Nro. 649. 1861. II. An (irn IHofjfrfjrmürbigen .lliurnl-Kfrrus brr DiSzeic Lavant. |ril und Segen vom Herrn! ----—c-o-ooggoooo- ^Melicbte Brüder und Mitarbeiter im Weinberge des Herrn! Die Tage des Ernstes und der Entscheidung sind für Oesterreich angekommen. Daß große Werk einer neuen innern Gestaltung soll durchgeführt, befestiget und das Staatslebeu neu gekräftiget werden. Die neue Verfassung Oesterreichs ist uns durch die Großmuth unseres Apostolische» Kaisers und Herrn gegeben. Die Einen jubeln, beleuchten und stimmen Lobgesäuge an, die Ändern lästern und suchen das Gute zu vereiteln, wie wir es i» den Tagesblättern verschie- dener Farben lesen. Wir, meine Brüder, (vollen mit den Gemeinden unsere Hände und Herzen zu Gott erheben, beten und rufen: Gott segne unser Oesterreich und sein Kaiser-Haus; Gott segne seine Regierung und seine Waffen; denn unsere Hilfe ist im Namen des Herrn, der Himmel und Erde regiert. Wenn der Herr das Hans nicht bauet, so arbeiten die Bauleute vergebens; wenn der Herr die Stadt (wie den Staat) nicht bewahrt, so wachen die Hüter umsonst. So wollen wir denken und handeln, aber auch treu zur Befestigung Oesterreichs das Unsere thnn. In diesem Sinne wird angeordnet, daß am 25. d. M. als am Feste der Ver- kündigung Mariä (pro foro) in allen Seelsorgs-Kirchen ein feierlicher Gottesdienst (coram Sanctissimo) abgehalten werde, auf die Meinung, daß Gottesgeist durch die Fürbitte Mariens und aller Schußheiligen Oesterreichs die Wahlen der Abgeordneten leiten möge, auf daß Männer nach dein Herzen Gottes gewählt und zur Berathung auf den Land- und Reichstag gesendet werden, die es mit dein wahren Wohle der einzelnen Länder, wie der ganzen Monarchie redlich meinen, und wohl verstehen, was dem einzelnen Lande, so wie dem gesummten Reiche Roth thue, und zum allgemeinen Besten gereiche. Von diesem Tage angefangen ist bis zur Beendigung des Reichstages bei jeder heiligen Messe (wenn es die Rubriken gestatten) die Collecte de Spiritu sancto ex Missa votiva zu nehmen, und nach jedem Pfarrgottesdienste, wie auch am Ende der Segenmessen an Werktagen, tuo solche gebräuchlich sind, ist das Gebet für die allgemeinen Anliegen der Christenheit mit 3 Vaterunser und Gegrüßet seist du Maria auf diese Meinung zu beten. Für diese Zeit wird das Gebet für den heiligen Vater, so wie die Collecta pro Papa suspem dirt, darnach aber wieder fortgesetzt. Nachdem in dem diesjährigen Fastenschreibcn den Diözesanen die nothwendigen Weisungen über die Wahl der Gemeinde-Vorstände im Allgemeinen an das Herz gelegt ivurden, sind nun die Wahlen geschehen, gut oder minder gut, je nachdem daß ein guter oder böser Geist die Gemeinde beseelt. Die Gedanken vieler Herzen sind offenbar geworben. Nun kommt die Wahl der Landtagsdepntirten an die Reihe, ein Akt von noch weit größerer Wichtigkeit und schweren Folgen, bei dem kein Biedermann Oesterreichs von Einsicht und Redlichkeit gleichgiltig sein kann noch darf. Ferne von jeder Leidenschaft und Parteisucht lasset uns dabei nach unfern Dienst- und Ortsverhältnissen jenen wohlthätigen Einfluß nehmen, der zur glücklichen Wahl führen kann, damit nicht leidenschaftliche Schreier, ohne Verstand und redlichen Willen gewählt und abgcordnet werben, sondern rechtliche und verständige Männer, die brave Christen und brave llnterthanen sind, und ein verständiges, herzhaftes Wort zu sprechen wissen, in unserer Mitte leben und besitzen, daher mit uns Freud und Leid theilen müssen. Diese kluge und umsichtige Einflußnahme ist für abgelegene Landgemeinden um so uothivendiger, als es ihren Wahlmännern an der erforderlichen Personen-Kenntniß größtem theils mangelt, um den rechten Männern ihre Stimme zu geben, wenn nicht der Seelsorger, der oft ihr einziger Rathgeber ist, ihnen wohlmeinend zur Seite steht. Aber eben darum ist es auch für uns nothwendig, daß wir uns zeitlich genug umsehen, und die rechten Männer erkennen, die wir zu Abgeordneten anempfehlen, um nicht uns und die Unfern zu täuschen. Eine freundliche Besprechung mit erfahrenen, redlich denkenden Nachbarn, eine aufrichtige Mittheilung ist wesentlich nothwendig, wenn das gute Werk wohl gedeihen solle. Sapienti pauca. Geliebte Freunde! lasset uns fest zusammen halten, und an der Befestigung Oesterreichs redlich mitlvirken. Die Gruitdfeste desselben ist unser heiliger Glaube, der (Schlußstein ist unser angestammter Laildesfürst. Wer immer an diesem Gebäude rüttelt, ist Oesterreichs Feind, und kann auch unser Freund nicht sein. Dieses lasset uns lehren und ein- schärfen, und der Friede Gottes, der allen Begriff übersteigt, beschirme in Christo Jesu eure Herzen und euren Sinn. Phil. 4, 7. Marburg den 11. März 1861. Anton Martin, Fürst-Bischof. Druck von E. Jauschih in Marburg.