Schlacht bei Tanagra; und eine so bestimmte Annahme soll man verwerfen, bloss weil es den Herren sich eine ganz fabelhafte Chronologie zusammen zu träumen beliebt? Zu träumen; denn forschen kann man ein Verfahren der Art doch nicht nennen. Und von solchen Kritikern soll ich belehrt werden dass ich mich durch Plutarchos habe irreführen lassen, weil ich — dem gesunden Menschenverstände nicht Hohn gesprochen habe. 11. Aischylos. I'ind&ros. Poikile. Ganz beiläufig bemerkt H. Droysen: „Ueberhaupt ist dieser Theil seiner [der Kriigerschen] Arbeit der am wenigsten befriedigende, da er sich die reichen Notizen, die Aeschylus und Pindar bieten konnten, hat entgehen lassen." Welche Leichtfertgkeit, welche Fahrlässigkeit oder welche Unwissenheit von mir dass ich von der reichen Fülle des Stoffes der Hn. Droysen ins Auge gesprungen ist nichts oder so gut wie nichts entdeckt und so einem Nachprüfenden es so leicht gemacht habe den betreffenden Theil meiner Arbeit mit einem Schlage zu vernichten, völlig zu vernichten! Wie lächerlich werde ich erst erscheinen, wenn H. Droysen, dessen scharf- und fernsiehtiges Auge so Vieles entdeckt hat wovon mir, dem Blödsichtigen, nicht einmal der schwächste Schimmer dämmerte den reichen Schatz seiner Enthüllungen ans Tageslicht fördern wird! Bis jedoch dies neue Licht mir aufgeht muss ich mich schon begnügen meine alten, nun denn freilich wohl veralteten, Ansichten, noch gelten zn lassen. Es ist unstreitig, meinte ich, ein recht verdienstliches Streben die historischen und politischen Anspielungen in der alten Tragödie (so wie im Pin-daros) zu ermitteln. Allein es bedarf dabei grosser Vorsicht und Behutsamkeit, „um nicht zu viel zu sehen oder zu viel und voreilig zu folgern," So hat schon Süvern in seiner Abhandlung über einige historische und politische Anspielungen in der alten Tragödie3) dringend gewarnt und zu diesem Behuf eine Reihe von Beispielen erörtert. Auf die wirklich erweislichen oder doch wahrscheinlichen Anspielungen kann die Geschichte nicht selten ein helles Licht werfen; seltener, viel seltener wird die Geschichte, zumal die Chronologie, dieses Licht von den Anspielungen empfangen. Von diesen Ansichten geleitet und durchgängig einer sehr bedächtigen Skeptik huldigend, voller Abscheu gegen die flunkernde Phantasiekritik derer die „aus Allem Alles zn machen wissen, wenn es ihnen beliebt und sie gläubige Jünger vor sich haben'1), bin ich nicht so glücklich gewesen „die reichen Notizen" die nach Hn. Droysen Aischylos darbeut zu ermitteln. Eben so wenig konnte ich ,,reiche Notizen" der Alt im Pindaros ent- ') p. 18. — 2) Kim. 18. Per. 10. — 3) in den Abhandl. der hist. pliilol. Klasse der Bcrl. Akad. der Wiss. 1E24 S. 1. — 4) Worte G. Hermanns in den Opusce. 6 p. 172. 2* 36 decken, wenn ich nicht auf eine so phantastische, ja ahontouerlicho Weise verfahren wollte, wie es nicht selten von Andern gcschohen ist. Eine Bohr schlagende Probe davon habe ich, in der Hoffnung dadurch unberufene Vorwürfe der Art wie H. Droysen sie sich erlaubt hat abwehren zu können, ausführlicher als es sonst nöthig gewesen wäre in den Studien') liefern zu müssen geglaubt: ein Schriftstück zu dessen richtiger Auffassung ich hier Einiges über die Entstehung desselben raittheilen muss. Es war im April 1826 als mir A. G. Beckor in Quedlinburg eino finden Druck bestimmte Abhandlung über die Echtheit der Bede des Andokides ntfii tlpijvijs zur Prüfung übersandte, wozu er mich für befähigt hielt, weil ich zum Dion. p. 352, 8 mich ganz entschieden für dio Echtheit ausgesprochen hatte. Ich übersandte ihm (schon unterm 19 Mai) eine eigene Abhandlung über den Gegenstand, die er neben der seinigen im dritten Heft des neuen Archivs für Philologie und Pädagogik, so wie später revidirt (im Jan. 1831), zu seiner Uebersetzung des Andokides abdrucken liess. Meine Abhandlung steht jetzt auch im zweiten Bande meiner historisch-philologischen Studien. In dieser Schrift hatte ich Anm. 40 gegen die Art wie 0. Müller eino Stelle des Thukydides*) behandelt oder vielmehr gemissliandelt hat sehr entschieden meine Ansicht ausgesprochen: „Was soll aus der Geschichte werden, wenn solche Zeugnisse genügen die Angaben eines Thukydides über den Haufen zu werfen?" Was mir damals nicht bekannt war, H. Böckh, dessen Pindaros ich noch nicht hatte beschaffen können und in Bernburg von Niemand zu erhalten wusste, hatte sich aufs Kräftigste zum 8 Pythischcn Hymnos mit einem rectissime für Hn. Müllers Kritik und dieser gemäss es durchaus für nothwendig erklärt dass die Abfassung dos Hymnos in Ol. 80 zu setzen sei-Nicht minder entschieden äusserte sich, meine Einwürfe kurzweg rerwerfend, II. Dissen'): „sie eximie omnia conveniunt. — Nondum eripi nobis patiemur testimonium Stephani Byz. v. JCex^i/ijpcUe«», quod ex nostra explicatione nee cum Thucydide pugnat et egregie eonvenit cum hoc Pindari hymno, quem non consideravit vir doetus" (ich nämlich). Auch H. Thiersch, berichtet er, und H. Tafel stimmten Hn. Müller bei; und so wär' ich denn glänzend überstimmt, von Hn. Dissen, der Hn. Droysen vorgespielt hat, arger Unwissenheit oder Fahrlässigkeit geziohen dass ich diesen Hymnus nicht erwogen, „minime tarnen contemnendum testem." Gewiss einen höchst achtbaren, wenn es nur wahrhaft orwiesen wäre dass er hier überhaupt für die Sache zeuge. Ob dieses der Fall sei, habe ich in den Studien nach Kräften möglichst eindringlich und umsichtig untersucht, nothgedrungen viel ausführlicher als ich es eigentlich für nöthig hielt, um an einem sehr geeigneten Beispiele dar-zuthun ob ich in dieser Sache stimmfähig genug geweson sei, um fünf so berühmte Gegner aufzuwiegen. Sollte mir dies gelungen sein, so wird man mir schon zutrauen dass ich wohl auch mit Hn. Droysen, wie schon vor ») S.177 —192. — 2) 1, 105, 1. — 3) Pind. 2 p. 279 u. 280. 37 einigen dreissig Jahren (Stud. B. 2 S. 1 ff.), eine oder einige Lanzen zu brechen im Stande sein dürfte, wenn er mir mit etwas Anderm entgegentritt als mit unerwiesenen Behauptungen grober Unwissenheit oder Fahrlässigkeit. Inzwischen, um mit G. Hermann ') zu sprechen: „omittam quae Droysenio ludere placuit." Wirklichen Philologen gegenüber wird ja doch wohl Herr Droysen weder für einen Philologen noch für einen Kritiker gelten. Ueber die Annahme die auch Herr Schäfer, von Hn. Droysen wenig abweichend, für die Verbannungszeit des Kimon ermittelt hat und einiges Andre, was sich nach den obigen Erörterungen von selbst erledigt, kann ich füglich hinweggehen, da ich meine Bestimmungen, welche auf nicht anzutastende Zeugnisse gegründet sind2), durch nichts widerlegt sehe. Ueber das Ende des messenischen Krieges habe ich das Nöthige oben S. 6 f. 1 3. gesagt. In Bezug auf den Anfang des aigyptischen Krieges und die gleichzeitigen Begebenheiten hat sich H. Schäfer3) meiner Berechnung angeschlossen. Ich hätte also hierüber weiter nichts zu sagen, wenn ich mich nicht veranlasst fände eine ergötzliche Kritik Hn. Franz Ritters zu berühren. Diese Begebenheiten, meint H. R., mein Reeensent, ,,seien mindestens in zwei Kriegsjahre zn verlegen." Aber die hieher gehörige Inschrift4) sagt ja tov aviov eriavtoii. Gleichgültig. ,,Denn /itia %avia pflege den Ucbergang zu einem neuen Jahre zu machen." Pflegt also nur; und doch soll das ein Beweis sein gegen das Zeugniss einer Inschrift? Und ist denn überhaupt diese Versicherung gegründet? Man sehe meine Bemerkungen oben S. 30. „In der Inschrift, fährt er fort, sei sicherlich von einem bürgerlichen Jahre die Rede." Sicherlich? Aber worauf beruht denn diese Sicherheit? H. Ritter beweist sie mit keinem Worte. Oder gewährt es schon eine genügende Sicherheit, wenn H. F. Ritter es versichert. „Was ich gegen Böckh beibringe sei von geringer Bedeutung?" Warum bringt er denn nicht für Hn. Böckh bei was von grosser, von entscheidender Bedeutung wäre? Es ist eine zu starke Ellipse, wenn er fordert dass der Leser solche Beweise ergänzen solle. Eine Ergänzung zu der man sich schwerlich versucht finden wird, wenn man die yon mir S. 164, 1 angeführte Abhandlung Seidlers über die Zeit in der die Strategen ihr Amt antraten, mit Bedacht gelesen hat. Um diesen Kritiker, an dem ich übrigens keinesweges meine Rittersporen verdienen will, etwas näher kennen zu lernen, will ich hier noch Einiges was er gegen mich vorgebracht hat genauer zergliedern. „Ueber die Belagerung von Ithome, sagt er, hat Pausanias keine andre Nachrichten gehabt als die von Thukydides erhaltenen, wie seine Erzählung selbst deutlich zeigt." Deutlich zeigt? Das wagt H. Ritter meiner Behauptung5) gegenüber ohne Beweis zu erklären? Dies ist^ine Dreistigkeit die noch einen viel stärkeren Namen verdient. Hätte Pausanias wirklich bei seiner Erzählung °) nur den Thuky- ') Aiseh. 2 p. 649. — >) Stud. S. 1 55. 173. — 3) p. 18. — 4) Stud. S. 162 ff. — 5) Stud. S. 158: „Dem Pausanias lagen über den mcssenischen Krieg offenbar auch undere Quellen als Thukydides vor." — •) 4, 24, 2 f. 38 didea benutzt, so würde er bewiesen haben dass er ihn mit Verstand zu benutzen nicht verstanden habo. Was hat er denn mit Thukydides gemein? Die Erwähnung des Erdbebens, des Abfalles dor Messenier, des Hülfszugos der Athener, der Uebersiedelung der Messenier nach Naupaktos. Diese Hauptsachen, die, woher Pausanias auch schöpfen mochte, fest standen, nicht mitgerechnet hat seine Erzählung sowohl dem Inhalt als der Form nach mit der des Thukydides so wenig Achnlichkeit dass ich mich nicht wundern würde, wenn Jemand behauptete, Pausanias könne den Geschichtschreiber dabei gar nicht zur Hand gehabt haben? Ich begnüge mich auf Einzelnheiten aufmerksam zu machen die aus einem oder dem andern Grunde anstössig sind: ttov elXwioiv oaoi MttTrrijViot to «n/awv ijaav. ntiirtipnowo Kt/ioiva. unontu\pctt&ut nn' ol ttoXu t; '10f:\uy-q. 101-; il/fir^'i'/rxc rtanuryti-ajre).&cTv iov /_uqiov to e/v^ov. Aaxedatfcovlotq nqotlrtev rt Ilu&lu % ,u!,v tivai OtfttJi äixr,v ätiaqxovatv iq tou ztinq toxi 'I&ap&ia tov txt'rtjv. Gar nicht überein stimmt Pausanias mit Thuk. 1, 128, 1, nach dem die Schutzliehenden von Tainaroir Heloten gewesen waren, während Pausanias sie zu Lakedai-moniern macht. Auch hat er sonst noch Einiges wovon sich bei Thukydidcs nichts lindet, namentlich die Zeitangabe. Demnach dächt' ich Gründe genug zu haben anzunehmen dass dem Pausanias hier auch andre Quellen als Thukydides vorgelegen. Was aber folgt daraus für Hn. liitters „zeigt deutlich1'? Dass er, wie auch sonst gelegentlich, diesen Ausdruck gebraucht wenn er wünscht und hoflt dass man ihm Zweifelhaftes oder noch mehr als Zweifelhaftes auf sein Wort glauben werde. Solche Kritiker haben mitunter einen sehr eigentbiimlichen Sprachgebrauch. „Die Zahl zehn, versichert er, sei sicher, weil schon Diodoros sie go-habt." H. Ritter sagts und H. Ritter ist ein ehrenworther Mann. Was gehen ihn die Bemerkungen an die ich') über die Sache gemacht habe? Er entscheidet sie durch einen dilatorischen Machtspruch. Vor einem Dictator schweigen auch die Gesetze der Kritik. Eins nur möcht' ich noch erinnern. Wenn das d'üo bei Thuk. 2, 2. 1 in eben der Sache auch bei einem spätem Schriftsteller sich vorfände, würde man da auch behaupten dürfen, die Zahl sei sicher, weil schon ein so und so viele Jahrhunderte späterer Schriftsteller sie gehabt? „Die endliche Aushungerung, fährt er fort, eines Haufens Leibeigenor sei zu unbedeutend gewesen, um später damit den Zusammenhang der Darstellung zu unterbrechen." „Ein Haufen Leibeigener?" So verächtlich schätzte Thukydides sie nicht, sie dio sich nicht bloss frei gemacht, sondern auch durch ihren heldenmüthigen Widerstand gegen die Lakedaimonier und deren Verbündete der Freiheit sich so glänzend würdig gezeigt hatten. Wenn die Beendigung dieses Krieges der Erwähnung wcrfJi war, so dächt' ich, wäre sie auch, um keine falsche Auffassung zu veranlassen, einer Unterbrechung, einer Angabe an der richtigen Stelle werth gewesen. Ja Thukydides ') Stud. S. 158 ff. 39 war dazu verpflichtet. Wenn die Leser, wie H. Ritter erklärt, eine kurze Erwähnung des endlichen Schicksals der Belagerten erwarten durften, so waren sie auch berechtigt nicht eine falsch und verwirrt gestellte zu erwarten. Die Beendigung hier erwähnen, wenn sie nicht hieher gehörte, wäre mehr als Verkehrtheit gewesen, da der Schriftsteller selbst die achronistische Darstellung am Hellanikos gerügt hatte. „Dass die Ansiedlung der abgezogenen Heloten zu Naupaktos, fährt H. Ritter fort, später falle als die unmittelbar nachher erzählten Ereignisse , habe Thukydides auch durch die Worte xae' \/&o; ijär, to Auxeäuiftoviiav k NaimaxTov xaxlixmav angedeutet. Denn diese wiesen auf die Zeit nach der Schlacht bei Tanagra." Ist es denkbar, ist es begreiflich dass Jemand einem vernünftigen Schriftsteller so etwas andichten kann? So verkehrt hätte Thukydides seinen Lesern zumuthen sollen, um dieses ijäij zu verstehen, einen Sprung über eine Zeit von sechs Jahren zu machen, ohne ihnen irgend eine genauere Hinweisung |zu geben? Warum hat H. Ritter nicht in meinen Studien*) die Bemerkungen über das jjJjj gelesen und widerlegt, wenn er es konnte? Doch wohl nur weil er es nicht konnte und sieh schmeichelte Leser zu finden die schwach genug wären ihm ohne Prüfung zu glauben. Die Belagerung von Naxos setzt H. Ritter in das Jahr 470; nach Lampsakos (?) könne Themistokles daher nicht vor 468 zurückgekehrt sein, wo er noch eine Zeitlang geherrscht habe: Tai«/? yaq yqye tij« yü(ia<; [Thuk. 1, 138, 5]. Vgl. Diod. 11, 58. Nepos Them. 10. Diese Citate beweisen eben nichts als dass II. Ritter ohne Verstand zu citiren versteht, was man einem solchen Kritiker schon auch ohne Beweis glauben kann. Ueber die Stelle des Plutarchosa): int noXvv xqovov üäcS; äiijytv habe ich oben3) gesprochen. Wer übrigens hier in Hn. Ritters Ansätzen etwas anders als Verkehrtheiten zu finden im Stande wäre müsste sehr scharfsinnig sein. Noch rätselhafter ist mir was er über die athenische Flotte vorbringt. „Für die hundert Schiffe könne man ja ein Zeugniss nachweisen." Welches meint er? und was will er damit gegen mich beweisen? „Hätten die Athener in dem Kriege gegen die Aegineten, fährt er fort, über eine Flotte von zweihundert eignen Kriegsschiffen verfügen können, so wäre die Hülfe von ICorinth nicht nüthig gewesen." Wo habe ich denn gesagt dass die Athener damals eine so grosse Flotte besassen? Sage ich nicht im Gegentheil S. 18: „Dass sie dies unterliessen [von ihrer verstärkten Flotte gegen die Aigineten Gebrauch zu machen] ist nicht wohl anders erklärlich als durch die, wie wir sahen, auf gute Zeugnisse gegründete Annahme dass die Athener ihre Trieren erst kurze Zeit vor dem zweiten Perserkriege gebaut4)." Was soll man hienach von Hn. Ritters Acusscrungen denken, wie ihre Möglichkeit erklären? ») S. 156. — ') Them. 31. — 3) S. 17. — 4) Vgl. S. 18. 21, 1. 22. 25 ff. 40 „Dass Oer Uebertritt der Bundesgenossen, erklärt H. Ritter gegen meine Annahme S. 38, bald nach Abberufung des Pausanias erfolgt sei sagt Thucydides nicht, sondern das Gegentheil: ivyißrj ze avzm xahia&ai ä/ia xal zovf tvfiuüxow; i» ext/vor ix&ei naq 'A.&ijvaiovt //'), in der die physischen und psychischen Kräfte ihre ') Ueber die üx/o} sind die Annahmen ziemlich verschieden. Aristot. Bhet. 2, 14 Ii.: dxfia^ti xö (liv (Torna unö löiv xytaxovra icäiv fii/qi im ntvit xai x^iaxovia, ->j ti) y' 111 nqeOßvTtqoc; taofiai, iar n'jfieqov naoAm ifiavxbv toi,- noXiftioiq, quae si non sunt juvenis aetati suae diffidentis nihil habeo quod dicam. Haeceine tu putas animum viri subire potuisse quadraginta duos minimum annos nati? Fieri non potest ut hoc quisquam in animum inducat suum." Warum dies nicht? Nur das aetati suae diffidentis, wovon in den griechischen Worten keine Spur liegt, werde beseitigt. Nicht seinem Alter misstraute Xenophon, sondern seiner Berechtigung die Initiative zu ergreifen, sie Aeltera gegenüber zu ergreifen. Die Griechen respectirtcu in hohem Grade die Aristokratie des Alters und der Erfahrung. 7V; äyoqeveiv ßeü-Xeiat xuyv fiTi^p ntvi-rixorTa htj yeyovoKüv; hiess es zunächst in der Volksversammlung4); und das Heer war ein bewaffneter Staat, in dem die Alten auf ihr Vorrecht so eifersüchtig waren, dass als Xenophon und die Loclia-gen des Proxenos die übrigen Strategen und Lochagen zusammenberufen hatten, der älteste der Lochagen des Proxenos, der Eleier Ilieronymos, zuerst das Wort ergriff, den Zweck der Zusammenberufung aussprach und dann erst, unstreitig, weil er selbst sich kein Rednertalent zutraute, den Xenophon aufforderte an die Versammelten eine Ansprache zu halten. Eben so sprachen, als die Soldaten zusammenberufen waren, zuerst Cheirisoplios und Kleanor5), dieser nqeaßvxaxog iSv , jener auch als Lakedaimonier bevorrechtet. Xenophon hatte sich also nicht für zu jung gehalten um die Sache einzuleiten, sondern nur nicht für alt genug um vor Allen sie in die Hand zu nehmen7). „Convocatis Proxeni centurionibus quum omnium animos verbis inflam-masset, fortem ac strentiam orationem modestissime his verbis concludit: el fiiv vfteTq e&ikeie i^oq/iäv irtl xavta ineafrai v/tiv ßovXouai, ei 1 iqiaxorla iiüv esse dieuntur et actatis annum tri-gesimum nondum egressus? Equidem non video quomodo haec verba aliter aeeipi intelligique possint. Dass H. Cobet dies nicht gesehen ist nur aus einer gewissen Manie erklärlich mit der er sich für seine Ansicht begeistert hat. Zuerst hätte er die Varianten ansehen sollen, die ihm gezeigt hätten dass mehrere Handschriften, denen ich gefolgt bin, nicht ryiaxoria haben, sondern nevirixoria. Wenn aber auch jenes richtig wäre, so hätte doch Herr Cobet damit noch gar nichts gewonnen. Denn die Worte sind nach einem sehr bekannten Sprachgebrauch zu übersetzen: und die Andern, nämlich die etc. Dies ist hier um so natürlicher, da < Stvoyüv durch mehr als zwei Zeilen von oi ü).).oi getrennt ist. ') Es waren im Heere eine Anzahl von mehr als Fünfundvierzigjäh-rigen 6, 3, 4. vgl. 6, 2, 25. — ') De Xen. v. p. 272 s. — *) a. a. St. S. 9, 41. — 4) De Xen. vita p. 271 s. 4 50 Wenn H. Cobet endlich daraus dass Xenophon noch keine Kinder hatte1) eine Folgerung für seine acht und zwanzig Jahre entnimmt, so habo ich darüber schon hinreichend vor vier und vierzig Jahren gesprochen5) und füge nur noch Hermanns Urtheil3) hinzu. „Totam litem, sagt er, diri-munt Seuthae verba Anab. 7, 2, 38: ,nalismus seiner Denkart, wozu mein eigenes Wesen nicht anklingt. Handelt „es sich aber darum, unser zersplittertes Collegium durch freundschaftliche Annäherung ira höheren Sinne des Wortes zu einigen3), so biete ich gern ') Ich war freilich beim — — bis auf die letzte Bitte gekommen, wünschte indess friedlich von dannen zu scheiden. — !) Gleich die ersten Worte geben eine Probe von der Wahrheitsliebe des Mannes. Woher wusste er dass mich kein Dritter aufheitern könne? Das hat er so hingeschwatzt, wie wenn er eine Meute klatschlustigcr Weiberchen vor sich hätte, die den Medisirenden mit der Frage: woher weisst du das? nicht belästigen. Hätte er sich bei Leuten die mit mir umgegangen erkundigt, so würde er gehört haben dass ich allerdings für gesellige Aufheiterung sehr empfänglich sei. — 3) Ob der Mann etwa andeuten wollte: ich könne doch wohl nur die Idee haben die Herreu zu Saufgelagen zu einigen? 59 „die Hand, und werde, so viel es meine sehr in Ansprach genommene Zeit „gestattet, der freundlichen Aufforderung folgen. Für heute bedaure ich, aus „denselben Gründen wie die Collcgen — —, verhindert zu werden." „Herr gilt für zu besonnen und vorsichtig als dass er mit objectiver Bestimmtheit Aeusserungen thun sollte die er nicht als unwiderleglich durch Thatsuchcn beweisen könnte. H. Y. ist zu sehr als ein fein berechnender Mann bekannt als dass man nicht glauben sollte, er werde sich der Ideen die eine schriftlich abgegebene Erklärung der Art erzeugen musste mit vollkommner Klarheit bewusst gewesen sein. H. V. ist endlich, wie nicht minder anerkannt wird, ein zu grosser Verehrer conventioneller Rücksichten und Formen, deren Beobachtung man am meisten in dum engsten und innigsten aller amtlichen Verhältnisse erwartet, als dass nicht Jeder das was er schriftlich mit einer Art von Oeffentlichkoit gegen einen Collegen ausspricht, im strengsten sinne den diej Worte gestatten fassen und unbedenklich auch bei dem Harten und Herben noch coliegialischen Euphemismus voraussetzen sollte." „Diese Ansicht über sich uud sein Verfahren musste H. V. nothwendig bei seinen Collegen und mir voraussetzen, als er bei der erwähnten Einladung „Bitterkeit und nichts schonenden Rationalismus der Denkart" nicht als sub-jective Ansicht, sondern als feststehende Thatsache auf einem noch andern Collegen zur Ansicht bestimmten Blatte von mir prädicirte. Dabei muss natürlich hier Jeder denken dass H. V. vor Allen Gelegenheit gehabt habe meine Denkart gründlich genug kennen zu lernen, um ein Wort auszusprechen das Jeden dor es liest vor mir zu warnen in so hohem Grade geeignet scheint." ,,Daü Wort Rationalismus ist seiner Etymologie nach ein so ehrenwerthes dass ich es an und für sich, d. h. ohne Beiwort, nicht leicht in irgend einer Beziehung ungern von mir ausgesagt sehe. Aber Etymologie ist nicht immer Sprachgebrauch. Nach diesem bezieht man das Wrort am gewöhnlichsten auf theologische Ansichten. H. X. aber hat es durch sein „nichts" über alle, auch moralische, Interesseu des Geistes ausgedehnt. Und diese Beziehung insbesondere ist es in der das Wort Rationalismus schon allein betrachtet ziemlich zweideutig erscheint. Wenn mich nun aber Jemand eines nichts schonenden (also doch gewiss nicht bloss in Worten bestehenden) Rationalismus zeihen kann, dann, mein' ich, wirft er mir damit eine insipiens sapientia vor, die, etwa wenn Selbstsucht oder Straflosigkeit dazu verlockt, kein Bedenken trägt Wahrheit und Recht und Sittlichkeit und Ehre durch Wort und That mit Füssen zu treten." „Unter allen meinen Collegen ist keiner mit dem ich nach Verhältniss der Zeit des Zusammenlebens so wenig in Berührung gekommen bin als H. T. Wodurch man sonst auch kluger Menschen Gesinnung, wenn gleich nicht mit objectiver Sicherheit, einigermassen kennen lernt, Umgang haben wir nie gehabt. Fast nur bei zufälligem Zusammentreffen haben wir, auch dies äusserst selten, mit einander Worte gewechselt. 60 „Kann in den meinigen II. Y. eine Denkart nachweisen wie er sie mir zuschreibt? In welcher Beziehung habe ich ein Urtheil das wahrhaft moralische Vernichtung einschliesst verwirkt? Habe ich nicht als Beamter, selbst unter dem Druck physischer und geistiger Leiden der herbsten Art, mit oft übermässiger Kraftanstrengung meine Pilichten nach Möglichkeit zu erfüllen gesucht? Als Gatte und Vater habe ich Jahre lang vor den Augen meiner Collegen gelebt; ist Einer unter ihnen dem ich nicht genügt hätte durch hingebende Aufopferung mit der ich unter den trübsten Verhältnissen den Meinigen gelebt habe? Endlich als Mensch — welche Forderungen der Sittlichkeit und Ehre habe ich verletzt, um eines nichts schonenden Rationalismus bezüchtigt zu werden?" „Doch vielleicht habe ich als College gegen Collegen gefrevelt. H. Y. wirft mir ja Bitterkeit vor, und welche andere Beziehung als diese kann er damit gemeint haben? Zwnr hat vor geraumer Zeit mein Unglück1) eine trübe, herbe Stimmung in mir hervorgerufen; aber diese mir vorwerfen hiesse mir mein Unglück vorwerfen. H. Y. ist Mensch, er denkt und fühlt menschlich; diese Art Bitterkeit mir vorwerfen, das konnte, das wollte er nicht; nur an Bitterkeit in collegialischen Verhältnissen2) wird Jeder hier denken; muss Jeder hier wenigstens auch denken, wenn er den Ausdruck verbunden sieht mit „nichts schonendem Rationalismus der Denkart." Aber welcher College kann mich zeihen dass ich ihn (wissentlich) durch Wort oder That verletzt habe? Wird mir nicht vielmehr mancher bezeugen können dass ich nicht selten die Gelegenheit ergriff zu Ausgleichung und Harmonie zu ermuntern? Muss dies nicht H. Y. selbst, gegen den ich mich noch bei unserem letzten Zusammentreffen in diesem Sinne angelegentlich aussprach"? „So viel glaubte ich sagen zu müssen, um meine Ansicht dass die besprochene Aeusserung des Hrn. Y. eine unverkennbare Ehrverletzung sei zu begründen. Ist sio dies, so erklär' ich dass H. Y. mich persönlich nicht beleidigen kann, II. Y. nicht3). Ob ich aber als Beamter diese [■) Ich hatte im J. 1831 meine Frau und drei Kinder verloren und war 1833 n. 34 gelähmt gewesen, wie es schien unrettbar, bis ich erkannte dass, wenn ich noch ferner Aerzte und Bäder gebrauchte, es in Kurzem nur noch einen Weg für mich geben würde: den Weg auf den Kirchhof. Ich curirte mich selbst und habe das seit mehr als dreissig Jahren in allen meinen, zum Theil lebensgefährlichen Krankheiten fortwährend gethan, wesshalb eben ich noch lebe. Erst vor einigen Jahren habe ich Jahns mein Verfahren empfehlende Verse kennen gelernt: „Willst du glücklich sein, so folge meinem Rath: sei dein eigner Arzt, dein Pfaff' und Advoeat." Von da ist denn freilich nur ein Schritt zum Ketzer in allen vier Facultätcn.] — 2) Dass nämlich nicht etwa an Bitterkeit gegen die Schüler gedacht werden konnte wusste Jeder der Collegen, denen es ja wohl bekannt war dass ich, wenn auch nicht ohne Präcision des Benehmens, doch im Allgemeinen möglichst viel Milde gegen die Schüler ausübte: was, so viel ich weiss, von diesen auch hinreichend anerkannt worden ist. — 3) Insofern ich glaubte den Vorfall als Privatsache nehmen zu dürfen, hatte ich Hrn. Y. privatim schriftlieh meine Meinung gesagt. 61 Ansicht haben und ihr gemäss handeln dürfe, ist eine Frage dio ich meinen Herren Collegcn, die in mehr als einer Hinsicht sehr bedeutend dabei mit interessirt sind, zur Entscheidung vorlegen muss, da ich in der ganzen Zeit meiner amtlichen Wirksamkeit nie einen auch nur entfernt ähnlichen Fall erlebt habe und leicht Missgriffe thun konnte, wenn ich eigenem Urtheil traute." (Dies dio Abschrift des an das Lehrercollegium gerichteten Schreibens, der ich zu der Behörde gewendet Folgendes beifügte:) „Wer mit den Verhältnissen nicht bekannt genug ist, dürfte vielleicht zweifeln ob die Art wie ich die Sache nahm die richtige gewesen. Genügte es nicht, dürfte man vielleicht fragen, der bezüglichen Expeetoration eine Erwiderung etwa folgendes Inhalts zukommen zu lassen? „Selbst mir nur des Wohlwollens bewus3t habe ich unter meinen Collegen keinen zu finden geglaubt der von entschiedenem Uebelwollen gegen mich erfüllt wäre; ich habe es um so weniger, da ich schon früher in zwei Collegien mich des allgemeinen Wohlwollens zu erfreuen hatte. Hier sehe ich ist es anders, ich habe mich getäuscht in der gehegten Hoffnung. Die davon gewonnene Ueberzeugung nüthigt mich zu erklären dass meine Einladung keinem entschieden Uebelwollenden galt. Einen solchen, wie den hämischen Auflaurer und Ver-lästerer, sehe ich ungem über meine Schwelle eintreten. Ein Glas Wein mit ihm zu trinken werde ich um so mehr mich hüten, da ich, Witz und Laune liebend, mich schwerlich immer genug bewachen möchte, um nicht einem Böswilligen durch irgend verdrehbare Aeusserungen Blossen zu geben." „Allerdings würde diese oder eine ähnliche Erklärung genügt haben, wenn der Verfasser der Expeetoration ein Anderer als H. Y. gewesen wäre. H. Y. verlangte Einigung im höhern Sinne des Wortes: das Princip de» Jesuiterthums'), woraus sich zu jeder Art von Verfolgung die Berechtigung herleiten lässt. — H. Y. prätendirte unstreitig den höheren Sinn zu besitzen; sich in höherem Sinne einigen hioss mithin sieh unter den höheren An- und Einsichten Hrn. Y's einigen. Von solcher Gesinnung furcht' ich den Grundsatz dass der Zweck die Mittel heilige; ein Grundsatz den Einer der in höherm Sinne Geeinigten erst jüngst so naiv als Supplement unzureichender Gründe gebraucht hat. — H. Y. war, wie es mir schien, energisch; fast möchte ich sagen eine souveraine Natur — —." „H. Y. besass, glaubte ich, ausgezeichnetes Talent eine gewisse geheime Taktik mit Geschick und Glück zu handhaben; und ich war nicht der einzige dem das Zusammensein mit H. Y. nicht recht geheuer schien — —." „Mit solchen Eigenschaften begabt und durch angesehene Verbindungen gehoben schien mir H. Y. sich eines Einflusses zu erfreuen wie ihn so leicht kein — am — gehabt haben möchte. Es schien mir sehr ') Richtiger hätte ich gesagt jeder Art von Jesuiterei, z. B. auch der muckernden. 62 denkbar dass Mancher von ihm hoffe, Mancher ihn fürchte'). Bedeutungsvoll äusserte gegen mich ein Wohlmeinender: W'cm H. Y. einen Fuss-tritt giebt, der kann darauf rechnen dass H. Y. weiss wer seinen Fusstritt vertreten wird: eine Aeusserung die mich so treffend dünkt dass ich den Urheber darum beneiden konnte, wenn es mir nicht erwünscht wäre dass sie nicht von mir herrührt." „Alles dieses und manches Andere, dessen Mittheilung ich nicht für nöthig halte, erwägend, glaubte ich die Sache dem Collegium vortrugen zu müssen," [unter Andern auch] ,,damit ich mich überzeugte, ob etwa H. Y. in der rücksichtslosen Hingebung der Einen, in denkbarer Schwäche Anderer bei Allem was er irgend gegen mich unternehmen möchte einen sichern Anhalt finden würde." „Wie bedeutend der Vorfall sei konnte das Collegium nicht verkennen. Meines Wissens hatte ich den Mitgliedern desselben nie Gelegenheit gegeben zu glauben dass ich Unehrenhaftes duldete: sie durften, mussten voraussetzen dass ich Mann genug sei um das Amt eher aufzugeben als die Ehre; dass ich zwar kein Diogenes, den Becher wegwürfe, um aus der hohlen Hand zu trinken, doch aus der hohlen Hand trinken könne, wenn mir der Becher entwendet würde. Mit dieser Ansicht musste das Collegium mein Schreiben in Erwägung ziehen: es zog dasselbe in Erwägung und schwieg; weder schriftlich noch mündlich, weder amtlich noch privatim ist mir ein Wort als Antwort zugekommen." „Ein solches Schweigen hiess laut das System der Fusstritte sanetio-niren, hiess laut mich auffordern ans dem Collegium auszuscheiden. „Wenn gleich nun meine Entfernung wegen des erwähnten Vorfalles unerlässlich war, so ergriff ich doch, um möglichen Unannehmlichkeiten auszuweichen, mit Vergnügen den Ausweg welchen ein günstiges Zusammentreffen darbot: ich bat Ein — — auf den Grund meiner wankenden, den Anstrengungen meines Amtes am wenigsten unter den gegenwärtigen Verhältnissen gewachsenen Gesundheit', mich zu pensioniren: ein Verfahren dessen Angemessenheit nach der gegebenen Darstellung, wie ich hoffe, einleuchten wird. Wenn ich jetzt thue was ich früher ängstlich vermied, so geschieht es, um dies zn wiederholen, nicht in der Absicht irgend Jemand anzuklagen oder irgend eine Verlegenheit zu veranlassen, sondern nur um Ein — — zu überzeugen dass meine Entlassung eine unausweichliche Nothwendigkeit sei; wobei es im Uebrigen unbenommen bleibt meine Mittheilungen als bloss eonfidentielle aufzunehmen, so wenig ich meinerseits auch Scheu tragen könnte das Gesagte erforderlichen Falls selbst vor der öffentlichsten Oeffentlichkeit zu vertreten." „Je unwidersprechlicher aber diese für mich in mancher Einsicht traurige Nothwendigkeit völlig ohne mein Verschulden herbeigeführt ist, und je mehr ') Ich erinnere mich hier der Worte des Plin Ep. 5, 15: est factiosn», euratnr a multis, timetnr a pluribn*, quod plerumque fortiu« amore ««t, 63 zugleich mein Abtreten durch meine Gesundheitsumstände gerechtfertigt wird, desto zuversichtlicher darf ich hoffen dass Ein--meine gehorsamste Bitte mir eine Pensionirung in anständiger Weise und unter anständiger Form gewogenst auszuwirken nicht unerfüllt lassen werde.'' „Es soll diese Pensionimng für mich kein „Ruhestand" sein; im Gegen-theil werde ich, so weit meine körperlichen und geistigen Kräfte zureichen, fortwährend mich bemühen möglichst umfassend und eingreifend zu wirken. Wie wenig es überhaupt meine Weise sei Müsse zur Trägheit zu verwenden, davon erlaube ich Einem — — in beiliegender Schrift [dem ersten B. meiner hist. phil. Studien] einen kleinen Beweis zu überreichen. Sollte sich übrigens meine Gesundheit wirklich wieder so weit befestigen dass ich mich fähig fühlte einem angemessenen Amte vorzustehen, so würde ich eine mir später etwa anzuvertrauende Anstellung mit Vergnügen annehmen und dabei nicht sowohl auf die Grösse des Gehaltes sehen als vielmehr auf anständige Verhältnisse." Höhere Stuiction. Katastrophe. [„Der Ausspruch sittlicher und rechtlicher Wahrheiten soll verletzen. Denn ohne (lies würden Wahrheit und Recht in dieser Welt überhaupt niemals zur Geltung kommen.* Gneist B/12 eG.] (Wras und wie auf diese Eingabe geantwortet wurde, mögen einige Stollen aus meiner nächsten Vorstellung zeigen, in welcher der wärmere und, wenn man will, etwas scharfe Ton wohl sehr natürlich war; und nicht bloss natürlich: er schien selbst nothwendig, um die Behörde dringend anzuregen nicht unbeachtet zu lassen welchen Vermuthungen sie Raum geben würde, wenn sie einen Beamten der nicht für einen der unbedeutendsten des Collc-ginms galt, ihm zumuthend in demselben fortzudienen einer förmlichen Besehimpfung Preis gäbe, dadurch diese zu sanetioniren schiene und so den Beschimpften um so mehr veranlasse, ja zwinge seine Entlassung zu nehmen. Denn von mir fordern dass ich ohne Genugthuung und Garantie für die Zukunft in meinen Verhältnissen fortdiene, was hiess das anders als mich auffordern unter jeder Bedingung meinen Abschied zu erbitten?) „Nach diesen Bemerkungen erlaube ich mir auf den verehrlichen Bescheid zu kommen den ein — — dem Herrn Director für mich gegeben hat. Wenn jemals von mir Geschriebenes völlig missverstanden ist, so ist es der Aufsatz den ich — — einzusenden die Ehre hatte. Alles darin bezieht sich auf den Gedanken dass ich mit einem Colleginm das nach einem Vorfalle wie der dort ausführlich mitgethcilte das System der Fusstritte so eclatant sanetionirt hatte fernerhin nicht dienen könne. Was H. Y. gegen mich gethan1) habe ich nur als ') Dessen „Uebereilung" wurde als das hier in Betracht kommende bezeichnet! Dass aber nur das Benehmen des Lehrercollcginms als der 64 Veranlassung dargestellt. Diese Darstellung ist freilich lehr ausführlich geworden, weil ich sio einer nicht in umgehenden Berechnung wegen so glaubto abfassen zu müssen dass auch ein der Verhältnisse wenig oder gar nicht Kundiger den Vorfall richtig beurthcilen könnte. Das ich dies und nichts Anderes gewollt, davon wird Ein--sich hoffentlich bei nochmaliger Ansicht meines Aufsatzes ohne Mühe überzeugen." --- „Das Zusammensein mit ihm schien mir aber besonders desshalb gefährlich, weil seine Natur sich so entschieden als eine höhere geltend machte, mit dem wohl schwerlich von Vielen verkannten Ansprüche dass jeder Andere in dem Masse von Werth sei in dem er die höhere Natur anerkenne und sich ihr fügsam unterordne. Je Yscher, je besser; je weniger Ysch, desto schlechter. Nichts ist wohl natürlicher als dass sich bei einem solchen Charakter ziemlich spanische Purificationsideen entwickeln."-- — — — „Schmiegsam, glaubte ich, und fügsam gegen EinHussreiche wusste H. Y. durch ein anmuthiges, ja holdseliges Betragen zu gewinnen, während er durch eine gemessene, vornehme Haltung gleich oder niedriger Stehenden zu imponiren suchte, freundlich herablassend gegen solche nur wenn sie sich ihm zu dienstwilligen Werkzeugen hergaben. Da es kein Gc-heimniss war wie sehr er, durch bedeutende Verbindungen gehoben, von hochstehenden Männern begünstigt werde, so war es ganz in der Ordnung dass er, der einilussreichste — den — — jemals gehabt hat, von einem Theile des Collegiums in hohem Grade gefürchtet wurde, während ein anderer, das Höchste ihm prognostizirend, Alles von ihm erwartete und mit einer Hingebung die selbst collegialischer Unwürdigkeiten sich nicht entblödete seinen Zwecken fröhnte." „Was aber hätte ich erst in dem Collegium zu erwarten? Mit einer beispiellosen Frechheit bin ich von einem Collegen vor dem Collegium vorletzt worden. Das Collegium zum Ehrenrichter aufgerufen schweigt. Schweigt bloss? Nein; Einzelne erklären die freche Verletzung für verdienstlich. Die — — dulden den Unfug und die Vertreter des Unfuges und schweigen. Nicht unbekannt bleibt es den Vertretern der collegia-lischen Fusstritte dass die Behörden von dem Vorfalle unterrichtet sind und dazu schweigen. Was anders wird man daraus entnehmen als dass jeder Fusstritt mir ertheilt als verdienstlich anerkannt werde?" '). wesentlichste Punct zu fassen sei glaubte ich denn doch ziemlich deutlich herausgestellt zu haben. — [') Zur Erläuterung folge hier eine viel später geschriebene Stelle aus einem Briefe an einen Berliner. „Um Gottes Willen verschonen Sie mich mit solchen (moralischen d. h. unmoralischen) Majoritäten. Denn wie werden diese zusammengetrommelt? Durch einseitige Darstellung und Parteilichkeit unter dem Präsidium der Denk- und Prüfungsscheu, der Urtheillosigkeit und Unkritik, der Zimperlichkeit und Feigheit. Solch' eine Majorität, und zwar eine ungeheure, war es durch die der Kitter ohne Furcht und Tadel, J. H. Voss, der ältere, der wackerste Vorkämpfer gegen Aristokraten und Pfaffen, gegen Jesuiten und Freimaurer, von denen selbst für die er wirkte schmachvoll verrathen dergestalt in Ver- 65 Nach Erwägung des bisher Gesagten wird es, meine ich, sehr einleuchtend sein dass aus dem Collegium entweder meine Gegner ausscheiden müssen oder ich. Dem Rechte gemäss dürfte ersteres sein; allein es hat sehr grosse Schwierigkeiten, ja fast scheint es mir unmöglich; dies namentlich in Bezug ruf kam dass z. B. in Heidelberg fast nur der wackere Paulus ihm kühn nnd offen anhing, während Andere die ihm Recht gaben nur in aller Stille ihn heimlich zu besuchen wagten. Dieser niederträchtigen Infamie gegenüber hat mich oft unwillkürlich das Gefühl angewandelt als ob man sich schämen müsse — —. Leider ist dies Beispiel nicht das einzige der Art. Wie die dämliche, perfide und feige deutsche Gemüthlichkeit dem herrlichen Lessing mitgespielt hat, finden Sie im zweiten Bande von Stahrs Lessing dargestellt. Wenn es erlaubt ist nach Grossem ganz Kleines zu erwähnen, so will ich Ihnen aus eigenen Erfahrungen etwas mittheilen. Als im J. 1834 H. Y. mit mir col-lidirte galt natürlich ich für das Canikel. In der That hatte ich kurz vorher das Verbrechen begangen dem — meines Gegners ein mir unentbehrliches Zimmer nicht abtreten zu wollen. Dabei hat das Schicksal, wie es sich gern erlaubt, mich auf eine merkwürdige Weise beim Worte gefasst. Als ich nämlich einem Freunde die Sache erzählte, äusserte der ältere, der Verhältnisse kundigere Mann: „es könne mir doch übel gedeihen einer untar den Fittigen des — horstenden — widerstrebt zu haben." „Eher aus der Stelle als aus der Stube,1' äusserte ich. Und so geschah's. Was aber thaten meine Collegen hei der Collision mit Hn. Y. ? In der auf meinen Antrag gehaltenen Conferenz hatten zwar die Hn. R. und M. die Frechheit Hn. Y.s Verfahren zu vertheidigen; aber die Mehrheit erklärte sich doch gegen Hn. Y.; allein mit welchem Erfolge? H. Y., der wohl Geschirmte, blieb Hahn im Korbe; mich, bei dem noch kurz nach dem Vorfalle die meisten der Hn. Collegen einen ganz heitern Abend zugebracht hatten, mich hat in den fast viertehalb Jahren die ich noch dort war keiner der Herren wieder zu sich eingeladen, ausser II. S. öfter und H. P. zu einer Hochzeit. Darüber wäre nichts zu sagen gewesen, wenn sie es mit H. Y. eben so gemacht hätten. Aber das war keinesweges der Fall. War das nicht eine stattliche Majorität ehrenwerther und kluger oder — vorsichtiger Männer? Als später meine Bruchstücke, die ich früher vergebens, auch im Auslande, durch die Censur zu bringen versuchte, endlich im J. 1841, anfangs »war zurückgewiesen, mit Genehmigung des wackern Schulraths Lange gedruckt worden waren, erregten sie einiges Aufsehen und die getroffenen Herren bedrohten mich mit einer Entgegnung. Ich lies» sie bitten nicht zu säumen. Meine noch nicht verschossenen Pfeile sehnten sich verbraucht zu werden. Und die Herren schwiegen, schwiegen aber- und abermals. Und was konnten sie Gescheiteres thun? Mich niederzuschreiben hätte seine Schwierigkeiten gehabt; mich niederzuklatschen war wegen der übergrossen Majorität kinderleicht und versprach sichrere und weitere Verbreitung. Man wirft in solchen Fällen einige Stereotypen als Axiome hin, wie z. B. mit dem kann Niemand auskommen. Natürlich darf man dabei auf die Gläubigkeit und Gedankenlosigkeit der Hörer rechnen. Würde sich unter Tausenden wohl Einer finden der die Forderung stellte: Nennt mir doch wenigstens ein halb Dutzend von Leuten in dem grossen B. mit denen der Mann Streit angefangen? Schwerlieh. Das criminarc audacter, Semper aliquid haeret findet immerdar seine Bestätigung, zumal wenn man sich auf die Majorität berufen kann." Uebrigens wurden diese Vorgänge die Veranlassung dass H. Y. Preussen vcrliess. In Folge eines vom Auslande erhaltenen Rufes hatte man ihm 5 66 anf den gefahrlichsten meiner Gegner (R.). Denn ich wenigsten« wüsste in der ganzen — Monarchie keine Anstalt nachzuweisen für die der Mann brauchbar wäre als das —, man müsste ihn denn zu einem Directorat befördern wollen, patriotisch würde ich wümchen ins Ausland"'). „Die Gegner sind also nicht fortzuschaffen; desto leichter aber bin ich wie zu entbehren so zu beseitigen. Denn ich bin invalide, zwar nicht absolut, aber doch relativ invalide.--Leider aber hab' ich zu wenig Kenntnisse, zu wenig Verstand, zu wenig Scharfsinn, zu wenig Geist, zu wenig Gabe des mündlichen und schriftlichen Vortrages und was weiss ich was sonst noch zu wenig, um in einem so intellectuellcn Staate wie der — — für eine andere Stelle brauchbar zu sein als eben für eine solche für die ich nicht mehr brauchbar bin *). Somit bleibt nichts übrig als mich ohne Weiteres in verabschieden oder zu pensioniren. Dass mir Letzteres nicht versagt werden möge ist meine gehorsamste Bitte, die ich hiermit angelegentlichst erneuere." (Den mir hierauf ertheilten Bescheid mitzutheilen ist nicht nöthig, da der Inhalt desselben aus folgendem von mir an den Hrn. Director gerichteten Schreiben ersichtlich ist.) „Ew. W. muss ich in Beziehung auf meine Entlassung abermals mit einem Schreiben behelligen, da — — mir durch ein verehrliches Bescript vom--eröffnet hat dass ich meine ferneren Vorstellungen in dieser oder in andern amtlichen Angelegenheiten durch Ew. W. an Hochdasselbe gelangen zu lassen habe. Nun meinte ich zwar, die Entlassung eines Beamten sei in der hier zu denkenden Bedeutung des Wortes amtlich keine amtliche Angelegenheit, da sie nicht das Amt, sondern die Stelle betrifft. Wegen der Entlassung von dieser glaubte ich mich an die Behörde wenden zu müssen von der ich meine Vocation erhalten, glaubte dies um so mehr da mir sonst selbst ein Urlaubsgesuch unmittelbar an die Behörde zu richten nie untersagt worden ist. Allein da ein solcher Befehl mir wohl Gesetz sein muss, so kann ich nicht anders als ihm Folge leisten." „Ew. W. ist es nicht unbekannt dass ich mein Entlassungsgesuch durch Hoffnung gemacht dass etwas geschehen würde ihn für Preussen zu erhalten. Allein der Mann von dem ein dahin zielender Antrag ausgehen musste entschlug sich dessen, von Hn. Ys Gönnern gedrängt, angeblich wegen des Vorfalles mit mir. So wurde ich ihm aus einem Gegner ein sehr erwünschter Bundesgenosse; was Vorwand war that die Dienste eines Grundes, worauf ich denn freilich, der Verhältnisse kundig, von vorn herein (auf den Druck rechnend! hingearbeitet hatte. Das war ein zu gefährlich Haupt, nicht für mich allein. Herrn Y.s Adjudanten waren die S. G5 Anm. erwähnten.] — ') Die Aeusserung klingt nur wie eine Art Ironie. Denn zu einem Directorat bestimmt war der Mann (R) wirklich gewesen. Nur eine Art von Einspruch entzog ihm die Beförderung, wie später eilige Flucht einer schimpflichen Untersuchung, wenn auch nicht der Schande. [Die Nichtswürdigkeiten des Andern (M), viel abscheulicher als die des Erstem, hat erst sein Tod enthüllt. Spät kam die Strafe, doch sie kam auch ihm.] — 2) Auch das klingt nur wie eine Art Ironie. Ich habe bloss durch Worte was Andere durch die That ausgesprochen 67 sehr unangenehme, aaeh nicht durch die entfernteste Verschuldung von meiner Seite herbeigeführte Verhältnisse mit einigen Collegen inotivirt hatte; Verhältnisse über die ich mich, da es mir aus Gründen die nicht bloss in der Gegenwart liegen nothwendig schien diesen Punct aufs Entschiedenste zu urgiren, in einer — — Eingabe deutlicher ausgesprochen habe. Ohne darauf in Bezug auf mein Entlassungsgesuch Bücksicht zu nehmen hat-- in dem verehrlichen Kescript erklärt dasa es sich nicht veranlasst finde auf meine personlichen Verhältnisse zu einigen meiner Collegen näher einzugehen." ,,Diese Worte sind in hohem Grade bedeutsam, indem sie, wie es mir scheint, nichts Geringeres impliciren als dass ich beliebigen Angriffen der bezüglichen Collegen schutzlos bloss gestellt werde. Denn mir zumuthen dass ich ungeachtet jener Verhälthisse mit diesen Herren fortdienen soll und durch eine officiclle Erklärung es aussprechen dass man sich nicht veranlasst finde Ton einem collegialischen Unfuge Notiz zu nehmen, was heisst das anders als jede beliebige Unbill gegen mich auetorisiren, ja provociren? Was also bliebe mir da übrig als dass ich in den Naturzustand versetzt, auf Selbsthülfe angewiesen, mich meiner Haut erwehrte so weit ich es vermöchte, auch die Offensive nicht verschmähend, wenn ich sie für angemessen hielte zu besserer Abwehr Uebermächtiger? Man belehre mich, aber mit Grüuden, wie ich anders deuten und folgern kann oder darf." „Doch ein solcher Zustand ist nicht die einzige unangenehme Notwendigkeit in welche die verehrliche Erklärung — — mich versetzt hat. Der Vorfall mit Hrn. Y. und die Folgen dieses Vorfalles sind mehrfach Gegenstand der Unterhaltung geworden, und ich habe gute Gründe zu glauben dass meine Gegner, um sich zu reinigen, in vielen Kreisen mich und meinen Charakter nicht geschont haben, selbst gegen Auswärtige nicht, die mich sonst achten zu dürfen glaubten. Allem aber was diese Herren gegen mich gesagt haben mögen wird das Siegel aufgedrückt durch die Art wie — — den Vorfall genommen hat. Denn wer wird zweifeln dass mir vollkommen Recht geschehen sei, wenn die Behörde, welche es gewiss für eine ihrer heiligsten Pflichten erkennt collegialischen Antsand ju erhalten und etwa vorkommendem Unfuge energisch zu begegnen, sich nicht einmal veranlasst findet auf jenen Vorfall näher einzugehen? Soll ich gleichgültig sein gegen alle die Folgerungen die Viele aus diesem Verfahren verbunden mit so zahlreichen Einflüsterungen ziehen werden? Ich kann nnd darf es nicht sein. Was aber soll ich anfangen? Soll ich Verlästerungen durch mündliche Widerlegung entgegentreten? Das würde theils unausführbar theils unwirksam sein. Was also bleibt mir übrig als für meine Freunde, damit sie nicht irre an mir werden, die Actenstücke über den bezüglichen Vorfall mit den nölliigen Erläuterungen drucken zu lassen? Dass ein rechtlicher Mann einen solchen Schritt thue, um seinen von Andern auf eine in ihrer Art beispiellose Weise verdächtigten Charakter im wahren Lichte zu zeigen, wird hoffentlich nicht als ein Verbrechen erscheinen. Auch die hohen Behörden können nichts dagegen haben, da der Charakter nicht bloss dem Beamten, 68 sondern auch dem Menschen angehört, und auch dem Mon-sehen erlaubt sein muss den in amtlichen Verhältnissen ange-fehdeten Charakter zu vertreten; zumal wenn die vorgesetzte Behörde in amtlicher Beziehung erklärt dass sie sich nicht veranlasst finde auf die bezüglichen Verhältnisse einzugchen." Die erbetene Verlängerung des Urlaubs wurde mir hierauf, nachdem ich noch ein ärztliches Zeugniss eingereicht hatte, gewogenst bewilligt. Sodann erklärte ich nochmals dass ,,weder die amtliche Ehre noch auch selbst meine Sicherheit, zumal nach der Art wie die hohe Behörde die bezüglichen Vorfälle genommen habe, mir erlaubten unter den hiesigen Verhältnissen und Persönlichkeiten fortzudienen und dass ich daher bäte mir sobald als möglich meine Entlassung auszuwirken. Falls ich unter der Bedingung dass ich das geforderte ärztliche Zeugniss einreiche eine Pension erhalten kühne, wolle ich es beschaffen." Dazu aufgefordert sendete ich das Zeugniss ein und erhielt eine ehrenvolle Entlassung mit Pension. Nach diesen Mittheilungen werden die welchen dieselben zu Gesichte kommen unschwer entscheiden können ob ich mich durch die Eingebungen schroffen Starrsinnes oder durch das Gebot der Ehre und Vorsicht habe leiten lassen. Denn auch die Vorsicht gebot mir zu weichen als man jeder Genugthuung, die der Schwerbeleidigte zu erwarten doch wohl ein Recht hatte, beharrlich auswich; jede für die Zukunft Sicherung verheissende Massregel, die wenigstens den guten Willen dem Bedrohten in Zukunft Schutz zu gewähren verrathen hätte, rücksichtslos ablehnte. Je auffallender die Behörde (ich weiss nicht in wie weit ich sagen darf die Behörden) jede Vermittelung die zu einer für mich auch nur leidlich beruhigenden und ehrenhaften Ausgleichung der Sache hätte führen können, beharrlich auswich, desto gebieterischer nöthigte sie mich unter jeder Bedingung auszuscheiden. Denn jetzt noch länger als unumgänglich nötliig war in meinem Verhältnisse verbleiben hiess nicht bloss die äusserste Unbesonnenheit verschulden, sondern auch jeder Regung amtlichen Ehrgefühls sich entäussern. Wehe aber dem Beamten der einen Beamten drängt uneingedenk xu sein was er der amtlichen Ehre schuldig ist. 5. Pädagogisches Sondschreiben. [.Ich war damals jung und wusste noch nicht dass selten Jemand Unrecht geschieht ohne dass er auch verläumdet wird." Coopcr.] Ausser den „Schroffheiten" die ich bei diesen Vorfällen verschuldet habe bin ich mir anderer in amtlichen Verhältnissen bewiesener nicht bewusst. Doch drückt mich allerdings noch eine halbamtliche, einige Zeit vor Hn. Y's. Expectoration verschuldete „Schroffheit", die in der That mancheB Kopfschütteln erregt haben mag. Damit man indess die Sache nicht für viel, sehr viel schlimmer halte als sie wirklich ist, so wird es angemessen sein darüber hier die Abschrift eines an den Director der Anstalt gerichteten Schreibens mitzutheilen, das ich erst da einreichte als ich schon einmal auf 69 andere Weise eine, wie ich glaubte, ungebührliche Intervention in meinem Unterricht zurückzuweisen versucht hatte. Nur gegen diese waren meine Worte gerichtet und privatim schrieb ich daneben dem Director einige Worte mit der Bitte das Schreiben dem Herrn welchem es galt und welchen ich mit X. bezeichnen will mitzutheilen. „Ew. W. mir freundlichst gemachte Eröffnung über die von Hrn. X. wiederholt geäusserte Unzufriedenheit mit meinem Unterrichts konnte nicht anders als mich befremden. Denn eine solche Unzufriedenheit musste mir als ziemlich neu erscheinen, da mir sonst wohl Unterrichtsgegenstände übertragen sind zu denen ich selbst Andere für besser ausgerüstet hielt, und meine Schüler mir mehrfach Beweise gegeben hatten dass sie sich eben nicht darauf freuten mich als Lehrer in einem Gegenstande zu verlieren. Nichts desto weniger hoffte ich wegen der Erfahrungen die bereits mehrere meiner Collegen gemacht haben keinesweges die Ansprüche des Hrn. X. zu befriedigen, schon desshalb nicht weil Hrn. X. Ausstellungen sich bald auf diese bald auf jene Specialität hinwerfen. — Wenn ein Kenner, und wäre er auch selbst früher Maler gewesen, aber vor so langen Jahren dass ihm das Mechanische der Kunst grösstenteils entschwunden sein müsste, sich von einem Künstler malen liesse, dabei jedoch ihm alle Augenblicke einredete: aber lieber Freund, warum hast du diesen Strich nicht früher, den nicht später gemacht, warum hast du diesen Strich nicht etwas weiter gezogen? u. dgl.: was glauben Sie dass der Künstler thun würde? Er müsste wirklich mehr Ruhe haben als dieser Art von Leuten eigen zu sein pflegt, wenn er sich begnügen sollte, bloss zu sagen: „Urtheile wenn das Bild fertig ist ob du getroffen bist und kümmere dich nicht um meine Pinselstriche." „Ein zweiter Grund warum die von Ihnen gewünschte Entwicklung (ein Aufsatz an Hrn. X. über meine didaktischen Grundsätze u. dgl.) zu keiner Ausgleichung führen könnte ist die Verschiedenheit des beiderseitigen Standpunktes. Ich muss die Mehrzahl der Klasse ins Auge fassen; Hr. X. ur-theilt nach den sehr individuellen Bedürfnissen seines Sohnos. Gern gebe ich zu dass ich für Manche, zu denen der Sohn des Hrn. X. gehört, zu wenig wiederhole; doch eben so gewiss ist es dass ich für einen Theil der oberen Schüler zu viel wiederhole. Kann aber der Lehrer einer Klasse anders als die Mehrzahl berücksichtigen? Es liegt darin eine Ineonvenienz der sich Jeder unterziehen muss der auf die Vortheile des öffentlichen Unterrichtes nicht Verzicht leisten will. Dabei kann ich unmöglich dafür in Anspruch genommen werden, wenn nach vier- oder füufwöchentlichem Unterrichte einer der schwächsten Schüler diese oder jene Einzelnheit, vielleicht von Dingen, die, um Pianmässigkeit in den Untericht zu bringen, noch gar nicht da gewesen sein durften, nicht gewusst hat. Tadel verdien' ich nur dann wenn die Klasse am Ende des Cursus ihr Pensum im Ganzen nicht erfüllt, und namentlich die oberen Schüler in diesem Pensum nicht schon eine auch in der Anwendung sich bewährende Sicherheit und Festigkeit erworben haben. Der billige Bcurtheiler muss 70 »ich schon begnügen die Bäume nicht wachson, sondern gewachsen zu sehen. Für Einzelne die au« diesem oder jenem Grunde zurückbleiben kann dabei Niemand eine Verantwortlichkeit übernehmen. Ueber-haupt bin ich der Meinung dass Jeder der in seinem Fache etwas leisten will sich möglichst hüten müsse ganz individuelle Anforderungen zu berücksichtigen. [Wer es Jedem recht machen will verdirbt es gewiss nicht bloss mit Allen, sondern, was viel schlimmer ist, Alles.] Gewiss kennen Sie die Anekdote von jenem alten Maler der ein vollendetes Gemälde Kennern zur Beschauung ausstellte. — Den Verbesserungsvorschlägen der Kenner folgend änderte der Künstler, um — eine Caricatur zu schaffen. Nehmen Sie den grüssten Lehrvirtuosen Deutschlands und lassen Sie ihn nur durch vier pädagogische Kenner nach den ganz individuellen Bedürfnissen ihrer Sühne zustutzen und ich gebe Ihnen mein Wort, selbst wenn ein Gott es hindern wollte, der Unterricht des Virtuosen miissto Caricatur werden. Diese Ansicht theilend sind tüchtige Schulmänner auch wohl sehr einstimmig der Ansicht dass poly pragmosynisclie Begiererei nirgends so verderblich sei als im Unterrichtswesen; und wenn es trotz derselben in manchen Staaten mit dem Unterrichtswesen immer noch so leidlich geht, so ist dies als ein glänzender Beweis von dem im Durchschnitt höchst ausgezeichneten Verstände der Schulmänner zu betrachten, die mit praktisch gebildetem Urtheile Manches mit guter Manier ad acta zu legen wissen. Nach von oben her gegebenen Anweisungen gut zu do-ciren ist noch viel unmöglicher als nach in der Residenz entworfenen Kriegsplänen erfolgreich Krieg zu führen. Wie durch solche Pläne der gute Feldherr neutralisirt wird, so noch viel mehr durch pädagogische Meisterungen der gute Lehrer. Wo sich tüchtige Kenntnisse, hervorstechender Verstand und imponirende Auctorität vereinigen findet sich Alles von selbst; wo sie fehlen kann keine Instruction Ersatz geben. Statt Lehrer die das öffentliche Urtheil als Männer von solchen Eigenschaften bezeichnet von oben her meistern zu wollen ist es meines Bedüukens viel gerathener von ihnen zu lernen. Dabei theilen Sie gewiss mit mir die Ansicht dass wie über die Güte einer Begicrung nur die Behaglichkeit und Zufriedenheit der Regierten, so auch über die Tüchtigkeit des Lehrers nur die Zufriedenheit der Schüler in höchster Instanz entscheiden könne. Was ist dagegen ein flugs gebildetes Urtheil nach einigen aufs Gerathewohl herausgegriffenen Einzelnheiten? Die Schüler wissen am Besten was ihnen noth thut und was sie fördert, während nur wenige auch sonst einsichtige Männer sich auf den Standpunkt des jugendlichen Alters so zurückzuversetzen vermögen dass sie in dieser Hinsicht ein richtiges Urtheil fällen könnten. Schon aus diesem Grunde, denk' ich, aber freilich auch aus manchem andern, pflegen Väter die was ihren Söhnen wahrhaft frommt erkennen es sich zum Grundsatze zu machen um das Detail des Unterrichts sich gar nicht zu bekümmern, überzeugt dass sie durch stetes Mäkeln an dem Ver- 71 fahron der Lehrer eben sowohl diesen als ihren Söhnen schaden wurden; nnd billig genug auch den Lehrern in dem Grade Verstand zuzutrauen daS3 dieselben ein Ziel ins Auge zu fassen und den zu demselben führenden Weg einzuschlagen wissen werden, glauben sie ihre Söhne entweder gar nicht oder mit rücksichtsloser Hingebung einer Anstalt anvertrauen zu müssen. Und dass nur bei dieser Hingebung aus einem Knaben etwas Tüchtiges werden kann, ist gewiss eben so sehr Ihren als meinen Erfahrungen gemäss. Nicht minder stimmen Sie gewiss darin mit mir überein dass einem Knaben möglichst viel Freiheit gelassen werden müsse bei dem öffentlichen Unterrichte mit einer gewissen Selbständigkeit sich freithätig zu entwickeln. Vor der Knechtschaft des Lernens hat schon Flaton gewarnt. Die Sache welche mich zu diesen Mittheilungen zwingt ist ron der Art dass sie uns beide in nicht geringe Verlegenheit bringen muss. Unmöglich kann ich Ihnen zumuthen dass Sie, um eine Collision die aus völlig entgegengesetzten Urtheils- und Handlungsweisen hervorgeht und nothwendig hervorgehen muss, zu beseitigen, mich nie in der Classe unterrichten Hessen in welcher sich der Sohn des Herrn X. befände. Denn wenn Sie mir das bewilligten, so würde schwerlich einer meiner Collegen sein der nicht dieselbe Begünstigung in Anspruch nähme. Wo also Lehrer finden für die fragliche Classe? Dieser Ausweg ist folglich unmöglich; möglich wäre ein zweiter, wenn wir es nämlich bloss mit dem Vater eines Schülers zu thun hätten. Wenn einem Vater der Unterricht an einer Anstalt missfällt, bo kann der Dircctor der Anstalt nicht anders als ihn bitten den Sohn lieber einer andern ihm als besser erscheinenden anzuvertrauen. Im vorliegenden Falle würde ich z. B. das — — empfehlen. Aber wir haben es nicht bloss mit einem Vater, wir haben es mit einem — — xu thun. Dieser hat, nachdem sein Sohn einige zwanzig Stunden bei mir gehabt hat, meinen Unterricht mehrfach für unzweckmässig und verfehlt erklärt und somit das Urtheil ausgesprochen dass ich wie in einer Klasse zu unterrichten sei nicht zu berechnen verstehe. Ein solcher Mann, muss man voraussetzen, werde ein solches Urtheil mit Erwägung aller zu berücksichtigenden Momente nach festen Grundsätzen mit Besonnenheit und Umsicht gefällt haben. Ich meinerseits muss dagegen erklären dass ich nur nach meinen Ansichten und Grundsätzen, die ich mir nach dem Maasse meines Verstandes gebildet und durch vierzehnjährige Erfahrung befestigt habe, unterrichten kann oder das Unterrichten ganz aufgeben muss, überzeugt dass Hin- und Herschwanken, veranlasst durch bald diese, bald jene Einwirkung mich eben sowohl moralisch als didaktisch verkrüppeln und zugleich meine Auctorität, ja meine ganze Wirksamkeit untergraben würde. Dies ist eine Erklärung die ich nicht minder meinem Charakter als meinen amtlichen Pflichten schuldig zu sein glaube (Bücksichten denen ich alle andern, die ich sonst zu nehmen möglichst bereit bin, nach Gebühr immer unterordnen werde) und bei der zu beharren ich mir Kraft genug zutraue. Was bei diesem schroffen Gegensatze zu thun sei darüber bitte ich 72 Sie sich mit Hm. X. zu berathen und dieser Berathung gemäss zu handeln, mit der Ueberzeugung dass ich auf alles gefasst sei. Einstweilen werde ich fortfahren gegon alle Ausstellungen und Zumuthungen die aus individuellen Anforderungen hervorgehen möchten meinen Ansichten und Grundsätzen beim Unterrichte zu folgen." So zu schreiben schien freilich Manchem sehr bedenklich1). Doch die so urtheilten schienen theils den Mann für höchst jämmerlich, theils gewisse Verhältnisse für ganz verworfen zu halten. Ich urtheiltc anders; und wie hätte ich anders handeln können? Denn selbst wo ein solches Verfahren gefährlich wäre, wird doch der Mann von Charakter, wenn er auf seinem Posten steht, auch dem Gewaltigsten der ihm hindernd entgegentritt ohne Bedenken sagen: Störe mir meine Cirkel nicht; du kannst mich zwartödten, aber so lange ich lebe, störe mir meine Cirkel nicht. 6. Vorzeitiges. [jAbstracte Laster zu bekämpfen ohne Personen anzutasten mag ein ungefährlicher Kampf sein, aber es ist ein Kampf mit Schatten.* Pope.] Ich studirte zu einer Zeit wo für einen Philologen im--die besten Aussichten waren. Denn unmittelbar nach dem letzten Kriege (1815) war vorzugsweise in diesem Fache ein solcher Mangel an brauchbaren Subjecten dass man zum Auslande seine Zuflucht nehmen musste. Es war ausgesprochen dass auf die welche zu Felde gewesen waren bei Besetzung der Stellen vorzugsweise Bücksicht zu nehmen sei, wenn sie die erforderliche Befähigung hätten. Danach glaubte ich um eine Anstellung nicht eben besorgt sein zu dürfen. Denn ich war mit dem Zeugniss No. I. von der Schule abgegangen, war — — Mitglied des philologischen Seminars gewesen, konnte die glänzendsten Zeugnisse aufweisen, hatte als Student mein erstes Buch geschrieben, das zur Erklärung eines der schwierigsten griechischen Prosaiker [Thukydides] noch jetzt vielfach benutzte Beiträge lieferte und das einer der damals Eegierenden selbst auch als Schriftsteller rühmender Erwähnung gewürdigt hat. Nichts desto weniger gelang es mir nicht, im — eine Anstellung zu finden, während sehr mittelmässige Commilitonen ohne Mühe und gut ankamen. Das Ausland nahm mich auf, ich wurde 1820 Subconrector in Zerbst, 1821 ebendaselbst Conrector, 1822 mit einer Gehaltsverbesserung von fast 300 Thalern Conrector in Bernburg. Inzwischen blieb es mein Wunsch lieber dem Vaterlande als der Fremde zu dienen, und ich trug diesen Wunsch einem — vor, in der Hoffnung dass [') Der obenS. 65 A. erwähnte Freund, dem ich diesen Brief vorlas, fragte mich, scherzend, glaub' ich, „warum ich nicht zugleich mein Entlassungsgesuch abgeschickt habe." Derselbe rieth mir das Schreiben möglichst Vielen meiner Bekannten vorzulesen. Ich habe dies nicht gethan, weil es mir klatschartig schien und weil ich Klatschereien und Klatschen, besonders die in männlichen Beinkleidern, hasse. Und warum hätte ich es thun sollen? Was hatte ich zu fürchten? Etwas zu hoffen hatte ich schon längst aufgehört.] 73 eine «o ungewöhnlich schnelle Beförderung von meiner Brauchbarkeit auch für das Vaterland ein nicht ganz ungünstiges Vorurtheil erregen werde, und dass selbst die welche einen Preussen als Philologen perhorresciren möchten mich jetzt schon unter der Firma eines Quasiausliinders könnten durchpassiren lassen. Dieser Schritt blieb ohne Folgen. Inzwischen wurde mir von einem Wohlwollenden ein aufklärender Wink gegeben: „man schiene zwar nicht abgeneigt zu sein mich an einer Universität anzustellen; allein meine politischen Ansichten seien verdächtig." Wie? meine politischen Ansichten? Was bedeutet das? Ich hatte als Student — das kann ich noch heute beweisen — nie einer Verbindung angehört; hatte zurückgezogen von allem zerstreuenden Treiben mit fast übermässigem Fleisse — das erwähnte Buch kann ihn bezeugen — meinen Studien obgelegen '); hatte mir kaum Zeit gelassen politische Schriften zu lesen als etwa die des Piaton und Aristoteles und sah mich jetzt politischer Gesinnungen halber verdächtigt; oder vielleicht noch mehr als verdächtigt, wenn es wirklich ausgesprochen worden: ieh könne demagogischer Umtriebe halber im —sehen nie angestellt werden. Doch nein es kann, es darf nicht wahr sein was mir von sonst ehrenwerther Seite zugekommen, wie es scheint um mich zu veranlassen die Beschuldigung als nichtig darzuthun. Indess ich glaubte die unglaubliche Angabe1) und so sehnlich ich auch die Rückkehr in mein [') Als ein Schulfreund mich nach vierjähriger Trennung wiedersah, rief er bestürzt aus: „Junge, wo ist deine blühende Farbe geblieben?" Ich hatte sie in den Dionysios und Thukydides eingearbeitet, wenig gewärtig einer Uebersetzung dieser Arbeit in — demagogische Umtriebe. Dieser Studentenstreich (denn als Student hatte ich das Buch geschrieben) wurde bestraft wie vielleicht noch nie ein anderer der Art. Ein richtiger Student bin ich dabei während meines vierjährigen Aufenthaltes in Halle nur einen Nachmittag gewesen bei einem Commerce. Einen zweiten zu besuchen hätte mich nur Gewalt bewegen können. Wie so Vielen der zu Felde Gewesenen waren auch mir die stereotypen Trivialitäten des damaligen Studentenlebens, bei denen die bornirtesten Gesellen dio ersten Rollen spielten, in hohem Grade ekelhaft.] — [5) Was mich in diesem Glauben bestärkte war die nach meiner Ankunft in Berlin mir gestellte Forderung Hn. v. Kampz meine Aufwartung zu machen. In späterer Zeit haben mich mehr oder minder gefährlich einige andere Gewitter bedroht, sind aber ziemlich unschädlich vorübergegangen. Im J. 1849 trat ein Subalternbeamter, mein Hausgenosse, mit einer eingelernten, wie ich glaube von einem verdorbenen Theologen verfassten Rede gegen mich auf, um einer Versammlung meine totale Nichtigkeit allseitig darzuthnn. Dieser Versuch erregte so grosse Unruhe dass ich den Anwesenden ihre Pflicht den Redner anzuhören nachdrücklichst einschärfen musste. Der Mann sprach ungestört weiter bis sein Gedächtniss ihn treulos verliess. Dies veranlasste eine etwas ungestüme Heiterkeit der Versammlung. Ich beruhigte sie abermals, bis der Redner nach langem Besinnen seine Unfähigkeit weiter zu sprechen erklärte. So sah ich mich erheblich an meiner Selbsterkenntniss verkürzt. Die pikante Weise in der ich die Rede des Mannes schliesslich abthat erheiterte die Versammlung. Dass aber die Wähler meine resp. Nichtigkeiten, Geistesschwäche etc., des Weiteren kennen lernten besorgte später ein geheimer Agent, der sich als Demokrat unter uns eingeschlichen und schliesslich aus dem Verein ausgestossen wurde. Ich liess das 74 Vaterland gewünscht hatte, so fest stand doch von jetzt an mein Entschlm« mich nie wieder anzutragen. Inzwischen die Zeit des Demagogengewolks verzog sich; für Manche wurde es dem Anscheinu nach sogar vortheilhaft wirklich Demagogie gespielt zu haben: Renegaten, meint man, würden zuweilen begünstigt. Meinem Amte und meinen Studien hingegeben kümmerto ich mich wenig um Dinge der Art und nahm os sehr gleichgültig auf, als eben so ruhig über mich ergehen wie spater in R. ein über mich verbreitetotes Urtheil eines Rechtsanwaltes dass ich ein ganz matter Mensch sei, eben so unfähig kräftig zu schreiben als energisch zu sprechen. Die wackern Mannen erstrebten beide denselben Zweck. — Eine Anklage von Seiten der Staatsanwaltschaft konnte ich schon bei der Voruntersuchung niederschlagen mit der freundlichen Bitte: die Behörden möchten die Falle bekannt machen in denen sie die stricte Befolgung der Gesetze zu bestrafen gedächten. — Eine andre Anklage auf Grund eines misslicbigen Vortrages in einem Bezirksvereine wurde mir angekündigt, ist aber eben so wenig erfolgt als die erbeteno Zurückgabe der contiscirten Notizen zu diesem (übrigens sehr loyalen) Vortrage. — Die Absicht mir meine buchhändlerische Concession zu entziehen, wovon als von einer geschehenen Sache gesprochen war, parirte ich auf eine sehr kunstlose Weise, ohne Jemand zu incommodiren. Ernstlicher drohte eine andre Sache von der ich durch die dritte, vierte Hand Witterung bekam. Ein Matador des Treubundes erhielt eines Tages, eben mit der Leetüre meiner Geschichte der englischen Revolution beschäftigt, einen Besuch, gegen den er geäussert haben soll: der Verfasser sei der klügste, aber eben darum der gefährlichste der Demokraten. Wenn diese Partei einen ganz arg- und harmlosen, durchaus nicht verschmitzten Menschen als besonders klug verschreit, so kann er sich darauf verlassen dass sie gegen ihn etwas im Schilde führt. Was inzwischen geschehen sei weiss ich nicht, wohl aber was später mir begegnet ist. Eines schönen Tages erschien bei mir eine — Basscr-mannsche Gestalt, mit einem trutzigen Gesichte, einem struppigen mehrfarbigen Vollbarte, verfänglichen und nichts weniger als Zutrauen erregenden Augen, eine Erscheinung die auf meine Frau ungefähr den Eindruck machte den Gretchen schildert: Der Mensch den du da bei dir hast Ist mir in tiefer, inn'rer Seele verhasst; Es hat mir in meinem Leben So nichts einen Stich ins Herz gegeben, Als des Menschen widrig Gesicht. — Seine Gegenwart bewegt mir das Blut, — Vor dem Menschen hab' ich ein heimlich Grauen Und halt ihn für einen Schelm dazu. Da ich den Mann nur entfernt kannte, so hatte ihm ein Gesinnungsgenosse in seinem und eines Andern Namen ein briefliches Zeugniss für die unbedingte Zuverlässigkeit des Ueberbringers ausgestellt. Was der Mann Alles sprach, um mir dieselbe — pfiffig genug — einzureden, kann unerwähnt bleiben. Als er aber schliesslich von mir forderte, Waffen zu verbergen, lehnte ich dies unbedingt ab; eben so später seine wiederholten Bemühungen. Ich war gerettet. Fort rollte der tückische Stein bergab («Wo»piu. Kritische Analekten von K. W. Krüger. D ritt es lieft. Inhalt: Seite. Annotationes ad Demosthenis Pliilippicam I.......160 De authentia et integritate Anabaaeoa Xonoplionteao .... 115 Gegen Guizot.....•............101) Plagiatorisches....................................84 Politische Pamphlete........ ............1 K. W. Berlin. IC r ü g e i"' a Verlagsbuchhandlung. 1874. Druckfehler. S. 1 Z. 7 v. u. 1. mit für mich. — S. 7, 2 v. u. Sc Ii Ulenburg. — 20, 10 v. u. 1861. — 37, 5 Verleumdungen. — 45, 7 weibischen. — 49, 13 eben für aber. — 61, 22 entgegengekommen. — 71,9 v. u. 58. — 70, 14 den Stellvertretern des Volkes. — 71 für 1-12. — 76, 10 v. u. Notizen. — 98, 11 weis. — 100, 6 Widerlegung. — 100, 1 v. it. einiges. — 107, 3 v. u. nach der. — 112, 5 v. u wie an. — 117, 21 v. u. refer endam. — 121,14, esse. — 121, 18 insitam. — 121, 10 v. u. rij; {«. — 122, 11 v u. t*t-T a q o l — IV o ft av — f7rraxaiXfxuTt]g '0 X v ju ll t « d o g. — 128, 8 V. U. ii iir rar et. — 129, 14. a acriptore. — 130, 20 v. u. -u/ra^n ro ßißi.lov, Gt-ftioroye'rou;. — 141, 10. Heye. — 142, 3 v. u. eliso 143, 13 v. u. Qeq/uäS ov-rof. — 144, 14 v. u. eo für Voll. — 146, 1. // ofie'vTes. — 157, 9: in.i t j; r? e i o r d r o u — 171, 13 für Cf. 3 lies De ix. — 171, 12 v. u. für De ex lies Cf. 3, 3. — 172, 19 v. o. für B. ip. lies Bip. — 172, 21 v. u. enoixlZeiv. — 173, 16 v. o. voür. — 173, 19 im yvthfjtjf. — 174. 1 v. o. admonuit. — 174, 3 v. u. modi locos. — 175, 10 v. u. propter. — 186, 23 v. u. 1. (S. 179). •- 186, 20 v. u. Spreizen. — 187 v. u. 1. (S. 185). — 190, 17 Plagern. 191, 14. v. u. yuoa . 190, 13. V. u. Tijutaqtjaaa&e. Politische Pamphlete*). Fortsetzung von Analekten 2 Seite 78. Die Deutsehen sind ein gut Geschlecht, Kin jeder sagt: will nur was recht; Hecht aber soll vorzüglich lieissen Was ich und was die II r ü il e r preisen ; Das Uebrige ist ein weitläufig Ding, Das schütz' ich lieber gleich gering. Göthe Dass die Sieger von Gransee auch dem entsetzlichsten Mat-Irailleusenfouer zum Trotz nicht zögern würden ihre Rolle fort- und — auszuspielen, werden Sie, mein scharfsichtiger Freund, natürlich vorausgesehen haben. Denn wie hätten die tapferen Recken sich dazu verstehen sollen Männer von anerkannter Intelligenz ihrem Candidaten gegenüber zur Wahl vorzuschlagen? Sie beliarrten bei ihrer Politik um so mehr, du dio Leiter der Scheinliberalen Partei den Sieg der con-servativen weniger fürchteten als — hofften. Fand sich denn aber Niemand den die schmähliche Rolle die man spielte schmerzlich berührte? Denn wie konnte "man mit Anstand einen Candidaten wählen der so war wie ich ihn geschildert hatte? Nur Einem schien die Sache unerträglich. Ein Schuhmacher suchte zu veranlassen dass man mich mit meinen Angriffen gegen den gnädigen Herrn zur Raison bringe. Als man ihm aber bedeutete dass einem Candidaten dessen Vorzüge man anpries auch dio Beleuchtung seiner Mängel nicht erspart werden könne, so entscliloss sieh der Herr Schuhmacher nach dem Ruthe des Sprüchwortes bei seinen Leisten zu bleiben. Wenn Sie glauben dass ich von vorn herein, schon bei den Wahlen von 1861, für die Aufklärung der Wähler mehr hätte thun können und müssen, so werden Sie, hol!'' ich, Ihren Tadel zurück nehmen, wenn ich Ihnen mittheile was ich wirklich gethan habe. Es war eigentlich meine Absicht mich mit politischen Angelegenheiten gar nicht wieder zu befassen und mich desshalb, weil ich jeder Versuchung dazu, deren mögliches Eintreten ich berechnen konnte, mich |*) 3Tit der Verantwortlichkeit für diese Ueberschrift muss ich einen russischen Staalsruth belasten, der bei einem Besuche, meine Broschüren sieh erbittend, mich für den deutschen P. L. Courier erklärte Auch wer dies nicht anerkennt wird mir wenigstens dies Plagiat verzeihen. Vgl. Krüger: Ein Europ. Humbug S. 5.] 1 '2 entziehen wollte, hatte ich Berlin verlassen, überzeugt dass die Deutschen sich durch Intelligenz und Energie ihrem politischen Elend zu entziehen nicht befähigt seien. (Tagebuchsnotiz vom (i. October 1859.) In meinem behaglichen Stillloben kümmerte ich mich wenig um die öffentlichen Angelegenheiten und liess die "Wahlen Jahre lang spurlos an mir vorüber gehen. So auch dio erste die ich in Ruppin erlebte, wo ich mit den betreffenden "Verhältnissen und Persönlichkeiten völlig unbekannt nicht einmal wusste ob ein gewisser Häuptling, oin unermüdlicher Polypragmon, ein wohlgeschulter Meister, durch vieljiihrigo Praxis polypenartig nach allen Seiten einzuwirken gewohnt, von zahlreichen Aposteln und Kundschaftern, welche die Natur mit Unverschämtheit nicht kärglich ausgest attet hatte, mit rühriger und — rührender Beflissenheit aufs B.-.ste bedient, auch bei den Wahlen mit seiner sainte alliance einen entscheidenden Einfluss zur Geltung bringe. Bei den Wahlen des Jahres 1861, als man wähnte duss eino neue Aera eingetreten sei und es einer beträchtlichen Anzahl von Männern angelegen schien dass auch von Ruppin tüchtige Kräfte in die Kammer geschickt würden, mahnte man auch mich an meine Bürgerpflicht und erklärte es für unverantwortlich, wenn ein Mann wie ich auch jetzt sich von den Wahlen zurückziehe. Unlustig und ruheliebend schwankte ich längere Zeit, da mein Glaube an die Preussische Zukunft noch sehr schwach war, bis einige' Zufälligkeiten mich den Widerstand aufzugeben veranlassten. Einmal auf die Sache eingegangen sali ich mich genüthigt sie nach meinen Kräften energisch durchzukämpfen, um wenigstens moralisch obzusiegen. In der ersteh Wahlversammlung stellte ich den Antrag eine Art von Programm an den Wahlkreis zu erlassen. Der Antrag wurde angenommen. Von drei Aufsätzen dio eingeliefert wurden nahm ein Comite den farblosesten an. D.i dieser mir nicht genügte, so entschloss ich mich ein Rundschreiben an die Wähler Ruppins. drucken zu lassen, nur tausend Exemplare, voraussichtlich mehr als genug für die nicht sehr lesesüchtigen und noch weniger kauflustigen Ruppiner, die damals noch mit einer sehr jämmerlichen Lesebibliothek, die erst später Herr Petrenz, nachdem er sie angekauft, aufbesserte, sich abfüttern Hessen. Die Exemplare schlechtweg umsonst abzugeben durfte ich nicht wagen, weil dabei die Reactionaire, die ein Interesse daran hatten dass die Schrift in mögliehst wenige Hände käme, sie. gewiss im Unisehen vergriffen hätten. Sie musste also verkauft werden. Aber wie theuor ? Für 2l/2 Sgl-.? Das wäre der gewöhnliche Preis gewesen. Allein dabei erschien das Seidel als ein zu gefährlicher Concuirent. Wie wenige würden sich zu einer solchen Ausgabe entschlossen haben, wenn sie berechneten dass sie für dasselbe Geld sich den soliden Genuss von fast zwei Seideln bairischen Bieres verschaffen könnten. Gewiss wären bei diesem Preise nicht fünfzig Exemplare abgesetzt worden. Ein kluger Mann das, würde man sich zugeraunt haben, der aus der Wahl ein buehhändlerisches Geschäft zu machen weiss. Da muss man das 3 Schriftehen gerade nicht kaufen. Ich musste es also für einen Silbergrosehen abgeben, wobei wenigstens die Kosten für Druck und Papier möglicher "Weise erzielt werden konnten. Aber auch dabei hätte eine Verlästerung noch aufkommen können. Ich entschloss mich also sämmtliohe Kosten für Druck, Papier und Broschiren aus meiner Tasche herzugeben, selbst die Exemplare welche ich verschenkte zu bezahlen und den ganzen Ertrag für die deutsche Flotte unverkürzt einzuliefern. Allein auch so war der Absatz wahrhaft jämmerlich. Bei Weitem nicht ein Viertel der Exemplare wurde verkauft. "Wenn ich dennoch an Herren Banquier G en tz laut Quittung vom 7. Februar 1862 „zum Boston der deutschen Flotte zur Zahlung ans Kriegsministerium zweiundsechzig Thal er auch 14 Sgr.u abliefern konnto, so war dies nur möglich, weil Einzelne Erhebliches beigesteuert hatten, wie H. M. 50 Thlr., H. G. 5 Thlr., Andero noch Kleinigkeiten. Du. die Nationalzeitung die Schrift sehr rühmend erwähnt hatte, so sandte ich an meinen Commissionair in B-'rlin 100 Exemplare, von denen fast gar nichts verkauft wurde. So gewarnt hütete ich mich wohl 1867, so dringend es mir angerathen wurde, den letzten halben Bogen meiner Analekten, Heft 2, als Broschüre auszugeben. Solche Artikel sind äusserst undankbar. Ein Buchhändler, der sehr viele Schriften der Art verlegt hatte, ist darüber bankerott geworden Nach meinen Beobachtungen machen in Deutschland wenigstens 95 Procent politischer Broschüren buehhümllerisch entschieden Fiasco. Wenn die Nationalzeitung bei der Anzeige meines Sendschreibens sieh wunderte dass so wenig Broschüren der Art damals erschienen, so hatte sie nicht erwogen wie wenig Schriftsteller und Verleger durch frühere Erfolge ermutliigt worden waren. Zur Verbreitung guter Broschüren habe ich von einigen derselben eine Anzahl Exemplare baar bezogen, um sie zur Hälfte des Ladenpreises abzugeben, habe aber nicht unerhebliche Einbussen erlitten. Verschenkte Exemplare wurden dankbar angenommen. Da durch mein Sendschreiben wenig erreicht werden konnte, so versuchte ich durch eine Reihe von Aufsätzen in den Ruppiner öffentlichen Blättern, die überall im Wahlkreise gelesen wurden, den Wählern meine Ansichten mitzutheilen, nicht abgeschreckt dadurch duss der angeblich liberalen. Gustav Kühn sich dafür nicht unerhebliche Insertions-kosten zahlen liess, während nur die Ruppiner Zeitung meine Aufsätze umsonst abdruckte. Ein Stück derselben fand beifällige Aufnahme im Publicisten und in der Volkszeitung, was meinen Gegnern so unangenehm war, dass sie sich nicht scheuten die Lüge zu verbreiten dass ich die Aufnahme bezahlt habe. Wahrscheinlich werden sie Andern auch zugeraunt haben duss die günstige Anzeige in der Nationalzeitung von mir erkauft sei. Die Wahrheit kümmert solche Gesellest sehr wenig. Ueberzeugt dass es für eine schlechte Sache keinen besseren, kräf- 1* 4 tigeren Hebel gebe als die Lüge, dio vorbohrtor Dumraglüubigkeit gegenüber die besten Dienste leisten kann , bedienten sie sieb dieses Hebels zügellos. Man vertraute auf das Wort: criminaro audacter, Semper aliquid liieret. Selbst dio aug enfälligsten Verliistorungen von einer Clique aber- und abermals wiederholt und mit neuen Lügen gespickt, finden boi Schwachköpfen Eingang und wirken für den Augenblick. So die verbreitete Versicherung dass ich weder kräftig zu sprechen noch eindringlich zu schreiben verstehe; eine Behauptung dio ich den Herren unter Anderem am 12. Januar 1807 in mündlichen Vorträgen und später im 2. Heft S. DG ff. meiner Analekten auf eine gerade nicht „matte" Weise eingetränkt habe. Ich hätte das freilich höflicher thun können. Aber gegen Lügen und Intriguen, mein' ich, ist Höflichkeit nicht angezeigt, ja sie kann zum Verbrechen werden. Höflich genug ist dort die Partie Seite 90—91: „AI s i m J a hr 18(il — Schweigen der Gegner." Ich hatte diesen Aufsatz zuerst an die liberale Zeitung, den Publicisten gesandt, mit der Erklärung, dass, wofern man ihn nicht umsonst aufnehmen wolle,' ich bereit sei die In-sertionskosten zu entrichten. Es erfolgte weder dio Aufnahme noch eine Antwort. Dass liiezu eine Clique, die weissen Jesuiten des Ortes mit ihren Helfershelfern, gewirkt habe, kann ich nicht behaupten. Aber seit der Zeit unischlich mich ein Spion, um mich zu beobachten, überzeugt dass ich ihm traue. Ich misstraute aber ihm sowohl wie den übrigen Kundschaftern der Clique, dio freilich so durchsichtig waren als ob sie ein Schild trügen mit der Inschrift: Spion der —. Als der Mann nach mehreren Tagen mich wieder besuchte, fand er dass ich verreist sei. Nach meiner Rückkehr äusserte, er seine Empfindlichkeit darüber dass ich ihm von meiner Reise vorher nichts gesagt hätte. Ich war in Berlin gewesen und hatte dort die Insertion meines Aufsatzes besorgt, die mir ausser der Reise zolin Thaler und sechs Sgr. kostete, eine Ausgabe die ich wohl angelegt glaubte. Alles was mir diese Vorgänge an Zeit und Geld kosteten werde ich nicht für verloren erachten, wenn ich dadurch zur moralischen Beleuchtung der mehr als jesuitisch schaltenden Clique etwas Erhebliches beigetragen habe, was ich mit einem Geldopfcr von 60—70 Thlr. nicht zu theuer erkauft zu haben glaube, eventuell wieder zu erkaufen nicht anstehen würde. Dass ich nicht mehr, nicht viel mehr erreicht habe wird Sie, mein Freund, mit Recht Wunder nehmen, wie es auch mich befremdete, da nach den Aeusserungen dio ich vor den Wahlen von vielen Seiten vernahm der Wunsch sehr verbreitet war tüchtige Miinner in die Kammer geschickt zu sehen. Dennoch war die Unterstützung die mir gewährt wurde jämmerlich, obgleich die Grundsätze welche ich zur Erreichung guter Wahlen aussprach, so einleuchtend waren dass eine Widerlegung derselben unmöglich schien Es genügte gegon mich 5 die Phrase: „2 f. 18 „Die muthigen uml zähen Pommern, Ostpreussen und mehrere kurmiirkiselie Landwehrbntuillone, aus denen die Brigade Borstell bestund, waren indess so leicht nicht ausser Fassung zu bringen. Gleich hinter Gölsdorf sammelten sie sich wieder, die Ordnung wurde hergestellt und sogleich donnerte ihr Geschütz wieder los, dem ein neuer Angriff folgen sollte " S. 273. „Mit kaum 50,00(1 Mann gegen 73,000 Mann und einen der hervorragendsten Marschälle des französischen Knisserreichs war dieser glänzende Sieg (bei Dennewitz) erkämpft worden! — Besonders hatte sich hier die Landwehr, sowohl Reiterei als Fussvolk, aus dem mehr als ein Drittel der Preussen bestand, im schönsten Lichte gezeigt, mit den Tapfersten wetteifernd". S. 27l>. Höchst interessant ist ein Vorfall, bei dem Blücher einem verkannten Landwehrbataillone eine Ehrenerklärung gab. Er erzählte das Ereigniss dem Dichter Fouque mit der Bemerkung wie man zuweilen „eeiien dummen S tr ee e Ii" machen könne. „Ein Landwehrbataillon, welches (vor der Schlacht bei Wurtenburg am 3. Oetober) bei Elster über die Brücke gehen sollte, sehr zerlumpt vom bisherigen Feldzuge und nicht in der besten taktischen Ordnung, konnte mit dem Ueber-gunge aus Missverstiindniss oder zufälligen Ursachen nicht sogleich fertig werden. Auf der Stelle fuhr Blücher auf dasselbe los: „Ihr Sc h weinezeug, ihr schein t k eene Lustz u h abondadr üben anzubeissen, aber euch soll das Donnerwetter regieren, wenn ihr nicht fort macht, 1 ass' ik Feuer uf euch geben". — Das Bataillon bedeckte sich in der Schlacht mit Ruhm. Als nun am andern Tage der siegreiche Feldherr sich vor der Front der Truppen zeigte, jubelte ihm Alles entgegen, nur dies Bataillon allein blieb stumm. Blücher fühlte dass eine Reparation nothwendig war. Er wendete wieder zu dem Bataillon um und sagte: „Aberst Kinder seid doch koene dumme Deuwels n i c h u n g 1 o b t, d a t i k d a t gestern i in E r n s t g e m e e n t habe; ik wess dat ihr alle dü cht ige Kerls seid, ik habe ja man g es passt". Ein schallendes Hurrah und unmässiger Jubel war dann die Antwort. Eb. S. 375. Wie war' es, wenn der Herr Kriegsminister der tiefverletzten Landwehr eine eben solche Reparation gäbe? Oder wird er bei der Ansicht beharren dass dieLandwelirsic Ii nichtbewährt habe? Dann wird er dies durch vollgültige Zeugnisse und schlagende Tliat-sachen beweisen müssen. Wenn er dies unterliisst, so liegt die Möglichkeit vor dass wenigstens die Schleehtgesinntsn glauben, dio erzielte Mehrbelastung des Landes beruhe auf einem — Missverständnisse. Der Schlechtgesinnten giebt es aber in einem solchen Falle so viele dass es denn doch bedenklich ist sie gar nicht zu beachten. Es lässt sich Vieles commandiren; aber die Zufriedenheit des Volkes mit seinen •t _19 Zuständen und die Begeisterung gegen einen Feind lässt sieh weder cemmandiren noch octroyiren. Nicht einmal blinden Hass gegen Feinde, der früher oft wirkte was jetzt nur die Begeisterung für freie Zustände oder für einen grossen Mann zu wirken vermag, todesverachtende Hingebung, lässt sich jetzt noch dem Volke einimpfen, da so viele geschwundene Hoffnungen es stutzig gemacht haben. Und doch bedürfen wir dieser Begeisterung wie kein anderes Volk. Man erwäge es wohl, jenes bedeutsame Wort was schon in den dreissiger Jahren der österreichische General Langenau aussprach: Preuase 11 k0 111 ine als Freund oder Feind nur dann erheb lieh in Betracht, wenn sich die Regio r u 11 g in voller Ueb er einstimmung mit der Gesinnung des Landes befinde. Aber wir lernen schwer und verg essen 1 eicht, selbst die furchtbarsten mit Blut getränkten Lehren der Geschichte. Wie wenig bedenkt man noch jetzt Vieles was 1807 selbst Adlichen einleuchtete. So sehrieb damals ein Preussischer Officier an seine Familie in einem von den Franzosen aufgefangenen Briefe (bei Thiers Histoire du cousulat et de l'ompire livre 20 Auf.): „Was soll man mit Bauern machen die von Adlichen ins Feuer geführt werden, deren Gefahren sie theilen ohne jemals ihre Leidenschaften oder ihre Belohnungen zu theilen". Man glaubt Alles erreichen zu können, wenn man ein zwar nicht in der Form aber doch in dem Geist von 1806 zugestutztes Heer bildet. Den Geist von 1813 betrachtet man als eine Verirrung. Und doch war es dieser Geist der Alles leistete. Denn die Strategie (Heerführung) war bei den Preussen zum Theil kaum mittelmässig, bei den Russen fast immer schlecht, bei den Oesterreichern jämmerlich. Und dennoch siegte man gegen den grössten Feldherrn des Jahrhunderts und seine ruhmgekrönten Marschälle, siegte gegen ihn dem gegenüber alle seine Gegner Pygmäen des Geistes waren. Und wodurch? Nächst dem Glücke hauptsächlich durch die hingebende Todesverachtung und durch die begeisterte Opferfreudigkeit der Preussen, die oft mit Strömen Blutes wieder gut machten was die Heerführung gesündigt hatte. Aus einem Berliner Walilprograinm von 1849. (Im Auftrage des 85. Berliner Stadtbezirks verfasst und verschenkt von IC. W. Krüger.) 1. Schon hei den Wahlen unserer Wahlmänner müssen wir die sittlichen und politischen Eigenschaften mit denen wir unsere Deputirten ausgestattet zusehen wünschen sorgfältig ins Auge fassen. Denn wie die Wahlmänner sind, so werden auch die Deputirten sein. Durch r e a c t i o n a i r e W a h 1111 ii n n e r k ö n n e n w i r keinefreisinnigen D e p u I i r t e n erhalte n. 3 Ohne im Einzelnen mit den Männern unserer Wahl zu rechten, verlangen wir nur Eins unter allen Umständen von ihnen bewährt zu 2* 20 sollen: eino wahrhaft v olks tliüm 1 iche und f r e i h ei t s f r eun il-liehe G e s i n n u n g. 5. Zunächst wollen wir auf dem Wege der Reform eine durch Vernunft und wahres Recht zu begründende Entwickelung unserer Verhältnisse in völlig freier und von keiner Seite gestörter Discussion. 10. Die persönliche Freiheit muss bei nns ebenso wie in England der Beamtenwillkür entrückt sein ; keine vorgebliche Noth wendigkeit, dio ja oft nur in dem Kopfe der Minister vorhanden ist, darf diesen ein Recht geben die persönlichen Freiheiten — in den Belagerungszustand zu versetzen. 11. Ausgedehnte Freiheiten wollen wir besonders für unsere Abgeordneten als solche. Sie sollen nicht richterlicher Willfährigkeit gegen die Gewalthaber Preis gegeben werden. Ohne freie Volksvertreter keine zuverlässige Volk s v o r tretung noch eine deren w ü r d i g e V e r w a 11 u n g. 14. — Besonnene Menschen sind gegen Alle und Alles miss-jrauisch, sogar gegen sich selbst; geschweige denn gegen Minister. Eben um nicht bloss den Beamten vertrauen zu dürfen, gebrauchen wir eine Verfassung, die um so vorsichtiger abzufassen ist, da die Verwaltung bis jetzt noch ganz den Anhängern des alten Systems Preis gegeben ist. — Das Recht der Gesetzgebung muss, wie in England, u n b e d i n g t 11 u r d e n K a m m e r n zustehen. 15. — so dürften wir leicht in ein Spiel von Notli-wendigkeiten geratheu bei dem wir einen Theil unserer Freiheit verspielen könnten. Wenn sich unsere Taschen dem Staate nur auf das Geheiss unserer Vertreter öffnen dürfen, so behält das Volk ein unfehlbares Mittel seine Freiheiten zu behaupten und, so weit es nöthig i s t, w e i t o r zu begründen. 17. — Ueberliaupt fordern wir dringend die Abstreifung der eines freien Volkes unwürdigen Fesseln, mit denen der Feudalismus und Despotismus vergangener Jahrhunderte, wie die in deren Sinne handelnde Verwaltung der drei und dreissig Jahre, uns belastet hat. Ansprüche an die Wähler 1862. Motto: „Unsere Forderungen sind bescheiden und gerecht. Ich spreche für das Interesse sowohl des Königs als des Volkes. Thomas Wenl wort h. I. Um dio gegenwärtigen Verhältnisse richtig und unparteiisch zu würdigen, wollen wir uns vorläufig weder auf dio Ansichten der Feudalen (Junkerpartei) einlassen, noch die Urtheile der Radiculen zum .Massstabe nehmen. Wir wollen vielmehr die Stimmen der Gemässigten hören, denen es zwar in der Regel an Charakter fehlt, um entschieden und consequent zu handeln, aber oft nicht an Einsicht um treffend zu urt heilen, wenn sie nicht durch 21 Furcht oder Rücksichten irre geführt werden. In dem Organe dieser Partei, der Berliner Zeitung, finden wir unterm 5. Januar d. J. folgende Stelle: „Preussen ist seiner jetzigenLage nach ein stehendes Lager, welches, offen und heimlich von allen Seiten angefeindet, entweder weiter um sich greifen oder in beständigen u 11 fr u c h t b a r e n Rüstungen seine Lebenskräfte erschöpfen muss. Das Preussisohe Volk kann es auf die Länge nicht aushalteil seinen ganzen Besitz auf militairische Rüstungen auszugeben. Den andern deutschen Völkern kann man nicht zumutlien sich auf die Länge in der Rolle friedlicher Vasallen eines kriegerischen Vorlandes zu gefallen. Preussen liegt daran dass ihm die Last durch allgemeine Theilnahmo erleichtert, den andern deutschen Staaten, dass ihnen eine Stimme im deutschen Rathe zu Theil werde". Ueber die letzten Vorgänge bei uns haben sieh die englischen Zeitschriften, im Wesentlichen meist übereinstimmend, mehr oder weniger kräftig ausgesprochen: Stimmen, die wir um soraehr zu beachten haben, da dio Engländer sich seit Jahrhunderten des Glückes einer wahrhaft constitutionellen Verfassung erfreuen und kein Land das sich von ihnen Belehrung holt in die Gefahr kommen kann für das politische Scliöppen-städt Europas zu gelten. Eins ihrer gemässigtesten Journale, der Economist, spricht sich über das Verhalten unseres Abgeordnetenhauses so aus: „Im Jahre 1S4S war Preussen unter den revolutionären Staaten einer der ruhigsten; heute ig-t es einer der besonnensten nn ter den reformirenden Staaten. Die Kammer hatte grosse Mässigung an den Tag gelegt; die Führer der liberalen und radicalen Parteien hatten es sich angelegen sein lassen, dem Hofe und dem Lande zu zeigen dass ihre Forderungen äusserst massvoll seien, und der einzige Punct wo sie ihre Rechte geltend machten war der Finanzpunct, d. h. sie forderten eine detaillirtere Budgetvorlage, ohne welche das ganze Verfassungswesen leerer Schein wäre. — Was einen von Violen befürchteten Staatsstreich betrifft, so könnte der König ihn allerdings ausführen und die Consor-vativen würden Beifall klatschen. Doch wäre damit gar zu viel aufgegeben: die Hoffnung auf eine Kaiserkrone, auf eine Vergrösserung Preussens, ja sogar auf die dem Könige so sehr am Herzen liegende Reorganisation des Heeres, wozu sich die erforderlichen Gelder ohne Mithülfe der Kammer schwerlich beschaffen Hessen. Wir halten aus allen diesen Gründen an der Ansieht fest, dass der König sich, wie alle constitutionellen Monarchen, schliesslich zu einem Compromiss verstehen wird. Für Preussen aber ist es ein Glück dass es Männer zu Vertretern hat mit d0ne 11 sich ei n C0111 pr0miss in al 1 en Ehren eingehen lässt". 22 Wenn aber ein solcher Compromias nicht erfolgt, wenn die Regierung nicht durch ein wirklich „f r eu n d 1 i c h es En t g e g e n k o ra m e 11" eine friedliche Aussöhnung möglich macht, sondern jeden Widerstand in irgend erheblichen Dingen „brechen" will, was dann? Soll das Abgeordnetenhaus willfährig weichen, um sich für immer zu einer h 1 o s s o n Genehmig n ngskammer h!er a b d r ü c lc e n zu 1 a s seil? Oder soll es im Angesicht Europas, des Preussischen Namens würdig, unbekümmert um die nächsten Folgen, auf dem beharren was es für Recht und dem Wohl des Volkes für angemessen erachtet? Motto: „Thue deine Schuldigkeit, komme was da mag". Franz, Sprichwort. 2. Man schreckt uns von einer gewissen Seite mit der Drohung, dass bei abermaliger „Widerspenstigkeit" des Abgeordnetenhauses der Auflösung eine Aufhebung folgen dürfte. Das wäre ein Unglück, aber kein Verlust. Ein Unglück, ein namenloses Unglück, indem es unsere Verhältnisse so zerkliiften, das Vertrauen nicht bloss Preussens, sondern ganz Deutschlands so zermalmen würde, dass die ungeheuren Folgen davon sich eher berechnen als aussprechen lassen Kein Verlust! Denn was verlören wir an einer Genchuiigungs-kamme.r, die in Bezug auf den Kernpunot dos Staates, die Finanzen, im Wesentlichen nichts sein sollte oder nichts sein könnte als eine unerschöpfliche Geldpumpe und ein Gewitterabieiter gegen den Unwillen des Volkes über gesteigerte Besteurung ?*) Wie man im Auslande über hlosae Bewilligungskammern denkt, lehrt am pikantesten ein Franzose, der geistreiche P. L. Courier, der Ludwig XVIII. über solche Verhältnisse sagen lässt (Oeuvres q. 111): „Ich liebe die unbeschränkte Gewalt; aber rücksichtlich des Einkommens ist die repräsentative Verfassung besser; ich liebe sie zum Entzücken! Es ist ein Schlaraffenleben. Das Geld strömt uns im Ueberflusse zu. Wir rechnen liier nicht mehr nach Millionen, sondern nach Milliarden, oder, dio Wahrheit zu sagen, wir rechnen gar nicht mehr, seit wir Deputirte haben, eine compacte Majorität, wie man das nennt; eine Ausgabe, aber eine kleine. Das verschlägt mir nichts. Hundert Stimmen kosten mir jedes Jahr nicht so viel als Frau von Cayla in einem Monat. So geht Alles von selbst. Geld ohne Berechnung und ohne Mass und das Recht von Gottesgnaden verliert dabei nichts; wir thun *) Dieser Absatz fand auch im Publicisten und in der Volks-zeituug beifällige Aufnahme, was meinen Herren Gegnern sehr unangenehm war. Sie verbreiteten daher das Gerücht, ich habe dafür bezahlt. Eine grobe Unwahrheit. Erklärlich wäre es dabei, wenn der oder die Vert'aaser derselben Andern eingeraunt hätten dass dio Besprechung meiner Schrift in einem Leitartikel der Nationalzeitung eine erkaufte sei. Jene Verkleinerung meiner, obgleich ich keineswegs als Bewerber aufgetreten war, erschien den Herren als eine Erhebung ihrer Candidaten. 23 deshalb nicht minder Alles was wir wollen d. h, was unsere Hofleute wollen. Wenn der Türke eine Ahnung davon hätte, er würde nichts Anderes wünschen und aus seinem Divan zwei Kammern machen". Aber vielleicht kann das Abgeordnetenhaus, wenn auch nicht rücksichtlieh der Finanzen, so doch in andern Beziehungen wohlthälig wirken, kann freisinnige Massregeln anregen und befördern. Dafür lassen wir das Herrenhaus sorgen. „Wir haben also, lässt Courier Ludwig XVIII. weiter sagen, in unserer hohen Sphäre den Zeitvertreib ihrer Debatten, die drolligste Geschichte von der Welt, ein wahres Gelärm von Hunden und Katzen, dio sich um Brocken auf der Strasse herumbeissen. Wenn ihr Geschrei uns unbequem wird, lässt man einige Eimer Wasser darüber giessen, sobald das Budget bewilligt ist". Also eine unverfälschte, wirklich berechtigte Kammer, keine blosse Genehmigungs- oder Bewilligungskammer! Was wir jetzt fordern, wünschten schon dio Minister von Stein und W. von Humboldt, meines Wissens die einzigen Staatsmänner, die Preussen seit Herzbergs Tagen gehabt hat. Wach Steins Ansicht kann der Regeut eines treuen und gescheiten Volks durch eine gut eingerichtete Repräsentativverfassung nur gewinnen. Denn durch sie eigne er sieh alle geistigen und physischen Kräfte dos Volkes an, werde durch diese erleuchtet und gestärkt, statt dass er bei einer Beamtenregierung unter den Regierten überall auf Lauigkeit, Abneigung, ja selbst auf Antagonismus (Widerstreben) stosse und bei seinen Beamten nur wenig Unterstützung gegen die öffentliche Meinung finde. Selbstregieren, sagt Stein, ist nur das Loos sehr seltener Regenten; diese finden aborauchboi einer repräsentativen Verfassung in sich und in der Güte ihrer Absichten Mittel ihre Entschlüsse ins Leben zu führen. (Häusser Deutsche Gesch. B. 3 S. 144) Massloses Nachgeben forderten diese Männer so wenig, dass z. B Humboldt, mit Stein übereinstimmend, es bestimmt aussprach: Oppo-n i r e n solle eine Repräsentativverfassung einmal dem uns täten und unzweckmässigen Thun der obersten Verwaltung b oh ör d e n, dann dem Ansichreissen und Umsichgreifen der Staatsbehörden überhaupt. Die Verwaltung werde durch diese Controle genöthigt und gewöhnt nach festeren Prin-eipien zu handeln; der König erhalte zu seiner eigenen Hiilfo und Leitung einen strengen und sachkundigen Beurtheiler s o i n e r M i n i s t e r. Diein dividuello und persönlich eSicher-h e i t, wiediedesEigenthums, F r e i h c i t d e s G e w i s s e n s und der Presse zählte Humboldt zu den unentbehrlichen B e-standtheilen einerRepräsentativverfassung. (Häusser eb. S. 145 fol.) Es werde sich immer deutlicher herausstellen, wie das blosse Regieren durch den Staat, da es Geschäfte aus Geschäften erzeuge, mit der Zeit sicli in sich selbst zerstören, in seinen Formen immer hohler werden und den eigentlichen 24 B o (lü r f n i s s e n u n d G e s i n 11 ungendes V o I k c s i ni m or w on i g er entsprechen müsse. (Eb. S. 144.) Ja selbst Fürst Hardenberg spraöh in dem lehrreichen Jahre 1807 die Ansicht aus, dass „die neuen Grundsätze eine solche Gewalt entfalteten, dass der Staat der sie nicht annehme untergehen oder sich die Annahme aufzwingen lassen müsse". Aber wir lernen schwer und vergessen leicht, selbst dio erschütterndsten Mahnrufe des Schicksals. (Vgl. lläusser eb. S. 127.) Motto: „I)cr Roichthum der Könige besteht in der Liebe, der Volker". Cotlrior. 3. Ein Fürst kann viel comraandiren, Vieles beherrschen; Vieles d. h. freilich im Grunde sehr Weniges, am wenigsten die Höflinge (die nach dem edlen Minister Mal es herbe, der aus unmittelbarer Erfahrung sprach, weit mächtiger sind als die Könige) und vielleicht noch weniger die liberalen Ideen; ein keckes, flüchtiges, unbezähmbares Völkchen , das sogar wie die Parther, auch fliehend verwundet und sogar die Allmacht der Höflinge verhöhnt. Ja selbst der gewaltigste und talentvollste Zwingherr dieses Jahrhunderts, die Gottesgeissel der Fürsten Europas, lernte schliesslich die Macht der liberalen Ideen, die er in eiserne Bande eingeschnürt zu haben wähnte, anerkennen, wenn auch erst in der unfreiwilligen Müsse zu der sio ihm verholfon hatte — auf St. Helena. Die fürstliche Unbeschränkt!)eit, der jetzt so Vieles entgegenwirkt, als Lockspeise geistiger Beschränktheit von denen auf ihre Fahne geschrieben die am meisten Beschränkung erstreben, aber bloss zu ihrem Vortheile, ist eine hohle Phrase. Schon Raynal hat bemerkt: „In einer Despotie ist Niemand so sohr Sklave als der Despot". Auf ihn passt Göthes Wort: „Er glaubt zu schieben und er wird geschoben". Mit Ausnahme der seltenen Fülle wo der Fürst ein ausgezeichnetes Talent ist sind die gewöhnlichen Hebel der Despotien: Weiber, Höflinge, eine Cumarina (Cabinetsrath.) Eine redliche und einsichtsvolle Volkskammer, die einen Fürsten solchen Einflüssen entzieht ist für ihn selbst eine wahre Befreierin, für das Land eine Erlöserin von vielem Uebel. Und was wollen denn diese Herren die für unbeschränkte Fürstengewalt zu kämpfen vorgeben ? Der Adel will: Alles soll dem Könige gehorchen, der König aber als der erste Edelmann des Landes vor allen Dingen die Interessen des Junkerthums wahren und befördern, auch da wo das Wohl des Volkes dadurch wesentlich verletzt wird. Unter dieser Bedingung will der Adel dem Könige treu und gewärtig sein. Wenn seine sehr gebieterisch erklärte Forderung nicht erfüllt wird, so ist er entschlossen der Regierung das Regieren möglichst unmöglich zu machen oder doch zu erschweren, bis er sie zur Befriedigung seiner Ansprüche gezwungen hat. Dabei werden die Adlichen von 25 von ihren Adjutanten, den Herren Geistlichen, redlich unterstützt. Weniger redlich wäre redlicher, sagt Lessing. Was diese dabei für Wünsche und Hoffnungen hegen ist bekannt. Was will dagegen das Volk? Das Volk will bescheiden, wie immer, wederein Junkorkönigthum noch ein Soldatenkönigtum noch ein Priesterkönigthum, es will ein Volkskönigthum. Dessen höchste Aufgabe hat schon vor länger als 2000 Jahren einer der grössten Philosophen des Alterthums festgestellt. „Die Gesetzgebung, sagt Piaton »Bep. 519 f., soll nicht darauf bedacht sein dass es irgend einer einzelnen Classe vorzugsweise wohl ergehe, sondern dahin wirken dass „dies Wohlergehen den ganzen Staat durchdringe" etc. Diese Forderung ist eben so gerecht als gebieterisch. Hören wir was darüber in der französischen A d e 1 s k a m m e reinst der Graf Clc r m o n t T o n e r r c. gesagt hat: „Bedenken wir dass es eine Gewalt der Dinge giebt „stärker als die Gewalt der Menschen. Nähme jene einen zu „schnellen Lauf, so wäre das oinzige Mittel ihn zu verzögern das sich „ihr anzuschließen. Es hat eino Zeit gegeben, da man die Sklaverei „aufheben musste, und sie ist aufgehoben; eine' andre da man den „dritten Stand in die Nationalversammlungen eintreten lassen musste, „und er ist eingetreten. Jetzt haben wir eine Zeit, da dio „Fortschritt e d e r E i n s i cht d i e z n langoverkanntenBec h t e „der Mensc Ii e i t diesem dritten Stande, der 24 M i 11 io n en „zählt, die Gleichheit der Rechte, welche ihm gebührt, „z u t h e i 1 e n w e r d e n. D iese d ritte Revolution ha tbegonnen „und nichts wird sie aufhalten". (Dahlmann Gesell der franz Rev. S. 217.) Wie wohltätige Folgen es hat, wenn eine Regierung solchen An- und Einsichten ihr Ohr nicht störrig und hochmütig verscliliesst, darüber enthält ein Brief über die Verhältnisse in Baden, von einem Preussen, der dort geraume Zeit gelebt hat, geschrieben, eine höchst interessante Mitteilung. „Hiermit, heisst es, komme ich auf einen Hauptvorzug Badens, „das ist dio Freiheit. Die Regierung ist so weit entfernt dio nationalen „Bestrebungen zu hemmen, dass sie dieselben vielmehr in jeder Weise „unterstützt, ja dem Volke selbst an Liberalität vorauseilt, so dass sie „die Leitung des Nationalwillens ganz in der Hand hat, das heisst mit „einem Worte, sie löst fortwährend das grosse Rathsei aller Politik, „woran sich die Staatsmänner anderer Staaten immer noch den Kopf „einrennen. Die Folge von dieser einzig richtigen Politik ist eine „Einigkeit zwischen Regierung und Volk die ausserordentlich ist und „in dem Grade jetzt wohl nirgends ausser eben in Baden existirt. Von „Massregelung ist gar keine Rede; jeder spricht frei seine Ueberzeugung „aus und lebt darnach ganz ungestört. X. hat eine Zeit lang Geschichts-„unterriclit an der — Anstalt gegeben und geradezu Politik gelehrt, „demgemäss auch öffentlich examinirt: es hat Niemand auch nur den 296 „geringsten Einspruch gethan, ira Gegentheil. — Es könnte jetzt in „Paris geschehen, was wellte, in Baden würde sich kein Mensch gegen „die Regierung rühren, und wer sieh rührte würde von den Andern „in Stücke gerissen. Als ich abreiste waren die Kammern in Preussen „nocli nicht aufgelöst, aber man wusste es dass sie in den nächsten „Tagen aufgelöst werden würden. Wie man darüber denkt, folgt aus „Obigem von selbst. Man bedauert die Proussische Politik, die alle „schönen Hoffnungen wieder zerstört; man belächelt im Gefühl des „eigenen Fortschrittes die Engherzigkeit der preussisclion Staatsmänner; „man ist erbittert dass Alles in Halbheit und Phrase verkümmert. „Baden ist in der That das einzige Land in welchem man Lust hat in „politischer Beziehung zu leben". Motto; Dumm machen lassen wir im» nicht. Wir wissen (Iftas wirs werrlen sollen. l.u ther. 4. Es giebt zwei Arten von Verbindungen durch die man auf Wahlen einwirken kann: Wah 1 v er eine uud W e rb e r vereine. Ein Wahl verein stellt sich die Aufgabe eine angemessene Anzahl tüchtiger Candidaten aufzustellen und sie durch ehrenhafte Mittel den Wahlmännern zu wahrhaft freier Auswahl derer die ihnen als die ausgezeichnetsten erscheinen zu empfehlen. Ein W er,b erv or ein, eino heilige Allianee gemeiner Interessen mit Charakterlosigkeit und Beschränktheit, versucht durch Mittel welcher Art immer bestimmte Persönlichkeiten den Wahlmännern aufzuzwingen, sie durch grobe Täuschungen und ein perfides, die Wähler und den gesunden Menschenverstand verhöhnendes Intriguenspiel zu Marionetten herabzuwürdigen und sie dahin zu bringen, dass sie auf dio Wahl tüchtiger Männer verzichten und sich schliesslich zur Annahme mittelmässiger oder noch weniger als mittelmässiger Candidaten verstehen. Dies ist natürlich nur durch ein woblorganisirtes Werberkorps erreichbar, das regsam und rührig, nicht wählerisch in den Mitteln, vorzugsweise auf die Schwäche und die Schwächen einer möglichst grossen Anzahl von Wählern einzuwirken sucht, während die Rottenführer sie durch allerlei Kniffe und Pfiffe bearbeiten. Da selbst diese Männer es von vorn herein nicht wagen ihre schlechten Candidaten als ausgezeichnete zu empfehlen, so beginnen sie damit alle tüchtigen Männer die den Wählern gefallen könnten irgendwie zu beseitigen, wozu sie kurze Schlagwörter mancherlei Art im Stil der Kreuzzeitung erfinden, z. B.: „dio und die dürfen wir „nicht wäh 1 en, denn siegelten zu weit". Das reicht aus für die welche das unbequeme Denken scheuen. Und doch wäre die Antwort so leicht: „Woher wissen Sie das? Haben jene Männer sie zu ihrem politischen Beichtvater gemacht? Oder wollen sie etwa aus einzelnen Aeusserungen etwas schliessen? Solche Aeusserungen werden aus dem 27 Zusammenhange gerissen entstellt, werden oft bis zur Unkenntlichkeit verfälscht. Und „Lüge dein Name ist Werber". Yen Allem was diese Herren uns vorreden sind zwei Drittel verfälscht und ein Drittel ist nicht wahr. „Zu weit", sagen Sie. Wer soll denn das bestimmen? Haben etwa die Herren AVerber einen so sicheren politischen Zollstock, dass sie auch für unparteiische und ehrenhafte Männer das zu viel und zu wenig untrüglich abmessen können? Es ist eben unvermeidlich dass Einige zu weit, Andre nicht weit genug zu gehen scheinen. Und über diesen Schein sind die Urtheile Verschiedener sehr verschieden. Unsre Verhältnisse sind überdies» noch so wenig geklärt, dass auch der Gescheiteste sich darüber kein entscheidendes Urthoil anmassen wird. Dazu bedarf es jedenfalls mehr als eines verschmitzten Advocaten-geistcs oder einer stupiden Werberseele. Und wenn Einer oder der Andre für den Zollstock dieser zu weit ginge, wäre denn das ein Unglück ? Von den zu weit Gehenden ist bei uns nichts zu fürchten., von den nicht weit genug Gehenden nichts zu hoffen. Denn für Einen der erstem werden sich gewiss mehrere der letztern finden die etwaige Uebereilungen schon hemmen werden. Eine „Uoborstürzung" ist bei uns aber gar nicht möglich, es wäre denn eine Ueberstürzung in die Reaction. Und welche Männer waren es denn hei uns die immer für Wahrheit und Recht gewirkt haben? Waren es nicht die welohe man beschuldigte zu weit zu gehen ? Was dagegen kann der nicht zu weit gehenden Mittelpartei, dio nichts vermittelt und so Vieles verdirbt, nachgerühmt werden? War sie es nicht die im J. 184',) das Volk geknebelt und gebunden der Reaction zu Füssen legte? Und was für Segen sie in den drei Jahren in denen sie wieder einflussreich auftreten konnte dem armen Lande gebracht hat ist bekannt genug. „An ihren Früchten sollt ihr sie orkennen". Ein anderer Kunstgriff der Herren Werber ist die Behauptung: „der und der nimmt die Wahl nicht an". Ein tüchtiger Mann darf und wird seine Dienste, wenn man sie fordert, dem Vatcrlande nicht verweigern, wie unbequem und verlustreich die Sache auch für ihn werden mag. So denk' ich, so denken Tausende. Doch bitte ich dies meinerseits nicht etwa als eine Art von Bewerbung aufzunehmen. Wer sich um eine solche Stelle bewirbt ist der Stelle nicht werth. Nur eine freie Wahl ehrt, eine durch Werberkünste ergaunerte ist eine Beschimpfung. Bloss auf die Kurzsichtigkeit der Wähler berechnet ist dio Einflüsterung dass wer für den Candidaten der Herren Werber nicht stimme eine Spaltung in der Partei und dadurch die Möglichkeit einer feudalen Wahl herbeiführen könne. Der Vorwurf fällt auf diese Herren selbst, zurück. Warum stellen sie keine Candidaten auf denen auch einsichtige und redliche Männer mit gutem Gewissen ihre Stimme geben können? Warum suchen sie nur noch unzuverlässigere oder unbedeutendere auf die Wahl zu bringen? Warum begehen sie die Infamie 2S dn wo sio es vermögen die welche tüchtigere Männer vorschlagen wohl gar am Reden zu verhindern? Die Gefahr einer feudalen Wahl ist bei einem entschiedenen Uebergewicht der Volkspartei gleich Null. Tm .T. 1849 fand in dem achten Berliner Wahlbezirk eine bedeutende Spaltung statt. Aber das ganze Unglück davon war der Verlust, einiger Stunden zu einer zweiten Abstimmung, die den Sieg des zuverlässigeren Candidaten entschied. Wenn Männern des Volkes nichts übrig bleibt als sich mit den Feudalen oder einer Fraction dor Ihrigen zu vereinigen, so wählen sie natürlich das Letztere. Aber gehören dio Herren Werber wirklich zu den Unsrigon? Nur bei den Wahlen verkriechen sie sich unter die Flügel der Fortschrittspartei, weil sie nur so ihre Candidaten durchbringen können, dio nicht, sobald ihren Fortschritt — in dio Kammer gemacht haben als sie dieser Partei Valet sagen und wohl auch Andre verführen dess-gleiclien zu thun. „Kamerad, heisst es dann etwa, Sie haben zwar Ihren Wählern versprochen, wohl gar ihr Ehrenwort gegeben dor Fortschrittspartei anzugehören; aber, wir haben ja schon sonst zusammen gesessen, kommen Sie wieder hieher; ich will ihnen beweisen dass Sie zu diesem Wortbruch berechtigt, ja verpflichtet sind". Und der beschränkte Unterthanenverstand setzt sich an die Seite — von Beamten. So kann es kommen, dass die Wahl eines Unzuverlässigen der Volkspartei viel mehr schadet als die eines entschieden Feudalen , der Niemand so leicht verführen kann. Besser ein entschiedener Feind al8 unzuverlässige Freunde d. h. gefährlichere Feinde. Dass wir solche Männer, „mit denen sich reden (d. h. etwas machen) lässt" wählen, hat den vollen Beifall der Feudalen. Da es moralisch- unmöglich ist dass wahrhaft der Volkspartei angehörende Männer anders als aus Beschränktheit Werbervereinen beitreten , so ist es natürlich dass wenigstens die Rottenführer dieser Vereine zu den Constitutionen C o 11 se r v a t i v cn gehören, die zwar mit den feudal Conservativen über dem Tische sich zanken, aber unter dem Tische sich freundschaftlich die Hände drücken und hinter dem Rücken dor Getäuschten sicli ins Fäustchen lachen. Beide übersetzen (las alte Wort: „mundus vult deeipi" durch: „die Wähler müssen geprellt werden". Darum hüte man sich gleih sehr vor beiden. Vertrauen heisst betrogen werden. Man glaube ihnen auch dann nicht, wenn sie sagen: „das und das sei zwar richtig aber nicht praktisch". Wahrheit und Recht auf eine vernünftige Weise zur Geltung gebracht sind immer praktisch, freilich nicht für die welche keine höhere Praktik kennen als — vergoldete Hände. Um ihre Candidaten zu heben suchen die Herren Werber sio massig roth anzustreichen. „Sie hätten schon unter Herrn von Vinckes Leitung „r adica 1 gestimmt". Radi ca 1 mit Herrn v0n Vi 11 ok0!! „Jüngst hätten sie sogar für den Hagenschen „Antrag gestimmt". Für so einfältig halten sie die Wähler ihnen anzumuthen 29 für Freisinnigkcit zu halten was nichts mehr und nichts weniger war als — eine pfiffige Speculation. Denn vor der Annahme dieses Antrages, der durchaus keine G e s i n 11 u n g s p rohe w a r, erklärte der damalige Finanzminister ausdrüclclich, dass die Staatsregierung den Antrag nicht als Misstrau ens votum auffasse. Damit war den ministeriellen Deputirten ein "Wink gegeben dass sie diese Gelegenheit, ungefährdet benutzen könnten, — um sich ihren Wählern als unabhängige Männer zu empfehlen und künftig wieder — ministerielle Doputirte zu werden. Eine solche Politik bei unerheblichen Sachen, (in erheblichen werden die Herren dann schon wieder ministeriell werden), kann den Ministem immer nur erwünscht sein. Wenn ich das Unglück hätte Minister zu sein, so würde ich ein solches Verfahren au s dr iiclc 1 i c h a 11 om p fehle 11. Man lässt die Vöglein flattern, wenn man sie — an uuzerreissbaren Fäden festhält Das vorige Ministerium ertrug feudal conservative Abgeordnete, das jetzige wird co 11 st i tu tio n e 1 le conservative mit Dank annehmen. Denn beide •eisten schliesslich dieselben Dienste im Nachgeben und Bewilligen; ja die beiden letztern noch bessere, da sie beschränkte Doputirte zur Fahne des Rückzugs herum zu schwatzen viel geeigneter sind als die Feudalen. Also, meine Herren Werber, eifrigst für Gewinnung resp. Beibehaltung Constitutionen conser vativer Deputirten gesorgt! So viel zur Naturgeschichte der Werber. Erkennbar sind sie in Preus-sen überall an den oben angegebenen Merkmalen und einer eisernen Stirn. Motto: rI)or Verlauf welchen die Ereignisse seit »lern Frühjahr IS4S genommen „haben, ist theil» das Werk theils diu Schuld der Mittelparteieu". You Unruh Erfahrungen M. 4. 5. Urwähler die sich ihrer Rechte und Pflichten bewusst sind werden sieh nur für solche Wahlmänner entscheiden, die, darauf verzichtend nach eigner, unbeschränkter Willkür zu verfahren sich dazu verstehen Deputirte von der Farbe zu wählen für die sieh die Mehrzahl ihrer Urwähler ausspricht. Um liiebei sicher zu gehen verlangte man sonst von den Candidaten zur Wahlmannsohnft ein politisches Glaubensbekenntniss. Allein dabei bestätigte sich nur zu oft die Wahrheit eines berühmten Ausspruches Talleyrands: „die Sprache sei erf u 11 den, um desto besser seine öedankcnzuverbergen'. Dazu haben denn auch unter uns die verschiedenen Candidaten die ehrliche deutsche Sprache mit grosser Geschicklichkeit zu benutzen verstanden, sogar solche die sonst weder erhebliehe Beredtsamkeit noch hervorstechende Klugheit bethätigten. Täuschungen der Art vorzubauen, giebt es ein sehr einfaches Mittel. Man stellt dem Candidaten ganz bestimmte Fragen und verlangt auf sie ganz bestimmte Antworten, ■/.. B dio Frage: „für welche Partei wollen Sie wählen? Soll „der Cnndidat dem sio ihre Stimme zu geben entschlossen sind, zur „feudalen, constitutionellen oder Fortschrittspartei gehören?" Wenn 30 ilpr so Gefragte einer entschiedenen Antwort ausweicht oder seine "Worte, auf Schrauben stellt, so ist er entweder sich selbst nicht klar oder beabsichtigt die Wähler zu täuschen. Solchen Männern die in verschiedenen Farben schillern können nur die ihre Stimme geben die der politischen Kindheit noch nicht entwuchsen sind. Wer wahrhaft der Fortschrittspartei angehört wird den vorgeschlagenen Candidaten nur dann seine Stimme geben, wenn sie sich auf ihr Ehrenwort verpflichten im Sinne der Fortschrittspartei zu wählen. Durch eine solche Verpflichtung gebundene Wahlmänner werden bis aufs Aeusserste dafür kämpfen, dass nur Deputirte gewählt werden die sich auf ihr Ehrenwort verpflichten wahrhaft der Fortschrittspartei anzugehören und wenigstens in den wichtigsten Fragen mit ihr zu stimmen. Urwähler, welche die politischen Kinderschuhe abgelegt haben, werden es sich zum ersten Gesetze machen Niemanden ihre Stimmen zu geben von dem sie überzeugt sein können dass er darauf hinarbeitet für bestimmte mehr oder weniger unbedeutende, mehr oder weniger unzuverlässige Persönlichkeiten zu wirken und sie der Gesammthcit der Wahlmänner durch Intriguen mancherlei Art aufzudringen. Die Wahl soll frei, und ungekn ebe 11, si e so 11 ve r nü n fti g und e h r eu Ii af tei- M ä nne r würdig sein. Abscheu und "Verachtung denen die, um eine freie Wahl zu hindern, das freie Wort verwehren! 6. Ansprache an die ländlichen Wähler. j\Iotto 1: „Man muss das Vorurtheil aufgeben dass nur in den hühern Schichten „(Classsou) der Gesellschaft politische Tüchtigkeit anzutreiVeti sei. V o n „den Hauern in der prcussischcn Nationalversammlung hatten die „M e i h t e n mehr gesundes Urtheil und j o (1 o u f a 11 s in ehr C ii a-„rakter als manche sehr k e n n t n i 8 s r ei c h e und geschiiftsge-,.wandte Abgeordnete, Die politischen Kindel- und die sehwachen „Charaktere stecken meistens nicht m den untern Schichten11. Von U n-r n h Erfahrungen etc. S. 10. Motto 2: „In allen grossen Situationen (Lagen, Verhältnissen) entscheidet Charakter „mehr als Geist und Wissen. Denn man kann wohl Anderer Geist und „Wissen benutzen, aber den Charakter eines Andern kann man sich nicht „borgen". Minister von Stein bei Hausier. Deutsche Gesch. in 3 Ii. S. 12ä. Bei der letzten Wahl wolltet Ihr keinen Edelmann wählen, und darum wähltet Ihr einen Beamten. Ihr wolltet keinen Beamten wählen, und darum wähltet ihr einen Edelmann. Ihr woll tot keins von Beiden; und darum t h a t e t Ihr Beides. Ihr wolltet Vertreter des Bürgorthums mit einem bürgerlichen Herzen und den erforderlichen Anlagen und Kenntnissen wählen, und Ihr wähltet einen Edelmann von dessen volkstümlicher Gesinnung Ihr nichts wusslet und noch heute nichts wisset, (denn unter den Pittigen der Fortschrittspartei flügge geworden, entflutterto er flugs, nachdem er seinen Fortschritt — in die Kummer gemacht hatte, in Hrn Uabkes Nähe, welcher Herr Gabke, den Zwiiterpolitikern, den Männern des Bewilligungssystems, eingereiht, an Hrn. Knoevenagels Seite sass); einen Edelmann von dessen Anlagen und Kenntnissen die Welt noch 31 _ nichts vernommen hatte und schwerlich je etwas vornehmen wird; einen Edelmann der Nichts, gar Nichts für sich liatte, als dass er kein Beamter ist. Er war Euro letzte Betirade vor dem Beamtenthum, und so beginget ihr eine Injurie gegen den Bürgerstand, unter dem Ihr viele Dutzende in dem Wahlkreise finden konntet, denen dieser Candidat weder an volkstümlicher Gesinnung noch an Talenten noch an Kenntnissen gewachsen ist. Ihr raisonnirt, wenn dio Bürgerlichen irgendwo zurückgesetzt werden, und für dio höchste Stelle, die Ihr nach Verdienst zu besetzen verpflichtet wäret, habt Ihr einen solchen Adlichen gewählt!!! Möget Ihr wirklich einen Edelmann der nicht einmal das Verdienst hat der entschiedenen Volkspartei entschieden anzugehören ? Ihr wolltet unabhängige Volksvertreter wählen, und darum wähltet Ihr — einen Beamten; einen Beamten, der mehrere erwachsene Söhne hat, die auf eine Versorgung im Staatsdienste harren; einen Beamten also, der doppelt und dreifach abhängig ist; der mehr als Ein Mal in die Gefahr kommen kann und muss entweder ein schlechter Volksvertreter oder ein schlechter Vater zu werden; dem nur zu leicht das Vnterherz mit dem Deputirtengewissen durchgehen kann, der nur zu leicht in die Versuchung kommen kann — lieber dem Ministerium zu nützen als seinen Söhnen zu schaden. Und warum drängte und drängt sich denn dieser Mann, der so leicht ersetzbare, trotz seinem kürzlich erhaltenen Orden, auch zum Entscheidungskampfe? Etwa bloss um zu zeigen, „was die schwache Kraft vermag" ? Oder weil sein Muth ihn übermüthig fortreisst der Welt zu beweisen dass ihm das Fortkommen seiner Söhne nichts gilt? Kann der Drang seiner Familie zu schaden, so unwiderstehlich werden. Oder wäre dieser unmenschliche Drang nur eine Maske für etwas sehr Menschliches ? Woher aber jenes seltsame Ergebniss Eures doch wirklich wohlgemeinten Ströhens ? Daher : o s w a r das k e i n e W a h 1, es w areine Intrigue; eine Intrigue, ein Ränkespiel in so unverschleierter, so schmachvoller Nacktheit, dass mir in meinem ganzen Leben noch nie etwas Aehnliches vorgekommen ist. Ich durchschaute die Intrigue; ich wollte Euch aufklären; ich wollte Euch veranlassen das Netz mit dem man Euch umgarnte zu durchreissen; ich wollte Euch eine wirklich freie Wahl verschaffen. Aber gleich im Anfange meiner Rede erzwangen die sie Fürchtenden den Schluss, obgleich über die Sache noch gar nicht gesprochen war. Dazu boten Ihnen auch viele von Euch die Iland! „Herr vergieb ihnen, aber nur diesen, den bewusstlosen Werkzeugen ! Denn sie wussten nicht was sie thaten". Vergieb ihnen dass sie an sich selbst zu Verräthern wurden. Ich meinerseits werde, wie oft auch verlassen, des Volkes gute Sache nimmer verlassen; werde siegend oder besiegt kämpfen für Recht und Wahrheit. Die damals mich nicht hören wollten oder konnten, mögen jetzt mich lesen. Vieles was ich damals mündlich möglichst milde ausdrücken wollte, muss jetzt 32 geschrieben schärfer und eindringlicher gefusst werden. Ich darf die (übrigens mir ganz gleichgültigen) Persönlichkeiten nicht schonen, wo es nur auf Kosten des öffentlichen Wohles geschehen könnte. Schonung würde hier zum Verbrechen. Wenn Ihr abermals mit Eurem redlichen Willen und Eurem gesunden Urtheil ein so schändliches Spiel treiben hisset; wenn die Wahlmänner abermals von den Neu-Ruppinern sich ins Schlepptau nehmen, abermals sieh am Narrenseil führen lassen, so mögen wir darauf ge-fasst sein in ganz Deutschland berühmt zu werden als die politischen Schoppenstä d t e r P r e u s s e n s. Dies zu verhindern liegt vorzugsweise in den Händen der ländlichen Wahlmänner. Ihr seid es Eurer Ehra und Eurem Gewissen, Ihr seid es Eurer Pflicht gegen Volk und Vaterland schuldig Euch von dem Einflüsse des meist, aus Neu-Ruppinern bestehenden Wahlvormundschaftsvereines frei zu machen, entschieden mit ihm zu brechen. Erklärt diesen Herren dass Ihr mündig geworden, dass Ihr einsehet wess Geistes Kinder sie sind : dass Ihr in Eurer Mitte viel zuverlässigere Männer habet als die von Ihnen vorgeschlagenen; dass jedenfalls jetzt, wo wir entschieden sicherer Männer bedürfen, die nicht schwanken und wanken, die von der Regierung nichts zu hoffen noch zu fürchten haben, dass jetzt ein unabhängiger Bauer (denn Unabhängigkeit 1111 d ab0r 111 als U11 abhängig keit sei jetzt die Losu 11 g), ein Bauer dem es an Charakter und natürlichem Verstände nicht fehlt, ein unendlich besserer und tüchtigerer Deputirter sein werde als ein unbedeutender Edelmann oder ein abhängiger Beamter, der wiederhol 1 eingestanden hat (und wenn es ihm zweckdienlich sein sollte, noch oft eingestehen wird), dass er nicht entschieden genug gewesen sei. Wer in seinem sechzigsten Jahre noch ein sehwankendes Rohr ist, in seinem sechzigsten Jahre noch keine feste politische Ansieht hat; der wird sie später, wo Alterschwäche den Geist abstumpft und schlaffer macht, gewiss noch weniger gewinnen. Auch isl es jetzt nicht an der Zeit mit so unentschiedenen Charakteren zu experinientiren, immer wieder und wieder Veruelie zu machen, ob sio nicht vielleicht endlich doch noch entschieden werden könnten; Versuche, die leicht oben so gefährlich werden dürften, wie ein Versuch mit einer bedenklichen Ileirath. Herr! führe uns nicht in Versuchung zu solchen Versuchen. Nein, und abermals nein: Keine Experimentalpolitik mit der Sehwäche! Besser vorge-sehen als nachgesehen. Also wählet auf eigene Hand, unbekümmert um Eure Neu-Rup-piner Vormünder; um sie die, unter dem Präsidium der kecksten Parteilichkeit, ausser einem Adlichen Euch keinen einzigen unabhängigen Mann zur Wahl stellten: um sie dio Euch so sehr verachteten, dass sie Euch ganz offen und dreist in die Unmöglichkeit versetzten gut zu wählen. Wenn sie Euch jetzt wieder zu sich entbieten, so sagt ihnen: Zu Dummheiten brauchtet Ihr keinen Wahlvormundschaftsverein. Wenn 33 durchaus Dummheiten gemacht worden sollten, so habe es damit keino Eile; dazu sei es immer noch früh genug in Gransee Dummheiten aus dem Stegereif gemacht seien wenigstens verzeihlicher. Aber auch dort könnt Ihr sie vermeiden, wenn Ihr Euch als Männer, als freie, gescheite Männer beweist. Wie Ihr auch als solche, ungeknebelt von dem Neu-Ruppiner Sonderbunde, wählen möget, schlechter als das vorige Mal könnt Ihr nicht wählen, selbst wenn Ihr über Eure Candidaten das Loos entscheiden Messet. Der Getroffene wird ja doch nicht gerade ein Ilase sein! Denn ein Hase allerdings, sei er ein beamteter oder ein unbeamteter, habe er einen Orden oder keinen, wäre jetzt die gefährlichste der Gefahren. Ihr dürft es als Euer Recht fordern dass auch die Ruppiner Wahlmänner auf Eure Candidaten eingehen. Denn bei den vorigen Wahlen wurde es hier für praktisch erklärt dass man den Templinern willfahre und einen Deputirten aus deren Mitte wähle. So möge man denn auch jetzt es als praktisch anerkennen dass nach Yerhältniss Eurer grossen Mehrheit dies Mal beide Deputirte nach Euren Vorschlägen gewählt würden. Sollten inzwischen dio Anhänger des Wahlvormundschaftsvereines über das Praktische andre Ansichten gewonnen haben und bei ihren Candidaten beharren, so beharret auch Ihr bei den Eurigen und erklärt den Herren Euren Entschluss ihnen zu beweisen dass ihr Männer und nicht alte Weiber seiet. Bei fester Entschiedenheit könnt Ihr versichert sein dass Ihr Eure Candidaten durchbringen werdet, wenn Ihr nur bis aufs Aeusserste fest haltet, zumal da bei der Entscheidung Viele von dem Wuhlvormundschaftsvereine zu seinem Dienste Gepresste schliesslich doch gern zu Euch übergehen werden. Ihr seid dem Sonderbunde an Zahl überlegen, beweist dass ihr ihm auch an gesundem Urtheil und Entschlossenheit überlegen seid. Seid überzeugt dass Alles was man Euch dagegen vorschwatzen und vorspiegeln wird, nichtig und leerer Schwindel sei. Ihr wisst ja schon was Ihr von der Wahrheitsliebe jener Halbgeschwister der Kreuzzeitung zu halten habt. Für nichtig haltet es besonders wenn man Euch vorschwatzt dass dio Wahl von Beamten unter den jetzigen Umständen nicht gefährlich sei. Es ist das nur bei solchen der Fall, die, wie Twesten, erklären dass sie nötigenfalls ihre Person, ihr Amt, ihr Gehalt und die Versorgung der Söhne, die sie etwa haben, auf's Spiel zu setzen entschlossen sind. Aber wenn für diese Erklärung auch bei Twesten und ähnlichen Männern sein Wort eine hinreichende Bürgschaft bietet, so brauchen wir doch bei Andern bedeutendere Bürgschaften. Denn wo das Interesse anfängt, da hört bei d e n M e i s t e n die Zuverlässigkeit auf; wo der persönliche Vortheil ins Spiel kommt ist das Gewissen der Meisten oft ein gar zu gutes, d. h. ein gutwilliges. Dio Schufte welche ISOß unsre Festungen dem Feinde übergaben, wollten dies auch nur aus Gewissenhaftigkeit gethan haben, um nämlich unnützes Blutvergiessen zu verhindern. Hütet Euch also des Volkes 3 34 Festen, d. Ii. seine Hechte, dem Schutze unbewährter Männer anzuvertrauen. Bedenket was AI. von Humboldt über Frankreich sagt Briefe S. 9: „Immer treten neue Versprechungen an die Stello, aber sio erfüllen sicli nicht. — Die Männer des Tages wurden oft noch grössere Schufte. — D i e Na tio n ist 11 o c Ii immerbetrogenwordenund sie wird wieder betröge u1*. Daher ist Miss trauen die erste Tugend der Politik. Wer sicher gehen will, muss sich selbst sicher stellen. Nehmt Buch ein Beispiel an den Baiern. Als bei diesen im J. 1858 ein ähnlicher Umschwung erfolgte wie jetzt bei uns und dor Minister des Innern in Beziehung auf die Beamten eine ähnliche Verfügung erliess wie die jetzt bei uns erschienene, antwortete das Land ohne alle Verabredung dadurch dass es dieWahl von Beamten vermied. Wer den Baiern damals Wiederwahl, unbedingte Wiederwahl zugemuthet hätte, den würden sie ohne Zweifel für politisch blödsinnig erklärt haben. Dass auch bei uns tüchtige Männer die unbedingte Wiederwahl als eine frevelhafte Tliorheit verdammen, zeigen mehrere Leitartikel dos „Publi-eist", deren Verfasser wirklich politischen Tuet und politische Fernsicht besitzt, während die Volkszeitung mehrfach, zuweilen gerade in den wichtigsten Dingen, ihre politische Einsicht auf eine unbegreifliche Weise verläugnet. Man erinnere sich nur, wie dio Friedselige z. B. noch am Vorabende des Italienischen Krieges gemüthlich die Friedenspfeife rauchte und „mit schelmischem Wohlbehagen" aus einer Menge ihrer frühern Leitartikel die betreifenden Stellen auskramte, um zu zeigen wie weise sie immer gezeigt dass es keinen Krieg geben werde, weil es keinen geben könne. Und siehe da! Wie zur Verhöhnung dor Selbstgefälligen war gleich hinterher der blutige Krieg ausgebrochen. Wenn wir noch so politisch unmündig sind, dass wir selbst unter Umständen wie die jetzigen, Staatsbeamte, selbst höchst unbedeutende Staatsd i e n er, massenhaft zu Volksvertretern wählen, so ist die deutsche Frage d. Ii. Preussens Schicksal unwiderruflich entschieden. Denn welcher Deutsehe anderer Staaten wird uns nicht zurufen: „Ihr, politische d. h. unpolitische Kinder, die ihr seid, Sprösslinge des Staates „der Sonderliehkeiten, wie Gervinus ihn nennt, die Ihr noch nötliig „habt auch in Eurem Abgeordnetenhause Euch das Gängelband des „Beamtenthums anzulegen, Ihr wollt dass wir Vertrauen zu Euch fassen? „wollt dass wir uns Euch anschliessen ? uns Euch unterordnen ? Etwa „um auch unsrerseits in Verhältnisse zu gerathen, die Ihr weder liebt „noch lobt, aber abzuschütteln weder Entschlossenheit noch Einsicht „genug besitzet? Kennt Ihr das französische Sprichwort nicht: Helft „Euch, so wird Euch dor Himmel helfen? Für Thorheit und „Schlaffheit giebt es keine Hülfe. So wisset denn, was Kladderatsch „Euch gesagt hat, ist das Lied das Euch sehr bald aus allen deutschen „Gauen entgegenscliallen wird: 35 „Faust (mit der Pickelhaube). Jungfrau Germania, darf icks „wagen, Militairconventionsgeleit Euch anzutragen? „G e r m a n i a (Deutschland). Wie jetzt bei Dir die Sachen stehen, „will ich lieber ungeleitet nach Hause gehen". Eine solche Stimmung der Deutschen gegen Preussen ist es worauf der lauernde Nachbar im Westen schon lange wartet und harret. Der Folgen, die den Landmann am schwersten betreffen werden, inügt Ihr gewärtig sein. Darum wählet so dass wir uns nicht vor den Hessen, ja selbst vor den Baiern schämen müssen. Zur Beachtung empfekl ich Euch noch ein Wort von Unruhs. „Niemals sagt er (Erfahrungen S. 45), fällt es den auf niederer Stufe „der Bildung stehenden Wählern ein, einen Mann aus ihrer Mitte zum „Abgeordneten zu wählen, sobald sio einen höher Gebildeten oder „Befähigten finden, der es aufrichtig gut mit ihnen meint, „von dem sio überzeugt sind dass er ihre Interessen ver- „t r i 11. Nur wenn ein solcher Candidat fehlt oder bei dem Mangel an „öffentlichem Leben nicht bekannt ist, wähltderBauer d en B aue r n". Danach wählet; aber immer sei Euer Feldgeschrei: „Keinen (schwachen) „Staatsbeamten, keinen Staatsd i c n e r und keinen Edelmann, sondern „unabhängige Bürgerliche, die dem Volke angehörend für das Volk ein Herz haben und nicht Regierungsvertreter, deren es nur zu viele giebt, sondern Volksvertreter sein wollen. Hütet Euch aber vor den Fortschrittsheuchlern und Fortsohrittsschwätzern. Wählet Ehrenmänner, t 1 von denen Ihr fest überzeugt sein könnet, dass wenn sie sich bei den Wahlen auf den Boden der Fortschrittspartei stellen, sie in der Kammer die Fortschrittspartei nicht verlassen, nicht glauben werden, Alles habe seine Grenze, mithin auch die Treue. Wählet Männer deren Zuverlässigkeit über jeden Zweifel erhaben ist und bedenket dabei vor allen Dingen das Eine: Die jetzigen Wahlen sind das jüngste Gericht des Preussiselien Vaterlandes. Aii die Wahlmänner. Herr Kreisgerichtsrath Iinövenagel beschuldigt mich, dass ich meiner politischen Entschiedenheit wegen, die es ihm eine extreme Richtung zu neunen beliebt, seiner Wahl zum Abgeordneten entgegenarbeite. Dio Antwort auf diese Beschuldigung liegt in dem, was ich in meinem Sendschreiben an die Wähler Ruppins S. 14 gesagt habe: „Staatsbeamte, die in diesem oder jenoin Fache anerkannte „Grössen sind, wird Jeder mit Freuden gewählt sehen, obgleich „sie Beamte sind, wenn sie nicht gar zu arg den Gelüsten der Roaction huldigen". Das schrieb ich auf die Gefahr, von Manchen für einen halben Reactionair gehalten zu werden, ein Schicksal, das mir auch sonst schon begegnet ist. 3* 36 Wer mich kennt wird mich kleinlicher Rücksichten nicht für fähig lullten, wird es mir auf mein Wort glauben dass Alles was ich thue, nur der Sache, nicht einer Person gilt. Ja, wenn ein Bruder von mir die beklagenswerthe, wenn auch verzeihliche Schwäche hätte, Deputirter werden zu wollen, obgleich auch der irrationellste seiner Anhänger von allenzu einem tüchtigen Deputirten erforderlichen Eigenschaften keine einzige für ihn geltend machen könnte, ausser etwa einen s anften L ib er al i smu s, der im Gefühl seiner Nichtigkeit entschiedener werden zu wollen insinuirt, wahrlich ich würde dem Bruder auf alle Weise, nötigenfalls sogar öffentlich mit derselben Entschiedenheit entgegentreten wie dem Herrn Kreisgeriehtsrath Knövenagel. Schmach denen, die da wo es sich um das öffentliche Wohl handelt, durch Verwandtschaft oder Freundschaft oder wohl gar noch durch schlechtere Beweggründe sieh verlocken und verleiten lassen. Die jetzigen Verhältnisse sind sehr ernst. Wenn ein so muthiger Mann wie Herr von Unruh erklärt: er könne wegen seiner Verhältnisse zu den Behörden kein Mandat annehmen; wenn auch andre, gleichfalls muthige Männer, obgleich sie solche Gründe auszusprechen nicht für nöthig erachten, auf ein Mandat verziehten, so ist das ein bedeutsamer Wink für unvorsichtigere" und mandatsüeh-tige Beamte; oder wenn sie diesen Wink nicht verstehen wollen, eine Warnung,für die Wahlmänner. Die erste Eigenschaft eines Deputirten ist jetzt Mutli; ein Muth der auf Unabhängigkeit gegründet ist; einMuth der durcli keine verführerischen Rück si ch ten geschwächt und verlockt wird. Wenn das Volk wieder eine Masse von mehr oder weniger unbedeutenden Beamten wählt, Männer die weder durch erhebliche Leistungen in irgend einem Fache, noch durcli ihre Wirksamkeit in der Kammer sich bemerkbar gemacht haben, so erhalten wir abermals eine Beumtenkammer und dürfen uns nicht wundern, wenn künftig auch sie das Urtheil trifft, was der Deputirte Brämer von ihrer Vorgängerin ausgesprochen hat: Sie habe den Dank des Landes wenig verdient. Aber freilich sind dann wir die Hauptschuldigen; es trifft uns Herrn von Unruhs Wort: Einem Volke geIit es nie schlechter als das Volk selbst es verdient. Was das mir von Herrn Kgr. Knövenagel vorgeworfene Miss-verstiindniss anbetrifft, so wäre das sehr unbegreiflich. Mich hatte dio fragliche Aeusserung so frappirt, dass ich bloss, um sio eontroliren zu können, mir sofort dio Abstimmungsliste aus Berlin schicken Hess. Bis jetzt kann ich nur so viel sagen dass auch Andre der damals Anwesenden dieses „Missverstän dniss" mit mir getheilt haben. Neu-Ruppin, den 25. November 1861. Prof. Dr. K. W. Krüger. 37 Yerleumderfrecliheit. Motto: l)cm Verdienste seine Kronen, Untergang der Lügenbrut! Schiller. Freche Lügen und Yerliiumdungen, in die Formen pöbelhafter Gemeinheit eingekleidet, öffentlich zu widerlegen ist meist nicht der Mühe werth, wenn nur ein persönliches Interesse dabei vorwaltet. „Nur keine Empfindlichkeit!" Dies sei besonders im politischen Leben ein fester Grundsatz, den ich meinerseits überall zur Geltung gebracht habe, für mich sowohl wie für Andere. Als z. B. im J. 1849 ein Berliner Wahlkreis, dem ich angehörte, von einem Edelmanne durch die Presse arg beleidigt worden war und die Wahlmänner, von einem Juristen angestachelt, eine Injurienklage anstrengen wollten, sprach ich aufs Entschiedenste dagegen. Denn ich bin der Meinung dass, wenn wir verlangen dass hochgestellte Persönlichkeiten gegen die Aeusserungen der Presse nicht empfindlich seien, vor allen Dingen wir selbst ihnen mit einem guten Beispiele vorangehen müssen. Der Wahlkreis nahm Raison an, was leider vor Kurzem ein anderer nicht gethan hat. — Als etwa ein Jahr später meine Freunde mir mittheilten dass die Kreuz-zeitung mich auf eine freche Weise belogen und verleumdet habe, gab ich, ohne den Artikel auch nur zu lesen (denn nach den bekannten Enthüllungen schien mir jede Berührung dieses Blattes eine Besudelung) die kategorische Antwort: Das Urtheil von Lumpen oder Dummköpfen, dio auf ein solches Zeugniss etwas gäben, sei mir gleichgültig. Eine Antwort dio ich auch hier zu geben mehrfach veranlasst worden bin. — Als gar Jemand einer Bagatelle wegen mich zu schulmeistern unternahm, gab ich nicht einmal die auf der Ilund liegende Antwort dass er dio Sache gefälscht habe. Man lasse die Pedanten Pedanten sein und wolle denen die sieh an solchen Armseligkeiten ergötzen ihr unschuldiges Vergnügen nicht verkümmern. Wenn es in solchen Fällen zu schweigen gerathen ist, so wird es Pflicht zu reden, wenn man dadurch Lügner, vielleicht einflussreiche Lügner unschädlicher machen und möglicher Weise bewirken kann dass gutwillige Mitbürger sich nicht auf die plumpste Weise von Intriganten täuschen lassen, von Menschen dio sich ins Fäustchen lachen, wenn sie eine übertölpelte Schaar argloser Männer am Narrenseile führen. Als ich hier meinem Gewissen und meiner Bürgerpflicht zu genügen, gegen die Wahl eines unzulänglichen Candidaten zu wirken mich bemühte, verbreitete man, statt die Befähigung desselbon öffentlich zu beweisen, schriftlich und mündlich, in gereimten und ungereimten Sudeleien eine Reihe der schnödesten Lügen und Verleumdungen gegen mich, als ob der Candidut dadurch gut würde dass man mich möglichst schlecht machte. Man insinuirte zunächst dass ich mich im J. 1848 so arg politisch compromittirt habe dass ich abgesetzt worden wäre, wenn ich nicht unter dem Vorwando der Kränklichkeit schleunigst meine Entlassung genommen hätte. Die erste Lügo in dieser Insinuation ist dio Zeitangabo. Denn ich habe zolin Jahre früher, Ostern 1838, meine Entlassung genommen und im laufenden Jahre (1863) das fünfundzwanzigjährige Jubiläum meiner Amtlosigkeit gefeiert; gefeiert mit dem Vollgefühl der Freude darüber dass ich nie auch nur einen Augenblick nöthig gehabt habe mich zurückzusehnen nach den Fleischtöpfen — der Schulmeistere!. Die zweite Lügo ist dio Einflüsterung dass meine Kränklichkeit nur ein Vorwand gewesen. Es leben hier im Kreise selbst Männer dio als ehemalige Schüler des Joachimsthalschen Gymnasiums um die Mitte der dreissiger Jahre mich gekannt haben und es kaum glauben wollten als sie erfuhren dass ich, der damals so Gebrechliche, wie es Vielen schien Schwindsüchtige, noch lebe, ja noch rüstig genug sei, um 3 bis 4 Meilen lange Promenaden zu machen. Meine Brust war in jener Zeit so schwächlich dass ich sogar meine Vorlesungen an dor Berliner Universität, nur eine Stunde täglich, nach einigen Jahren aufzugeben für geratheu hielt. Freilich hatte ich noch einige Netfengründe meine Entlassung zu nehmen, unter andern einen den ein angesehener Mann Faulheit nannte, die ich wirklich dadurch bethätigte dass ich eine Anzahl mühsamer Werke, Früchte vie'ljähriger Studien, verfasste, unter andern eins das jetzt schon in vier fremde Sprachen übersetzt ist. Die dritte Lüge ist das Vorgeben dass ich mit Absetzung bedroht gewesen sei. Als ich zuerst meine Entlassung erbat, schlug die Behörde sie mir ab, „weil ich noch in dem Lebensalter stehe, welches eine kräftige Wirksamkeit gestatte, und nur Veranlassung gewesen sei meine Wirksamkeit als eine erfolgreiche anzuerkennen". Eine „gut dotirte Stelle" habe ich freilieh aufgegeben; aber nur wie Jemand eine gute Lage verlässt um sich in eine bessere zu versetzen. Das Risico war dabei nicht erheblich, weil ich nicht ohne Vermögen und mein schriftstellerischer Ruf schon damals von der Art war, dass ich hoffen durfte durch literarische Arbeiten eben so viel, möglicher Weise noch mehr zu erwerben als ich aufgab, abgesehen davon dass der Ertrag meiner Werke den Meinigen noch dreissig Jahro nach meinem Tode zu Gute kommen muss, während mein amtliches Einkommen mit meinem Leben erloschen wäre. Auf diese Berechnungen gestützt erbat ich am 1. Januar 1838 definitiv meine Entlassung und erhielt sie, natürlich ehrenvoll. Die vierte Lüge ist die Angabe dass ich mich im J. 1848 auf eine gefährliche Weise politisch compromittirt habe. Als ich kurz nach dem 18. März mehrfach von Männern die mir Berechilungsgabe und politische Fernsicht zutrauten, gefragt wurde: was von den Vorgängen zu erwarten sei, antwortete ich in stereotyper Form: „Das Volk wird „sich ruhig das Seil über die Horner ziehen lassen". Bei dieser An- sieht konnte ich nicht geneigt sein mich erheblich in das politische Treiben zu versenken. Am fernsten hielt ich mich von der meinem innersten Wesen widerstrebenden Strassenpolitik. Ich bin nie bei einer der Versammlungen im Thiergarten, nie unter der (mir damals so nahen) einsamen Pappe] gewesen, habe nicht einmal Lindcnmüller gehört etc. etc. Inzwischen wurde ich von meinen Mitbürgern, natürlich ohne Bewerbung, ja ohne Ahnung der gegen meine Schriftstellerei und meine Behaglichkeit gesponnenen Intriguen, mit grosser Majorität zum Stadtverordneten erwählt und konnte die ehrenvolle Stellung nicht ablehnen. Auch dio Wahl zum Zugführer der Bürgerwehr durfte ich nicht zurückweisen. Doch ist mir nicht bewusst dass ich als Stadtverordneter eine politische Schuld auf mich geladen.*) Wohl aber erinnere ich mich dass durch einige von mir gestellte und von der Versammlung angenommene Anträge wesentlich beruhigend gewirkt wurde. Als Zugführer der Bürgerwehr aber habe ich freilich einmal gegen Ruhe und Ordnung gefrevelt, indem ich ein trauliches Pärchen, das meine diensteifrigen Cameraden bei einer nächtlichen Patrouillirung auf dem Felde aufgegriffen hatten, laufen zu lassen befahl. Wer weiss welche Enthüllungen die bekannte Enthüllungsfabrik hätte machen können, wenn die Arretirten zur Untersuchung gestellt wären. Nicht unzufrieden sein darf ich mit meiner Wirksamkeit ausser diesen Sphären. Meines Wissens ist nie in einer Versammlung in dor ich, sei es als Vorsitzender oder als Stellvertreter, zugegen war, auch nur eine Verhaftung vorgekommen. Ja ein Schutzmannswachtmeister *) Einiger Sünden jedoch kann ich mich noch erinnern. Als dio von Behrends beantragte Anerkennung der Revolution, von der Kammer (auch von Hrn. Sydow) abgelehnt worden war, was in der Stadt eine grosso Aufregung erzeugte, stellte ich sofort in der ersten Zusammenkunft der neugewählten Stadtverordneten den Antrag dass wir die Revolution anerkennen wollten. Dieser Antrag wurde angenommen und sogleich durch eine von Crneist abgefasste Proclamation bekannt gemacht. Dies wirkte äusserst beruhigend und machte uns sehr populär: eine Popularität die man später zu verscherzen wusste. Als in der Folge die Huldigung der Preussischen Armee an den Reichsverweser zur Sprache kam, gerieth die Versammlung in eine wahre Berserkerwuth; die umzustimmen unmöglich schien. Der einflussreichste unserer Redner „G-neist" verliess das Local. Und doch schien es äusserst wichtig die Versammlung um eine grosse Dummheit — zu prellen. Als man sich ausgetobt hatte, trat ich auf und sprach ruhig und beruhigend für eine Vorberathung der so wichtigen Sache durch ein Comite. Ich soll gut gesprochen haben; aber was konnte das helfen ? Wie dio Stimmung war konnte ich nicht erwarten auch nur fünf Stimmen, deren es zur Annahme meines Vorschlages bedurfte, für mich zu gewinnen. Auch ich ging verzweifelnd fort. Zurückgekehrt aber erfuhr ich dass sich die fünf Stimmen gefunden und dass ich mit Gin eist und einigen Andern zu dem Comite gewählt worden. Wir waren sehr bald über die Sache einig und die Versammlung liess sich denn auch sofort beruhigen. 40 hat mir einmal (las Compliment gemacht, dass er, vorbereitet argem TJnfuge zu begognon, an der Art wie die Versammlung, welche anfangs allerdings etwas aufgeregt war, beruhigt worden sei, seine, wahre Freude gehabt habe. Meine politische Schriftstellern beschränkte sieh ausser einigen sehr harmlosen Aufsätzen im Urwähler, z. B. einein gegen dio Theil-nahme an der voraussichtlichen Fehlgeburt der Unionsversuche, auf drei Broschüren. Als nämlich der Abgeordnete Sydow von dem Verein dos fünften Wahlkreises ein Misstrauensvotum*) erhalten hatte und darauf eine Entgegnung von ihm erschienen war, beauftragte man mich mit einer Beantwortung derselben. Ich übernahm das Geschäft, zergliederte die Behauptung des Abgeordneten: „sein Connnittent sei nicht der Wahlkreis, sondern das Vaterland; verantwortlich sei er nur Gott und seinem Gewissen", und versuchte das richtige Verliältniss zwischen Wählern und Gewählten festzustellen. So entstand das „Sendschreiben an den Abgeordneten Hrn. Sydow". — Als mich ferner im Decembor 184S eine arge Inconsequenz in der Stadtverordnetenversammlung zum Austritte aus derselben veranlasste, motivirte ich diesen Schritt durch die Schrift: „Ueber unsere Zuständo"; Zustände die ich natürlich nicht anders photograpliiren konnte als wie sie sieh eben abspiegelten. In gemessener Form vertrat ich gegen das Recht der Gewalt die Gewalt des Rechtes. — Endlich schrieb ich vor der Annahme der octroyirten Verfassung eine „Ansprache an Hrn. von Vincke und dessen Gesinnungsgenossen", eine damals von Vielen wenig geglaubte, aber später nur zu sehr bestätigte Weissagung des uns Bevorstehenden. Obgleich ich den „immer schlagfertigen Plauderer", diesen Mann des Unheils *) An dem ich übrigens gar nicht betheiligt war, ja von dem ich erst nach dem Druck der Antwort des Abgeordneten Kenntniss erhielt, wenn gleich mein Name an der Spitze der Unterschriften steht. Diese Ehre war mir sehr zufällig zu Theil geworden. Als ich nämlich am Tage vor Eröffnung der Nationalversammlung eine Einladung zur Stiftung eines Wahlvereines angeschlagen fand, ging ich nach dem angegebenen Local, nicht in der Absicht mich an der Sache zu betheiligen, sondern um den Verlauf mit anzusehen. Ich fand dort unter Andern auch die beiden Deputirten des Wahlkreises, von denen Herr Sydow einen Vortrag hielt der seiner feurigen Candidatenrede wenig entsprach, wie denn die feurigdn Bewerber nur zu oft, wenn sio ihr Mandat in der Tasche haben, sehr sanft werden. Da Andre die gegen Hrn. Sydow auftraten mir nicht eben treffend zu sprechen schienen, so beleuchtete ich die Hauptpuncte seiner, wie gewöhnlich langen Rede unter lebhafter Beistimmung der Versammlung, die, als demnächst zur Wahl eines Comito geschritten wurde, durch Acclamation mir dio erste Stelle ertheilte. Ich konnte die Ehre gerade nicht ablehnen, habe aber nur theilweisc von ihr Gebrauch gemacht, weil ich wegen meiner Geschäfte als Stadtverordneter nicht regelmässig anwesend sein konnte und überdies Andre zur Leitung des Vereins tauglicher glaubte. So kam es dass ich bei der Abfassung des erwähnten Misstrauensvotums nicht zugegen war. 41 der, ohne Charakter wie olino politische Fernsieht und Berechnungs-gabo stets in den Vordergrund tritt, wenn es gilt durch eino gleich-geartete Schaar leicht zu gängelnder Anhänger Bedauerliches zu erwirken, ihn der auch von unsern jetzigen Bedrängnissen der Haupt-urheber ist, schon damals vollkommen oben so würdigte wie er jetzt von der Majorität des Landes erkannt ist, so glaubte iclt doch mit möglichster Energie den Versuch machen zu müssen ihn von der heillosen Bahn, die er eingeschlagen hatte, zurückzurufen. Natürlich ohne Erfolg. Denn solche Charaktere lernen nichts und vergessen nichts. Das Schriftehen ist zwar in einer erregten Stimmung gedacht (denn ich erkannte mit fürchterlicher Klarheit dass wir an der Quelle aller unserer politischen Drangsale ständen!, aber doch mit so viel Mass und Haltung geschrieben dass es eben so wenig als dio beiden Vorgänger von der Polizei angefochten wurde. Nicht minder unangetastet blieb 1850 meine Geschichte der englischen Revolution, wiewohl einige Roactionairo an ihr Anstoss nahmen. Ueberhaupt habe ich mit dem Polizeiregiment des Herrn von Hinkeldey, den ich persönlich als einen äusserst freundlichen und aalglatten Mann kennen gelernt habe, auf einem sehr leidlichen Ftisse gestanden. Haussuchungen, womit so viele meiner Bekannten heimgesucht wurden, haben bei mir nie stattgefunden. Nur Ein Mal bin ich als Vorsitzender eines Vereins für Volksbildung vernommen worden. Man wollte mir aus meinen eigenen Vorträgen beweisen, dass der Verein gleichfalls ein politischer sei. Es war ein Leichtes diese Beschuldigung schlagend zu widerlegen. Schliesslich stellte ich die harmlose Forderung, dass wenn die Polizei in solcher Weise einsehreiten wolle, sie vor allen Dingen öffentlich bekannt machen möge, in welchen Fällen sio die gewissenhafte Befolgung der Gesetze zu bestrafen gedenke. Das genügte. Es war von der Sache nie wieder dio Rede. Die fünfte Lüge ist die Einflüsterung dass ich Deputirter zu werden versucht habe. Wie wenig ich dazu geneigt sein konnte, geht schon daraus hervor, dass mir eine solche Stellung z. B. in den letzten sieben Monaten d. J. 180)2 einen Verlust von etwa zwei Tausend Thalern gebracht haben würde. Wer sieh davon überzeugen will, dem wird dio Buchdruckerei hierselbst (Commandantenstrasse Nr. 107) die Belege dafür vorzeigen. Da ich zugleich Buchhändler und Schriftsteller bint so würde mein Verlust zwiefach gewesen sein. Ob ich geneigt sein konnte für eine sehr schnell erlöschende und mit zahlreichen Verdriess-lichkeiten gepaarte Ehre meine Interessen, meine mir ans Herz gewachsene Schriftstelleroi und meine Behaglichkeit aufzugeben, beurtheile Jeder nach seinem Ermessen. Wenn ich daran gedacht hätte, so würde ich gewiss nicht schon im Sommer 1861 dafür gesprochen haben dass man aus dem Kreise selbst keinen Abgeordneten wählen möge, weil ich nach sorgfältiger Erkundigung Niemanden hier kennen gelernt hatte) (Ter meinen Anforderungen genügte. Man lese immer nochmals was ich in der Ansprache nu die Wühler Ruppins S. 1 geschrieben habe: „Es müssen Abgeordnete gewühlt werden die charaktervoll und o i n si ch t i g, wo mög 1 i eh un abhängig und scIi on durch frühore Leistungen bewährt, entschlossen und befähigt sind durc h Wort u n d T h a t d e n D a n k d e s L a n d e s w i r k 1 i c h zu vor dienen. Solcher Männer giebt es freilich überall nicht gar zu viele, aber es giebt ihrer doch genug, um den Bedarf des Landes zu befriedigen, wenn das Volk nur sio zu suchen versteht, wenn die Wähler sich nicht durch Sympathien und Antipathien, durch Verbindungen und Verbrüderungen, die fast in der Regel das seltsame Unglück haben mittelmiissige oder unbedeutende Persönlichkeiten zu begünstigen, zu Schwächen und Engherzigkeiten vorleiten lassen. Und vermisst man in dem Wahlkreise solche Männer, wie dns Land ihrer bedarf, so suche man sie anderswo. Nicht an dio ICreisschollo gebunden können Sio, Vertreter für das ganze Land wählend, sio auch i n dem ganzen Lande aufsuchen. Hüten sio sich vor dem Schollenpatriotismus. Nur die Besten seien uns gut genug; woher genommen ist gleichgültig. Der von uns Gewählte ist der Unsrigo. Bedenken sie es aber- und abermals, dass Sie durch eine schlechte, ja selbst durch eine mittel-miissig gute Wahl Ihrer Pflicht, Ihrer Ehre und den Interessen des Vaterlandes nicht gcnügen können; dass es ein Frevel ist wenn sie nicht durch solche Beweggründe, dio reinsten und edelsten die es giebt, sie denen gegenüber alle andern verächtlich, ja verdammlieh sind, leiten und bestimmen lassen". Was ich demnach erstrebte war eine gewissenhafte Wahl wahrhaft zuverlässiger und wahrhaft tüchtiger Abgeordneter, wesshalb ich mehrere Männer zu gewinnen suchte, deren Wahl man, wie ich glaubte, sich nicht hätte schämen dürfen. Einer von diesen erklärte, dass, wie er die hiesigen Verhältnisse kenne, (er kannte sie wirklich), hier an die Wahl eines wahrhaft freissinnigen Mannes nicht zu denken sei. Zu den Conservativen gehören hier natürlich auch dio sehr zahlreichen Fortschrittsheuchler, durch die sieh arglose und wenig erfahrene Männer nur zu leicht berücken lassen. Die schlimmste Sorte von Gegnern. Denn ein offener Feind ist viel weniger gefährlich als ein falscher und heimtückischer Freund. AVenn man mir endlich so ziemlich alles Wissen und jede Befähigung abgesprochen hat, so ist das ein Schicksal das schon manchem berühmteren Schriftsteller begegnet ist. So wurde der ausgezeichnete P. L. Courier von einem Landhaiflsche (den eigentlichen Haifisch nennen die Matrosen Seeadvokat) sehr schnöde herabgesetzt, wohl mit desshalb, weil or sich nicht in dem advocatisclien Schleppstil zu bewogen verstand. Darf ich mich also wundern, wenn auch ich meinen literarischen advocatus cliaboli fände oder wohl schon gefunden habe? mich wundern, wenn ein solcher haarscharf beweist dass ich nicht ein- 43 mal so viel Talent besitze als ein Jurist gebraucht, um sein drittes Examen — nicht zu machen? beweist dass ich rein durch meine Dummheit fortgekommen sei? was für einen wahren Frevel gelten müsse. Denn allerdings Schriftsteller oder Minister und ein Dummkopf sein ist ein Capitalverbrechen. Indess hab1 ich doch sonst seit vierzig Jahren, d. h. seit dem Erscheinen meines ersten Werkes, das ich als Student geschrieben hatte, für einen ziemlich leidlichen Schriftsteller gegolten, versteht sieh so unter dem Mittelgute, und meine Bücher werden viel gekauft, nicht bloss in Deutschland. Ein in keinem Verhältnisse zu mir stehender Göttinger, eig ausgezeichneter Gelehrter, der sich besonders mit Geschichte und Staatswissenschaften beschäftigt, sprach schon im Jahre 1842, wo mehrere meiner bedeutendsten Werke noch nicht erschienen waren, einige meiner geschichtlichen Untersuchungen erwähnend, das Urtheil aus, sie seien „wie Alles, was Krüger schreibt, im höchsten Grade ausgezeichnet „durch gründliche Sachkenntniss und durch vielseitigen, umsichtigen, „mitunter glänzenden Scharfsinn". (Rosehers Klio B. 1 S. 85'. Wenn dieses und ähnliche Urtheile über mich, deren es gar nicht wenige giebt, gegründet sein sollten, was ich natürlich dahin gestellt sein lasse, so hätten wir hier die sechste Lüge meiner Herren Verleumde r. Dass die Herren Ruppiner, welche direct oder indirect, intcllcc-tuell oder moralisch Urheber aller dieser und mancher andern Lügen*) *) Noch Eins fallt mir ein. Wenn ich mich recht erinnere, so hat man mir auch das Compliment gemacht dass ich erbärmlich spreche, wenn ich meine Vorträge nicht ablese. Die Wahrheit ist: ich habe noch nie einen politischen Vortrag abgelesen. Aus besondern Gründen habe ich es vor 15 Jahren einmal versucht. Aber ich fand mich dadurch so beengt und beklemmt dass ich sehr bald mein Heft wegschob und frei sprach was mir der Moment eingab. Diese auch bei manchen Andern vorkommende Unfähigkeit abzulesen ist mir sehr unangenehm, theils weil man dabei nur zu leicht Manches nicht so scharf und bestimmt, nicht so genau und treffend ausdrückt als man es niedergeschrieben hätte, theils weil es unvermeidlich ist dass, wenn man Alles aus dem Aermel schüttelt, gelegentlich manches Wichtige im Aermel stecken bleibt. Um dies zu verhüten ist es allgemein üblich, auch bei Rednern dos Abgeordnetenhauses, die wesentlichsten Puncte des Vorzutragenden mit kurzen Worten dor Reihe nach auf einzelne Blätter zu schreiben, was besonders dann unerlässlich ist, wenn man sich unwohl oder nicht recht aufgelegt findet, denn die Stimmung lässt sich nicht commandiren. Unter Umständen wird man auch einzelne besonders wichtige Sätze aufschreiben. Wer z. B. über die Militairfrage oder den Absolutismus spricht und nicht wünscht dio Bekanntschaft dos Staatsanwaltes zu machen, wird einiger Massen verfängliche Gedanken in möglichst unverfänglicher Form niederschreiben und ablesen, um nöthigen Falls beweisen zu können dass er nur das und nicht mehr gesaet habe. Diese Art von Feigheit wird eine vernünftige Versammlung einem vorsichtigen Redner gern zu Gute halten, da nicht Jeder sich mit dem Staatsanwalte waren, mit vollem Bowusstsein logen, lmben sio dadurch bewiesen dass sie ihre Namen nicht genannt, ja den Verdacht der Thiiterschaft in eino Sphäre zu lenken versucht haben aus der so etwas gar nicht hervorgehen konnte. Menschen aber dio unter Umständen wio sio hier vorlagen einen redliche Zwecke Verfolgenden mit Lügen und Gemeinheiten der verworfensten Art ohne ihren Namen zu nennen angreifen sind unabweislicli feige "Wichte und ehrlose Schufte; Schufte denen die Sittlichkeit der Mittel oben so gleichgültig ist wie die .Rechtlichkeit ihrer Zwecke. Und was soll man zu denen sagen die sich, vielleicht nur passiv, vielleicht aber auch nicht bloss passiv, mit fröhlicher Benutzung solcher Niederträchtigkeiten an der Sache betheiligt haben? Nichts als ein Wort das Lessing einst dem Königl. Preuss. geheimen Rath K1 o t z zurief, als dieser sich damit entschuldigte dass er eine, übrigens viel geringere Nichtswürdigkeit, nicht selbst geschrieben habe, das schlagende Wort: „Der Wirth, der in seiner Knoipschenko morden lässt ist kein Haar „besser als der Mörder". Devise: Hass der Schurken ist die Ehrenpforte der Redlichen. Tu no cede malis (den Schurken?), sed contra audentior ito. Virgil. Für diejenigen denen meine Tonart zu herbe und zu derbe scheinen möchte, dio auch gegen die entschiedensten Schufte Höflichkeit und Glimpflichkeit beobachtet wissen wollen, diene die Bemerkung dass solche ihren Namen verläugnende Gegner wieTodte zu betrachten sind, deren Handlungen man mit den stärksten Ausdrücken belegen darf, wenn man nur das Wort: de mortuis nihil nisi vere nicht verletzt. Wer solche Ausdrücke nicht von sich gesagt wissen will, hüte sich sio zu verdienen. Wer sie verdient, dem kann man sie oft nicht ersparen ohne die gute Sache zu verrathen. Denn was in glimpflichen Ausdrücken gesagt kaum gehört verhallt wirkt in starken oft erschütternd und zermalmend. so setzen kann dass dieser auch über Verfängliches ein Auge zudrückt. Wenn ich nur kurze Vorträge liebe, so beruht dies auf einer wohl erwogenen Forderung des berühmten Erfinders des Blitzableiters, dass ein politischer Vortrag (in der Regel) sich auf höchstens zehn Minuten beschränken müsse. Die Leute, dio sehr weitläufig sprechen , erregen nur zu oft den Verdacht dass sie entweder unklare Köpfe sind oder, wie die Berliner sagen, „die Leute mit Worten besoffen machen wollen". Uebrigens habe ich mit kurzen Vorträgen, dio ich oft nothwendig ohno alle Vorbereitung halten musste, weil sie gegen einen Vorredner gerichtet waren, gar nicht selten Beifall gefunden, zum Theil recht lebhaften, oben weil sie kurz und treffend waren. Neu-Iiuppin, den 18. Sept. 1863. Prof. Dr. K. W. Krüger. 45 Gegen jene Gesellen aber durfte ich um so rücksichtsloser sein, da sio durch angeborne oder angekünstelte Pöbelhaftigkeit (angekünstelt um dio Spuren des wirklichen Thäters zu verwischen), bewiesen haben dass sie verkappte Bastardbrüder der Kreuzzeitung sind, dio sie zwar nicht an Talent erreichen, aber an Gemeinheit unendlich übertreffen. Ueb-rigens denk' ich mit dem grossen Gesetzgeber der Polemik, mit Lessing: „Anstand, guter Ton und Lebensart: elende Tugenden unseres weiblichen Zeitalters! Firniss seid ihr und nichts weiter. Aber eben so gut Firniss des Lasters als Firniss der Tugend. Was frage ich danach ob meine Darstellungen diesen Firniss haben oder nicht? Er kann ihre Wirkung nicht vermehren und ich will nicht dass man für meine Gemälde das wahre Lieht erst suchen soll". Zum Beweise dass nicht alle Ruppiner so über mich dachten wie meine Herren Gegner folge hier ein kleines Gedicht, dessen Verfasser ich nie habe ermitteln können. Ein Wort für einen Mann.*) Horcht auf! der alte Leu er wachet; Meint ihr auch gleich, er schliefe schon; Die ihr ihn hämisch oft verlachet, Wo ist jetzt euer feiger Hohn ? Hervor an's Licht, missgünst'go Neider, Ihr wackern Herrn Anonymi, — Spott hattet ihr genug, doch leider Nur euren werthen Namen nie. Wo sind jetzt eure frechen Lügen Aus Scheelsucht und Erbärmlichkeit? Glaubt ihr, weil er bis jetzt geschwiegen, Etwa dass ihr schon Sieger seid? Dass ihr, wenn ihr des Körpers Schwäche Bespöttelt habt mit niedrem Sinn, Vermögt den scharfen Geist zu brechen, Der über euch schwebt weit dahin ? Der nur aus Grossmuth eure Worte, Die lügnerischen, nicht zerbrach, Der Wahrheit sich erkor zum Horte Und Wahrheit ohne Rücksicht sprach? Doch freilich euch war dieses Feuer, Ihr Schwächlinge, zu hell und warm: „Seht da den alten, grauen Geier!" So seholl es frech aus eurem Schwärm. *) Siehe Nr. 111 der Rupp. Zeitung den Artikel: Vorleumder-freclihoit" vom Herrn Prof. Di'. K. W. Krüger. 46 Es war, als ob ihr jene Prügel, Die seine Bücher oucli verschafft, Da euch noch zwang der Schule Züge], Vergelten wolltet bubonhaft. Ihr tratet ihm nicht frei entgegen, Wio os sich ziemt dem rechten Feind, — Ach nein, — — doch der Diäten wegen, Was thut man da nicht für den Freund. Du aber, Mann mit scharfer Rede, Nahmst ihren Hohn geduldig hin; Was kümmerte dich Solcher Fehde, Die stumpf und schwach an Kopf und Sinn ? Nur dann und wann mit Donnerklange Warfst du ein zornig Wort darein, Und siehe da, wie floh'n sio bange, — Um wieder, wenn du schwiegst, zu Schrein. Dann senktest du dich in die Tiefen Des Weltengeistes ein mit Lust, Und Klänge Griechenlandes riefen Dir Trost und Lindrung in dio Brust Gestalten sahst du um dich schweben Wie Perikles und Xenophon, Da regte sich ein neues Loben, Und du vergassest Spott und Hohn. Und nun, da wieder sich entsponnen Der Kampf um unser gutos Recht, Entsteigst du jetzt der Griechen Bronnen Und züchtigst dieses Spottgeschlecht. Das waren männlich kräft'ge Töne, Und es verstummt der Gegner Schaar, Doch dich, den starken Weisen, kröne Der Sieg in diesem schweren Jahr. S. Neu-Ruppin, den 30. September 1863. Ueber die Berliner Bummler des Herrn S. (Siehe Nr. 137 d. Rupp. Ztg.) M o 11 o: „"Wahrheit gegen Freund und Feind". Schiller. Ein Ruppiner Politiker hat dio geistreiche Entdeckung gemacht, dass es Bummlergesinnung vcrrathe, wenn man einem Manne der einer hochgestellten Persönlichkeit gegenüber gewagt hat eine seit Jahrtausenden anerkannte Wahrheit auszusprechen, seine Sympathien bezeugt. Ich freue mich dem genialen Entdecker dieser überraschenden 47 Ansicht einen Beitrag' zu derselben liefern zu können, indem ich ihm den Chorführer dieser Bummler verrathe. Es ist kein Geringerer als Schiller, dessen Männerstolz vor Königsthronen — Brüder, giilt' es Gut und Blut! besagter Bummlergesinnung in weiten Kreisen Anhänger gewonnen hat. Mitschuldige sind leider unter Andern auch viele Abgeordnete (Gottlob keine Ruppiner!), die mitunter sehr unsanft berührende Aeusserungen fallen lassen, wie z. B. dio freche Behauptung: Kein Fürst kann durch seinen Befehl das Unrecht in Rocht verwandeln. Es war ein wahrhaft königliches Wort, das schöne, unvergess-liche Wort: „Zwischen uns sei Wahrheit". Ein Wort das neben dem: „Erkenne dich selbst", in den Arbeitszimmern der Fürsten als Inschrift zu prangen verdient. Die entgegengesetzte Forderung: „Zwischen der Wahrheit und den Fürsten stehe als Cherub mit dem Flammenschwerte — dio Etikette", diese Forderung überlassen wir billig den Höflingen und dem Helotengeiste der Schildknappen des Feudalismus. Oder soll dio Wahrheit, seitdem man die geistreichste Classe von Hofleuten, dio Hofnarren verbannt hat untei' keinen Umständen hoffähig sein? In Bezug auf das was dor Ruppiner Politiker von Hrn. Jacoby sagt, erwidern wir ihm bloss dass man in Berlin schon im Jahre 18-18 und 49 sehr wohl wusste, mit welcher Einsicht, mit welchem Scharfsinn und mit welchem, damals noch sehr ungewöhnlichen Huthe J. Jacoby durch seine „Vier Fragen", eine Schrift, die in ganz Deutschland Aufsehen erregte, die Entwickelung unseres Verfassungslebens energisch angeregt habe. AVer über die sonstige Bedeutsamkeit des Mannes etwas zu wissen verlangt lese es in den AVorten mit denen Ad. Stalir ihm die zweite Ausgabe seines Lebens Lessings gewidmet hat. „Diese Widmung", heisst es dort, „musst Du Dir schon gefallen lassen. Ist „doch der Abschnitt, welcher in dieser neuen Ausgabe zum ersten Male „Lessing den Philosophen behandelt, Dein vollständiges geistiges „Eigenthum, mit dem Deine Freundschaft in der Dir eignen Selbstlosigkeit meinem Buche eine Zierde und eine werthvolle Ergänzung verliehen hat". Prof. Dr. K. AV. Krüger. Berliner Pamphlete. 1. Sendschreiben an Hrn. Sydow. Vorerinnerung. Das folgende Sendschreiben, dem ich eine Stelle in meinen politischen Bekenntnissen nicht wohl versagen kann, habe ich weder verschuldet noch veranlasst, sondern nur — geschrieben, schreiben müssen. Es war etwa am 8. Juli 1848 als ich in die Stadt gehend einem mir befreundeten Arzte begegnete, clor schon in einiger Entfernung nicht ohne einen starken Anflug von Schadenfreude mir zurief: „Na! Herr Sydow hat Euch gehörig gemacht". H. S. uns? auch mich? Was liah' ich mit Hrn. S., was hat H. S. mit mir zu schaffen? „Sehr viel: denn Ihr Name steht ja an der Spitze der Unterzeichner eines Misstrauens-Votums gegen Hrn. S., das der Verein des fünften Wahlbezirks in der Vossischen Zeitung hat erscheinen lassen". Sie irren sich unfehlbar ; ich weiss davon kein Wort. „Hier haben Sio das Zeitungsblatt". Ich las das (durchaus nicht in meinem Geschmack abgefasste) Misstrauensvotum mit der Unterschrift: „Der Verein des fünften Wahlkreises. Im Auftrag dessen Vorstand: Prof. Krüger, E. Wache, D. A. Benda, Dr. Bernhard, Dr. J. Woyl"-Kaum war ich zurückgekehrt, als bei mir H. Assessor Wache erschien s'accusant en s'excusunt. Doch was sollt' ich machen? Desavouiren, meine politischen Freunde compromittiren? Diese Befriedigung dürft' ich den Gegnern nicht gewähren. Aber was weiter? Stillschweigen hiess Ilr. S., der seine Sache scheinbar sehr gut gemacht hatte, den Sieg einräumen. Das war unter allen Umständen zu vermeiden; und da von den übrigen Herren keiner für uns eintrat, so musste am Endo ich mich der keineswegs ganz leichten Aufgabe unterziehen. Es galt liier einer legislativen Phrase gegenüber, die in der That nur Schirm und Schild der Pseudoliberalen und Renegaten der Masse durch ihre scheinbare Berechtigung imponirt, die moralischen Grundlagen dos Verhältnisses zwischen Wählern und Gewählten zur Geltung zu bringen. Sobald der Verein den ihm vorgelesenen Aufsatz gebilligt hatte liess ich ihn sofort abdrucken und vertheilen. Anfangs hiess es, H. S. würde antworten; später, er wolle davon abstehen, weil ich zu scharf geschrieben: ein vollkommen zureichender Grund für — die deutsche Gemütlilichkeit. Zum Verständnisse des S. 49 f. Gesagten diene noch folgende Vorbemerkung. Eine mir unbekannte Persönlichkeit hatte zum 21. Mai 1S48 die Mitglieder des fünften Berliner Wahlbezirks zu ,piner Versammlung eingeladen behufs der Stiftung eines Wahlvereines. Um zu sehen was der Erfolg sein würde glaubte aueli ich hingehen zu müssen. Zugegen fand ich unsere Deputirten II. Jung und H. Sydow, feindliche Genossen, die, wie auch andre Redner ohne besonders lebhafte Theilnahme gehört wurden. Da mir bei diesen Vorträgen die wesentlichsten Punete nicht genügend erfasst schienen, so erbat zuletzt auch ich das Wort und hielt gegen Hrn. Sydows, wie gewöhnlich, lange Rede eine ziemlich kurze, in der ich mich nur über einige der wichtigern Punete aussprach. Zunächst über die gebotene Eröffnung der Nationalversammlung im weissen Saale. Ohne das dabei Anstössige zu übertünchen erklärte ich dass, wenn auch die Wahl dieses Ortes an sich kein Unglück sei, so würde sie doch das Schicksal der Nationalversammlung prophetisch vorbedeuten. Wenn H. S. jetzt äussere: „sou-verain sein solle weder der Fürst noch das Volk, sondern das Gesetz", 49 so sei das ein Ausspruch den ich nicht vorstehe. Meines Erachtens sei das Gesotz erst ein Ausfluss d or S o u v er aine t ä t. Woher solle es entstehen, wenn nicht ausser und über ihm eine souveraine Macht vorhanden sei der es entspriesso. Zugeeignet werden müsse jedoch die Souverainetät, die volle Souverainetät entweder dem Fürsten oder dem Volke. Sie zwischen beide zu theilen sei völlig unzulässig: denn wäre z. B. diese Thcilung eine ganz gleiche, so müsste die Maschine stille stehen, sobald beide, Fürst und Volk in Widerspruch mit einander geriethen. Eine ungleiche Theilnng aber sei widersinnig. Denn habe z. B. der Fürst auch nur ein noch so geringes Mass mehr als dio Hälfte, so habe or unfehlbar das Ganze. Er habe die Majorität der Macht, der die Minorität sich fügen müsse, und könne ein- und ausführen was ihm beliebe. Das Volk vermöge dann aber gar nichts. Es sei wirklich eine fast kindliche Naiv etat, wenn die Halbliberalen vor allen Dingen ängstlich dafür sorgen wollten dass die lvrone Macht genug behielte. Im Besitz der Executive, dio ja [jedenfalls eine wirkliche geheime Nobensouverainetät] so ungeheure Mittel darbiete, werde die Krone schon selbst die Kraft und den Willen haben dafür Sorge zu tragen. Wenn «ie in dio glückliche Lage versetzt werde nur Gutes thun zu können, über die Rechte und Freiheiten des Volkes nicht nach Willkür schalten und walten zu dürfen, so sei das ein Zustand der eben so sehr den Fürsten wie den Völkern erwünscht sein müsse. Da ich mit der Besprechung dieser Ansichten der Versammlung ihre Gedanken zu formuliren schien (beiläufig bemerkt das Haupterforderniss um Anklang zu finden) so erfreuten sich meine Worte viel mehr als ich erwartet hatte lebhafter Zustimmung und ich wurde demnächst durch Acclamation zum Vorsitzenden des Vereins erwählt: eine Ehre die mir doch in sofern unerwünscht war als ich dio zu einer solchen Stellung erforderliche Regsamkeit und Geschäftskunde nicht besass. Unter meinen etwanigen Eigenschaften zum Politiker ist überhaupt nur eine so hervorragend dass ich mich darin mit einem Sieyes oder Talloyrand messen könnte — meine Faulheit. Gern treib' ich nur „die Politik im Schlafrock und Pantoffeln", wenn auch mitunter lebhaft ergriffen, wie s. B. im J. 1847, wo die ersten freisinnigen Reden des vereinigten Landtages mich dergestalt aufregten dass ich auf meinem Zimmer um-herstürmte und ausrief: Herr, die Noth ist gross! Dio ich rief, dio Geister, Word ich nun nicht los. Ew. Wohlgeboren haben auf das Misstrauensvotum das der Vorstand des fünften grössern Wahlbezirks im Namen und Auftrage desselben Ihnen zu überreichen sieh beehrte in der Spenerschen Zeitung eino Envidrung veröffentlicht die uns zu einer Reihe von Bemerkungen veranlasst. 4 Wenn Ew. W. zunächst Ihre Antwort nicht an den Vorstand des fünften Wahlbezirks, sondern nur an die einzelnen Männer richten die sich als Mitglieder des Vorstandes unterschrieben haben, so gewinnt es den Anschein als ob Sio dje Vorstandsmitglieder als solche entweder nicht kennten oder nicht anerkennten: ein Verfahren dus sicher geeignet ist uns mancherlei Verdächtigungen, besonders bei Auswärtigen, bloss zu stellen. Ob Ew. W. solche Verdächtigungen gegen uns hervorzurufen beabsichtigt haben erlauben wir uns nicht zu entscheiden; wohl aber müssen wir das Verfahren selbst als ein durchaus ungeeignetes und unbegründetes mit Entschiedenheit zurückweisen, indem wir Ihnen ins Gedächtniss zurückrufen dass Sie schon bei der Constituirung des Vereins zugegen waren, die bezüglichen Männer als Mitglieder dos Vorstandes hinreichend kennen zu lernen Gelegenheit fanden und mit denselben ohne Alles Bedenken in Angelegenheiten des Vereins, den Sie in einem Schreiben an ein Vorstandsmitglied u n-sern Verein nennen, mehrfach verkehrt und verhandelt haben. Es ist nicht unsere Schuld, wenn Ew.W. durch eine so seltsame Inconsequenz, die Mauchor mit einem noch schärfern Namen zu bezeichnen geneigt sein möchte, der Vermuthung Kaum geben als hätten Sie den Vorstand des Vereins wie den Verein selbst nur anerkannt so lange sie in demselben den erwünschten Boden zu finden gehofft, ver-läugneten ihn aber seit diese Hoffnung sich als nichtig erwiesen; wenn sie diesen Verdacht dadurch erhöhen dass Sie früher die Versammlungen des Vereins regelmässig mit Ihrer Anwesenheit beehrten, Mittheilungen machten und an den Debatten sich betheiligten, .jetzt, dagegen, seit es sieh herausgestellt hat dass die Richtung des Vereins, welche seit seiner Gründung dieselbe ist, den von Ihnen beliebten Tendenzen entschieden abhold sei und bleibe, von den Versammlungen desselben sich zurückgezogen haben, während der zweite Abgeordnete unsres Wahlbezirkes es nicht verschmäht, so weit es seine Zeit erlaubt, an unsern Sitzungen Theil zu nehmen. Wie wir schon in diesem Puncte die von Ihnen in Anspruch genommene Consequenz der Gesinnung und des Verfahrens nicht anzuerkennen vermögen so finden wir dieselbe noch viel weniger in andern ungleich wichtigern Dingen. Zur Begründung dieses Vorwurfes erlauben Sie uiis einen Rückblick auf die Vergangenheit. Wer den Vorversammlungen dor Berliner Wahlmänner unausgesetzt und aufmerksam beigewohnt hat wird die Ueberzeugung gewonnen haben dass dio bei Weitem vorherrschende Mehrheit Anerkennung der Volkssouverainetät von Seiten dor Candidaten als con-dieio sine qua non, als unerlässliclie Bedingung voraussetzte. Diese Bedingung schien sieh so sehr von selbst zu verstehen duss man es grossentheils nicht einmal für nöthig erachtete den Candidaten eine bestimmte Erklärung darüber abzufordern. Wer sieh dahin ausgesprochen hätte dass er die Souverainetät, die volle Souverainetät, dem 51 Volke nicht zuerkannt wissen wolle würde in jedem Berliner Wahlbezirk, wie sehr man ihn sonst auch hätte achten mögen, unfehlbar nur eine sehr geringe Anzahl von Stimmen erlangt haben. Denn die Volkssouverainetät nicht anerkennen, das, dachte man mehr oder weniger klar, hiesso der Unterdrückung der Volksfreiheiten Thür und Thor öffnen. Wio Ew. W. sich in Ihren Bewerbungsrodon über diesen Punct an verschiedenen Orten ausgesprochen unternehmen wir nicht festzustellen. Einige wollen vernommen haben dass Sie sich völlig entschieden und stark für dio Volkssouverainetät ausgesprochen; Andere wollen darüber nur andeutende Ausdrücke von Ihnen gehört haben. Das aber scheint jedenfalls fest zu stehen dass Sie damals die Volkssouverainetät durch keine irgend bestimmte Ausdrücke in Frage gestellt. Das geschah wenige Tage vor der Wahl, vor dem achten May; am einundzwanzigsten desselben Monats dagegen erklärten Sio in der ersten Versammlung unseres Vereins: souverain sein solle weder dio Krone noch das Volk, sondern das Gesetz. Eins der unterzeichneten Mitglieder des (damals noch nicht gewählten) Vorstandes fand sich veranlasst gegen die von Ihnen gehaltene Rede mehrere Erinnerungen vorzutragen, unter andern auch die: Das Gesetz müsse erst ein Ausfluss der Souverainetiit sein; woher es Geltung und Anerkennung finden solle, wenn es nicht von der Souverainetiit begründet sei ? Wie die Versammlung dieser Erinnerung ihren Beifall schenkte, so scheinen auch Ew. W. sie als richtig anerkannt zu haben. Wenigstens haben Sie später Ihre damals als unhaltbar gerügte Ansicht auf sieh beruhen lassen und sowohl unter uns als in der constituirenden Versammlung den Grundsatz ausgesprochen: dio Souverainotät solle zwischen der Krone und dem Volke getheilt sein. An der letztern Stelle haben Sie sich darüber auf eine Weise geäussert die über Ihre politischen Intentionen dio vollste Aufklärung gewährt. „Ich meine, sagen Sie S. 482, dass dio National-Versammlung in „dem Augenblicke wo dieser [der Belirendssohe] Antrag angenommen „würde sich selber auf den Boden der Revolution stellt. Dies kann „nicht entschuldigt werden etwa durch die Zeit, welche in vielen Fällen „Ausnahmen herbeiführt, es kann darum nicht entschuldigt werden, „weil wir gerade aus der Treue gegen das constitutionelle Königthum „uns auf diesen Boden nicht begeben dürfen. Wir haben von dieser ..Stelle vernommen und vernehmen es so oft dass das souveraine Volk „wohl einen solchen Beschluss fassen kann. Seit dem 18. März, meine „Herren, sind wir eine constitutionelle Monarchie. Da giebt os kein „souveraines Volk ohne seine Regierung, keine souveraine Regierung „ohne das Volk. König und Volk, beide zugleich haben die Souveraine-„tüt. Wie dürfen wir jetzt einen Act der nach allen constitutionellen „Begriffen zu den Majestätsrechten gehört, den Act der Ertheilung 4* 52 „einer staatlichen oder nationalen Ehre einseitig für uns üben „wollen". *) In unsrer Versammlung bot sich im Lauf der Debatte die Gelegenheit nicht dar Ihnen die geeigneten Bemerkungen gegen den bezüglichen Grundsatz entgegenzustellen. Ob dieselben genügend gewesen wären, Sie abermals zu einem Wechsel der Ansicht zu veranlassen, bleibe dahin gestellt. Jedenfalls aber steht es fest dass auch in diesem Punct die Consequenz deren Sie sich rühmen oino starke Blosse bietet, die um so verfänglicher ist, da jeden Falls wer das Amt eines Abgeordneten übernimmt rücksichtlieh der Frage über die Sou-verainetüt vollkommen mit sich abgeschlossen haben sollte. Wenn die Wähler über die Ansichten des Gewählten im Irrthum sind, so hat dabei nothwendig oino Täuschung statt gefunden: entweder haben sich die Wähler selbst getäuscht oder der Gcwiihlto hat sie getäuscht. Im letztem Falle wird der Gewählte keinen Anstand nehmen die Täuschungen für sich auszubeuten : er hat die Täuschung beabsichtigt, er wird die beabsichtigte bestens benutzen und seine Stolle behalten. Warum, denkt er, hat man sich täuschen lassen, warum ist man nicht misstrnuischer gewesen ? Mit Talleyrand meint er, dio Sprache sei erfunden um desto bosser seine Gedanken zu verborgen; was Wunder also, wenn er sie zu diesem Behuf gebraucht hat ? Ganz anders wird das Verfahren dessen sein der seine Wähler absichtslos getäuscht hat. Er wird ohne Bedenken vor sie hintreten und sagen: Ihr habt mich zwar gewählt, aber Ihr habt mich gewählt, weil Ihr Euch über meine Ansichten getäuscht, in wesentlichen Punoten getäuscht hattet. Gesetzlich Witt' ich nun freilich das Recht Euch selbst Euren Irrthum entgolten zu lassen. Allein das gesetzliche Recht ist hier, wie so oft, nicht zugleich aueh ein sittliches. Meines sittlichen Charakters unwürdig wäre es, wenn ich Euren Irrthum ohne Weiteres für mich ausbeutete, zumal da ich, wenn auch unwilllcührlich und un- *) Hrn. Sydows politische Ansichten sind meist von der Art dass sie zu erörtern nicht eben erspriesslich scheint. Aufmerksam machen müssen wir jedoch auf dio colossale Naivetät dass unser Vertreter, gestützt auf das auch constitutionellen Königen eingeräumte Recht Titel, Würden und Orden zu verleiben (vgl. de Lolmo: über die Constitution Englands S. 5l> in der Uebers. von Liebetreu), der constituirenden Versammlung das Recht bestreitet über die Märzkämpfer die beantragte Anerkennung auszusprechen, sio die er selbst in seiner Standrode „die Märtyrer unserer Freiheiten und Rechte" nennt, welche „durch die Unbill der Herrscher und die Ungunst der Zeiten uns vorenthalten und verkümmert worden". Wenn alle Volksvertreter den Fürsten mit einer so gutwilligen Exegese und so willfähriger Consequenz entgegenkämen, so wäre nichts leichter als alle Freiheiten in einem Vormittage zu ra-siren. So könnte denn leicht das Volk durch die Volksvertreter um alle Errungenschaften getreten werden „nach Pflicht und Gewissen". 53 bcwueat, die vorliegende Täuschung irgendwie veranlasst haben mag. Demgemäss halt' ich es für eino zwar nicht gesetzliche, aber desto gewisser für eine moralische Pflicht Euch, meine Wähler, zu versammeln und vor Euch hinzutreten, um Euch klar und völlig rückhaltslos meine Ansichten über die fraglichen Puncto vorzulegen, und wenn ihr danach erklärt dass ich bei solchen Ansichten das Organ Eures Vertrauens nicht sein könne, mein Mandat Euch zurückzugeben. Ein anderer Fall wäre der dass der Gewählte seine Gesinnungen und Grundsätze erst nachdem er gewählt worden gewechselt hätte: ein Fall der bekanntlich nicht zu den Seltenheiten gehört. Wenn ein Abgeordneter dies Unglück gehabt hat, so wird er ohne Anstand seine Stelle behaupten, wenn er bloss ein gesetzliches Rochtsgofühl und ein sogenanntes gutes d. h. gutwilliges Gewissen besitzt. Er wird behaupten keine Verpflichtung zu haben sein Mandat niederzulegen, da kein Gesetz über einen solchen Fall etwas verfüge. Auch habe er sich gegen seine Wähler nicht verpflichtet den früher ausgesprochenen Ansichten treu zu bleiben. Wandelbarkeit sei menschlich ; und wenn auch ihm diese Menschlichkeit begegnet sei, was denn weiter? Die Wähler hätten ihn ä tout prix gewählt; er sei nach Recht und Gesetz befugt sieh an den Wechsel ihrer Ansichten über ihn nicht zu kehren und sei gesonnen auf seinem gesetzlich wohlbegründeten Rechte zu bestehen, um kein bedenkliches Beispiel zu geben. Wenn dagegen ein Abgeordneter von wahrem, acht sittlichem Rechtsgefühl erst nach seiner Wahl in wesentlichen Puncten seine Ansichten gewechselt hat, so kann und darf er über sein Verfahren keinen Augenblick zweifelhaft sein Er wird vor seine Wähler treten, um ihnen offen und frei zu erklären: Ich bin zwar noch physisch, aber ich bin nicht mehr moralisch derselbe Mann den ihr erwählt habt. Zwar gesetzlich bin ich nichtsdestoweniger vollkommen berechtigt meine Stelle zu behalten, aber moralisch bin ich unausweichlich verpflichtet sie niederzulegen. Ich gehorche der gebieterischen Notwendigkeit dio Vernunft und Sittlichkeit mir auferlegen und gebe mein Mandat in Eure Hände zurück. Wählt einen Andern. Denn Euer Abgeordneter muss ein Mann sein in dem sich die Gesinnungen und Grundsätze der Mehrzahl seiner Wähler oentralisiren. Nur so kann er Euer Vertreter sein. Statt sicli nun dio Sache auf diese Weise, deren logische und moralische Dringlichkeit ja wohl einleuchtet, klar und deutlich zu entwickeln, glauben Ew. W. uns mit folgender Apostrophe beseitigen zu dürfen. „Ich bin, sagen Sie, nach Gesotz und Gewissen nicht der „Vertreter eines einzelnen Wahlkreises — sondern ich bin ein Vertreter der Preussischen Nation. Mein Committent ist das Vaterland; „sein Wohl meine höchste Richtschnur, meine beste Einsicht meine „Rathgeberin und mein Richter Gott und mein Gewissen". Dies ist eine so schnöde Abfertigung Ihrer Wähler wie unsres Wissens noch kein Prcussischer Deputirter sie sich erlaubt hat, nicht 54 einmal unter denen von der Äussorstcn Hechten, die doch gelegentlich noch ihrer Cominittenten erwähnen und sio berücksichtigen. Haben Sie denn wohl bedacht was Sio damit aussprechen? Wie ein Beamter des ancien regime appolliren Sie absolutistisch an Ihr Gewissen und Ihre Einsicht, welcher der beschränkte Wählerverstand nichts einzureden habe. Dieser beschränkte Wählervorstand sei zwar zureichend gewesen Sie als den geistvollsten, kenntnissreichsten, tüchtigsten Mann herauszufinden; als den geistvollsten, kenntnissreichsten, tüchtigsten Vertreter nicht etwa für den einzelnen Wahlkreis, sondern für das gesummte Vaterland. Damit aber habe er seine Sendung erfüllt. Erschöpft durch diesen Kraftaufwand müsse or abtreten und es ruhig hinnehmen dass Sic die Leiter auf der Sie ihren Standpunct erklommen hinabwürfen. In diesem Sinne äussern Sio sieh jetzt; haben Sie aber früher eben so gesprochen? Ilaben Sie nicht vielmehr durch Wort und That dio Verpflichtung anerkannt mit Ihren Wählern sich in Berührung zu erhalten? Erst da als dies Verhältniss Ihnen nicht die erwünschten Früchte trug und Ihnen unbequem zu werden anfing, erst da haben Sic sich den weitern Berührungen mit Ihren Wählern entzogen, um zu erklären : Ihr Committent sei das Vaterland. Wie schnöde indess diese Abfertigung auch sein mag, wir würden sie hinnehmen müssen, wenn sio sich als haltbar bewiese. Wir wollen die Sache näher beleuchten. Bei einem Gegner der auf den Buchstaben des Gesotzes fusst möcht' es schon vorgönnt sein zu erinnern dass er auf dio AVahlproto-kollo des fünften Berliner Wahlbezirkes und nicht auf die des Vaterlandes in die constituirende Versammlung zugelassen sei und dass mithin dieser Wahlbezirk ihn als seine Schöpfung sich anzueignen befugt und berechtigt sei. Auch glauben wir in der That dass die Anspriicho welche der Wahlbezirk befriedigen wollte nicht so hoch gesteigert waren wie Ew. W. zu wähnen scheinen. Denn hätte man dio Wahlmänner gefragt: glaubt ihr in diesem Manne aus dem ganzen Vaterlande für das ganze Vaterland den ausgezeichnetsten Abgeordneten der zu erlangen war gewählt zu haben — wir zweifeln ob auf eine solche Frage ein sehr vielstimmiges Ja erfolgt wäre. Ueberhaupt hat man bei den Wahlen ziemlich allgemein wohl einen andern und nicht unberechtigten Gesichtspunct festgehalten. In der Kammer, meinte man, sollen die verschiedenartigen Gesinnungen und Interessen der verschiedenen Wahlbezirke ihre Vertretung finden, um dort sich zu vermitteln, auszugleichen, zu ergänzen und so den Willen und die Bedürfnisse der Gesammtheit festzustellen. Dem-gemäss wählte jeder Bezirk vorzugsweise solche Männer dio er für geeignet und geneigt hielt seine Gesinnungen und Interessen, wie sich beide eben bei der Mehrheit geltend machten, mit Entschiedenheit und Consequenz zu vertreten. Und darum oben haben so viele Bezirke 55 Männer aus ihrer Mitte oder doch aus ihrer Nähe gewählt. Denn mit solchen waren sie am genausten bekannt; auf sie glaubte man mit der meisten Sicherheit, bauen zu können; unter ihnen hoffte man nicht bloss gescheite Abgeordnete sondern auch zuverlässige Y e r tr e te r zu gewinnen. Diese sollen freilich das "Wohl des Einzelnen in dem Wohle des Ganzen verfolgen; aber sie überschreiten ihre Befugniss, wenn sie die Principien und Gesinnungen auf die sie gewühlt sind verläugnen, zumal wenn sio Bahnen einschlagen die für die Freiheiten des Volkes verderblich werden müssen. Mögen sie dabei immerhin gesetzlich noch so unverantwortlich sein: in moralischem Sinne kann keine Gewalt auf Erden sie der Verantwortlichkeit entbinden. Aber gesetzt die Sache verhielte sich wirklich so wie Ew. W. sie vorstellen, gesetzt es wäre wirklich mit Ihrer Zulassung in die con-stituirende Versammlung vermittelst der Wahlprotokolle des fünften Berliner Wahlbezirks das Vaterland Ihr Committent geworden, glauben Sie dadurch iu der That dem Verhältnisse zu Ihren Wählern sich entwunden zu haben? Eben so wie Ihr Committent das Vaterland wäre, würde das Vaterland auch Committent Ihrer Wähler sein. Die Wühler sind und bleiben dem Vaterlande verantwortlich für die getroffene Wahl: verantwortlich für das was der Gewählte thut oder unterlässt; das Vaterland ist getäuscht, wenn sie getäuscht sind. Es vereinigt sie wenn auch kein gesetzliches, so doch ein moralisches Band und sie haben die Verpflichtung, dio heilige Verpflichtung darüber zu wachen, dass der von ihnen Gewählte das Wohl und die Freiheit des Vaterlandes wahrhaft vertrete; sie haben wenn auch kein bestimmt ausgesprochenes Recht, so doch die sittliche Befugniss erforderlichen Falls den Gewählten zu warnen oder abzumahnen und wenn sie glauben dass dies nicht ausreicht, die Niederlegung seines Mandats, die sie gesetzlich allerdings nicht fordern können, ihm wenigstens ans Herz zu legen, um von seinem sittlichen Rechtsgefühle zu erlangen was auf andre Weise zu bewirken die Mittel ihnen entstehen. Dass nun Ew. W. auf der Bahn die sie beharrlich oder, wie es Manchem scheint, hartnäckig verfolgen höchstens bei Reactionären oder einigen spiessbürgerlichen Gemüthern Beistimmung finden können, darüber hat sich in Berlin gegen Sie selbst bei mehreren Versammlungen die bei Weitem vorherrschende Stimmung so unzweideutig ausgesprochen dass Sio wohl schwerlich einen aufrichtigen Zweifel darüber hegen können, um so weniger da gegen einen ihrer politischen Glaubensgenossen der Unwille der Wähler sich ähnlich manifestirt hat, während die freisinnigen Abgeordneten Berlins sich mehrfach des glänzendsten Beifalls zu erfreuen hatten. Statt nun aber einer so verbreiteten Stimmung dio gebührend e Beachtung zu zollen appelliren Ew. W. — an sich selbst. Ihr höchster Richter sein soll ihr Gewissen. Glauben Sic uns, verehrter Herr, solch ein individuelles Gewissen ist ein höeht seltsames Ding, ein Sophist vor dem kein Sterblicher, und war' er auch ein summus episcopus, sich sattsam wahren kann. Wie ausserordentlich gefällig besagtes Gewissen erforderlichen Falls sein könne hat sich 1806 gezeigt. Dio meisten Cominandanton welche die ihnen anvertrauten Festungen übergaben beriefen sich auf ihr Gewissen und genügten so ihrem „Rechtsgel'ühl"; aber das Land nannte sie Verräther. Und glauben Sie denn dass .jene Männer nicht eben so gut Gründe für sich anführen konnten als dio welche direct oder indiroct gegen dio Anerkennung unserer Revolution gewirkt haben ? Es gibt keine Verkehrtheit oder Ungebühr für die nicht ein mittclmüssiger Kopf in oinor Stunde mehr Scheingründe anführen könnte als ein guter Kopf in einem Tage zu widerlegen vermag. Der gesunde Sinn der Menge verschmäht meist eine solche Widerlegung; er verfährt summarisch, er begnügt sich die Scheingründo zu rasiren. Eben so kommt es vor und wird unfehlbar um so öfter vorkommen je mehr wir an politischer Bildung fortschreiten, dass kurze und trollende Worte ungleich mehr Eindruck machen als Salbaderoi im Kanzelstil. Wenn Ew. W. mit Bezug auf die Gegner Ihrer politischen Ansichten aussprechen dass Missverstand, Unverstand oder böser Wille die Unbescholtenheit Ihres politischen Charakters verdächtige: so möchten wir Ihnen zurufen: richtet nicht, damit Ihr nicht gerichtet werdet. So weit wir aber Ihre Worte auf uns beziehen dürfen, glauben wir Ihnen erklären zu müssen dass wir zwar, wie jeder Sterbliche, Missverständnissen ausgesetzt sind, aber nicht wüssten in wiefern wir solche rücksichtlich Ew. W. verschuldet haben könnten; dass wir den Vorwurf des Unverstandes an den lieben Gott adressiren, der uns nun einmal nicht mehr Verstand verliehen hat als wir eben Jeder besitzen, wiewohl wir alle ein höheres Mass dankbar annehmen würden. Bösen Willen endlich haben wir unsres Wissens in den vorliegenden Dingen nie und nirgends dargethan; im Gegenthoil ist unser Wille auch in dieser Sache durchaus ein guter, indem wir für (las Wohl und die Freiheit des Vaterlandes zu wirken trachten, überzeugt dass nur in der Richtung die wir verfolgen beide sieh wahren, befestigen und entwickeln lassen. Demnächst erlauben Ew. W. uns noch über eine ziemlich unklare Stelle Ihres Schreibens einige Bemerkungen. „Die Achtung, sagen Sio, welche ich vor der politischen Gesinnung und Urteilsfähigkeit des Wahlkreises hege hat mir bisher ge-„boton vorauszusetzen dass in der Wahl der beiden Deputirten, wie „dies in den meisten Wahlkreisen Berlins der Fall ist, sich eben zwei „politische Fractionen im Wahlkreise abspiegeln". Es wäre demnach Hr. Jung von der freisinnigen, Ew. W. von der unfroisinnigen Partei gewählt. Nun aber lässt es sich nicht leicht begreifen wie in einem solchen Falle dio einmal überwiegende Fraetion 57 dazu kommen sollte statt bloss Candidaten ihrer Farbe durchzulassen den Gegnern gutwillig eine Anzahl ihrer Summen abzutreten. Wenn man nicht Bestechung annehmen will, woran liier natürlich Niemand denken wird, so glauben wir dass eine solche Wahl von Candidaten entgegengesetzter Richtung nur durch theilweise Täuschung über die Gesinnung des einen oder des andern erfolgen könne. Und in der That sind wir durch mancherlei Beobachtungen und Erfahrungen zu der Uoborzeugung gelangt dass eben Ew. W. Ihre Wahl lediglich einer Täuschung verdanken: Ihre von vielen Seiten angepriesene Freiinnigkeit halber wurden Sio gewählt, obgleich ein Geistlicher. Wir wiederholen es: obgleich ein Geistlicher. Denn die Stimmung gegen diese Herren ist unter dem gebildeten Mittelstände Berlins keineswegs eine besonders günstige. Sie hätten denn doch immer, meint man, ein mehr oder weniger unfreies Kirchenthum im Kopf. Mit Eurem einknechtenden Kirchenthum aber, sagen Viele ganz unumwunden, sollt ihr uns und den Staat ungeschoren lassen; Jeder soll das Recht haben sieb um Euren Glauben oder Aberglauben gar nicht zu kümmern; dem Staate soll es gleich sein ob ein Bürger Christ oder Muliamedaner sei, ob er mit Schiller sich nach den Göttern Griechenlands sehne oder mit Friedrich dem Grossen das was Viele Religion nennen ganz ignorire. Das geistliche AVesen und Unwesen, meinen nicht Wenige, müsse ohne Theologen, ja den Theologen zum Trotz geordnet werden. AVo bei Berathungen darüber vierzig Geistliche zugegen seien, habe man wenigstens neunuiuldroissig zu viel. AVenn aber schon in dieser Beziehung Geistliche in einer Kammer nicht an ihrer Stelle seien, was solle man denn bei politischen Fragen mit diesen Herren anfangen? Mit Dogmatik, Kirchengeschichte und dgl. lasso sich doch hier nichts machen. In den theologischen AVissenscliaften herrsche eine Art von wirrem Dämmerwesen, das zu Klarheit und Schärfe weder geeignet sei noch geeignet mache*). Die geistliche Be-redtsamkeit sei denn doch mehr dazu geeignet bei Debatten durch Wortfülle und Weitschweifigkeit die richtigen Gesichtspuncte zu verrücken als festzustellen. Endlich seien Geistliche ja auch nach der Bibel abzulehnen. Denn Christus habe gesagt: „mein Reich ist nicht von dieser AVclt", und die Geistlichen seien „Bischöfe, zu weiden seine Schafe", keineswegs bestimmt oder geeignet den Staaten Gesetze zu geben. Mit der Bibel stimme auch Friedrich der Grosso überein, wie aus manchen seinerKabinetsordren und vielen Stellen seiner AVerke erhelle. Bei solchen, ausserordentlich verbreiteten Ansichten war es natürlich dass zwei Ihrer Hrn. Collegen, die gleichfalls als Candidaten * ) Aehnlich urtheilen gelegentlich auch Gelehrte. So macht der berühmteste Philolog unserer Zeit G. Hermann (ad. A'ig. an. 250) mit gewohntem Scharfsinne bemerkbar wie die Wundergläubigkeit der Theologen darauf eingewirkt dass sio selbst in sprachlichen Dingen das Wunderlichste, Abenteuerlichste, ja Widersinnigste sich eingeredet hätten» 58 auftraten, wackre und talentvolle Männer, keineswegs mit dem Itufe mueker- oder duckerhaftor Gesinnung behaftet, so wenige Stimmen gewannen. Eben so natürlich ist es wenn wir uns überzeugt fühlen dass Ew. AV. Ihre AVuhl vorzugsweise dem Ruhme ganz ausserordentlicher Freisinnigkeit verdanken: einer Freisinnigkeit die von einer Seite sogar als verkappter Republieanismus verdächtigt wurde. AVie sehr aber die freisinnigen Elemente in dem ganzen "Wahlkreise vorherrschten haben Ew. AV. ja wohl daraus entnommen dass bei der Stiftung uusres A'ereins nur entschieden freisinnige Mitglieder in den Vorstand gewählt wurden. „Beide [Fractionen], sagen Sio weiter, sind wohlberechtigt und „jeder von beiden muss gerade das Rechtsgefühl und die wirkliche „Achtung der Freiheit verbieten die andere zu terrorisiren". Diese Worte muss Jeder auf uns und unser Verfahren beziehen, um so mehr da sie mit Emphase sich des von uns gebrauchten Wortes Rechtsgefühl bedienen. Domgemäss erlauben wir uns Ew. AV. zu fragon worin denn unser so ruhiges Misstrauens-Votum einen Terrorismus gegen Sio enthalten soll. Bis Sie dies nachgewiesen haben vergönnen Sie uns die arge Beschuldigung für eine eben so unbegründete als gehässige zu halten. Indem wir schliesslich die Anerkennung welche Ew. AVohlgeboren als Geistlicher sich erworben haben vollkommen würdigen, können wir doch unser Bedauern nicht verhehlen dass Sie bei einer Gesinnung die den gebieterischen Forderungen der Zeit und der Völker nicht entspricht und bei einem Geiste der über unsre höchsten Interessen sich nicht zur Klarheit erhoben hat mit einem so grossen Theile Ihrer Mitbürger in ein bedauerliches Missverluiltniss gerathen sind; in ein Miss-verhältniss zu dessen Lösung wir nur ein Mittel entdecken können, eben das welches wir Ihnen zu empfehlen uns erlaubt haben und dessen Ergreifung nicht minder Ihrer persönlichen Stellung als dem AVohle des Vaterlandes räthlich sein dürfte. 2. Ueber unsere Zustände. Ein Hergang ist in aller Menschen Leben, Abbildend der verstorbnen Zeiten Art: "Wer den beachtet, kann, zum Ziele treffend, Principiis obsta. Der Dinge Lauf im Ganzen propliezein, Eine Kechtswidrigkcit genehmigen Die, ungeboren noch, in ihrem Samen heisst zu tausenden anregen, ja er- Und schwachem Anfang eingeschachtelt liegen. mächtigen. Shakspcarc. König Heinrich IV. Zweiter Theil III. 1. Der Stadtverordneten-Versammlung hieselbst fand ich mich unterm 15. December 1848 in Folge der am 14. d. Mts. erfolgten Abstimmung folgende Erklärung zu übersenden veranlasst: Geehrte Versammlung! Nicht gewohnt nach wechselnden Erfolgen, scheinbaren oder wirklichen, einen Wechsel meiner Gesinnungen eintreten zulassen, find1 59 ich mich aufs Tiefste verletzt durch die Annahme der Ulfertschen Adresse, die für ein Ministerium gegen das die geehrte Versammlung sich früher so eclatant erklärt hatte, mittelbar ein Vertrauensvotum ist für die Octroyirung einer Verfassung, die ohne Rechtsboden gegründet auch an und für sich, indem sio die bedeutendsten Interessen des Volkes vielfach auf eino bedenkliche Weise in Frage stellt, wenig geeignet ist das Rechtsgefühl und die Rechtsbedürfnisse des Volkes zu befriedigen und, wenn die Lehren der Geschichte nicht ohne Bedeutung sind, unsägliche Wirren und Zerrüttungen in Aussiebt stellt. Je mehr ich meinerseits die Massnahmen dos Ministeriums porhorrescire, je inniger ich überzeugt bin dass die aufgelöste constituircnde Versammlung gegenüber einer die Schranken der Gesetzlichkeit durchbrechenden, Alles aufregenden Gewalt den Boden des Rechtes und der Gesetze nirgends verlassen und durch die Müssigung und Besonnenheit, mit der sio hier ein furchtbares Blutbad verhinderte, um unsre Stadt wie um das gesammte Vaterland sich ein hohes Verdienst erworben hat, desto weniger kann ich fernerhin einer Versammlung angehören, dio durch Annahme einer Adresso die mit meinem sittlichen Gefühle wie mit meinem Rechtsbewusstsein und meinen politischen Ueberzeugungen in so schneidendem Widerspruche steht, frühere Erklärungen und Handlungen auf oino so schroffe Weise verläugnet. Ich ersuche daher die geehrte Versammlung ganz ergebenst: mein Ausscheiden aus ihrer Mitte gewogenst genehmigen zu wollen. Da bei der ersten Abstimmung über die beabsichtigte Adresse (am 12 d. M.) die Zahl der Stimmen auf beiden Seiten gleich war und die jetzige Minorität Siegerin geblieben wäre, wenn der Herr Vorsteher sich hätte entschliessen wollen für die von ihm ergriffene Partei den Ausschlag zu geben; da ferner auch bei der letzten Abstimmung, dio gestern erfolgte, dio Majorität sich nur auf ein Mohr von einigen (3) Stimmen gründete, so scheint mir die geehrte Versammlung nicht mehr in der Lage zu sein über die höchsten Interessen des Vaterlandes, die über kurz oder lang wieder zur Sprache kommen können und müssen, im Hamen der gesammton Einwohnerschaft Berlins vollgültige Erklärungen abzugeben, und ich erkenne es als Pflicht nicht bloss für die Mitglieder der Minorität, sondern auch für die der Majorität ihr Mandat. niederzulegen, um unsre Mitbürger selbst durch neue Wahlen entscheiden zu lassen, ob sie künftighin sich rücksichtlich ihrer politischen Interessen, die ja jetzt überall sich unwiderstehlich hervordrängen, im Sinne der Majorität oder der Minorität vertreten zu sehen wünschen: oino Pflicht die um so dringender sein dürfte, da sich die Möglichkeit herausstellt dass die Popularität deren sich die geehrte Versammlung bisher vielfach erfreute bei einem unberechenbar grossen Theile der Bewohner Berlins in tiefes Misstrauen umschlagen und der einflussreichen und gedeihlichen Wirksamkeit der geehrten Versammlung mannigfache Schwierigkeiten bereiten dürfte. Mit dieser bei mir feststehenden 60 Ueberzeugung hoffe ich wenigstens mein Ausscheiden aus der geehrten Versammlung als hinreichend motivirt anerkannt zu sehen. Berlin aiu 15. Deeember 1848. Professor Dr. IC. W. lCriigor Zur weitem Begründung der Motive zu diesem Schreiben erlaube ich mir folgende Ausführung zu veröffentlichen. In der am 10. Deeember (1. J. abgehaltenen Sitzung der hiesigen Stadtverordneten-Versammlung lag ein Anschreiben dos Magistrats vor welches dieselbe veranlassen sollte eine Commission zu ernennen, um in einer gemischten Deputation eine Adresse zu vereinbaren die der Krone für dio ootroyirto Verfassung Dank, Anerkennung oder etwas Aehnliches aussprechen sollte. Obgleich nicht gewohnt die geehrte Versammlung oft mit Vorträgen und noch weniger sie mit weitläufigen Erörterungen zu behelligen, veranlasste doch das lebhafte Interesse an der Verhandlung auch mich um das Wort zu bitten. Nachdem ich es erhalten, sprach ich im Wesentlichen ungefähr Folgendes: Wenn ich den Herrn Magistrats-Commissarius [Syndicus Hede-mann] recht verstanden habe, so geht der Magistrat bei seinem Antrage von folgenden drei Grundansichton aus: 1) Die octroyirte Verfassung befriedige im Allgemeinen auf eine ausgezeichnete Weise alle billigen Wünsche des Volkes. 2) Dieses Urtheil sei auch das Urtheil des Volkes und wir als Vertreter der Bürgerschaft sollten in deren Namen dor Krone unsere Anerkennung aussprechen. 3) Bei Octroyirung der Verfassung sei das Versprechen dieselbe zu vereinbaren nicht unerfüllt geblieben, indem jetzt das Volk die Rolle seiner Vertreter übernehme und die Verfassung unmittelbar selbst sanetionire. Was nun zunächst die Vortrefflichkeit der octroyirten Verfassung betreffe, so wiisste ich dass darüber sehr abweichende Ansichten sich geltend machten. Meinerseits glaubte ich nachweisen zu können dass die Verfassung uns manehc bedeutende Rechte dio man uns verheissen habe nicht gewähre und dass sio in vielen Punoten das was sie mit der einen Hand gebe mit dor andern zurücknehme. So, wiisste ich urtheiltcn auch Andere.*) *) Wenn ich nicht gefürchtet hätte, man würde mich durch den stürmischen Ruf: zur Sache, unterbrechen, so würde ich noch Folgendes hinzugefügt haben: Die spiessbürgerliche Kurzsichtigkeit hat, vorführt durch eine Fülle freisinnig klingender Sätze, Phrasen von oft mehr als zweifelhaftem Gehalt, darüber weggesehen' wio Vieles überall in Hinterhalten liege. Für dio persönlichen Freiheiten gibt es keine Garantie gegen Boamtonwillkür, da jede persönliche Freiheit suspendirt werden kann ohne dass die Kammern dazu dio Ermächtigung gegeben; den Abgeordneten selbst ist nicht einmal Redefreiheit garantirt. Das Iii Rücksichtlich dos zweiten Punctes, der Ansichten des Volkes über die octroyirte Verfassung, seien wir noch keinesweges so unterrichtet dass wir mit Grund annehmen könnten, die Vortrefflichkeit derselben werde von der Majorität des Volkes anerkannt. "Wir müssten also wenigstens hierüber erst genügende Aufklärung abwarten, ehe eine Dankadresse an dio Krone zu beantragen sei: eine Dankadresse die beiläufig bemerkt für das Ministerium Brandenburg, gegen das wir vor einigen Wochen ein M i ss tr au e n s Votum ausgesprochen, ein Vertrauensvotum enthalten würde. Die dritte Ansicht, des Magistrats, dass jetzt das Volk selbst statt seiner Vertreter die Vereinbarung der Verfassung übernommen habe und dass mithin der Rechtsboden nicht verlassen sei, diese Ansicht sei so seltsam dass ich nicht wüsste wie ich mich darüber aussprechen sollte ohne zu verletzen. Dass von dorn Wege der Vereinbarung wirklich abgewichen sei, darüber könne meiner Ansicht nach kein Zweifel obwalten. Aber auch das könne ich nicht zugeben dass [wie von mehreren Seiten behauptet war] dio Auflösung der constituirenden Versammlung eino Notwendigkeit gewesen. Die Majorität habe dadurch dass sie nach Brandenburg gegangen die Hand zur Versöhnung geboten; Männer wie Bornemann hätten angelegentlich versucht das Weitere zu vermitteln und es sei Hoffnung zur Ausgleichung gewesen, wenn man der Versammlung auch nur einen Schritt entgegenkommen wäre. Wenn aber aueli wirklich die Auflösung der Versammlung eine Notwendigkeit gewesen wäre, so hätte man damit noch kein Recht gewonnen den Weg der Vereinbarung aufzugeben ; vielmehr hätte man Neuwahlen vornehmen müssen, um mit einer andern constituirenden Versammlung dem feierlich gegebenen Versprechen gemäss zu vereinbaren. Bei dieser Stelle unterbrachen mich mehrere Mitglieder der Rechten (die in der Stadtverordnetenversammlung zufällig meist auf der linken Seite sitzt) mit der stürmischen Forderung bei der Sache Recht die Steuern zu bewilligen und dadurch auf den Gang der Verwaltung Einfluss zu üben ist den Kammern durch allerlei Hintertüren, die dem ministeriellen Belieben offen gehalten sind, so verkümmert worden dass es in hohem Grade illusorisch werden kann, wenn irgend die Minister ihr Handwerk verstehen. Erfahrungsmässig aber hat die Preussische Büreaukratie seit vielen Jahren sich eben so gewandt gezeigt in Beschränkung der innern Freiheit als ungeschickt der Diplomatie des Auslandes gegenüber. Die Majorität der Kammern für sich zu haben ist für die Minister fernerhin nicht nöthig. Jeder Unbequemlichkeit können sie sich durch Auflösung der Kammern entziehen. Aus diesen und ähnlichen Gründen glauben Viele dem Wesen nach biete die octroyirte Verfassung eine absolutiseh-büreaukrntische Monarchie mit einem constitutionellenRa h m e n u n d eine r Mi 1 itiirdiotatur im Hi ntor grunde. zu bleiben, dergestalt dass ich mioh genöthigt sali meinen Vortrag abzubrechen, nachdem ich oben nur noch dio Erklärung hinzugefügt hatte dass ich mir vorbehielte anderweitig meine Ansichten über die angeregten Puncto auszusprechen; übrigens aber mich schämen würde vor meine Mandanten zu treten, wenn ich meine Zustimmung zu Schritten gäbe die auf Anerkennung von Rechtswidrigkeiten abzielten. Dieselben Männer die mich bei der erwähnten Stelle unterbrachen, hörten Hrn. Ulfcrt mit unverkennbarer Andacht an als er in zwei Vorträgen die entgegengesetzten Ansichten ausführte, namentlich dass die Verwaltung Recht, ja noch mehr als Recht gehabt habe den Rechtsboden zu verlassen und dass eigentlich das Volk zuerst ihn verlassen habe, weil es Deputirte geschickt die sieh nicht gefügt hätten. Wenn ich recht sehe, so sind die Axiome der betreffenden Herren ganz einfach diese: Zur Sache Gehöriges spricht wer sich in ihrem Sinne erklärt; wer dagegen ankämpft spricht zur Sache nicht Gehöriges und muss unterbrochen werden. Ein Verfahren das*) zu rügen mir nicht einfallen würde, wenn ähnliche Störungen nicht mehrfach vorgekommen wären, wie denn in derselben Sitzung ein Mitglied von liberaler Farbe lange vergebens bat ihn doch nur auf ein Paar Worte anzuhören und nur durch die hartnäckigste Ausdauer, wie deren in einem solchen Falle nicht Jeder fähig ist, endlich zum Ziele gelangte. Da ich in der Stadtverordneten-Versammlung gehindert worden bin meine Ansichten über die bezüglichen Puncto auch nur den äusser-sten Umrissen nach (denn mehr dort zu wollen konnte mir nicht einfallen) auszusprechen, so erlaube ich mir vor der Oeffentlichkeit in beliebiger Ausführlichkeit meine Auffassung der jetzt obwaltenden Zustände zu entwickeln, wozu ich mich um so mehr für verpflichtet erachte, da die Verhandlungen über die bezügliche Sache zu einem Er-gebniss geführt haben das nicht bloss mich, sondern auch andre Mitglieder der geehrten Versammlung zum Ausscheiden aus derselben bewogen hat. Der Hauptpunct um den es sich hier handelt ist ja wohl einleuchtend der Roclitspunct, ist zunächst die Frage: war die Krone befugt unsre constituirende Versammlung zu vertagen und aufzulösen. Eine beträchtliche Anzahl dem Servilismus nicht maneipirter Juristen sowohl aus den freisinnigen Rheinlanden als aus dem loyalen Posen hat einstimmig erklärt dass die Krone das Recht die constituirende Versammlung zu vertagen und aufzulösen nicht hatte. Die GegenfüBsler, die reactionären Juristen, wagen es freilich wohl gelegentlich, aber doch auch nicht einstimmig noch ohne Scheu, das fragliche Recht der Krone wirklich einzuräumen. Allein wie wenig diese Herren in solchen Fällen vor einem logischen Salto mortale zurückbeben, davon sahen wir oben merkwürdige Beispiele in den Sätzen: *) Eine Frechheit die. G3 1) ein unbestimmter und unbestimmbarer Theil des Volkes konnte ohne Weiteres statt der Vertreter desselben die Vereinbarung mit dor Krone durch Anerkennung der oe-troyirten Verfassung übernehmen. 2) Das Volk bat das Vereinbarungsgeschäft dadurch gebrochen dass es unfügsame Vertreter wählte. 3) Die Krone hatte das Recht und mehr als das Recht den Rechtsboden zu verlassen. Alles Sätze deren Widersinnigkeit an sich so wie ihren Widerspruch mit einander entwickeln zu wollen dem gesunden Menschenverstände misstrauen und die Zeit verschwenden hiesse. Doch was fragen wir am Ende nach den Juristen, die sich ja nicht minder als die Aerzte überall so vielfach widersprechen. Dor beste Jurist in einer so einfachen, gar keine juridische Gelehrsamkeit erfordernden Sache scheint der gesunde Menschenverstand. Wie wird dieser dio Sache auffassen ? Er, mein ich, wird sie sich etwa durch folgendes Analogon erläutern. Wir nehmen an, es läge eine Summe vor die sich Cajus mit Sempronius als dem Vormund eines Unmündigen zu theilen hätte. Jeuer ladet diesen zur Erledigung der Sache in seine Wohnung ein. Allein nach mehrfachen Verhandlungen können sich beide nicht vereinbaren. Cajus erzürnt sieh darob und statt die Verband]uugen fortzusetzen oder falls beide die Unvereinbarkeit für ihre Personen anerkannt, eine richterliche oder schiedsrichterliche Entscheidung zu suchen, lässt Cajus den Sempronius durch die Arme einiger gesunden Knechte, die ihm eben zur Disposition stehen, zum Tempel hinauswerfen, mit der Erklärung: da der Mann sich nicht mit ihm vereinbaren könne, so fände er sieh gomüssigt, über die fragliche Summe nach seinem Ermessen zu verfügen. Er werde ohne Zuziehung des Sempronius dem Mündel schon zukommen lassen so viel er demselben für heilsam und gut erachten möge. Wenn man in diesem Falle eine Rechtsverletzung anerkennen müsste, so kann man sie in dem uusre Vertreter betreffenden, völlig gleichartigen vernünftiger Weise nicht abläugnen. Die constituirende Versammlung war und ist der gesetzlich erwählte und beiderseitig anerkannte Vormund des Volkes. Ihn fortjagen hiess die Rechte des Volkes aufs Tiefste verletzen und sie einer Willkür, deren Folgen gar nicht zu berechnen waren, Preis geben. Jede Gewalt welche eine Partei sich in einem solchen Falle über dio andere anmasst ist eine Gewaltthat, die keinen rechtsbeständigen, sondern höchstens einen gewaltbeständigen Besitz begründet, der nach der Natur der Dinge niemals auf Sicherheit Anspruch machen kann. Wenn in einem so ecla-tanten Falle der verletzten Partei sogar eine Protestation gegen die Rechtsverletzung zum Verbrechen gemacht wird, so ist das ein Verfahren das sieh selbst sein Urtheil spricht. Es kann nichts ungehöriger sein als den Gebrauch andrer Länder, in denen dio Krone Kammern vertagen oder auflösen kann, als massgebend für unsre Verhältnisse anzuführen. Denn jene Kaminern sind ja gesetzgebende, nicht vereinbarende. Dio vereinbarende Versammlung sollte ihrer Idee nach das Verhältnis» zwischen Krone und Volk, das einstweilen als leeres Blatt vorausgesetzt wurde, feststellen, sollte erst bestimmen welche Gewalt der Krone über das Volk und dessen Vertreter einzuräumen sei. Oder will man etwa behaupten, das Recht eine Kammer zu vertagen und aufzulösen sei der Krone als absolute Notwendigkeit einzuräumen und es müsse desshalb auch den Preussischen Ministern davon Gebrauch zu machen erlaubt gewesen sein, noch ehe das Recht ausdrücklich ausgesprochen worden? Unmöglich. Aber selbst wenn man die Behauptung zugeben wollte, so muss man doch zugestehen dass dio Vereinbarung das Auflösungsrecht sehr leicht bestimmten Bedingungen unterwerfen konnte: Bedingungen die gewiss dringend wün-schenswerth sind, damit die Kammern ministerieller Willkür nicht zum Spielballe dienen. Es ist ein grosser Irrthum wenn man glaubt die Krone müsse in constitutionellen Staaten das Recht eine Kammer aufzulösen schlechtweg haben, um davon Gebrauch zu machen so oft es ihr und ihren Berathern bequem und genehm sei. Das Auflösungsrecht in diesem Sinne zugestehen, heisst etwas Widersinniges zugestehen. Wie jedes Recht, so muss auch dieses auf einer rationellen Basis beruhen und eine solche ist ja wohl der überall anerkannte Grundsatz: Die Krone kann namentlich dio Volkskammer auflösen, in so fern sie glaubt dass dieselbe den Gesammtwillen des Volkes nicht mehr darstelle, und dasselbe veranlassen will durch die Wahl andrer Vertreter seine wahre Gesinnung auszusprechen. Diese Beschränkung wenigstens würde die constituirendo Versammlung dem Auflüsungsrechte der Krone wahrscheinlich gestellt haben und es konnte also das fragliche Recht als ein unbeschränktes um so weniger zur Anwendung kommen, da überhaupt kein Rocht zu anticipiren ist. Doch seinem Rechte scheint das Ministerium überhaupt wenig zu vertrauen, da es die Auflösung der constituirenden Versammlung so angelegentlich durch die Beschuldigung des Ungehorsams und die Erklärung der Notwendigkeit motivirt. Freilich, ein kühner Schritt ist gethan: die Vertreter von sechzehn Millionen Menschen, eine Versammlung der wenigstens ein Antheil an der Souverainetiit zugestanden war, hat es gewagt dem an sie erlassenen Befehle nicht pünctlich Gehorsam zu leisten. Wie es scheint, argumentirt man dabei so: der König hat Gewalt über die Unterthanen; dio Volksvertreter sind Unterthanen; folglich sind sie verpflichtet den Befehlen welche die Minister ihnen im Namen der Krone zukommen lassen ohne zu raisonniren sofort Gehorsam zu leisten. Die Begriffsverwirrung ist einleuchtend. Als Menschen sind allerdings auch diese Männer Unterthanen, d. h. sie sind verpflichtet den Gesetzen zu gehorchen; aber als Volksvertreter sind sie unabhängig, stehen sie höher als dio Minister, sio sind selbst der Krone nicht subordinirt, sondern coordinirt. Indess diese Beschuldigung des Ungehorsams sind selbst Verteidiger der Minister sehr geneigt auf sieh beruhen zu lassen, um desto hartnäckiger an dem letzten Anker festzuhalten, an der Behauptung nämlich dass die Auflösung dieser Versammlung eine Notwendigkeit gewesen. Noth aber kenne kein Gebot. Man wird es nicht läugnen dass wirklich Noth vorhanden war, mehr als eine Art von Noth. Zunächst die Noth für die Minister. Diese liefen in der Tliat Gefahr, wenn die Versammlung nicht aufgelöst wurde, von den Minister-Stühlen auf die Bank der Angeklagten überzugehen: eine Perspective die freilich nicht eben erwünscht sein mag. Indess so scheinbar dieses Motiv Manchem vorkommen wird, so weit bin ich doch davon entfernt in ihm den eigentlichen Grund zur Auflösung der Versammlung zu suchen. Dieser lag unstreitig tiefer oder, wenn man will, höher. Doch kann ich füglich über diesen Punct weggehen, da es unter denen die der Verhältnisse einigermassen kundig sind nicht leicht Jemand giebt der hierüber nicht richtig urtheilen könnte, wenn anders er nicht entweder sich selbst oder Andre täuschen will. Abgesehen von den geheimen Fäden betrachten wir nur den Vorwurf dass mit der constituirenden Versammlung desslialb keine Einigung möglich gewesen, weil sich die Parteien in ihr selbst nicht hätten einigen können. Zur "Würdigung dieser Behauptung wollen wir uns die Vorgänge übersichtlich ins Gedächtnis« zurückrufen. Das Ministerium hatte gegen die Majorität der Versammlung Massregeln ergriffen in denen dieselbe, einem bedeutenden Theile nach Männer von der ruhigsten, massigsten, besonnensten Haltung, empörende Rechtsverletzungen- erkannte. Doss sio diesen Wochen lang fortgesetzten Rechtsverletzungen beharrlichen Widerstand entgegensetzte, hat ihr in ganz Deutsehland bei den redlichsten, gesinnungstüehtigsten, vernünftigsten Männern begeisterte Anerkennung erworben. Dass bei Vorgängen die in ganz Deutschland einen hoben Grad von Entrüstung erregten, dio in Preussen selbst eine an manchen Orten bis zur Empörung gesteigerte Wuth hervorriefen, die Opfer der ministeriellen Taktik selbst nicht kalt, nicht apathisch bleiben konnten liegt in der Natur der Dinge und der Menschen. Aber dennoch bewahrten diese Männer in den bedeutendsten Momenten einen hohen Grad von Besonnenheit; und dieser Besonnenheit verdanken wir es unter Anderin dass in Berlin kein blutiger Conflict erfolgte. Denn ein Wink von ihnen und ein fürchterlicher Kampf entbrannte, dessen Aus- 66 gang nicht zu berechnen war. Allein sie geboten Ruhe und das Volle beruhigte sieh. Und diese Männer verleumdet und verlästert jene schoussliche Reactionspartei, die Millionen hingegeben hätte, um aut'Leichenhügeln das Gebäude ihrer alten Herrlichkeit zu erneuern. Nachdem der Aufruhr der Gemüther sich mehr und mehr gelegt hat, gewinnt ein Theil der Abgeordneten die Ueberzeugung dass man mit persönlicher Selbstverläugnung versuchen müsse Einigung und Wiederaufnahme der Verhandlungen auf jede irgend mit der Ehre des Volkes und seiner Vertreter vereinbare Weise zu vermitteln. Man sucht und findet einen Ausweg der Krone den Willen zu thun, ohne den Rechten der Versammlung etwas zu vergeben. Der Präsident beruft die liier tagenden Abgeordneten nach Brandenburg. Einer derselben ermahnt seine Genossen wie die Mitglieder der äussersten Rechten aufs eindringlichste zur Versöhnung; viele Andere tlieilon diese Gesinnung. Ein redliches Entgegenkommen von beiden Seiten, mit Ernst und Ausdauer verfolgt, hätte gewiss zu einem erwünschten Ziele geführt. Aber Nachgiebigkeit lag nicht im Sinne der Rechten, jener heiligen Schaar, einer immerdar übereinstimmenden Septuaginta, die nur ein politisches Princip hatte, nämlich das unter allen Umständen mit jedem Ministerium zu gehen und eventuell zu laufen. Diese zwar kleine aber compacte Minorität hatte dio Anmassung herrschen zu wollen, um — in tiefster Devotion zu dienen; als unerlässliche Bedingung der Vereinbarung erhob sie die Zumuthung dass mit und nach ihr dio ganze Versammlung in aller Untertänigkeit sieh einem Ministerium zu Füssen lege über das die Majorität bereits ein Urtheil gefällt hatte das eine gerechte Geschichte als das ihrige aufzunehmen nicht verfehlen wird. Mit Tendenzen die ja wohl klar vorliegen beschliesst die bei Weitem nicht beschlussfähige Minorität die Sitzungen auf eine Reihe von Tagen auszusetzen. Der Bescliluss war formell und materiell ungültig. Aber Schlösser und Riegel so wie die Bajonette der tapfern Krieger verschaffen dem ungültigen Beschlüsse Gültigkeit. Solche Anmassungen und Zumuthungen der eben sowohl numerisch als geistig unbedeutenden Minorität sind selbst der Oberpostamtszeitung zu verletzend; ihr die Niemand bezichtigen wird dass sie gerade für die Linke besondere Sympathien habe. Ist es dabei zu verwundern, wenn sich mehrfach der Verdacht regt dio äusserste Rechte habe absichtlich darauf hingearbeitet dem Ministerium zur Auflösung der Versammlung einen Vorwand zu schaffen ? Durch die eben so geschickt als gesetzwidrig unterbrochenen Sitzungen war die Verfolgung des Werkes der Versöhnung unmöglich gemacht. Damit war es erreicht dass bloss einige unerfreuliche Sitzungen als „Grund" zur Auflösung der Kammer übrig blieben. Die richtige Beurteilung dieser Angelegenheit unterliegt ja wohl keinen Schwierigkeiten. Dass eine Versammlung von Hunderten unter 07 Umständen wie die gegebenen nicht den sanft ruhigen Charakter einer Berliner Magistratssitzung haben konnte ist einleuchtend; eben so einleuchtend dass damit die Möglichkeit friedlichere und ordnungsmässigere Sitzungen zu erzielen nur dann aufzugeben war, wenn ein gewählter Präsident und die Mehrheit der Kammer dus Gegentlieil erklärt hatte. Denn wenn die Minister das Recht erhalten sollen wegen einiger stürmischen Sitzungen eine Kammer aufzulösen, so wird man in allen Ländern der AVeit zur Ausübung dieses Rechtes sehr leicht Gelegenheit finden oder die Gelegenheit machen können. Die Kammern werden dann ein Spielhall, Gesetzlichkeit und Ordnung eine Unmöglichkeit. Was aber dürfen wir bei Massregeln dieser Art von unserer Zukunft erwarten ? "Was übrigens von einer solchen Motivirung zu halten sei, darüber hat uns schon vor einem Monate eine hohe Aeusserung, dass man mit dieser Versammlung sich nicht einigen werde, einen vollkommen zureichenden Wink gegeben. Wer AVorte zu deuten versteht, konnte danach keinen Augenblick über die gehegten Absichten zweifelhaft sein. Und nicht zu verwundern ist es wenn Viele meinen, das Geschehene sei schon seit beträchtlich langer Frist beschlossen gewesen. Ob diese Vermuthung zutrifft oder nicht, bleibe dahin gestellt. AVir haben es nur mit der Thatsaehe zu thun. Ueber den Gehalt derselben scheint jedenfalls das Nothige vorzuliegen. Diesem, den Auflösungsgründen, angemessen war denn auch die Art der Ausführung. Statt mit einer königlichen Botschaft vor die Vorsammlung zu treten und ihr mit dieser in der Hand dio Auflösung anzukündigen, wie es ja wohl der constitutionelle Brauch erfordert, entlassen die Herren Minister die Versammlung — hinterrücks, etwa wie einen missliebigen Bedienten, dessen Anblick und Aeusserungon man sich nicht fürder aussetzen will. Diese formlose Form der Auflösung war wenn auch nicht besonders muthvoll, so doch vorsichtig; und Vorsicht ist ja nach Falstaff das bessere Theil der Tapferkeit. Da man es mit dem Wesen der Suche so leicht genommen, so war es ganz consequent auch die Form zu verletzen, schliesslich sieh mit gebührender Scheu von der Versammlung fern zu halten, um Erklärungen und Weiterungen zu vermeiden. So konnte die Geistesgegenwart und Beredtsamkeit der Herren nicht in Frage gestellt werden. Denn allerdings hätten bei einer persönlichen Auflösung durch die Herren Minister Dinge vorkommen können bei denen die Panacee der Ablesung nicht ausreichend gewesen wäre. Was aber werden Engländer und Franzosen zu unserm Constitutionulis-mus sagen? AVenn man indess auch wirklich mit dieser Versammlung sieh nicht hätte einigen können, wenn wirklich die Auflösung derselben so nothwendig gewesen wäre wie sie leichthin vorgenommen ist, folgte 68 dßnn daraus schon dass dio Minister das vor ganz Deutschland, vor ganz Europa feierlieh gegebene Versprechen: dass dio Krone mit einer constituirenden Versammlung die neue Verfassung vereinbaren wolle, dass sie dieses Versprechen, dessen Heiligkeit und Unverbrüchlichkeit früher auch nur durch den leisesten Zweifel in Frage zu stellen für ein Verbrochen gegolten hätte*), durch Theten wie sio vorliegen al-teriren durften? Bedachte man nicht dass als Karl I von England im J. 1021), ganz so wie jetzt unsre Minister, das Parlament ohne die Gemeinen rufen zu lassen „wegen ungehorsamen Benehmens des Unterhauses" aufzulösen wagte, er dadurch einen fast zwanzigjährigen Kampf mit dem Parlament und dem Volke hervorrief, einen Kampf der dem Könige Krone und Leben kostete? Bedachte man nicht wie ungeheure Massen und Kräfte und Talente und Bestrebungen, durch einen solchen Schritt mit verwegener Keckheit in die Schranken gefordert, zu einem unauflöslichen und unermüdlich thätigen Bunde verschmelzen würden? Bedachte man nicht was für einen mächtigen Bundesgenossen diese schon an sich so furchtbare Partei in der französischen Republik finden könne? Alles das bedachte man nicht, weil diese Herren oben so unfähig sind ans der Geschichte etwas zu lernen als in die Natur der Verhältnisse einzudringen und die Zukunft zu berechnen. Die politische Blindheit wie die spiessbürgerliche Kurzsichtigkeit freut sich immer momentaner Ruhe, dio nichts anders sein kann als die Vorbotin der furchtbarsten Stürme. Verblendete! Träumet ihr der Riesengeist eines zur Freiheit herangereiften Volkes könne durch kleinliche Schranken gehemmt werden ? Aus den Fesseln in die ihr ihn schlagen wollt wird er gegen euch Waffen schmieden ; und wehe euch, wenn ihr nicht auf den verlassenen Pfad des Rechtes zurückkehrt. In unsern Tagen wo man durch die Geschichte belehrt sein sollte dass keine schlechte Saat gute Früchte trage, dass Gewalt-thiitigkeit ein heilloses Fundament der Gesetzlichkeit sei, dass jedes Verfahren das nicht auf Recht und Vernunft gegründet ist über kurz oder lang in sich zerfällt, in unsern Tagen durfte man fordern dass die Auflösung der constituirenden Versammlung, wenn man einmal glaubte dazu greifen zu müssen, nicht gewagt würde, um einen Act absolutistischer Willkür zu begehen, sondern nur um durch Berufung *) „Nur ein dieser grossen Tage unwürdiger Kleinmuth kann „dies besorgen und sich hinreissen lassen von unserm constitutionollen „Könige eine Rechtsverletzung, die Octroyirung des Wahlgesetzes „zu verlangen". So sprach der Berliner Magistrat am 24. März d. J., derselbe Magistrat der in der Octroyirung der Verfassung jetzt keine Rechtsverletzung finden kann, sondern sie mit Dank und Jubel empfängt. Tempora mutantur et nos mutamur in IIIi«. Das sei die Devise. _ _69_ einer neuen constituirenden Versammlung sich der zweifelhaft scheinenden Gesinnung des Volkes zu vergewissern. Wenn man mit dieser offen erklärten Absieht die constituirende Versammlung aufgelöst hätte, so würde das Volk sieh vielleicht über die Rechtswidrigkeit des Verfahrens beruhigt haben. Denn man hätte ihm dann wenigstens die Gelegenheit gegeben durch die Wahl von Abgeordneten seine Gesinnungen und Bedürfnisse kund zu thun und zur Geltung zu bringen. Warum unterliess man dies, wodurch allein man Achtung und Anerkennung eines feierlich gegebenen Versprechens bekunden konnte? Etwa desshalb weil man fürchtete auch in der neuen Versammlung Ankläger des Ministeriums zu finden ? Diese Furcht hätte sich freilich nur zu leicht verwirklichen können. Denn Volksvertreter die ihr Vaterland achten, das Gesetzlichkeit und Freiheit selbst gegen Minister geschützt wissen will, dürfen nicht Anstand nehmen die Diener der Krone zur Rechenschaft zu ziehen, wenn sie glauben dass dieselben ihre Befugnisse überschritten haben. Oder scheute man desshalb eine neue constituirende Versammlung weil man fürchtete, auch sio würde in überwiegender Anzahl Elemente enthalten dio den aristokratisch-büreaukratischen Tendenzen abhold wären, und überhaupt sich nicht getraute, einer Volkskammer eher entgegenzutreten als bis man durch eine auf schmälster Grundlage errichtete Geldkammer, die natürlich in Leuten die hinter den Coulissen agiren Leitung und Stütze finden wird, den Volksvertretern Zügel und Gobiss anlegen kann ? Kaum einer Entgognung bedarf der pfiffig genug geltend gemachte Einwand dass eino Revision der Verfassung ja doch den gesetzgebenden Kammern vorbehalten und somit die octroyirte Verfassung nachträglich vereinbart worden solle. Bei einer Verfassung die auf solchen Grundsäulen ruht wie die neue Proussischo wird sich mit einer Abänderung einzelner Puncto nichts Erhebliches erreichen lassen; und dass in dem Organismus, dass in den aristokratischen und büreaukra-tischen Tendenzen, die so mächtig hervortreten, etwas Wesentliches nicht geändert werde, dafür lassen wir die Geldkammer und dio Minister sorgen; die Minister welche ja von jetzt an jeder Controle und jeder Rücksicht überhoben sind, da sie der Majorität nicht bedürfen und die Kammern vertagen oder entlassen können, so bald sie sich unterfangen nicht Ordre zu pariren. Dergleichen Besorgnisse sind nicht mehr bloss eine theoretische Möglichkeit. So undenkbar sio früher hätten scheinen können, das jetzige Ministerium hat sie zur klaren, haaren Wahrheit und Wirklichkeit gestaltet; es hat für unser Vaterland ganz neue Fundamente dos Staatsrechtes geschaffen; oder vielmehr os hat in dem legitimen und loyalitätssüchtigen Preussen die Grundsätze des Staatsrechtes den Grundsätzen des Thatrochtcs prinoipiell untergeordnet. Denn jode irgend bedeutende That eines Ministeriums, zumal in so bedeutungs- ;o schwängern Zeiten, muss cinPrincip enthalten; muss, da sie aus einem Prineip hervorgegangen, auch ein Princip aussprechen; als Präzedenzfall auch für die Zukunft als massgebend erachtet werden. Man tröste sich nicht mit dem leidigen Tröste der Gutmütigen, dio hundert Mal in ihren Erwartungen getäuscht immerdar nicht müde werden sich auf die schöne Hoffnung zu stützen: Man wird doch das nicht thun, nicht abermals thun. Dio Geschichte lehrt mit Flammenschrift: Wer einmal den Weg der Gewalt beschritten, kann ihn nicht leicht wieder vorlassen; mit dem ersten Schritte verwickelt er die Verhältnisse so dass er es meist nicht kann, auch wenn er es wollte. Der Schneeball rollt und wird zur Lawine, die Menschen und Dörfer vorschüttet. Wer einmal sich dazu verstanden hat gegen Gründe mit Bajonetten zu discutircn, den Stellvertretern durch die Raison des Säbels ihr Unrecht zu beweisen, der kann selbst nicht berechnen, wie weit er darin zu gehen sich bewogen finden wird. Es liegt leider nur zu sehr in der Befangenheit der menschlichen Natur dass die denen dio Möglichkeit solcher Massregeln vorliegt die Not h wendigkeit derselben sieh zu leicht einreden, die Widerstrebenden als Böswillige verdächtigen. Für wen dio Lehren der Geschichte und der Vernunft nicht vergebens sprechen, der wird sich nicht überzeugen dass die November-Massregeln bei uns nicht wiederkehren können; wer die octroyirte Verfassung genauer betrachtet wird in ihr Elemente zu Zerwürfnissen finden die mit Leichtigkeit auf friedliche Weise auszugleichen nicht leicht möglich sein dürfte. Wenn nun dio Verhältnisse sich dergestalt verwickeln dass man in der Schwierigkeit den Knoten zu lösen die No t Ii w en digk ei t ihn zu zerhauen findet, was werden die Grundsätze sein nach denen man das Alexander- oder Napoleons-Schwert über dem Lande schwingen wird? Die Antwort auf diese Frage wird natürlich nach den verschiedenen politischen Standpuncten verschieden lauten. Diejenigen welche die jetzigen Zustände freudig begrüsst haben werden ausweichend Begütigungen, Hoffnungen, Vertröstungen aussprechen und vor allem ihre Universalarznei, mit der sio schon drei und dreissig Jahre an der Stimmung des Landes curirt haben, Vertrauen empfehlen. Diejenigen dagegen welche man, wie weiland unter Napoleon, in der officiellen Kunstsprache Sehleehtgesinnte oder Böswillige nennt, werden klar und bestimmt für Verwickelungen der bezeichneten Art etwa folgende Grundsätze befolgt zu sehen erwarten. 1) Die Minister haben das Recht Versprechungen die frühere Minister im Namen der Krone gegeben haben, zu beschränken, zu alteriren, umzuwandeln, wohl gar zu annul-liren. 71 2) Wenn die Kammern, deren Mitglieder vor allen Dingen Unterthanen und dann erst Volksvertreter sind, den höheren Ortes an sie erlassenen B ef eh] e n nicht pünetlich gehorsamen, weil sie ihre Rechte dadurch gekränkt glauben, so sind die Minister befugt die Kammern zu vertagen oder aufzulösen, erforderlichen Falls durch die Gewalt der Ba,jonnette. 3) Da jeder Untertan verpflichtet ist dem Fürsten zu vertrauen, so liegt es den Kammern ob auch den Ministern welche die Krone erkoren hat ihrerseits Vertrauen zu schenken, d. ii. wenigstens in dor Majorität immerdar mit den Ministern zu stimmen. Wenn sie sich dieser Pflicht entziehen, so haben sie die Auflösung verwirkt. 4) Wenn in Fällen der Art die Freiheit der Presse, das As-sociatiousreeht etc. den Ministern irgendwo bedenklich erscheint, so haben sie das Recht gegen alle frühern Gesetze einen offenen, friedlichen, völlig ruhigen, allen Befehlen sich fügenden Ort in Belagerungszustand zu versetzen. 5) An einem solchen Orte ist nicht nur der Oberbefehlshaber sondern auch andere Chefs der Truppen für beliebige Verletzungen der Habeas-corpus-Acte unverantwortlich. Dieser Belagerungszustand unbelagerter Städte ist eine beneidens-werthe Erfindung unserer geistreichen Nachbarn. Allein unsere Regierung hat doch das Verdienst diese Massregel in ihrer weitern Ausbildung gefördert zu haben. Wenigstens wüsste ich nicht dass in Frankreich schon Dorfschaften in Belagerungszustand erklärt wären. Ein Blatt, das man nicht radicaler Tendenzen bezichtigen wird, die deutsehe Zeitung, bemerkt darüber treffend (Nr. 324): diese eine Errungenschaft der Regierung ist gerade eben so viel werth als alle Eeclite und Er-rungenschaften des Volkes". Wohl Manches von dem was in Aussicht gestellt ist wird untergehen oder illusorisch werden ; beharren aber, ohne Illusion beharren wird man auf dem System der Belagerungszustände. Das Manuscript zu den Blättern S. 1—12 war bereits in der Druckerei und grossentheils gesetzt, als die Minorität der Stadtverordneten, die gegen die Adresse gestimmt hatte, eine Besprechung über etwa zu treffende Massnahmen beliebte. Obgleich mein Entschluss ge-fasst war, so glaubte ich doch der Berathung mich nicht entziehen zu dürfen. Meinem Standpunete nach konnte ich mich nur für eine Ausscheidung in Masse bestimmen. Motivirt habe ich dieselbe im Wesentlichen in folgender Weise. Aus einer Nummer der Breslauer Zeitung hätte ich ersehen dass die Gegenpartei, wenn sie bei der Adressdebatte nicht obsiege, entschlossen gewesen sei in Masso auszuscheiden. Wenn also diese Partei geglaubt hätte einen solchen Schritt thun zu müssen, falls es ihr nicht gelinge die "Versammlung zu einer argen Inconsequonz zu vermögen, was bleibe uns denn übrig, nachdem es uns misslungen sei die Versammlung boi einer würdigen Consequenz zu erhalten? Meines Erachtens habe der Beseliluss der Majorität einen |io-litischen Selbstmord an der Versammlung begangen*); ich wenigstens fände in ihr eine politische Leiche. Jedes Vertrauen zu sich in politischer Hinsicht habe sie unwiderruflich in Frage gestellt und es widerstehe meinen innigsten Uoberzeugungen in der Mitte einer solchen Versammlung länger zu verbleiben. Unsro Ausscheidung in Masse scheine mir aber nicht bloss meinom sittlichen Gefühle nach unerlässlich, sondern auch nach den Berechnungen der Erfolge unseres Verbleibens dringend wünschonsworth. Denn einerseits dürften wir nicht hoffen eine Anzahl der Gegner zu uns herüberzuziehen, da diese Herren gegen intellectuelle Einflüsse gewappnet und gerüstet seien. Wie weit man in politischen Dingen durch Gründe auf sie einwirken könne, das hätten wir gesehen aus den Erfolgen dio Herrn Gnoists ausgezeichnete Vorträge in der Adressdebatte gehabt hätten. Andrerseits sei sehr zu befürchten dass manche nicht gerade feste Mitglieder der Minorität sieh den Gegnern anschliessen dürften. Die Uebrigen würden dann eine weder erfreuliche noch ein-flussreicho Rolle spielen. Wenn wir dagegen in Masse ausschieden, so würden wir dadurch etwas sehr Bedeutendes erwirken — die völlige politische Nullität der Versammlung. Denn welch' oin Gewicht könnte fernerhin ihre Stimme in politischen Dingen haben, wenn das Publicum glaubte dass meist nur reactionürc oder fast reactionäre Elemente zurückgeblieben seien. Diesen Gründen zur Seite steho nun noch eine Verpflichtung die ich als entscheidend betrachte. Die Parteien ständen sieh so gleich gegenüber dass sich gar nicht darüber urtheilen lasse welche denn eigentlich das politische Gosammturtheil der Bürgerschaft ropräsentire. Es 3ei aber unter den jetzigen Umständen eine entschiedene Vertretung unserer Bürgerschaft auch in politischer Hinsicht eine Nothwendigkeit. Daher hielte ich es für Pflicht sowohl der Majorität als der Minorität *) Sie hatte sich nämlich mehrfach, und besonders bei einer Erklärung dio ein schneidendes Misstrauens-Votum gegen das Ministerium Brandenburg enthielt, mit ungeheurer Majorität völlig im entgegengesetzten Sinne ausgesprochen. Wo, fragte man daher mit Recht, wo sind jene 78 gegen 12 geblieben? In der Namenlosigkoit. Dass eine solche Versammlung den Antrag erforderlichen Falls sich zu namentlicher Abstimmung, die erst, eine volle Ocffcntlichkcit giebt, zu verstehen, abgelehnt hat, ist sehr begreiflich. 73 durch Niederlegug ihnres Mandates uu die Bürgerschaft zu appelliren und dieselbe zu veranlassen durch neue "Wahlen zu entscheiden in welchem Sinne sio ihre politischen Interessen vertreten wissen wolle, ob im Sinne der Majorität oder der Minorität. Bei der Abstimmung erklärte sieh ausser mir nur noch ein Mitglied der Minorität für die Ausscheidung in Masse. Von mehreren Seiten bin ich darauf hingewiesen, woran ich sonst gar nicht gedacht hätte, dass jeder eelatante Schritt in dieser Sache, also natürlich auch die Abfassung dieser Schrift, als Eitelkeit gedeutet werden dürfte. Möglich dass Manche sie wohl gar als politisches Glaubensbekenntnis» zur Bewerbung um eine Deputirtenstelle ausgeben. Solche "Verdächtigungen sind ganz im Geiste einer Partei der jedes Mittel zum Zwecke recht ist und finden denn wohl auch bei der gutwilligen Urtheillosigkeit Eingang. Dagegen nur einige "Worte. Wer sieh einmal darauf setzt mir Eitelkeit unterzulegen, vergönne mir die Bemerkung dass ich nicht nöthig haben dürfte durch diese nur auf einen sehr beschränkten Kreis berechnete Ephemere der Eitelkeit zu fröhnen, da ich durch eine Anzahl von sehr verbreiteten Schriften nicht bloss in Deutschland bekannt bin. Dass ich um eine Deputirtenstelle buhlen sollte wird Niemand glauben der mich kennt und ruir einen gewissen Grad von Verstand zutraut. Denn entweder erhalten wir eine überwiegend servile oder eine überwiegend liberale Volkskammer. Dass ich in einer überwiegend servilen Volkskammer nicht sitzen möchte, wird man mir wohl auf mein Wort glauben. Wenigstens wissen Alle die mich kennen dass ich in meinem Liberalismus seit länger als einem Vierteljahrhunderte mit entschiedener Abgeschlossenheit fest und consequent gewesen bin. Aber auch in einer überwiegend liberalen Kammer wünsche ich am wenigsten jetzt zu sitzen, da ich zu wissen glaube was einer solchen bevorsteht, worüber ich in dieser Schrift selbst hinreichende Andeutungen gegeben habe. Ueberhaupt ist es nie meine Sache gewesen mich um Stellen zu bewerben; und auch die eines Stadtverordneten ist mir eben so ungesucht als unerwartet zugefallen. Angenommen habe ich sie ohne Widerstreben , weil ich den Grundsatz habe dass Jeder den das Vertrauen seiner Mitbürger, das ich immer nach Gebühr hoch zu schätzen gewusst habe, mit einer solchen Stellung beehrt, verpflichtet sei sich ihr nicht zu entziehen, auch wenn er selbst sich die dazu erforderliche Befähigung nicht zutraut. Durch moino moralischen und politischen Uebcrzeugungen gezwungen diese Stelle jetzt niederzulegen hielt ich es für notlnvendig dio Beweggründe zu diesem Sehritte der Octfentlichkeit vorzulegen; eben so sehr darauf gefasst diese Beweggründe von Manchem nicht 74 anerkannt oder gemissdeutet, als gewärtig sie von Andern richtig gewürdigt zu sehen. Apophtheguieii. Was er einmal gesagt hat, dabei bleibt er: er ist ein Preusse. Göthe B. 87 S. 258. Fuimus Troes. Vertrauen verloren, Alles verloren. Bs ist wie mit dem Credit im Handel. Vertrauen schenken wir Niemand eben nur weil er seiner Stellung nach darauf Ansprüche hat, sondern erst wenn er durch Jahre lange Haltung sich dieser Ansprüche würdig bewiesen. Nicht Worte oder Verheissungen schaffen Vertrauen; man liest zwischen den Zeilen und deutet aus vergangenen Handlungen die zukünftigen. Nur spiessbürgerliche Beschränktheit, die weder die Menschen noch die Geschichte kennt, mag sich einreden dass Menschen die einmal die Bahn der Gewalttätigkeit eingeschlagen haben nach den ersten Schritten umlenken würden. Bs liegt in der Natur der Dinge dass sie es in dor Regel nicht können, auch wenn sie wollten. Aber auch der Wille ist in der Regel nicht vorauszusetzen. Nichts verwirret so sehr das Rechtsbewusstsein des Volkes, fördert so sehr dessen Entsittlichung als Rechtsverletzungen von Seiten der Waltenden. Durch Sophismen wähne man nicht ein Volk dabei täuschen zu können, weil etwa eine Anzahl von Spiessbiirgern sich berücken lässt. Nur eine schon entsittlichte Partei kann es im Devotionsfieber verdammen, wenn man gegen die welche ungesetzliche Mittel der ärgsten Art zur Anwendung bringen gesetzliche Befugnisse geltend macht. „Es ist Christenpflicht wie Recht gegen obrigkeitliche Tyrannei und Gottlosigkeit nach Kräften zu reden, zu schreiben, zu predigen, wie Jeder kann". Luther. Unrecht kann nie Recht werden Die egoistische Burgeoisie hat ihre sittlichen und politischen Priucipien in der Tasche. Wer ihr die zu füllen auch nur augenblicklich Aussicht macht, wie unwahrscheinlich die Erfüllung auch sei, dor hat ihre Sympathien. Drei und dreissig Jahr lang hatte die egoistische Bourgeoisie bei allen Freiheitskämpfen der Intelligenz den Todesschlaf geschlummert, als sie erweckt durch die Donner dos 18. März sich erhob, um — die Nachtmiitzo aufs andre Ohr zu rücken. Die Freiheit ist überall immer ohne, ja wider ihren Willen erkämpft worden. / 75 Gegen Gründe ist sie gewappnet, wie Pallas Athene, durch das schöne "Wort: wir lassen uns durch Spitzfindigkeiten und Redensarten nicht irre machen. Mit ihr discutiren heisst Zeit verlieren. Die Papiere steigen wo der Absolutismus sich steigert. Der Belagerungszustand ist das Eldorado der Börsenwelt. Dio englische „Erbweisheit ohne Gleichen", die sich bei uns so hoher Anerkennung erfreut hat, verdient dieselbe besonders dosshalb weil sie keine Noth wendigkeit zu Rechtsverletzungen und Gewalttätigkeiten gelten lässt. Wer einmal den Rechtsboden verlässt wählt zu seinem Boden die Bodenlosigkeit, um zu versenken und zu versinken. Auch die Gemütlichkeit muss im Rocht und in der Politik aufhören. Sie anempfehlen heisst zu Ungerechtigkeiten und Verkehrtheiten antreiben. Wo sio in diesen Sphären waltet kann nie Ruhe und Befriedigung eintreten. Der Engländer weicht nicht um ein Jota von dem Buchstabon des Gesetzes und sollte auch sein Herz darüber verbluten. Darum vertraut der Engländer seineu Gesetzen und seiner Verfassung, darumsind seine Verhältnisse fest und dauernd gegründet. Es wird die Zeit kommen,- und ich denke sie ist nicht mehr fern, wo man sich wundert wie ein vernünftiger und uneigennütziger Mensch eine andre Gesinnung haben konnte als die Linke. Unser sog. Rumpfparlament hatte nicht bloss ein Haupt, es hatte auch Kopf und Herz an der rechten Stelle. Die Rechte wird sagen sio sei besser als ihr Ruf. Aber, fromme Maria, Deines Rufes Schöpferin waren Deine Thaten. Sie haben eine Verantwortung auf Dein Haupt geladen vor der Du bis ins Innerste erbeben müsstest, wenn Du nicht — die fromme Maria wärest. Wenn ihr mich fragt was das erste Erforderniss zu einem Volksvertreter sei, so sag' ich: Gesinnung; wenn ihr das zweite wissen wollet, so antwort' ich: Gesinnung; wenn das dritte, so wiederhol' ich: Gesinnung. Mit einer Partei der Lüge, der Perfidie und der Jesuiterei ist jede Transaction unmöglich. Oconnell sagte bei einer Gelegenheit: das ist eine himmelhohe, freche, niederträchtige Lüge, mit einem Wort: es ist eine Torylüge. Zum Todtengräber der Freiheit dinge man den Teufel. Er thuts allenfalls auch umsonst. Denn er kann kein besseres Geschäft machen. Es ist eine Deutsche Schwäche, aus natürlicher Gutmütigkeit hervorgegangen, auch da zu vortrauen wo nur Gründe zum Misstrauen vorliegen. Jeden Zweifel beseitigt sie durch den Refrain: das wird man doch nicht thun, nicht wieder thun. Die Spiessbürger der Universitäten und Akademien sind zufrieden, wenn ihre Beete gut gedüngt werden. „Der verfluchte Fafe weiss selbst nicht was er will; hol ihn der Deuft'el". Friedrich dor Grosso. 7ü „Die Priester haben immer und überall Trug und Lüge eingeschmuggelt". Napoleon. „Die Demokratie kann wüthend sein, aber sie hat ein Herz im Leibe, man kann sio bewegen: aber die Aristokratie bleibt immer kalt, sie verzeiht nie". Napoleon. „In einem wohl eingerichteten Staate soll selbst das Rechte nicht auf unrechte Weise geschehen". Göt.lie B. 20 S. 41. Leib und Seele können nicht, inniger verbunden sein als die Aristokratie und das Pfaffenthum. Bei geistlosen Ministern ist jede Verfassung unausführbar, jede Kammer unerträglich, jede Freiheit unzulässig. „Was ist für einen Grossen denn zu klein". Lossing B. 22 S 131. Manche Beamte glauben den Unterthanen die Gesetzlichkeit am besten alloiopathisch beibringen zu können — durch eigene Gesotzwidrigkeit. Aus Cüstines (eines Aristokraten) Werk: Russland. „Unter einem Despoten ist der Unterthan welcher Rechte zu haben glaubt ein Rebell". B. 2 S. 39 der Uebersetzung von Diezmann „Die absolute Regierung sollte wenigstens nur Engeln anvertraut werden". S. 136. „Die Fürsten fürchten am wenigsten durch ihre Eitelkeit getäuscht zu werden; sio misstrauen Allen, nur sich selbst nicht". S. 234. „In Frankreich ist dio Rovolutionstyrannei ein vorübergehendes Uebel; in Russland ist die Tyrannei dos Despotismus eine permanente Revolution". B. 3 S. 23. Urtheil des Kaisers Nikolaus über constitutionello Verfassungen: „Ich begreife die Republik; es ist eine aufrichtige, ehrliche Regierung, sie kann es wenigstens sein; ich begreife auch die unumschränkte Monarchie, weil ich an der Spitze einer solchen Ordnung der Dinge stehe; aber dio repräsentative Regierung begreife ich nicht. Sie ist die Regierung der Lüge, des Betruges, der Bestochung; ehe ich sio annehme, weiche ich lieber bis nach China zurück. — — Diese infame Regierungsweise etc. Eb. 2 S. 13. Notitzen aus Thiers Geschichte der französischen Revolution. Zusätze zur Ansprache an Herrn v. Vincke, die in den Analekten Heft 2 S. 81—89 abgedruckt ist. Die Geschenke des Despotismus sind immer gefahrvoll. (Mirabeau.) Einmal nachgeben liiess immer nachgeben. Die Mitglieder der Rechten, waren, Ausländern gleich, theil-nahmlos bei allen nützlichen Erörterungen, hörten nicht darauf, unterhielten sich miteinander und erhoben sich nur dann, wenn es darauf ankam Rechte oder Freiheiten zu verweigern! 77 Bs ist seltsam dass der Adel, nachdem er dio Principien des Eigenthums so lange verletzt hatte, theils indem er Abgaben erhob, theils indem er keine Stenern entrichtete, plötzlich diese Principien so unerbittlich verfolgte als es sich um seine Vorrechte handelte. Er wiederholte den abgenutzten Grund der langen Dauer des Besitzes ein Grund der nichts beweist, denn nach ihm wäre Alles legitim, selbst die Tyrannei. Diese Menschen, welche keine Leidensehaft entschuldigt haben, überlassen sich ihren Leidenschaften rücksichtslos. Da die Aristokratie das was sie das TJebel nannte nicht hatte verhindern können, so wünschte sie jetzt dass die Masse möglichst Vieles verübe, um das „Gute" eben durch das Uebermass des Bösen herbeizuführen. Dieses System, aus Verdruss und Perfidie gemischt, welches man den politischen Pessimismus nennt, fängt bei den Parteien an, sobald sie Verlust genug erlitten haben, um auf das was ihnen übrig bleibt zu verzichten, in der Hoffnung Alles wieder zu gewinnen. Mit dieser Zeit fing dio Aristokratie an es zu üben, und oft sah man sie mit den heftigsten Mitgliedern der Volkspartei stimmen. Die Aristokratie conspirirte; die Volkspartei durfte mithin auch conspiriren; au kam es auf die Gerechtigkeit der Sache und das Recht war nicht auf Seiten derer welche dio Nationalversammlung sprengen und gegen die muthigsten Abgeordneten wüthen wollten. Man kannte nicht alle Entwürfe des Hofes, aber man wussto dass mehrere Volksvertreter bedroht, dass Gewaltthätigkeiten gegen die ausgezeichnetsten Mitglieder der Versammlung im "Werke waren. Wie thiitig auch die Macht sein mag, sie kann sich nicht überall gegen ein überall aufgeregtes Volk zeigen. Nicht mit Worten kann man ein sieh erhebendes Volk beruhigen. Der Hof, welcher niemals an eine allgemeine Revolution geglaubt hatte und sio immer als oino blosse Erneute der Pariser betrachtete, hatte die Provinzen bewaffnen wollen, um sio der Hauptstadt entgegenzustellen. Dieses Mittel jedoch schlug zum Vortheil dos Volkes ans, das es bewaffnete und in den Stand setzte die Sicherheit seiner Rechte zu überwachen. Alle Usurpation erfährt einen furchtbaren Rückschlag. Das sollte der Usurpirende bedenken, wenigstens für seine Kinder, die fast immer für ihn biissen. Geringfügige Anlässe vereinigten sich um die Wirkung der allgemeinen Ursachen zu unterstützen. Grossen Aufregungen folgt Ruhe und dieser Ruhe kleine Krisen bis grössere eintreten. Die Monarchie war durch nichts zu retten als durch Freisinnigkeit. Es gab nur ein Mittel der Einigung, eine freisinnige Monarchie. Der Hof hatte noch nicht Zeit gehabt, undankbar zu werden. Der Minister begnügte sieb mit unnützen Vorstellungen, die der König begründet fand, wenn or frei war; aber der Hof wusste die Wirkungen derselben bald zu vernichten. Kleine Mitte], die gewöhnliche Hülfsquelle einer schwachen Macht, wurden angewendet. Diese Sprache reizte die Gemüther tief, nicht gegen den König sondern gegen dio Aristokratie, deren Werkzeug er war. Nicht mit ein wenig Gold und geheimen Umtrieben bewegt man ein Volk von fünf und zwanzig Millionen. Das Wort eines Königs der ein ehrenhafter Mann ist, bietet eine schlechte Garantie für das Verfahren seines Ministeriums. (Mirabeau.) Ein düsteres Schweigen sei der erste Empfang dos Königs in diesem Moment des Schmerzes. Das Schweigen der Völker ist die Lehre der Könige. (Mirabeau.) Am folgenden Tage war der Hof seinem Stolze, das Volk seinem Misstrauen wiedergegeben und der unversöhnliche Hass nahm auf's Neue seinen Lauf. Diese neuen Entwürfe des Hofes zeigten dass er unverbesserlich sei, denn er conspirirte mitten in Paris. Alle Kriegsbefehlshaber waren Feinde der Revolution, weil sie ausschliessliche Inhaber der hohen Stellen und Gunstbezeigungen, jetzt auch das Verdienst zugelassen sahen. Aus dem entgegengesetzten Grunde waren die Soldaten der neuen Ordnung der Dinge geneigt. 4. Walilprogramm. Vorerinnerung. Das folgende Programm hatte ich zu den Wahlen des J. 1849 für den 85. Berliner Bezirk niedergeschrieben und in der ersten Versammlung desselben fand es erwünschten Anklang, als der Sprecher der Reaction, ein verdorbener Theolog, wie ich auch, ein Mann der seine Sympathien für die Republik sehr offen aussprach, wie ich nieht, eine Menge von Schwierigkeiten gegen das Schriftstück erhob, unter Anderm auch den Kostenpuuct, so glaubte ich, da die Reaction, Dank dem reichen Hrn. Griobenow und den zahlreichen Beamten die in dem Bezirke wohnten, in demselben ausserordentlich stark vertreten war, alle Schwierigkeiten dadurch beseitigen zu müssen dass ich erklärte: ich werde das Programm unter meinem Namen und auf meine Kosten drucken lassen, um es in unserem, wie auch in anderen Bezirken, wo man es wünsche, gratis zu vertheilen. So wurden die erhobenen Schwierigkeiten beseitigt und der Zweck in ausgedehnterem Maasse als ich erwartete erreicht. Denn es wurde nicht bloss in unserem Bezirke den Wahlen zu Grunde gelegt. 1. SchonbeidenWahlenunsererWahl m än u er m ii s s e n wir die sittlichen und politischen Eigenschaften mit denen wir unsere Deputirten ausgestattet zu sehen wünschen sorgfältig ins Auge fitssen. Denn wiedieWahl-männor sind, so werden auch die Deputirten sein. Durch roaetionüre "Wahlntänner können wir keine freisinnigen Deputirten erhalten. 2. Höchst unfruchtbar und nieist langweilig ist dabei ein Ergehen in unbestimmten und flachen Allgemeinheiten, die g r o s s e n t h o i 1 s von der Art sind dass der krasseste Reactionair sie eben so gut unterschreiben kann als der beg eis t erts te V olksfreund. Yie 1 zweckdienlicher sind praktische E i u z e 1 n h e i t e n von entschiedener Farbe und Fassung. Die Gesinnung eines Candidaten stellt sioli oft durch eine weitschiohtige Rede bei weitem nicht so klar heraus als durch die kurze Beantwortung einer praktischen Frage, wie z. B. folgende: Wenn Du in die Notwendigkeit versetzt wärest entweder den Herren Prediger Sydow oder den jetzt ins Zuchthaus gesteckten aber von Yielen hochverehrten Temme zu wählen: welchem von Beiden würdest Du Deine Stimme geben? 3. Bs kann nicht die Absicht sein die Männer unserer Wahl durch eine bestimmte Instruction binden zu wollen. Denn abgesehen von der Ungesetzlichkeit einer solchen stellen sich dio Dinge namentlich bei der Berathung durch Kammern in der Folge oft vio 1 anders als man sie sich dachte und denken konnte; man muss Rücksichten und Verhältnissen Rechnung tragen dio ausser aller Berechnung zu liegen schienen; muss sich mitunter begnügen ni cht sch 1 echtweg das B es te sdn dernnur das Gut e wassieh eben erreichen 1 ässtzu verfolgen:musszuweilen mit Unzulänglichem zufrieden sein, um nicht Wesentliches von höherer Bedeutung aufs Spi el zu setzen. Ohne dabei im Einzelnen mit den Hiiniem unserer Wahl zu rechten verlangen wir nur eins unter allen Umständen von ihnen bewährt zu sehen: ei n e wahrhaft v olks t Ii ü in-liche und freiheitsfreundliche Gesinnung. 4. Wenn wir aber auch nicht minder das Eingehen auf unberechenbare Einzelheiten als das Ergehen in unfruchtbaren und farblosen Allgemeinheiten ablehnen, so müssen wir doch über einige Lebensfragen unserer jetzigen politischen Verhältnisse bestimmte Grundansichten aussprechen, die wir bei der Wahl eines Abgeordneten unseren Wahlmännern ins Auge zu fassen dringend anempfehlen, so sehr (lass wir in einer Nichtbeachtung dieser Ansichten eine Verletzung unseres Vertrauens erkennen würden. 80 5. Zuniiolist werden wir alle darüber einig sein dass wir Revolutionen und Contrerevolutionen durch alle gesetzlichen Mittel für die Zukunft beseitigt wissen wollen; dass wir vielmehr auf dein Wo,ge der Reform eine duro Ii Vernunft und wuhres Recht zu begründende Entwickelung unserer Verhältnisse in völlig freierund von keiner Seitegestörter Dis-cuBsion verlangen. 6. Einen solchen Gang der Verhandlungen hat das jetzige Ministerium durch Octroyirung einer Verfassung unterbrochen; und da Wodurch bestimmte VersprecIiungen und iinz weideutige Gesetze verletzt worden sind, so wird gleich von vorn herein der Stund nnsrer Kammern ein sehr schwieriger. Denn wollten sie die gegebene Verfassung ohne Weiteres als rechtsgültig anerkennen, so würden sie nicht bloss dem Volke ein wohlgegründetes Recht vorgeben, sondern auch einen Vorgang (Präcetlenzfall) hinstellen auf den gestützt die Minister künftig Aehnliehes oder noch Aorgeres zu wagen sieh für befugt halten könnten. 7. Um solchen Gefahren vorzubauen und eine gesetzmässige, durch keine Gewaltthat zu unterbrechende Entwickelung unserer Verhältnisse zu begründen muss das für jetzt vorletzte Recht des Volkes durch entschiedene Massregeln als ein nicht anzutastendes gewahrt werden. 8. Dennoch aber wünschen wir dass man der Krone auf eine versöhnliche Weise entgegen komme, ihr wohlwollend die Hand biete zur Ausgleichung von Spaltungeil die für beide Theile höchst bedenklich werden können. Wie dies zu erwirken sei ohne dass den Rechten des Volkes zu nahe getreten werde, wie mit einer schonenden Form Entschiedenheit in der Sache zu paaren sei, das müssen wir einer umsichtigen und freimüthigen Berathung unserer Vertreter anheimstellen. 9. Wenn wirklich, vvie man erklärt hat, der Weg der Vereinbarung fortgesetzt werden soll, so müssen wenigstens diejenigen Paragraphen der Verfassung, in denen für die Rechte und Freiheiten bedenkliche Bestimmungen enthalten sind als gar nicht vorhanden betrachtet, die betreffenden Puncte müssen von vorn herein als erst zu vereinbarende, nicht bloss als zu revidirende hingestellt werden. 10. Zu diesen Puncten rechnen wir besonders die höchst gefährliche Gewalt welche den Beamten in Bezug auf die Suspension (zeitweise Aufhebung) der persönlichen Freiheiten gewährt wird. Die persönliche Freiheit soll bei uns eben so wie in England der Beamtenwillkür entrückt sein; keine vorgebliche Nothwendigkeit, die ja oft nur in dem Kopfe der Minister vorhanden ist, darf diesen ein Recht geben dio persönlichen Freiheiten — in den Belagerungszustand zu versetzen. 11. Ausgedohnto Freiheit wollen wir besonders für unsre Abgeordneten als solche. Sio s oll en nich t r ich t or-lieher "Wi 11 fährigkeit gegen dio Gewalthaber Preis gegeben werden. Wie in England soll was in den Kammern gesündigt ist auch nur von den Kammern gerichtet werden. Auch der Muthigste wird entmuthigt, wenn ein rachedurstiges Richtschwort fortwährend über seinem Haupte schwebt. Ohno freie Volksvertreter keine zuverlässige Volksvertretung noch ei no der en wü r di g e Verwaltung. 12. Als eine Bürgschaft, der Freiheit betrachten wir dio Schwurgerichte, aber nur dann wenn die Wahl der Geschworenen nicht ohne Weiteres den Beamten anheimgestellt ist, wenn der Angeklagto selbst wie in England, an der Wahl derselben einen negativen Antheil hat. Wenn dagegen der Fall möglich ist dass räch- und verfolgungssüchtigo, um Gunst und Beförderung buhlende Beamte ausschliesslich die GoscIiwornen wählen, so hat man ein Schwurgericht mehr zu fürchten als ein gewisses Oberlandesgericht. 13. Die den Ministern eingeräumte Gewalt auch ohne dio Kammern Gesetze zu erlassen scheint uns eine sehr bedenkliche, schon desshalb weil os oft schwer hält ein verfängliches Gesetz, das zu verhüten bei der Berathung in den Kammern sehr leicht goweson wäre, wenn os einmal gegeben ist, wieder aufzuheben, zumal bei einer Vertretung durch zwei Kammern. 14. Man versuche nicht uns hier wieder durch die schon so vielfach abgenutzte Aufforderung zum Vertrauen anzuködern. Besonnene Menschen sind gegen Alle und All es m isstr auisch, so gar gegen sich selbst; geschweige denn gegen Minister, die so vielfache Versuchungen haben oft mehr den Wünschen hochgestellter Persönlichkeiten als dem Wohle des Volkes zu huldigen. Ebenum nicht bloss den Beamten vertrauen zu dürfen gebrauchen wir eine Verfassung, die um so vorsichtiger abzufassen ist da die Verwaltung bis jetzt noch ganz den Anhängern des alten Systems Preis gegeben ist und diese weder durch ihr Verhalten vor dem 18. März noch durch ihr Verfahren nach dem 10. November das Vertrauen des Volkes zu gewinnen sonderlich bemüht gewesen sind. Für Fälle der Noth können dio Minister bis zum Zusammentreten der Kammern, das ja sehr schnell bewerkstelligt werden kann, sich mit Verordnungen und Verfügungen aushelfen; dasBocht der Gesetzgebung dagegen muss, wie in England, unbe-d i n g t, n u r d o n IC a m m e r n zustehen. 15. Nicht minder gefährlich scheint die den Ministern zuerkannte Macht aucli ohno Bewilligung der Kammern Steuern zu erheben. Das englische Parlament, namentlich das Unterhaus, hat seit Jahrhunderten 6 mit eiserner Consoquenz darauf beharrt dass ihm sein Reoht der Steuerbewilligung auch nicht im entferntesten verkümmert würde und dio Engländer erkennen os an dass sio dieser Consoquenz die Erringung und Behauptung ihrer Freiheiten verdanken. Wenn wir angeblicher Notwendigkeit halber, die sich bei der Schnelligkeit mit der die Kammern zusammen kommen können gar nicht begreifen lässt, auch den Ministern ein zeitweises Besteuerungsrecht bewilligen, so dürften wir leicht in ein Spiel von Noth wendigkeiten gerathen bei dem wir einen Theil unsrer Freiheiten vorspielen könnten. Wenn sich dagegen unsro Taschen dem Staate nur auf das Geheiss unseror Vertreter öffnen dürfen, so behält das Volk ein unfehlbares Mittel seino Freiheiten zu behaupten und, so weit es nöthig ist, weiter zu be-gr ii nden. 1(5. Alle bisher anerkannten Rechtsbegrilfo vorletzt dio für jetzt von den Ministern genommene und damit auch für dio Zukunft in Aussicht gestellte Befugniss über Orte und Districte in denen weder ein Aufruhr*) noch eine Belagerung stattfindet, den Belagerungszustand zu vorhängen. Eine für Rocht und Gosetz und Freiheit so uner messlieh gefährliche Waffe darf denlfii nden der Minister nicht übergeben werden. Selbst da wo der Belagerungszustand mit Recht verhängt wäre dürfen wir fordern dass er aufgehoben werde, sobald der Aufruhr unterdrückt ist. 17. Wir vermeiden es noch weiter auf Einzelheiten, deren noch manche vorliegen, ausführlicher einzugehen, um noch einige Wünsche im Allgemeinen anzureihen. Dio ganze octroyirte Verfassung deren bezüglichen Worth als Vorlage zur Vereinbarung man immerhin anerkennen mag, muss so geläutert und gesichtet worden dass die Einzelnen wie das Ganze durch Massregeln der Willkür sich nie und nirgends gefährdet sehen. Denn Willkür ist Tyrannei und Tyrannei ist ärger als Despotismus. So muss die h a b o a s - c o r-pus-Acto eine Wahrheit werden und bleiben und darf am wenigsten der Discretion von Offizinren, deren Rechtsbewusstsein oft ein sehr eigen-thümliches ist, Preis gegeben sein. Das Abs ociations recht, was in England seit Jahrhunderten besteht, ohne dass der Staat darüber untergegangen wäre, darf uns nicht nach dem Belieben ängstlicher *) Nach Eberhard (Synouymik 170.) ist Aufruhr in der hier bezüglichen Bedeutung: „ein Auflauf, der mit Gewalttätigkeiten und Widersetzlichkeit gegen die Obrigkeit begleitet ist". Aehnlich erklärt Adelung das Wort als „eine gewaltsame Verteidigung mehrerer des Ungehorsams gegen die Obrigkeit, da os denn eigentlich einen noch höheren Grad der Widersetzlichkeit bedeutet als Empörung". Aus welchem Wörterbuche das jetzige Ministerium seine Begriffe über Aufruhr und Belagerung entnommen als es Berlin in Belagerungszustand versetzte, wird wohl erst zu entdecken sein. oder zu dienstfertiger Beamten verkümmert werden. Dio Pressfreiheit, welche in oben diesem England so namenlos wohltkätig gewirkt hat, möge nicht durch terroristische Gesetze beschränkt werden und soweit sio etwa noch bestehen, muss man nicht säumen andere, die dor fortgeschrittenen Bildung würdig sind, an ihre Stelle zu setzen. Ueberhaupt aber fordern wir dringend dio Abstreifung der eines freien Volkes unwürdigen Fesseln, mit denen dor Feudalismus und Despotismus vergangener Jahrhunderte, wie dio in deren Sinne handelnde Verwaltung der drei und dreissig Jahre uns belastet hat. 18. Nur Männer, bei denen Grundsätze wie wir sie im Obigen ausgesprochen haben nicht bloss Phrasen, sondern sio innig und tief durchdringende Wahrheiten sind, k ö 11 n e u es uusrer Ueberzeugung nach mit dem "Wohl und der Freiheit des Volkes wahrhaft redlich meinen; nur sio verdienen von uns als Wahlmänner erkoren zu werden, weil wir nur durch sieDeputir teer langen können welche dio Rechte und dio Freiheiten und die Wohlfahrt des Volkes dauernd zu begründen im Stands sind. Solche Männer aber zu suchen ist jetzt die heiligste unsrer Pflichten, um so mehr, da kein Volk in Europa so sehr als das unsrige ausgezeichneter Vertreter würdig ist, würdig durch Edelmuth und Bildung, würdig durch Sinn für Recht und Sitte, würdig durch L i eb e zur Ordnung und Fr ei h ei t. 6* Ueber PI agiatwerke. Den frechen Proteotionsbündnern gewidmet. Ueber dio handlichste Art Schulausgaben zu fertigen. Ne falcem in alienam messein! Herr F. K. II ort lein hat von Xenophons Anabasis eine Bearbeitung geliefert die der Hauptsache nach denselben Zweck verfolgen soll den die meinige sich zur Aufgabe gestellt hat. Eine solche Con-eurrenz hat manches Bedenkliche. Hr. Ilortlein hat dies selbst anerkannt. „Es kann sehr gewagt schoinon, sagt er, mit einer neuen Schulausgabo der Anabasis neben der anerkannt vortrelflichen Arbeit Krügers hervorzutreten, und ich habe mir das Bedenkliche dieses Unternehmens nicht verhehlt-1. "Wer wirklich meine Arbeit als eine vortreffliche anerkennt, kann dies doch wohl nur desshalb weil sie alle vernünftige 11 Anforderungen die man an ein solches Buch machen darf im Wesentlichen befriedigt. Wenn dies aber der Fall wäre, wie konnte dann Jemand dem sein schriftstelliseher Ruf und seine sittliche Ehre am Herzen liegt eine in so hohem Grade gleichartige Arbeit zu unternehmen wagen? Denn was darf ein Schriftstoller da vorzufinden erwarten wo die Ernte bereits gehalten ist, wo nur noch eine Achronlese vorliegt, die ein nicht ganz Armer gern den Aermsten überlässt? Und wie kann ein Nachfolger bei solch einer Arbeit umhin bei jedem Schritte in dio Scheuern seines Vorgängers einzugreifen, bei jedem Schritte sich dem schmachvollen Vorwurfe des Raubes auszusetzen ? Nicht ungefährdet wird man der Nachfolger eines tüchtigen Vorgängers. Nicht bloss bei dem was Sache dos Talentes ist, sondern selbst bei Dingen die nur Zeit und Fleiss erfordern muss der Nachfolger Gefahr laufen. Wenn er z. B. von den mit grosser Mühe und sorgfältiger Auswahl gemachten Sammlungen des Vorgängers so viel er davon oben zu bedürfen glaubt sich aneignet — muss er nicht auch hier als Entwendor erscheinen ? Er hat diese Arbeit nicht selbst gemacht und lässt sie sich bezahlen; bezahlen zum Nachthcilo dessen der sio gemacht hat. Wäre das kein Raub? "Wäre der welcher mir dio Arbeit eines Jahres wognimmt um ein llaar besser als der welcher mir das mit dieser Arbeit etwa verdiente Geld entwendet? Uober diesen so wichtigen Punct hat Hr. Hertlein sehr harm-loso Ansichten. „Die Leistungen meiner Vorgänger, besonders Krügers, habe ich, wie sich von selbst versteht, bemitzt, und ich lioifo dass auch die Art, wie es geschehen, nicht missbilligt werde". "Was Andere darüber denken oder sagen werden wollen wir abwarton. Aber auch ich habe ein Recht in dieser Sache ein Wort mitzusprechen; hab' os, mein' ich, mehr als irgend ein Anderer. Und so stell ich donn Hrn. Hertlein und Jedem der sie beantworten will die Frage: Ist es sittlich erlaubt aus der Arbeit eines Vorgängers für ein gleichartiges, für eine gleiche Classe von Lesern bestimmtes Werk, für ein Werk das offenbar jener Arbeit Abbruch thun soll und muss, etwa die Hälfte dessen was dieses Werk überhaupt bietet dem Vorgänger zu entnehmen? Oder wäre es in einem solchen Falle nicht schon ein unverantwortlicher Raub nur ein Drittel oder selbst ein Viertel dem Vorgänger zu entwenden, zumal wenn das Entwendete von dem Gehalt wäre dass die eignen Leistungen des Entwenders dagegen wenig oder gar nicht in Betracht kämen? AVer sich von gestohlenem Spiritus Branntwein bereitet, soll mich nimmermehr überreden dass der Branntwein sein rechtmässiges Eigenthum sei, weil er ihn zu bereiten eines Zusatzes von Wasser bedurft habe das aus seinem Brunnen geschöpft sei. Doch Hr. Hortlein konnte nicht anders handeln als er gehandelt hat, weil er oben so handeln musste; und er musste so handeln, „weil in einer Sammlung der alten Classiker für den Gebrauch der Schüler schon der Vollständigkeit wegen Xonophons Anabasis nicht fehlen dürfe". „Der Vollständigkeit wegen"! Ist denn die Sammlung iu irgend einer Art eine vollständige? oder beschränkt sie sich nicht vielmehr bloss auf einzelne Schriften einzelner Schriftsteller? Aber gesetzt auch, Xonophons Anabasis wäre für die beliebte Vollständigkeit unerlässlich, würde donn die Sammlung unvollständig sein, wenn dio Anabasis in der bestimmten Weise bearbeitet in einem andern Verlage erschiene als im Weitlmannschen ? Mussten, falls ein solches Werk bereits erschienen war, Verfasser und Verleger geplündert, beraubt werden, um nur der Weidmannsclien B. den freilich ausserordentlich currenten und in sofern für ihre „Sammlung" durchaus wünschenswerten Artikel in die Händo zu spielen? Ist donn ein solches Spiel mit fremden Karten ein ehrliches Spiel? Wenn ein neuer Ansiedler in dem von ihm eingenommenen Gebiete eine fruchtbare Enclavo vorfände, dio bereits ein Anderer in Besitz genommen und aufs Beste angobaut hätte, würde or es sich erlauben dürfen von der Enclavo unentgeltlich zu 86 rauben was er etwa gebrauchte um soin Gobiet abzurunden, „zu vervollständigen"? Ilr. Her tiein kann nicht anders, seiner Praxis nach muss or diese Frage mit ja beantworten. Ein anderer Grund durch den Hr. Hortlein sich darüber dass or ernten will wo ich gesät habe zu entschuldigen sucht ist dio Behauptung „dass dor Sammlung von welcher diese Ausgabe einen Theil bildet, doch ein in mehrfacher Beziehung anderer Plan zu Grunde liege als der Arbeit von Krüger". Klägliche Ausflucht, deren Nichtigkeit Jeder der moino Aus-gabo und den fraglichen Plan kennt auf den ersten Blick einsieht. Im "Wesentlichen sind dio von den Redactoren aufgestellten Grundsätze dieselben welche ich bei meiner Bearbeitung dor Anabasis befolgt habe; und yermuthlich irr' ich nicht, wenn ich glaube dass gcrado der ausgezeichnete Erfolg meines Werkes das Weidmannsche Unternehmen gezeitigt habe. Die Ausführung aber dürfte der Ideo nach dem gedachten Plane rücksichtlich allor wesentlichen und vernünftigen Anforderungen in meiner Arbeit ungleich mehr entsprechen als in Hrn. Hertleins Ausgabe. Als dritten Grund zur Rechtfertigung seines Unternehmens giebt Hr. Ilertlein die Bemerkung: „dass die Kriigorscho Ausgabe nur auf solchen Anstalten gebraucht werden könne au welchen die griechische Grammatik desselben Gelehrten eingeführt ist. Für solche Schulen nun, fügt er hinzu, auf welchen dies nicht der Fall ist habe ich zunächst meine Ausgabe bestimmt". Nach dem Plane der Redactoren soll „eine Grammatik nur in solchen seltenen Fällen citirt werden, wo sich die Schwierigkeit einer Stelle durch die nicht leicht bemerkbare Unterordnung unter eine grammatische Regel heben lässt". Nach Hrn. Hertleins "Verfahren würde es in dor ganzen Anabasis nur eine einzige Stelle der Art geben. Wenigstens hat er nur Ein Mal. so viel ich weiss, eine Grammatik citirt. Nach meinen didaktischen Erfahrungen dagegen giebt es solcher Stollen für den Schüler überall ausserordentlich viele. Darum muss es mir als völlig unbegreiflich erscheinen, wie man bei der Abfassung von Schulausgaben, zumal griechischer Schriftsteller, der Grammatik entrathen könne. Eine Schulausgabe die keine Grammatik zu Grunde legt ist in der Tiiat für keine Schule tauglich. Dabei aber ist nichts gewisser als dass meine Anmerkungen zur Anabasis, auch wenn man alle Verweisungen auf dio Grammatik wegstreicht, immer noch viel mehr Aushülfe bieten werden als die Hertleinsche. Eine Bearbeitung der Anabasis nach der meinigen war an sich keino Ilias post Homerum. Bs liegt in dem Wesen dor menschlichen Schwäche dass auch der Floissigste, selbst wenn or die erforderlichen Fähigkeiten im Allgemeinen besitzt, bei einom so vielseitig die Kräfte in Anspruch nehmenden Werke nicht Alles zu leisten vermag. Ein Nachfolger der mit Talent und Floiss selbstständig arbeitet wird 87 boi jedem Schritte noch oino reiche Nachlöse vorfinden. Wenn er aber, selbst achtbar, mit einem achtbaren Gegner in dio Schranken zu treten wagt, so ist er es seinem Rufe und seiner Ehre schuldig danach zu ringen dass er soinon "Vorgänger, wenn nicht in allen, so doch in manchen Beziehungen überflügele. Dies anerkannt fragen wir: in welchen Partieen der Arbeit hat sich Hr. Hcrtlein hervorragende Verdienste erworben? Wodurch hat er seinen Beruf mit einem nicht go-missachteten Gegner zu wetteifern bekundet? Hat er etwa mit der Erläuterung der geographischen Schwierigkeiten sich bemüht ? Dio Notizen welche er über einzelne Namen einstreut sind zum Theil noch dürftiger als was mein geographisches Verzeichniss enthält. Hat er dio Aufklärung der militärischen Schwierigkeiten sich angelegen sein lassen? Ueber sie folgt er sklavisch meinen Annahmen. Hat er sich um dio Entwickelung sprachlich schwieriger Stellen verdient gemacht? Auch hier folgt er fast überall ängstlich meinen Erklärungen. Hat er mit eindringender Schärfe Sinn und Zusammenhang der Rede zu erläutern gowusst? Nur selten bietet er etwas der Art das nicht von mir entnommen wäre. Hat er durch grammatische Studien die auf eignem Boden ruhen über eine Masse von Einzelheiten Licht verbreitet? Was er in dieser Hinsicht giebt ist in der Regel aus meinen Ausgaben oder aus meiner Sprachlehre entnommen Hat er vielleicht meine Vorgänger sorgfältig verglichen, um aus diesen Manches von mir Uebersehene nachzutragen? Auch diese Aehrenlese, die allerdings noch manches gute Körnchen liefern konnte, hat er gescheut: ich wüsste nicht dass er irgend etwas Anderes aus ihnen darböte als was meine grössere Ausgabe enthält. Hat er durch fleissige und zweckmässige Sammlungen aus den Schriftstellern selbst zur Erläuterung des Buches gute und zahlreiche Beiträge geliefert? Das Meiste und Wichtigste hat er aus meinen bezüglichen Arbeiten abgeschrieben, wo ihm Alles so hübsch bequem zurecht gelegt, Alles so erwünscht vorbereitet war Wenn man von seinen Zuthaten die Masse des Ueberfiüssigen, Unpassenden, Ungehörigen, oft Zweckwidrigen auscheidet, so bleiben nur einige Dutzend Stellen übrig zu denen er mehr oder weniger erhebliche Citato liefert. Und doch ist dieser Punct dio Lichtseite dos Buches, denn was von seinen eignen exegetischen oder grammatischen Bemerkungen die Prüfung besteht ist so wenig und meist so geringfügig, dass es im Allgemeinen kaum in Betraoht kommen kann. Boi seiner Gewandtheit im Abschreiben hat Hr. Hertloin doch • nicht einmal mit Plan und Consequenz abzuschreiben vorstanden, hat er oft Entbehrliches aufgenommen und Unentbehrliches übergangen. Seine Hauptrücksicht war dio wunderliche Bestimmung dass „die Noten nicht mehr als den vierten Tlieil jeder Seite einnehmen sollen". Diese Bestimmung jedoch, die er für das was sie ist, für einen unerwognen Einfall, nehmen musste, wird nur einen Theil der in dieser Hinsicht begangenen Ineonsequenzen entschuldigen. Dass oin literarischer Abschreibor das Abgeschriebono vielfach verhunzt ist in der Ordnung. Um nicht wörtlich abzuschreiben ändert or und verdirbt. Er glaubt gelegentlich verbessern zu können und verschlechtert. Er lasst zuweilen das Vorliegende anders auf als es gemeint war und giebt es entstellt wieder. Fälle der Art wird man auch bei Hrn. Hertlein nicht vergebens suchen. Hieran schliessen wir einige Bemerkungen über dio Art wie Herr Hertlein mich gewöhnlich ab- oder ausschreibt ohne mich zu nennen. "Wenn er mich überall nicht genannt hätte, so wäre darüber nicht viel zu sagen. Da er aber in oder unter einigen Anmerkungen meinen Kamen erwähnt, so wird Jeder verleitet vorauszusetzen dass so ziemlich alles Ucbrige nicht von mir herrühre. Dennoch aber hat er von meinen Anmerkungen eine beträchtliche Anzahl, zum Theil solche, die Schwierigkeiten lösen oder umfassende Beobachtungen enthalten, wörtlich oder so gut als wörtlich abgeschrieben ohne mich zu nennen. "Was soll diese Inconsequenz ? Kann sie etwas anders wollen als was sio erzielt — Täuschung. Eino Täuschung verwandter Art scheint es, wenn Herr Hertlein von mir entlehnte Anmerkungen an eine andere Stelle verpflanzt. Bei der Masse des von mir Entlohnton mussto allerdings möglichst dahin gestrebt worden durch feine Griffe dio Fülle des Entwendeten weniger auffallend zu machen. Aber was ist es donn, dürfte man einwenden, wenn Jemand auch eine noch so grosso Anzahl grösstenteils sehr kurzer Anmerkungen ohne "Weiteres entwendet? Ist denn das eine so arge Beraubung? Wer so fragt beweist nur dass er von der Sache um die es sich handelt Nichts versteht. Denn bei meinen kurzen Noten hat mir Nichts mehr Notli gemacht als oben ihre Kürze. Einem grossen Theile nach enthalten sie dio Ergebnisse umfassender Untersuchungen mancherlei Art, aus denen das Wesentlichste herauszuschälen und in eine gediegene Form zu fassen nicht so leicht war als Unkundige wähnen mögen. Für Vieles bedurfte es mühsamer und umfassender Forschung, für Andres Jahre langer Beobachtung — um der Fingerfertigkeit eines gewissenlosen Abschreibers eine bereite Beute darzubieten. Es kann einem ohrlichen Manuo begegnen dass or übereilt zur Bearbeitung einer Schrift seine Dienste zusagt, weil or mit den bezüglichen Leistungen nicht hinlänglich bekannt ist. Auch Hr. Raphael Kühner hatte schon vor einer Reihe von Jahren für dio Gothaischo bibliotheca gr. Xonophons Anabasis zu bearbeiten unternommen. Dass er sie jedoch immer noch nicht herausgegeben hat, obgleich sio schon vor Jahren „unter der Prosso" gewesen ist, verräth, wio os scheint, oinon Mann von Ehre, der das Buch entweder gar nicht liefern will oder so dass es nicht grösstentheils bloss Abgeschriebenes enthält Das „unter der Presse", das Drängen dos Vorlegers, der natürlich einen currenten Artikel möglichst bald auf den Markt zu bringen wünscht, kann in einem solchen Falle einen Ehrenmann nicht verlocken. Er 89 denkt, besser dio Erfüllung seiner Zusage wie lange immer vertagen oder gar sieh von ihr entbinden lassen als ein Diebesgosclüift machen. Wir wollen gern annehmen dass auch Hr. Her11 ein nur durch eine übereilte, unerwogone Zusage zur Bearbeitung der Anabasis veranlasst worden. Wio aber sollen wir es erklären dass ihn während der Arbeit selbst keine sittlichen Regungen von der Ausführung abmalinten ? Der Mann muss in der That ein sehr gutes Gewissen haben, wenn es gutwillig genug war bei einer so frevelhaften Freibeuterei sich schweigsam zu verhalten. Oder haben ihn etwa politische Gründe geleitet? Glaubt er etwa an das Evangelium der reichen Reactionäre, dio, ächte Communisten in ihrem Sinne, der Meinung sind, die Ar-boiton der Aermern seien dazu bestimmt auf dio eine oder die andere Weise von den Reichen ausgeboutet zu werden, und meine bezüglichen Leistungen seien also naturgemäss eine gute Prise für die Weidmannselio Buchhandlung? Nichts ist gewöhnlicher als dass man bei dem Kampfe für seine Interessen das allgemeine Beste mit vertritt: man übt ein Recht und erfüllt eine Pflicht. Dass es im vorliegenden Falle so sei, ist einleuchtend. Wenn jedem literarischen Raubvogel gestattet wäre über jedes beliebige Werk sich horzustürzon, um davon zu verschlingen so viel ihm zusagt: wer möchte da noch Lust behalten Zeit und Floiss und Talent auf dio Abfassung schwieriger Schriften zu verwenden? Der redliche Arbeiter kann mit den "Verkäufern gestohlener Waaren nicht Preis halten; er sieht sich um die Früchte seiner Arbeit geprellt; ein Andrer erwirbt was er verdient hat. Was aber anfangen, da die Pressgesetzgebung in Bezug auf solche Fälle sehr unzureichend ist? Es wird den Vorsuch gelten; oder man muss sich selbst helfen, so weit man es vermag. Da dio Weidmannsehe Buchhandlung meine Aufforderung mir Genugtuung zu leisten theils abgelehnt, theils mit Stillschweigen beseitigt hat, so wäre ich ganz in meinem Rechte, wenn ich Repressalien gebrauchte. Was sie und einer ihrer Arbeiter, für den sio meines Erachtens in einem solchen Falle gesammtverbindlicli einstellen muss, gegen eins meiner Werke sich erlaubt haben, würd' ich mir gegen jeden ihrer bezüglichen Verlagsartikol gestatten dürfen. Man wird einwenden dass dabei doch nicht bloss dio Buchhandlung sondern auch die Verfasser dieser Artikel, also Unschuldige, mit leiden würden. Vielleicht: vielleicht auch nicht. Jedenfalls erfahren diese Männer jetzt was für einen Nacharbeitet' sie in mir zu erwarten haben und es ist ihre Schuld, wenn sio os auf dioso Gefahr wagen sich weiter mit der Weidmannsehen Buchhandlung einzulassen. Wagen sie es trotz dieser Warnung, so gebe ich ihnen mit Vergnügen dio Versicherung dass ich mich bemühen werde ein gediegnerer und gewissenhafterer Nach-arbeiter zu sein als Herr Hort lein. Denn wollte ich das Geschäft mit eben der Leichtigkeit wie dieser mir von der Hand golien lassen, 90 so würde ieli ungefährinur ein Jahr gebrauchen um die ganze Weid-mannsche Sammlung, Herausgegebenes und Herauszugebendes, von Stapel laufen zu lassen. Motto: Sage mir mit wem du gohst und ich sage dir wer du bißt. 8 p r i c h w o r t. In meiner Schrift „über dio handlichste Art Schulausgaben zu fertigen" liab' ich den Beweis geführt dass Herr Hertloin in der für dio Weidmannsohe Buchhandlung angefertigtenAusgabe der Xcno-phontischen Anabasis seine Anmerkungen gros-sentheils wörtlich oder so gut wie wörtlich aus meiner Scliulausgabo desselben Werkes abgeschrieben hat. Für einen ehrenhaften Schriftsteller und eine ehrenhafte Buchhandlung giobt es meines Wissens keine schmachvolloro Beschuldigung als die durch ein fremdes Eigentumsrecht schnöde verletzende Boraubung Gold zu machon. Jo mehr Männer die über literarisches Eigenthum nicht sehr communistische Ideen haben hierüber einstimmig sein dürften, desto sicherer erwartete ich dass man wenigstens einen Yorsuch machen würde dio schmähliche Beschuldigung abzulehnen und irgendwie wenigstens einen, wenn auch noch so schwachen, Schein zu retten. Meine Erwartung ist bis jetzt nicht erfüllt worden. H. Hertloin, der mein Werk so rücksichtslos ausgebeutot hat, schweigt; dio Herren Haupt und Sauppe, unter deren Banner die Beute gemacht ist, schweigen; dio Weidmann s c h o Buchhandlung, die mit der B o ut o handelt, schweigt. Alles schweigt. Schweigen denn aber auch das Gewissen und das Ehrgefühl? Wenn das Gewissen in einem solchen Fülle schweigt, so ist es in der That ein gutes Gewissen. Wenn das Ehrgefühl in einem solchen Falle schweigt, so ist os ein heroisches Ehrgefühl. Giobt es aber in einer solchen Sache etwas beredteres als ein so einstimmiges Schweigen? Ein kluger Rabbi hatte den Grundsatz:. Alles Geld ist koscher; der grosse Kaiser Yospasian bewies dass auch mit Gestank erworbenes Gold nicht stinke. (Suet. Yesp. 23) Sollen diese weisen Lehren auch von Schriftstellern und Buchhändlern zur Geltung gebracht werden? Berlin am 4. August 1850. K. W. Krüger. Ueber Plagiate, eine Deuterologie. Am 15. Januar (1. J. 1851 erhielt ich von der Woidmannsehen Buchhandlung ein Blatt zugesandt in dem gesagt wird dass Herr Prof. 91 Hcrtloin sich in Jahns Jahrbüchern LIX, I. gegen die Angriffe -welche ich in moiner Schrift „Uebcr dio handlichste Art Schulausgaben zu fertigen" gegen ihn gerichtet vertheidigt habe. Ich säumte nicht mir das fragliche lieft anzuschaffen und will Hrn. Iis. Erklärung sofort Satz für Satz zergliedern. Denn or soll mir den Vorwurf nicht machen den ich gegen ihn zu begründen hoffe, dass er von Allem worauf 08 wesentlich ankommt keine Zeile beantwortet, keine Zeile angefochten, keine Zeile widerlegt, keine Zeile auch nur zweifelhaft gemacht habe. „II. Krüger sagt or hat mieli in seinem Schriftchen „Uober die handlichste etc." wogen meiner Ausgabe der Anabasis in einer Weise angegriffen dio mich der Notwendigkeit gegen ihn selbst auch nur ein Wort zu verlieren überheben könnte". [Kniff dor Brüderschaft.] Seltsame Ueberhebung! Worauf gründet sie sich ? Etwa darauf dass ihm einzelne meiner Worte nicht gefielen? Konnte denn sein Verfahren mir so gefallen dass er auf gefälligere Worte einen Anspruch hätte? Wer die Sache nach Gebühr veranschlagt wird es anerkennen dass meine Ausdrücke sehr gemessen, ja sogar verhältniss-mässig sehr glimpflich seien. Der Beweis liegt auf der Hand. Kein unparteiischer Beurtheiler kann es läugnen dass II. Hertlein das Geschäft eines Plagiarius an meiner Ausgabe der Anabasis ausgeübt. Plagiarius aber heisst, in ehrliches Deutseh übersetzt, nach Hcyse's Fremdwörterbuch „ein Büclierausschreiber oder Abschmierer, Gedankendieb oder Gedankenräuber, Schriftdieb; auch wohl Büchcrplünderer". Von diesen oder ähnlichen Ausdrücken enthält meine Schrift auch nicht einen; sie spricht höchstens unpersönlich einige Male von Entwendung oder Beraubung: Worte die sieh auf die propriotas verborum gründeten, über deren Berechtigung H. II. sich als Philolog am besten aus dem Quinctilian Belehrung entnehmen kann Seine jetzigen Ansichten sind wirklich noch zu wenig antik. Nach seiner naiven, gar zu modernen Andeutung wäre z. B. ein Dieb „der Notwendigkeit" einer joden Verteidigung „überhoben", sobald der Ankläger sagte, besagter Dieb habe gestohlen. Ich liege darüber andre Ansichten und empfehle Hrn. II. zur Prüfung meinen Grundsatz: Wallrheit und Recht sind nicht unanständig, wenn sio auch in scharfen und schneidenden Formen erscheinen; Unwahrheit und Unrecht, wenn auch mit noch so höflichen Worten umkleidet, sind gemein und niederträchtig. In vorliegendem Falle lag die Sache einfach so. Wenn ich die Sache mit scharfen aber meiner Ueberzeugung nach wahren Namen benannt habe, so konnto H. H. nichts Besseres thun als beweisen dass die Namen eben nur scharf aber nicht wahr seien. Dies war nur bei einer genauon Zergliederung meiner Vorwürfe möglich, der sieh zu unterziehen Hrn. H. oben so sehr seine literärischo als seine rein menschliche Ehre verpflichtete. 92 „Dom golehrton Publicum gegenüber, lieisst es weiter, finde icli mich abor zu folgender Erklärung veranlasst". Wenn auch H. II, hiernach nicht eigentlich gogon mich gesprochen hat, so darf ich doch schon als Mitglied des gelehrten Publi-cums gogon ihn sprechen. „Meine Ausgabe, sagt or, sollte nicht und wird auch nicht mit der Krügersehen coneurriren". „Sollte nicht, wird nicht". Ist es denn nur möglich dass zwei so wesentlich ähnliche Zwecke verfolgende Arbeiten mit einander nicht eoneurriren können ? „Dio letztere, meint II. II., kann, wie schon ein flüchtiger Blick in dieselbe zeigt, nur in solchen Schulen gebraucht werden, in welchen die Grammatik dos Herausgebers eingeführt ist. Dort wird sio aber auch sicher allein gebraucht werden". Der Blick der das zeigt muss ein sehr flüchtiger sein. Ich habe erklärt: „Nichts ist gewisser als dass meine Anmerkungen zur Anabasis, auch wenn man alle Verweisungen auf dio Grammatik wegstreicht, immer noch viel mehr Aushülfe bieten werden als die Hortleinschon". (Handlichste Art S. 86). Hat H.H. diese Behauptung widerlegt? Nein. Kann er sie widerlogen? Ich fürchte es nicht. Ein Beurtheiler der mein Buch lange gebraucht hat, H. Karl Sintenis, erklärt ausdrücklich dass der Gebrauch meiner Sprachlehre zwar die wesentlichste aber doch nicht die einzige Bedingung der vorzüglichen Brauchbarkeit meines Buches sei. Dies bestätigt der Absatz. Denn os worden viel mehr Exemplare an Orten wo meine Sprachlehre nicht eingeführt ist als an denen wo sio eingeführt ist verkauft. So sind, um ein auffallendes Beispiel vom Auslande zu erwähnen, zu Kopenhagen im Jahre 1849 nicht weniger als 25 Exemplare abgesetzt. Im Oetober 1850 sind von Leipzig allein unter 96 Exemplaren 58 nach Orten verlangt an denen meine Sprachlehre nicht gebraucht wird, wie mein Coinmissionair bestätigen kann. So steht es mit einer Behauptung die II. H. sich nicht scheut als „sicher" auszusprechen. „Von einer pocuniären Beeinträchtigung II. Krügers von meiner Seite kann also nicht dio Rode sein, so dass alle dio unerhörten Ausfälle, die er in dieser Beziehung sich gegen mich erlaubt hat, auch nicht entfernt durch mich veranlasst sind". Das wagt der Mann in die Welt, hineinzuschreiben! Ist es denn kein pocuniürer Verlust für mich, wenn ich um mit seinem Buclio eoneurriren zu können, genöthigt bin das meinigo bei einem beträchtlich grösseren Umfange auf die Hälfte des Preises herabzusetzen? Ist es keino Beeinträchtigung, wenn dio Bezahlung für den von mir abgeschriebenen Theil meiner Arbeit in fremde Taschen fliesst? Ist es keine Beeinträchtigung, wenn dadurch mittelbar auch dem Absätze meiner Sprachlehre geschadet wird? Und dabei wirft II. II. mir unerhörte Ausfälle vor! Er hätte sio verwirkt, da die Art wio or mein 93 Buch „benutzt" hat in ihrer Art unerhört ist. Oder kann er mir ein Beispiel nennen dass irgend ein nur halbwege anständiger Philolog einen noch lebenden Vorgänger auf eino so droisto Weise ausgeschrieben hätte? In dieser Beziehung ist H. H. mustergiltig. Aber worin bestehen donn meine „Ausfälle"? Warum hat II. H. sie nicht nachgewiesen? Oder hält er es für Ausfälle wenn man dio klare, baaro Wahrheit unverschleiert vorträgt? Wem diese sogenannten Ausfälle unerhört scheinen der muss wahrlich in der Art blutwenig gelosen haben, nicht einmal Lessings Werke, die doch jedem gebildeten Deutschen bekannt sein sollten. „Dio früheren Ausgaben, fährt H. II. fort, so weit sie mir zu Gebote standen, und also auch dio Krügerscho Schulausgabo habe ich natürlich benutzt". Ich hatte S. 5 gegen H. H. gesagt: „Hat er vielleicht meine Vorgänger sorgfältig verglichen, um aus diesen manches von mir Uober-soheno nachzutragen? Auch diese Aohrenleso, dio allerdings noch manches gute Körnchen liefern konnte, hat or gescheut: ich wüsste nicht dass or irgend etwas Anderes aus ihnen darböte als was meine grössere Ausgabe enthält". Das ist eine bestimmt genug formulirte Beschuldigung; Warum geht er auf sie nicht ein? warum zeigt er nicht durch eine Reihe von Belogen dass sie unwahr oder wenigstens übertrieben sei ? „Dies muss, heisst es, einem jeden Herausgeber freistehen und H. Krüger hat es in seiner Ausgabe, wie in der des Thukydides ebenfalls gethan, in welcher letzteren er sehr Vieles aufgenommen hat, was er auch nur Hrn. Poppo entnehmen durfte". Das also müsste Jedem olino Weiteros und in beliebigem Umfange freistehen ? Und II. Hertlein wagte es zu behaupten, ich habe es so gemacht wie er ? Ich will ihm sagen was ich gethan habe. Aus den Bearbeitungen Verstorbener habe ich zur Anabasis eine verhältniss-mässig gar nicht sehr grosso Anzahl von Einzelheiten aufgenommen und durfte dies, weil ich für eine ganz verschiedene Classe von Lesern arbeitete, für die jene Werke gar nicht brauchbar waren. Von Hrn. Bornomann's und Poppo's Arbeiten habe ich sehr Weniges aufgenommen und durfte das Wenige schon desshalb benutzen, weil auch sie meine Schrift de authontia etc. benutzt hatten. Ein Recht noch lobende Vorgänger auszubeuten hat man nur dann, wenn dio eignen Leistungen bei Weitem das Uoberwiegonde sind. Benutzung steht dann frei und ist Pflicht; massenhafte Abschreiberei ist Raub. Auch beim Thukydidcs ist mein Verfahren ein vollkommen gerechtfertigtes. Denn einmal ist meine Ausgabo nach Zweck und Plan völlig verschieden von der Herrn Poppo's. Sodann habe ich keineswegs etwa bloss diese benutzt. Von Valla bis auf Göller herab hab' ich Uebersotzer und Erklärer des Schriftstellers sorglich selbst verglichen; habe aus ihnen Vieles entnommen was II. Poppo nicht 94 beachtet oder verschmäht hatte; habe endlieh durch vieljährige Beschäftigung mit dem Thukydides und mannigfache Leistungen für denselben meinen Beruf zum Bearbeiter dieses Schriftstellers bekundet. Wodurch aber hat H. H. seinen Beruf zum Erklärer der Anabasis bewährt? Die Fragen, um die es sich hier handelt, haben meine „Ausfälle" (S. 87.) ihm sehr bestimmt ausgesprochen. „Hat or, heisst. es dort, mit der Erläuterung geographischer Schwierigkeiten sich bemüht? Hat er die Aufklärungen militärischer Schwierigkeiten sich angelegen sein lassen? Hat er sich um dio Entwickelung sprachlich schwieriger Stollen verdient gemacht ? Hat er mit eindringender Schärfe Sinn und Zusammenhang der Rede zu erläutern gewusst? Hat er durch grammatische Studien die auf eigenem Boden ruhen über eine Masse von Einzelheiten Licht verbreitet"? Alle diese Fragen habo ich durchgängig verneint. Warum greift mich II. II. hier nicht an; hier wo der Angclpunct unserer Fehde liegt? Denn sind meine Verneinungen richtig, so ist er gerichtet. Oder verbliebe ihm dann noch irgend etwas Erhebliches das seinen Beruf zum Bearbeiter der Anabasis bekundete? Ich wüssto nur Eins, seine Courage. Denn wahrlich ein beträchtlicher Grad von Muth gehörte dazu einen Vorgänger auf eine so rücksichtslose Weise wie er es gethan aus- und bezüglich abzuschreiben. Damit man mir nicht vorwerfe dass ich aus Parteilichkeit in der angeführten Beziehung zu streng urtheilo, so will ich ein Beispiel anständiger Benutzung anführen. II. K. Sintcnis hat meine Ausgabe des Arrian nach Gebühr benutzt. Allein obgleich seine Arbeit der meinigen beträchtlichen Schaden zugefügt hat, so fällt es mir doch nicht ein, ihn darüber anzugreifen, weil er mich nicht masslos benutzt hat. Eben so wenig, denk' ich, soll II. Sintenis sich über mich beklagen können. Ich habe nämlich, um mit den dor Verlagsbuchhandlung angedrohten Repressalien zu beginnen, von demselben Werke auch eine Ausgabe des Arrian mit deutschen Anmerkungen herausgegeben. Erwähnung von Conjecturen des Vorgängers, hin und wieder Mittheilung von ihm vorgesclilagner Erklärungen, zuweilen Aufnahme von ihm gegebener Citate, eine solche Benutzung ist es die das Mass einer erlaubten nicht überschreitet. „Dass ich viel weniger Eigenes hinzufügte, als II. Kr. im Thukydides, lag abgesehen von dor Gelehrsamkeit und dem Scharfsinne H. Krs., worin ich mich nicht mit demselben vergleiche, tlieils in der Beschaffenheit der Anabasis, wo zweifelhafte Erklärungen wegen der Leichtigkeit derselben natürlich viel seltener vorkommen, als bei Thukydides, wo dies fast auf jeder Seite der Fall ist, theils in dem Plane meiner Ausgabe, die nur kurz das mir nothwendig Scheinende geben sollte, während H. Kr. seinen Thukydides zugleich für Gelehrte bearbeitete und sieh viel ausführlicher in der Erklärung verbreitete". Einer schlechten Sache kann selbst eine gute Verteidigung schwor frommen; eine schlechte dient nur dazu dem Angriffo neue Blossen zu geben. Wenn II. II. meine Ueberlogenheit nn Scharfsinn und Gelehrsamkeit kannte und anerkannte, wie kam er denn dazu sich in einen Wettkampf mit mir einzulassen. Denn dass es ein Wettkampf mit mir wäre, wenn er die Anabasis in gleicher oder ähnlicher Weise wie ich bearbeitete, konnte er sich vernünftiger Weise doch unmöglich verhohlen. Wenn ich nun Scharfsinn und Gelehrsamkeit überhaupt besitze, so werde ich sie unfehlbar an der Anabasis bethätigt haben; an ihr der ich so dauernden Fleiss gewidmet, dio ich wiederholt herausgegeben habe. Gewiss also durfte II. H. nicht hoffen mir rücksichtlich dieser Eigenschaften den Rang abzulaufen. In welcher Beziehung denn aber sonst? Hoffte er etwa durch Methode, Fassung, Berechnung mir überlegen zu werden ? Aber gerade in Bezug auf diese Eigenschaften hat mein Buch die ausgezeichnetste Anerkennung gefunden, es ist, wie selbst ein Kampfgenosse Hrn. Hs. eingesteht, „tonangebend geworden". Also nicht, weil er noch Erhebliches zu thun fand, sondern weil er nichts Erhebliches ungethan fand ist II. II. auf die Arbeit eingegangen. Zu verlockend war die Leichtigkeit durch Ausbeutung der Früchte meines „Scharfsinnes und meiner Gelehrsamkeit", sowie das abschreiberische Nachmachen meiner „tonangebenden" Methodik Geld zu vordienen und der Weidmannselien Buchhandlung den dringend und möglichst schnell gewünschten Artikel in die Hände zu spielen, der goldne Früchte verliiess, wenn es gelang meine Ausgabe durch wohlfeilem Preis auszustechen. Womit will II. II. sich hierüber entschuldigen? Will er einen Theil der Schuld auf die Redactoren schieben? Will er sagen: Diese Herren hätten meine unter Schulmännern seit so vielen Jahren anerkannte Arbeit auch wenigstens dem Rufe nach gekannt, hätten sie um so wahrscheinlicher gekannt, da beider Freund, H. Sintenis, das Buch wiederholt recensirt und sich über die Schwierigkeit ihr den Rang abzulaufen sattsam ausgesprochen. Wenn sie dennoch mit einer gleichen Arbeit ihn beauftragt, vielleicht weil sie bei ihm um meisten Courage gewittert, so hätten sie dadurch tatsächlich erklärt dass sie jede beliebige Ausbeutung meines Werkes genehmigten. Ob II. H. dies denken oder sagen werde bleibe dahin gestellt; ich jedoch, so geneigt ich wäre einer solchen Entschuldigung eine gewisse Art von Geltung zu geben, darf sie einstweilen noch nicht berücksichtigen. Wenn II. IL von der Leichtigkeit der Anabasis spricht, so beweist er damit nur dass er sich mit den Schwierigkeiten des Werkes nicht beschäftigt hat. Ich habe Jahre lang dazu gebraucht um die darin in nicht geringer Anzahl vorkommenden Schwierigkeiten aufzuspüren und aufzuklären oder über dio von Andern entdeckten und besprochenen mir ein begründetes Urtheil zu verschaffen. Wer sich aber begnügt das darüber in der Kürze als Ergebniss Aufgestellte ohno Weiteres aufzunehmen, der kann freilich von Leichtigkeit sprechen, weil or sich dio Sache leicht gomacht hat. 9G Dio Verkehrtheit clor Worte: „während — verbreitete" kann ich übergehen, da sie nicht zur Sache gehört. „Wenn aber H. K., lieisst es weiter, mir vorwirft, ich habe etwa die Hälfte meiner Anmerkungen aus seiner Ausgabe entnehmen können, so will ich nicht weiter fragen, ob or das Verhältniss genau angegeben, sondern nur bemerken, dass darunter einmal Vieles fällt was in jeder Grammatik steht, so dass kein Herausgeber dasselbe als sein ausschliessliches Eigenthum betrachten kann, dann dass Vieles, was II. IC. sein eigen nennt, bereits im Loxicon Xenophonteum und von frühern Herausgebern der Anabasis bemerkt worden ist, so dass jedenfalls, was Hrn. K. allein angehört, sehr bedeutend zusammenschmilzt". Dos gutmüthigen Mannes der nicht fragen will ob ich das Verhältniss genau angegeben. Aber diese Frage war ja eine sehr wesentliche; und die Art wie or sie ablehnt ist gewiss nicht geeignet ein günstiges Vorurtheil für Hrn. H. zu erregen. Doch wir wollen sehen wie es mit seinen Abzügen steht. Wenn or zunächst behauptet dass „Vieles darunter falle was in jeder Grammatik stehe", wio stimmt denn diese Angabe mit dem Plane, nach welchem „eine sprachliche Bemerkung nur eintritt wo eine der Stelle eigenthümliohe Schwierigkeit vorliegt oder eine Eigenheit dos Schriftstellers zum Vorschein kommt"? Hat etwa H. II. sioh bei seiner Arbeit über diese Bestimmung hinweggesetzt? Systematisch gewiss nicht; und dor Abzüge die in dieser Beziehung zu machen wären können also vor-luiltnissmässig nicht viele sein. Wenn H. II. mich ferner beschuldigt dass ich Vieles was frühere Bearbeiter des Xenophon bemerkt mein eigen nenne, so ist das eine Unwahrheit. Die bezügliche Stelle (S. 12) besagt, dass ich „von dem was or bloss aus meinen Arbeiten entlehnen durfte Einzelheiten aller Art zusammenstelle". Und mit welchem Rechte ich auch von Andorn Bemerktes, das übrigens verhältnissmüssig gar nicht zahlreich ist, aufführe habe ich (S. 84 f.) begründet: „Wenn er von den mit grosser Mühe und sorgfältiger Auswahl gemachten Sammlungen des Vorgängers so viel er davon eben zu bedürfen glaubt sich aneignet — muss er nicht auch hier als Entwender erscheinen? Er hat diese Arbeit nicht selbst gemacht und lässt sie sich bezahlen; bezahlen zum Nachtheile dessen der sie gemacht hat". Hinzufügen muss ich hier noch dass nicht selten bei dem schon von Andern Bemerkten dio Fassung eine mir eigenthiimliche ist und dass II. II. gerade in der Fassung, dio anerkannt einen dor wesentlichsten Vorzüge meiner Arbeit ausmacht, mir oft sclavisch gefolgt ist. Dass es auch in solchen Dingen eine Entwendung der Form giebt wird kein Kundiger bestreiten wollen. So gering indess auch dor begründete Abzug hiernach sein würde, so habe ich doch schon (S. 85) vorbauend mehr zugegeben als ich nöthig 97 hätte. „"Wäre es nicht, heisst es dort, schon ein unverantwortlicher Raub nur ein Drittel oder selbst ein Viertel dem Vorgänger zu entwenden, zumal wenn das Entwendete von dem Gehalte wäre dass die eignen Leistungen des Entwenders dagegen wenig oder gar nicht in Betracht kämen" ? Wenn also von den achtzig vollen Seiten dio Hrn. Iis. Anmerkungen etwa einnehmen nur zwanzig (und dass es mehr sind ist mir gewiss) mein unbestrittenes Eigenthum enthielten, so wäre H. H. gerichtet, um so mehr da vorzugsweise meine, wenn auch noch so kurzen Noten das Wesentlichste enthalten was bei einem solchen Werke zu leisten ist. Demnächst erhebt H. H. gegen meine Zusammenstellung S. 12 ff. folgende Einwendungen: „1) Er lässt aus seinen wie aus meinen Anmerkungen nach Belieben wog. So zu §. 2 xuxha, zu §. 8, zu §. 18 u. ü". Zu §. 2 hab' ich ein Citat des Arrian weggelassen. leb wollte ja aber nach meiner ausdrücklichen Erklärung nur erwähnen was H. H. mir entlehnt hat; durfte ich also jenes, übrigens ganz unerhebliche Citat, das er zufügt, mit anführen? Dasselbe gilt von §. 8 und § 18, wo ich einige unbedeutende Zusätze andrer Art auslassen musste. „2) Er behauptet ich habe von ihm entlehnt was bereits im Lex. Xen. oder bei Weiske Poppo u. A. steht. So zu §. 5, §.8, §. 19 (Poppo im Index), §. 24, §. 27, §. 29, §. 37, §. 44". Diese ganze Kategorie habe ich schon oben abgethan, will aber doch die Einzelheiten durchgehen, um zu zeigen, wie wenig es Hrn. II. auch nur mit diesen Kleinigkeiten von Abzügen überall gelingt. Zu §. 5 ist die kurze Bemerkung, auf die es eben ankommt, so viel ich weiss, mein Eigenthum. Das Citat §. 8 steht allerdings aueli im Lex. Xen Zu §. 19 ist das Wesentliche der Erklärung von mir; nur das Wort collectiv hat auch H. Poppo. Ueber äXXd — ydn hat zwar H. Poppo dio richtige Erklärung gegeben, aber nach meinem Vorgange, wie er selbst anführt. Dio Erklärung des auch' §. 27 findet sich allerdings auch in Hrn. Poppos Index. Was II. II. von §. 37 meint ist mir unklar; §. 44 ist nur die Ergänzung, aber nioht die Parallelstellen, für Weiske abzuziehen. Doch ich will diese Einzelheiten die II. H., wenn auch meist ohne Grund, gegen mich anführt getrost ihm alle überlassen. Wird dadurch seine Sache gebessert? „3) Er rechnet hierher auch Parallelstellon aus der Anabasis die zum Theil sich schon bei dem (?) unter 2) Genannten finden". „Zum Theil". Ueber den Gebrauch grösserer Wörter bietet allerdings das Lex. Xen. meist die nöthige Auskunft; aber über die schwierigste Partie, dio Partikeln, ist es höchst unzulänglich; und dass erst ich in dieser Beziehung Zulänglicheres geleistet wird II. II. wohl eben so wenig abläugnen als dass er mich in diesem Punote rüstig — be-nutzt hat. 4 98 „Ueberhaupt aber, fährt er fort, muss ich micli gogon die Annahme verwahren als hätte ich die Stellen aus der Anabasis die ich citiro, wenn sich dio Stellen auch in oiner der Krügersehen Ausgaben finden, diesen entnommen. Man wird mir doch wohl zutrauen, die Anabasis mehr als einmal mit Aufmerksamkeit durchgelesen und auf den Sprachgebrauch geachtet zu haben". II. II. hat viel Schwereres verschuldet als das warum es sieb liier handelt; aber er hat nichts gesagt womit er sich in meiner moralischen Schätzung so völlig abgethan hätte als mit diesen Worten. Glaubt der Mann denn wirklich irgend Jemanden der von oiner solchen Arbeit auch nur eine oberflächliche Idee hat weiss machen zu können dass man ein Werk wie dio Anabasis nur „mehr als einmal mit Aufmerksamkeit durchlosen" dürfe, um alle die zahllosen, grossentheils mit besonderer Umsieht gewählten Stellen in deren Yergloichung er mit mir übereinstimmt ohne Weiteres be- und anzumerken? Hatte denn etwa II. Poppo, der doch gewiss sich als einen tüchtigen Kenner des Griechischen und als geübten Beobachter bewährt hat, die Anabasis nicht auch „mehr als einmal mit Aufmerksamkeit durchgelesen" als er seine gleichfalls für die Schule bestimmte Ausgabe der Anabasis verfasste? Und doch wie verhältnissmässig selten stimmt er in den Citaten mit mir überoin. Ich selbst würde, wenn ich die Arbeit noch ein Mal ganz von Neuem machen müsste, schwerlich so sehr mit dem früher von mir Gegebenen übereinstimmen als II. H. damit übereinstimmt. Wenn also seine in so kecker Allgemeinheit ausgesprochene Behauptung begründet ist, so muss er in der That geistverwandter mit mir sein als ich selbst; er hat durch mehr als einmaliges Lesen erlangt wozu ich mehr als hundertmaliges bedurft habe. „Was es überhaupt, heisst es weiter, mit dem "Vorwurfe des Ab-schreibens für eine Bewandtniss habe, ergiebt sich aus der Behauptung Hrn. Kr.'s, dass ich Manches aus der ersten Schuluusgabe entnommen hätte, während ich dieselbe gar nicht gebrauchte, da ich diese mir schon mehrere Jahre vor Erscheinung der neuen Ausgabe vergebens zu verschaffen suchte, indem sio vergriffen war". Dio unsinnige Logik dieses Perioden zu erörtern wird mir jeder Denkfähige erlassen. Nur über die Thatsache einige Worte. Dio angebliche Behauptung war eine Annahme zu der ich guten Grund hatte, namentlich die Bemerkung dass II. II. mehrfach dieselben Stellen anführt die ich nur in der ersten Schulausgabe verglichen hatte. So finden sich in ihr alle drei Stellen dio er zu 4, 1, 13 anführt. Die beiden ersten will ich dabei nicht urgiren, da er sio auch anderswoher entnehmen konnte; dass er aber aus dem entlegenen Andokides über eine solche Sache dieselbe Stolle vergleicht musste mir sehr auffallend scheinen Eben so finden sich zu 4, 7, 10 über xai vor rg(a die nur in der erwähnten Ausgabe angeführten Stellen n. Inn. 4, 4 und Thuk. 1, 82. Aehnliches könnte ich noch Einiges anführen; indess auch ein nocli seltsameres Zusammentreffen würde die nicht befremden denen Hr. II.'s Wahrheitsliebe unzweifelhaft erscheint. „4. Er legt es als ein Ausbeuten seiner Ausgaben aus, wenn ich ganz triviale Dinge, die in joder Grammatik stehen, welche aber für die Schüler, welche die Anabasis lesen, bemerkt werden mussten, erwähne. So zu äv §. 6, zu §. 13, zu §. 21, zu §. 40". Es versteht sich von selbst dass, wenn ich von einer Partie Alles, „was H. Ii. nur meinen Arbeiten entlehnen durfte", zusammenstelle, ich auch das an sich nicht Erhebliche aufnehmen musste. Ueber den Belang jeder Einzelheit, wio des Ganzen, kann ja dann Jeder ur-theilen, da ihm Alles vorliegt. In's Gewicht fallen solche Einzelheiten nur durch ihre Masse. Dabei wird der Kundige sehr wohl in Anschlag bringen dass alle Kleinigkeiten der Art überall mit gleiehmässiger Sorgfalt zu verfolgen einen sehr bedeutenden Zeit- und Kraftaufwand erfordert und dass dieses kleinliche Verdienst desshalb noch lange kein verächtliches ist. Meine "Vorgänger haben sattsam bewiesen wie schwer es ist in solchen nicht schweren Dingen genau zu sein und dass ich auch in dieser Hinsicht durch eine ziemlich erschöpfende Genauigkeit einigen Anspruch auf Anerkennung erworben habe. Mit vielen Dingen der Art geht es wie mit dem Ei des Columbus. Es ♦ glaubt Jeder, man könne es ja gar nicht anders machen; und doch hat es früher Niemand so gemacht. Wie Vieles, was jetzt kurz, oft nur durch ein Citat oder eine Andeutung begründet, unabweislicli scheint, früher missverstanden worden weiss Jeder der sicli in diesen Dingen umgetlian hat. Hienach würde II. H. nichts gewinnen, wenn es auch mit den von ihm angeführten Einzelheiten seine volle Richtigkeit hätte. Aber auch dies ist nicht der Fall. Denn §. 6 stehen die angeführten Parallelstellen keinesweges in jeder Grammatik; noch weniger die zu §. 13 und 21 nachgewiesenen mit den zugehörigen Bemerkungen: und die Erklärung zu §. 40 ist meines Wissens sonst noch von Niemand aufgestellt. Wer selbst solche Kleinigkeiten nicht unbestritten für sich in Anspruch nehmen kann, mit dem und dessen Sache muss es wahrlich über alle Begriffe jämmerlich bestellt sein. Somit hätte ich denn wohl zur Genüge bewiesen, was ich gleich von vorn herein behauptete, dass II. Hortlein von Allem worauf es hier wesentlich ankommt keine Zeile beantwortet, keine Zeile angefochten, keine Zeile widerlegt, keine auch nur zweifelhaft gemacht habe. Denn in dem einzigen Falle wo er auf einen meiner Vorwürfe einzugehen Mione machte, sahen wir, hat er sich eine Fälschung erlaubt. Auf was für eine Classe von Lesern hat denn aber der Mann gerechnet? Etwa auf jene Sehwach-köpfe denen joder Widerspruch als Widerlegung genügt und die überzeugt sind dass wer über eine Sache gesprochen, über sie doch auch etwas gesagt haben müsse ? 100 Hrn. Ilertloin's Erklärung wor schon mehrere "Wochen lang veröffentlicht als ich die letzte Seite meiner dritten Ausgabe von Xenophons Anabasis niederschrieb. Mir war das damals noch nicht bekannt. Allein auch wenn es mir bekannt gewesen wäre, hätte ich jono Worte eben so schreiben dürfen, da II. II., wie ich erwiesen habe, auf eine Wicderlegung der in meiner Schrift über die handlichste Art Schulausgaben zu fertigen gegen ihn ausgesprochenen Beschuldigungen so wenig eingegangen ist, dass or auch nicht einmal den Versuch gemacht hat. einen, wenn auch noch so schwachen Schein der Ehrenhaftigkeit seines Verfahrens zu retten. Er hat im Wesentlichen nichts gethan als g es ch wi eg en. Doch was II. H. nicht geleistet hat soll nach der Weidmannschon Buchhandlung H. Dr. Breitenbach in seiner Recension der Hertlein'-sclien Ausgabe (Jahrbücher für Phil. u. Päd. 58, 2) dargethan haben. Die AV. B. rückt mir aus dieser Beurtheilung zunächst folgende Stelle vor: „Hier möge im Voraus nur dio Bemerkung Platz finden, dass Ref. die Ausgabe von H. für nicht weniger berechtigt und in ihrer Art für nicht weniger mustergiltig hält als die von Krüger" AVir wollen die kecke Behauptung prüfen. „Für nicht weniger berechtigt". AVas versteht denn der Mann unter Berechtigung ? Giebt es etwa eine andre als dio auf Leistungen begründete? Und will H. Br. behaupten dass II. H. in Stoff und Form der Anmerkungen eben so viel geleistet als ich? Eine solche Erklärung hat II. Br. sich versperrt durch sein Urtheil über meine Arbeit, von der or S. 135 sagt dass sie „sich eben so durch den reichen und gediegenen „Inhalt der Anmerkungen vor allen andern Bearbeitungen der Anabasis auszeichnet, wie sio durch die zweck-„mässige Metho de in dör Erk 1 äru ng tonangebend g e wor-„den ist". Ferner heisst es S. 152: „Dio Vol ls tun digke t des „Krügersehen Commentars ist so exac.t, dass sein Nach „f olgernur seh rseltenVoranlassungzueiner Bemerkung „oder einem Winke finden konnte, wo sein Vorgänger „nicht bereits das Nöthige gesagt hatte. Auch in dor „Wahl dor passendsten Parallelstellen, in der Ueber-„setzung und in dor Form der Anmerkungen musste er „bei dem ihm mit Kr. gemeinsamen Streben nach Kürze „und Präeision im Ausdruck sehr oft unvermeidlich mit „diesem zusammentreffen. Zuweilen ist es uns so vorgekommen, als habe der Verfasser, nur um mit Kr. nicht „übereinzustimmen, etwas mehr Worte gemacht als nö-„thig war". Wenn demnach die Gleichberechtigung der Hertlein'schen Arbeit mit der meinigen weder aus dem Stoffe noch aus der Methode zu entwickeln ist, worauf wird sio sich denn sonst gründen? Es bedarf nur einigen Scharfsinnes, um, was man aus den Vorzügen des Buches nicht 101 erweisen kann, aus den Mängeln desselben herzuleiten. "Wir wollen sehen, ob von Hr. B.'s Kritik mehr übrig bleibt als der kühne Versuch einer solchen Beweisführung. H. Br. vergleicht beide Arbeiten in Bezug auf vier Puncte, in denen sich ihr Unterschied als wesentlich herausstelle: zunächst in Bezug auf dio Vollständigkeit. Von meiner Ausgabe sagt er S 148: „Die Krügersche Anabasis ist ein Buch, das geeigneter „ist als irgend ein anderes, den Schüler durch die Leentüre in der griechischen Syntax heimisch und fest „werden zu lassen, und es ist ausser Zweifel, dass derjenige, der die Energie besitzt, dieses Buch oder auch „nur di e Hä 1 fte davon mit gewissenhafter Benutzung der „Anmerkungen durchzulesen, für eine tiichtige Kennt-„niss der griechischen Sprache die gediegenste Grundlage gelegt hat". Und was wird dagegen von Hr. ll.'s Ausgabe als Vorzug angeführt? „Dass viele (?) Lehrer (?) Hrn. ll.'s Ausgab o d arum vo r z i eh en wer d en, weilsienichteineso energische Thätigkeit voraussetzt, wie sie die Mehrzahl der Schüler, wenn sie nicht durch die Controle des Lehrers dazu angehalten werden, nicht entwickeln und weil sie daher in den meisten Fällen auf eine c o n s equ e nt er e Benutzung rechnen darf als die von Kr." Als ob die sich selbst überlassene Faulheit überhaupt etwas benutzen werde als höchstens eine Eselsbrücke. Wenn Hrn. H. noch nachgerühmt wird, dass er bei Erwägung dessen was für einen Tertianer schwierig sein könne das rechte Mass getroffen habe, so führt H. Br. selbst eine Anzahl von Stellen an die das Gegentheil bezeugen und hundert andre aufzufinden würde ihm wahrscheinlich nicht schwor fallen. Der zweite Punct in Bezug auf den H. B. beide Arbeiten mit einander vergleicht ist die Anführung der Grammatik. „Dadurch „heisst es S. 151, dass dies [von Hrn. II.] ganz unterlassen „worden ist, scheint uns IL's Ausgabe in einen entschiedenen Nach theil gegen die von Kr. zu treten". Der dritte Vergleicliungspunct betrifft die Sacherklärung. „Wählend sich Kr., sagt H. Br., fast nur auf sprachliche Erklärung beschränkt und Sachliches nur dann berührt, wenn es das Verständniss „der Stelle notliwendig verlangt, lässt sich H. öfter auch über Historisches, Geographisches, Antiquarisches aus, wo es dazu dienen kann, „die Sache anschaulicher zu machen". S. 153 aber erklärt er dass er für solche Anmerkungen lieber Bemerkungen eintauschen würde, dio dio gewöhnliche Syntax betreffen, wie sie Kr. bietet. Viertens endlich bemerkt II. B.: „Ein Vorzug in der äussern „Einrichtung der Hortleinschen Ausgabe ist es, dass in ihr dio An-„merkungen ziemlich gleichmässig durch das ganze Buch vertheilt sind, „während sie sich bei Kr. vorzugsweise in der erston Ilälfto zusammen- 102 „geilrängt finden und nach dem Endo zu immer weniger werden". Also ein nach dem Princip des Zufalls beliebtes Versprengen dor Anmerkungen nouut II. Br. einen Vorzug? Die Raison erfordert in der Regel jede Saclio da zu besprechen wo sio zuerst vorkommt. Das ist in meiner Arbeit geschehen. Natürlich mussten dabei dio Anmerkungen zu den vier ersten Büchern zahlreicher werden als die zu den drei letzten; allein dies ist auch desshalb zweckmässig, weil auf Schulen grossentheils nur jene gelesen werden. Ob nun H. II., wio II. Br. meint, öfter als ich auf frühere Anmerkungen zurückverweise, kann dahin gestellt bleiben. Denn ich konnte dergleichen oft ersparen, weil mein Buch ein lexikalisches, ein grammatisches und ein geographisches Register hat: ein sehr wesentlicher Vorzug, den os aber Hrn. Br zu beachten gar nicht beliebt hat, da doch anerkannt solche Bücher einen grossen Theil ihrer Brauchbarkeit verlieren, wenn sie der Indices entbehren. Wie sehr zweifelhaft, es übrigens mit dem angeblichen Vorzüge der Hertleinschen Ausgabe bestellt sei, zeigen Hr. Sintenis Worte: „Es gehört auch das zu den wesentlichen Vorzügen dieser „[der Krügerschen] Bearbeitung, dass es ganz gleich ist ob ,,man die Loction in der Mitte oder mit dem Anfang b e-„ginnt; durch beständige Verweisung auf gleiche oder ähnliche Erscheinungen und die daran geknüpften Bemerkungen wird der Schüler „in beständiger Tlnitigkeit erhalten". Womit hat denn nun aber II. Br. bewiesen dass Hrn. H.'s Ausgabe eben so berechtigt und mustergiltig sei als die meinige? Wio ich oben voraussagte, mit ihren Mängeln, die II. Br. grossentheils selbst als solche anerkennt. Ein bekanntes Sprichwort verlangt dass ein Zeuge ein gutes Gedächtniss haben solle. Warum hat II. Br. dieses schönen Wortes so gar nicht gedacht? Warum gedachte or ferner nicht als er die Art wie H. H. mich ausgeschrieben besprach (s. oben S. 12 f.) des lateinischen Sprichwortes: ne faleem in alienam messam? Wie? oder glaubte or dass „die Berechtigung" mich nach Belieben aus- und abzuschreiben sich von selbst verstände? Diese Berechtigung, die moralische, hätte II. Br. vor allen Dingen nachweisen müssen, bevor es ihm einfiel Hrn. H.'s Ausgabe eine berechtigte, eine eben so berechtigte und mustergültige als die meinige zu nennen. Er hätte zeigen sollen dass Hrn. H.'s Leistungen für Sprach- und Saeherklärung des bezüglichen Werkes so bedeutend seien, dass Alles was derselbe aus mir entlehnt habe, daneben nur als ziemlich massiges, wenn nicht gar geringes Supplement erscheine. Oder glaubt er dass jeder Stümper der hier und dort ein Paar Parallelstollen anflicken kann ein Anrecht habe einen Vorgänger in beliebigem Maasse zu plündern? Nach allem diesem wird es ein Leichtes sein die zweite Stollo welche die Weidmannscho Buchhandlung mir aus Hrn. B.'s Ree. vorrückt abzuthun. Die Worte lauten (S. 155): „II. II. hat durch seine 103 „tüchtige und praktische Arbeit, alle diejenigen, dio von einer Schulausgabe der Anabasis verlangen, dass sie einen diplomatisch richtigen „Text liefere, dass sie dem Schüler dio in der Sprache und in der Sache liegenden Schwierigkeiten lösen und eine gute Uobersetzung finden helfe und dass sie Dm auf das dem Autor Eigentümliche aufmerksam mache, zu grossem Danke verpflichtet", Wir wollen Hrn. Br. in Bezug auf diese Stelle ein wenig kate-chisiren. Von wem ist die Masse des Tüchtigen was Hrn. Hs Ausgabe bietet beschafft worden? Etwa von Hrn. H.? H. Br. kann nicht anders, er muss mit Nein antworten, da er selbst erklärt hat dass Hrn. Hs. Arbeit rücksichtlich der sprachlichen Erklärung „nur eine Auswahl aus dem Reicht h um bei Kr. bilde . Von wem rührt das Praktische her? H. Br. hat selbst erklärt dass meine Arbeit „durch dio zweckmässige Methode in der Erklärung tonangebend geworden sei", dass „H. H. in Kürze und Präcision sehr oft mit mir zusammengetroffen sei", und „zuweilen, um nicht mit mir übereinzustimmen, etwas mehr Worte als nöthig war gemacht habe1'. Wer hat diese Masse der in der Sprache liegenden Schwierigkeiten gelöst? Etwa H. H.? Will H. Br. es läugnen dass H. H. mehr als hillig von dem was ich in dieser Hinsicht geleistet ohno Weiteres aufgenommen und auch bei dem von Früheren Entlehnten grösstenteils meinem Vorgange gefolgt sei, ohne auch nur das Verdienst eigner Beurteilung und wesentlich eigner Form beanspruchen zu können ? Oder will II. Br. os in Abrede stellen dass Hrn. Hs. Leistungen in Bezug auf Spracherklärung gegen die meinigen überaus winzig ind? Und nun gar die Sacherklärung! Man vergleiche z. B. die Stellen über militärische Schwierigkeiten; was hat II. II hier im Wesentlichen getan als ohne Weiteres mich abgeschrieben? Und für solche Ab-schreiborei, die man Schritt für Schritt verfolgen kann, soll „das Publicum Hrn. II. zu grossem Danke verpflichtet sein"? Armes Publicum! Was man Dir nicht Alles zumuten darf. Jetzt noch einige Worte an die Weidmannsche Buchhandlung. „II. Krüger, sagt sie, scheint zu glauben im ausschliesslichen Besitze des Rechtes zu sein Ausgaben von Xenophons Anabasis zu machen". Was würden die Herren sagen, wenn ich einer so kecken Insinuation gegenüber äusserte: Die AV. B. scheine zu glauben ein Privilegium zu besitzen fremde Arbeiten zu ihrem Vortheile in beliebigem Maasse plündern zu lassen ? Statt eine Ungebühr so zu erwidern begnüge ich mich einfach zu erklären dass ich kein anderes Recht in Anspruch genommen habe als das meine mühsamen Arbeiten nicht von dem Ersten Besten zum Vortheil irgend einer Buchhandlung beliebig in maassloser Weise ausbeuten zu lassen. Wenn die AV. B. mir oino Stelle vorrückt in der ich früher Hrn. Hs. (formale) Kenntniss des Griechischen belobt, so weiss ich nicht was sie damit sagen will. Hab' ich Hrn. II. etwa in dieser Beziehung an- 104 gegriffen? Dio Sittlichkeit seines Verfahrens wio die Bedoutsnrakoit seiner Leistungen ist os wogegen meine Angriffe gerichtet sind; und nur wenn ich in diesen Beziehungen früher ein Urtheil ausgesprochen hätte, wäre dio W.B. berechtigt mir meine jetzige, etwa abweichende Ansicht vorzurücken. Einen Brief in dem mir dieW. B. ein Anerbieten auf ein Schiedsgericht einzugehen gemacht hätte wüsste ich nicht erhalten zu haben. Denn sonst wär' ich unstreitig auf den Vorschlag sofort eingegangen, da ich meiner guten Sache damals eben so sicher war als ich es noch jetzt bin. Ich frage also hiermit an ob die W. B. wirklich noch geneigt ist auf ein unparteiisches Schiedsgericht einzugehen und stelle es ihr selbst anheim mir darüber geeignete Vorschläge zu macheu. Wenn mein Stil der W. B. missfällt, so find' ich das ganz in der Ordnung. Denn ich habe nie darauf hingearbeitet dass or denen gegen die er gerichtet war gefallen sollte Eben so in derOrdnung find' ich es dass dio Wörter Beraubung, ausbeuten, Beute, obwohl sie verhültnissmüssig milde sind, sowie der Ausdruck koscher, den ich, das treffende Wort eines Rabbi wiedergebend, gebrauchen musste, und das harmlose stinkt, dessen ich bei der Uebersotzung einer Aeusserung Vespasians nicht entrathen konnte, die überaus zarten Nerven der W. B. höchlichst verletzt, während die Hertleinsche Handelsweise, die doch wahrlich keinen schönen Geruch hat, besagte überaus zarte Nerven der W. B. gar nicht afficirt. Meine Natur ist eine andre; ich bin kein Chinese, sondern gewohnt in der Weise freier Männer, etwa so wie ein Engländer oder Amerikaner, zu denken und zu schreiben, unbekümmert was geldsüchtige Spicssbürger, helotisirte Diener und alte Weiber in Beinkleidern dazu sagen mögen. Dass eine solche Denk- und Sprechweise auch einem Deutschen gar wohl anstehe hat Lessing gezeigt, aus dem ich zur Erheiterung dio Anmerkung zum zehnten Abschnitte seines Antigöze nachzulesen empfehle. Die Schluss-worto, keines Weges das Derbste, mögen liier folgen: „Ich ersuche euch höflich Else [er macht den Gegner zu einem alten Weibe] allen euren Gevattern bei dor ersten Zusammenkunft von mir zu sagen dass ich unter den Schriftstellern Deutschlands längst mündig geworden zu sein glaube und sie mich mit solchen Schulpossen ferner ungoliudelt lassen sollen. Wie ich schreibe, will ich nun einmal schreiben! will ich nun einmal! Verlange ich denn dass ein Anderer auch so schreiben soll"? ____ Nachwort zu K. W. Krügers Ausgabe des Herodotos Heft I. Vor mehreren Jahren machte ich Hrn. L h a r d y den Vorschlag mit mir gemeinschaftlich eine Ausgabe des Herodot mit erklärenden Anmerkungen zu liefern. Ihm sollte was den Sprachgebrauch des 105 Ilerodot beträfe zufallen: mir die Vergleichuiy* mit dem attischen; Andres sollte nacli gemeinsamer Besprechung festgestellt werden. Diese Verbindung, glaubte ich, würde dem Schriftsteller vorteilhaft und wohl auch uns beiden in mehr als einer Hinsicht erspriesslich worden. Hr. Lhardy jedoch lohnte meinen Vorschlag ab, um auf einen ihm um dieselbe Zeit von der Weidmann sehen Buchhandlung gemachten Antrag einzugehen, und so musste ich mich entschliessen eine Bearbeitung des Herodot mit eignen Mitteln zu unternehmen. Denn die Sache aufzugeben war mir nicht möglich, theils weil dieser Schriftstoller in dem Cyklus der von mir zu bearbeitenden Werke eins der wesentlichsten Glieder bildet, theils weil die Durcharbeitung desselben zum Behuf der Vollendung meiner griechischen Sprachlehre unerlässlich war. Ueberdies glaubte ich für den Ilerodot so Erhebliches, wovon ich Vieles erst bei der Bearbeitung selbst zu finden hoffen durfte, leisten zu können, dass ich auf die Förderung und Mitteilung desselben nicht verzichten mochte. Wenn ich jetzt bei meiner Bearbeitung Hrn. L h ar d y's Leistungen benutzt habe, so ist dies natürlich nur in dem Maasse geschehen wie ich als Mann von Ehre es durfte, ohne den Namen eines schamlosen Plagiators zu verschulden, obgleich dio alles erlaubte Maass weit überschreitende Weise in dor H. Hertlein meine Bearbeitung der Xenophontischen Anabasis für seine gleichfalls im W e i d m a n n s c h e n Verlag erschienene Ausgabe dieses Werkes geplündert hat mich berechtigt hätte sehr viel weiter zu gehen. Dass diese Arbeit des Herrn Hertlein bereits in einer zweiten Ausgabe vorliegt istcineBeschimpfungdesdeutschenNamcns. Denn in meiner Schrift „über die handlichste Art Schulausgaben zu fertigen" (nämlich durch Abschreiben eines guten Vorgängers) habe ich nachgewiesen dass II. Hertlein seine Anmerkungen etwa zur Hälfte von mir abgeschrieben hat; nachgewiesen dass gerade das Beste und Wesentlichste was sie enthält mir entwendet ist. Auch haben, wie ich höre, selbst Männer die nichts weniger als mir wohl wollen nach eigner Ansicht der Plagiat ausgäbe ihren Abscheu vor einer solchen literarischen Flibustierei in den stärksten Worten ausgesprochen. Und dennoch ist die Plagiatausgabe stark gekauft worden; gekauft worden, ungeachtet sio ver-hältnissmässig teurer ist als meine viel reichhaltigere Arbeit; bloss des stell b gekauft wor den, weilH. Hertlein mich schamlos geplündert hat. Denn wie viele Käufer würde die Plagiatausgabo wohl gefunden haben, wenn H. Hertlein seine Anmerkungen bloss mit einer mässigen Zutat der meinigen versetzt hätte ? Hoffentlich wäre der grösste Theil der Exemplare Maculatur geworden. Ich habe die Plagiatausgabe zum Belnif der vierten Auflage meines Werkes näher verglichen, aber ich erinnere mich nicht dass sie mir 106 irgend etwas Brauchbares geboten hätte. So geschickt hat der klngo Manu sich gegen Repressalien sicher zu stellen gewusst. Ist es donn aber möglich dass dio ehrlichen Deutschen ein Buch bloss d essli al b k auf en weil d er Vor fass er e i n en Vorg änger auf eine schamlose Weise plagiirt hat? dass sio, selbst ehrlich, doch eino so grosse Sympathie für literarischen Raub und literarische Räuber hegen? Es scheint undenkbar. Vielmehr muss man zur Ehre des deutschen Namens annehmen dass wenigstens dio meisten Käufer, des bezüglichen Wertlies der Ausgaben unkundig, durch gewissenlose oder unwissende Empfehler verführt, ihr Geld für eine P1 agi atausgab o hingaben, während sie ungefähr für denselben Preis ein ohrlich erarbeitetes und viel vollständigeres Werk erhalten konnteil. Was man den Deutschen in Bezug auf Empfehlungen zu bieten wageil darf zeigt eine Recension der PI agiat ausgab o. Der Reeon-sent. hat den Belauf der Entwendungen vollkommen gekannt* und wird auch wohl anerkannt haben dass in diesem Zweige der Literatur, in dem man denn doch etwas Ehrenhaftigkeit zu finden gewohnt ist, noch niemals eine so masslose Plünderung eines noch lobenden Schriftstellers in gleicher Weise vorgekommen ist xlber was geschieht? Regt sich darüber bei ihm ein sittliches Gefühl ? Aeussort er sich mit Entrüstung über die Zügellosigkeit dieser literarischen Buschklepper ei, wie es Recensenten ihrer Pflicht gemäss in solchen Fällen zu thun pflegen? Nichts weniger als das. Er findet die Sache ganz naturgemäss; belobt sie schier. Denn dies ist der Kern seiner Moral, ich hätte ja viel Gutes und II. II rtlein gebrauche viel; warum also solle er nicht was er irgend glaubt gebrauchen zu können von mir entnehmen; in eben der Form wie er es bei mir findet entnehmen, sintemal diese Form leichter zu verderben als zu übertreffen sei. Gewiss eino höchst einleuchtende Moral, die der herzlichsten Zustimmung aller Plagiatoren versichert sein kann. Es giebt Leute denen die einfachsten sittlichen Pflichten, wenn deren Verletzung ihren Interessen förderlich ist, schwer begreiflich zu machon sind. Ich will es hier einmal durch eine Vergleichung versuchen Wenn Jemand den angestellten Herren sagen wollte: „Ihr habt des Gehaltes zu viel; ihr miisst, wofern ich euch nicht noch *) So sagt er unter Andern: „Die Vollständigkeit des Krüg ersehen Commentars ist so exaet, dass sein Nachfolger nur sehr selten Veranlassung zu einer Bemerkung oder einem Winke finden konnte, wo sein Vorgänger nicht bereits das Nötliige gesagt hätte. Auch in der Wahl der passendsten Parallelstellen, in der Uebersetzung und in der Form der Anmerkung musste er bei dem ihm mit Kr. gemeinsamen Streben nach Kürze und Präcision im Ausdruck sehr oft unvermeidlich mit diesem zusammentreffen. Zuweilen ist os uns so vorgekommen, als habe der Verfasser, nur um mit Kr. nicht übereinzustimmen, etwas mehr Worte gemacht als nöthig war". 107 Aergeres zufügen soll, für mich und einen meiner Freunde jährlich einige hundert Thaler abgeben: würden der Herr Plagiator und seine Herren Helfershelfer das auch in der Ordnung finden? Nun aber besteht mein Gehalt in dem Ertrage meiner Schriften. Wer mir diesen durch literarische Flibustierci verringert, ist moralisch um kein Haar besser als wer mir eine entsprechende Summe raubt oder entwendet. Es ist schon längst bemerkt worden dass sich das literarische Coteriewesen nirgends so sehr als bei den Deutschen durch die widerwärtigste Eckelhaftigkeit auszeichne, Aber, wird man einwenden, so stark wie es allerdings scheine könne doch II. Hertlein mich unmöglich geplündert haben. Denn wie würden sonst die Herren die an dor Spitze des Unternehmens stehen mit ihren Namen die Plagiatausgabe garantiren? Würden sie nicht vielmehr der etwa nur auf ihren Vortheil bedachten Buchhandlung erklärt haben dass entweder die Plagiatausgabe cassirt werden oder sie aufhören müssten die intelleetuellcn und moralischen Vertreter des Unternehmens zu sein ? Offenbar würden sie sonst als Mitschuldige erscheinen, um so mehr da sie doch wohl ihre Tantieme bezögen, eine Tantieme also auch von derPlagiataüsgabe. Die Herren beschäftigten sich ja auch mit deutscher Literatur und kennton also gewiss ein sehr bekanntes Wort Lessings (Antiq. Briefe 56) „der Wirth der in seiner Kneipschenke morden" [könnte auch heissen rauben] „lässt, ist um kein Haar besser als der Mörder" [Räuber], Gewiss kennen sie das. Indess Lessing, sonst freilich kein ganz übler Mann, war denn doch ein arger Grobian. Pfui! So etwas einem königl. Proussischen Professor und Geheimen Ruthe (dem seligen Hrn. Klotz) zu sagen! In unsonn gebildeten Zeitalter würde man doch so starke Ausdrücke verabscheuen, — auch wenn man sie für vollkommen verdient hielte. Hier nun vollends. Die bezeichneten Herren sind unstreitig ohrenwerthe Männer (das sind sie Alle, Alle ehrenwerthe Männer); und wenn man sie fragte ob sie das Plagiirsystem des Hrn. Hertlein für ein ehrenwerthes oder so was hielten, so erlaube ich mir zu zweifeln dass sie mit einem glatten und bündigen Ja! antworten würden. Wenn sie dennoch mit der Garantie ihrer Namen auch die zweite Auflage der Plagiatausgabe, bei der ihnen dor bezügliche Tliatbestand vollkommen bekannt sein musste den Namen des Plagiators zu schirmen sich gemässigt finden, so worden sio, vermuth' ich, die moralische Rücksicht aufgegeben und sich auf den höhern Standpunet von Staatsmännern und Feldherren gestellt haben. Die neuere Diplomatie hat bekanntlich den Grundsatz eine Garantie zu dor sie sich verpflichtet hat gerade so weit zu bethäthigen als os nützlich ist; und ein Feldherr fragt viel nach Moralität seiner Soldaten, wenn sio nur brauchbar sind. Wenn so ein Baschkire gelegentlich marodirt und plündert, auch gut; wenn er da- bei niedor gehauen wird, desto leichter zu verschmerzen, wenn er die Tantieme seiner Dienste gewährt hat. Gegen die AV eidmann sehe Buchhandlung auf diesem AVege noch ein "Wort zu verlieren ist kaum der Mühe Werth. Sie hat den Standpunct des Gelderwerbes; ich den dos Rechtes und der Sittlichkeit Und dabei ist eine Vereinbarung nicht möglich. Nur Eins muss ich noch gegen sio bemerken. In dor kleinen Schrift die sio zur Beschönigung ihres Verfahrens drucken liess und die ich in meiner Deuterologie über Plagiate zerlegt habe, war sio impertinent genug zu äussern: „Herr Krüger scheint zu glauben im ausschliesslichen Besitze des Rechtes zu sein, Ausgaben von Xenophons Anabasis zu machen".*) Ich habe ihr dort das Nöthigc gesagt; hier aber jetzt noch Eins. Auch die Hrn. Constantin Matthiü und Raphael Kühner haben Ausgaben des Wertes mit deutschen Anmerkungen besorgt und meine Arbeit in reichem Maassc benutzt, aber dennoch in einer Weise die ich weder für unerlaubt noch für unehrenhaft halte. Dabei gereicht es mir zum Arergniigen Hrn. Matthiü (las Zeugniss geben zu können dass er wirklich etwas für das Werk geleistet hat. Nur lobend erwähnen kann ich sein Programm über die kritische Behandlung der Xenophou-tischen Anabasis und selbst von seinen Conjecturen (in der Ausgabe) habe ich mehrere der Beachtung wertli gefunden. Dagegen wiisste ich nicht dass dio Ausgaben der Hrn. Hertlein und Kühner, dor dio Menschheit zugleich mit einer deutschen und lateinischen Bearbeitung bereichert hat, als ich sio zum Behuf der vierten Auflage meines AVcrkes verglich, mir ausser dem von mir Entlehnten irgend etwas Erhebliches als Schutt und wieder Schutt geboten hätten. Ob ich in der zweiten Auflage der Ilertleinisehen Arbeit, die zu vergleichen es mir seither noch an Müsse gefehlt hat, des Guten erheblich mehr finden werde, glaube ich mit ziemlicher Ruhe abwarten zu können. *J Hatte denn keiner von den Häuptlingen Kopf genug in diesen und ähnlichen Stellen auf den ersten Blick die bezüglichen Absurditäten zu entdecken? Bedachten denn dio Herren nicht dass man jedenfalls sie für das Schriftstückchen mit verantwortlich machen würde, um so mehr da die Vermuthung nahe lag dass einer von ihnen der Verfasser des AVerkleins sein könnte. Denn sie bedurften der Verteidigung unfehlbar weit mehr als die Buchhandlung, der Mancher gern die Entschuldigung der Unkunde zu Gute kommen Hesse, wenn sie sich nicht in einen Streit gemischt hätte der ihre Kräfte bei AVeitem überstieg. Oder wähnten dio Herren dass ihre Ehre vollkommen gesichert sei, wenn Sie sich nur hübsch hinter den Coulissen hielten ? Diese Coulissen sind ein so schwacher Schild dass jeder Pfeil der den sich dahinter Verkriechenden bestimmt ist sie vollkommen eben so gut trifft als wenn sie ungedeckt hervorträten, was jedenfalls offener und männlicher wäre. K. W. Krügers Bemerkungen zu Guizot: Warum ist dieenglischeRevolution gelungen. Zu F. 6 Z. IG. „Zu der Unbill — eine sanfte und harmlose Gewalt anzugreifen". Wenn dies wie es seheint, auf die in der ersten Revolution gegen Ludwig XVI gerichteten Angriffe hindeuten soll, so ist zu erwägen dass ein sanfter und harmloser Fürst noch keine sanfte und harmlose Regierung verbürgt. Eine Camarilla-Regierung ist immer mehr oder weniger anarchisch. Zu ß, 11. „Vielmehr um nielit un t er d en ihm g 1 ei ehen Königen an Achtung zu verlieren ete." Der Hauptgrund war dies gewiss nicht. Karl war eine durch und durch despotische Natur, war durch und durch von dem Wahne des Gottesgnadenthums erfüllt und fast jeder seiner Sehritte beweist dass er den Absolutismus nur desshalb erstrebte, weil er Willkür und nach Befinden Tyrannei zu üben geneigt war. Eine Durchführung dieser Behauptung findet man in meiner Geschichte der englischen Revolution besonders in dem so eben erschienenen ersten Hefte. 7, iS f. „Dass es nicht genügt in ihrem Dienste hochherzig sich selbst zu opfern". Hat vielleicht auch IL Guizot diese Erfahrung gemacht? 7, 24 f. „D i o L e i d en s chaf t s t o 1 z auf ihr Recht geht weiter als sio das Recht und selbst die Absicht hat". Dio Unternehmungen dos Unterhauses zum Sturze der Tyrannei gingen im Wesentlichen überall nicht von Leidenschaft aus, sondern von der ruhigsten und besonnensten Berechnung. Rechtlich mag man Straf-f o r ds Verurteilung verdammen; politisch betrachtet hatte K a rl selbst sie zu einer Nothwendigkoit gemacht. Man vergleiche meine Geschichte der englischen Revolution S. 140 f. Die Furcht dass der König mit gewohnter Treulosigkeit sein Wort brechen, und den Grafen, wenn man ihn zu einer andern als der Todesstrafe verurtheilte, alsbald begnadigen würde erwähnt selbst Clarendon II S. 129 der Baseler Ausgabe: 7,1 von unten u. f. „Die schlecht a b g oni o ss eile n S tr ei ch c welche dio Krone ihrer gosotzwi dr igon Anmassungon und Ansprüche entkleideten verletzten sie in ihren rechtmässigen Vorrechten". Diese Streiche waren so wenig schlecht, abgemessen dass man vielmehr bei jedem Schritte des Unterhauses dio 110 durchdachteste Berechnung und die unerlässlichste Consoquenz gewahrt. Was Herr Guizot die rechtmässigen Vorrechte dor Krone nennt musste einem so durch und durch perfiden Fürston wio Karl notwendig entzogen werden. So urtheilen auch englische Geschichtschreiber von Huine bis auf Macaulay. Deren Aousserungen und die Gründe für diese Behauptung sehe man im dritten Abschnitte meiner Geschichte der englischen Revolution S. 193 ff. Es waren mithin nicht „Fehler", sondern dio persönlichen Eigenschaften Karls und dio Verhältnisse, die, überall mächtiger als der menschliche Wille, die Reformen zur Revolution steigerten. 9, 11. „Sie (die Anhänger) hatten im 17 Jahrhunderte weder die Einsicht noch dio politischen Tugenden welche diese Regi erungs weise (die constitutionelle Monarchie) erfordern". Die politischen Tugenden mit denen der Constitutionalis-mus in Frankreich bald vorzugsweise bald ausschliesslich operirt hat waren Intrigue, Perfidie und Corruption, wie es scheint die Dreieinigkeit eines jeden Sclieinconstitutionalismus. Diese Eigenschaften entwickelten die Männer welche Karls Tyrannei stürtzten allerdings nur in mässigem Grade. Wenn dagegen entschiedener und tliatkräf-tiger Hass gegen Willkür und Tyrannei, wenn opferfähige Begeisterung für Erringung und Sicherung der Rechte und Freiheiten des Volkes, wenn die umsichtigste und vorsichtigste Berechnung und Anwendung dor zu diesem Zwecke förderlichen Mittel, wenn die kräftigste und con-sequenteste Verfolgung einer als unorlässlicli erkannten Aufgabe, wenn alle diese und ähnliche Vorzüge auch den Namen politischer Tugenden verdienen, so wird es schwer sein in der Geschichte eine parlamentarische Versammlung nachzuweisen die politische Tugenden so glänzend bewährt hätte als grade das lange Parlament. Dem gefälschten Ur-theile Guizots gegenüber vergleiche man dio sachgomüsso Ansicht M a-caulays im Anfange des zweiten Capitels, der mit Recht die von diesem Parlament auf dio Bahn gebrachte Verfassungsform für die beste die sich ermitteln lässt erklärt. 11, 18. „Fünfzig Tage nach dieser Abstimmung ver-liess der König alsFlüchtlingseinon Palast White hall". Diese Entweichung war keine Folge jener Abstimmung, sondern der Vereitelung eines perfiden Staatsstreiches, durch den Karl die Häupter dor Gemeinen und mit ihnen das Parlament zu vernichten suchte, um Despotismus und Tyrannei wieder auf den Thron zu setzen. Man vorgleiche meine Geschichte der englischen Revolution S. 169 ff. 12 f. „Die grossen Barone hatten die Freiheiten des Volkes mitiliren eigen enF r ei lieiton behauptet". Man vergleiche de Lohne die Constitution Englands S. 17 f. u. 21 der Uobcr-setzung von Liebetreu Dies hat in Eugland wesentlich dazu gewirkt dass der Adel dort nicht so verhasst geworden ist wie auf dem Fest- 111 lande, wo er in der Regel nur auf die Befestigung und Vermehrung seiner Vorzüge und Vortheile bedacht gewesen ist. 20, 29 f. „Sie waren voll von revo 1 utionairen Vor-urtheilen". Was Herr Guizot Vorurtheile zu nennrn beliebt war eine Notwendigkeit die schon der perfide Charakter Karls und seines Hofes zu einer durchaus unorlässlichen gemacht hatte. Hätte das Parlament woniger gefordert, so würde es die englische Freiheit dem Banditenmesser der Tyrannei blossgestellt haben und den Vorwurf einer kindischen Politik nicht ablehnen können. Vertrauengegen einen perfiden Despoten ist ein politisches Verbrechen. Man vergleiche meine Geschichte der englischen Revolution S. 200 ff. 21, 13. „Wenn es ihnen auch gelungen wäre mit dem Könige Frieden zu seh Hessen, der Friede wäre doch nichtig gewesen". Freilich! Aber wesshalb? Weil der perfide Despot, der das Recht des Treubruches als eine Prärogative der Krone in Anspruch nahm, sein Wort nur gegeben hätte, um es zu brechen, sobald er sich in der Lage fand mit den Vortretern der Freiheit die Freiheit selbst zu vernichten. S. 21 f. „Noch hört man die Aeusserung dass diese grossen Verbrechen Handlungen einergrossartigenPo-litik gewesen, geboten durch die Nothwendigkeit diese Regierung zu begründen, die sie doch nur einige Tage überlebt haben". Diese Hyperbel ist eine historische Perfidie die ihres Gleichen sucht. Diese wenigen Tage waren denn doch Jahre; und Jahre in denen Vieles was unter den Dynastien Jahrhunderte lang gegen das Volk und die Menschheit gefrevelt worden war abgestellt wurde. Oder glaubt Herr Guizot dass alle, zum Theil später von ihm selbst anerkannten Ergebnisse der englischen Revolution zur Geltung gekommen wären, wenn die Dynastie gegen die Revolution obgesiegt hätte? Glaubt Herr Guizot dass alle die ungeheuren, nicht blos für Frankreich, sondern für die ganze Menschheit so unberechenbar wohlthätigen Erfolge der französischen Revolution verwirklicht worden konnten, wenn es Ludwig XVI und seiner elenden, selbstsüchtigen Camarilla mit Hülfe der Fremden gelungen wäre dio Revolution zu unterdrücken? Herr Guizot glaubt dass Alles nicht und hat mit dem Geiste der dieser Partei eigen ist mit vollem Bewusstsein die Geschichte hier wie öfter gefälscht, um für seine Ansichten in eben derselben Weise wie in seiner Schrift über die Demokratie Anhänger zu werben. Es würde zu weit führen wenn ich alle Entstellungen der Thatsachen die Herr Guizot sich erlaubt hat der Reihe nach widerlegen wollte. Denn nichts ist leichter als in einer Stunde für Partei-intorossen mehr Gescliichtsfälschungen auszuspreehnn als man in Monaten gründlich erörtern kann. Ich begnüge mich daher nur noch hin uud wieder auf Einzelnes aufmerksam zu machen, in Bezug auf 112 die weiteren Ausführungen über die Hauptpunctä auf meine Darstellung der englischen Revolution verweisend. 23, 25 ff. „aber so wenig urtheilsfähig und so thöricht stolz dass sie weder durch dio Macht noch durch Unfälle etwas lernten; leichtgläubig wie Kinder und starrköpfig wie Greise, fortwährend durch ihre Hoffnungen über ihre Gefahren wie über ihre Fehler verblendet". Ein boshaftes Schicksal hat gewollt dass Herr Guizot sieh selbst charakteri-sirt, während er Milton, Sidney, Yane etc. zu charakterisircn glaubt, nur dass auf ihn nicht angewendet werden mag was er vorher von diesen sagt: „erhabne Geister, stolze Seelen, voll edlen Ehrgeizes für ihr Vaterland und die Menschheit". Diese Prädicato gebühren in der Tliat den genannten Männern und nicht ihre Schuld war es, wenn dio Verhältnisse, wenn der politische und religiöse Aberglauben ihre Bestrebungen durchkreuzten. 25, 10 ff. Die Rechte der Krone waren nur verletzt worden, weil der perfide König wiederholt bewiesen hatte dass er entschlossen sei sich durch nichts hindern zu lassen die Rechte und Freiheiten des Volkes auch fernerhin durch Tyrannei zu untertreten und den rohesten Despotismus zu begründen. "Was blieb also dem Parlament übrig als dem König unmöglich zu machen seinen tyrannischen Gelüsten fernerhin freien Lauf zu lassen? 26, 5. „Das Sinnbild der Gewalt, der Ordnung, des Gesetzes, dor Gerechtigkeit". Wenn aber dies Sinnbild nichts anders mehr ist als der höchste Vertreter organisirter Ungerechtigkeit, als der Öbwalter zügelloser Gesetzlosigkeit, als der Leiter gewalttätiger Anarchie; wenn es mit einem Worte den Staat zu einer geforsteten Räuberhauptmannschaft umgestaltet: ist es dann dem Volke zu verargen, wenn es sich durch eine Revolution zu retten sucht, wenn es die Ehrfurcht die es ihm sonst willig gezollt hat für verscherzt erachtet? Wenn später von Einzelnen vielfach der Einführung der Republik Widerstand entgegengesetzt wurde, so beweist das noch keinesweges dass der Widerwille gegen dieselbe so allgemein verbreitet war dass nur das Parlement und das Heer dieser Staatsform anhingen. 28,29. „Die Leveller kamen zum Vorschein". Dieser Name wurde von der reactionaireu Partei eben so wie jetzt der Name der Socialisten und Communisten zum Schreckbilde für die Beschränktheit benutzt. Die Leveller oder, wie sie selbst sieh nannten, die Rationalisten erstrebten im Wesentlichen nichts Anderes als eine wahrhaft volkstümliche Staatsverfassung, als Reformen dio theils schon durchgesetzt sind theils erst noch jetzt in England wie in andern Orten von der Volkspartei erstrebt werden 31,3. „Sie trieben die politische Tyrannei fast bis zu ihrer üussorsten Grenze". Sie taten in der Hauptsache nur was zur Erreichung ihres Zweckes uncrlüsslich war. Denn es wäre 113 Wahnsinn gewesen den Anhängern des Königthuins bedeutende Stellen zu überlassen. Wohin eine unzeitige Grossmuth in solohon Fällen führen muss, davon wird die Geschichte des neunzehnten Jahrhunderts hinreichende Beispiele liefern. 37,5 IT. „Sie brauchten sich wenig Mühe zu geben, keine Gefahr zu bestehen, um in ihren Beziehungen zu den auswärtigen Mächten die Würde und die Interessen ihres Vaterlandes zu wahren". Aber sio wahrten sie doch und würden auch, um sie zu wahren, weder Mühe noch Gefahren gescheut haben, während die Stuarts fortwährend, wie manche andre Dynastie andrer Länder häufig, die Interessen und die Würde des Staates auf eine schnöde, klägliche Weise Preis gaben, ja schmachvoll verschacherten. 46, 26 f. „Die Aemter für sich oder für ihre Verwandten an sich reissend". Die Reuctionaire erheben ein mächtiges Geschrei, wenn einflussreiohe Männer der Volkspartei ihren Anhängern, die denn docli oft sehr brauchbare Männer sind, Begünstigungen zuwenden, während jene Herren selbst, wenn sie am Ruder sind, das Protectionswesen durchgängig in der schamlosesten, empörendsten Weise ausüben. Doch die Herren dieser Farbe besitzen ein ausserordentliches Talent zu vergessen was ihren Parteibestrebungen zuwider läuft. So behauptet Herr Guizot Cromwells Herrschaft habe nicht Wurzel schlugen können, weil sie keine legitime gewesen. Aber Pipin war ja auch kein legitimer König und seine Herrschaft sehlug dennoch Wurzel. Warum? Weil Pipin Jahrzehnte dafür wirken konnte. Hätte der viel grössere Crom well eben so lange Zeit dafür wirken können, so würde er England vor der scheusslichen Reaction der nichtswürdigen Stuarts bewahrt haben. Die Engländer thaten dann freilich alles Mögliche um die Stuarts zuhalten, die Stuarts alles Mögliche um sich zu stürzen, und, wie die Bourbons, den Beweis zu liefern dass keine menschlichen Bestrebungen eine verrottete Dynastie zu halten vermögen. Ergebniss. Die Reaction kann nur durch eben die Mittel durch die sie regiert auch dio Geschichte für ihre Zwecke ausbeuten: durch historische Intriguo, Perfidie, Corruption. Durch welche Mittel man in Deutschland die in diesem Sinne wirkenden Historiker als vortreffliche Leute dem Publicum anzuschwatzen versteht, habe ich in meiner Schrift: Ueber Griechische Schulgrammatiken S. 9*) verrathon. Diese Mittelchen ziehen noch immer. Schon vor einer Reihe von Jahren klagte ich einem Historiker von Profession meine Notli dass ich bereits sieben Lustren mir alle erdenkliche Mühe gegeben habe zu enträtliseln worauf der grosse Ruf eines gewissen Historikers beruhe und bat den conservativen Mann angelegentlich meiner Schwäche nachzuhelfen Er konnte es nicht und gestand offenherzig dass es ihm eben so wie mir ergehe Da der Gefeierte lange vor „leeren Bänken" gelesen hatte, so musste ich mich beruhigen. Noch inunsern Tagen hat ein rühriger Geschichtsplauderer, der von historischer Kritik 8 J 14 keine Ahnung luvt, mit seinen Plaudereien glänzende Erfolge erzielt. Eins der ledernsten Bücher die ich kenne scheint mir Dahlmanns Geschichte der englischen Revolution. Als ich dies Urtheil gegen einen Protectionshruder aussprach entgegnete er: das Werk sei doch gut. Warum? konnte ich nicht erfahren. Etwa um fälschlich beloht ein andres Werk zu erdrücken, von dem eine Anzeige besagto: „So sehr spannt und fesselt das Buch. Wir haben nie mehr „Tiefe und Frische, nie mehr Schärfe und Lebendigkeit beisammen ge-„t'unden, nio hat uns ein Buch mehr g'cfessclt und mehr belehrt Es „dünkt uns als fiele es mit der Gewalt einer platzenden Bombe in unsere „Zeiten hinein". Dies Buch war Iv. W. Krügers Geschichte der englischen Revolution. Wie keck dio Offfeiösen sind zeigten sie auch dadurch dass sie im Herbst 1848 die Lüge colportirten: Wrangel sei der Sieger von Liebertwolkwitz. De autlientia et integritate Anabaseos Xenoplionteae 1824. Altera editio passim emendata 1873. Praemonenda. Hic libollus, quem Anabaseos, quam editurus sum, tanquam prae-cursionem virorum doctorum examini subjicio, jam superiore anno con-scriptus aliquamdiu latuit apud redemptorem librarium, qui aliis majori-busqne libris edcudis oeoupatus uou quo promiserat tempore ineam soriptionem in lucem emittere potuit. Interim ad me perlata est quao Lipsiae apud Teubnerum prodiit Anabaseos editio, a Ludovico Diudorfio correcta et brevi annotatione eritiea aucta. Quam etsi nondum accu-ratius exigero potui, vidi tarnen non paueos looos a viro doeto quem nominavi omondatos esse ex codicibus, nonnullos ex conjectura, alios mutata distinctione. Eorum quae ipso disputavi pauca tantum a Diudorfio occupata vidi; in aliis cum a nie dissontire non aegre fero, quam-quam ex boe genero iu majore quam promisit editione nonnulla retraeta-turum esse spero. Verum de bis nunc dicere non attinet. Sed ex quo lianc soriptionem Ilalas misi, aliquam multao emendationes mihi in mentem venerunt ex parte ita eomparatae, ut mihi ipse quod eas non prius reppererim succenseam. Ita III, 4, 22: onort Sicht/ottr al rrtevoa) roü ti).aia(ou, ro fxiaov ave&niunXaoav, duduiu intclligi debebat postre-mam vocem nihili esse, cum Graeei verba ex «>'£x-lioc praepositionum ordine coinposita non usurpaverint. Itaque leg. est av ils7r- Cf. p. 53. n. 10. Non magis dubitandum videtur quin VI, 1, 26: nu&ouivov; to 7tuq tjpiv, emendandum sit n rä nun tjuütv cl. p 41. 'Jluir imperitiae li-brariorum debetur. Haud scio an iisdem tribuendiun sit quod I, 9, 7 p. IV leg'itur: inu iVt xaTpTiifjtpfrq vtio tou narpog narqajitjc — arguTWog df xai trtxvtojv änethfyjhj x t. X. Kam xai cum ad nt^an/yog pertineat, liuie voci praeponendum est, ut in ejusdem rei narratione factum I, 1, 2. (ubi quid explicandum esset Lion discere poterat ab Ileiudorfio ad Plat. Phaed. p. 245. Cf. Grit. 5. p. 45, e Cyrop. VII, 2, 27. Hellen. VI, 1, 4. (13.) Eodem modo V, 1, 4: O.oz fjoi lariv-AvaiCßms, raos^w fir TvvydvFi, xai, quod Et. et F. post liabent, ante vauaq/mV collocanduni est. Ut hic xai elisum est ita I, 2, 2, post xai tou,- ipuydSaj exci-disse suspicabar, quamquam fortasse ferripotest vulgaris scriptura, si post 7ioXtoi>xovvTuH major distinctio ponatur. Paritor III, 1, 31: Km ti/ev oütw; conjoceram log. osso xai sl/e rf uSr«>$, cl. Thuc. I, 132: xai !jv <1f o'uToif, quamquam ibi quoque vulgaris scriptura, quam etia.ni Demetr. de oloo. 137, praebet, ferri puto.it. Cetevuni particularum xai-de quae vis sit, si quis ignorut, diseat ab Hermanno ad Sopli. Phil 86, p. 23 et 1004. Oertius videtur II, 4, 6: vixüvce; air nV« w ä.™*ra-vaittty' ijrrtoutvav Si uqv ovSera o\oi'TF ototHjvt/i, non iu)v cum F. omit-tendum, sed Se in yi mutandum puto. Cf. Her. 7, 152. Hellen. IV, 2, 17 al. Certe S'e fiyr Graecum esse nego. His cum alia quaedam adjccturus essem, Hippoeratis lilius, quem subito consulere coactns oram, auetor mihi fuit ut non prius de pluri-bus locis sanandis cogitarem quam ipse moam mihi valctudinem resti-tuisset. *) PARTICULA PRIOR. DE XENOPHONTE ANABASEOS SCEIPTOßE. CAPUT I. DE ARGUMENT IS QUAE XENOPIIONTEM NON ESSE ANABASEOS SCRIPTOREM OSTENDERE VIDEANTUR. Ex quo quaestionibus eriticis deXenophontis vita scriptis**} futurum ine eomiuentariorum de Cyri expeditione editorem professus sum, lueem vidit horum editio librorum a Lione curata: quae cum omnis generis annotationibus magnae doctriuae speciem prae se ferentibus exornata sit, erunt fortasse qui novam ejusdom operis editionem interpretationem-que supervacaneam rati provincia ab alio occupata nie oessurum esse existiment. Sed ne dicani in ejusmodi provincia administranda plures, etiamsi quam diligentissime suo quisque munere fungatur, cum laude versari posse, vir doctus quem nomiuavi, ut locorum qui in vul-garibus editionibus eorrupti leguntur partein eodicum ope restituit at-quo quae alii ad Anabasin vel emendandam vel illUstrandam contu-lissent ex ingenti librorum copia, quamquam non satis diligenter usque-quaque, congessit, ita in omnibus, quae vel rerum vel linguae accura-tiorem cognitionem roquirerent, tarn imparem se muneri suseepto prae-stitit, ut haud sciam an pleraque in quibus de Anabasi bene merendnm esse videatur futuro ejus editori reliquerit. Tum ut hoc apparont, tum ut quae in annotationum angustiis copiosius exponere non licebit, eorum quaedam liic oceupata pertractem, hunc libellum conscripsi. Praefatio nuperi editoris fhayioyijr quandam exhibet, ex parte easdeni res de quibus ipse in quaestionibus de Xenophontis vita dis- [*) Cujus rei spes erat paene nulla, diu sanguinom vomenti, ga-viso tarnen Bornemanni judicio de hac dissertatione „exquisitissimurum ob-servationuiu referta. (Praef. p. XV:) „in qua permulta reetius et in-geniosius quam a ceteris editoribus seque ipso constituta esse" affirma-vit ad 7, 3, 10. Romediüm non contemnendum.] [**) editis Servestao 1822, iterum Borolini 1850 in bist, philol. Stud. 2 p. 202—284.] I 17 serui explicantem. Nam primum Caput exponit, „du Anabaseos auctore," secundum „do anno, quo composuorit Xenophon Anabasin", tertium de 2 anno aetatis, quo expeditioni interfuerit Xenophon". Ae de Iiis quidem quae ad Xonophontis natales pertinent vir optimus etsi intel-loxerat, „hae instituta quaestione multis loeis luceni aecendi", tarnen ita agere satis liabnit, ut corrasis undique aliorum sentontiis ae multis gravissimisque qui ad eas dijudicandas faeerent loeis negleetis in Schneiden opinione aequieverit: quam ego cum abunde refutasse videar, hoc quidem oaput silentio transmittere lieebit1). Sed do Anabaseos conditoro cum in illa quam dixi scriptione tantummodo in transcursu sontentiam dixorim meam, quae verendum est 110 quibusdam temeraria esse videatur: eopiosius quae me rationes ut ita judioaverim commove-rint et quomodo quae opinioni meao obstare videantur removenda esse eenseam expouendum puto. Qui Anabasin Xenophonti abjudieandam esse statuerunt, cos notum est inprimis nixos esse Hellenicorum loeo2), quo cum res Grao-cas enarranti etiam Cyri expeditio memorauda esset, ad historiam liujus a Themistogene conseriptam amandamur: ' Si; Kuno;- inquit, arqäreuua rf aurihlf xul to vt ?%tor avfßtj ftti tov uSchföi' xai 10; rj jua/tj lyhvtto xai lag fx tdvtov ajtsotad'tjoav ot EXZijveg f7it 9d?.kttar, Qfuioroye're1-Tai 2vqiixoaltp yf'yQurrTai3). Hie eam quam hodleque superstitem habo-mus Anabasin spcctari complures viridocti oliiu consentiebant. Sed liorum opinionem argumentis non conteninendis impugnavit Morus: qui a Xeno-phonte, quo tempore Hellenica scripserit de Cyri expeditione common-tarios nondum eompositos fuisse suspicatus liaec verba ad aliam, quae intereiderit, Anabasin a Themistogene conditam referendum esse een-suit, propterea quod in nostra Anabasi plura relata sint quam in Hel-lenicis a Themistogene literis eonsignata esse dieantur. „Itaque puto, 3 inquit, Themistogonem seripsisse opus de expeditione Cyri, de quo Xenophon in hoc historiae graeeae loeo — loquitur, idque deduxisso ad ca usque tempora, quibus Graeci reducos Trapezuntem ad mare us-quo venerunt, et sie judico, quia Xenophon dicit opus Themistogenis eo usque deduetum fuisse. Xeque ergo mirum est, summam operis non aliam, quam quae erat, a Xenophonte expressam esse. Sed quia non 1) Quae ). 1. disputavi, ea vide no contirmentur loeis VII, 0, 38: 7niTToa Fht FxaleiTe. et V, 8, 1(S: a|iw urrtyfi v Sixijv, oiav xai yoreic vioig xa) äiMmtaloi namlv. Haec, opinor, trioenarium juvenem non produnt. 2) III, 1, 2. 3) Miro Bornemann. d. Epil d. Cyrop. p. 47. n. 35. ut hanc, de qua mox dicotur, difficultatem lollat, postrema verba convertit: das habe ich für den Themistogones beschrieben Videtur du-ctus esse similitudine editionum in usum Dolphini aut studiosae juven-ctutis ad modum Minellii. Praeteriro lieebit Lionis nugas praef. p. XVII. qui totum locum ut insititium suspectum habet, quod tantum faeere potost qui eum non inspexit. Eo enim denipto narratio mutila foret. Cf. § 6. parva pars rerum a Graccis illis roversis, Xenophonte inprimis duce, gestarum praotcrita t'uerat a Themistogono, Xenophon ot ipso posthaec, soripsit opus de expeditiono Cyri, in quo cum eadem quae Tliemi-stogenos exposuerat, traetavit, tum oa quae Themistogouos praeteriorat tribus aliis libris oxposita, addidit: praesertim cum liao res, nunc additae, a Xenophonte potissimum administratne essent, eique summam laudem peperissent. Quarum rerum raemoriam si oonservaro voluit, mirandum non est neque reprehcnsionem justam habet*)". Hactonus Morus. Sed haec quantumvis probabiliter disputata esse videantur, veroor tamon ut aecuratius exacta pro veris habori possint. Ac primum con-jectura qua nituntur omni probabilitate dcstituitur. Kam quod cum Moro etiam Schneiderus5) et Lion6) statuunt, Anabasin post Hellonica soriptam esse, id vel proptor aetatem Xenophontis non verisimilo est-Eteuim cum posterius opus post Ol. 105, 4 nbsohitum esse eonstet'), Anabasin scriptorilla rationo admissa propemodum octoginta annos natus 4 edidissot. At, opinor, senem decrepitum illa non redolet. Nolo urgere quod Boeekhiuse) admonuit non credibile esse quadraginta annis post-quam gestae essent eae res historiam earum ab conditore conscriptam esse Gruvius est illud. E narrationo de agro Scilluntio'■') elueet, Anabasin eompositam osso autequam Xenophon ab Eleis ex ista sedo suu pulsus erat, i. o ante Ol. 102, 2.,0). Sententiam nostram bis jam satis adstruetam etiam illud videtur oonfirmaro. Syennosin Cilicum regem Artaxerxis partes prodidisse et res ipsa monstrat ot Diodori testimo-nium11) ovincit. At Anabasoos scriptor de hac re tarn obscuro loquitur ut metuisse videatur ne ea evidentius exposita Syennesi aliquid damni 4) Examen hist. gr. praem. p. XL. s. p. XIV. ap. "Weislc. Xenopb, Script. T. III. Morum sequuntur Beckerus praef. interpret. germ. p XXXI s. et Creuzer: die hist. Kunst, der Gr. p. 21)7. 300 n. 50 5) ad Hellen. III, 1, 1. Ceterum Morus ad eundem 1. miratus „in opere Xenophonteo do anabasi Cyri eam legationem quam Diod. XlY, 19 memoret, silentio praeteritam esse, cum hac re ignorata cetera non satis intelligi queant, certe non appareat cur Lacedaemonii ei hello se immiscuerlnt", p. XLII. (XVI.) id inde explicat, quod scriptor, Anabasin absoluta jam et edita historia graeca, in qua quae Cyrum inter et Spartanos necessitudo fuerit exposltum sit (I, 4, 2. 5, ss. II, 1, 11, ss.) composuerit. Sed videtur res potius ex iis oxplicanda esse quae annot. 12 ad monebimus. 6) praef. p. XXI. 7) Quaestt. de Xenoph. vita p. 28. 8) de simult. quae Plat. cum Xenoph. intercessise fertur p. 25. 9) V, 3, 4 ss. 10) quaest p. 2(S. 11) XIV, 21. cl. Anab. 1, 2, 12. 20. 21. s. cl. Haken: Xenophon u. d. Zehnt. Gr. I. p. 49 ss. 119 contraheret: ex quo pariter collcgoris illo et Artaxerxe vivis Anabasin esse compositum12). Idem de Abrocoma dicere licet13). Haec cum ita sint, nihil aliud Moro reliquum fuerit quam ut 5 „Xenophöntem inodeste nomen suum retieuisse UJ" statuat. Sed nonne mira, imo inepta foret haec raodestia, qua soriptor cum de rebus ma-gnam partem se duce gestis ad suos ipsius commentarios ablegare posset, Themistogenis nescio cujus opus laudaret? Nonne potius collegao sui Sophaeneti de iisdem rebus libros commemoraturus fuisset? quos tunc jam editos fuisse ex eo apparet quod Sophaenetus jam expeditionis tempore praetorum natu maximus fuisse dicitur15). Jam videamus de primario Mori argumento. „Inhistorio graeca, inquit,16), operis Themistogenici summa hoc modo describitur, narrasse Themistogenem, quomodo Cyrus exercitum collegisset, deinde ad bellum profectus esset, inp roelio obiisset, Graeei vero usque ad mare revertis-sent incolumes. Jam in opere de anabasi Cyri, quod bodie exstat, liaoc ipsa traotantur, inde ab initio usque ad librum quartum extremum. Si igitur opus quod bodie exstat Themistogenem auetorem habuit, qui tandem factum est ut Xenophon, qui lecturos ad uberius opus aman-dare et sui operis brevitatem veluti compensare vellet, summam operis 12) Ceterum lubricuiu est quando scripta sit definire velle. Sed ne paulo post expeditionem eompositam dieas, ut Boeckli. 1. 1 statuisse videtur, jam vetat ut Ctesiae mentio 1, 8, 26, s., ita locus VI, -1, 9: t]ir/(>r rtf totf TidvTtor tmv 'EXXqvwv oi -siuxsfimuovioi. Atque post Xeuo-pliontis ex Asia reditum Ol. 96, 3. (v. Quaestt. p. 23.278) seriptam esse apparet ex V,.'), 4. ss. Jam si verum est quod Quaestt. p. 19 s. 274 probaro conatus sum, Xenophontem post expeditionem illorum deeies millc Grae-corum alteram uxorem duxisse, ex eaque natos Gryllum ae Diodorum suseepisse, jure quodam meo statuere posse videor Anabasin circa Ol. 100 conditam e^se. Nam V, 3, 10 ut adulti commemorantur Xeno-pliontis filii. Fortasse tarnen paulo serius factum est. Eteuim quod tarn obscure de auxilio, quod Lacedaemonii Cyro miserant loquitur (quo etiam narratio de Clearcho pertinet, recte, ut opinor, judicata ab Hakenio 1. 1. I. p. 267 s.) id prodere videtur haec eo tempore sci'ipta esse, quo Lacedaemoniorum interesset regem Persarum amicum habere, quod Ol. 10^, 1 subjicit. V. Diod. XV, 50 et Xenoph. Hellen. VI, 3, 3 ss ibique Sehn. 13) Proditionem hominis arguit primum negligentia ejus in pylis Syriao custodiendis 1,4, 5; deinde quod vm-foi/ae rijc ftd/rj; i»uf'ga? Ttevre ix oirlxrf,; ihivvtov I, 7, 12, quamquam I, 4. 18 Oyri exercitum anteces-sisse narratur. Profecto tantum usque ad Euphratem antecessisse dicitur, unde CyruUl riör m n'inun iriov; 7ri'trv uaxQOVz Haaä3. ov ort- rj 7100c ii(S(on ßovXoiro (iirxTfXtaai, 1; tiqck xi,-ö> legimus I, 5, 7, ut Abrocomam rei frumenfcariae causa alios longioresqüe vias secutum esse dicere possis. Sed memineris Cyrum Myriandri septem et Thapsaci tres dies mansisse. Ut Abrooomas o;t" Syennesis, ita etiam Pophlagoniae rex Cyro videtur favisse. V Anab. V, 6, 8. cl. 1, S, 5. 14) 1 1. p. XXXV. (p. VIII. s). 15) Anab. V, 3, 1. VI, 3, 13. 16) I. 1. p. XL. (p. XIII. s.). 120 illius dimidii tan tum, non totius indicarot? praesertim cum in altera parte dimidia illius, oporis expositum esset, quo tomporo et modo exer-eitus graoeus, ab expeditione rodux, venissot nd exoroitum illum Graecum, cujus res Xenophon in historia graeca descripsit". Hine igitur colligit aliud breviusque quam nostram Anabasin opus fuisse quod Xenophon in Hellenicis a Themistogene de hac expeditione conscriptum fuisse dient. Sed lioe argumentum non multum valere jam porspexit Woiskius'"), eo magis ille audiendus quo nuigis in eeteris Mori disputationem probat et amplectitur. „Mihi quidem, inquit, totum vido-batur Anabasoos argumentum illa brevitate exprimi posso. Nam per Asiam maxime. mirabile est Graocos redire potuisse salvos. Quae vero post illum laetum diem, de quo IV, 7, 21 nnrrfttur, evenorunt, oa minus magni sunt momenti et ad rem fere non pertinent; islic certe comme-morari non debeliant: suffieiebat ad rerum Graecarum enarrationem, salvos 6 Mos e hello contra Persas suseepto cum Thimhronis exercitu se,potuisse con-jungere. Hino dicitur dntani&i/nar, non xurijXOor aut xarB'ßijaav11. Ac fortasse illud aneaä&qaav non Pontum spectat sed Hellespontum, quo priusquam pervenerunt, complura iis pericula subeunda crant nec multum abfuit quin major exoroitus pars a Bithynis delereturI8). Doniquo Xenophon in Hellenicis19) illorum de quibus dictum est, Graecorum cum Thimbrone eonjunetionem ita memorat ac si cam ex eo quod Themi-stogenis dicit, opero notam esse statuat, aliter haud dubio do hac re loeuturus, si in superioribus librum laudasset qui in reditu Graecorum ad Trapezuuta substitisset. Ilaec omnia, ut opinor, abundo ostendunt illo Hellenioorum loeo eam quae hodieque extat Anabasin spectari: quam ibi non falso Tliemi-stogeni tribui ex ipsa videtur probari posse. Certe compluribus loeis scriptor ita loqnitur quasi non ipse interfuerit oxpoditioni. V. I, 8, 6: Aty fr cti Ss xai tov? ciXXov; ITegtrag yjiXaig Talg xstpaXais fy Tili notyiio Suiy.irävrF.vFir20)- /, 8, IS: Xf.yovoi 3H Tire;, rog xai Taic aimtoi Tino: rd 17) 1. 1. p. XVIII. 18) Anab. VI, 1, 4. ss. cf. VI, 3, 23 ss. 19) III, 1, 6. 20) Totum liunc locum Wyttenbachio praeennto Weiskius, quem Beckerus p. 376. s. et Halbkart. p. 44 sequuntur, insititium putavit. Primum enim liaec alieno loeo referri. At refertur aptissimo. Nam si tale quid non esset additum, plane non intelligeremus cur Cyrus (in hac quoque re veteris Persarum moris tenax) tfuXijy Fyiav Trjy xmpaX^v pugnam ingressus esset. Itaqtie Beckerus ista verba a librario profecta putans, librarium facit sapientiorem historico. At liaec, AVeis-kius inquit, repugnant antegressis. Bnimvero ibi Cyri equites galeum gestasso dicuntur, quos tarnen natione Persas fuisse non verisimile esl; ac si fuissent, non minus recte omnino hic Persarum mos fuisse dici poterat. Sic etiam Herod. V, 49 et VII, 61 omnino Persis tiaras tri-buit, quamquam VII, 84 equites excijiit. Qui pro attnvs e Jucobsii conjectura mdaiovs edidit, Lion oblitus est explicare infinitivum pruc-sentis xivSwevFiv. 121 Soqutu Fi)ov7rq(1avzl). V, 4, 34: tovtovs üXf-yov oi otfntltuoütifvol ßaq— fhtQdi ric r oiK iheX&tir22). II, 2, (): aoitfun z Ttji oSou, tjv ijX&ov 'Erptoov Ttji fioriug Hf-%ni ora,f uo'i ~tneig xai fvsvqxovTa. IAr, 7, 15: ovtoi ijaav tov SitjUhov aJ.xiuwraToi. Ubi Lion dirjHtofitv pro rtüjl&or logcndum 7 esse conjicit cl. VII, 8, 25: aq/ovre; rh o'iSe rij; ßaadftog /loqug, oa>p' tirijZfrouev x. r■ >. Sed quid, quaeso, oo loeo probari potest qui in tota Atiabasi unicus est quo scriptor ita ac si ipse expeditioni interfnerit lo-quatur? Itaque hie potius locus in suspioionem vocaudus erat: id quod ipse nuper loci, aut Ini-lftar emendandnm esse aut Xenophontem sui oblitum t'uisse statui oportore ratus23). Posterius etiam Halbkartio, quem tum inspicere ohlitus oram, in raentem venisse video. Idem tarnen dubitat mim de. industria sie scripserit Xenophon, ut in fine operis se auetorem esse significaret. Sed qui locos modo laudatos coutulerit, is omnium minime lioc credibile esset intelliget. Non probabilius est quod Statui posso opinabamur, auetorem cautissimum sui oblitum fuisse. Itaque reliquum foret ut locus qua dixi ratione emendaretur. Sednehocqui-dem admitti potost. Nam totam paragraphum ex scriptore nescio quo insitum esse multa sunt quae doeeant. Prodit hoc ipsum illud mtfl-,'huny. prodit particula ' in äg^orrtc ch o'iSt- x. r. I, quae prorsus non habet quo referatur, produnt denique res quae liic traduntur. Ac primum Lydiae satrapes tum non fuerat Artimas, sed Cyrus2* , cui Tissaphernes successit25). Non inagis Artacamas Phrygiae26) praofeetus t'uisse logitur, quippe quae et ipsa Cyri satrapiae pars fuorit. Idem valet de Cappadocia. Sed hie video statui posse Cyro mortuo Phry-giam Artaeamae, Mithridati Cappadociam esse datam. At vero nonne mirus esset scriptor, si non qui quo tempore per has terms Graeci pro-fecti essent iis praefuisseut memorasset, sed eos qui hos excepissent ? Deindo cui credibile videbitur Phoenicen etArabiam, eam quidem quam Xenophon dicit2"), magnis illas locorum intervallis disjunetas, eundem 21) Inepto de h. 1. Lion. 22) Saepius sie legitur hpaaav (v. I. 9, 23. 10, 12. II, 1,14. 0, 10 11), ad quod subaudiendum est: qui rem narrabant. Cf Cyrop I, 4, Hellen. 64, 29 30VII, 1,30. ubi 3§ 1 oadem significationeiiyovai dicitur, ac § 32 et 4, 40. Ceterum cf. etiam Anab. I, 9,18. 10, 7 II, (5, 8. 15. De industria non memoro I, 8, 24. 2S 23) Quaestt. p. 14. (270) 24) Anab I, 9, 7 cl 1, 1, 2. 25) Hellen. III, 1, 3. 26) majoris (rtjt äv« Dem. 23, 155); minor (Curt. 10, 10 3) enim Pharnabazo parebat. V Hellen. IV. 1. 1. Lex. Xenoph in i Quaxtor, sed tantummodo rar ftt) S-aiarrtj aoyiov erat?33). 28 Non vereor ne quis, ut hoc excuset, ista nomina saepe inter so permutata esse dieat, V Popp, ad Cyrop. II, 4, 17. Schmieder. ad Arrian. exp. II, 5, 1. Causam aperit Herocl. VII, 03. Kam scriptor cum duo nomina ponat duas quoque terras intellexorit necesse est. Ceterum mirus est qui huc pertinet locus Anab. I, 4, 10: tü Beltavoc ßuatteia rov uol/crro; Fuit cum haec de vetusfo quodam rege intelligi posse putarem. Nam reges saepe äg^orrag diei alio loco monstrabimus. Accedit quod Syriae praefectos non in oa de qua Xenophon ibi loqui-tur, regione, sed Damasci sedem habuisso ex Curt. III, 13, 2 colligi potest. Sed huio argumento non multum tribuerim. partim qnocl cl. Arrian. exp. II, 15, 1 dubitnri potestnnm Curtius, ut saepe, mnlc fonti-bus suis usus sit; partim quod plures interdum videntur Syriae präe-fecti fuisse. V. Esra VIII, 30. Deindo ei, quam proposui, explicationi praeeipue adversatur articulus: tou •ZW«; u^ami:. qui t'erri non posset, cum iste rex Graecis parum notus fuerit. Denique vulgarem expli-cationem defendit illud quod Cyrus töv tngndnar,r ib'xotpe xai rn ßanO.fia xarixavaev, quod ut facoret causam habuerit necesse est: quam ut vix comminiscaris, si de vefu to rege cogites, ita facile assequaris, si de satrapa sermonem esse statuas. Videtur enim Cyrus odio Bolesyos motus fuisse, quod illo satrapia reliota ad regem fugisset nec, quemad-modum Syennosis, ipsius partes amplexus esset. Hine etiampartieipium aoristi ag'iac explicandum est: qui ad Ctpri arfveutum usque p-aefeclvs fuerat. Corte equidem non video quomodo aliter intelligi possit. Fal-leretur enim qui cum Buttm. ad Dem. Mid. p. 00. Sg^ag pro ag/tny ior diei posse eolligeret e Memor. II, 6, 25: Tiunafrm ßouXo/itvoc, owtoc-äfiiag aya&or ti -noitiv rijr irargiiia Ttfujärai. Ibi enim aoristus initinm actionis signifieat: mai/istraius fac.Hu. Cf. Her. I, 3, 3, 30, 2. Kr. Gram. 53, 5, 1. Quem usum egregie ostondit Dionys. Arch. II, 50. p. 361. 0: tt'aitaQOt oXoig vnrfpor i'rfoir ij JViouar äoiiti LPtouaitov lilönxfXoz ttvrrjv (KpoTiora) txtkjev fvtuvtü) tfjitfo ti/c i-ttta xiuSexartj; ix >j ' OXvfjmaSog. (Aliter Strabo VI, 2. p. 29 cl. Goeller de situ Syrac. p. 3 ss.) Numa autem secundum Dionysium rex factus est Olymp. 10, 3. Ceterum ista ßaaO.eia, de quibus scriptor loquitur perpetuam satrapae sedem fuisse ex addito articulo colligi potost, ut recte sensit Heeren: Ideen I, 1 p. 218 29) IV, -!, 4. 30) III. 5, 17. 31) IV, 7, 1 ss. 32) V, 2, 3 ss. Minus offendit quod Chalybes illi de quibus V, 5,1 et Mariandyni, de quibus V, 10,1 dicitur, hic silentio transmittuntur. 33) Hellen." IV, 8, 20. cl. Anab. VII, 2, 32 Amadoei moar^or nominat Aristot. Polit. V. 8, 15. 123 Haec, opinor, abunde ostondunt isttim locum esse insititium, ut illud inijX&outv non morandum esse videatur. Manet igitur Anabasoos scriptorera usque quaque ita dose loqui ac si ipse expoditioni non intcr-fuerit. Hoc tesfcimonium etsi gravissimum est, tarnen, ut infra videbiinus, non satis Ado dignum esse cohtendi queat, nisi ex ipsa Anabasi quae ab oculato teste scribi non potucrint excitaveris. Ex lioc ego genere, quamquam dedita opera quaesivi, duos tantum loeos investigavi, qui tarnen nisi removori possent, abunde ostendevent oculatum testen), lioc est Xonoplioutem, non fuisse Anabaseos auctorem. Horum locorum prior est is quo diversi esse Maeandri et Mar-syae fiuminum Tentes dicuntur, illiits Ix tüv Kvnnu ßttadeUar, hujus Ix tHöv ,nfyäXov ßaadiw:ßaaiXtitov u/ro rij axgoirdlti3*). At Maximus Tyrius, qui sc illos fluvios vidisse testatur: aiph/aiv nvrov;, inquit, -rrr/yr/ uict - Sielaüaa toi-; noTctuoig xai to uScon xk) tu ovöuura35.\ Huic assentitur Strabo: vrrSqxeirai \Kehtirior\ inquit, xai }.iur>j tpvouau xaht/jov rov tu ra; yhornr; rror f-i./.M)' mnijSnor il >): vnoXfCß&itS'aC rpuj non ad regionem, per quam excreitus tum profeotus esse narratur, sed ad MrjSeiag Tftyo; referendum esse, prope quod quattuor canales, qui et ipsj pro munimentis essent, fuisse tradantur, profluentes iIii ex Tigride. Nam Tigris quoque statis diebus iuerescit52), ut ad aquas exundantes diducendas eanalibus opus fuerit: quos cum Xenophon postmodum viderit53) mirum non fuerit, si deeeptus minus accurata fama de eanalibus Tigrin et Eupliratem conjungentibus illos ex Tigride in Eupliratem fluere ex conjcctura addiderit. Ceterum non ignoro buic explicationi, satis tauien, ut opinor, probabili, nonnulla posse opponi. Sed otiamsi prorsus ea rejicienda esse videatur, inde tarnen non sequeretur, Ana-baseos scriptorem non fuisse testem oculatum. Ea enim rejecta totus locus additamenti nomine non damnari non potest*). Jam videndum est ue alia reperiri possint argumenta quae Xenophontom non fuisse Anabuscos scriptorem ostendiuit. Haec inprimis praebuerint Anabaseos loci, si qui cum iis quae Xenophon nlibi tradi-dit conscntire non videantur. Horum prinoeps est is, quo de auxiliis Cyro a Laeedacmoniis missis narratur: Kvqm naqijaav ui ix IleXonovvijaov vtjeg Tpiaxos'Ta xtä nevre xa\ i?i avroig vauct(>%og Uv 9 u y o q a g uduxedaittovioc j'0-Cum his pugnare videntur quae in Hellonicis55) traduntur: oi i'ipoqoi. a p l co toi Tore vaväq^io eneareiXav VTtqfifTeiv Kvgw, ei n Seoiro. xaxetvog utvtol ttqo&VjUws ov7ieq ifieijo Kvouz f-noultv' egiov yao to eavrou vavnxov ovv ra Khoov nsfiieTiXevaev eg Küixlitv xai enoCiyie tov Tijg KiXixlag aa%ovTit 2£vr-'vveaiv ui; Juvaa&ai xura yrjv f J'cxvt 10u d~(xl Kvoio noqevo^evta ftt) ßaoiXece. Hunc dissensuni Morus56; adstipulantibus Zeunio51 et Sehueidero5S) hoc 13 modo tollit: „Potest diei, inquit, Samium, Spartanorum uauarebum, jam tum, cum expeditio Cyri suseepta est, in Asia fuisse, Spartanosque ei 51) p. 79. 52) id. p. 77. el. Strab. XVI, 1. p. 342. 53) V. Anab. II, 4, 12 cl. II, 2. 11). Vido etiam Roichardi ta-bulam Greogr. *) His loeis adjici posse videatur V, 10, 1. Sed de hoc infra dicetur. 54) Anab. I, 4, 2. 55) III, 1, 1. 56) 1. 1. p. XXXVI (p. IX. s.) 57) ad Anab. 1. 1. 58) ad Hellen. 1. 1. mandata dedisse, ut Cyruui quocunque modo adjuvaret: utquo hoc melius praestare posset, summisisse Spartauos quinquo et triginta naves, quibus Pythagoras praefoctus fuorit: hunc doindo suaui olassem cum classe Samii conjunxisse, aut suas navos Samio tradidisse, ipsumque revertisse. Sic posset intolligi, cui' modo Samius, modo Pythagoras ei classi quae Cyruiu adjuvit dictus fuorit praefoctus". Mcrito dubitat vir modestissimus, »um haeo ratio suffectura sit. Nam Anabasis do eo tempore loquitur quo Cyrus Issi versabatur: undo cum classis advenis-set, statim ad pylas Cilieiae et Syriae profectus est, in Iiis quoquo su-perandis navium auxilio usurus59), quas tarnen paulo post domum remi-sifc60). Contra Ilelleniea prius tempus signifioant illiul quo Cyrus Cili-ciom intrare voluit: cujus aditum ne Syonnosis tütari änderet, classem impedivisse etiam Anabasis memoratB1j. Haec qui reputaverit potius statuet Samio, cujus annus illo ipso tempore impletus fuorit62), Pythu-goram nauarebum sueccssisso. Quodsi quis ne baue quidem rationein probanduiu esse censeat, conjicere licet initio Samium cum tota Lace-daemoniorum classe ad Ciliciam contendisso ac postmodum, cum Cyrum in eam intrasso audivisset, ipsum cum parte navium revertisse; cum parte Pythagoram, qui Tamo duee Cyro praesto esset, reliquisse. Haec explicatio nec Ilellenicoruni looo repugnat et ex Auabasi ipsa videtur probari posse. Bteniin priore lnijuslooo quo Lacedaemonioruni naves commemorantur, haec leguntur: rqujqet; Ijxoue (-SWVvffft;) 71 eginhouaa; utto Iiortuz fi; Kthxiav Tajutav e/ovea r«? -'/axfdaiu ovüov xu\ auTov h'vorju1'^). 14 Ibi articulus, cum Laeedaemoniorum classis nondum commemorata sit vix aliter commode oxplicari potest quam ut statuatur eorum classem spectari universam. Ut hoc loco additus, ita altoro omissus articulus nostram videtur rationem confirniare. Nam e verbis: xai in avrals rauan%o; /Tud-aydqae -LixtSaifiovioi-, collegeris Pythagoram 11011 significaii summum totius Laconicae classis ducem, Sed inferiorem partis praefectum*). Alioqui dicendum fuisset: b AaxtSaiuovüov ynua^o;- Sententiae nostrae favet etiam illud. Pythagoras dicitur AaxeSatftonos h. e. ntgioixos6*): 59) Anab. I, 4, 5. 60) Diod. XIV, 21, quem tarnen non satis diligontem esse Anab. I, 4, 8 docet Haken 1. 1. 1. p. 283. 61) I, 2, 21. 62) Ita conjecit Beokerus 1. 1. p. 26. n. 28. Cf. Manson. Spart. III, 1. p. 28. s. Favet huic explicutioni quod ox Hellen. I, 5 1. 6, 1. cl. 3. 1. colligi potest verno tempore nauarchos munus auspicatos esse. V. tarnen Thuc. VIII, 85. et Anab. VII, 2, 5. ubi qui Polus dicitur eundem esse qui Hellen. V, 4, 61 Pollis nominetur perperam pronun-tiat Sehn, ad h. 1. Ou ydg vöuos icvtoiq (AaxFÖaiuorCon) tTiz tov cturor muawelr ib. II, 1, 7. Cf. Diod. XIII, 100. Plut, Dys. 7. 63.) Anab. I, 2, 21. *) Utrumquo vuvÜqxou voce signifioari posse docet etiam Thuc. VII, 20: vttöapxos uuToig ix ^'iuxfSfd/Aovo;, ioneQ iyiyvero ijSq näau yj vavctQ/ia- 64) V. de iis Manson. 1. 1. I. p. 68. II. p. 375. Moruiu in ind. ad Hellen, s. v. negioixog et Sehn. ib. Iiis interdum navium imperium datum fuisse docet Thuc. VIII, 22. ot Anab. V, I, 15. 127 vavagxCa autem ij xar iia^/jr tum grave munus erat6i), ut oa haud dubie semper tantum Spartiatae tributa fuerit66). Vix opus est admonere de altere dissensu quem Morus87) inter Anabasin et Hellenica sibi dcprehendere visus est. „In bistoria graeea, inquit, classis Spartana oram Ciliciae infestat, ne Syennesis Ciliciae rex, Oyro Ciliciam transounti nocere [transituro resistere] magnopere possit, sed ad dofendenda loca maritima avooetur. In Anabasi vero Epyuxa, Syennesios uxor, Cyro peeunias offert, ut adeo nihil videatur metuendum fuisse "Cyro a Cilieibus". Sed in Anabasi quoque Syennesis ipse Cyro adversatur: quamquam facile perspicitur cum non serio Cyro resistere voluisso, sed tantum hoc egisse, ut Artaxerxi monstraret, se demum vi coaotum ccssisso. Ita sive rex sive Cyrus Victor futurus erat, nihil ipsi metuendum videbatur. Hoc hominis versuti consilium fuisse 15 osteudit Diodori narratio 6S). Non magis vera est pugna quam inter Anab. II, 6, 3 et Hellen. I, 1, 35 commovit Weiskius69). Num de diversa utroque loco re sermo est. Etenim quae in Hellenicis narrantur per belli Peloponnesiaci tem-pora facta sunt, Ol. 92, 3.: quae in Anabasi traduntur brei eigyri/ (yerrro, post Ol. 94, l.'o). Paulo speciosius urgere potuissont quod in Anabasi'1) Darius Cyruui filium a satrapia arcessivisse dicitur, quia morbo correptus obitum praesenserit: in Hellenicis72) hanc causam tantum praetexisse dicitur, cum eum punire vellet quod duos regiao stirpis homines interfeoisset. Sed quis non videt etiam non Actum morbum praetexi potuisse? In Anabasi autem quod scriptor veram causam non tangit, id videtur Cyri gratiae dedisse73) 65) ^En\ roig ßctathuai oviti nrnaTqyoig ai'äioc ij vauaoyja ayfr)ov tTf'qa ßandeia xafäartjxe Aristot. Polit. II, 6, 22. ed. Sohn, quam tarnen nunc non ad manus habeo, ut nesciam, an Rami aliarumque editionum vitium a Selm, sublatum sit. Kam pro aiäiog leg. est üiSlois. V. n. 62. Cf. Aristot. 1. 1. III, 9, 2: rj ßaaileia oiov «vcquii/yia-at'Siog eart. 66) Hakenii explieationom Hellenicorum loci 1.1.1.p. 30. et 269. s.: der mit 35 Triremen bei Samos statiouirt. war. praetereo, cum quivis oam verbis repugnare videat. Yidit etiam Halbkart. p. 21. errans tarnen ipse quoque, cum riö vuvaq/ia nö Za/uiw hanc sentontia inesse posse opinatus est. 67) p. XXXVI. (p. X.). 68) V. n. 11. 69) 1. 1. p. XVI. 70) Admonuerunt jamSchn. ad Anab. 1. 1. et Haken. 1.1.1. p. 266. 71) I, 1, 2. 72) II, 1, 9: ttvror ueri/TTf-'iiTif-tdt tag aoqtoatür. Cf. Sehn, ad ll. 1. 78) Quod Thracum rex qui Anab. VII, 2, 32. MrjSoxog dicitur Hellen. IV, 8, 26. ^AttdSoxog vocatur, eo minus eommcmoranduni duxi, eum ibi dno libri 1AtnjUaxor haboant. Cf. interprr. ad Anab. 1. 1. Restat ut ugatur de ropugnantia quam inter Anabasin ot Cyro-paediuni intercodere priinus notavit Wossolingius '')• In liac'5) enim Cyrus dicitur Oxövrwv !jy>]).ettav, ita locutus, ac, si rem veram notamque narraet. 79) Annal p. 125 ed. Genev. 80; Videtur signifioare locos 1, 4, 9. 7, 6 lubi verba rotdJr iha-Ifyd/M'o; cum vocabulis Touwrn Xt'yioy II, 1, 1. sedes permutavorunt) III, 14, 7. IV, 3, 17 4,25. 7,1 Similior tarnen est locus Hellen. VI, 5, 1. Cf. etiam VII, 4, 1. et Cyrop. IV, 5. 26: d xu) nQaofrev ir reo Xoym (iF tf X ÜJT au 81) Weisk. 1. 1. p. XVII. 129 opus ad ejusmodi transitiones tantopere invitavit quantopere Anabasis: in qua insignia rerum momenta, pugna ad Cunaxa, caedea praetorum, Carduehorum montos Graccis objeeti, liorum adventus ad priraam civi-tatem Graecam, exercitus divisio82), deniqne Ponti os superatum aptis- 17 siiuas interspirationes praebebant, quibus usus seriptor lectoribus su-poriora paucis in memoriam redigeuda duxit. Sed etiamsi in universa Auabaseos compositione nihil insit quod a Xeuophontis ingenio abhorreat, fortasse tarnen singula voeabula quae ab alio scriptoro pröfecta videantur reperiri poterunt. At enimvero hoe argumentandi genus perquam lubrieum est. Si quid numerus va-leret, urgeri posset quod in his libris amplius quadringenta voeabula leguntur, quae in reliquis Xeuophontis libris frustra quaerantur. Sed liorum pleraque legitima ratione vel oomposita sunt vel derivata, multa res signifieant alibi scriptori non nominatas nominandasve, alia sunt poctica, quibus Xenophontem deleetatum esse eonstat. Haud majoris momenti est, quod non pauea in Auabasi verba leguntur ea signifieatione qua Xenophon iis alibi usus esse non reperitur83). Kam in plerisquo propter mobilem et versatilem liuguae indolem hoc quoque offensione earet et reliqua, quae pauea sunt, non lianc vim habent, utXenophonti opus abjudicare cogunt. Omnino enim si quis propter voeabula alibi ab hoc scriptore vel alia signifieatione vel prorsus non usurpata Ana-basin ab eo profeetam esse neget: hac ratione admissa quodvis aliud ejus opus injuria ei tribui ostendi potest. Denique ex iis quae infra disputabimus probnbile fiet Xenophontem dedita opera alias dictionea quam quibus in reliquis libris usus est in Anabasi sectatum esse64). 82) Etenim nondum mihi persuasit Lion male a Selm, sexti libri initium constitutum et cum Et. E. F. II delenda esse verba VI, 1, (3,) 1: or //iv ovv TooTror-fxorjTui. Patet enim h. 1. longe aptius novi initium libri statui quam V, 9, 1. iVI, 1, 1.). Ac V, 10, (VI, 2,) 17. 18. 19. satis aperte ita narravit seriptor, ac si librum h. 1. finire voluerit, nee satis licue cum his coeunt verba VI, 1, (3,) 2: triqniar r)' airmr 'ixaoTot räSs, quae optime cum illis quae Lionciu omittenda censere diximus verbis eon-cinunt. Neque vero unde liaec verba orta sint facile explieaveris. Nam quod vir doctus ex V, 10, 12 confecta dicit, id non sufficero manifestum est. Ac si sciolus tale exordium confecturus fuisset, ia haud dubio princi-piorum, quae ceteris libris praefixa sunt similitudinem sectatus esset. Quamquam cum in codd. et vett. edd. non hie, sed V, 9, 1 novi libri initium sit, ne intelligitur quidem, qua quis ratione ut tale quid fingeret commoveri potuerit. Quod codd., qui jure optimi habentur, ista verba non exhibent: hos non raro in prava consentire alibi ostendam. 83) Nolo his accuratius h. 1. exponendis lectores taedio afficere. Singula suis quaeque locis exigent index et commentarii, dudum in scrinio latentes. 84) Quod in Anabasi plura voeabula verborumque formae quae Attica esse Atticistac negant leguntur, nemo urgebit, qui quam saepe grammatioi falsa tradant meminerit, cogitaritque, etiamsi Themistogenes Anabaseos seriptor fuisse statuatur, cum tarnen non posse non haberi pro Attieo scriptoro. Quod vollem cogitasset Matthiae in Bibl. crit. II, 4. p. 973. 9 130 CAPUT II. 18 DE ARGUMENTIS QUAE ANABASIN A XENOPHONTE SGRIPTAM ESSE OSTENDUNT. Ex iis quae adliuc disputuvimus satis apparere videtur oas rationes quibus quis duotus Anabasin Xenoplionti abjudieandam esse eensoat, nulluni ornnino vim liabituras fuisse, nisi ipsius Xenophontis atquo Anabasoos seriptoris testimonia quae proposuimus1) exstarent. At bis testimoniis testimonia possumus objiccro. Etenim Plutarchus2), auetor non eontomnondus: Serotpiöv, inquit, aurds flwtoü yiyovtv larogia ynaV'it; et tarntmyyyn? xtxi xmtOQ&tons' xui QtuPiToyirij Xt-'yst 7!foi toutiov eiuv-Terd/fräi roi' £u(>axouotor, 'tra ntnToTFQog ij 3trtyouuevo; f.aurüv wg ctXXor, frf'jio T-ijv rtör Xdytov So*uv xitgitopevo;. Fero eadem produnt Tzetzos3) et scholion a Küstero ad Suidam4) editum. Sed bis testimoniis fldem derogandam esse censuit Morus5), inprimis illud urgens, quod Plutarehus sententiam suam nullo argumento confirmarit, sed meram conjc-ctiiram proposucrit, quae in tali re non suffleiat. At enimvero num ita loquuntur qui conjecturam proferunt? Immo satis aporte significant scriptores quos laudavimus so quae ab aliis tradita aeeoperint memoriao prodere. Idque revera ita se habere egregie ostondit mirus alioquin nec ullo modo oxplicandus conscnsus quo tota antiquitas nostram Anabasin, quam oaiidem esse quae in Ilollenicis a Themistogene scripta esse dicitur supra probavimus Xenoplionti tribuit6), cum Themistogenis 19 memoria prorsus delota sit. Quis sibi porsuadoat doctissimos diligentis- 1) p. 6 s. 2) de glor. Atlienn. 1. 3) Cliii. VII, 930: qui postquam tradidit Phidiam amasio suo Agoracrito Nemesin suam et Jovem Rhamnusium tribuisse, hoc modo pergit: Tooto notsi xai Sevoepäv tij Küqov 1jivußdasi. 'sygayjs xai out uz; yt'tu too f-niotttvouyamv' Kunuu u'fv rj Avttßaotg wagtet, to ßißXCov Sf/jtaToyivovg fit fort tooto ILvfiaxovaitxuv 7iu).lv ftifxqazijoe xaZetaiha £evo(pcovrog. Kai UXutlov o iptXöaotpog fi; ovojua tlov tptttov coug ötaXoyoug tyquipe xai äXXot (Tf uvota. 4) v. Qiuitiroytviis cf. Weiske VI p. 418. 5) p. XXXVIII. (p. XII. s.). 6) Mitford Gesch. Gr. V. p. 430 Eichst.: „Es ist überhaupt merkwürdig, dass von Xonophons Zeiten bis auf Suidas in keinem noch vorhandenen Werke ein Schriftsteller Themistogenes erwähnt wird, während wir das Zeugniss einer sehr angesehenen Reihe der ausgezeichnetsten Schriftsteller vor uns haben, dass die noch vorhandene Anabasis ein Werk des Xenophon sei Dionysius von Halic. [ep. ad Pomp. IV, 1. rhet. VIII, 11. IX, 12], Strabo [VIII, 7. p. 225.], Cicero [de Div. I, 25.] Diogenes Laert. [§ 13 ap. Weisk.], Lucian [De con-scrib. hist. 23 et Somn. 17. cl. Anab. III, 1, 11.], Aelian [V. II VII, 14. III, 24. cl. Anab. III, 2, 7.], Hesychius, Pollux, Harpocration, Am-monius [Iii aliique grammutici atque Athenaous passim] werden von Hutchinson aufgezählt; zu diesen kann noch, dünkt mich, Demetrius Phalereus, oder wer sonst der Verfasser der ihm beigelegten Schrift ist [§ 3 et saepius] nebst Plutarch [1. 1. u. Artax. 8] und Longin [? potius 131 simosquo mväxwv auetores, Grammatioos Alexandrinern atque Pergamenos, nisi cortis vel testimoniis vel rationibus duetos hoc fieri passuros fuisse') ? Sed etiam causa, qua niotum Xenophontem alii suara Anabasin tribuisse Plutarchus ait, Moro admodum displieuit. „Enimvero, inquit, an Thucydidi aliquis fidem ideo detrahendam putat, quia ipse scripsit de rebus quibus interfuit? An in universum de ejus fido dubitandum statuimus, qui de suis rebus scribit? Ac si volebat alium operis sui auetorom edero, cur Themistogenem Syracusium potissimum edidit?" Quod postromo loco dicit, id in quavis persona quaererc liceret et quo-modo removendum sit e Tzetzae loco colligi potest. Videtur enim The-mistogonos Xenophontis vel amicus vel amasius fuisse. Quod idem Morus negat dubitandum esse de ejus fido qui de suis ipse rebus scrip-serit, id satis mirari nequoo. Nam profecto cum animorum ratio sui 20 quemque studiosum esse doceat, quis diffiteatur summa cautiono opus esse in iis qui de suis ipsi rebus scripserint legendis judicandisquo ? Idque tanto magis de Xenophonte valeat necesse est, quanto minus illo omnino a partium studio alienus fuisse animadvertitur. Quis ignorat, quanto amoro Lacedaemoniorum res usquequaque prosoquatur? Facil-lime autem qui ejusmodi sentiendi agendiquo rationi se obnoxios esse sciunt, ne fides sua in dubium vocetur metuunt. Plane diversam fuisse Thucydidis condicionem non est quod demonstrem. Itaque tametsi verum est quod scriptor egregius8) pronuntiat: „beatos sc putare, quibus deorum munere datum sit aut facere scribonda aut scribere legenda, beatissimos vero, quibus utrumque", tarnen non mirandum fuerit, si Xenophon, cum duplicem hanc beatitudinem ex una Anabasi poreipero posset, scriptoris laudem miserit quo majorem certioremque gloriam commemorandi erant Dio Chrys. VIII. p. 481 s. R. Arrian. Alex, ex-pcd. I, 12, 5. II, 8, 18. (cl. Anab I, 8, 21 s.) VII, 13, 7. etPeripl. in. (cl. Anab. IV, S, 22.) 8. cl. Anab. VI, 2, 4.] gesetzt werden. Als in einem verhültnissmässig neuen Zeitalter der Sammler Suidas auf den Einfall kam, dieses gewichtvolle Zeugniss zu bestreiten: so konnte er keinen andern Grund als die Worte des Xenophon «elbst [Hellen. III, 1. 2.] aufstellen, die alle jene Schriftsteller gelesen hatten und so gut als er verstehen konnten." 7) Mitford 1. 1. p 433: „Hätte man nicht allgemein gewusst, dass es oino Erdichtung sei, wenn die Anabasis dem Themistogenes zugeschrieben wird, so würde die so allgemeine Verschwörung des Alterthums, diesen Schriftsteller um seinen verdienten Ruhm zu bringen, da or vom Xenophon an bis Suidas in keinem der noch vorhandenen Werke nur einmal als Schriftsteller von Verdienst genannt wird [immo ne nominatur quidem scriptor], während so viele die Anabasis als ein Werk des Xenophon anführen, wenn überhaupt glaublich, wenigstens das ausserordentliehsto Pactum in der Gelehrtengeschichte sein". A Syra-eusano nosfram Anabasin non posse profcctam esse etiam inde probat Weisk. 1 1 p. XIX. s. quod Syracusanorum, qui expeditioni interfuerat (I, 2, !).), nulla montio in seqq. injicitur nisi quod Ijycius quidam I, 10, 14. sq. nominatur. 8) Pün epp. VI, 16, 3. t g* adipiscerotur praotor. Similiter HadrianumfoeissoSpartianus9) tostatur: „Fumae celebris, inquit, Hadrianus tarn eupidus fuit, ut libros vitao suao, seriptos a so, libertis suis litteratis dederit, jubens ut cosnomini-bus suis publicarent. Natu Phlegontis libri Hadriani osso dicuntur." Sed quod adbuc fieri potuisso probavimus, id age rovera factum esse ostendamus. Ac primum Anabasin ab ooulato tosto scriptam esse quaevis fere pagina loquitur. Nihil dicam accuratam itinerum notatio-nem, nihil diligentem populorum descriptionem: sed quae summa evi-dentia de regionum locorumque situ ac natura exponuntur10 , de proe-liis11) deque ca-tellis expugnatis12j narrantur, de itinerum difficultati-bus13) ac molestiis14) et montium15; lluminumque16) superandorum ratione referuntur, de legationibus") variisque variorum hominum maeliinati-onibus18) traduntur — haec atque id genus alia quomodo quemquam, nisi qui ipse expeditioni interfuerit insignesquo in ea partes egerit ita effingere potuisso censeas, ut ea uövov ou^i thixrvtiv arpei xai roiq nqay/iamv otg ou ylyfVijitEYOi;* uV.a ytropfröig eiptoravui asi iov axQoaTqr fv TiatHi xai avyxivSvveiovTti Sia T>}r 'ydpyfiai'13) videatur? At enim similia etiam, ut lios potissimum nominom, apud Thu-eydidem ae Joannem Müllorum inveniuntur, qui quae rettulerunt fando tantum legendove aeeeperant. Nolo objicere hos, quamquam rerum gestarum non tostes, tarnen locos in quibus gestae essent oculis usur-passe: quod ut num omnino de Thucydide reete dicatur quaeri potest, ita in Scliillero oliisque non verum esse constut. Sed quid hoc putas quod in Anabasi multa prodita leguntur quae per se ininime gravia ei demuin qui rebus ipse interfuerit, narratu digna videri potuerint ? Huc rettulerim Xeuophontis et Chirisophi de furto jocum20), Antileontis 9) in Iladr. c. 15, quem locum Weisk. p. XVII contulit. 10) I, 2, 21, 22 4, 4. II, 4, 13. 22, al. 11) I, 8, 1 ss. 10, 1 ss. III, 3, 7. ss. Vide etiam vvxio/jaXtar VII, 4, 14 et quae de Mossynoeeorum pugnandi ratione referuntur V, 4, 11 ss. 12) IV, 7, 2 ss. (ubi inprimis adverte quae de loehagorum aemu-latione narrantur. Simile factum refert Caes. B. ö. V, 44.) V, 2, 3 ss. Cf. VII, 8, 12. ss. ' 13) 1, 5, 7. 8. II, 3, lu ss. al. 14) V. inprimis IV, 5, 3 ss. 15) III, 4, 37 ss. IV, 2, 1 ss. 6, 5. ss 8, 9 ss. Vide etiam egregie descriptum Graecorum adventum in montem sacrum, unde mare prospexerunt, IV, 7, 21 ss. lfi) IV, 3, 3 ss. 8, 1 ss. 17) II, 1, 7 ss. 3, 17 ss V, 5, 7 ss. 6, 1 ss. Cf. VII, 2, 17 ss. 18) V, 0, 15. ss. VI, 4, 5. ss. 19) Plutarchi verba sunt, pugnae Cunaxensis descriptionem ud-mirantis Artax. 8. 20) IV, (i, 14. ss Nescio, cur hie jocus tarn frigidus videatur Hakenio 1. 1 II. p. 359 s. Ego cum et per se lepidissimum eenseo et inprimis aptum moribus militum, qui e diversis civitatibus oriundi jo- Tliurii dictum21), quae de Episthene paederasta22), de ludis ad Trape-znntem habitis23), de Graecorum saltationibus24), do laute vivendi ratione in Arminia25), de coena apud Seutben ac praecipue de Aristao voraci-tuto26) narrantur: quae ipsa quoque insigni evidentia conspicua ut ocu-latum testem arguunt, ita Cyropaediae et Symposii scriptorem produnt. Quem latentem ut tandem omnes doproliensum cernant tot indiciis ef-fieerc posse videmur, ut quae potissimum eligenda sint ambigamus. Ac primum vel hoc grave est argumentum, quod cum Diodorus, quem in hac expeditione narranda ex Theopompo, qui haud dubie So-phaeneti Anabasi usus erat, hausisso alibi probavimus2'), in reditu Graecorum referendo Xenophontis nomen ne memoret quidem2?), hic in Anabasi usquequaquo primas partes agit29), nulla tarnen ejus facta gloriosius praodicantur30), „ita ut talis ratio Xenophonti ipsi plane con-veniat; alium vero si sumamus auetorem, cum sensibus liominum pu-gnet. Ita si Caesaris commentariis aliud quodcunque nomen inscriptum reperiamus, tarnen ex enarratione rerum ipsa, quibus virtus Caesaris non Iaudatur, sed declaratur, nemo dubitarc facile possit, ipsum eorum esse auetorem31)." Ac nisi quid ine fallit, haud paulo dit'ficilius in Caesaris commentai'iis auetorem agnoscores, cum in Iiis quae de Caesare narrantur magna fere sint ac gravia nec miims copiose quae ab ejus legatis gesta sunt exponantur. Quod secus est in Anabasi: in qua de Xenophonte qualia de nomine reliquorum praetorum tradita legimus, caquc interdum minutiora. Ita vel ut Cyrum adequitarit refertur32), quomodo armatus prodierit memoratur33', qua ratione equum venditum cando alter alterius populum obtrectare Student. Huic judicio non dubito quin assensuri sint Aristophanis et Shakspearii lectores. 21) Y, 1, 2. 22) YII, 4, 7. 23) IV, S, 25. ss. 24) V, 9, 5. ss. 25) IV, 5, 25. ss. 26) VII, 8, 23. ss. 27) de Xenoph. vita p. 14. (Stud. 2 p. 270.) 28) Memoratur demum XIV, 37. lloc silentium etiam in nogli-gente scriptore gravissimum videatur necesse est ac prodoro videtur vetcros non optime judicasse do Anabaseos fide. 29) Memorabilis est locus V, 10, 10: ui eff äoyoi ijaay uvtoT;, w; eda/oor t-hj erp/fir tree 'Aihjvaiov ITf-Xortoyyfjnüoy xai AaxfSatjuovitov. Atqui ctTgaTijyö; auroxpririag jam creatus erat Chirisophus. Itaque Xenophontem non nomine, sed re imporium tenere criminari poterant. Cf. IV, 3, 10. 30) Tantummodo ab aliis Iaudatur, veluti a Ohirisopho III, 1, 45 et cumulatissime a Timasione VII, 5, 10., antea ejus adversario V, 6, 19 ss Cf 7, 8, 3. 31) Weisk. 1. 1. p. XVIII s. 321 I, 8, 15 s 33) III. 2, 7. (cf. Caos. B. G. VII, 88, si locus germanus est.) Vido etiam III, 4, 47 ss. cl. YII, 3, 45. IV, 2, 20. s. 4, 12. 134 reoeperit narratur34). Nolo urgore ejus somnia35). Seil gravius est illud, quod, si oocisos praetores oxcipis, do oo solo quomodo ut expedi-tioui interossoti factum fuerit traditur36) et quae ea finita ei ovenerunt, 23 horum nonmilla tanguntur37'. Doniquo indo a libro tertio non tarn do Graeeorum reditu quam do Xenophontis cum modorantis praetura ex-poni dixeris. Vide modo quam copioso quomodo ut praetor crearetur factum sit explicetur38); quam accurato quao eum rationos postmodum ut jubentibus militibus summus dux fieri nollot moverint referatur39). Porro ubi a reliquo exercitu separatur, adverte quomodo narratio a ceteris defleetens ipsum potissimum comitetur et ovidentissimo quae ei evenerint prosequatur40 . Deinde num lioc niliili est quod praeeipue quae Xenophon priulenter suaserat nominato consilii auetoreproduntur41) ? Atque quid dicis longissimas illns orationos quibus milites vel adhor-tatur42) vol coercet sedatquo43) vel iis so purgat44) ? quid eam, qua Seuthen ut militibus dobita stipendia solverot commovit45) ? quid perpe-tuam ejus apologiam quae posteriori operis parti intexta est ? Denique quae de ejus consilio urbis in Ponto condendae referuntur46), ita narrata sunt, prorsus ut intelligi neqneant, nisi ipsum Xenophontem scriptorem sumas. Haec argumenta si cui nondum sufficere videantur, reputot velim quao de scriptoris ingenio studiisquo ex Anabasi colligi possunt. Ut de his primo loco dicam: rei militaris et araantom et peritum auctoreni quaevis pagina doclarat. Non minus curiosao vonntionis doscriptiones Xenophontem produnt47). Eundem argunnt quae de equis narrantur48). 34) VII, 8, 6. Cf tarnen annot. 44. 35' III, 1, 11 IY, 3, 8. Ejusdem gonoris est Y, 9, 23. 36) III, 1, 6. ss 37) De ejus ftiga v. VII, 7, 57 et III, 1, 5. cl. de Xenoph. vita p. 20 s. ubi recto a nie sollicitatum esse locum Dionis confirmat sclio-liastes a Morello coli. II. p. 592, ed. Reisk. apud quem rrrgt diönijv non in nfgilniTTi/r sod in irfgiUeiiro/ut'rrjr s. TTtqiXtTiofit'i'tjv mutandum esse censet Schaefer. ad Gregor. Cor. p. 495. negdeini] Lobeck Parall. p. 472.) ac praeeipue quao do agro Scilluntio narrantur V, 3, 4 ss. 38) III, 1, 4 ss 39) V, 9, 17 ss. 40) IV, 5, 24 ss. VI, 1, 10. ss. Cf. etiam VII, 8, 1 ss. et 2, 17 ss. 41) No maxima illa quae libro tertio referuntur commcmorein, v. IV, 6, 10 ss. 7, 4 ss. 6, 10 ss. 8, 10 ss. V, 1, 5 ss. 4, 19 ss. VI, 4, 12 ss. Eodem pertinet militum defensio V, 5, 13. ss. 42) III, 2, 7 ss. VI, 5, 14 ss. 43i V, 7, 5. ss. Cf VII. 1, 25. ss. 44) V, 6, 28. ss. 8, 13. ss. VII, 6, 11. Praeeipue so non lucri studio dtictum fuisse docere conatur Cf. VII, 5, 3. S. 2. 6. 45) VII, 7, 22. ss. 46) V, 6, 15 ss. 7, 1. ss. Inprimis exponde quae de Calpes portu dicuntur VI, 2, 1. ss. cl. 4, 3. s 47) I, 5, 2. V, 3, 10. 48) IV, 5, 35. VII, 8, 2. 6. 135 Ingenium Xenophontisinprimisredolent quae dereligionibusreferuntur49). Paritor illud agnoBcas in singulia hominibus describendis. Nam ut nihil di- 24 eam conspiouum amoris ardorem quo Cyri indoles atque ingenium laudata sunt50): Menonis moros tanta ira tantuque aeerbitate notatos legimus51), ut liaec demuiu ab eo proficisci potuisse videantur qui ipse cum eo vorsatus, ipse ab eo Offenaus fuerit. Socratis diseipulum etiam depre-liendas in dialogis, qui multi nec satis apto omnes narrationi intexti sunt52). Donique tot similitudines inter Anabasin et alia Xenophontis scripta, inprimis Cyropaediam, cujus parentem Anabasin dixerim, in-tercedunt ut communis origo neminem facile latere possit, suspiceris-que scriptorem quam laudem Anabasi alii tributa perdiderit, eam Cyro-paedia eomponenda quodammodo sarcire voluisse Quod in Universum pronuntiavimus, id age in singulis probemus. Ac primum quis non videt ex Cyro minore natum esse Cyrum majorem V Queniadmodum ille, ita et hic inter aequales docilitate et obsequio53), equitandi artis peritia54) et venatiouis amore55) excelluisse dieitur; queniadmodum ille ita et hic regnandi prudentissimus erat56) queniadmodum ille, ita et hic insigni ratione amicos sibi devineire cal-luit51). Omitto alia. 40) Cf. Weisk. 1. 1. p. XIX ot Creuzer. do Xenopli bistorico p. 3. ss. 50) I, 9. 51) II, 6, 21. ss. cl. I, 4, 14 s. ad quem locuiu Weiskius: „tur-pissima sane verba, quae probabilius sit Menoni ab inimicis tributa, quam ab liomine c.allido inter fortes viros tali tempore pro lata." Si quid in hac oratione Actum est, id a Xenophonte profectum esse non dubito contendere. Nam qui saepius ineulcat drSpo; agfTijr nvai nxäv roug per ipilou; eu notouvra, TOU- xrtxu); I Mein. 2,6, 35) is, opinor, inimico parcendum esse non censuerit. Ceterum quomodo Creuzerus: die bist. Kunst der Gr. p. 308. n. 59. in Menonis morum notatione Thucydidcum colorem deprehendore potuerit equidem non perspicio. Nam lieque oratio Tbucydidem redolet et ista ira immune quantum ab hujus ingenio abhorrec. Tbucydides enim, ut Plinii verbis utar (opp. I, 10 7j insectatur vitia, non liomines. Cf. Commentatt meas p. 255 s. 52) I, (5, 15 ss. III, 4, 39 s. IV, 7, 4 ss. V, 8, 2 ss VII, 1, 8. ss. 2, 24 ss. al. Cf. Weisk. do ingen. Xenopli. T. I p. XXXVII ed. Xonopli. scriptt. 53) Cyrop. I, 3, 1. cl. 5, 1. Anab. I, 9, 5. 54) Anab. ib. Cyrop. I, 4, 4. s. cl. VIII, 3, 25. 55) Anab. I. 9, 6. Cyrop. I, 4, 7 s. 5(5) Anab, I, 9, 12 s. Cyrop. I. 4, 3. al. 57) Anab I, 9, 22. s. Cyrop. VIII, 2, 7. ss. Anab. I, 9, 26. Cyrop. VIII, 4, 26. Imprimis adverte similitudinom locorum Anab. I, 9," 24 et Cyrop. VIII, 2, 13. Cf etiam Anab. I, 2, 11 ot Cyrop. VIII, 4, 31 13G 25 Deinde digna sunt quae eonferantur ea quae in utroque opere leguntur de onagrorum venatione58), de finibus regni Porsarum59), (le eurribus faleatis60), de noeturni copiarum itineris instituendi ratione111), de ignibus pro eastris alendis62), de equitatu barbarieo nootu diffieil-lime excitando1'3), de Yuleano eoruni qui oppida expugnaverint socio6*). Magis etiam urgenda fuerit similitudo multarum quae in utroque opere leguntur sententiarum. Ita quemadmodum in Anabasi65) pronuntiat: narrt] nurra roig &eoig u7ioytt xai narra/fj Trarriav Xttov oi Petit inixgarovoir, pariter in Cyropaedia66; deos dieit toi),- «ei orrug xai Trdrra Jvrafte'rov; et quae sequuntur. Porro quod eodem Anabaseos loeo si-gnifieat67), deos omnia seire, id pluribus doeet in Cyropaedia aliisque libris68). Adde quod quemadmodum in Anabasi69) tradit: rovg tfeovg txarovg ttritt xai Tovg fieyaXovg tw/v utxoovnoisir xai rovg /ttxQOvg, xttr 26 er Detroit: taoi, aiöletv ev/rertög, brav ßovXtovrui, similiter in Hellenicis70) ilit: ti tag ?otxe, noXXüxig guittet Tovg ufv /jtxgovg peyaXovg noidör rovg de /teydXovg fjtxgovg. Omnium frequentissime illud ineuleat: yietoria parari, clade amitti omnia. Contende modo lios locos Anabaseos et Cyropaediae: 1 Er tiAito ij'hi xeirat rttvra tu aya&a ä&Xa'1*) onoregot ar ijjitöv artiges dfieivoveg 58) Cyrop. II, 4, 20. Anab. I, 5, 3, quem locum jam a Demotrio de eloc. 93 male intellectum perperam ab Halbkartio p. 29 translatum esse doccnt vel verba Siattrarreg-SiaSeyauerot. Rectius Leouelavius et Beckerus p. 23. s. Bene Arrian. de venat. 24 tiiarSe-yendai intorpretutur SXXovg bt aXXotg (alios post alios) iXavretr. 59) Anab. I, 7, 6 Cyrop. YIII, 6, 21. 60) Anab. I, 8, 10. Cyrop. VI, 1, 30 2, 17. Ol) Anab. VII, 3, 37. Cyrop. V, 3, 37. 62) Anab. VII, 2, 18. (ubi e variis codd scripturis eruendum videtur: oTicog oi lier tpvXaxeg fit/ ogtorro, ir rto nxorei orreg, frtjre 071 ov ein! fii/re bnot toter, ut proindc si ad oastra recederent, haec ubi essent bostes 11011 possent animadvertere.) Cyrop III, 3, 25. Hellen. VI, 2, 29. 63) Anab. III, 4, 35. Cyrop. III, 3, 26. 64) Anab V, 2, 24. Cyrop. VII, 5, 22. Cf. etiam Anab. III, 3, 16. et Cyrop. IV, 1, 6- 3, 4 ss. Anab. III, 1, 46 et Cyrop. V, 4, 22. Subindo oadem fere verba reperimus, veluti Anab. V, 9, 17: im tag ar xui i-'yorrt-'g ti olxaSe dtpixotrro et Cyrop. IV, 1, 20: 'ira xai iyorrtg ti otxade atpixtifiefru. Cf. etiam Anab. III, 2, 32- (codd ) 37. 38 et Cyrop. IV, 4, 8. VI, 2, 23. 39. 65) II, 5, 7. 66) VIII, 7, 22. 67) Tor &ewr noXe/uov ovx oiSa ovt utio :noiov av ra^oug tpeuytov rtg d'TTorpvyot, ovr eig Troior ar axorog anodguirj, out)'' 071 tag ar eigi/vgov ywgtor anoaraitj. 68) Cyrop. I, 6, 46. V, 4, 31. Hellen. VI, 5, 41 et imprimis Momor. I, i; 19. 69) III, 2, 10. 70) VI, 4, 23. 71) Non est quod roirtor desideres. V. Anab. V, 1,8: eiSerai uiör/'"). et: tu rtoi' viy.iout-'viüv nt'tvrct rotg vixwcstv aei a&Xa ffftoxetTaP*). Deinde quemadmodum in roliquis operibus, ita in Anabasi summopere cunimendat tumlluy et netd-ag/tarrA i ac fortitudinem. Inprimis eorum quae de bac dicit nonnulla contendenda fuerint, Ita quod in Cyro-paedia'5) logimus: wg ai yct%ui fiallov XQCvovrai Talg yju%alg rj Talg tiav otafidzwv qiäpuig, idem aliis verbis liabea in Anabasi'6): ovze n/.ijä-og imtv 0uze io%v$ t] }.v Tio TJoXfflto Tag vixag notovaa' aV. OTtdaoi uv nvr Totg &foig Tul; Utv/ujg FQQto/ueveaTfQuig 'itaaiv rn\ rovg noXsfzlov^ tovtou; wg fTi't to 7ZO?.v ol ivarrCoi ov Si/oyzai. Quod ibidem") subjicitur, non fuga, sed fortitu-dino salutem aequiri, paritor in Cyropaedia'8) dooetur. Sed jam voroor, ne multus fuisse dicar in ea re do qua nostra quidem aetatc perpauci dubitent. Verum bis respondere licebit dubi-tationcm usquequaque veritatis parentem esse, ac si in liac quoquo re saepius sapientiusque dubitatum esset, veram rei rationem et maturius 27 explorutaui et firmioribus argumentis adstructam fuisse. Ceterum noluimus ita abuti logentium patientia, ut etiam ex oratione Xenopliontem Anabaseos scriptorem esse ostendere conaremur, partim quod in Iioc genere o multis parum saepe colligi potest, partim quod quivis vel mediocritor Graece doctus elocutionem Anabaseos Xenopbonteam esse non^sentire non potest. zrjv Sira/iiv bp u£s <>r l'toozv. Cf. IV, 5, 14. Homer. Odyss. IV, 170. Thuc. II, 05. 92 VI, 31 Lys. orat. fun p. 95 Isoer. de pacc 2. Memor. I, 1, G: SiaXtyai&m nun tot ur Xußotfv rdr junfröv- Buttmann, ad Sopli. Phil. 957. Liv. XXIX, ü: ut mos est qui diu absunt. Caes. B. G. IV, 7: qnicunque bellum inferant resistere. Anab. VII, 7, 20: •nifjtnovot rdr £eroi/iwyru xai avv uurw oV tJoxovr fnitfjr){LOi/rrol eirm. Ct. V, 2, 20: Cyrop. IV, 4, 1 Sic etiam explieo Anab. I, lu, 3: ixtpfiiyn yvjuvtj nnbg rcoy 'JEXXyrtov o'i i-zv/or h' rot: uxeuotpöqou onXa */ot reg. 72) Anab Iff, 1, 21. cl. 2, 2(3. 39. V, 6, 32. 73) Cyrop. II, 3, 2. cl. 1,17. III, 3,45. IV, 2, 26. VII, 5, 73. Etiam locus V, 2, 23: v/luv df-'. et ovzog iTitxg'tzijtfft, an 10 anarru zu orra aXlÖTftta ytyvdtttvtt Plat. Segg. 1. 266, b: vävra Tee zwr vtxttifif'vioy aya&d zwr vixtavxtav ytyyta!)ai et Anab. III, 2, 2b: xftazovfitvuiv—TtdvTci dXXorgia, simil-limi sunt Curt. 5, 2, 15. opos. victi ud victorem transfert fortuna 741 Anab. III, 1, 3S. 2, 29. V, S, 20 Eadem quae Ii. 1. coi.i-paratio est Cyrop 1, 6, 21. Ceterum cf. VIII, 1, 2 sqq. 75) III, 3, 19. cf. IV, 1, 8. 76) III, 1, 42. 77) 1. 1. §. 43. 78) III, 3, 45. IV, 1, 5 28 PART1CULA POSTERIOR. DE INTEGRITATE ANABASEOS. Uli LACUNIS. CAPUT I. In universuiu Xenophontis deCyri expeditione commentarios satis bene a librariis habitos esse vel inde colligi potest cjuod vix ulla la-cunarum, majorum quidem, vestigia doprehenderc licet. Corte quae ex hoc genere adhuc viri docti observasse sibi visi sunt, eorum pleraquo non idoneis nituntur rationibus. Hoc lnprimis probare licet refutandis sagacissimi lacunarum in Anabasi investigatoris Weiskii suspicionibus. V, 1, 7: jiXXa jUOL Soxti uvv ngevo/jaiq Xa/jßavtiv Tu inirijdtLu, ctXXio; S'e firj nXaräirS-ai, i- aiii^>/ti9e. "FJoU tuÜth. „Takle maneum, Woisk. in-quit, et depravatum existimo hanc §. Nara quod hic legimus, excursi-onibus parandum esse commeatum, id aliis verbis §pho seq. init. rursus occurrit, ut si rei prorsus nulla dum facta fuerit mentio." Sed illa l'epetitio : i.ni Xeiav ydg vyiov txnogtvnovTai rivt;' o\tuui oVv ßtX.riov tivai x. r. X. molesta videri non potest, cum haec vertenda sint: quoniam vestrum aliqui praedatum exibuiit, melius puto etc. Herod. I, 30: nag i/,uta; ydg TTfgi fito Xoyo; anixrai noX.Xo;-' vvv toy 'i/jtgo; intigtn&ai /uoi t7jt/X&i ot, tt tlvu rtdtj nuvtiov t\St; dXßaaTarov. YI, 11: bll Ivgov ydq uyinjz i'^traL /;uh tu ngilyfjara- vvv wv v/jti;1) ijv fitv ßovXyo&e raXatniogiu; ivStxto&ai, to 29 nttqaxgijpu juev novo; v/uiv tarai, o'lol re (it entölt vTrtqßuXoptvoL tou; ivavriov; eivai iXevU-tgot. de quo 1. v. Longin. n. w/jov; XXII, 2. Cf. Homer. Od. 1, 337 et Werfer, in Actis philoll. Mon. I. p. 79 ss. Aliam iiujus difficultatis tolloudae viam ingrossus est Selm. Is enim statuit aliud esse 7rogtvta&ai int rd eTnrydeia, quod vocabulo ngovojuai, noovoittia signi-ficari soleat, aliud in\ Xtiav nogtvto#at, quod swguli milites lucri cupidi facere soleant. Hanc distinetionem ex nostro loco videtur duxisso, motus voce ti vi;. Sed meminisse debebat nvi; non idcin esse quod ivioi. 1) Commate hic abstinendum erat, cum vfitic dictum sit quodam attractionis genere propter ßoitiija&e. Cf. Anab. III, 3. 16: y/ttl; ovv ei fiiiJ.ojuev (inepte Lion ex F. niXXoiutv, perperam advocata Matth. Gr. Gr. §. 524. 3. cf. ad Dionys, historiogrr. p. 233. et add. ad h. 1. Etiam Hier. VIII, 9 cum Weisk. correxerim) tovtov; tXgyttv-atptvdovtjriöv Tt Ttjv ta-jfiarriv Jti xai inniav. Adde II, 5, 41. 6, 23. III, 2, 12. Corn. Nop. Epam. IV, 3. Hermann, ad Vig. p. 941. 139 Hoc eniin est nonnulli „v noXXol, illud aligui, ov narrte. V. Plat. Phaed. p. 58 d : nagrjaar nw; xai noXX.ot. ubi cf. Heindorf'. Ceterum ista di-stinetio loqtiendi usui repugnat. Est enim Xtla, quod vocabnlum prae-eipue ad pecora refertur, rj nagartöv noX.ttuMV Hg ro xoivöv rtör Siapnatovrtav wyüeia Schol. ad Demosth. Lept. p. 109. "Wolf. Cf. Tliuc. YI, 95. YIII, 3. Soph. Trach. 701. (758.) Polyb. IV, 83, 5. Dionys. Arch. XI, 48. p. 2280. et Lex. Xenopli. in v. Praeferenda igitur videtur nostra ratio. Sed alia offensio ost in verbis: faSf Si (rovg arqarrjyovg, cf. V, 7, 20. 31. VI, 2, 12) Tourior fmfitXeiaS-ai, si quidem rou'ray ad eibariorum eom-pnrandorum rationem referendum est. Ita enim hic eadem dicerentur quae proxima §. Sed ob hoc ipsum illnin vocem cum Weiskio Stixrtxwg ad castra rettulerim. Sed fateor tarnen hoc durius videri nee omnino haue sentontiam aptam esse, cum sponte intelligatur, praetores castrorum curam habituros esse. Itaquo mihi in montem venit verba rjfüig Si tovtmv rm/utXtia&ai, dolcto St et subjecto xui § 8, post ßtXnov (hm in-serenda esse. Lenior quidem videatur Halbkartii conjeetura, emendantis: ut; dtäCeafXai rjuag m xai roitriov tniutXeia&itt (,-damit wir diesem Bedürfnisse abhelfen ohne unser Lehen in Gefahr- ::u setzen"). Sed eam linguae rationi repugnaro manifestum est. Denique quod "Weisk. de verbis nihil de-finiens suspicatur: „Xenophontem tum censuisse, ut nun quisgue pro se cum paucis temere arreptis, sed cum bims, terms, pluribusve centwriis pahu-latum exirent. ipse autem cum religuis castra custodiret": liaec fere sen-tentia inest in verbis äXXiog utj nXaväa&ai, non temere var/ari (cf. Perizon. ad Aelian. V. II. II, 13., qui duos Plutarchi locos excitavit, in quibus nXXio: nXavait&ai eodem modo conjunctum est, et Ruhnken. ad Tim. p. 199.) et avr ngorofiaTg, qua V00C pabulationes avrrtrayuirov arnareiifjarog 30 inlelligi ex Cyrop. VI, 1, 24 docuit Sehn. V, 1, 2: rpoßsfioi rjaar /ttj noirjatiav oht xai rovgrtor KöX^toy xijovxag enoil/aay xai rovg äyotiavdtjou;. Ad. h. 1. "Weialc.: „nihil, inquit, de Col-chorum legatis, aut de iis, quae hic adjiciuntur supra nie legere niemini. Referenda igitur liaec videntur ad ea quae narrantur §. 13—25. Sed hoc praepostorum, ut vel Xenophonti vel librariis aliquid imputari possit." Hane, si qua est, Xeuophontis culpam esse ex eo apparet quod 1. 1. hane rem tarn copiose narrat ut si eam omnino nondum com-memoraverit. Quodsi antea de ea exposuisset, repetitionem evitare non potuisset. Excusabit scriptorem Horatius ep. ad Pisones 42: Ordinis liaec virtus erit et venus aut ego fallor, Ut jam nunc dieat jam nunc debentia dici, Pleraque differat et praesens in tempus omittat. VI, 4, 5: rrvyyavt- Si ro nrgärfvi/a yito br ort dtpixfrp xai fjt't Xeiav rivig ol/oftevoi, ti'/.Xoi sig ro voo;. Hie quoque Weisk. quaodam opinatur esse turbata oniissis et depravatis verbis. Ac primum durius putat post oi'xö/ttvoi mente repetoro Iruy/aror, cum novum verbnm oxspectetur. At legerat tarnen IV, 3, 8: fSoStr fr ntSatg SsSta&ai, avrai Si itvrtp avrouttroi ntptnnvr va. V, 2, 30: xai og ihtvaardg iptvyti xai oi avr avrto. Cf. II, 2, 1. 14. 21. Quam multa in hoc genere Gtraeci sibi indulgeant alibi 140 monstrabo. Deinde quaorit "Weislc. quinam mons sit rd dgug et cui ■rreSt'w opponatur. Halbkartius intelligit locum ubi pugnatum fuerat, rd fjtyu xa) dvo7Togov vaTioc "VI, 3, 12.; ogo dici puto montem prope Cal-pes portum, qui mons xar tlo^'/v in line narratione rd opo; appellatur. Ceterum locum aliquid vitii contraxisso non est quod demonstrem. Sed emendatio facilis est. Videtur enim xal ante SXXoi transponendum esse. Ita verba Tirec oi/b/ievoi xai ctUoi voci argdrev/nr ratione satis trita sunt apposita. Cf. V, 6, 30: wWf Xttßörrag uuäg nähr tov /itv ßovXo/ievor dno7T?.etv tov Sf m] ßovibueror enei xrtjnaiTO txara x r. X. Quod pluralis singulari appositus est, neminem offensurum esse putassom, nisi Liouem V, 5, 3: aipixovro eig Korvionu. noXiv 'EXXijvtSa. Jiivttme'iov avotxovs, conjectura optts censuissa viderem. Immemor erat locorum II,. 1, 6: ro oTcctTeviia-xönTorTeVI, 3, 11 : rrv tiev yralirj-dnoXtnorrag. Hellen. II, 2, 21: oxlos-ipoßovperoi. Plutareli. Tliem. 7: ti)r ndXiv-exXmövras. 31 Demosth. Mid. 45. e. tov aroXov nXeorrior. ibique Buttm. Cf. Arrian. exp. V, 14, 1. VI, 20, 8. Hellen. II, 3, 55. Anab. III, 4, 45. IV, 1, 20. 8, 18. V, 5, 7. 14. 7, 14. 10, 6. Thuc. VIII, 61. Denique cur Weislc. in Dexippi mentione haeserit non assequor: quem cum apud Cioandrum fuisse V, 9, 32 didicerimus, non est quod cum hic cum illo advenisse miremur. Quis autem copiosam ejusmodi hominis liistoriam desideret? De loco VII, 4, 19: eneiTreg tjnfrrro, boomeg/yorov eßoijlhi. roaovrov xai rd xtgaf Ftpötyyero avruh quae Weislc. disputavit satis refutata sunt ab Halbkartio. Xon majore jure idem Weisk., probante Sehn, ud VII, 5, 9: „ab initio hujus §phi, inquit, desidero sententiam: Seuthes per Heraclidem arcessivit ad sc, Xenophontem." Sed optime cohaerent omnia. Nam cum Seuthes promissis non staret, Xenophon dubitabat num eurn in loca su-periora comitaretur. Id ut animadvertit Heraclides, Xenophonte ex-cluso reliquos praetores ad Seuthen duxit, iisque persuadere studuit ut vel invito Xenophonte apud Seuthen stipendia merere pergerent. Quod Weisk. ad opinionem suam confirmandam § 11 advocat: ^evthjg eXoido^ei tov "'flgaxXeCSrjv. oti ou TrugexdXei tov Beroiptorra, hic 1. ideo nihil probat, quod ibi ex optimis libris pro ror 3er. leg. est xai Ser. Ut in his locis Weiskium injuria lacunas odoratnm esse mons-trasse videmur, ita non possumus non laudare viri docti sagacitatem, qua locum I, 2, 16 depravatum et omendandum esse probavit. Infelicissime in lacuuis investigandis versatus est Schneiderus. Vix credas quemquam haerere potuisse in loco IV, 3,22: ol S'e orgarnörai tßöwr ut] aTToXetnentha, dXXd avrtxßalreiv eui rd ogog. At Sehn, proposita Weiskii explicatione vocum firj anoXfinenStai non remamuros esse") aliquot verba deesse suspicatnr. Sed quis non videt ßoäv hic esse: cum clamore jubere (Schaefer. ad Soph. Oed. R. 1287) et u>) anoXeCneo&ai significare : non remanere. sequi. Cf. I V, 5, 16, VI, 1, 26. al. Xon majore jure eidem viro docto V, 7, 33: ayogur uv&ijxi] (iramo avr »ijlta), ovrtarj/uovi ?.oyoc h- TioXt/uto brt ynoQt(ju(o Ttov oly.f.uor ötdojuevog» Cf. intorprr. ad. Tliuc. VII, 44. 142 fero 'Abrain exspeetaverit. Sed accusativns tarnen 11011 inoptus ost, quamquam non repugnaverim, si quis cum Schaefero 'A&ijvaia omondet, quod conti rmntur vulgari soriptura. Deinde aliquid obsouritatis habent verba xccza rijr avyyt'vetav, quae signifieent necesse est: ■praetores (et Seuthen) hane tesseram elegisse propter eognationem qua Thrac.es cum Atheniensibus. Minervae cultoribus, juneti essent. Sed etiamsi nobis id paulo obscurius dictum vidoatur, Graeei tarnen, apud quos liaec co-gnatio vulgo credit« notnque fuisse videtur, de loci sententia umbigere non potuerint. Aecedit quod scriptor rem jam supra tetigerat YII, 2, 31 : o 2fii#i/5 cinsr, ort ovSfri ar dmorijofieir 'AD-tjvaCiar' xa) yäg ort nuyyfvri; f'ifv elStrai x. r. X. ubi Lion priusquam hane nvyyfrttav cum Yaloken. ad Herod. IV, 80 inde repeteret quod Sadocus, Sitalcae filius, ab Atheniensibus eivitate donntus esset (Thuc. II, 29. Schol. Aristopli. Acharn. 145) ostendere debebat avyyfrreMv pro ttoXcth'o dici posse. Nihil dicam quod verbum elJf'rai votustiorem aliquam rem intelligi significat. Jam cum antiquissimis temporibus Proene, Pandionis, Atheniensium regis, filia, Tereo, Tliracum regi, nupsisse tradatur (v. Apollodor. III 14, 8 et Heyn, ad h. 1. II p. 331), nonne probabilius sit hane nvyyi'vnar h. 1. intelligi? Frustra quidem objicitur Thuc. 1. 1.: Tggn de ™ ITnöxvijv zrjv IlavSiovog rtno 'A&qroiv nyövri yuvalxa Ttoocijxfv o Ttjgrjg abzog ouSir, ovcSi Ttjg aurij; Qqaxi/g eyfvorro. Patet enim ab hoc scriptore impugnar opinionem quae vulgo obtinuerit, eaque per belli Peloponnesiaci tem-pora Athenienses usi videntur, ut Thraciae regum sibi conciliarent ami-citiam. Ct. Aristoph. Acharn. 134. ss. Fortasse etiam Eumolpum iis in memoriam redegerunt. V. Hüllmann: Anfänge der griech. Gesell-p. 51 s. Sed ut ad locum abs quo profecti sumus revertamur, in eo aliud quoque vitium residere colligo ex Cyrop. III 3, 58: m; S^lzt t'iro ßeXtcov ijoav, rtagrjyyva o Jyvgog nvvDqpa Zf u; o u u u tt% o q xai qyejutav, 5Etth de 7rctX.iv rjxf ro ovr&tj/ia arranoJcdoiKrov, f^rioy^r an o Kooo; Ttacava zov vofiilofjtrov. Videtur enim tessera initio ab extremis alterius (dextri, 34 ut opinor) cornu militibus facto proximis insusurrata esse et cum hac ratione usque ad alterum cornu propagata esset, inde eodem modo re-vertisse (dvrajzoS(Soa9-ai), ut bis ineulcatam ne quis periculo appropin-quante oblivisceretur. Sed cum hoc de more bis nec saopius fierot pro dsvztoov legendum videtur ro chüregov. Alter locus quo nonnulla intercidisse suspicor est II, 3, 9: Siargi-wto, i-'oT av dxvijrywotv oi ayyeXot, /i>/ «7rodo$i] rhu\r rctc OTTurSac Troiyoaa&ac. 01 füll yf [tivrot, htprj, xai rocg ijurrfgoig orgaruaraeg rör autöv rpoßov Fnnaf'ofo&ai. Hic nonnulla desidero, quibus Clearchus reliquos praetores monuerit ut cunctationis consilium exponeront militibus, ne qua, ut fieri solebat, confluentes a praetoribus ut foedus fieret peterent, eoque barbaris te-stibus se animos demisisso proderent. Uno tantum verbo etiso corruptus videtur locus VII, 5, 4: xat rtov fccvyuv Xuußcii'fi 'sv ftf.v Tt/tanciov —. tu f?f ßosixa LFuyi] ro?g Xo/uyciig xarsfieglaS-t}. ubi ante fsvyäv excidisse per ijjuwvixüiv manifestum est. 143 CAPUT II. DE ADDITAMENTIS. Lucunis haud paulo frequentiora sunt additamenta. Unum ox Iiis jam supra excitavimus p. 121. Quemadmodum illud, ita etiam totus locus IY, 1, 2. 3. 4: inei de dipixovTo-xuTaXaßeiv rd äxqa, ab optimis libris E. Et. E. 11. omissus, ex alio quopiam scriptore, fortasse ex Theopompo aut ex Sophaeneti Anabasi, margini adscriptus, videtur iix texta irrepsisse, Haud dubio onim spurius est. Nam primum cum verbis § 4: njv S'elg tom; Kaqdov^oug e/ußo?.tjr iode ttoioZvtui x. r. /.., quae cum § 1 eadem qua scriptor in ceterorum librorum iuitiis usus est ratione coeuut. Deinde isto locus quae eontinet pleraque jam superiore libro legimus. Kam haec ipsa, quibus potissimum Sehn, et Halbk., ut cum germanum esse ostondailt, nituntur: ev&a o yev Tiyftqg noTuuog -nuvTUTiaaiv dnoQog qv dia tu ßad'oq xu'i //e'yed-og, 71 dfjodog r)° oux ijr, d)./M rd KufiSüd^icc ouij unf.p avTou toI nora/juu ex^e'/uaro, haec quis non videt jam inesse in III, 5, 7: evTftu&a 710U.1] u:ioih'u /;>'* ev&ev juer yäo opy fjv v/if-qutp/^.a, ev&er de o TioTuyog Toifourug to ßaOog tog fJrjd'e rd dögara U7iei>e/eiy TieiQitiue'roig Tou ßü&oug. Cl'. ib. §. 18. PoiTü quis ferat, verba edoxei toi; otfati/yoig did tiov öoetor ■noqeuTeov elyai, cum paucis versibus ante dictum sit III, 5, 17: edoxei roig arqarryyoiq. dyayxaioy eivai dia tuiv OQhiöy eußüV.eiv eig Kaqdoü/ovgt Adeoque § 18 jam narratum legimus quao praotores hoc. consilio in-stituerint. Tum quae de captivis referuntur: tjxouor ydg twy d/.iaxout'vwy x. t. ),. ita sonunt ut si de hac re ornnino nondunx sermo fuisset. Xova quidoin sunt quae de Tigridis et Euphratis fontibus traduntur. Sed de Iiis cum inl'ra clicturus esset scriptor (4, 3. 5, 2.), eo minus opus erat ut jam hie dieeretur, cum III, 5, 17 traditum esset: eyreüS-ev (cum 111 Armeniam venissenti eunoQov eipaouv (oi al/udXtoroi) eivai, ottui Tig e&eXei tioqeventha. quibus verbis scriptor ista de fluminuux fontibus lxaxid dubie sulijecturus fuisset, si omnino ea sibi Ii. 1. tradenda putasset. Similis lacinia assuta est Y, 10, 1: xai naganXeovre; efreiöpouv tj;r te 1laooviuv axTtjv, ev&a >) 'ylqyto X.eyeTai oQploan&ai, xai ruy ttotuuiov Ta nräfiuTu TioitjTor u'ev tou (-JfneoriöJovrog, eneira de tou v/giog, eneiTa de tou AXuog, pera Je toutov tou üaQ&eviov' toutov de TraqairXeüaavTeg diptxovro elg 'llquxlnav Cum h. 1. de Graecorum itinere a Sinope ad Ilaracleam sermo sit, patet praepostere hie memorari Jasonium Promontorium, (xxuni dxfjav dicunt Ptolem. Strab. XII, 3 p. 26 et Arrian. peripl. 10.), atquo amniunx Tliermodontis, Irios et Halyos ostia. Infelicissime ut haue difficultatem tolleret, Buttmannus Schneiderum admonuit: „quando Xenophon voluerit navigationem Graecorum cum Argonautarum itinere compax'are, id illi faciendum fuisse aut antoa, aut nunc demum. Anteil si fecisset, tuno occupanda fuisse ea quae postea demum Graeci vidis-sent. Igitur nunc simul omnia repetoro ot loctori quasi ob oculos poliere, ut uno velut obtutu Argonautarum iter secundum littus Ponti pos-sit consequi". Infelicissime haec nionita dixi. Nain quo tandenx modo 144 seriptor so de Graecorum et Argonautarum itineribus comparandis eo-gitasse signifieavit? Gerte verba ev9a ij'Agyui ieyeruLngogoQfiiamiä-aitale quid non produnt. Sed omnino haue oxplieationem respiciendara non pntassem, nisi eam et Schneidero et Lioni imposuisse videreni. Non 36 inulto felioius statuit Halbkart., Xenophontem cum geographica quaedam supra omissa memorare vellet, hic de toto itinere a Cotyoris ad Heraeleam loqui, exiguo tarnen orationis vitio id non significasse. Sed ne dicam res h. 1. traditas jam supra (6, 9.) esse memoratas, exiguum istud orationis Vitium ejusmodi est, ut qui illud admiserit, eum non dormitasse, sed delirasse dixeris. Nec admitti potest quod Haken II. p. 380 s. suspioatur, Sinopenses, quorum interesset, ut hae regiones quam paucissimis notae fierent, Graecis ficta narrasse. Nam primum non assequor quo fruetu falsa fluminum nomina iis dixissent; deinde injuria istam regionem a viro doeto pro terra Graeeis incognita habi-tam esse ostendit quae maturo floruit mercatura Pontica. V Oecon. XX, 27 : oi i-'u'iopol Jia To atpoSga ipiielv ror airor ottov av dxouaioai nXetarov eh'at Tii.eouviv eW avror, xai j£tyaiov xai Eü^eivov xal 2ixehx6v vovtov TTeotavTt;. Cf. Wolf, ad Demosth Lept. p. 252 s. Propterea etiam probari non potest quod idem Haken conjicit, Xenophonti memoriae errorem im-putandum esse, quod jam per se sane quam veri dissimile est. Equi-dem olim verba: xai naganXeovreg-roi 'sli.uo; tollenda et 6, 14 adjun-genda putavi Quo facto verba fierd Je tovtv tov IhtgSevCov tovtov de ita mutanda videbantur: uerd Je tovto tov II. rö oro:ua, Sed ne dieain lianc emendationem audaciorcm esse, sinus inter Cotyora et Sinopen tanti reeessus est (Plin. VI, 2. Herod. 1, 72), ut verisimile non sit Irios in eum so effundentis ostium a Graecis eonspici potuisse. Xam ne cos hic quoque littus legisse dicas impedit temporis quo hoc iter emonsi dicuntur brevitas: e7ii.eor ij/n'cay xai vvxra—. i Jj JdV.fi dipixvovvTai ei; 2dvvmi)v. Sed hic objecerit quispiam verba eneira S'e roi/ "hno; demum adjecta esse a Zeunio. Sed adjecta sunt ex optimis codd. 12. Et. F. H. m. Vill. et Steph. ac Brod. libris: qui quod excepto m. St. TCygio; s-Tlytnoq liabent, Vill. minus urgendum est, cum eandem scripturam 6, 9 aliquot codd. et Eustuth. offerant. Accedit quod facile perspicitur quomodo ista verba excidere potuerint. Non niagis probabile est Grae-cos conspicatos esse Halyos ostium, quippe quod noctu praetervecti vi-dentur. Male enim Rennel. p. 261 ss. Denique non perspicitur cur Xenophon potius fluminum ostia memoraverit quam Amisum coloniam Graecam et ex parte Atheniensem (Strab. XII, 3 p. 26. Plutarch. Luc. 37 19. Appian. B. M. 83. cf. Rambach, de Mileto p. 50 s. Mannert. Geogr. VI, 2 p. 211. ss.) ac ndhr dh.6i.oyov (Strabo XII, 3 p. 23.). Certe Graeci cam haud paulo facilius quam Irios ostium conspicere potuerint. Haec qui reputaverit, ut opinor, non repugnabit nobis vorba iraganleavTe:-tovtov Se ut aliunde hic assuta delentibus. Haud scio an simile additamontum adhaeserit V, 10, 17: nnoßai-vovntv eh; Kd/.mn Xi/x'eva xara fieaov 7cu>i tij; Ogaxij;. Sed haec Thracia 145 occidentem versus usque ad Propontida pertinuit (Strabo XII, 4. p. 49. cl. Hollen. I, 3, 2.1, atque orientem versus eam non ultra Sang,avium pertinuisse et Strabo testatur XII, 3. p. 17: (o ^ayydgtog) r>jv Bi9wiav ut>i?e.c 7r(iö; rmg txßoXaig, et ex ipsa Anabasi colligi potest. Nam cum V, 10, 19 legamus: voiptbv TiXolu Xaßutv uTioßaivti ini tu baut rrjg Qqd-y.ijg xul Ttjg Hoay.XeioTivog, nec Sangarium trajecisse referatur, patet eum demum exposuisse milites, cum Sangarii ostium praeterveetus esset. Itaque verba xard fnoov niog rij; vel ob lianc causam suspecta sint neccsse ost ac prorsus confodiuntur loeo YI, 2, 3: o KuXttijg Xiftijv iv [itaio jusv xnrat sxaT^qiaS'ev nXcovTttiv HqaxXstag xai Bviuvrlov. Iiis additamentis vide ne adjungenda sint verba ovSe rag TTigiartqu; I, 4, 9. Cf. tarnen Hoindorf. ad Plat. Phaod. p. 245. Insignis in Anabasi est interpretamentorum copia: quorum tarnen quae a codd. non agnoscuntur omittam et ea tantum quae in omnibus qui adhuc collati sunt libris reperta indagasse videor, excitabo. I, 8, 17: ijüyoyra uvrloi Wvui TÖig noXtpioig. Codd. optimi Et. F. H. pro ijgxovTo offerunt noorjo/orro, quod non temere ropudiandum fuerit, cum praesertim imperfectum jJ^ojto ab S^snS-ai hic non satis aptum videatur. Itaque 7igotjftyovro reeipiendum et Uvea, delendum puto. I, 10, 3: 7/ Sa MiXrjaia t) vewrf'qa Xrpp&t'iau vtto tiov uuipi ßaüiXsa fxtpeuyti yufivtj. Haec mulier Milesia Zeunio minor dici videtur „propterea quod Aspasia, illa Pcriclis pellex, quoque Milesia fuerit " At hoc tantum probabile foret, si Aspasiae nomen vel additum vel certe cogitandum esset, cum ei aliud nomen fuisse ex eo appareat quod rijv 'biaxaida a Cyro Aspasiam appellatam esse constat. V. Plutarch. Pericl. 24. Ar-tax. 26 et Aelian. V. H XII, 1. Interpretationes Francogallorum („une plus jeune") et Ilalbkartii („die jünger war") nec sententiam h. I. aptam praeberent et pro 1} vswrtQa requirorent veiort'qa (uiaa). Taedet 38 aliorum commenta refutaro. Mihi ■>) vetortga 0 margine irrepsisso videtur, ubi aliquis ad xuida adscripserit: 'Aa7iaoia >) vfiortga. Aliqua-tenus hane conjecturam conflrmant scripturae codd. F. reiorsga t) vX.rjtpfrsiaa et H, ijv r. }} X. III, 4, 4o: Ka\ h'Tav&a noXXij UTV xqavyij tjv tov EXXqvixov utqutfv-juarog- noXJ.r/ S'e xgavyt) tmv a/uipi TtoaaiptQvijr. Alterum xgavytj' delendum videtur. Nam in ejusmodi anaphora, quod equidem sciam, substantivum non solet repeti. V, 1, 9: iav oüv xard fiiQog fifQta&f'vTtg (fiuXaTTWfifv x. r. X. Recte quidem dicitur ri; utQij fteqCt,nv s. ut cum aliis Xenophon, qui utQiuiv non usurpavit, loqui solet (elg) uto>; rifinv vel c!taigein9-ai (v. Commentatt. meas p. 279), sed qui xard /ufyog /uiQio&evrtg dixerit novi neminem. Nec potuisse ita dici apertum est, sed patet firqia&erreg ab eo profectum esse qui xard /ligog explicaro voluorit. Cf. Hellen. YI, 2, 29: xard /ifqog tov; vavrag dreTiavtv. Hipparch. 1Y, 2: xard fitqog -/oi) rag tpvXdg aranaieiv. Demosth. 2, 27 p. 27 : (Xeyio) ndvrag fhtvai xard jueqog, 10 146 f«; Sy anayres irrgarevaiia&e. [Megs&e'vrei otiam Sohnoidero suspoctum esso visum postca didici ox ejus indioe.] V, 6, 27 : eityov, lig oeivöv tXij, i3ia f/iv Sevotptövra Trei&eiv re xaia-fieveiv xai &V£ii&ai v:ifn iijg uorr::. ui xoivovpevov tij Organa' eig 3c tu xoivov firjS'er ayogeueiv irfgi rounar. Verba uij xoivovfievov (vel, ut ante Selm, logebatur, fiij xotvovvru) rij htq/itiu haud dubie interprotamentum sunt vooabuli I3ta. Quodsi quis ea ita excuset, ut cum solo 9-ieathn jungenda esse dicat, id non patiuntur particulao re-xai. Accedit quod illis servatis turpissimo languent sequentia: eis 3t to xoiviv ,«. d. n. r. Y, 7, 31: (JoJtt'ro) v/uir,Iva—rig-rd egvfjvd vne(>3e' Xv/uutvdped-a njv Trga^ir, quao quidem a viris doctis convertuntur: ncujus inceytum irritum recldimus," („dessen Tinlernehmen sie vereitelt hättenHalbk.). At non haec verborum sen-tentia est, sed potius: cujus expeditioni copiarum parte detracta nocemus. Nec de Cyri reditu so cogitasse eo significat orator, quod quo ille con-silio expeditionem suseeperit so ignorare simulat § 13 s. Nam si Cyrus non ad regem debellandum proficiscebatur, vix satis causae esse poterat cur a Graecis desertus reverteretur. Ac si Cyrum reversurum esse Graeci sumpsissent, haud dubie aliquis ut una cum ipso reverteren-tur suasisset. Itaque haec sententia sit necesse est: quasi Cyrus redi-turus vel iter non perrecturus, (idooquo non ipse navibus opus habiturus) esset. V. 4, 5. Sed cum 7idi.iv ncque deineeps esso possit, quomadmodum Loonclavius vertit, neque posthac, quemadmodum Zeunius, aut hoc voca-bulum aut pij videtur ejieiendum esse. Equidem pi/ damnaverim, cum si ttüXiv a Xenophonte non profectum esset, collocationem potius hanc exspectarom: ämreg fiij noiovpevov tov aroXor K. Quomodo illud ortum sit facile explicari potest, si quem tale quid supra scripsisso statuas : 2) Non recte puto Heindorf, ad Plat. Soph. p. 293. (non 239., ut apud Lionem est, qui magno leetoris incommodo saepissime falsos numeros exhibet) quod huic respondet emSeixvvg Se iniuria editum esso a Steph. contendit pro eveSeCxwe 3c, quam tarnen non omnium codd. esse scripturam ex eo apparet quod qui libri ad ed. "Weisk , in qua cTraScixviig 3e est, collati sunt, ex iis nihil enotatum reperitur. Deinde in tali ana-phora mutata struetura prorsus insolens est. .147 wgneq enaveXeuaojuevou xai tov aroi.or jU?j Trenuvouvrog. Ccterum ut noiovue-vov cum Castal. et Mureto in noitjaofiirov mutetur non opus est, cum Atticum futurum esse possit. V. Buttmanni Gr. max. § 95. n. 16. Cf. V, 5, 22: rjv juer drayxrj J]i 7lu2f/tt]aoi/fV xai dyiporegoig —. av de doxy xa'i ipiXor noioiifietXa tov ITa]g ex superiore pagina liuc irrepserit. Siinile quid bis in Thueydidc factum ostendi in Commentatt. p. 312. Nec dubito quin eodem modo Sophaenotus ex § 3 huc immigraverit et verum nomen loco expulerit. Hoc autem, nisi ine fallit, fuit KXedrag, qui cum infra II, 5, 37.3) cl. II, 1, 10 inter praetores memoretur, mirum foret, [3) IIu jus loci si Koechly Gesch. dos gr. Kriegswesens S. 101, 45 a memor fuisset, suam conjecturam pro certa non posuisset.] 10* ' 148 41 si ojus adventus a Xenophonto notatus non essot. Quod idora III, 1, 47 in Agiae locum praetor suffeotus dicitur, ut locorum quos laudavi dissensus tollatur, statuendum videtur, eum jam antea praetorem fuisse, sed tum etiam Agiae milites eum imperatorom socutos esse. Minus recte liunc dissensum composui in Quaestt. critt. do Xenoph. vita p. 272 n. I, 2, 25: ijouv de o'vtoi (oi dvo Xoyoi) exarov onXiTai. In lioc exer-citu et fortasse omnino hac aetate Xoyov oentum virorum fuisso inpri-mis docet IV, 8, 15: eye'vovro /.iev Xöyoi xwv oniiTtäv viri optimi articulum tolerari non posse pronuntiare potuerint, quem antegressum iyniovTo spectaro ex iis quae paulo ante diximus apparebit. Cf. Soph. Phil. 596: obrog ydn ni.eov To frdqoog ei/e ftaregov Snanetv Tatie, ubi quamquam Vdqao; nondum diserte memoratum erat, tarnen illud signifi-catum erat 593. sq. Adde v. 601. Demosth. 2, 13 p. 21. Thuc. III, 81. quem locum, ueglecta tarnen Scholiastae, qui articulum legisse videtur, 150 auctoritato ad Dionys, p. 151 omendavi. Y. ib. p. 12(5 ot ind. in t'/eir. Miras est autem Thuoydidis locus VII, 70: n ü?.X>]~i-xcct i nm; n qq\I\iu u-yovrsg ßtßaidregov iioyovro rrjg yiogag vnö rujv ix rov inirFi/tauarog. In transoursu hie Liouis temeritatem notaro lieebit, qui tantopore liiatus amantemsepraebuit utusquequaque ante vocalemÄ soripserit(v. cum ad I, 1, 7) nec adeo nostro aliisque loeis 3h ovv reformidarit, quibus in voci-bus haud scio an nunquam liiatum admiserint Attici. Non minus duri sunt Yocalium concursus im airov; V, 7, 14. 18, inö aurov I, 10, 14 ot si qui alibi inveniuntur apud Xenopli. corrigendi. I, 4, 7: fv/orro w; SoXiovg airovg Xijif&ijrai. Hic codd. fere omnes pro 3o).iov; offerunt SijXovg, unde corrigendum puto StcXovg, quod ad sen-tentiam aptissimum esse demonstratione non eget. Eadem confusio est Memor. IY, 2, 21. I, 8, 13: o KXeagyog ovx t'jtXtXev anoanaaai and rov noru/iou ro Sf'iior xegag, tpoßovfifvog ftij xvxXioftfti] (xartgiofttr. At CloarcllllS nou modo Graeeo, sed universo metuebat exercitui. Itaque leg. puto xvxXaS-etev. Durius enim fuerit ad xuxXiothtri subaudire o Kvgog, inprimis propterea, quod sequitur ™ 3r Kvgt»■ 45 II, 3, 21noX.Xdg ngotpdasig Kugog tügiaxe, —'ira u/iag re dnagairxsudarovg Xdßoi xai rjfläg iv&aSs draydyoi. Aoristus ut in X.aßui aptissimus est, ita 4) Leonclav. in annotatt- ed. II. a. 1572 ä/orro conjecit, vertens: continebant in loeis ■munilis sese. Quod. Brod. et Muret. conjecorunt ac B. E Et. F. confirmarunt, tSxour ineptissime refutat Lion. „Antea enim, inquit, Xen. jam dixerat Ivefievov iv rolg noX.', cur hoc repetatur? Et cui bono tradat Xen. eos in loeis munilis habitasse, quum do bis op-pugnandis nullo modo sermo esset?" Quasi vero iuu&reiv ir rona idem esset atque oixfiv rv r. nec referre liceret locum altquem munitum esse, nisi de eo expugnando cogitaretur. Attamen iSxovv ut ex § 1 ortum suspectum videri et ili/ovro defendi potest, si noXiafiaaiv ad d/vgoig repe-tens vertis: contuleraxt sese in ea oppida cjuae munila esse»t nec faeile ex pugnari possent. Ita etiam alia dicerentur habuisse oppida non munita. üi/ovro plusquamperfecti notionom habere potest, cum oi/ojuui queniadmodum rjxfiv perfecti vi usurpatnr non raro. I, 4, 8: oi3a Önji oi-/ovna V, 7, 29: oiytrai dnonXe'cov. IV, 5, 24 : ur/J-ro {hjgaoMV. 151 in drayayot vix ferri potest: quapropter dvdyoi legendum esse puto, quod propter antogrossum Xdßoi aliquis in dvayäyoi mutaverit. III, 2, 1: enei de tjotjrjo, ijpe'fta re o%ed6v vnetpaive xtii si; ro uioov ijxov oi tlqyüvreq, edo^ev ctvrol;, irQoipvXaxa; xaraarrjauvTa; avyxaXeiv rov; BrQaritirus. Haec ut sana putent non facile mihi persuaderi patiar. Log. — oi ug/ovreg eSole if avroi;. Nam illud re nullo modo verba ijgqrro et vnetpaive conjungere potest, sed cum proximo xai cobaeret. Cf. VII, 3, 44: Hvlxa de r v pe'oov tjpe'gag, tjSq re ijv eni rot; axgoi; xai xaridtov rd; xioua; ijxev eXavrtov ttqo; rov; ottXCtu;. I, 8, 1: xdi ijdq re 7jr aptpi dyottüv jrXijftovauv xai nXrjalov ijv o araO'pö;, ev&a epeXX.e xaraX.vetv. Adde I, 8, 8. II, 1, 7. IV, 6, 2. VII, 4, IG. (ubi inopte maxima distinctio post i^ovre; posita est) Arrian. exp. V, 24, 2. VI, 9, 8. III, 2, 8: diavoovpe&a-dia ixavrd; noX.epov avroi; levai. Leonclavius vortit: omni genere belli eos persequi; quem secutus Sturz. Lex. Xenoph. III. p. 466. a. addit: Possis etiam vertere: infestissimo (hello). Eodem fero modo Halbkart p. 114. ed. 1. p. 108. ed. 2 interpretatur: mit an. gestrengter Kraft bekämpfen. Sed lioc liberius est, ut omnino Italic trans-lationom vix translationom dixoris. Si verba sana ossent, unice vera foret Leonclavii interpretatiö. Sed quomodo, quaeso, Xenophon hie de omni genere belli loqui potuit ? Mihi persuasum est Xenophontem scri-psisse diu 7iarrö; did iroleuov avroi; le'rai. Hanc sententiam roquiri vide-runt Beekerus, vertens p. 123 : sie unaufhörlich als Feinde zu. behandeln. et Haken Xenoph. u. d. Zehntausend Griechen I. p. 209 eodem modo roddens: unauslöschliche Fehde gegen sie beschliessen. Causa corruptionis manifosta. Neminem vero eadem praopositio deineeps repetita oftendet. V. quae attuli in Commentatt. meis p. 272. Adde Anab. VII, 3, 46 : Jllerd ravra lo/ero xai TtpctoCtov per avrov' I, 3, 9: Jllera ruura avvayaytcv rov; iiftf eavrov tirgaritora;. Naru ibi recte pe9- eavrov pro eavrov a Sehn, editum puto vel propterea, quod illa scriptura difficilior est. Nihil ertim probat § 7, ubi est: o'i de rrrgaruorui o'i re avrov exeirov xai ol uXXoi, nisi re, quod in aliquot libris post rov; ropertum jure hie desideres, interponondum esse. Fortasse ipse ille locus corruptolao causa erat. Merd 4G similitor usurpatum habes II, 2, 7: MiXzoxu&ijg-o (-WJ eyjov rov; re Iniria; rov; peit eaurov ei; TeaouQuxovra xai rtov ■/reLior Gquxiüv to; rniaxo— iftov; ijvropohjae •ttqo; ßaaiXea. Cf. Lex. Xenoph. in //fr«, C. III, 3, 12: uixovna; de o ^evotpiöv e/.eyev ort dotho; tjrtiovro xai avro to Voyov avroi; puorvQotij. Non dubium est quin alruövro scribendum sit. Nam nolim ad vulgarem seripturam defendendam provoearo ad II, 2 15. III, 1, 2. (ubi cum A. B. F. G. et edd. vett. ngoudedtoxaoi offerant, vereor no leg. sit ngoCdedtixeouv) IV, 3, 29. VII, 3, 1. 8, 2. Heindorf, ad Plat. Phaed. p. 21. III, 4, 17: xai eueXeriov ro~eveiir avio lirre; urtxoar. Leonclavius vertit: easque sursum mittendo longum ad intervallum ejueulari discebant. Halbkart: sie übten sich im Weitschiessen, indem sie den I'feil in die Höhe richteten. Becker p. 138: sie schössen sie zurück, wobei sie sich im Weit- 152 schiessen übten. Hunc sequitur Hukon I p. 235. Seil hanc sententiam verba non admittere sponte patct. Haud dubio verior ost Loonclavii translatio. Sed in oa non video quomodo avu> Uvreg et uaxgdv coeant neque cur Cretenses sagittas sursum miserint. Mihi videtur leg. esse: Hirn Uvreg, quorum Torreg ipsum oxtat in P. et Junt. "Apu saepe sie eum partioipio eonjungi notum est. III, 1, 47: ««« nnna eIntov Unart]. Cf. II, 4, 5. Matth. Gr. Gr. § 556. 6. ot Lex. Xenoph. in Zipa, G. Ilae senteutia nihil, opinor, aptius. IV, 5, 24: o Ss dvrjg aurijg Xayiog 'p'/ero \hjgäau>v xai ovy ijXiü er tuTg xtiifiaig. AI (V olxiai ijaav xarayetoi. Leonclav., Abrosch, Diluce. Thuc. p. 136 Zeune et Halbkart. p. 164, interpretantur: in vicis usquam, in ullo vicorum (in keiner dieser Ortschaften). Sed cum in proxime ante-gressis tantum de eo qui Xenophonti obtigerat vico sermo sit, hic etiam reliquorum vicos praotorum hac quidem rationo respici neminem non offenderit. Quod qui vidit Abrosch. ivrbg ryg xio/tqg legi nialuit. Sed hoc audacius ost nec satis placet illud erroc. Itaque suspicor melius faeiliusque locum emendari posse 7-ai? xti/tatg in roig xwfirjTuig mutando, ut spectentur antecedentia: xaraXa/jßärei navrag erSor rovg xaifitjTac. Hac occasione oblata de alia cjusdem §phi difficultate agere licebit, quae est in verbis: (ebgor S'e) xai irtiXovg eh Saa/eov ßaadei Tpeipouevoug hiTaxatSexa. „Numerus, "VVeisk. inquit, est sano exiguus. Equidem puto 47 plus centuru pullos fuisse et errorem esse natum c nota numeri. Quomodo enim Xenophon omnibus praetoribus et ceriturionibus pullum ex his ne septondecim quidem, sed paucis aliquot relictis donare potuisset ? V. § 35 " Etenim Xenophontem equorum amnntissinmm non uno pullo contontum fuisse etiam o verbis 1. 1: tmv näfav Xa/jßuret colligi potest, cum in ejusmodi genitivis nunquam eig, sed vel nveg vel (jie'gog) tC in-telligendum sit. Male igitur vertit ßockerus p. 182: er nahm eins von den Füllen, quem sequuntur Haken p. 69 et Halbkart p. 166. Inspi-cere debebant Leonclavium recte interpretantem: ipse de pullis quosdam accipit. Non obstat quod Xenophontem postea tantum unum equum habuisse legimus VII, 8, 2. 6. Roliquos enim videtur vel vendidisso (v. VI, 4, 38) vel equitibus suis donasse. v. VII, 3, 46 cl. 6, 26. Nec ibid.: tmv aXXwv argaTfjyojr xai Xo/ayiav e'Jioxer exdario niaXov. tantum de iis qui cum Xeuophonte fuerint praetoribus ot centurionibus ser-monem esse statui posse, vol ex eo apparet quod alium praetorem cum Xenophonte fuisse traditum non legimus, et omnino ex § 23 colligi potest singulis praetoribus singulos vicos attributos fuisse. Durissimum est autom quod Halbkart p. 153 statuit, praetores intelligi totius exer-citus, centuriones Xenophontis copiarum. Hoc verbis repugnare jam ad-monuit Haken II p. 357. Quod idom Halbkart contendit, septendecim equorum numerum propterea non justo minorem videri. quod hac rationo ut numerus equorum, quos Strabone teste5) Armeniae praofectus regi 5) XI, 14. p. 462. Tauclin.: b aarQantjg rijg ' Agyertag Tip Hegau xut erog digfevgiovg 'niaXovg roig Mi&gaxi]voig irrfurre. quotannis miserit, conficiatur, universäe liuic terrae non amplius 116 vieos oppidave tribui oporteat, id quoque faeile videtur refutari posse. Vix enim reete sumpseris Iiio tantum de iis pullis quos ille vicus prae-liuorit sermonem esse. Alioquin etiam in aliis Graeci hujusmodi equos invenissent: quos si quis dieat ideo non inventos esse, quod barbari cum iis fugissent, etiain reliqui praetores Armeniis ita supervenerant, ut illi nec peeora abigere nec ipsiB) l'uga salutem quaerere possent. V. § 30. sqq. ol. 4, 9. Oiunino igitur statuendum videtur satrapam 4S eollecto praestantissimorum equorum numero eos certis quibusdam locis, quorum unus fuerit qui Xenoplionti obtigerat, alendos ourasse. Haec qui reputaverit non dubitabit quin h. 1. numeri corrupti sint. Equidem suspicor Xenophontem pro IZ scripsisse Z, quamquam iu tali re vix quidquam satis probabile reddi posse Video. Pari modo ex similium litterurum permutatione numerorum eonfusio est orta VII, 1, 23: er oXCyto eig TievrijxuvTa eyevovro, ubi E. Ee. F. II. S. et Vatic. H. pro elg TTfrrijxorra (IV") clg dxrco (//) offorunt, quod unice verum puto. Nam cum locus otov xdXXanav txTaiaaSui dicatur, uou videtur tarn brevis fuisse ut inusitatae altitudiuis acies instruenda esset. Non multo post § 27: 'j-Ijueig-ol ^slttqraioi elgrjXtXouev et; ror TidXejuov ror Trnog rovg slaxeSaipovlovg 6) Quod haud dubio fecissent, cum iis metuenda esset eaptivitas. Cf. IV, 1, 12. 5, 24. 32. VI, 4,38- cl. 1,2,27: rd Se fana^era dySgdnoSa, tjr 7inu evrvy%dvtaaiv, anoXajtßuretr (SiSaiair). ubi Sturz, in V. fvruyy/cvfir 3 et Matth. § 299 ad irrvyxdrioair subaudiunt ™ drSganoSa, decepti, opinor, nostro: wenn sie ihm wo aufstiessen. Sed hic cum mancipiis libore cireuuieundi copiam datam fuisse cogitari nequeat, illud hac ratioue non rectius dictum foret quam ogog errvyxdvet arD-gwww. Quu-propter ego ad erToy/arwair subaudiendum puto ol Küixeg, quod non durum videbitur, cum saepe hoc modo Graeci a praefectis transeant ad eos quibus praefeeti sunt. Thuc. II, 75: 'Ag/iSa/iog 7regienravgtoaer auTovs roi; SevSgeaiv u fxoxpav. Cf. ib c. 85. Anab. lY, 2, 13. I, 10, 7 et 4: Ateo-yor aXXqXwr BaaiXeu; re xal ol 'EXXtjreg tu; rgiaxovra acaSia, ol /i'ev (ol 'EXXtjreg, v. ail Dionys, liistoriogrr. p. 159 s.) Saoxorreg roü; xa-üf-auroüg, w; ndrrag vtxtorie;. ubi postrcma verba hoc dicunt: l'ersae gut hac parte erant Cyri castra diripiebant quasi universus regia exercitus victor esset, cum qui Graecis oppositi erant fugati Worum auxilio magnopere etje-rent. Quod Brodaeus conjecit Schneiderus recepit, mg IjStj ndvrag v. id ne ferri quidem potest, cum oppositionem tollat. Certo addendum fuisset xdi airoC. Non debet offensioni esse quod ol Se tuutummodo partem Persarum, ndvreg univ'ersos spectat. Cf. I, 4, 7: roüg organia rag aüTiov rovg nagd KXeag%or (KXeag%tp) aneXtXorrag, füg amörrag eig Tijy 1E'O.dSa ndXiv-eXa Kunu; tov KXtao/ov e/eiv. ubi ck dniorrag, pro quo fuit cum w; dmörra leg. putarem, pariter universos Graecos speetat. Contra Thuc. I, 100: (ol 'jt&qvaioi hi'i Zrgutwra nefjxparreg uvqioug olxijrogag-Ttov uev ' Evvea dStor auro'i exgaTtpiav-. ngoeXftorreg Se-Siey/frdgqnar. Cf. Matth. § 562. n. JVixwrreg est i. q. vevixi/xöreg victores, quod viri docti di-scere potcrant ex II, 1, 1. 4. 8. 9. 11. III, 1, 2. (ubi sine causa meuyorra addiderunt) et II, 4, 6. et Thuc. 7, 11 2. ubi eodem modo i/rräo^at usurpatum quo III, 2, 39. V, 6, 32. el. 111,1, 2. lüde explicandum quod horum similiumque verborum imperfecta saepe usurpantur ubi aoristos exspectes. Recto igitur Lion I, 2, 6 i/xe edidit pro soloeco ijxet. 154 49 xai Tvg auf/uu/ou;, tyovrt; tqu'qhg Tag utv iv &uXutti], tiic (V Iv to7g vtaiQi'oig oux finTTou; TfTQaxom'Mv ex E. Et. F. II TQictxonlm' recipicndum ornt. V. Thuo. I[, 13: andipaive (o UtgixX.tjg) -Tinrjqttg rag jrX.uri'noug TQuixoniag. D i 0 d. XII, 40: antStixvvt-zqitjqtig-Tag vraQouodg rqiaxoaiag. quo loeo male USUS est Zeun. nd Vulgarem soripturum defendendam. „Nam, inquit, quas noster vocat Tfi?j(si; ru; iv tfaXarrj], eas Diod. dieero videtur rag rrapoviiag ot omittit tag iv to ig vfuwioig, quas [veroj noster quoque inter illas quadringentas numerat". llaee, opinor, non seripsisset, si Tliue. 1. 1. inspexisset meminissetque bis tantum bello Peloponnesiaeo dueentas quinquagintu naves d/ia ivtgyoug fuisse. V. Tliue. III, 17. cl. Boeekli de Oecon. Civ. Athenu. I. p. 286. — Ex permutatione literarum si ot N' orta est scriptum \ II, 7,25: aQxqv ou jievrijxovTa uh'ur raXdvTwv, quot Seutlies Gruo-cis debuisse signifioatur. Ibi Et. F. II. S. V. rqidxovTu dant, quod haud dubio recipiendum est. Prouiiserat enim Seutlies menstruum Stipendium viritim Cyzicenum YII, 2, 36. 3, 10. Jam cum Graeci fere soxies nulle') essent (VII, 7, 23), unius mensis Stipendium t'oret summa 6000 Cyci- 50 cenorum i. e. viginti talentorum8). Sed cum Graeci duos fere menses cum Seuthe fuissent (v. 6, 1.), viginti tarnen dierum Stipendium aceepissent (5, 4.), menstruum et decem dierum Stipendium iis dobe-batur, i.e. 8000 Cyziceni, qui paene viginti Septem talenta sunt. Sed cum praetores quattuor, centuriones duosquot menses Cyzieenos acciperont0), 7j Oerasunte adhuc fuerant dxraxigyO.ioi xui tlaxomoi V, 3, 3, ubi fc roig önloi; non idem esse quod nov onXiTiöv, sed omnino omnes qui quocunque modo armati essent spectare, quibus opponantur oi axtvoipouv-rfg, o d/io; ex eo apparet quod IV, 8, 15 dicuntur fuisse Xo/oi tmv onXiTiov ditfpi Tovg oySorjxovta, d Ss Xnyog txaarog Hg roiig txurdv. Itaque ne tum quidem 8000 fuerant hoplitao, nedum 8600. Sed offendere potest quod Heraoleae V, 10, 16, cum exercitus divideretur, amplius ^600 fuisse dicuntur: lxaStg utv xa't 'A%uio\ nXsüovg y TSTqaxigyiXioi xa\ nevTuxoatoi, oirXirai narTtg' Xtiquwtpcp 5t ottXitui utv tig rsrqaxoaiovg xai yiXi'ovg, 7Tt/.TanTaL St tig tTiTuxoaiou; oi KXtdoyov (~)iidxtg (I, 2, 9). StvotptüVTi dt ottXitui utv tig t/rraxoaioug xai Xt'ovg, ntXruaTai St tig TqiaxooCovg' invi-xov St juövug ourog ti%tv, tiuijii rovg r frr aqdxovT u inntag. Verba xai TTtvTaxöaioi oinittunt Et. F. II. et Brod. libri, sed vix possuut abesse, cum § 10 Arcades et Achaei vntqtjuiau toü dXXuu mqarev/tarog fuisse dicuntur. Jam ut hic locus cum altero V, 5, 3 concilietur, statuendum puto Xenophontem ibi rotunda summa tradita, si qui plures essent {.nXetovg ij-et roiig TtTTuqdxovra i-nniug) non annumerasse. Yix enim sumi potest Tliraces ab eo non accensitos esse. Ccterum quomodo illi 8600 ad 6000 redaoti fuerint disces ex VI, 1, 4 sqq. 2, 24. YII, 2, 3 Male Diodor. XIV, 31. 37. 8) Nam Cyzieenus, ut Daricus, pro duabus Atticorum drachmis uurcis i. e. viginti argenteis valebat. V. Boeekli de Oecon. Civ. Athcun. p. 25. s. Sic etiam I, 7, 18 ter millo Darici decem talentis aequiparan-tur. Cf. Boeckh 1. 1. p. 23. 9) V. VII, 2, 36. 6, 1. Quod Boeckh 1. 1 p. 294 conjicit de inore centuriones duplum, praetores quadrupluin accepisse, id demon-strare poterat ex 3, 10: uniayrnü/iui tpiiv ruZ /jijvog Sitinnv Ku^ixt/vur, Xo/uyoig Tt xai aroari/yoig rd v o fi o tt t va, ubi cquidem voces roii uijvog ab Et. II. S. omissa tucor, cum hic opus esset ut Seutlies quem accu-ratissime omnia quae quidem ad gregarios railites portinerent definiret. 155 bis fere unumtalentum1') etpraeteroa, nisi mo fallit, ex eollybo plus duo addi 51 possunt. Nam ut hodie, ita etiam apud vetores aurum pluris aestimabatur quam eadem argenti summa. Testis est Demostb. in Phorm,p. 5)14: o Kulixi/vo; fSuvoto fxfi (in Bosporo) Fixoai xai oxriö rJoayuug'Arrixag. Sed hic eolly-bus videtur haud paulo major fuisse solito. Denique eogitandum est Xenoplionti rotunda summa oaque potius minore quam majore fuisse utendum. Haee tractavi ut aliquot saltem exemplis ostenderem quam saopo Anabaseos editores ex aeeuratioro rerum cognitione reetius de variis seripturis judicare potuissent. Jam ad conjecturas revertor. IV, 7, i): hpCarunur ilio tmv dtv^Quiv. Miror non vidisse viros doctos leg. esso Fipfaranuv. [Viderat tarnen Sehaeferus.) Eodem modo cum I, 5, 2. E. Et. F. II. S. pro elarijxcaar offerant 'iaraaar, reeipiendum erat FOTanav. V, 4, 34: fidvoi tf orTFg '{junta f.-tquttov uttfq av Ufr aXXttiv orTFg, riifb'yovro tf Fuuroig xai FyF'Xwv ftp FauToic. f'•Xuv in! Tin est ridere (i/i-iju in, quod hic non aptum esso sponte patet, viditque Leonclav., vertens : rtJehant secum, quem Beckerus p. 227 et Halbkart p 208 secuti sunt. Contra voees roi,- argaTtiÖTaig, quae Et. F. II. post /ufic. Kam ex antegressis non minus «j'?j«)77oi quam noitjatiay rcpetendum est (cf. Momor. T, 6, 12: Jixaiog uev ovv äv f'iqs, ort ovx tianarag ini nXtovFit'u, aotpdg 3'f ovx äv), quamquam pro 7Toiijnftay etiam cum Reisigio do äv part. p. 108 ngärrottv cx FTTQttrrov elici potest. Cf. Cyrop. I, 3, 8: xtit rnv Kvnov inFgiaSat TTQOTif-Ttog- ok äv ttcctc juqs^nto v7roTrripiaior. SC. fqolto. A nab. V, 7, 22: ot fitv KFQaaovvrtoi, mg äv xai fMQaxOTtg To 7tuq iavrotq nnaytta. t)t(aavrtg äito- ■/MQovai npo; rä nXoia. Demosth. c. Noaer. p 1352, 28: avveSelnvu-tig äv eraina ovaa. Dionys Arehaeol. X, 58. p. 2146. 3 : ärrXijs-q ro/jo9ea(a iipaCvcro, tog äv si oX/yov awTt9titra xqovov. Ceterum sine causa Zeiin. sififyovrb tf in rV. yä(t, mutandum censuit. feto commode abesse potest in ejusmodi locis. III, 2, 19 : fvi novit) nQOFyovoiv ijaag ot tnntig (ptvyttv avroig atitpaistiTfQov fiitiv ymv. IV, 7, 10: KaXXiiia%og juijyavaTai ri. 52 ttooftqf/fr dnti tov sfvsqov-, ut rocte ibi cum Stephano ediderunt (cf Hellen. V, 4, 20: toiovss ti tvqtnxtjvat, jutjyävtj/ta' ntiftovcti x. t. X. a.). IV, 3, 8: zevorpt'iv ovag tiefet' i'So-tr iv jrtdatg dtStofrat —' V, 8,1: v/tttgxart-Jtxä'tuTt [ro'rfj, e/orrsg iitptj, ov yjtjipovg n aotortyrt. Sic enira ibi leg. videtur. A', 6, 32: ovrto yait yiyi'tiiaxto' bttov tity cvrtg noXXot, tognto vuvi, So-xttTt äv juoi xai fvtliiol ttv ort —' II, 2, 2: ovrw %ot) nottiv' idv y 'tv tjxwptv, togTTtQ Xtytrt' tt tVt tt(hittttf onoior äv tt vfttv oltjo&t juaXiortx ovfirptgttv^). cl. § 4. Ar. etiam Poppo ad Cyrop. I, 6, 19. Nec sollicitanda fuisse videtur vulgaris scriptura Hier. I, 8. Ar, 6, 21. *Eiivua/or. Hoc nomen, opinor, Graecis inauditum fuit: log. Evovfjayov. Paritor VI, 3, 11 una littera addita leg. ost ITvng/ag. Cf. Polyb. V, 91 sqq. Liv. XXVII. 30. V, S, 2: fx'tX.tvatv tintiv rov ttqiotov TiotoTov Xiiavra 7tov xai tnX.ijytj. Non moror Lionem noc omiserim alterum tiqiotov cum E. Et. P. II. Cast. Nam ad sententiam est aptissimum, modo transponas ngtorov tov notüTav X. Cf. Al'ist. Poet. I, 1: ttti-i'iufvoi y.ara rpvmv nQttirov and tiov TTotortov. Id. Rhet. II, 22, 30: ngtorov S3 tlntoutv ttfpi tov ävayxaiov ttntiv TtQülTOV. V, 9, 3: nantxaXtoar S't xdt tmv uXXmv ävSowv ov; iüdxft (fixatOTaTor tlvüL. Hic Et. F. II. ovg iSoxow Stxatorarovg sivat, ac ötxaiorctTovg etiam suis in libris so repperisse testatur Brod. Itaque non displieuit haoe scriptura VoigtlaendeTo Obss. in Memor. p. 23 eamque reeepit Lion, Sixatby esse justum, idoneum affirmans. At nunquam simpliciter est idoneus, ixavog, Suvarog, sed ut Latinorum juslus eura significat, qui est. talis ut rede munere suo fuiu/utur, viees siitts expleat. Itaque ävS/ieg 8' 11) In transcursu notabo Lionem quod ad § 3 tanta negligentia, cujus tarnen exempla quavis pagina odidit satis luculenta, Schaefcr. ad Gregor. Cor. p. 495 inspexit. ut veram verborum: &vofiiva> itvat in) flaadia distinetionem et interpretationem non didioerit. Cf. VII, 2, 17. 157 m nur norm Sixmoi forent militcs fo-tes et strenui. Male igitur Yoigtl. interprotatur Symp. IV, 15: ttqos Tianav unfrrr Sixaidrenog aov elui ayrtr tov; dr&ouinovg, quoil ex noto ille attractionis genere dictum idem est quod: SixuioTegov ioTiv i/je ayeiv. Plat. Symp. I, 3: SixatoruTog urovg toü halgou Xbyovg dnayyiiUir1-) ubi cf. Wolf. Adde Sluiter. lectt. An-53 doc. p. 237. Matth. Gr. Gr. § 296. Atque hoc modo etiam Anabaseos locum explioandum esse censeas. Sed tarnen haec ratio aliquid duri habet, cum aegre infinitivo careas13). Accedit Xenophontis in hac re dicendi ratio, ex qua equidcm leg. puto in ixuiouotot aug s. eruTijSeioTaTouo quorum tarnen prius magis ad littorarum ductus vocis SixaioTarovg acce- 54 dit. Cf. VI, 4, 30: iSo lev avToig ne/jy/avräg oTQurvjyoiig xu). X.o/uyovg—xai tiov dXX.iov oi eSoxovv in trySeioraToi eivai—. VII, 7, 20: Tiifjnovni tov zÜe— 12) Silllilia sunt oSog dinjynroc eigeX&eir 1, 2, 21. noßfüc aSuvuTog V, 6, 10. SvvaTrj xai V71 OLuyiüig 7TOQeveir&ai iiSog IV, 1, 24. tnToQiu /ueitiov ij Svrari) Treneir eig avvoU'iv av&Qio7rivov Xoyinuov. Dionys. Jud. de Thuc. VI, 1 cl LV, 3. negio/ij lOipeXt'ul] xuTeaxevda&ai 25, 2. Cf. Hellen. V, 2, 23 et Heindorf. ad. Plat. Soph. p. 364. 13) Durius enim h. 1. repeterctur ex nugexdX.eaar, quamquam haec ratio quemadmodum in verbis saepissime (v. ad Dionys, liistoriogrr. p. 117 8.J, ita interdum etiam in adjectivis locum habet. Memor. II 3, 7 '/-<:rog Tip (ii'tntarrunvi /tf-'v, iyyFLPOHVTL Se XQp/o9'ai trj/uia iariv. Anab. V, 7 30: Stenod^urro vuiv /wrotg /u'er Ttov 'Ei.Xijvtor eig KeQuaoWTu /uij daipaX'eg eivai, edv ui; aiiv layui dipixvr/ape. i.Nam sie ibi pro drpixvetu9ai leg. est cum Et. F., quibus assentiuntur G. et edd. vett. dipixrein9e exhibentes. IIuc etiam pertinet II, 3, 11: exXeyöaerog tov eniTiJSeiov (sc. rraieaSai vnri.f.ribus dit/iium, cf. Thuc. VIII, 70 et Wyttenbach. Bibl. crit. III, 12. p. 60. a Lione 1.) enuiaer av, ubi evainev av codices praebent tantum non omnes. Cf. Buttmann, ad Soph. Philoet. 443, qui tarnen quod statuit, aoristum cum av particula liae ratione non usurpari nisi ubi per parti-culam cum optativo latinum quoties exprimentem, tcmpus in singula momenta discindatur (cf Anab. I, 9, 19), id et ratione caret (nam etiam si non antecedit talis particula, actio quam ar saepius repetitam signi-ficat aoristo est exprimenda, si uno quasi ictu peracta cogitatur) et exemplis facile refutari potest. V. Cyrop. VIII, 1, 17. Aristoph. Pac. 646. Lysistr. 510 sq. Nub 977 et locos a Schaefero ad Julian, p XVIII collatos. Ceterum cf. etiam Reisig, de av part. p. 115. Pessime autem Lion IV, 4, 12, ubi de una tantum re sermo est, dv addidit, inepte con-ferens Thuc. VT, 2, ubi ad rd/u uv repetendum est SiaftaTcv, ineptius etiam Anab V, 9, 28, ubi Reisig, ad Oed. C. p. 321 non modo laudare, sed etiam discere ab eo debebat,. Sed longo ineptissimum est quod hunc ibi av bene se habere probe vidisse affirmat et tarnen cum Poppone errare quam cum Reisigio verum videre maluit. Ille enim uv quibus-dam advorbiis addi solere pronuntiat ad Cyrop. VII, 5, 16. Sed qui locos hanc in rem ab eo collatos contulerit, facile eos aliter esse ex-plicandos intelliget. Cf. Reisig, de dv part. p. 119. Mire idem Lion ad I, 6, 2 negat in oratione obliqua uv optativo adjungi solere. Immo multis locis ne potest quidem abesse. Nam qui oratione directa diceret: ytirior re eljui 7 ijg EXXadog xai neot nXeinrou ar iTOiij'uuin awaaiv/udg, de eo obliqua oratione dicatur necesse est: Xeyei tag y. re eii•] r. E. x n. rrX. av TTOiynaiTO , 6: 'Ejin S'e-FnoX.Ffitjaev e/ioi-xa\ iyoi avrov ngognoXejiotv i't0t'i;0u digre Jo$cci tovto) tov nnög e//e noXepov navaaaSai xai tie'iiur eX.aßov xai echoxa. A'Ierd rcivrct, i'tptj, ro V),<<',rnt, eartr Ii tl ae ijdixtjoa; fieri non potest quod "Weisk. statuit, ut apodosis a verbis xai edioxa ineipiat. Ita enim hoc modo collocandnm fuisset: ßelcciv xai i'Xaßov xai ZJwxa. Quareliaud 159 dubio sumendum est protasin vorbo tStaxa finiri, indo autem ad inter-rogationem transiri, quod quam aptum sit cominoto Cyri animo14) non est quod demonstrotur. Eodem modo ut hoc loco post }neC infertur «fr« ravra I, 6, 11. ix tovtov Hellen. II, 3, 13. III, 5, 21. IV, 3, 13.56 VII, 4, 15. Cyrop. V, 3, 15. VI, 1. 33. item post ä; Hell. III, 5,22. V, 4, 11. Vil, 5, 1. Similitor post partieipium liabes jufrd ravra Memor. I, 3, 7 ot St« tovto Cyrop. III, 1, 39. Anab. I, 7, 3. VII, 1, 9: dXXaX- rto; uh' tytoyt oux nttt toutov, oi Si irrgitTitortti avrot, enuiirnijuov 3t-outroi xtit ovx eyorTf;, stu tovto ufrupouat tiqo; ri]V iiuiiür, ubi cum ad avroi repetendum videatur a'irtoi rlnr, fuit cum post iyoyrt; majorem distinetio-nem adhibendam putarem. Sed injuria. Nam est liacc duarum locu-tionum bbnfu8io: ol rrTparirörai ttvroi airtoi ti'itr et ol nrnariioTat-dS-vttovm. Non dissilllilis est locus I, 9, 21: xai ydg avrö tovto, ov/rfo avro; fVfxa ipCXtav rotrt; Sna&at, to: aweQyov; xai ttvrd: fTTfigaro aurtoyo: rot: iptX.oi; xnartnro; th'ut tovtov orov 'ixaaror ala&uvöito ijrtfXvaoürra, in quo loco non haeserimt intorpretes, nisi quod Zeunius Leonclavium secutus ad ttvrd tovto annotuvit: „int. Sui, »i haue ipsam causamSed etiamsi haec verba, recisa quidem ellipsi (v. Hermann, de ellipsi et pleon in Museo antiq. studd. I, 1 p. 169 s.) per se hoc modo intclligi possint, patet tarnen hanc explicationem huic loco ita demum aptum fore, si pro verbis xtt't avro; iufigäro x r. X. tale quid sequeretur: tuvrov 3ew9ai tov; tpüovz Mui(tr. Hac igitur interpretatione rejecta olim post intioaro inridendum putabam, ita ut avrd tovto ox hrrtgäro penderet, et infiniti-vus twrfoyö;-fivai per epexegesin adjectus sit: quod genus locorum at-tigi in Commentatt. de Thuc. historiar. parte postr. p. 291 s., ubi otiam Anab. I, 1, 7 defendi. Adde V, 6, 33. VII, 7, 13. 6, 40. Hiero 1, 16: Tour0-ujy/(0iu0, rovg FnaCvovg rjdCdTOVg fivrn, Soph. Pliiloct. 310: fxfJvo rTnurhig, fjvtx uv uvtj, 6. 58 Cf. ad Dionys, liistoriogrr. p. 38 et Sehaefer. ad Long. p. 37(5 sq. Nec sollicitanduin erat II, 1, (5. Miror neminem dum quidquam tentasse I, 2, 25. Sed tollondum erat asyndeton IV, 2, 12: tovtov ts ttaijebßushuav oi 'EXXtjveg xai Tregor ogtotttv e/rirgoofrev Xtupov xare/ofievov eni tovtov avtbtg eSoxet Tfooeuea&ai. Nam non modo hoc asyndeton durissimum foret: sed etiam verba tovtov ts nug.-xai er. ogiöair non satis concinunt. Rectius igitur cum Ilutcli. Zeun. post xuTe/bpevov ininimam distinotionem collo-caverat, ut bgämv dativus partieipii essot. Sed eece A. B. Et. G et edd. vett. bgäyreg offerunt, quod haud dubio reeipiendum est pro librari-orum interpretamento. Cf. Hermann, ad Vigcr. p. 894. Similis ost locus VII, 6, 37 eodemque modo possis explioare III, 2, 12. Similibus duetus rationibus etiam emendandum puto loettm VII, 1, 34: axovvuai tavra oi orgaTttorai xai ra naga *Ava\ißiou ctita änayyeXXbueva. unexgtvuTO ydg ort avToig ov fieraaeXtjtiei—. 'Ex tovtov ol nrguTuorai Tov-KoigardS/jy Seyovrai oTgarijyoy. Hituc oratiouis conforinatiouem h. 1. non aptam esse 14) Hic in montem venit 1. Hier. VII, 9: ÖTav-uvd-gtoirot dvSga-xui OTeqiayiont-xai Sioqelo&ai e&e'Xwmv, ot airoi ovrot e/joiys Soxovot rtuay re tovtov aXrj&uje, oi av ToiavTa vTrovgytjrttaai xai o tovtwv a^tuvperog Ttfjao&t/i Ttö ovti. ubi merito ot avTol ovrot Bremium offendebat, cum in ante-gressis non de alia eoruntlem hominum actione senno fuerit. Haec difficultas tollitur commate non post efr(Xo>atv, sod post ol auroi posito. Praeterea in verbis o'i Sv r. un. inanis repetitio inest, quae ovaneseit, si mocum ol Sv in tZ av mutavoris: quam emendatiönem etiam ordo quem hoc comina obtinet commendat. 161 quivis sentit. Seribendum enira fuisse videatur: ol Se otpatuörai tuvtu tu dxovovri x. t. 2. Ae si Xenophon ibi vel maxime asyndeton admisiB-set, mox, opinor, non unexpivaro ydg, sed an. Se dieturus fuisset. Haec cum repulavisaem, dudum emendatione opus putaveram, quam postea vidi oblatam ab E. et F., rix. r. ro<; otqutkotuis exliibentibus. Qua scriptura reeepta ante ex tovtov non maxima, sed media distinetio poneudafuerit. Seriptor enim orationem sie instituit ac si postea dieturus esset: ix tovtov fSole-se/err&ai. Sed propter interjectainitii oblitus perrexit quasi antoa seripgisset axovauvreq r. ol arnta liiina. Cf. Commen-tatt. meas p. 313. sq. Dativus partieipii saepius fraudi fuit librariis. Ita I, 3, 21: pro ngogaiTovai Se fiiaS-oy d Kvgog vma^vetTui Ii. F. H. Y. et Aid. habent ng. s'e /uaitdr' o Se k. vn. et YII, 5, 1 sq. cum sio dis- tinguenduin Sit: vnegßdUovai s'e-tig TO AfXra xalov/ierov. uvtr, s' ijr ovxert aq%rj MaiadSov-' xai o 'HpaxleiSrjg errat fra-nagijv xu't zevstjc ilayaywy i^evyij ijuiovixa TQiu-xultaag Seroipärra ixe'Xevoe iaßeir, inepte et ante xai o'Hguxi.ei-S>ji et post nuqijv maximam distinetionem posuerunt, in qua distinetione vttegßuuovai s'e x r. /.. eum antegressis non eoire manifestum est. IV, 4, 17 : jjgiüTüiy avTov, rd aTQurevfia onoaor-eiij. Comma potius 59 post otgarev/ja collocandum erat, nisi oinnino cum Buttmanno ad Soph. Phil. 444) iu ejustnodi iocis distinetione abstinere mavis. Cf. Aristoph. Nub. 144 sq.: dvtjqer agri Xaigeipärra Zioxodr/jg xfivUav bndaovg av.oiTo Tovq uvrTj; noSng. Adde Anab. III, 5, 14. et V, 10, 4, ubi eodem modo peccatum. Hi loci, ut opinor, inagis etiam miri videbuntur Buttmanno quam illud: o»' Se'Soixu /ui) ßeßijxij, cujus similia vel Annbasis offert III 5, 18. VII, 1, 2. IV, 8, 17 : ol Se :ui/.hiuoi iog eiSov avroig. arrmofievorrai' xa't ol ft'er in) To Se|tdr, ol Se in) rd eijtiivvuor Siean dnfrtjauv. Minus aptam esse vulgarem seripturam facile intelligi potest. Nam primum admodum im-probabile est barbaros qui in monte aciem iustruxerant, loco commo-diasimo relicto Graecis oceursuros fuisse. Deinde non cohaerent boe arnnoQeüovrui et illud ol a'ey int rd S&qiov, oi S'e int rd evtörvuor Sietmd-athjaar' quod cur factum sit in antegressis signilieandum fuisse exspeetes. Sed commode Et. F. et S., cui, ut plerumque, assentitur marg. Leoucl., pro drrmoQf vorrat xa't oi uev offerunt drrt&e'ovTuq oi fiiv et H. arTnaga&e'or-Taq ol ,uev, quod posterius in avTinugaS-eorTeg ol juev mutatum reeipiendum est, commate flxo post eCmrv/uor: hostium acics distracta est, cum alii eorum Graecis 'oppositi (arrt) juxta eorum aciem (napd) in dextrum, alii in sini-strum cornu currerent. '"Am^eorra; non magis quam artmagad-eorrug, ad Graecos relatum verum esse posse manifestum est. Nam Graeci non e&eor, sed enogevorro § 16 et § 18 demum de eaetratis araxfayorreg eSeor dicitur. Quod Lion „ista uou tautopere urgenda esse censet": id ego eum non multis persuasurum esse puto. VII, 6, 3: Xe'yet ort rd argdreuita anoSiSioni, tpiXog re xai ov/uftayog ßovlerat elrai, xaiet re avroiig e n't leria. Kai e $£vt£t ueyuXon gen lüg. Pes-simam haue distinetionem Schneiderum cuiquam probare potuisse satis 11 162 mirari non posSum. Nam cum omnino durum sit xaXel tu ad Seuthao orationem reforre, tum scriptor, si lioe voluisset, xaXn non primo sed postremo loeo collocassot. Hac enim colloeatioue verborum nemo non jungit xaXei tt-xa) fimji? //. Itaque haud dubio post tlvai major vel maxima distinetio ponenda est, post iryta nulla. Diversorum temporum cönjunetiouem nemini putaram otl'ousioni posse esse. V. III, 4, 48: 60 lo&strai avröv ix Ttjg Tff|e 10g xai dtpfXopevog T)]V uwit'Sa tog iSl/varo rdytora inoQSuero. Cf. V, 2, 10. IV, 7, 12. V, 3, 5: dvaTii)ipUY-xai im-yqalpe Sopb. Antig. 403. (406.): xai niög dgttTai xanlXi/nrog yQt'&q. Ut hoc loeo, ita multis aliis, quibus neminem non falsa corre-cturum putaram, Lionem prava seeutum doprohendas: quod ne temere pronuntiasse videar, aliquot oxomplis oonürmem. Ac primum quam-quam non parous l'uit in distinetionis signis usurpandis, tarnen nonnul-los locos offendas, in quibus cum interpunetione opus fuerit, eam sen-tentiae detrimento negleetam esse videas. Ita III, 4, 32: noXXoi ydg ijaav djröuayoi ol 7 FTPüi/inoi xai ol ixt traue rpr'fiovrfg, connna post dnöjuu/oi collocandum erat, cum sequentes nominativi appositionis sint. Pariter IY, 5, 14: ijaav-xiiQßaTLVta avrotg ■irniotrjtthvat ix mir rfoSdortor ßotov post auroig incidi debobat. Nam vera videtur ibi vulgaris scriptura, cum "Wyttenbachii conjoeturae : -xagfiarlvag nejioiiipevoi ordo verborum obstet. Non minus Y, 4, 26: Utpvyov Ol ßdgßagoi xai ivzsv&iv dnavTFg XindvTFg to yruiQtor, COmma post ?>'rfü#f)'1), et YII, 2, 18 : Sntog oi tpvXaxFg fii) ogtovro iv tw hxoth ovreg post ogrorro nocessariuni erat: quod si ibi non pone-retur, plane aliam nec aptam huic loeo t'ore sententiam manifestum est. Eodem modo IV, 2, 4: ouiV dvsnavattrro St oXt/g Ttjg vuxrög xvXtvSovvTFg rovg Xlüovg, si quis post dvFnavaavro incidissot, Sturz, et Lion non opinati essent dra-navead-ut. pro icaveafrai dici posse. Est enim sententia: ne som-nwm cpiitlem ceperunt, per totam noctem lapides devolventes. (Eadem est ratio loci Hellen. YII, 4, 32.) Paulo post § 5: ot Si ü^ovreg rov ijyepova xvxXto nFQiiuvTfg xaraX.ptpßaravtu rovg tpuX.axug a/itpi nuq xalhj/pF'vovg. post ol Si comma collocandum fuisse collocatio verborum ostondit. Nam si Xenophon ibi pausam fieri noluisset, collocaturus fuisset: ot Si rövijye-ftdvu fyovreg, ut est § 9. Cf. I, 7, 8. IV, 6, 23. Pariter post ol rJt'inci-dendum est YI, 1, 7. Eadem ratione peccatum in hoc appositionis genere VII, 8, 1: EuxXetSijg, fidvng 'bXtaaiog, ubi duplieem esse appo-sitionem, eommate, quod diastolae vice fungatur, distinguendam, docere Gl poteraut ejusmodi loci VI, 3, 2: o judvng Haggaaiog. Y, 6, 16: jSiXavov mxQaxaXs'aag tov Kuoov uamr ybvouFvov, tov 'Anßoaxitörtjr. Cf. Hellen. V II, 1, 25 : tov t'fpdrooa tov vi ob'/tii(iyor): npTutTtjr yFyFrrj/nf-vov, unt-xTHvar. Non aliter statuendum de bis loeis IV, 5, 24: I7oX.vxgdrt]g 1) In simili loeo Y, 2, 18 ol tlgutfrov/uevoi, quod E. Et. F. S prae-bent, vulgari lectioni ol riow taftovfievoi non praeferondum, sed comma post e'into collocandum fuisse sponte patet. 2) Ne quis priore articulo offondatur (Buttm. Gr. § 110, 3. Matth. Gr. 273): etiam proprio nomini articulum praemittunt Graeci quando 163 ^AShjvaXog, Xoyaybg. IV, 7, 13: Alveia; [ö] ZrvutpdXtog, Xoyaybg. IV, 1, 27: 'AgiaTiivvjuos Me!h:thuev;, 'Anxdg cl. 2, 21. et de US quibus priori appo-sitioni arsiculus est adilitus I, 7, 18 : Zdavbv xcdeaag röv 'AfißgaxiÜTtyv, finvTiv. VII, 8, 10: 'Ayaaiag b ^IIXeTog, fiivrif. I, 2, 9 : KXeagyog rjv Aaxe-Satfwviog, ipvydg. I, 4, 7 ; Seviug o 'Agxdg, argart/yog. VII, 2, 17: IToXv-xgärryv rör 'A9rjvaiov, Xo/ayöv. VII, 6, 40: EvgvXoyog b'Aovaidrijg, 'Aqxdg. Non necessaria est diastolo ubi duplex est articulus, utV, 8,22: Botoxog b TTvxTtjg b QerraX.bg* Sed duplicem diastolen adhibendam puto VII, 4, 7: Emad-fvijg Se ijv Tis, 'OXvv&iog, naiSegaarijg. Porro noa dosunt loci quibus nuperus editor commata sententiam pervortentia reliquerit, veluti I, 6, 8: ov3', n ytroi^v, oo( y in nore So%aifti, ubi comma post ovSe jam sustulerat Hermann, de eil. et pleon. p 192. Et enim xai, quod in ovSe latet, ad protasin pertinet, ideoquo hoc vocabulum distinctione ab ea non separandum esse manifestum est. Cf. I, 9, 10. n, 1, 11. 4, 19. 5, 19. III, 4, 15. VI, 4, 25. VII, 5, 10. 6, 23. Soph. Oed. T. 250. quorum locorum plerisque eodem modo peccatum est. Faeilius admitti poterat quod in hujusmodi locis: dXÄ' iam: ydg xai uXXoi rubra ir&vfjovrrai, ngog rtäv S-ewv u>j dvaftevmfiev III, 1, 24- (ubi Lion inepte cum Schneidero aliisque post evft-vuovvrai plene distinxit, de quo vitio hoc ipso loco eollato jam admonuerat Schaefer. Melett. critt. p. 75) post oX2d incidunt, quanquam ne hoc quidem recte fieri post Elmslejum ad Eurip. Heracl. 482 docuit Buttm. ad Soph. Philoct. 874. Male II, 5, 42: Trgbg rubra ol ßdqßugoi, noXvv 'ygovov biaXey&evreg uX-XijXoig, dnijX&ov, comma adhibitum esse post ßdqßagoi quivis intelligit. 62 /7/»)'; rubra SiuX.eyeo&ai eodem modo dictum ut 7Tgog ravru ßovXevea&ai I 3, 19. 20. II, 3, 21. V, 10, 5. Rectius etiam post äXXyXoig comma delea-tur, quo participium verbo finito praeposituin omuino non ab hoc di-stinguendum videtur. Quodsi V, 10, 11: ei ovv amipgovo'iev olroi, avardvreg xai orguTi/yovg eXofievoi, eavnöv xaS-' eavrovg Sv ri)v Ttogeiuv noioivro, comma post iXöftfvoi sublatum esset, nemini quod "VVeiskio accideret, ut parti-eipia cum amipgovoiev jungeret. His subjiciamus aliquot locos quibus Lion cum aliis non ubi de-bebat distinxorit. III, 1, 8: o juev St] Bevotpiov, ovrto &vadjuevog otg äveiXev o ,9ebg, t|f7tXh. Ibi omnino nullo opus putarem commate, nisi hic, ut § 10, ad errores evitandos diastole post ovrw adhibenda esse videretur. Similiter peccatum § 20: rubra ovv Xoyito/jevog eviorr, rag anovSag fiaXX.ov etpoßov/xtjv ij vvv rov no'Xe/iov. ubi ante eviurs incidendum esse oppositum ij vvv ostendit. De distinctione § 13 mutanda recte jam admonuerat Sehn. Nam non ex his quao proxime facta sint, sed cx iis quao omnino post- illud jam ut per so notum definitumve cogitatur. V. Anab. VI, 2, 13: o Se 2davdg o *Aiißgaximr/jg. Arrian. exp. V, 4, 12 : o Kvgog o Ka/ißvaov. Thuc. VIII, 75: o re QqaavßovXog o tov Avxov. Iii hujusmodi formulis b Zebg o omrrjg aut Semper duplex articulus usurpatus esse videtur (Anab. III, 2, 9. IV, 8, 25. V, 9, 22. VII, 0, 44. 8, 4) aut nouter (III, 1, 12. Cyrop. II, 4, 19. III, 3, 21. 22. VIII, 7, 3. Thuc. I, 120). [Cf. Kr. Gr. major § 50, 8, 10.] 11* 164 niodum in illa oxpoditione aocideriut, somnii ovontum perspici posse ait Xenophon. Quod IY, 6, 2-1: ngiv de daov eivai Tovg noXXniig aXXijXotg avft/Jiyvvovaiv ol xard rd dxoa, male post noXXovg distinguitur, id quidem Lion evitavit, sed in alium gravioremque errorem iiuluctus est. reeepfa seriptura Et. et P. rovg noXXovg aXXijiioy, quam ita interprelatur ao si dXXqXtay idem esse posset quod exar igtoy. IY, 8, 22: Tganetourru noXiv 'EXXi/yida oixovuiyi/y, ev rw Eületvia Uorrip, vel ex Arriani loco a Sehn, laudato discere poterat oomma post dixovfiivtjv sublatnm huic voci prae-ponendum esse. Cf. I, 4, 1. 11. II, 4, 25. 28. V, 1, 13. 4, 15. 6, 20 Herod. I, 193. — YII, 2, 1>'1 et de Tita vuwv Xrjyjo/uai. iv i !■ 'h.'/.urrrj xaradvow, post &aidrrfi incidendum fuisse patet. Faoilius condenaverim viro optimo quodIII,5, lOpeceavit, qui locus, nisi me fallit, sie legendus et distinguendus est: Tovroig-Levlug rovg doxovg ngog dXXrjXoVg bpuirtag txaarov daxor Xi&ovg dgrtjaag xai dipe)g tognep dyxvgag eig to vdiog, dinyuytöv xal u^fporegM^ev di/oag enißaXto vXrjv xdt yijv entgjogtjau i. e. his uires inter se jungam, deinde wiumquemque eorum ve/ut navern stabiliam per lapides. quos appensos (s. aptos~) et tanquam uncoras in aquam demissos diductosque (sursum et deorsum flumen versus) utrimque alligabo (utribus) ac tum cirgidta imponam et terram ingeram. (Hiemit will ich die Schläuche an einatider fügen, und einem jeden, gleichsam wie einem Schiffe durch Anker, eine feste Lage im. Flusse dadurch geben, dass ich (an Riemen) Steine anbinde, diese wie Anker nach entgegengesetzten Seiten (diuyayymv) hinabsenke, und von beiden Seiten sie (an die Schläuche) anknüpfe, worauf ich Strauchwerk und Erde auftragen will). Haud dubie recte Sehn, og/uinag pro vulgari lectione dg/uöaag reeepit ex F. et II. Nam quod triumviri Holtzmann., Lang, et Lion adinonent, anjjooceg 11011 idem esse quod sed significare: apte jüngere, id etsi per se verum est, ineptissime tarnen diceretur de utribus inflatis. Accedit quod aueorarum commemoratio scripturam ogftCoag verisimillimam facit. Deinde quod vulgo legebatur: eig to vdoio dyuyiir, neque de neque dyayay hic aptum esse patet Itaque reeipiendum erat quod II. offerebat, diayayiay, non tarnen ea sententia quam Halbkart. p. 132 expressit: dann führe ich die Steine über das Wasser, befestige sie an beiden Ufern etc. Postremo aliquot locos quibus nuperus editor aliis atque debe-bat interpunetionis signis usus est, iis quos jam supra ex hoc genere attigimus addamus. Nihil dicam de YI, 2, 24, ubi post ngwroi major distinetio ponenda et deinde deletis parentheseos signis post SiD-woig incidendum erat, nee de YI, 4, 13 interrogationis Signum puncto per-mutandum. Egregia est enim affirmationis ironia, ut in simillimo loco YII, 7, 7. Magis miror quod vir doetissimus IY, 2, 19: iv w de ro /u'ev dXXo nrgarevfta nagrjei, ol de ravra dteXeyovro, ndvreg, o'i ix tovtov tou ronov nvveggvr/aav, ivraü&a'ittTuvro ol noXe'/iuoi, veterem distinetionem : -ndrreg at ix tovtov tov ronov nvveagvijnav. 'Evrav&a t. ol n., l'evocaro nolucrit-Nam ei quam optavit plura advorsantur. Ac priiuum narrationis series Ostendit Xenophontem hoc dicere: dum reliquus exercitus praeterit, illi 165 autem de his rebus colloquunlur, omnes qui in illa r ione erant confluxerant. Nam confluendi, non eonsistendi', notionem primariam esse manifestum est. Deinde ex vulgari distinctione ol nole/iioi ineptissimo loeo collo-eatum esse jam sensit Muretus has vooes deleturus. Ceterum ivrav9a hic eodem modo usurpatum est quo III, 1, 34. 5, 3 al. Sed taedet plura vel nogligentiae vel errorum exempla proponere, quae in Gottingensi editione cum ex hoc tum ex aliis generibus quavis fere pagina admissa reperiuntur: et no haec quidem excitassem, nisi demonstrandum esse putassem me non justo iniquius de Lione judicasse, Ceterum in mea editione quae ille peccavit plerumque tacita notatione transmittam. Aus Dr. Dettmers Bemerkungen zu Xenophons Anabasis in der Einladungsschrift des Catharineums in Lübeck von 1850 S. 27 (zur Authentie der Anabasis.) „Die umfassendste und gründlichste Untersuchung über die Au-„tlientie der Anabasis ist bekanntlich von Krüger in einer kleinen Abhandlung geliefert worden. Dieselbe beschränkt sich nicht allein „darauf, dio bereits von Usher, Dodwell u. A. vorgebrachten Zweifel „und Gründe zu prüfen, sondern sio liefert auch selbst noch eine namhafte Anzahl von Bedenken, deren "Widerlegung jedoch, soweit überall „in solchen Dingen ein Beweis zu führen ist, so vollständig gelungen „erscheint, dass ein Streit über die Hauptfrage selbst kaum noch möglich ist, wie denn auch, soweit mir bekannt, nach dem Erseheinen der „genannten Krüger'schen Schrift Niemand es unternommen hat, jenes „Werk dem Xenophon abzusprechen." Zu S. 21 „der gedrängten, mehr andeutenden als ausführenden" Darstellung auf S. 21—23 liefert H. Dettmer einige Ergänzungen und Zusätze S. 28-31 Wenn ich gegen diejenigen die meine botreffenden Schriften nicht gekannt haben, wie Herr Dr. Hitsche im Progr. dos Berl. Sophien-Gymnasiums (1871', keine Kritik eintreten lasse, so glaube ich dazu berechtigt zu sein. Annotationnm ad Demostlienis Philippicam 1 speciinen. I*). Cum ex imitatione aliavum scholarum nuper apud nos institutum esset ut Director atque Conreetor ot Subeonrector, quos solos liabomus perpetuos eosdemquo litteratos magistros, in posterum per yiees pro-grammata oonscriberent: ego, ad quem proxime boe munus pertinuit, tanto minus illud detrectandum putavi, quanto plura, maximo Academi-coruin fructus studiorum, in soriniis latentia habeo, quae vineulis soluta ex umbra in lucem omitti eupiunt. Et initio quidem historicam quae-stionom persequi plaeuit; sed cum neque chartarum quantum satis esset mihi concedi comporissein neque temporis multis aliis negotiis districti brevitas ad rem qua Vellern ratione exornandam suffleere videretur, eligendum censui quod propius tangeret rationes scholasticas. Hic plura se oll'erebant. Verum aliud reprobavi Domosthene auetore1), aliud ex Christi praeeepto2). Attamen aliquatenus propositi tenax exhibenda putavi quao quod omnino in hujusmodi scriptionibus spootandum arbi-tror sequerentur. Sunt autem illao mo judice quaedam quasi intSel^aq; quibus non tarn docti quam doctoris partes sint agontlae. Haec regula optime ita videtur servari posso, si ipsorum quao diseipulis tradideris aliquam particulam in medium proferas. Hac ego ratione duetus, cum Graeca potissimum primi et sesundi scholao nostrae ordinum diseipu- [*) Priinum editum Bernburgi 1826. Jam 1827 G. H. Schaeferus hoc speeimen Demosthoni suo addidit T. V p. 761—772, praefatus: „Inseronda hic censui quao de Philippioa I. nuper scripsit Krügerus, vir doctissimus ac de graecis litteris tarn praeclare meritus, ut t'aeile agnoscas alumuum disciplinae Seidlorianao. Qui quae mihi nonnullis de locis opposuit, ea nunc non lieuit exeutero: adeo festinarunt operae, jussu rodemtorum. Faciam id alibi, quando otium oxcutiendis suppodi-tabit, band cunetanter assensurus vera monenti, ubiounque errare me intellexero "] l) orat. III, 21: oi yug-vo^toy. 2) Matth. VIII, 22. Luc. IX, 60. 167 los docenda habcam atque lioc anno praeter Soplioelis Oedipum Colo-neum Demosthenis, quem Plato praecessit, exeipiet Thucydides, plures orationes enarrassem, scliolastieae interpretationis spocimen exhibendum duxi in ipso Philippioae primae initio. Hujus autem speeiminis scito te alteram editionem — prior enim tantum discipulorum in cajiitibus et schedis exstat — multis quae a seholarum ratione abhorreant, ut eritiea pleraque, auetam versare. Neque enim ab animo impetrare potui ut nihil nisi quod discipulorum vulgo aceommodatum esset reeiperem, cum praesertim quae cum illis non eommunicaverim, facile quemvis divina-turum esse sperem atque si quorum meam doeendi rationem aecuratius nosse intersit, qui pauci erunt, eis quotidie scholae meae pateant ex quibus institutionis meae tarn rJenuara quam qdvafiara cognoscant. Nam Iiis quoque opus est variis. Sed equidem talium rerum verbis perse-quendarum parum peritus sum; neque, ut verum fatear, multa ex hoc genere quae persequar babeo. Nam adhuc mihi suffeeit decalogus qui-dara scliolusticus, qui nisi quam plurima peccavero aut certe peecata videro, non spero fore ut unquam in corpus juris paedagogici excre-seat. Nimirum liic quoque usus optimus magister, quemadmodum de ebrietate vix quisquam melius disputabit quam qui saepissime eam ex-pertus fuerit. Sed jam est quod verear ne nauseam moverim eis qui etsi jam non br\ ttj xetpali/, tarnen fn) Tij xagdia tptyaxijv unOijV t/ouoiv (Xen. An. 2, 5, 21). Quos ut, si possim, mihi reconciliem, animo habenis flexo ad sevorissimum oratorem me convertam severissime. § 1. Initium hujus orationis obsidere videtur Vitium vetustissi-mum. Nam quod pro TrgovriO-tro e duobus libris enotatur yg. ngoilxetro, id tantum abest ut cum Riidigero ex interpretamento ortum putare lieeat, ut prorsus non intelligatur quo quis modo usitatissimum in liac re vocabuluin minus noto explicaverit. Ego contra puto, adjuvante ratione grammatica. Etenim orator si ngorid-erat hie dieturus fuisset, nullo modo imperfecta uti poterat. Ac ne quis hujusmodi locos objiciat: idöxti 31 iir (tti'jwTfQ'i rnvra, u-if'tvJoi/fvog itpaCvero (Xeuopli. Mem. 1, 1, 5), etiam ubi Latini condicionali praoteriti utuntur, imperfectum usurpant Graeci, si de re vel duraute vel repeiita sermo est. Cf. 6, 30. Horn. 0(1. IV, 174. 178 et Matth. Gr. min. 508. De re plura quam Riidigerus volenti dabit Schoemann de comitiis Athenn. p. Iü3. s. — Deinde voeativuin post teyetv habet cum libro Harlejano Ilermogenes, atque hic ordo melior videbatur Schaefero. Yeriorem ego praestiterim vulgarem, cum librarios saepe hoc modo peccasse auimailverterim ubi interpositis vocabuiis disjuncta viderent quae conjungenda essent. — Ad f1m9-otu)v Reisk. adscripsit: „sc. yriofii/v dnoipi;raa9ai..u Recte quidem ille, si senteutiam spectas. Cf. quae congessi ad Dionysii historiogrr. p. 118. Meminisse tarnen oportet hoc participium saepe adjectivi vice usurpatum esse a Graecis, ita ut ipsi plerumque vel eis locis quibus eommode fieri potest infinitivuni repetiisse non videantur. Cf. ind. meum ad Dionys, in v. Cetorum rovg eito&oTa; neque seniores intolligas cum 168 scholiasta et "Wolfio, noque rov; auvi/yögov; cum Rtidigero: nam de hin quae Petitus eommentus erat satis refutavit Sehoem. I. I. p. 107 ss. sed omnino eos qui tunc apud Atlienieuses de rebus publieis verba faeere solorent. llos Demostlienes cum similia atque antea, i. e. rei-publieae perniciosa in medium prolaluros esso praevideret, non exspo-ctandum i'uisse significat, si do ro nova ageretur, de qua illos nullis dum praeconceptis opinionibus, nulla lucri spe duotos fortasse vera ot salu-taria suasuros esse sperari liceret. Palluntur enim H. Wölflus et Rüdi-gerus legis ab Aescliine c. Ctes. § 2 memoratae metn Domosthenem haec dixisse opinati. Nam ea dudum alirogata erat per desuetudinem. Cf. Schoem. I. I. p- 104. ss. — Ad yviourjy ne articulum additum ro-quiras, v quae dixi ad Xenopli. Anab. I, 6, 9 atque, ut ex oratoribus aliquot exempla adjiciam, Dem. 18. 11. 189. 19,156, Aeseli. c. Ctes. §2. In eadem orationo § 1, lieebit enim hic paullulum itinere decedere, iniror Bekkeri et Bremii crisin, qui pro SeuTtqov de, quod frequentissinio corruptionum genere ex § 2, ubi iterum logitur, ortum est, SevTtQov non receperint. —- Deinde indicatlvum aneipqvavTo Piatonis loeo collato illustrat Matth. Gr. min. § 5 22 p.488. Est liaec quaedem assimitatio, cujus similem post relativuni habes 8, I. — Quae sequitur altera condicio-nalis enuntiatio hie ita explicanda videri possit, ut statuatur prioris apodosin esse ima/tov av i- e. ineayov av — xat. Sed proprie hic duplex ejusdem apodoseos est protasis, ut 15, 15: oud' ei raup d^ipors-jiijv, h firj nufufigov vutv rjyovutjv, eiTrov av. Diversa est ea ratio qua altera condicionalis enuntiatio alteri per epexegesin subjicitur, quod genus tetigit Heindorf, ad Cic. N. D. I, 10, 25. Ab utroque differt illud quo altera alterius est condicio. Cf. Plat. Protag. p. 311, b ibique Heindorf, et Xenoph. Anab. 3, 2, 31 et quae ad h. 1. contulit Borne-mannus. — Paulo post xai ante avro; a Reiskio restitutum cum Augerio delevit Bekkerus, quod merito improbat Sehaeferus. Nam ut ad sententiam aptissiinum est, ita si deleas, solum avro; insignem quandam arrogantiam prodidorit. Inepte tarnen Rüdigerus ad xal ngärog quod sequitur provocat. Nnm hoc xal cum illo nulla ratione conjunetum est significatque: vel, adeo. Cf. ad Anab. 5, 4, 29. — Deinde dviarua&ai notum est eodem modo dictum esse quo apud Latinos surgendi verbum, de quo v. interprr. ad Cie. pro Rose. Am. 1. Cogitandum est enim Athenienses et omnino Graecos (cf. ad Anab. 5, 10, 5.) in contionibus 18 sedisso, iv Tal; ixxhjatai; Ixd.'lr/rTo (18, 191, cl., ut multa alia omit-tam, Aristopli. equitt. 183). Itaque qui verba facturus erat dveoTtj (18, 170. 19, 13. 15. 35. 57. et ind. ad Anab.) vel na^ti, na^X»ev (2,31. 18, 22. 213), Im ro ßijua (Aesch. c. Ctes. 2i vel dvtßr, (Dom. 18. 209. cl. 179. 19, 23). — Mox pro auvfßouXfvaav cum pluribus codd. avvtßovlfvw legenilum esse apparet ex eis quae p. 5 s. do hoe enunciatorum genere disputavimuB. Alterum non defendi loeo a Rüdigere collato I, 9 manifestum est. § 2. De locutione dfrv/ielv rot; -nguy/iaai dixi ad Anab. 1,3, 3. Ad 169 candem I, 6) 8 dixi do particulis odd' ei. —. Nostro simillimi sunt loci 9 15, 14. 18, 10 Ot Cyrop. 8, 7, 23: ovdeig yao av ert ttli-ttevnat SvvaiTu upTv, nvS* fi Ttdru ngoltu/jolro. Alia si quis requirat, adoat Dem. 8, 37. 14, 29. 15, 15. 21. — In eis quae soquuntur rhetoricum artiflcium jam notavit Hormonelles. Eodem saopius utitur orator, veluti 9, 5. Ad gravissimam seutontiam ut magis animos attendant Alhenieiisos (ef. Tibor. 13 Fisch.), so ipse interrogat: ri ovv inr) tovto ; qua ratione nihil apud Demoslhenem frequentius est. Ita haec ipsa formula legitur 6, 24, 8, 7. 9, 5. 22. 37. 15, 32. tan /at)e xal eiSijre: quam difficultatem sublaturus ne quis IStfcf omendet aut ad IWrgor ngdregov confugiat, tenendum est iJmt-SrjTS hic esse' ut cognoseatis. Cf. 18, 118. 153. 15(i: rj'd; S>j uoi rtjy htunoi^r —, 'iv eiSijre xa'i ix ravrr,g aaijiw; x. r. ).. cf. 50, 10. Lys. 17, 4. Adde 14 Buttm. Gr. inax. II. p. 110 et Matth, ad Eurip. Rhes. 055. Ita tantum abest ut in ista verborum colloeatione offensionis quidquam insit ut eam egregio commendet xXi/ja|. Nam &cöafrai evidentiorem eognitionem signi-fieat rem quasi oculis subjiciens. Plane eadem ratio est eorum aliquot locorum quos Bromius contulit, quibus, ut 10, 7 praetereamus, lios ad-jicimus: eidtos xai eionaxd; 18, 248. axiipaafte xai 9-ewgijaare § 252, iynoxeir xai Tigoetogio/Uljv 19, 154. elerdirai xai ihdaairfrai 315. ivfruufiafrai xai ogdv 20, 118. Hoc si quis argutius quam verius disputatum esse censeat, cujusmodi reprehensiones nuper aiiquoties immerito exportus sum, nae ille parum noverit Demosthencm, cujus artem qui non ipse ex ipso di-dicerit audiat egregio disputantem Dionysium de comp. 25. p. 200. ss. et Jud. de Dom. 51. p. 1111. ss. Qui censor etsi saepe falsa in medium profert, praeeipue ubi ira aut studio ejus judicium corrumpitur, tarnen ubi de oratoribus, inprimis ubi de Demosthene disserit, multa exhibet quibus optimo fruetu ad rhetoricam hujus artem illustrandam utaris. — Paulo post pro fiovbptSs Seliaeferus jure ßovloiod-e roquirit, quae formao etiam 19, 178 confusae sunt. — Scripturam xe">uevotg, quae nullo modo forri potest, ex 3, 23 ortam esse quis Rüdigoro crodat ? Imo originem debet dativo ipuXuTTouivoi;, quod genus corruptionum frequentissimum est. — Post rij non fuisse quod ri insereretur, admonuit Schaefor. —15 Cf. 3, praepositione ea qua hie ratione usurpata dixi ad Anab. 2, 0, 8. De Ix 3. 18, 7. 19, 215. Nam omnino obrog et bde liunquam nisi nomine addito sio videntur usurpata esse. Minus apta contulit Riidigerus, qui idem mox non aptiora confert ut oirog cum eontemptu dictum esse demonstrot. Nam etiam ubi Deniostheues, quos summopero conteinnit, corruptos uratoros voce outoc signifieat, veluti 3, 22. (rd tiev zovrwv) 29. 8, 00 188. 19, 33, neutiquam in pronomine contemptus notio inest. § 4. El Se reg — ogfhög ft'ev oXerai. Eadem orationis confor-mationo orator loquitur 0, 48. 10, 24. quem locum Dionys. 0 p. 1110 expressit. Cf. 2, 22. 10, 15. 4, 29. 20, 25. — Ndv ante 5naoXowqg non audeam delere cum Bekkero. Nam ut Rüdigerum diversissima con-fundentem niissmn faeiainus, non perspicitur undo hoc adverbium in tot libros irrepserit, neque supervacaneum est, cum signifieet antea fuisse 172 aafrerq rd iXlnnox) :t(tdyjuat a xai y.omSij tuxpr'i 18, 295. öf. 9. 12. p. 115* 9, 21. änoXioXerm rij noXei. Eudem ratione loquitur 18, 107: rmi^s xctraXi/tplXeina dntalsTo rij ndXei. oui opponitnr nenkari rij tioX.fi 19, 78. 10 Quae do fievroi particula Iiiidigorus comminiseitur jam notavit Schaofer. Cf. ad Anab. 2, I, 19. — I'yduam Macodoniae urbem (Thuc., 1, 61, 137 cf. Becker Uobors. I p. 12, postea Citruin., non Citiuni, v. Strab. oxo. 1. YII, 8) Philippus reeepit Ol. 105, 3 auetore Diod. XVI. 8. Cf. tarnen Plutaroh. Alex. 3. Eodem anno Potidaeam expugnavit, quae postea (non etiam) Oassandria dicta est. V. Strab. 1. 1. 12. Plin. H. N. IV, 17. et Poppo Thuc. II p. 372 ss. Methonem rij; MaxeSovia; (50, 46. cl. Thuc. 6, 7, 3), t7]t HvSvijf trrdcha u äms-/nuaav (Strab. 1. I. 8.) Philippus copcrat Ol. 106. 4 eodem Diodoro teste XVI, 34 cl. 31, ubi v. Wesseling. (v. tarnen Diod. XVI, 3.) Domoslhenos ipseharum urbium amis-sionem saepe memorat, 9, 12, 6, 17. 20. [VII, 9,] 8, 62. (55. 9, 26. [10, 12. § 64. 67.] 18, 69. 20, 61. 63. 23, 107. — Meri nro; elvai non raro dicuntur qui alieujus imperio subjcoti sunt. Cf. § 8 p. 42 et ind. ad Anab. in perd. § 5. Tunaura recipiondum esso rccto docet Schaofer. — Pro im-riiytnfiaTa rijg lau tou yiogii{ Hemsterhusius ad Luc. I p. 264. B. ip. in. rij (tutou /(d(ia conjecit, quod probare videtur ßekkerus, qui nescio quo consilio 15, 12 conferat. Profecto haee esset leg'itima ratio (cf. Matth. § 390); verum tarnen hic non videtur sollicitandus esse genitivus (cf. Diod. XII, 44. A.Ta?.uYTt]v iniTFi/in/ia tut vloxxQido? xaTeaxeuaoev), quo illa imreiyl-a/iara quodammodo partes, Macodoniae dicantur. Coterum im — in hoo voeabulo eandem vim habet quam in Inoixi'leiv demonstravit Schaofer. 17 ad Apollon. Bliod. II. p. 339. Cf. Düker, ad Thuc. I, 122. — Deinde pro eg/jitor dvTa uuuuayt'w quod alii Ii üben t fqi/jUos tav tote ff., id vel propterea reprobandum est quod hic respiciuntur antegressa: ro r« -/(nnta nävru dnoXwXevai rij noXei. Etenim ibi soriptor, si eadem qua hic ratione orationem eonformare voluisset, dicoro poterat: ei n; oierai — %aXenöv tivai €biXinntp noXe/ieir ra ia ndyra dnoXeoavTag. Accodit col-loeatio. — Ad fxn-aaro ex antecedento enuntiato dy repotendum est. Cf. Soph. Oed. C. 927. Xenoph. Anab. 2, 5, 14 ot ad 6, 2. Sed cum multi libri exTijaar är habeant, non magnopere repugnaverim Bremio et Schaeforo hoe restituentibus. Nam recte hic admonet librarios saepius peccaro dv omittendo quam addendo. — Mox pro oiSev facillima et fre-quentissima confusione (cf. 3, 26 ibique Keisk. 4, 36. 6, 8. alii elSer habent, quod jure reeepit Bekkerus, cum hoc dici necesso sit: pulchre cidit (nam de v. xaXtäe v. Schaefor. ad Soph. Oed. T. 1008), quo tempore ad illa reiylauara expugnanda animum applieavit. Neque objocerit quisquam quod sequitur ravra fie'r iorty x. r. X. Hic enim Demosthoncs indicativo praesentis utitur, ut Atheniensibus recuperandorum quae ami-sissunt spem subjiciat (cf. § 7) dicons etiam nunc esse ddXa tou noXfyou. Ad hane dietioneni illustrandam apte conferunt Xenoph. Cyrop. 2, 3, 2, quem locum expressit I'lutarch. de libb. educ. 11: rd rwv Syrraiittvair er » 173 raig ttttyittg ayattct Tütg nxtootv afrXa nqoxeirai. Cf. ad Anab. 3, I, 21. — Vorba in dn/et ring nagovai ro rwv ajtövrav oavo ad locorum situm reforas. 18 Nam ita orator diooret: par est Philippum habere quae suis lerris vicina, a nostra urbe remota sunt: quo quid potuisset ineptius? Itaque, ut ipsius verbis utamur, sententia est: tov irji dnani nagövrog (2, 23) nii argaceu-fiari (1, 4.) tpvaei v-nag/et ra rtör dnijgrtj/ie'vwv xai raig naganxevaig xai raig yvuiftaig (4, 12, ad quem t. cf. Schaefer.) Cf. § 40 s. 9. 8, 11. 13. 36. 9, 38. 11, 19.] 18, 235. — § 6 Kai ydg toi esse atanim profecto disci poterat ab Hermanno ad Viger. p. 531. Cf. 9, 58. 18, 99. 19, 137. 141. 325. 20, 69. 91. — Do aoristo -/gr/aafievog v. ad Anab- 1, 9, 17. Yoces ng e/ot, quae et con-oinuitatem turbant et per se frigida sunt, ex interpretamento orta puto, cujus simile addideruut librarii 18, 197. (cf. ibi Schaefer.) 21, 14. 23, 154. ann. m. ad Anab. 5, 7, 22. — Verbis w; av eXolv noUftm Scholiastam aliquem adscripsisse conseo noXeuou vö/uto, ut haue scripturam, a Scliao-fero restitutam, jure rejeeisse videatur Bekker. — Tlgoge^eiv tov raüv quid sit dixi ind. ad Anab. in yvid/iij Cf. 2, 13. — Mitto quae Iiüdiger de relativo hypothotico annotavit. Non melioris notae sunt quae de locutione in) yio/iog yCyvta&ai tradit. Nam yiyvea&ui nunquam statum quo quis 19 utitur signifleare potest (et', ind. ad Anab. in v. f.) et Aescliinis verba quae affert dissimillima sunt. 'Eni praepositio eadem ratione, quamquam non addito movendi verbo, legitur 8, 47: (teveiv ini rijg avrov. 8, 14: fte'vetv ini rqg aurtjg avoiag, et 21, 199. int ravrijg rtjg vnegrjtpaviag ovra. 1Eni yvioiti;; f'trat dixit 21, 213. Dionys. Arch. 4, 70, p. 809. 6,38, p. 1126-Sententia aporta est : si cos quoque taJ.em quali Philippum usum dtxi sen. tiendi rationem peclore amplexi fueritis et q. s. — Ad vorba rvv, enetchjneg ov ngoTFgov cf. § 44. § 7. In formula mnrcZövri S' anXäg elneiv Bekkcrus ])Ostremum vocabulum cum pluribus libris delevit. Non improbarem, si djtXtä; abesset. Cf. Isae. 4, 22 et Dionys, arto rhet. 6,2: avveXövri uev ovv inirdtpiog i'naivog ian twv xaror/ouivwv. cujusmodi locis non ein ei v subaudiendum, sed ea ratione explieundus est daiivus quam illustrat Matth. § 388, b. Sed cum dnXtö; verbo avveieiv non videatur jungi posse, elneiv retinendum puto, nisi etiam an im; cum aliquot libris doleas, quod non audeat qui quam aptum sit hoc" vocabulum perspexerit. Habet enim similem poto-siatem atque formula dni.ovg o Xbyog 19, 179, Xenoph. Anab. 5, S, 18 ibique ann. Ipso orator optimus sui interpros, quem alii intorpretes non Semper ubi debebant e.onsulueruut, infra § 51: ndrl? äni.m; vnoorei- 90 Xduevog nenuggi/tn'uauut. — cYituiv avrtov yeve'a&ai male interpretatos esse Matth. Gr. muj. § 371 et Riidigerum: sui juris fieri, non eget demon-stratioue. Rectius Sehaoferus: « vobismet ipsis, non ex ah'is, peuderc. Etenim referuntur liaec od vanam Atheniensium spem qua alios populos pro ipsis propugnaturos esse exspectabant. Male enim Jacobsius. Cf. 9, 35 et 73 SS. — Pro avzog uev ovS'ev exaaro; Harlej. avrög uev 'exaarog ovSer, probatem a Sehaefero. Sed v. quae dixi p. 6. — De v. xojuilen 174 monuit Rüdiger. Cf; 8, 36. 15, 15. 1!), 149. 252. — Do soripfcuris freXx et efrt'Xij bono contra eundem disputavit Bremius. — Quod mox dioit xaxeiror rifioigijoeofre illustrat § 43. Cf. 3, 2. et § 14. § 8. ITndyuHTa hio intollige res, potentiam, Imperium. Cf. § 44. 2, 9. 18, 295. Admonui propter Jacobsiura. — Adjoetiv Um ufravara per prolopsin additum osso docet Seliaoferus: qua ratione saepissimc usi sunt poetae (v. Seidler. ad Eurip. El. 442 ot Erfurdt. ad Sopli. Antig. 786) noc abstiuuerunt prosarii. Cf. 9, 21 ot ad Anab. 5, 8. Do Romanis cf. Werfer, aett. Mon. I, 2. 266. — Ad proxima conforas 21. 2, 13. 15 ss. 8, 41. [10, 13.]. Ealsos autem puto oos qui piaet, Je'Jier ot itpfrorel verborum unumquodque ad singulare Philippi. sociorum genus 21 referunt. Nam odium quidem ot motum haud dubie coneeperant iidom. Quid quod haoe non ad solos socios roferenda esse ustendit 2, 13. 15. 16. 18. Tis hio est nostrum mancher. Cf. Matth. § 487. Pro ä'XXois naiv Sohaeferus dXXotg oiartotr conjicit. Sic oratoris argumentationom aliquanto melius procedere. Hoc ego non satis intolligo. Taüra nana vel, ut Bekkerus dodit narru ravra bono oxplioat Schaefor. ol. Xenoph. Oec. 6, 13. — De v. änonrQoipi] dixi ad Anab. 2, 4, 22. § 9. Ad illustraudam formulam ot nQotZijXvfrer aaeXyeia; ox ipso Demosthono alferri poterat 21, 17 : ovS' evravfr' ean7 rijs ußgeag. Cf. Sopli. Oed. C. 170. 310. — Pro X.eyn Yossianus nepnn, quod Sohaeferus do-fendit. Sed ita propter antegressum iSs tpuoi do litteris ad alios, non ad Athonienses missos, cogitandum esset: quod cum parum probabilo sit, ego haue variotatem ex solo scribendi vitio repetendam censeo. — Mereiv esri rär avrär recte. intorprotatur Rüdiger, quamquam proprium potestatom subosso facile sontias. Cf. 8, 47. Eadom vi § 43. ov arijoerai. — In verbis xiixXto Tiarrax/j cur non videatur plconasinus inosso dixi ind-ad Anab. in xiixXog. — Kafrijofrai oadem ratione usurpatum 2, 23. 24. 4, 44. Simili translationo xafrevSeiv dicitur, quo de v. ind. ad. Anab. in v. cl. 19, 303. — De verbo negiaroi/eCeafrat, quod oadem potestate 6, 27 99 legitur, exposuerunt interpretes. Omnino Qraecos saepissime a re vena-toria vocabula transferre constat. § 10. ITot ovr, 10 avStl rubra, ovx forty § 24. 4:7. 52. ov ydg fotlv, ovx eartv 2, 10. 4, 46. 19, 296. 21, 46. 23. 127. — Yerborum ineJdv ri yiy^rat (,V /gt) 7ro«|frf); sententia est: quid fleri oportebit (ut quae opus sunt facialis)? Cf. Plat. Ale. I. 8, b. p. 107: brttv ovv Ttsgi rivog ßovXsvtovrut (dvuorqoFi avroig ov/ußovXfvntov); Adde ib. 9, a. Buttm. ind. in v. r(g et Matth. §630, cujus tarnen rem exponendi ratio mihi non plane suffieit. Ego liaec ita tradonda puto. Graecis non solum liberas enunciationes, sed etiam aliunde pendentes, i. o. finales, temporales, condieionales et relativas interrogative efferro licet. Relativus hic dico hypothetice relativas: nam do mero rolativis sponte intelligitur. Cf. 18, 93. 19, 201. 20, 44.24 Ejusdem generis est interrogatio cum partieipio juueta, veluti 2, 25. 21,176: Tt ovv notijaayrog — xursyetgorortjoars rov EvavJgov ; quod eadem sententia diei potorat: mAri sTroiijae x- r. E. ct cum articulo v. c. Xenoph. Moni. 2, 2, 1 : rovg ri notovrug ro bvo/tu rovro unoxuX.ovatv1. 0. o'l av ri 7jotwirt rb b. r. u.; Plat. Prot. p. 311, b. (Ol. d): uhUfig rf/.fir — Initir/.ciatn fno^bv tag rivt ovrt; Interduni tum secundarium quam pri-marium enunciatum interrogative effertur, ut Plat. Gorg. p. 448, c. f/tfib/} rivog ttyrijg brtarijjutov fori, rivu dr xaXovvrtg avrdv dgdtog xaXoififv, quod cum partieipio diei posset: rivog r. fntortjuova ovru riva av x. u. b. x. cujusmodi loci passim reperiuntur inprimis obliqua interrogatione, ut 4, 36. 19, 63. 21, 175. 23, 107: TL nenottjxbrog avroig li>tXi7vnov 7rtog avrtp ygtovrut; 21, 143: axtUiaiid-? rivtov svtgyfawtv vTTLtgyovotov xai nottav rtvtöv Tigog rov dyuov ttwg iyjLijiturII' vfxtav ot ngoyovot (AXxißtaSt]). Cujus modiloci ad orationis eonformatiouem non differunt a talibus: oxetpaolfe tbg xaXd xai fcqXtord irnygaiiftura rtjg TroXstog dveXtor tog uosßt] xai rfsivd dvreniyiygtttjter 21, 72. 24, 180, de quibus cf. p. 11. Pariter cum priore genero ubi soli partieipio intorrogandi vorbum adjunetum est, hujus-llioditocos eoniposucris: v7tfg oin nSTtott/xortov dvlfgioTttüv xtväirvevaers dta-Xoytodtifvot 18, 98. — Formula n} Aia cum Demosthenes hac rationo ubi 25 sibi vel respondori aliquid vel objici (ingit uti soleat cum ironia qua- 176 dam (v. c. 19, 222. 20, 161. 21, 41. cl. 23, 107. 166. 39, 32. 44, 50. 55. 52, 26, rectc Bekkorus post rj interrogandi Signum puncto pormutavit. Idom oodcni jure fecit S, 51. 10, 27. 13, 28. (cf. 3, 29.) 14, 12, ubi Roiskii emendatio non amplectenda erat, 18, 101. 19, 272. 20, 38. (cl. § 56. 19, 285.) 20, 58. 24, 37. 176. 202. [25, 77. 78. 35. 48. 39, 9. 45, 1t 49, 64. Debcbat etiam 19, 117. 21, 89, ubi fecit Buttmannus, 24. . 125. — Me'y particula post lyä, quae non habet quod respondcat, uomodo intelligonda sit notum est. Cf. quos laudavi ad Dionys, p. 35. ic saepissime Demosthones. Ut ex una tantum orationo exompla pro-onam, y. 21, 35. 115. 158. 197. 218. 220. — Deinde Sohaeferus cum 'iquot codd. omisso ydg (quod similiter legitur 14, 13. 23, 137, ubi delevit Bekkerus, 24, 130. 153 bis. 52, 28.) leg. eensot fi'rv ijyoduat: sie responsionem melius aequari cum responsione. Ego vero hic non rc- 26 sponsionem, sed latontis affirmationis cxplicationem accipio. Nam nnto-gressa interrogatio, ut Quinctiliani 9, 2, 7 verbis utar, non seiscitandi gratia assumpta ost, sed instandi. Cf. Tiber. 13. (apud quem tvegyna pro fragyeia et contra in Tryphonis loeo ibi collato fvagyeia pro rv/g-yfin leg. ost. Cf. ad Dionys, p. S.) Similia passim leguntur, veluti 19, 66. 69. 20, 66. — Non magis cum eodem Sehaefero nen gayp e'vuiv seri-pturae ngayfidtkiv praeforendum puto, quod ex interpretamento ortum videtur. Cf. 27. 8, 51 — Formulae ihre poi exempla attulit Bremius. Yidelicet orator e multitudino unum aliquem sibi adversarium fingit eadem ratione qua § 44: nöi thj 7tgozogfnou{us9a\ ijgtro rt; dixit. Cf. 23, 89. — Scripturam auriöv bene defendit Bremius. — Mox Bekkerus, ut Semper ad delendum pronus est, voces xard t>)v dyogdv duorum codd. auctoritate uneis notavit. Ego vero ne optimis quidem libris ubi quid omittunt obsequeudum censeo, nisi rationibus quoque probari potest omissionem non a librariorum negligentia repetendam esse. Nostro autem loeo verba xard t>}v dyogdv tuotur scriptor or. 11, 17 neo suspeeta fieri puto eo quod Dcmosthenes aliis loeis (4, 48. 6, 14. 19, 288. 21, 189) ea non adjicit, cum non minus saepe similiter addita leguntur, 27 veluti 18, 323. 19, 122. 225. 21, 104. Eteniin stationes (de quibus cf. interprr. ad Plin. ep. 13, 2 et Proel. ad lies. ?. 443) praeeipue in foro erant. — Mox pro ytrotro ydg av tl xaivöregav; Schacferus praefort quod non pauei libri babent rt rV Sr y. x-; el. p. 157, 2. Sed prior est dif-ficilior scriptura, tum probter interrogandi pronominis defeetum, tum pro-pter yßpparticulam, quam quis ost qui a librariis interpretibusve profectam esse credat? Ex porsonati Demostbenis loeo nihil colligi debebat. — Quod mox dieitMaxfSoirdvi'/g, id quanto contemptu pronuntiavorit inprimis docet 9, 31. Cf. "Weisk. de liyperb. I. p. 17. s. Quod ibi negat Macodonum reges öraecosesse,magnoconsei;sutestantur Hcrod.5,22.8,137s. 9,45. Thuc. 2, 99.5,80. Pausan. 9,40,4. Liv.37,30. Justin.7,3. Cf.Müller. Aeginett. p.55. Hic gradum sistere coactus rogo leetoros, ut si quid minus eis probetur, condonent justa Demostbenis editione compensare conaturo. [Impedivernnt morbi plurimi 1 I j } I ;>» 'ft. p. TiriUjff's ikrla;, i;t Berlin finö ?rf$i. Jöcft 11. streitet *auo 1. mib "2. £eir. 00 «eg. 8. Gifter Üanb: g-iinftc ilitfla.ic. 1 £(>lr. 15 ©gt. ^weiter «aut: Gifte« Jpcfi (4. '.Hufl.) 10 ©,n\, (Weitet §cft (3. Slufl.) 20 ©gr. ®ao SvCflif'fer (anob i'.nii (ivoii-.'u 'B>ittK) bei' te vi u [Li15 ögv. — — >"i feinere i}ricriiiff(ji' i^yirtiiifi'liio. ilicmite Wiiflaße mit i'iflöxctiben -ii'.uieitiuig::; beu ÖeilpieUH. 15 ,2 ütv. 8. 20 ©gr. — cÄiüinfvifdif üu6 Äetüöoiifil;e g^nmffjii'e. 5 23og. 8. Sierte jetir tocrtjtffcnc unb »etmebrte älitflage 7>.... ©gr. qoootou ""sV.txccQvtyiato; t -root'qs tri o'cJfi'i,'. ä'iii erlS-iiternfceu StmuerEiuigeii v. ;; i«. jl tilget. Gtfies (jiueite Auflage) bis »iette« $eft jit 16 ©gr. fiiufic« ©oft ' 0 ©gr. QouxiäiSov '.uyyqarpi;. 'lii'ii itflfirenbeii Slmii iftuifleu l,>erauCgegelicu von St. 215. Jiriige.. 2. «ufl Komplet (in 4 £viieu) (54 Vs iöog. 8. 4 Xljlv. Srfte« -y-.r. stiiie, bie iibrigca jBMte aufläge. 3ebc« $eft ctnjelit 1 £Mr. ■ü-rosptärtoi K '.kov \4uaßüai;. Ewendalum et explicatam edidit C. (1. Kröger.' ö5 Bogen. 8. £>etabgejel/t Thlr. Dasselbe "Werk. -Mit erklärenden Anmerkungen herausgegeben von K. W. Krüger. 18 Bog. 8 ' 24 Sgr. Dasselbe Werk. Blo.-ser Text. 13 Bog. 8. 10 Sgr. Diouysii ihilicai'na.ssi'sssis ilisfor-ograpliiea h. e. opistolae ad Cn. Pompejum, ad Q. Achum Tuberonom ei Ainmaeuni altera. Cum prioruiu editoruni suisqu^- unnotutionibus edidil C. G. Krüger. Subjectue sunt ejus eommentationes criiicao et hisioricao do Tliu-oydidis hisioriurum parte pos roina. Ladenpreis 3 Tlilr. Herabgesetzter Preis 1 Thlr. Krüger, K. Vi'., iiistwi-seit-piiiloiiiyiselie Studien. Erster Band. ; 7 Bog. 8. 1 Thlr, Zweiter Band l«/s Thlr. — — Addi tarnen!:: criiica ad ArriaHi anabasin 4l» Sgr. — .H-.iiid).- iVief: iiier Shuiaunä gr.i.ü: die tVamraatif. 10 ©gr. De Lohne, .1. : .. |>ie coußi.atum gngfante in iljrcr geuctijuieu @nt* wiüiluiifl. U:» v-.-ij. vmt G. Su-betrcu. -'fit »ergleicbeitben Hu= m.".hingen über bie J.:fn:s!.t.'i;c:: Kr Jjeflt-.iitH.« »er 1784 mib oie Sott» fl i i si 11 on c li Ti erioeg e n ii: l o, i e n G!)iirl>cffein<, ,l>orc. ©etuiviSj.ibr, önidifliiite an« beul Sieben eine« Ä(^::linaiii:eü, iDiiSceEiii, Sln|>ta.!'.e an $n. » 35incfe, 3iuVi>iiier Sui.-raüfmiiä) 15 Sgr. drittes ('}jeli!iiif)ei<, ^(agiatirteS,'Bemeifnngeii gegen ©uijoi «nb de anthen.tia &c. Anab. Xen.) 1 2l;l. — Vadeuiecuni für Hn ("f. Herold und Hn. 0. Curtius 0 Sgr. — Ueber Hn. Prof. Curtius griechische Formenlehre. 3 Sgr. - Ueber griechische Sehulgrummatiken. 4 Bog. i) Sgr. — Epilog zu lu-.s gr. Sprachlehre (ein SOjährigor Krieg) 4 Sgr. — Europäischer Humbug 2 Sgr. $uijo{, 2ö.ivuiit ijl bie englij-b; Sfiöohilicit gelungen? iiberfe^t mit 2ltt= liiertiingen tun it. A rüget ■ 10 ©gr. Buchrei vuu (I. Otto in HamiBtAllt.