funsun-dreißigsten Sitzung des Landtages zu Laibach am 26. März 1863. Anwesende: Vorsitzender: v. Wurzbach, Landeshauptmann-Stellvertreter von Kram. ■— Regierungs - Commissar: Landesrath Roth. ■— Sämmtliche Mitglieder, mit Ausnahme der Herrn Landeshauptmanns Freiherr v. Codelli, des Herrn Fürstbischofs Dr. Widm er, dann des Herren Abgeordneten: Anton Graf v. Auersperg, De sch mann, Obres a, Dr. Rech er. — Schriftführer: Vilhar. Tagesordnung: 1. Lesung des Sitzungs - Protokolls vom 25. März. — 2. Dritte Lesung des Straßen - Concurrenz - Gesetzes. — 3. Bericht über den Antrag des Herrn Dr. Toman ans Einsllhrung der Schwurgerichte. — 4. Bericht des Landes - Ausschusses über die Ansprüche der Triester Commune bezüglich der Verpflcgsgcbühren für Gebärende und Findlinge. — 5. Antrag des Landes - Ausschusses auf Bewilligung einer Nachtrags-Dotation Pr. 2783 fl. 2'/2 kr. aus dem Grundentlastungs - Fonde. Beginn der Sitzung 10 Uhr 30 Minuten Vormittags. ^andeshaupt.-Stcllv. v. W n r z b a ch: Ich constatire die Beschlußfähigkeit der hohen Versammlung und eröffne die Sitzung. Ich bitte den Herrn Schriftführer um die Vorlesung des letzten Protocolls. (Schriftführer Vilhar liest dasselbe. Nach der Vorlesung.) Wird etwas gegen die Fassung des Protocolls erinnert? (Nach einer Pause.) Wenn nicht, so erkläre ich es für genehmigt. Es ist mir vor der Sitzung folgende Interpellation an die Landesregierung zugestellt worden. Dieselbe lautet: „Wie — laut des letzten Berichtes der hiesigen Handels- und Gewcrbckammer — seit der Eröffnung der Eisenbahn von Laibach nach Triest der Spcditionshandcl in Laibach und beziehungsweise der Karstbcwvhncr, ebenso ist mit der Eröffnung der Eisenbahn von Steinbrück nach Agram und Sissek, der Weinhandel im Möttlinger- und Tschernemblcr - Boden lahm gelegt, und diese Gegend mit einer Bevölkerungözahl über 30000 Seelen in seinem Vcr-kehrslcbcn völlig isolirt worden. Vorhin bezog Obcrkrain für sich selbst, ebenso Jn-nerkrain zum Theil für sich selbst, theils aber für Triest den Weinbcdars aus dem Möttlinger- und Tschcrncmblcr-Bodcn, denen hiedurch eine namhafte Einnahms - und Erwerbs-Quelle zufloß und die leichtere Tragung der diesem Boden auferlegten überhöhen Lasten ermöglichte. Seit der Eröffnung der Steinbrück-Sisseker-Eisenbahn ist diese Einnahms - und Erwerbs-Quelle versiegt, weil die Weinspe-culantcn cs vorziehen, ihren Wcinbedarf mittelst der Eisenbahn aus Croaticn zu beziehen, wo ihnen eine billigere, sicherere und schnellere Verfrachtung der Ware zu Guten kommt. Die ohnehin sehr arme Bevölkerung des Möttlinger-und Tschernemblcr-Bodens geht hiedurch einer sichern völligen Verarmung entgegen, wenn nicht thunlichst bald Abhilfe geschafft wird. XXX V. Landtags-Sitzung. Wie eben die „Agramcr-Ztg" berichtet, hat das h. k. k. Ministerium für Handel - und Volkswirthschaft den Ban einer Eisenbahn von Scmlin nach Vinkovce, Diakovar, Požeg, Sissek, Karlst adt und Fium e zu bewilligen und die schnelle Ausführung derselben binnen zwei Jahren anzuordnen geruht. Ein Anschluß Krams, bezüglich seiner südöstlichen Gegenden an die projectirte und bewilligte Eisenbahn von Karlstadt nach Fiume würde also als außerordentlich wün-schcnswcrth erscheinen, und dieß dadurch ermöglicht werden, daß die besagte Eisenbahn an den Culpa-Ufern geführt würde. Hiedurch würde die Ausfuhr des oft in sehr großer Menge erzeugten Weines, der in bedeutender Mächtigkeit vorkommenden Steinkohle, des Merkantilholzes, des Honigs, des Weinsteins, der gedörrt c n Z w e t s ch k e n, des G u ß c i s c n s und der M a-s ch i n e n w a r e n, ferner die Einfuhr von Getreide und Mehl aus dem Banate, wovon in den untern brot-armen Gegenden viel bcnöthigt wird, der Eisenerze und des Salzes vermittelt und dem Vcrkehrsleben neue Nahrung gegeben werden. Es ergeht sonach an die h. Landesregierung die Anfrage, ob dieselbe geneigt fei, mit dem Aufgebote aller ihrer Autorität und mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln dahin zu wirken, daß die Eiscnbahntracirnng von Karlstadt gegen Fiume, insoferne nicht dagegen politische oder strategische Bedenken obwalten, an den Culpa-Ufern stattfinde, und zu dem Zwecke ausgeführt werde, daß das Land Krain mit seinen südöstlichen Gegenden in das österreichische Eisenbahnnetz cinbezogcn und sohin der Wohlthaten eines erhöhetcn Bcrkehrslebcns theilhaft werde? Diese Interpellation wurde unterschrieben von den Herren Abgeordneten: Johann Kapelle, Guttman, Brolich, Kromer, Johann Toman, Dr. Johann Skcdl, Dr. Lovro Toman, Otto Baron Apfaltrcrn, Vilhar, Conrad Locker, Alois Mulley, L. C. Lnckmann, Math. Golob, Wurzbach, Derbitsch, Jombart, Strahl, Dr. Suppan. Regierungs - Commissär Roth: Ich kann dem h. Hause nur mittheilen, daß bisher der Regierung von einer einschlägigen Verhandlung nichts bekannt ist. Präsident: Wir kommen zum ersten Gegenstände der heutigen Tagesordnung, nämlich zur dritten Lesung des Straßenconcnrrenz-Gcsctzes. Ich bitte den Herrn Berichterstatter das Concurrenz-Gesetz nach dem letzten Beschlusse vorzutragen. Abg. Mullcy: (Liest:) Gesetz wirksam für das Herzogthum Krain, betreffend die Herstellung und Erhaltung der nicht ärarial-ösfentlichen Strasten und Wege. Mit Zustimmung des Landtages Meines Herzogthumes Krain, finde Ich anzuordnen wie folgt: I. Von den Straßen und Wegen überhaupt. §. 1. Eintheilung der Straßen und Wege. Die öffentlichen Straßen und Wege, deren Bau und Erhaltung nicht aus dem Staatsschätze bestritten wird, sind: a) Landesstraßen, b) Concurrenzstraßen, c) Gemeindestraßen und Wege. §. 2. Landesstraßcn. Landesstraßen sind jene Straßen, welche wegen ihrer Wichtigkeit für den Verkehr des Landes durch ein Landesgesetz als solche erklärt werden. §. 16. §. 3. Concurrenzstraßen. Concurrenzstraßen sind jene Straßen, welche, ohne Landesstraßen zu sein, wegen ihrer Wichtigkeit für den Verkehr größerer Landstriche, als solche durch ein Landesgesetz erklärt werden. §. 4. Gemeindestcaßen und Wege. Gemeindestraßen und Wege sind jene öffentlichen Straßen und Wege, welche die Verbindung im Innern der Gemeinde oder mit benachbarten Gemeinden Herstellen, und im letzteren Falle nicht in eine der in den vorstehenden Paragraphen genannten zwei Kategorien von Straßen gereiht sind. §. 5. Brücken - und Kunst - Bauten. Brücken - und andere Kunstbauten sind in der Regel als Theile der betreffenden Straßen zu behandeln. Ausnahmsweise können aber auch dieselben mit Rücksicht auf ihre Wichtigkeit und Kostspieligkeit als selbstständige Bauobjecte behandelt und einer andern Kategorie an- gchörig erklärt werden, als zu welcher die betreffende Straße gehört. §• 6. Construction der Straßen. Landes - und Concurrenzstraßen sind in der Regel chausseemäßig und in einer Fahrbreite von mindestens 15 Fuß herzustellen. Gemeindefahrtwege müssen für das in der Gemeinde gewöhnlich vorkommende Fuhrwerk entsprechend hergestellt und erhalten werden. II. Bestreitung brr Hosten für bru Gau, Umbau und dir Erhaltung brr Straßen und Wege. §• 7. Kosteubestrcitung bei Landesstraßen. Die Kosten der Herstellung der Landesstraßen werden aus dem Landesfondc bestritten, ebenso die Auslagen für deren Erhaltung, insoweit letztere nicht durch das Mauth-crtrügniß gedeckt sind. §• 8. Kostenbestreitung bei Concurrenzstraßen. Die Herstellung, so wie die Erhaltung der Concnr-renzstraßen, insoweit letztere nicht durch das Mautherlräg-niß gedeckt ist, hat mittelst Concnrrenz jener betheiligten Gemeinden, welche durch das Landesgcsctz hiezu verpflichtet werden, in der Art zu geschehen, daß die Barauslagen für Materialien, Kunstbauten u. dgl. durch Geldbeiträge, welche jedoch nie 10 pCt. der directen l. f. Steuern in einem Jahre übersteigen dürfen, die Handlanger-Arbeiten und Fuhren aber durch Naturalleistungen der concurrenzpflichti-gen Gemeinden bestritten werden. §. 9. Insoweit das Landcsgesetz nicht mit Rücksicht auf die größeren oder geringeren Vortheile der Gemeinden etwas Anderes bestimmt, sind die Geld - und Naturalleistungen auf die einzelnen Gemeinden nach Maßgabe ihrer gesummten Vorschrcibnng an directen l. f. Steuern zu vertheilen. Innerhalb der einzelnen Gemeinden wird die Aufbringung der Leistungen, wie jedes andere Gcmeindcerforderniß behandelt. §• 10. Bei besonders wichtigen oder kostspieligen Concurrenzstraßen können von dem Landtage den betreffenden Gemeinden Beiträge zu deren Bau oder Erhaltung aus dem Landcssonde bewilliget werden. §• H- Wenn eine Landes - oder Concnrrenzstraße eine Ortschaft durchzieht, so trifft diese Ortschaft jener Theil der Auslagen allein und ausschließlich, welcher sich aus einer kostspieligeren Constrnctionsart dieser Straßenstrecken bloß aus Rücksicht für die Ortsbewohner durch Pflasterung, Errichtung von Canälen und andern Vorrichtungen ergibt, und als entbehrlich unterbleiben würde, wenn die Straße nicht im Orte, sondern im Freien sich befände. Hat diese Ortschaft eine Pflastermauth, so muß sie die Durchfahrtsstrecke ganz auf eigene Kosten bestreiten. §• 12. ä Schneeschauflung. Die Schneeschauflung ans Landes- und Concurrenzstraßen ist von jenen Gemeinden unentgeltlich zu besorgen. bereit Gebiet nicht eine Meile von der Straße entfernt ist. Welche Gemeinden sohin, und bezüglich welcher Straßenstrecken dieselben eonenrrenzpflichtig sind, wird für jede einzelne Straße mit Rücksicht ans die örtlichen und sonstigen Verhältnisse, und zwar bei Landesstraßen vom Landesaus-schusse und bei Conenrrenzstraßen vom Straßen-Comitö ermittelt und festgesetzt. §. 13. Kostenbestrcitnng bei Gemeindestraßen und Wegen. Jede Ortsgemeinde ist verpflichtet, die nothwendigen Gemeindestraßen und Wege innerhalb ihres Gebietes herzustellen und zu erhalten; übrigens ist die bisherige Uebung in der Erhaltung der Gemeindestraßen und Wege von Seite der hiebei betheiligten Ortschaften in der Regel auch fernerhin beizubehalten. — §. 14. Die Herstellung und Erhaltung der Gemeindestraßen und Wege ist eine innere Gemeindeangelegenheit, und sind für die Aufbringung der hiezu erforderlichen Geld - oder Arbeitsleistungen die Bestimmungen des Gemeindegesetzes maßgebend. §. 15. Privatrcchtliche Verpflichtungen. Die in besondern Rechtstiteln gegründeten Verpflichtungen bleiben bezüglich jeder Kategorie von Straßen aufrecht. III. Compote»? in Ktmßei! - Angelegenheiten. §. 16. Anlage, Verwaltung und Auflassung der Landes - und Concurrenz- Straßen. Die Einreihung einer schon bestehenden Straße in die Kategorie der Landes- oder Conenrrenzstraßen, die Bestimmung über die Anlage einer neuen derlei Straße, die Feststellung der Coneurrenz (§§. 8 und 9), die Auslassung einer schon bestehenden Landes- oder Conenrrenzstraße erfolgt durch ein Landesgesetz. Der Einbringung eines solchen Landesgesetzes muß die erforderliche Verhandlung mit den Betheiligten und in Absicht aus die öffentlichen und militärischen Rücksichten die Vernehmung der einschlägigen Behörden vorangehen. §. 17. Die Baudurchführung, sowie die gesammte technische und öeononnsche Verwaltung der Landesstraßen gehören in den Wirkungskreis des Landes - Ausschusses. §. 18. Für jede Conenrrenzstraße, und wenn bei der Bildung der Coneurrenzen durch das Landesgesetz mehrere Conenrrenzstraßen in ein nub dieselbe Coneurrenz einbezogen werden, für jeden solchen Conenrrenzstraßen - Complex wird ein eigenes Straßen-Comitö aufgestellt, welchem die Baudnrchführung, die gesammte technische und öeono-mische Verwaltung, sowie die Aufsicht über den Zustand der betreffenden Straße zukömmt. §. 19. Dieses Straßen - Comitö besteht ans fünf bis höchstens sieben Mitgliedern, welche durch die Vorstände der betreffenden eoneurrenzpflichtigen Gemeinden mittelst absoluter Stimmenmehrheit ans die Dauer von sechs Jahren gewählt werden. Ueberdieß hat derjenige, der im Coneurrenzgebiete die höchste direete Steuer bezahlt, das Recht, selbst oder durch einen Bevollmächtigten ohne Wahl in das Comitö mit Stimmberechtigung einzutreten, sowie es auch bei Straßen, zu deren Erhaltung ein Beitrag aus dem Lan-desfonde geleistet wird, dem Landes - Ausschüsse überlassen bleibt, in das Comite auch Ein Mitglied zu ernennen. Sämmtliche Mitglieder haben dieses Geschäft unentgeltlich zu versehen. Für die hiemit verbundenen nothwendigen Barauslagen wird ihnen der Ersatz ans dem Coneurrenzfonde geleistet. §• 20. Das Straßen-Comitö ist für die Angelegenheiten der Conenrrenzstraßen (§. 18) das beschließende und überwachende Organ. Dasselbe hat auch den Voranschlag festzustellen und die Jahresrechnnng zu erledigen. Dessen Beschlüsse werden durch absolute Stimmenmehrheit gefaßt und sind für die betheiligten Ortsgemeinden bindend. §. 21. Das Comitö wählt ans seiner Mitte einen Obmann als vollziehendes Organ. Dieser hat das Präliminare zu verfassen, die Rechnung zu legen und die Casse unter Mitsperre eines Comitö-Mitgliedes zu führen. Jede Ortsgemeinde hat das Recht, von der erledigten Rechnung Einsicht zu nehmen. §. 22. Beschwerden von Seite der Ortsgemeinde gegen Verfügungen des Comitö's und gegen die Rechnungserledignn-gen gehen an den Landes - Ausschuß. Die Landesstelle ist berechtiget, aus gewichtigen Gründen das Straßen-Comitö int Einvernehmen des Landes-Ausschuffes auszulösen, und binnen 14 Tagen eine neue Wahl zu veranlassen. §• 23. Straßcnbemauthung. Die Bewilligung zur Straßen- und Brückenbemauthung, sowie die Entscheidung bei Streitigkeiten bezüglich der Befreiung von Mauthgebühren, Anfstellung oder Versetzung der Mauthschranken u. s. w. bleiben bezüglich jeder Kategorie von Straßen der Landesvertretung mit Zustimmung der Staatsverwaltung vorbehalten. §• 24. Expropriation. Das Erkenntniß über Expropriationen steht nach Maß-gabe der dießfalls bestehenden Gesetze und Verordnungen den politischen Verwaltungsbehörden zu. §. 25. AufsichtSrccht der politischen Behörden. Die politischen Behörden sind berechtiget und verpflichtet, darauf zu bringen, daß die öffentlichen Straßen im gesetzlich vorgeschriebenen Zustande erhalten werden, und daß die Benützung derselben für Jedermann ungehindert bleibe. a) In den Füllen aber, wo durch das vorgefundene Straßengebrechen die Communication gehemmt oder, — b) die Sicherheit der Person oder des Eigenthumes gefährdet ist, liegt den politischen Behörden ob, die erforderliche Abhilfe von den hiezu zunächst verpflichteten Organen in Anspruch zu nehmen, und bei Ge- 1* fahr am Verzüge, oder, wenn die Abhilfe nicht rechtzeitig geleistet wird, dieselbe unmittelbar auf Kosten der Verpflichteten zu treffen. §. 26. Schlnßbestimmung. Die Uebergangsbestimmungen, welche bei Einführung dieses Gesetzes, und insbesondere bezüglich der Ucbcrgabc der hiernach zu behandelnden Straßen und der dermaligen Bezirkskassen an die künftig zu deren Verwaltung aufgestellten Organe nothwendig erscheinen, bilden den Gegenstand einer speciellen Vereinbarung zwischen dem Landes-Ausschüsse und der Landesregierung. Präsident: Ich stelle nun nach §. 43 der Geschäftsordnung die Anfrage, ob Jemand der Herren einen Antrag dießfalls zu stellen hat über das gerade vorgelesene Gesetz? (Nach einer Panse.) Wenn nicht, so bitte ich jene Herren, welche das vorliegende Gesetz in seiner dritten Lesung im Ganzen anzunehmen belieben, sich gefälligst zn erheben. (Geschieht.) Er ist angenommen. Wir kommen zum dritten Gegenstände der Tagesordnung : Bericht über den Antrag des Herrn Dr. Toman ans Einführung der Schwurgerichte. Ich ertheile dem Herrn Berichterstatter das Wort. Berichterst. Dr. S n p p a n: (Liest.) In der 17. Sitzung hat Dr. Toman mit 20 Genossen folgenden Antrag eingebracht: „In Erwägung, daß die Wiedereinführung der Schwurgerichte in Kram in Rücksicht der Cultur-, socialen und politischen Verhältnisse sehr wünschenswerth ist; in Erwägung, daß die Umänderung der gegenwärtig geltenden Strafproceß - Ordnung ans Grund verfassungsmäßiger Principien dringend nothwendig erscheint und von der hohen Staatsregierung auch solche in Aussicht gestellt wurde, stellt der Landtag des Herzogthums Krain im Sinne der Landcsordnung den Antrag: Die hohe Staatsregierung wolle, wo möglich, in der nächsten Reichsrathscssion eine Strafproceßordnung mit Aufnahme der Geschwornen - Gerichte für die öffentlichen und die schwereren Privatverbrechen, so wie für alle durch Druckschriften begangenen strafbaren Handlungen zur verfassungsmäßigen Behandlung vorlegen." Der in der 20. Sitzung zur Vorberathung dieses Antrages gewählte Ausschuß mußte vor Allem die Frage in Erwägung ziehen, ob der h. Landtag berufen sei, sein Votum in dieser Angelegenheit abzugeben; er stieß jedoch mit der Bejahung derselben auf keine Schwierigkeiten, da abgesehen von den Erklärungen, die vom k. k. Justizminister und dem k. k. Staatsministcr im Reichsrathe zu verschiedenen Malen abgegeben wurden, daß in dieser Angelegenheit die Landtage befragt werden sollen, das Recht hiezu nach §. 19 L.-O. überhaupt nicht in Frage gestellt werden kann. Der Ausschuß bekannte sich mit Stimmeneinhelligkeit zur Ueberzeugung, daß das gegenwärtige Strafverfahren weder den Anforderungen der Wissenschaft entspreche, »och mit den Formen des constitntioncllen Lebens im Einklänge i stehe, und daß eine zeitgemäße Verbesserung nur durch die Einführung des Institutes der Gcschwornen-Gerichte bewerkstelliget werden könne. Die Vorzüglichkeit dieses Institutes wird dem Principe nach nur noch von einer verschwindend kleinen Minderzahl angefochten, im Allgemeinen aber als eine unbestrittene Wahrheit anerkannt und wir sehen cs daher in allen Staaten eingeführt, welche auf Civilisation Anspruch machen. Die Schwurgerichte kräftige» die öffentliche Moral, beleben den RechtSsiun des Volkes, sie vermehren dessen Achtung vor Gesetz und Richtcrthum, erhöhen das Vertrauen zur Strafrechtspflege, befestigen das Band zwischen Volk und Regierung und sind vorzüglich geeignet zur Rca-lisirung des Zweckes des Strafverfahrens, zur Auffindung der materiellen Wahrheit; sie sind endlich ein nothwendiges Postulat und die Ergänzung jeder Verfassung, indem sic die Theilnahme des Volkes an der Ausübung der Strafrechtspflege voraussetzen, und den einzigen wirksamen L-chutz für die freiheitliche Entwicklung und für die Hanptbcdingnng des constitntionellcn Lebens — die freie Presse — bilden. Ebensosehr als der Ausschuß die Vortrefflichkeit der Schwurgerichte im Allgemeinen anerkennt, ebensosehr mußte er deren Einführung in Krain befürworten. Der nüchterne practischc Sinn, die Verstandesschärfe der Bevölkerung unseres Landes lassen keinen Zweifel übrig, daß selbe den nöthigen Cnltnrgrad erlangt habe und alle jene Fähigkeiten besitze, die bei Geschwornen vorausgesetzt werden, und der Umstand, daß selbe znm überwicgensten Theile einem und demselben Volksstaimne, einem und demselben Religionsbekenntnisse angehört, gibt die vollkommenste Bürgschaft, daß Reibungen und Feindseligkeiten, wenn solche auf die Wirksamkeit dieses Institutes überhaupt einen uachtheiligen Einfluß üben könnten, doch Hierlands nicht zu besorgen sind. Von dem Patriotismus der Bevölkerung steht cs zu erwarten, daß sie die mit der Theilnahme an der Ausübung der Strafrechtspflege verbundene Last willig auf sich nehmen werde, und so kann man einer gedeihlichen Entwicklung dieses Institutes im Lande Krain mit dem vollsten Vertrauen entgegen sehen, so wie es sich bereits während der kurzen Zeit seines Bestandes unzweifelhaft bewährt hat. Den Umfang der strafbaren Handlungen anbelangend, welche der Competenz der Schwurgerichte zuzuweisen wären, glaubte sich der Ausschuß im Wesentlichen ebenfalls int Sinne des Antrages aussprechcn, diese Competenz jedoch auch auf die Vergehen politischer Natur ausdehnen zu sollen. Die Consegncnz würde zwar die Zuweisung aller strafbaren Handlungen an die Schwurgerichte fordern; allein Gründe der Zweckmäßigkeit sprechen dagegen und die Rücksicht auf die Geschwornen, denen man die Last möglichst erleichtern muß, die Rücksicht auf Ersparung an Zeit und Kosten und endlich die Rücksicht auf die Angeklagten selbst, welche bei geringern strafbaren Handlungen die möglichst schnelle Beendigung des Strafverfahrens wünschen müssen, erheischen cs, daß von den Privatverbrechcn nur die schweren dieser Competenz zugewiesen werden. Dagegen erschien cs unbedingt nothwendig, sämmtliche Verbrechen und Vergehen, welche politischer Natur sind, sowie alle durch Druckschriften begangenen strafbaren Handlungen an die Geschworncn-Gerichtc zu verweisen; denn in den erstem Fällen erscheint immer der Staat selbst entweder in seiner Gesammt-Organisation ober in einzelnen Trägern und Organen angegriffen und cs ist hiebei nothwendig, auch den Schein zu vermeiden, daß hier der Staat als Richter in seiner eigenen Sache auftrete, damit jeder Verdacht einer Parteilichkeit beseitigt werde, welcher entstehen müßte, wenn der Staat selbst durch die von ihm besoldeten Organe über die gegen ihn und seine Träger gerichteten Angriffe entscheiden würde, und das im constitutio-nellcn Leben nncntbchrliche Vertrauen zur öffentlichen Gewalt auch nicht durch den Schein einer Parteilichkeit geschwächt werde. Dieselbe Rücksicht tritt auch bei allen durch die Presse begangenen strafbaren Handlungen ein und hier ist cs noch insbesondere das Princip der Freiheit der Presse als eines wesentlichen Erfordernisses jedes constitutionellcn Staates, welche die Zuweisung aller durch sie begangenen Delikte an die Schwurgerichte erheischt, da selbes nach den allcrwärts gemachten Erfahrungen nur in diesem Falle vollständig gewahrt werden kann. Der Ausschuß stellt hicuach den Antrag: Der hohe Landtag wolle beschließen: Der Landtag des Herzogthums Krain erkennt in Berücksichtigung der Cultur-, socialen und politischen Verhältnisse des Landes die Wiedereinführung der Geschworncn-Gcrichte in Strafsachen für Krain als wünschenswerth und stellt daher auf Grund des §. 19 litt, b) Landcs-Ordnnng den Antrag: Die hohe Staatsregiernng wolle, wo möglich in der nächsten Rcichsrathssession eine Strafproccßordnung mit Aufnahme der Geschworncn-Gerichte für die schweren Pri-vatverbrcchen, ferner für alle Verbrechen und Vergehen politischer Natur, so wie für alle durch Druckschriften begangenen strafbaren Handlungen zur verfassungsmäßigen Behandlung vorlegen. Präsident: Nach §. 22 der Geschäftsordnung entfällt die General > Debatte. Als Redner ist eingeschrieben Herr Abg. v. Strahl. Ich ertheile ihm das Wort. Abg. v. Strahl: Im bürgerlichen Leben, sowie im Leben und in der Entwicklung der Staatsinstitutioucn ist sicherlich die Mode ein wichtiger Factor. Wer sich diesem rollenden Rade der Zeit entgegenstellen würde, dem könnte man im Vorhinein zurufen, daß alle seine Versuche vergebens, alle seine Bemühungen erfolglos seien. Denselben Zuruf würde ich an mich selbst richten müssen, in dem Augenblicke, als ich mir das Wort erbeten habe, um dem Antrage meines verehrten Freundes Dr. Suppan entgegenzutreten. Wenn ich dcmungeachtet cs versuchen will, meine Anschauung darzustellen, so möge mich der Umstand einer 23jährigen praktischen Erfahrung ans dem Felde der Justiz vor dem Vorwürfe wahren, daß ich mich unberufen in diese Debatte gedrängt habe. Ich will hier nicht wiederholen, was in 100 und 100 Abhandlungen über den Werth und Unwerth der Geschworncn-Gerichte geschrieben und gedruckt worden ist. Ich will mir nur die Bemerkung erlauben, daß auch ich die Institution der Schwurgerichte in der abstracten Idee für den Gipfelpunkt einer gesunden Rechtspflege ansehe und seit jeher angesehen habe. Denn, wenn das Object der strafbaren Handlung das beleidigte Recht der bürgerlichen Gesellschaft ist, dann ist es sicherlich ganz sachgemäß, daß die bürgerliche Gesellschaft durch ihre gewählten Vertreter sich über den Bestand des RcchtSbrnchcs ans-sprcche: mit andern Worten, daß die gewählte Jury ihr Verdict fälle. Allein, soll dieses Institut seinem idealen Zwecke in der Wirklichkeit nachkommen, so sind nach meiner Anschauung zwei Grundbedingungen wesentlich erforderlich; die eine ist: ein reges Interesse der Bevölkerung an der Rechtssprechung der Gerichtshöfe selbst; die zweite, daß das Rcchtsgefühl gewissermaßen in Fleisch und Blut des Volkes übergegangen sein muß, nm die Geschworenen unter den heranstürmendcn verschiedenen Einflüssen der objectiven Wahrheit treu zu erhalten. Ich verwahre mich feierlich gegen die Unterstellung, als hielte ich das Volk in Krain rücksichtlich seines Cultur grad es für nicht geeignet zu Geschworenen. Ich verwahre mich, als wollte ich einen Unterschied machen hier zwischen dem slovenischen Volke und dem deutschen Steiermärker, dem Kärntner oder Oesterreicher überhaupt. Dennoch glaube ich, daß keine dieser Bedin- gungen hicrlands bereits vorliege. Wer jemals Gelegenheit gehabt hat, die immer leeren Säle unserer Gerichte zu durchschreiten; wer es erfahren hat, wie selbst die Bürger der Landeshauptstadt cs für eine Last halten, als Vertrauensmänner zu den Criminal - Verhören beigczogcn zu werden; wer cs weiß, wie die Geschworenen während des kurzen Bestandes der Schwurgerichte in Krain Bitten und Geldopfcr nicht gescheut haben, um den Staatsanwalt und die Vertheidigung zu vermögen, zu ihren Gunsten von ihrem Recusations - Rechte Gebrauch zu machen; wer alle die Aeußerungen des Unmuthes gehört hat, welche laut geworden sind, wenn die Geschworenen ans Wochen, ja ans Monate ihre Beschäftigung verlassen mußten, um diesem Ehrenamte nachzukommen, der kann sich unmöglich dem Gedanken hingeben, daß die Einführung des Gcschworcnen-Gerichtes dem Volke ein gefühltes, ein warmcmpfundencs Bedürfniß sei. Im Gegentheile, ihm muß sich die Besorgniß aufdrängen, daß mit der Einführung des Geschworcnen-Gcrichtes dem Volke nicht ein Geschenk, sondern eine neue 8 a st gebracht würde. Und wie steht cs mit der zweiten Grundbedingung? Täuschen wir uns nicht, meine Herren! Die Aufgabe des Richters ist eine schwierige, sie ist eine hochwichtige. Ehre, Freiheit, Leben, die kostbarsten Güter des Menschen, sie werden durch seinen Ausspruch getroffen. Wer da nicht gestählt wäre gegen die hereinbrechenden Einflüsse der Furcht, des Mitgefühls oder der Aversion; wer cs nicht gelernt hat, zwischen den widerstreitenden Bestrebungen der Anklage und der Vertheidigung den rothen Faden der objectiven Wahrheit stets im Auge zu behalten; wer, ich möchte sagen, nicht geübt ist, seine eigene Persönlichkeit zu verläugnen, der möge es nach meiner Meinung bleiben lassen, sich auf den Richterstuhl zu setzen, denn er läuft Gefahr, selbst beim besten Willen ein ungerechtes Urtheil zu fällen. (Bravo.) Die Erfahrung möge mir zur Seite stehen, wenn ich diese Behauptung ausgesprochen habe. Blicken wir nach Belgien, dem Lande, wo die con-stitntionellen Formen seit Langem eingeführt, brat Lande, welches bekanntlich als Musterstaat in ronstitutioneller Hinsicht hingestellt worden ist. In Belgien wurde als Grund der Aufhebung der Todesstrafe vorzüglich der hervorgehoben, daß die Erfahrung gelehrt hat, wie viele ungerechte Urtheile durch die Vermittlung der Geschworenen gefällt worden sind. Auch hicrlands hat die Erfahrung in dieser Richtung einige Beweise für sich aufzuführen. Es ist bekannt, daß es eine gewisse Gattung von Verbrechen geben wird, ich meine damit die Eingriffe in das Eigenthum, welche die Geschworenen jederzeit bereit finden wird, im großen Ganzen ihr Schuldig ausznsprechen. Es gibt andererseits Verbrechen, namentlich solche der Widersetzlichkeit gegen die öffentlichen Organe, gegen die Vollzugs - Organe, gegen Förster, Gcnsd'armcn u. s. w., welche in der Regel straflos ausgehen würden. Es sei mir gestattet, ans meiner eigenen Erfahrung hier ein Paar Fülle zu erwähnen, die in einer und derselben Schwurgerichts - Session sich ereignet haben. Der Angeklagte hat gestanden, einem zur Assistenz des Gerichtes verwendeten Gensd'armen bei der Brust gepackt, ihm den Umschwungricmen zerrissen zu haben. Mit diesem Geständnisse waren auch die Bedingungen seiner Vernrtheilung gegeben. Allein die Geschworenen, welche sich in einer gereizten Stimmung dem Vollzugs - Organe gegenüber befanden, haben ans die Frage, ob es wahr sei, daß der Angeklagte den Gcnsd'armcn bei der Brust gepackt, daß er ihm den Umschwnngricmcn zerrissen hat, diese Fragen zum Staunen des Angeklagten selbst verneint. Ein zweites Mal haben die Geschworenen einen des Verbrechens deö Raubes Angeklagten vcrurtheilt bloß auf die Hinsicht hin, daß der Beraubte eidlich angab, er habe Beim aufflackernden Scheine seines Kcllerscucrs den Angeklagten für seinen Angreifer erkannt. Der Gerichtshof hat über ihn in Folge des Schuld-spruches der Geschworenen eine 12jährige schwere Kerker-strafe verhängt. Ich war damals Vorstand des Collcgial-Gerichtcs in Treffen. Kurz nach der Verurtheilung drang zu meinen Ohren daö Gerücht, dieser Mann sei unschuldig verurtheilt worden. Ich hielt cs für meine Pflicht, diesem Gerüchte nachzuforschen, und es gelang nicht ohne Mühe, die vollständige Unschuld dieses Menschen zu erweisen; cs gelang, den wirklichen Thäter zur Strafe zu bringen; cs gelang, auf diese Art ein Opfer zu retten. Es wurden allerdings sogleich die nöthigen Vorkehrungen getroffen, daß dieser Mensch der Freiheit zurückgegeben werde; allein gebrochen am Körper und am Geiste überlebte er nur wenige Wochen seine Freilassung. Ich will damit nicht behaupten, daß die Urtheilssprüche der geprüften Richter nicht ebenso hin und wieder Mißgriffe sich zu Schulden kommen lassen. So lange Menschen über Menschen richten, haben ihre Urtheile immer nur einen relativen Werth. Allein gegen den Ausspruch des Richters gibt cS einen höhern Jnstanzzug, es gibt die Berufung an die Obergerichte; — gegen den Wahrspruch der Geschworenen gibt cs kein Ret-tungSmittel, außer das der Cassation wegen Formgebrcchcn. Ich frage, wer von uns wird seine heiligsten Interessen in die Hand von Männern geben, welche—ich verwahre mich gegen die Unterstellung: aus Absicht — sondern folgend den natürlichen Einflüssen und Gemüthsbewegungen, doch nicht jene Gewähr des richtigen Erken-nens für sich haben, als geprüfte Richter, welche sich zur Aufgabe ihres Lebens gestellt haben, den Spuren des Verbrechens nachzuforschen, das Gewicht der Vcrdachts-gründe gegenseitig abzuwägen. In den Acten des Criminal-Gerichtes können die Herren Sittenzeugnisse finden, mehr als eines des Inhaltes, daß der Angeklagte sich des besten Leumundes erfreue; er sei zwar zu wiederholten Malen wegen des Verbrechens des Holzdiebstahles abgestraft worden, allein dieses betrachte man für keine entehrende Handlung, dieses mache seinem guten Leumunde, seiner bürgerlichen Achtung keinen Eintrag. Ich glaube, meine Herren, im Angesichte dieser einen Thatsache gcrechtfcrtigct zu sein, wenn ich meinen bescheidenen Zweifel aussprcche, ob das Rechtsgcfühl so in das Leben gedrungen sei, um eine Gewähr für die Richtigkeit des Urtheiles der Geschworenen zu haben. Man hat die politische Seite dieser Institution hervorgehoben. Ich anerkenne zum Theil das, was darüber bemerkt worden ist, allein einen urs äch li ch cn Zusammenhang zwischen den constitutionellen Institutionen und den Schwurgerichten kann ich nicht finden. Ich verweise auf Frankreich; dort bestehen die Schwurgerichte, und doch ist dort die Presse mnndtodt, und über die constitutionellen Einrichtungen, über die constitutionelle Freiheit mögen die Dcpor-tirtcn von Cayenne und Lambcsfa Antwort geben. Man hat neulich gesagt, daß sogar in Rußland Geschwornen - Gerichte bestehen. Wohlan! wenn dieses der Fall ist, dann mögen mir die hochherzigen .edlen Polen als Blutzeugen für die Wahrheit einstehen, daß die Geschwvrncu-Gcrichte und die con- stitutionelle Freiheit in keinem ursächlichen Zusammenhange sind. Ich will nicht von dem Kostenpunkte reden, der im letzten Ende auch wieder von der Stcucrkraft des Landes getragen werden muß; ich will nur einen sehr wichtigen ; Umstand berühren, der für mich vielleicht der Wesentlichste ist, mich gegen die Einführung der Schwurgerichte auszusprechen. Ich erblicke darin eine Verletzung der Rechtsgleichheit, eine Verletzung der R e ch t s e i n h c it; ich sehe keinen Grund, warum Jener, der in einer Gemüths-ausregung einen Andern körperlich beschädiget hat, dem ordentlichen Richter, ein Anderer aber, der durch die Presse ein Vergehen begangen, der durch die Presse den guten ' Namen seines Nächsten in den Kvth getreten, der durch die Presse an allen Grundpfeilern der staatlichen und bürgerlichen Ordnung gerüttelt hat, warum dieser einem privi-legirten Gerichtsstände, dem Gcschwvrnengcrichtc zur Abur-theilung zugewiesen werden soll. Ich glaube, wenn Geschworücngerichtc überhaupt eingeführt werden, so müssen sic in Oesterreich überall eingeführt werden, denn cs würde nur die Einheit des Rechtes verloren gehen, wenn in der einen Provinz mittelst der Geschworenen, in der andern ohne Geschworene gcurtheilt würde. Wollen Sic, meine Herren, durch ihr Votum zur Besserung der Justizpflege überhaupt beitragen, dann streben sic vor Allem die schnelle Durchführung der Trennung der Administration von der Justiz an; dann streben sie vor Allem an, die Einführung der Collegialgerichtc im Lande, die Beseitigung der Beweisthcoric in der Strafprozeßordnung und insbesondere eine zeitgemäße Revision des materiellen Theiles der Strafprozedur. Obwohl ich übrigens hier gegen die Schwurgerichte gesprochen habe, so bin ich schon derzeit in gewisser Hinsicht ein Geschworener, das ist, ein geschworener Feind von jeder unnützen Zcitzersplitterung; deßhalb schließe ich, ohne noch weiter die Geduld des hohen Hauses in Anspruch zu nehmen, und erlaube mir den Antrag: Der hohe Landtag wolle beschließen: „In Erwägung, daß Hierlands weder ein dringendes Bedürfniß, noch ein allgemeiner Wunsch zur Einführung der Schwurgerichte sich geltend gemacht hat; in der Erwägung, daß es überhaupt im Interesse der Rechtspflege liege, Rechtseinheit im ganzen österreichischen Kaiserstaate herzustellen; in Erwägung, daß somit die Frage über die Einführung oder Nichtcinsührung der Schwurgerichte keine locale oder provinzielle sei, werde zur Tagesordnung übergegangen." Präsident: Wird der so eben vorgelesene Vcrta-gungsantrag des Herrn v. Strahl unterstützt? Ich bitte jene Herren, welche ihn unterstützen, sich gefälligst zu erheben. (Geschieht.) Er ist unterstützt. Wünscht noch Jemand das Wort? Abg. Dr. Toman: Ich bitte um das Wort. Ich habe wahrlich nicht gedacht, daß sich irgend eine Stimme gegen die Einführung der Geschwornen - Gerichte in diesem hohen Landtage erheben werde. Ich will nicht auf das Beispiel der Nachbarländer, in welchen vielleicht für die Geschwornen-Gerichte nicht so günstige Verhältnisse als in unserm Lande sind, hinweisen, in deren Landtagen der Beschluß auf Einführung der Geschwornen - Gerichte einhellig gefaßt worden ist, z. B. in Kärnten, Steiermark und Tirol, wo ganz andere politische Verhältnisse, wie z. B. in Tirol, und andere nationale Beziehungen, wie in Tirol und Steiermark und auch in Kärnten, vorhanden sind, auf welche die Staatsregicrung. wenigstens cine Rücksicht hinsichtlich der Einführung der Geschwornen-Gerichte nehmen z» wollen scheint. Nachdem Einwendungen von Seite eines gewiegten Richters gegen die Einführung der Geschwornen - Gerichte gemacht worden sind, ist cs nothwendig, dieselben einer Prüfung zu unterziehen, ob irgend ein Gehalt in diesen Einwendungen ist. Ich für meine Person habe meine Ueberzeugung nicht im Geringsten, aber auch nicht im kleinsten Puncte dadurch ändern können, was vorgebracht wurde. Im Gegentheile haben mich in meiner ursprünglichen Anschauung die Motive des Herrn Abg. v. Strahl sehr bedeutend bestärkt, und wenn ich bisher nicht für die Geschwornen-Gerichte gestimmt gewesen wäre, so hätte dieses mich wahrlich dafür gestimmt. (Lachen links, Heiterkeit im Centrum.) Es ist zuerst die Bemerkung gemacht worden, daß bei neuen Einrichtungen in Staaten alles mehr oder weniger eine Mode ist. Was ist der Begriff der Mode? Mode kann wahrscheinlich nur abgeleitet werden, von dem Worte „Modus", eine Art und Weise, eine temporäre Anschauung, Laune, Liebhaberei. Nun, meine Herren, wenn das eine Mode ist, daß seit Jahrhunderten die Schwurgerichte auf dem Kontinente und namentlich auf der freiheitlichen Insel Albion bestehen, dann ist die Mode eine solche, welche sich so bewährt hat, daß sie verdient, von allen Völkern und allen Staaten nachgeahmt zu werden, dann dürfte aber auch diese Institution nicht gebührlich mit dem Namen Mode bezeichnet werden, welcher Ausdruck heute mehr oder weniger auf die Fetzen, die ein Mensch auf seinen Leib hängt, angewendet wird. Eine 23jährige richterliche Erfahrung ist ein schöner Zeitraum, um sich Anschauungen zu sammeln für diese oder jene Art der Gerichte, für das richterliche Collegium, oder für das Geschworncn-Gericht. Aber was ist eine 23jährige Erfahrung eines einzelnen Mannes, und möge er noch so hellen Geistes und so warmen Herzens sein, gegen eine mehr denn 100jährige Erfahrung der Völker? Die Völker, die Geschwornen-Gerichte besitzen, haben sich eine solche Anschauung von den Geschwornen - Gerichten gemacht, daß sie dieselben um keinen Preis hingeben würden! Wenn in hundert und hundert Werken über die Wichtigkeit, über die Vorzüglichkeit der Geschwornen - Gerichte geschrieben worden ist, so ist das nur ein Beweis, wie sehr dieser Gegenstand alle jene RechtSlehrcr beschäftigte, wie sehr sich die Männer des Rechtes und der rechtSpoliti-schen Gesinnung und Anschauung bemühen, um allcrwärts die Wohlthat der Geschwornen-Gerichte begreiflich zu machen. Ich glaube nicht, daß so viele hundert und hundert Werke gegen die Geschwornen-Gerichte geschrieben worden wären. Wenn weiter die Geschwornen-Gerichte der Gipfelpunkt der richterlichen Entscheidung über strafbare Handlungen sind, dann weiß ich nicht, warum wir nicht nach diesem Gipfelpunkte streben möchten; daun wünschte man gehört zu haben, was uns denn jetzt vor der Hand dazu führen soll, und ich habe dafür das nicht vernommen. Denn die Momente, welche aufgezählt lworden sind, auf welche ich später kommen werde, diese sind nicht gleicher Art mit den Geschworncn-Gcrichtcn, sie sind Institutionen und Einrichtungen anderer Art, ganz abgesehen von den Geschwor-ncn-Gcrichten. — Es ist gesagt worden, daß die Praxis dem Ideale nicht nachkommen, das Ideal nicht erfassen und verwirklichen kann, und dieses vorzüglich nicht leicht, weil zwei Bedingungen zu der Möglichkeit nothwendig sind, welche Bedin- gungen, wie schließlich bemerkt ivorden ist, in unserm Volke nicht vorhanden sind. Als erste dieser Bedingungen ist ein reges Interesse der Bevölkerung an der Gerichtspflege, und als zweite Bedingung ein Rechtsgefühl, welches in Fleisch und Blut übergegangen ist und die Geschworenen vor allen Einflüssen sichert, aufgestellt worden. Es nützt nichts, nachträglich zu sagen, ich will unserm Volke nicht nachsagen, daß es nicht ein Rechtsgefühl hätte, daß cs nicht scharfen Geistes und richtiger Anschauung wäre, wenn ich zwei Bedingungen aufstelle, welche nothwendig sind, für die Einführung der Geschwornen-Gerichte im Volke, und sage, die Geschwornen-Gerichte sind nicht einzuführen, weil dieses Volk die Eigenschaften, die Bedingungen nicht aufzuweisen hat. Dagegen habe ich in der ersten Motivirnng viel gesprochen und möchte das nicht wiederholen, nur möchte ich im Namen des Volkes den Protest erheben, daß unser Volk nicht so ausgebildet sei in der Civil- oder Criminal-Rechtspflcgc, als überhaupt ein anderes Volk, und daß unser Volk nicht ein so lebendiges und warmes Rechtsgefühl habe, als irgend ein Volk in Oesterreich oder in Europa. Wenn man sagt, das Rechtsgefühl muß in Fleisch und Blut übergegangen sein, so ist schon dadurch die unrichtige Auffassung des Wesens der Geschwornen-Gerichte constatirt worden. Das Rechtsgefühl kann nicht inS Fleisch und Blut erst übergehen, das Rechtsgefühl muß a priori im Menschen liegen; und cs liegt, wie ich schon ein Mal bemerkt habe, in einem primitiven und unverdorbenen Menschen mehr, als in einem Menschen, welcher aus Strafrechtsbüchern, oder ans der modernen Lectüre, oder aus irgend welchen Bildungsbüchern und Schriften sich eine solche Anschauung, oder modernes Rechtsgefühl eingesogen hat. Das Volk in seinem primitiven Zustande hat gewiß ein wärmeres, lebendigeres , reineres Rechtsgefühl, welches mehr dem Natur-rechtsgcfühl entspricht, als irgend ein Anderes, welches durch andere Einflüsse moderirt, oder alterirt worden ist. Es ist angeführt worden, zum Beweise dieser Behauptung, daß selbst Bürger in Laibach so wenig Theilnahme, so wenig Lust und Freude an den Geschwornen - Gerichten sich zu bethciligcn gezeigt haben. Meine Herren! Wir sitzen hier im Landtage und wir kommen mit Fleiß unserer Aufgabe nach, aber so manchen von uns hat vielleicht dann und wann schon ein Unwille, ein Widerwille erfaßt, wenn er sah, wie seine Geschäfte zu Hause brach liegen, wie er nebst seiner öffentlichen Aufgabe seiner persönlichen speciellen Aufgabe nicht mehr nachkommen kann; — das muß zum Opfer gebracht werden, was an unserer Person, an unserem Berufe klebt; und so muß der Bürger im Staate auch lernen, sein Schärflein beizutragen zu einer reinen und guten Justizpflege, zur Möglichkeit der Ein- und Durchführung der Geschwornen-Gerichte. Es ist nicht wahr, daß dem Volke kein Geschenk durch die Geschwornen-Gerichte gemacht, sondern eine Last aufgelegt werde. Was süß schmeckt, verwandelt sich gewöhnlich in Bitterkeit, und was bitter ist, nützt dem Menschen mehr. Die Last, die die Staatsbürger jetzt tragen, werden sie wohl ausgewogen finden durch die Vortheile der Geschwornen-Gerichte , und werden dieselben wirklich zu schätzen wissen, wenn sie sie einige Jahre besessen haben, und wenn sie im Stande sein werden, sich von der Nützlichkeit der Geschwornen-Gerichte zn überzeugen. Es ist zur zweiten Bedingung gesagt worden, daß eS für Jemand sehr schwer ist, Richter zu sein. Wer nicht gegen alle Einflüsse der Anklage und Vertheidigung gestählt ist, der könne cS bleiben lassen, sich aus den Richterstuhl zu setzen. Das beziehe ich dahin, daß der vom Staate bestellte Richter ein unfehlbarer Mann, ein jedem Einflüsse unzugänglicher Mann ist, der nur unbedingt nach dem Rechte entscheidet. Ich will dem Richterstande durchaus nicht nahe treten; aber die Richter werden unter sich sehr gut auch Männer zu bezeichnen wissen, welche nicht so unbedingt gestählt sind gegen solche Einflüsse, und ist cs denn immer im Willen des Menschen gelegen, gerecht zu sein? Selbst in dem Willen des bestellten Richters nicht, weil, wenn er noch so richtige Anschauungen des Strafgesetzes hätte, sich doch schon ein Präjudiz im Beginne der Vernehmung oder der Verhandlung gegen irgend eine Person, gegen oder für den Angeklagten in seiner Seele bilden kann. Es ist ferner der geschworene Richter nicht mit allen Funktionen betraut, welche ein Richter , der vom Staate bestellt ist, zu üben hat. Ihm muß ja das Factum in alle Details früher erwogen, früher vernommen, geprüft, zusammengestellt, so klar hingelegt werden, daß er ja mit seinem gesunden Verstände, mit seinem richtigen Rcchtsgefühle recht entscheiden kann. Ihm ist ja nicht die Aufgabe gestellt, nach dem Factum Forschungen zu machen, sondern gerade die Richter, die auch noch mit fnngiren, die müssen früher bestießen sein, den Gegenstand der fraglichen und der strafbaren Handlung um desto genauer einzeln und specieller zu erwägen, und verständlich in Details als Ganzes dann hin vor das Ge-schwornen-Gericht zu bringen. So bleibt ihm auch nicht noch das Ausmaß der Strafe, auch das bleibt noch dem Richter. Würde mau einen gemeinen Mann ohne Kenntniß des Strafgesetzes und der Strafproceßordnung hin auf den Stuhl des vom Staate bestellten Richters mit allen dessen Functionen hinstellen, das wäre ein anderes. Allein so weit erstrecken sich die Geschwornen - Gerichte in keinem Lande, und das wäre auch eine Unmöglichkeit. Am allerwenigsten hat mich das Beispiel Belgiens belehren können, daß die Geschwornen - Gerichte gefährlich sind für des Menschen Ehre, Freiheit und Leben. Wenn man in Belgien aus dem Grunde — ich will annehmen, was vorgebracht worden ist, obwohl ich keine Gewährschaft dafür habe — wenn in Belgien aus dem Grunde die Todesstrafe aufgehoben wurde, weil einzelne unrichtige, oder vielleicht scharfe $ erbiete gefällt worden sind, dann, meine Herren, ist es klar bewiesen, daß man in Belgien lieber die Todesstrafe aufgehoben hat, als die Geschwornen, welche vielleicht in dem einen oder im andern Falle ein unrichtiges Verdict gefällt haben, beseitiget zu haben. So groß ist die Wirkung, die Nützlichkeit der Geschworncn-Gerichtc, daß man sie trotz des Fehlers, den sic begangen, dennoch bestehen ließ, aber die Todesstrafe abgeschafft hat. Das ist doch ein klarer Beweis, wie das aufgeklärte Volk in Belgien mit den Gcschwornen-Gerichten cs hält! Die Fälle hinsichtlich des Gensd'armcn, hinsichtlich des Raubes sind zwei so vereinzelte, unbedeutende Fälle, daß man aus den Blättern der Romane, aus den Acten der Criminalverhandlungcn und aus anderen Büchern und Erfahrungen der Gegenwart und Vorzeit ganz andere, schlagendere Fälle entgegen bringen könnte, wo die vom Staate bestellten Richter falsche Entscheidungen über Ehre, über Freiheit und über das Leben der Menschen gefällt haben. Ich weiß einige solche Fälle, aber ich lege kein Gewicht auf die Aufzählung derselben, weil alles menschliche Richten endlich schwach und irrthümlich ist, aber weniger jenes, wo das freie Volk, das ganz unabhängig ist, über seine Mitbürger richtet, als wo vom Staate bestellte Richter, welche wenigstens in Beziehung auf öffentliche Verbrechen und Vergehen nicht so frei, nicht so unabhängig sind, als die Geschwornen zu Gerichte sitzen. In dieser Beziehung habe ich neulich mir erlaubt, bei der Motivirung vorzubringen , wie sehr der Umstand, wenn er wahr ist, daß die Gcschworncn-Gcrichte Fälle gemeiner Verbrechen zu schwer und zu hart beurtheilen, gegenüber der andern Erfahrung noch vorzuziehen ist, daß die vom Staate bestellten Richter politische Verbrecher zu hart, und gemeine Verbrecher zu linde strafen. Ich habe nachgewiesen, wie ein politischer Verbrecher, der im Verdachte steht, die Rcgiernngsform, oder die Verfassung angegriffen zu haben, nicht so das Leben und die Gestaltung der menschlichen Gesellschaft in Beziehung der Wohlfahrt gefährdet, weil vielleicht heute die oder jene politische Ansicht die gedrückte, morgen die herrschende sein kann, als die Ursachen und Wirkungen der gemeinen Verbrechen, deren böse Folgen sich in die Familien fort und fort, oft noch in die folgenden Geschlechter ziehen. Wenn die Sittenzeugnissc oft von den Gcschwornen-Gerichten über einen Leumund nicht gewürdigt worden sind, dürften die Geschwornen gute Gründe und bessere eigene Erfahrungen gehabt haben, mau weiß, wie oft Leumunds-Zeugnisse ausgestellt werden; man weiß auch, daß das Leumunds-Zeugniß auch nicht immer von den Gerichten rcspcctirt werde. Was ist die politische Seite, die auch hervorgehoben worden ist, und wo Frankreichs Muster aufgestellt worden ist? Ich möchte fragen, ob die in Cayenne sitzenden ver-urthcilten unglücklichen Franzosen vor einem Gcschwornen-Gerichte gestanden sind ? Wären sie vor einem Gcschworncn-Gcrichte gestanden, dann Hütte sie das Loos nicht in der Art und Weise getroffen, daß sic gar nicht vor einen Richter gekommen, sondern in Folge eines Polizeigcsctzes ohne Gericht in das Grab lebendig hinübcrgcführt worden sind. Diese Anführung ist eine unrichtige und hat gar keinen Werth, im Gegentheile bestärkt sic mich in der Ansicht, daß, wenn die fraglichen Unglücklichen vor die Ge-schworncn-Gerichte gestellt worden wären, wie cs in einer anderen Zeit der französischen Größe geschehen wäre, sie gewiß nicht dieses traurige Schicksal erlitten hätten. Warum sich die Presse eines besonderen Schutzes erfreuen soll? Sie soll sich nicht eines ausschließlichen Privilegiums erfreuen, denn der Antrag ist ausgedehnter hinsichtlich der Geschwornen-Gerichte; aber die Presse ist einmal eine Macht, sie ist eine Macht der Verbreitung der Gedanken, der Anschauungen, und ein Volk, welches in der Entwicklung begriffen ist, wird nicht übersehen, wie nothwendig es ist, die Presse zu schützen vor den Verfolgungen, die sic vorzüglich von einer Regierung erleiden kann. Ich will in Oesterreich auf die letzte Vergangenheit anspielen. Wer theilt unter den Herren nicht meine innerste Ueberzeugung, daß hinsichtlich der Presse, welche nicht die Rcgierungsform, sondern nur einzelne Theile der Verfassung angegriffen hat, zu scharf vorgegangen worden ist, im Interesse des Staates zu scharf, weil vielleicht die bezüglichen Vcrurthcilnngcn weniger Nutzen für den Staat hervorgerufen haben, als vielleicht eine renitentere Opposition. Wenn man sagt: Verbessert die Gerichtszustände, daß die Justiz von der Verwaltung getrennt werde, daß Collegialgerichte eingeführt werden; verbessert die Theorie der Beweise und unterwerft das Strafgesetzbuch einer Revision, ja alles das ist nöthig, das alles snpplirt aber nicht die Geschworncn-Gerichte. Die Trennung der Justiz von der Verwaltung hat eine andere Aufgabe, vorzüglich die Ausgabe, um die Civiljnstiz auf einen besseren Stand zu bringen, denn die Bernrtheilnngen, welche den Behörden, in welcher die politische und justizielle Verwaltung vereinigt ist, d. i. den Bezirksämtern, zukommen, erstrecken sich ohnehin nur ans Ucbcrtretungcn, worauf wir die Geschwornen-Gerichte nicht beantragt haben. Die Collcgial-Gerichte sind ja jetzt vorhanden, entscheiden jetzt die vorzüglichsten strafrechtlichen Fälle, also eine Vermehrung der Collcgialgcrichte würde in dieser Beziehung keine besondere Wirkung haben. Die Aenderung oder die Beseitigung der Bcwcisthcoric hat nichts damit zu schaffen, ob Geschwornen - Gerichte eingeführt sind oder nicht. Eine zu strenge BcwciSthcorie ist so schädlich in der Art und Weise, wie auch eine vollständige Hingebung in die Beurtheilung dcS Richters ebenfalls auf der andern Seite gefährlich ist. Dieses ist ganz glcich-giltig, ob Geschworne darüber entscheiden, oder vom Staate bestellte Richter. Die Beweistheorie an sich selbst ist entweder eine gute oder eine schlechte. Die Revision des Strafgesetzes — wohl wenige von uns würden sie nicht wünschen — sic ist eben die Grundlage, wornach die Verbrechen richtig beurtheilt werden sollen, aber cs ist wieder glcichgiltig, ob von den vom Staate bestellten Richter oder Geschwornen-Gerichten. Dadurch, glaube ich, alle Gründe, wie sic angeführt worden sind, widerlegt und gezeigt zu haben, daß namentlich ans bett Erfahrungen, welche aus Belgien und Frankreich angeführt worden find, jeder Mensch sich die Ueberzeugung verschaffen muß, daß die Geschwornen-Gcrichte eilte wahre Wohlthat sind. Daß man lieber daö Strafgesetzbuch in gewissen Beziehungen opferte als die Gcschworncn-Gerichtc, um nicht einen Menschen, der vielleicht nur ein kleines politisches Vergehen sich zu Schulden kommen ließ, ohne gehörige Beurtheilung, ohne gehörige Prüfung desselben ans seinem Vaterlandc in ein Grab hinzuführen, wie die Franzosen nach Cahennc, ist ein schlagender Beweis für die Geschwornen - Gerichte. Dieses zur Wiederlegung der voran-gcführtcn Gründe. Präsident: Wünscht noch Jemand das Wort? (Nach einer Panse.) Wenn nicht, so ertheile ich es beut Herrn Baron Apfaltrern. Abg. Freih. Apfaltrern: Wir sind heute an der Erörterung eines Gegenstandes, der noch in jedem Staate, welcher nach jahrelanger monarchischer Regierung zu einem constitntioncllcn ntngcstaltet worden ist, einmal auf dieTagcs-ordnung gestellt wird. Ich meine die Geschwornen-Gerichte. In jenen Staaten, welche die Wandlung dieser Re-giernngssorm auf dem Wege der Revolution erfahren, wird die Tagesordnung anfangs von Persönlichkeiten festgestellt, welche meist ans unlantcrn Absichten polternd und lärmend nach Constitution, constitutioneller Volksversammlung, nach Nntionalgarde und Volksbewaffnung, nach freiem Vcrsammlnngsrcchte, nach Geschwornen-Gerichten schreien, (Rufe: Oho! im Centrum, ja! ja! rechts.) und nachdem sic darüber nicht viel gefragt haben, mit Hilfe dcö sonstigen revolutionären Apparates, als da sind, Volksversammlungen, Sturm-Petitionen u. dgl. mit Institutionen als vollendeten Thatsachen vor das staunende Publikum treten, welches diese Institutionen kaum dem Wesen nach kennt, noch vielwcniger deren Tragweite und Zweckmäßigkeit für das Interesse des Staates kennt, und diese Institutionen lediglich deßhalb beklatscht, weil sie eben etwas Neues sind. Meine Herren! diese Phase hat Oesterreich XXXV. Landtags - Sitzung. im Jähre 1848 durchgemacht (Rufe: Ganz richtig) und i besonders dem Mißbrauche, der mit diesen Institutionen getrieben worden ist, können wir es zuschreiben, daß am letzten December 1851 auch der letzte Rest der Freiheit zu Grabe getragen wurde. (Dr. Snppan: Nicht wahr!) Jedoch ant 20. October 1860 ist sie wieder aufgestanden ans ihrem Grabe, und in unserm Vaterlandc stehen wir nun auf einem andern Boden, auf dem Boden der wahren Freiheit, welche sich nicht durch Gemalt, sondern durch bessere Ueberzeugung Bahn gebrochen hat. Dieser friedlichen Entwickelung unseres Verfassnngslebens haben wir cs zu danken, daß wir mit einem nüchternen Sinn, mit festem und ruhigem Schritt gemessener Ueberlegnng an die Votirung von Institutionen schreiten und uns entscheiden können über die Frage, ob sie für unser Wohl, für das Interesse des Gesamintvaterlandes förderlich, für die einzelnen Provinzen heilsam und entsprechend seien. Heute betrifft diese Erörterung für unser Land die Geschworncn-Gerichte. Es wurden bereits von einem sehr verehrten Mitglicde unseres Hauses gegen die Einsührnng von Ge-schivornen-Gerichte Bedenken erhoben so gewichtiger Natur, daß deren Eindruck auf die Versammlung nicht zu verkennen war. Es wurden Thatsachen angeführt, welche gänzlich verfehlte Urtheile hervorgerufen haben. Es wurden Beweise vorgebracht, welche den Mangel des Rechtsgefühles wenigstens in mehreren Richtungen darlegen. Es wurde con-statirt, daß die Verpflichtung des Amtes eines Geschwornen bereits als eine Last empfindlich gefühlt worden ist, und dieses alles sind Umstände, von denen doch mein verehrter Herr Vorredner behauptet hat, sic haben ihn nur bestärkt in seinem Wunsche nach Einführung von Gcschwornen-Gcrichten (Abg. Dr. Toman: Ja!), und wenn er sie nicht früher schon gewünscht hätte, so hätte er sie in Folge der Rede des Herrn Abg. v. Strahl gewünscht. (Abg. Dr. Toman: Ja gewiß.) Nun diese Thatsachen sind nicht gerade derartig angethan, um besonders für Geschwornen-Gerichte zu schwärmen. Jedoch die Frage, die der Herr Vorredner aufgeworfen hat, warum denn dem Ideale, als welches der Herr Landesgerichtsrath v. Strahl wirklich die Einführung von Schwurgerichten befürworten würde, warum diesem Ideale nicht nachgestrebt wird, darauf werde ich jetzt antworten. (Rufe: Wir sind neugierig.) Ich werde die Antwort geben, nach verschiedenen Gesichtspunkten, welche die Anforderung gewähren, welche man an eine gute Strafrechtspflege stellt. Der Anforderungen an eine gute Strafrechtspflege sind vier: 1. daß sie objectiv verläßlich die begangene That feststelle (Lachen im Centrum); 2. daß der Thäter ermittelt und der gerechten Strafe zugeführt werde; 3. daß dieses möglichst rasch geschehe, und 4. daß sie mit Rücksicht und ohne Gefährdung des Zweckes möglichst wenig koste. Das erste Erforderniß also, meine Herren, ist, wie ich gesagt habe, die Sicherstellung des objectiven Theiles des Verbrechens. Meine Herren! dieser Theil der Strafrechtspflege ist oft ein sehr leichter, häufig aber der allerschwierigstc. Ein Einbrnchdiebstahl mit ansgehobencn Fenstern, Gittern, erbrochenen Schlössern u. dgl., eine Tödtung mit klaffenden Wunden, das sind Gesetzübertretungen, die wohl leicht zu erfassen sind, und welche auch über das Fassnngsver-mögcn eines Kindes nicht hinausreichen. Jedoch ein Diebstahl , der an die Gränzen der Bernntrctinng streift, eine Veruntreuung, welche mit mangelhafter Verrechnung verschwommen ist, dieses sind schon schwierigere Fälle. Jedoch, meine Herren! wenn sie zu bett verschiedenen Gattungen des Betruges und betrügerischer Bankerotte, wenn sie zu bcn verschiedenen Gattungen der öffentlichen Gewaltthätigkeiten übergehen wollen, wenn sie übergehen wollen noch zu Jahre und Jahre hindurch gesponnenen Fäden der Ver-schwörung gegen die Staatsvcrfassnng und gegen den Län-derverband, wenn sie übergehen wollen, meine Herren, zur Beurtheilung von Druckwerken, welche meisterhaft geschrieben , offenbar Jedermann fühlbar und doch schwer enthüllbar die Aufreizung gegen Staat und Oberhaupt in sich enthalten, bann, meine Herren! kommen sie auf einen Boden, wo der einfache Sinn des Landmannes, der biedere Gedanke des Bürgers sich wie in einer cgyptischen Finsterniß befindet (Rufe: Oho im Centrum und ja! rechts) und immer etwas anderes findet als das Wahre. (Abg. Dr. Toman: Die dem Volke die Beurtheilung hierüber abstreiten, sind schlechte Staatsbürger. — Unruhe, der Präsident läutet.) Meine Herren, ich unterbreche Niemanden, ich bitte auch möglichst nicht unterbrochen zu werden. Meine Herren! die Entwickelung der fortschreitenden Civilisation bringt Verbrechen zu Tage, die combinirtcr Natur sind, und bei denen cs nicht genügt, daß man eine einfache Thatsache in's Auge faßt, sondern man muß in deren juridischen Begriff eingehen, um erkennen zu können, ob etwas Strafbares darin liegt ober nicht. Meine Herren! in solchen Fällen werden die Geschwornen keine rechten Beurtheiler sein, sie werden in solchen Straffällen schwer eine strafbare Handlung erkennen können, weil ihnen das Fassungsvermögen fehlt, weil bei den meisten technische, hohe wissenschaftliche Bildung dazu gehört, um sie beurtheilen zu können. In solchen Füllen, meine Herren, wird das Gesetz, die bürgerliche Ordnung ihre Sühne nicht erfahren, in solchen Fällen werden die Geschwornen keine ordentlichen Richter fein, nicht deßhalb, weil sie Ein nicht schuldig sprechen werden, sondern deßhalb, weil sie Alles schuldlos sprechen werden, das Gesetz, die bürgerliche Ordnung aber ohne Schutz da stehen wird. Dieß ist, was das eine Erforderniß anbelangt. Das zweite Erforderniß ist, daß möglichst schnell der Thäter ermittelt und der gehörigen Strafe zugeführt werde. Meine Herren! den Geschwornen werden bereits die Thäter vorgeführt, Personen nämlich vorgeführt, gegen die eine gewisse Gattung und Anzahl mehr oder minder scharfer Verdachtsgründe vorliegen. Wenn der Hauptbestandtheil dieser Verdachtsgründe das Geständniß ist, dann, meine Herren! ist die Entscheidung eine ziemlich leichte, obwohl wir auch heute schon von einer Entscheidung vernommen haben, welche in diesem Falle dem wahren Rechte zuwiderlaufend erflossen ist. Aber, meine Herren! wenn es sich lediglich um geständige Angeklagte handeln würde, so wäre auch nicht abzusehen, warum man diese besondere Garantie für die Tüchtigkeit der Rechtspflege in betn kostbaren Apparate der Geschwornen suchen würde. Es müssen besonders die Fälle zur Beurtheilung der Zweckmäßigkeit ins Auge gefaßt werden, wo cs sich nicht um geständige, sondern um läugnende Angeklagte handelt. In solchen Fällen, meine Herren! ist die Thätigkeit eines gewissenhaften Geschwornen eine so umfassende, eine so verwickelte, eine so lang andauernde, daß eö einem Menschen, dessen Geist nicht gebildet ist, denn doch kaum znge-muthct werden kann, dieser Pflicht nachzukommen. Es ist absolut nicht zu erwarten und nicht zu verlangen, daß ein Geschworner, der, wie dieß gewöhnlich der Fall ist, meilenweit wider seinen Willen herbeikommen muß, sein Hanswesen, seine Familie, seine Geschäfte und seinen Erwerb zu Hause zurücklassen muß, und sich jetzt plötzlich vor dem Saale des Gerichtes findet und die Gedanken an all' dieses, wie den Staub von seinen Füßen abschütteln sott. Es ist nicht zu verlangen, daß ein solcher Mann alle diese Erinnerungen bei Seite lasse, und ohne dieselben in den Saal trete, und ungeachtet dessen mit gespanntester Aufmerksamkeit die Verhandlung, welche häufig nicht bloß einen halben Tag, oft mehrere im Zusammenhange stehende Tage dauert, in allen ihren Details verfolgen, die Geständnisse ober Aussagen der Angeklagten, die Vernchmnug der Zeugen, und wie alle Stadien dieser Verhandlung sind, daß er alles das mit gespanntester Aufmerksamkeit verfolgen soll, die Umstände, welche vorgebracht werden, genau sichte und scheide, das Wesentliche beibehalte, das Unwesentliche wegwerfe, daß er endlich die Verantwortung des Angeklagten in allen Schlupfwinkeln trügerischer und lügnerischer Verantwortung verfolge, und endlich ein Bild über die Schuld ober Nichtschnld des Angeklagten sich feststelle. Meine Herren! das von einem Manne zu verlangen, der wider Willen, und mit einer Menge anderer Gedanken im Kopfe in den Saal kömmt und seine Pflicht da thun soll, das meine Herren! ist enorm viel verlangt. Und ich frage Sic, verlange ich zu viel? Soll man sich vielleicht damit begnügen, daß der Geschworne so ein bloß beiläufiges Bild der Verhandlung in sich aufnehme? Ich frage Sie, meine Herren, die Sie die Geschwornen - Gerichte befürworten, auf dieses bescheidene Maß werden Sie die Aufgabe der Geschwornen nicht redncircn wollen, denn in diesem bescheidenen Maße würden wir schon gar nicht zu gerechten Urtheilen gelangen. Meine Herren! wenn endlich die Verhandlung mit allen ihren complicirten, oft Tage lang dauernden Vernehmungen geschlossen ist, so kommt eine endlose Reihe von Aktenstücken, die verlesen werden mit monotoner Stimme, und die den angestrengten Geschwornen endlich in die süßen Träume eitilnllen und int Traume zurückführen zur Familie; aus diesen Träumen wird er dann erweckt dutch's Gedonner des Staatsanwaltes, welcher den Angeklagen so schwarz als möglich färbt, und sodann kommt der Vertheidiger, der ihn weiß wäscht, wie ein Lämmchen am Ostertage (Heiterkeit), dann wieder der Staatsanwalt, sodann wieder der Vertheidiger u. s. to., endlich noch der Vorsitzende des Geschwornen - Gerichtes, und von alledem muß dem Geschwornen so wirbelich im Kopfe werden, daß er endlich, wenn er aus dem Sitzungs-saale in sein Berathnngszimmer sich zurückziehen kanu, wirklich nicht weiß, waö er sagen soll. Hat der Angeklagte cs vermocht, durch sein heuchlerisches Wesen den Geschwornen zu blenden, so wird er schuldlos gesprochen werden, hat er jedoch ein Verbrechen begangen, welches in der Gegend gerade sehr mißliebig aufgenommen worden ist, hat er noch überdieß zufälliger Weise von der Mutter Natur ein Spitz-bubengcsicht bekommen, dann, meine Herren! wird er schuldig gesprochen, und wenn auch gegen ihn kein haltbarer Verdachtsgrnnd vorhanden ist. Dieß, meine Herren! sind die Sprüche der Geschwornen über die Schuldfrage. Glauben Sie nicht, meine Herren, daß ich hier Träume Ihnen vorzähle, die ich etwa heute über Nacht gehabt habe; das sind Erfahrungen, die ich gemacht und die mir eine solche heilige Scheu vor den Geschworncu-Gerichtcn eingeflößt haben, daß ich heute, wo ich wahrlich sonst nicht in der Stimmung war, doch mich veranlaßt gesehen habe, das Wort zu ergreifen. Ich komme zum dritten Erfordernisse, nämlich zu dem einer raschen Procedur, daß die Strafe möglichst schnell dem Verbrechen auf dem Fuße folge. Bei der jetzigen Procedur ist die Raschheit eben nicht die hervorstechende Eigenschaft. Jedoch sind hicfür viele Umstände maßgebend, welche zu beseitigen dem Richter nicht immer möglich ist. Wenn Sic jedoch glauben, meine Herren, daß die Procedur bei den Geschworeucu nid rascher sein werde, dann, meine Herren, sind Sic sehr im Irrthume. Denn selbst, wenn der ganze Vorbcreituugs-Proceß nollcudet ist, und nicht eben die Geschwornen-Session beginnt, so muß der Angeklagte oft Monate lang ganz nutzlos im Arreste sitzen und harren, bis die Geschworenen zusammen kommen, oder, wenn man das nicht will, muß mau die Geschworenen alle 14 Tage zusammen trommeln, um eine rasche Procedur zu erzielen. In einem Falle ist cs Bcschwcrniß für den Verbrecher, im andern ist cs Bcschwcrniß für die Geschworenen. Sic dürfen nicht glauben, cs werde durch die Ersparung des Jnstauzenzugeö die Procedur erleichtert. Jetzt geht allerdings ein Urtheil an das Appcllationsgericht oder an den obersten Gerichtshof. Auch gegen Urtheile, die vom Schwurgerichte gefällt werden, steht die Nullitätsbeschwerde offen, und diese braucht beinahe die nämliche Zeit, wie jetzt die Entscheidung der richterlichen Urtheile im Jnstanzenzuge. Was die Raschheit anbelangt, so wird sic jedenfalls durch Einführung der Gcschworncn-Gerichte nichts gewinnen, sondern nur verlieren. Und was endlich die Wohlfeilheit anbelangt, so habe ich gleich Anfangs bemerkt, daß man an eine Strafrechtspflege nicht unbedingt das Erfordernis; der Wohlfeilheit stellen darf, weil cs sich eben da um Güter des menschlichen Lebens handelt, bei denen man um einzelne Gulden und Kreuzer nicht mäkeln darf. Wenn jedoch sonst der Zweck erreichbar und sicher erreichbar ist, so verdient doch jedenfalls jene Strafrechtspflege den Vorzug, welche billiger zum Zwecke führt; und daß hiefür die Gcschworncn-Gcrichtc in dieser Richtung eben nicht befürworte, werden können, dieses, meine Herren, wird Sic Ihre Einsicht, Ihre Erfahrung ohnedies; gelehrt haben, ohne daß ich Ihnen hiefür ein Langes und Breites vorerzählc. Es wird besonders den Geschwornen - Gerichten das Wort gesprochen, weil sic Urtheile gewähren, welche von Personen gefällt sind, die dem Angeklagten gleichstehen, und die ans der Bevölkerung hervorgegangen sind. Meine Herren, das ist nur mit einer sehr großen Beschränkung wahr. Ich srage, stehen die Geschworenen ans gleicher Stufe mit den Angeklagten? — Nein. Meine Herren, nehmen Sie die bei weitem größte Anzahl der Angeklagten, so werden Sic sehen, daß sic aus den ärmsten, aus den in der Erziehung »crnachlüssig-tcstcn Classen hervorgehen, währenddem der Geschworene gerade ans den besser bemittelten, ans der in der Cultur höher stehenden Classe der Bevölkerung gewählt wird, und so steht wieder nicht Gleicher dem Gleichen gegenüber. Eine Kräftigung der Moral, ein Beleben des Rechts, sinncs im Volke wird den Geschworenen - Gerichten nachgerühmt. In einer Richtung sicher, in der andern verweise ich auf die Erfahrung, die gemacht worden ist, daß Leute, die es mit der öffentlichen Ordnung eben nicht sehr gut meinen, in diese Gcrichts-Vcrhandlnugcn sich begeben haben, mit dort instruirt zu werden, wie sic cS eigentlich recht pfiffig anfangen, und wenn cs ihnen ja doch mißrathen sollte, wenn sic doch eingesungen werden, wie sic cs recht pfiffig machen müssen, um sich zweckmäßig zu vertheidigen. Dieses ist auch eine Seite, welche diese Verhandlungen gewähren. Eine Vermehrung der Achtung vor dem Gesetze soll auch durch die Geschworenen erreicht werden. Sic wird überhaupt durch gerechte Urtheile erreicht, aber jedenfalls wird sie durch Urtheile nur dann befördert, wenn die Urtheile gerecht, wenn sie der Sache entsprechend sind. Wenn aber in vielen Fällen von den Geschworenen Urtheile erfließen, welche der wahren Sachlage nicht entsprechen, dann erleidet der Sinn für das Recht einen um j so ärgern Stoß, weil sie von Leuten ausgesprochen werden, : welche mitten unter der Bevölkerung stehen. Es wird besonders hervorgehoben, daß der wirksamste ! Schutz für die freiheitliche Entwicklung des constitutionellen ; Lebens durch die Geschwornen - Gerichte geboten sei. Es wird da ans die politischen Verbrechen und Vergehen hingezielt, und in dieser Beziehung wird das Gcschworncn-! Gericht befürwortet, weil man überzeugt sein könne, daß die Geschworenen, in politischen Fällen wenigstens, nicht von der Staatsverwaltung beeinflußt werden. Dieses, meine Herren, ist allerdings richtig. Doch ist dieß gerade eben die gefährlichste Seite des Geschworncn-GcrichlcS. Wenn sich für dieses andere Mittel finden lassen, so ist es viel besser, zu diesen andern Mitteln zu greifen. In politischen Fällen werden die Geschworenen sehr selten ein „Schuldig" sprechen, und weil das überall und immer vorausgesehen worden ist, kam man in Staaten, wo die politischen Ereignisse eine unangenehme Wendung zu nehmen begonnen haben, zu einem sehr traurigen Auskunftsmittcl, zu jenem des Martial - Gesetzes. Meine Herren, dahin führen die Geschworncn-Gerichte, wenn man sie zu Richtern in politischen Fällen macht. Ich muß sagen, ich halte das für die größte Calamität, welche der Strafrechtspflege zustoßen kann, wenn die Martial-Gesetze eingeführt werden. Jedoch, meine Herren, öfter geschieht cs gewiß in solchen Staaten, wo Geschwornen-Gerichtc über politische Verbrechen urtheilen, als in Staaten, wo Richter sprechen. (Lachen im Centrum.) Es lassen sich Garantien finden, meine Herren, welche den Richter auf eine Weise stellen, daß er seine Urtheile unbefangen und unbeirrt von der Staatsverwaltung aus-i sprechen kann. Ich werde darauf noch zu sprechen kommen, ! aber deßwegen Geschworene einzuführen, ist eine äußerst gefährliche Operation, vor der ich nicht genug warnen kann. Für die freie Presse ist die Einführung der Gcschwornen-Gcrichtc allerdings gut, gut nämlich in dem Sinne, weil : daun die Preßvergehcn richtig straflos sein werden. Bevor ■ ein Geschworener dahin kommt, eine Druckschrift in Folge eines Artikels schuldig zu sprechen, bis dahin, meine Herren, wird noch viel Wasser in der Save fließen, und es wird wohl kaum noch ein solcher Fall eingetreten fein. Ich begreife cs, daß besonders in den Zeitungen nichts als Lob für die Geschwornen - Gerichte gesprochen wird. Es ist dieß sehr erklärlich eben aus der Befangenheit der Presse in dieser Richtung, welche in dem Institute der Geschworenen die Garantie findet, schreiben zu können, was sie will. Ob Sie jedoch eine derart freie, bis zum Unmaße freie Presse wünschen, daraus, meine Sperren, werden Sie sich selbst eine Antwort geben, wenn ich Sie an das 1.1848 und auf die Presse erinnere, wie sie damals gchandhabt worden ist. Es wird den Geschworenen auch nachgerühmt, sic seien unbefangenere Richter, als wie die vom Staate bezahlten. Ich frage, meine Herren, ist dnö wohl immer der Fall? Stehen die Geschwornen nicht häufig den Angehörigen des Angeklagten sehr nahe? Ist das nicht in einer andern Richtung noch viel mehr zu bezweifeln? Meine Herren, in unserem Lande, wenigstens in einem großen Theil dieses Landes, besteht zwar nicht das, was in Dalmatien in viel erhöhtcrem Maße stattfindet, aber ein gewisses Rachegefühl, eine gewisse Rachsucht läßt sich in mehreren Theilen von Krain nicht verkennen, es ist im Charakter des Volkes j gelegen. Ich erinnere an sehr zahlreiche, an enorm zahlreiche Todtschläge und schwere Verwundungen, welche bei Kirchweihfesten und dergleichen Gelegenheiten in unserem Lande vorkommen. (Unruhe im Centrum und im Zuhörer-raume.) Das Procent dieser Gattung Verbrechen wird gegenüber den andern Ländern ein entschieden zum Nachtheile Krain's sprechendes seht. Meine Herren, wird nicht mancher Geschworene Anstand nehmen, den Angeklagten schuldig zu sprechen aus Besorgnis', es könnte ihm seine geraden Glieder, seinen ganzen Kopf kosten? (Rufe: Oho!) Ich glaube, daß in dieser Hinsicht eine Beruhigung nicht vorhanden ist. Es ist jedoch nicht bloß von den Kosten der Geschworenen-Gerichte zu sprechen, sondern auch von der Zcitvcr-säumniß derselben. Meine Herren, die Erfahrung hat gelehrt, daß in unserem Lande, namentlich im Nenstadtler Bezirke, die Verbrechen, welche zur Judicatnr der Geschwornen, wenigstens nach der Strafprozeß-Ordnung vom I. 1850 gehört haben, nicht so außerordentlich selten vorgekommen sind. Es sind dort zahlreiche und lang andauernde Verhandlungen gewesen, und den Geschwornen ist dabei nicht so wohl geschehen, wie sie gewünscht haben. Wie sie in der Richtung gedacht haben, darüber hat ihnen das Votum des Herrn Abg. v. Strahl viel bessere Aufklärung gegeben, als ich es thun könnte. Auf eines jedoch glaube ich Sie aufmerksam machen zu müssen, was besonders auch als Erwiederung ans die Bemerkung meines Herrn Vorredners gelten kann. Er hat sich nämlich zur Widerlegung dessen, daß die Bevölkerung eben nicht gar zu bereitwillig sein werde, bei der Ausübung der Gerechtigkeitspflege durch die Geschworenen mitzuwirken, darauf berufen, daß ja in diesem Landtage eine große Anzahl von Männern sitzen, welche bereitwillig und viele Wochen hindurch ihren öffentlichen Verpflichtungen nachgekommen sind. Allerdings, meine Herren, jedoch mit einer solchen Anzahl von Männern, die bereitwillig sind für das Land Opfer zu bringen in dieser Richtung, wäre für die Geschworcnen-Gerichte nicht geholfen, da immer eine bedeutend größere Anzahl solcher Männer nothwendig sind, und jedenfalls würden es die Herren Landtags-Abgeordneten nicht sehr angenehm finden, wenn sie, außer einer dreimonatlichen Landtags-Periode, auch noch 3 bis 4 Schwurgerichts-Sitzungen durchmachen müßten. Ich verkenne es nicht, daß die Geschwornen-Gerichte , eine äußerst günstige, eine willkommene Gelegenheit wären für junge Talente, für aufstrebende Advoeaten, überhaupt; für Rechtsgelehrte sich hervorzuthun, Praxis zu verschaffen und sich auszuzeichnen vor andern ihrer Collegen, und in der Hinsicht verdienen die Geschworenen-Gerichte allerdings ihre Anerkennung. Jedoch deßhalb allein Geschworncn-Gerichte, und deßwegen mitlaufend nur Geschwornen-Gerichte zu schaffen, ist ein zu großes Opfer für den Staatssäckel. Meine Herren, ich habe mir früher erlaubt, zu bemerken , daß ich Ihnen Bedingungen bezeichnen kann, welche die Sicherung der Strafrechtspflege vor einer Beeinflussung der Staatsgewalt gewähren könnten, diese Bedingungen werde ich Ihnen nennen,. und nur mit wenigen Worten, denn sie springen, was ihre Richtigkeit und was ihre Haltbarkeit betrifft, in die Augen. Geben Sie den jungen Leuten eine tüchtige Vorbildung , lassen Sie sie ordentlich lernen und dann nehmen Sie dieselben für einige Zeit gehörig in eine Praxis, stellen Sic den Richter pecnuiär gut, und votircn Sic im Reichsrathe für den Richter ein Immunitäts-Gesetz, so wie Sie es für die Landtags - und Rcichsraths-Abgeordneten votirt haben, geben Sie ihnen endlich die Controlle der Oeffent-lichkeit, und unserer Strafrechtspflege wird man keinen gegründeten Vorwurf mehr machen können. Wenn Sie aber sagen, und mir dagegen einwenden, ja was nützen uns solche Richter, welche von der Staatsgewalt denn doch beseitigt werden können? Meine Herren, mit Gewalt, mit gesetzwidrigem Vorgehen der Rcgiernngs-gcwalt werden auch Geschworne beseitigt werden, und cs wird eben dahin kommen, was ich so sehr vermieden wünschte, nämlich zur Einführung des Martial - Gesetzes. Wenn die Staatsgewalt die Stirne hat ein Jmmu-nitätsgcsetz, welches der Reichsrath votirt, und Se. Majestät sanctionirt hat, zu beseitigen, dann, meine Herren, hat sic gewiß auch die Stirne, die Geschwornen-Gerichte zu snspendiren und an ihre Stelle die Kriegsgerichte zu setzen. Meine Herren, ich habe cs für meine Pflicht erachtet, Ihnen offen die Mangel der Strafrechtspflege, tute sie sein werden, wenn die Geschwornen-Gerichte eingeführt werden, darzulegen. In Ihrer Hand ist cs, zu entscheiden, nach Ihrer Einsicht, wie sie cs für das Wohl des Landes am zweckmäßigsten finden werden. Auf Eines jedoch erlaube ich mir, Sie aufmerksam zu machen. Ebenso wenig, als wie ich cs gescheut habe, ein abfälliges Urtheil von Seite einer gewissen Classe zu erfahren, so wenig scheuen Sie, meine Herren, gegen die Geschwornen-Gerichte zu votircn, auf die Gefahr hin, daß die Presse Sie als einen illiberalen Landtag erklärt. Meine Herren, folgen Sic Ihrer Ueberzeugung, und seien Sie dessen gewiß, daß für eine negative Beantwortung des heutigen Antrages Ihnen die Landesbevölkcrnng, der Bürgerstand gewiß dankbar sein wird. (Rufe: Sehr gut! Bravo! Oho!) Präsident: Wünscht noch Jemand von den Herren das Wort? Posl. Dr. Bleiweis: Cas je denar. Skoda je res tratiti dragi čas našega zbora, k teranu že zadnja ura bije. Zalo bodem le malo besed dodal, ker celo nisem mislil govoriti denes o tej zadevi, kte.ro je moj prijatelj dr. Toman tako prepričavno razložil. Ali ker sla govorila dva visoko čestita gospoda, kterih beseda ima veliko veljavo, ker eden je ces. sodniški svetovalec, drugi je bil državni pravdnik, naj mi bode dovoljeno, da še jaz pripeljem v našo zbornico tretjega gospoda, ki je tudi v vrsti sodniškega stanu — jaz mislim našega državnega pravdnika pl. gosp. Kaiser Trauensterna. Poslušajmo , kako je prečestiti ta gospod sodil o sodni š t v u brez porotnic. Ko so se v Ljubljani 11. svečana 1851 prvikrat odprle porotnice, jih je začel s slovesnim ogovorom. iz kterega posnamem le poglavitne stavke: „Troblje no poslopje starega sodništva je odstranjeno in na oprostenem mestu se vzdiguje nova nadepolna stavba — z a gr in a lo sodivnice je pretrgano , ter de spone so razbite —- in iz temne noči skrivnosti pride na bli-šečo luč javnosti djanje sodniških organov zavoljo za-dobljenja občnega zaupanja, zavoljo potrjenja in pokrep-čanja njene nepostranosti. . . . Prišel je dan prve porotne sodbe. Zoper na torno zedinjenje tožnika in' toženca v osebi sodnika je razvezano, tožbino reč raztopijejo priseženi možje skušene spoštenosli in nepostranski sodniki, pa ne več, kakor poprej, po mrtvi črki človeških postav, ampak po notranjem živem prepričanji, iz obravnave izvirajočim, — po postavi k toro je živi Bog v njene srca zapisal i. t. d.“ Slavni zbor! to so besede ces. sodnika, go.sp. der-žavnega pravdnika. Primerimo jih s temi, ki sta jih tudi ces, sodnika govorila in očiten je veliki razloček. Sklenem tedaj svoj govor s prošnjo, da glejmo, da ne bode naš deželni zbor edini, ki bi zavrgel fundament pravega ustavnega življenja! Zalo priporočam predlog odborov. Präsident: Wünscht noch Jemand von den Herren das Wort? Abg, Krom er: Nach den glänzenden Vorträgen, welche die vcrehrlichen Herren v. Strahl und Baron Apfal-trern über die practische Anwendbarkeit der Gcschwornen-Gcrichtc in unserem Kronlande bereits gehalten haben, würde ich den guten Eindruck nur abschwächen, welchen die Reden derselben auf die Gemüther der hohen Versammlung nothwendig geübt haben müssen. Aber die Frage möchte ich an den Herrn Dr. Blei-wcis doch gerichtet haben, ob der Herr Staatsanwalt Dr. Kaiser v. Tranenstern mich dann noch, nachdem die Ge-schwornen-Gcrichtc sich als unpractisch bewährten und deßhalb zu Grabe getragen wurden, dieselbe Ueberzeugung gehabt, und ob er ihnen zur Zeit der Aufhebung wirklich ein so tiefes herzliches Beileid nachgerufen habe. Abb. Dr. Toman: Ich bitttc nochmals um das Wort. Der geehrte Herr Baron v. Apfaltrern hat seine Losung heute nicht beobachtet, mit welcher er eine lange Debatte über Gegenstände neulich als einen Raub der kostbaren Zeit bezeichnet hat. Darum sei es mir erlaubt, auf seine Rede nicht alles, was zur Entkräftigung dienen würde, vorzubringen, weil die meisten seiner Anführungen schon, entweder in diesem Saale wiederlegt worden sind, oder infoferne sie sich als eine Vorlesung über eine gute Justiz - Einrichtung dargestellt haben, in andern Studienbüchern sich ividerlegt finden. Aber das sei mir gestattet, daß ich die Bewegung in Oesterreich in freiheitlicher Beziehung, insoferne, als in mir bürgerliches Blut fließt, von einem anderen Standpunkte auffasse, als es der hochverehrte Herr Baron gethan hat. Wenn das Jahr 1848 in Oesterreich nicht gekommen wäre, wenn das Jahr 1848, welches ich in allen seinen Entstehungen, in allen seinen Schöpfungen nicht billigen kann, nicht über Oesterreich gekommen wäre, dann wäre der Same nicht gefallen, der am 20. Oktober 1860 zu Achren aufgeschossen ist. (Lebhafter Beifall.) Es geht nicht an, die ganze Periode vom Jahre 1848 und 1849 zu vcrurtheilen, lučmi man „ein Liberaler vom klarsten Wasser ist", wie man sich zu nennen pflegt. ■— Ich prahle nicht damit. — So viel cs mir bürgerlicher Creatnr gestattet ist. . . . (Heiterkeit im Centrum, Zischen rechts.) Präsident: Ich bitte, Herr Abgeordneter, nicht solche Ausdrücke. . . . Abg. Dr. Toman: Ich bitte! — Ich kann mich bezeichnen, wie ich will (Heiterkeit), ich habe Niemanden etwas zu Leide gethan. — So viel es mir bürgerlicher Creatnr gestattet ist, die Jahre 1848 und 1849 zu betrachten , werde ich mit wahrer patriotischer und loyaler Gesinnung sagen, daß die Entschließung Seiner Majestät des Kaisers Ferdinand für die Constitution vvm 15. März 1848 und die Charte vom 4. März 1849 nicht zu verwerfen sind, als wären sie ein revolutionärer Apparat. Diese Aeußerung, meine Herren, entspringt aus einer rechten, wahren, loyalen Gesinnung, denn die trage ich im Herzen, ohne mich mit dem Liberalen vom klarsten Wasser bezeichnen zu müssen. Ich habe gesagt, daß ich auf alle die Einwendungen gegen das L>chwurgericht nicht eingehen werde, aber das sei mir noch erlaubt zu dem angeführten ersten Ersorderniß der Schwurgerichte, nämlich der Nothwendigkeit der objectiven, verläßlichen Feststellung des Thatbestandes, vorzubringen, daß wirklich ein hartes Urtheil über Oesterreichs treue Völker und treue Staatsbürger gefällt worden ist, wenn es heißt, daß sie nicht im Stande sein werden, ein richtiges Urtheil darüber zu fassen, wenn ein Hochverrath, eine Majestätsbeleidignng oder ein solches die Krone, den Thron und das Reich verletzendes Verbrechen in Frage steht. Meine Herren, traurig wäre es um Oesterreichs Thron und Oesterreichs Legalität, wenn nicht in den Völkern die Grundlagen und die Stützen für dieselben wären! Ich will nicht glauben, daß Thron und Regierung sich mehr stützen lassen durch die von ihnen aufgestellten Beamten, als wie durch die Herzen der Völker. Wenn die Herzen der Völker so treu und loyal sind, dann werden sie in solchen Fällen durch ihre gewählten Geschwornen auch richtige Urtheile, in welchen Treue und Loyalität enthalten sein wird, zu füllen wissen. Was die Schnelligkeit der gegenwärtigen Strafjustiz betrifft, möchte ich glauben,, wird es so wohl für manchen Verbrecher, der jetzt Monate lang im Kerker, und in was für einem Kerker weilen muß, bevor cs den Richtern gefällig ist, mit ihm das Verhör gehörig aufzunehmen und die Sache zum Schlußverhöre reif zu machen, willkommen sein, wenn die Quartal-Jury kommen wird, weil die Quartal-Jury ihn vielleicht von einem halben oder ganzen Jahre retten wird, welches über ihn gegangen wäre im Kerker der Voruntersuchungshaft. Wenn Staaten Zuflucht zu dem Martialgesctze nehmen, so nehmen sie diese nicht aus dem Grunde der Geschwor-nen-Gerichtc. Besteht denn in Oesterreich jetzt ein Ge-schworncn-Gericht? Bestand es vor kurzer Zeit? Und ist nicht in einem Nachbarlande die Strafjustiz - Pflege dem Martinlgesetze anvertraut worden? Ist das nicht in anderen Fällen geschehen? Ja, meine Herren, es ist nicht die Folge, daß vom Geschwornen - Gerichte zum Martial-gcsetze gegangen wird; aber gewiß ist vom Geschwornen-Gerichte zum Martialgesctze ein größerer Sprung, der sich in einem Staate mit solchen seltener zeigt, als von einem einfachen Richtercolleginm zu Richtern ans dem Militärstande. Man stellt im Staate mit oder ohne Schwurgericht noch ein strengeres Strafrecht und Gericht auf, man publicirt das Standrccht in schärfster Form. Unserem Volke ist meines Erachtens weiter durch den Herrn Baron Apfaltrern ein großes Unrecht geschehen, weil er dasselbe rachsüchtig nennt und sogar fürchtet, daß ein Geschworener für den Ausspruch seiner Gesinnung ein Opfer der Lynchjustiz unseres Volkes sein könnte. Meine Herren, in keinem Lande würde ein Abgeordneter aus dem Volke dieses ohne Protest aufnehmen, und ich muß meine Verwahrung gegen diese Bezeichnung unseres Volkes einlegen. Schließlich ist gesagt worden, die Institution der Ge-schworncn-Gerichte mag wohl angenehm sein zur Anspornung für junge Advokaten. Möglich! Sie scheint aber für Herren, welche Staatsanwälte gewesen sind, nicht von solcher Bedeutung zu fein, vielleicht um so viel weniger, als sie dadurch eine Last auf sich laden müßten, die um so unangenehmer zu tragen to tire, als sic dieselbe aus einem entfernten Wohnsitze in unser Vaterland immer bringen müßten. Was in Wesenheit die Geschworncn-Gerichtc betrifft, ist wirklich gar nichts gesagt worden, was nicht durch meine nculichc Motivirung, durch meine heutige frühere Rede schon im Voraus entkräftet worden ist. Ich überlasse cs dem Herrn Berichterstatter, noch die weitere Begründung des Antrages durchzuführen. Abg. Dr. B l c i w e i s : Na vprašanje častitega gosp. Kromerja: ali še tudi denes misli g. državni pravdnik o porotnicah tako, kakor jv takrat mislilmu odgovorim, da to, ali so se porotnice dobre skazale ali ne, ne spada sem , -— tudi ne vem , kaj gosp. državni pravdnih misli dena.šnji o njih — pa saj tega tudi jaz v svojem govoru nisem tvrdil, da hvali porotnice, — rekel srni le, kako je sodil o sodništvu brez porotnic. In o tem ni mogel premeniti svojega mnenja. Präs i d e nt: Wünscht noch Jemand das Wort? Wenn nicht, so hat der Herr Berichterstatter das letzte Wort. Bcrichtcrst. Dr. Sup pan: Die Klagen und Be- schwerden über die Pflege der Gerechtigkeit sind so alt als das Recht selbst, und eben so alt ist die Gewohnheit, ihre letzte Quelle in der Organisation der Gerichte zu fiidjcu. Wenn der Ausschuß die Wiedereinführung der Schwurgerichte anempfohlen und für wünschcnswerth erachtet hat, so konnte er sich nicht der Ansicht hingeben, daß damit unbedingt aller und jeder Beschwerde abgeholfen werde, daß keine einzige Klage über die Urthcilsfällung mehr zu hören sein werde, denn die Geschwornen-Gcrichtc bestehen eben so, wie die aus rcchtsgelehrtcn Richtern zusammengesetzten Gerichte, aus Menschen ■— und wo Menschen zu Gerichte sitzen, da ist der Irrthum nicht ausgeschlossen. Allein der Ausschuß hielt die relative Vorzüglichkeit der Geschwornen-Gerichte für ganz unzweifelhaft, und in dieser Beziehung ist auch iu der Wissenschaft keine Frage mehr darüber. Ich will hier nicht im Weiten den wissenschaftlichen Standpunkt hervorheben, und über das Institut der Schwurgerichte eine wissenschaftliche Abhandlung geben, nachdem einerseits die Zeit drängt, andererseits jeder, ober die größere Mehrzahl der verehrten Herren Abgeordneten hierüber schon zahlreiche Abhandlungen gelesen hat, und nachdem endlich die Ueberzeugung, welche in dieser Angelegenheit der Eine oder der Andere bereits fid) gebildet hat, durch eine derartige Abhandlung schwerlich erschüttert werden könnte. Ich will nur auf einen Satz hinweisen, welchen Justus Möser vor beiläufig hundert Jahren ausgesprochen hat und welcher das Wesen der Geschwornen-Gcrichte, ihre Vorzüglichkeit als Rcd)tsinstitut und ihre Nothwendigkeit als solches so klar und mit wenigen Worten bezeichnet, daß die ganze Literatur, welche sich darüber in späteren Zeiten angesammelt hat, nichts besseres darüber auszuweisen hat. Justus Möser sagt: „Was kann unbilliger und grausamer sein, als einen Menschen zu verdammen, ohne üerfidjert zu sein, daß er das Gesetz, dessen Uebertretung ihm zur Last gelegt wird, begriffen und verstanden habe, oder begreifen und verstehen könne. Die deutlichste Probe aber, daß ein $ erbred) er das Gesetz verstanden habe, oder doch verstehen könne und solle, ist unstreitig diese, wenn 7 oder 12 ungelehrte Männer ihn barn ad) verurtheilen, und durch eben dieses Urtheil zu erkennen geben, wie der allgemeine Begriff des Gesetzes gewesen und wie jeder mit bloßer gesunder Vernunft be- gabte Mensch sold)cs ausgelegt habe. Dieß ist die einzige Probe von der wahren Deutlichkeit des Gesetzes, tocldje der Gelehrte nie geben kann, weil seine Sinne zu geschärft, zu fein und über den gemeinen Begriff zu sehr erhaben sind." Das Wesen des Gcsd)worucn - Gcrid)tcs, als eines Rechtsinstitutcs, ist daher in diesen Worten klar auSge-sprochcn. Es bedarf der Garantie, daß der Verbrecher mit Wissen ein Strafgesetz übertreten habe, daß das Strafgesetz der Art fei, daß die dadurch verpönte Handlung fdjon durch die bloße Vernunft als eine strafbare erkannt werden könne, und diese Garantie kann eben nur burdj das Ge-schworncn-Gcricht geboten werden. Wenn id) nun and) weiter nicht in das Wesen der Geschworucn-Gcrichlc eingehen will, so nmd)tc id) doch einen ganz kurzen Rückblick auf die Entstehung der Gcschworncn-Gcrid)te in Europa werfen, wie sid) dieß Institut nad) den gegenwärtig im Allgemeinen geltenden Grundsätzen gebildet hat, indem sid) daraus ergeben wird, daß die Bedenken, welche gegen die Einführung des Sd)wnrgerick)tcs in diesem Lande gemacht werden, sid) ebensogut bei allen anderen Ländern herausgestellt haben, welche die Sd)wurgcrichte besitzen, roctd)c sic als ihr theuerstes Gut verehren und selbe um keinen Preis missen möchten. Die Sd)wurgcrid)tc entstanden in England, als nach Aufhebung der Gottcsnrtheilc in den Jahren 1215 und 1219 das Zeugniß der Gemeinde, rcpräscntirt bitrd) 12 ihrer Glieder, bezüglich der Schuld des Gerügten angerufen wurde. Dieses Zeugniß sd)loß die Kcnntnißnahme von Thatsad)en und ebensowenig die glaublid)c Mittheilung Anderer nirijt ans, sondern wies ausdrücklid) ans die^ Erkundigung sold)er hin; cs war daher der Schritt nur ein natürlicher und selbstverständlicher, daß die Richter sick) beeilten, diesen Gesd)wornen die Beweise selbst vorzulegen, ivcldjc hinsichtlich der Schuld des Angeklagten ermittelt worden sind. Ans diese Weise wurden die Gcsd)worncn aus Zeugen zu Rid)tcrn, und haben sid) in England durch mehr als 600 Jahre fort und fort behauptet. Von England kamen sic nad) Frankreich. Zur Zeit der großen französischen Revolution, und zwar am letzten April 1790 wurde die Criminaljury dort eingeführt. Die Einführung gcsck)ah dort lediglid) aus politischen Gründen, und deßhalb konnte sick) das Gcschworuen-Gcricht and) nicht in so gedeihlicher Weise entwickeln, wie dieß in England der Fall war. Es tvar in Frankreich lange Zeit von der Wiederaufhcbung der Gesck)worncir Gcrid)te die Rede. Als im Jahre 1808 die Revision des Crimiualcodcx dort wieder aufgenommen wurde, so antwortete der Großrid)tcr ans die Frage des Kaisers Napoleon, „wie cs jetzt mit den Leistungen der Gcsd)worucn stehe?" Es lasse sid) wenig rühmcnswcrthes von ihnen sagen, sie erfüllten ihre Aufgabe mit großer Sd)wäd)c und crmuthigcn das Berbred)M durch die Aussicht auf Straflosigkeit. Allein Napoleon, welcher uid)t bloß als Krieger in der Wcltgesd)idjtc Epod)e mackste, sondern and) als Gesetzgeber, erklärte, cs fehle zwar unter den damaligen Zuständen des französischen Staates an der innern Begründung für die Bclassung der Gcschworneu-Gcrichtc; allein, cs sei zu erwägen, daß der beständige Richter, gewohnt, Vcrbrcck)cr vor sich zu sehen, zu Icidjt in der Annahme der Sck)uld verfahren könne; dieses verhüte die Ausübung des Strafamtcs durck) Geschworene und deßhalb seien sic beizubehalten. Von Frankreick) verpflanzten sid) die Schwurgerichte, theils mittelbar durck) die Rheinprovinzen, theils unmittelbar nad) Deutschland und Italien. Als die Strafprozeßordnung »or den preußischen Kammern im Jahre 1852 rcvidirt wurde, so gab der Justiz-minister die Erklärung ab: „Bei Verbrechen gegen die Sicherheit des Eigenthums entscheiden sich die Geschworenen leicht für ein Schuldig und Pflegen darin weiter zu gehen, als in vielen Fällen rcchtsgelchrte Richter thun würden. Bedenklicher stelle sich die Sache bei Verbrechen gegen Personen; hier trete die Neigung hervor, die gesetzten Schranken zu überschreiten und die thatsächlichen Momente des gegebenen Falles nicht zu berücksichtigen." Allein demungeachtet, obwohl sich diese Gebrechen dort herausstellten, wie sie sich überall herausstellen, wo das Gcschworncn-Gericht plötzlich und unvorbereitet eingeführt wird, und obwohl der damalige Zeitgeist nicht darnach eingerichtet war, den Schwurgerichten hold zu sein, so trat doch keine einzige Stimme in den preußischen Kammern hervor und selbst nicht von der Ministerbank, welche für die Aufhebung der Schwurgerichte gesprochen hätte. Man ging nur daran, die Mängel an der bestehenden Einrichtung der Schwurgerichte zu verbessern und Niemand dachte daran, sie zu beseitigen. Dieser Umstand allein schon, daß in keinem Lande, wo die Schwurgerichte eingeführt worden sind, dieselben wieder beseitiget wurden, mit Ausnahme bei uns in Oesterreich, schon dieses allein würde nach meiner Ansicht genügen, um alle die Einwendungen hintanznweisen, welche von den Herren Abgeordneten v. Strahl und Baron Apfaltrern vorgebracht wurden. Allein ich muß in diese Einwendungen auch näher eingehen, und ich glaube, daß in der That kein einziger derselben als begründet erachtet werden könne. Ich muß vor Allem die Bemerkung zurückweisen, als ob man diese Angelegenheit nur als eine Modesache betrachte. Was die Wissenschaft festgestellt hat, was alle ersten Juristen, und in Deutschland von dem ersten Rcchts-gclchrten Mittermayer an, als nothwendig erklärt und als in einem jeden Lande durchführbar betrachtet haben, das kann man nicht mehr als eine Modesache erklären. (Bravo, Bravo !) Zuerst muß eine Idee in der Wissenschaft sich Bahn brechen, dann muß sic in das practische Leben eingeführt werden. Die Wissenschaft hat die Frage abgethan, in das practische Leben soll sie jetzt bei uns eintreten. Die 23jährige practische Erfahrung des Herrn Abg. v. Strahl kann ich hier nicht gelten lassen; es ist nur eine anderthalbjährige practische Erfahrung hinsichtlich der Gc-schworncn-Gerichte, und ans einer Zeit eben, wo sie zuerst in das Leben getreten sind, wo daher manche Unznkömm-lichkeiten vorkommen mochten, — nicht in den Rechts-sprüchcn, das bestreite ich, und bestreite auch, daß ein Mißgriff in jenen beiden Fällen vorgekommen sei, welche vom Herrn Abg. v. Strahl erwähnt wurden, ans welche ich später zu sprechen koinmcn werde, — allein Unzukömmlichkeiten insoweit, daß sich einige Unlust bei dem einen oder dem andern der Geschworenen gezeigt haben mochte. Wenn der Herr Abg. v. Strahl darin einen Beweis dafür findet, daß die Bevölkerung kein reges Interesse für die Strafrechtspflege habe, weil gegenwärtig die Ge-richtssäle leer sind, weil sich die Vertrauensmänner nicht gern als Strohfignrcn (Bravo! Bravo !) bei der Pro to-collirnng der Verhöre der Angeklagten gebrauchen lassen wollen, dann wäre die Behauptung allerdings richtig; allein sic ist unrichtig, weil eben die Prämissen unrichtig sind, ans welchen dieser Schluß gezogen werden miff. Wen soll es interessiren, gegenwärtig die Gerichts-sälc zu betreten, wo die Schlnßverhandlung lediglich ein Schauspiel ist, das eigentlich gar keinen Werth mehr hat, eine leere Formel (Rufe: Sehr wahr), welche auch nur als eine leere Formel von allen drei Factoren, welche dabei bcthciligt sind, vom Gerichtshöfe, vom Ankläger und vom Vertheidiger betrachtet und als solche behandelt werden. Und wie kann man überhaupt die Gerichtssäle betreten, wo die Oeffcntlichkeit, wie gegenwärtig, noch eine beschränkte ist. Wo man die Oeffentlichkeit beschränkt, da ist sie indirekt ausgeschlossen; nicht Jedem beliebt es, sich 1 vorher die Erlaubniß zu erbitten, irgend einen Saal betreten zu dürfen. bin ebenfalls der Ansicht, daß das Rechtsgefühl im Herzen eines Volkes schon ursprünglich lebe, daß es nicht durch einen gewissen Grad der Cultur erst belebt und in die Herzen des Volkes eingepflanzt werden könne. Es : ist ein natürliches Gefühl, welches jedem Menschen gegeben ist, und das keinem benommen wird, der dieses Gefühl nur selbst sprechen läßt. Die beiden Fälle, welche der Herr Abg. v. Strahl angeführt hat, kann ich nicht als einen Beweis gelten lassen für die Verwerflichkeit der Gcschworncngerichtc. Er hat den einen Fall angeführt, wornach ein angeblich schuldiger Angeklagter schuldlos gesprochen wurde, den andern, wo ein Schuldloser schuldig erklärt worden sei. Im ersten Falle, wenn die Fragestellung diejenige war, wie sie vom Herrn Abg. v. Strahl vorgebracht wurde, und wenn die Geschworenen ungeachtet der Richtigkeit des Factums sich dennoch nicht von einer Gesetzesübertretung oder strafbaren Handlung überzeugen konnten, dann mußten sie allerdings ein Nichtschuldig anssprechen — mußten ein Nichtschuldig aussprechen, ungeachtet des Eingeständnisses des Beklagten bezüglich des Factums. Man darf den Geschworenen nicht bloß einfach über das Faktum abstimmen lassen, sondern er muß ein wahres Schuldig anSsprcchen, und wenn er sich eben von der Sch uld, d. i. von einer Gesctzesverletzung nicht überzeugen kann, wird er das Schuldig nicht aus-sprcchcn, und wenn man die Frage auf das Factum gerichtet stellt, muß er das Factum verneinen, wenn auch der Angeklagte es eingestanden hat. Diese Erscheinung ist nicht hier allein vorgekommen, sie hat sich häufig gezeigt in vielen Ländern, und wird immer vorkommen, wo eine unrichtige Fragestellung Platz greift. Den zweiten Fall hingegen, wo ein Schuldloser ver-urtheilt wurde, den kann ich nicht begreifen. Wenn kein anderes Indicium vorlag, als das vom Herrn Abg. v. Strahl erwähnte, so begreife ich nicht, wie der Anklagcscnat des Oberlandesgerichtcs den Angeklagten als dringend verdächtig bezeichnen konnte; da begreife ich dann nicht, warum der Gerichtshof, welcher ^auch aus rechtsgelehrten Richtern bestand, denen in jeder Strafpro-ceßordnnng, nach der Geschwornen - Gerichte intcrveniren, das Recht eingeräumt ist, wenn ein Angeklagter nach Ansicht der Richtcrbank schuldlos verurtheilt wird, das Urtheil zu cassiren, und den Fall vor ein anderes Gcschwor-ncngcricht zu verweisen, — warum die Richtcrbank dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist? Alle diese Fälle, wo man behauptet, daß von Geschwornen-Gerichten Angeklagte schuldlos verurtheilt worden seien, fallen auf die Richterbank zurück. (Rufe: Sehr wahr!) Wenn die Richterbank ihre Verpflichtung nicht erfüllt, dann gibt sie eben den Beweis, daß auch sie in einem solchen Falle den Angeklagten verurtheilt haben würde. (Abg. Dr. Toman: Sehr gut.) Der Fall, wie er uns vorgetragen wurde, ist zu bedauern, allein ich weiß nicht, warum der Herr Abg. v. Strahl uns auch nicht jenen Fall erzählt hat, den wir leider vor einigen Monaten in den öffentlichen Blättern zu lesen Gelegenheit hatten, wo ein französisches Gcschwornen-Gericht eine Frau des Vatermordes schuldig erkannte und schuldig erkennen mußte, weil diese selbst das Ge-ständniß abgelegt hatte, den Vatcrmord vollbracht zn haben. Allein warum hatte sie das Geständniß abgelegt? — Darum, weil ihr in dem Kerker von dem Jnstructions-richter derartige geistige Foltern zugefügt wurden, und weil sie auch derartige körperliche Mißhandlungen erdulden mußte, daß sie sich endlich diesen Mißhandlungen nur dadurch entziehen konnte, daß sie das gräßlichste Verbrechen ciube-kannte, welches es geben kann, den Vatermord. Wenn dieß in einem Staate geschehen samt, wo Geschwornen - Gerichte sind, so würde es wohl umfovielmehr dort vorkommen können, wo keine derartigen existiren, wo das ganze Strafverfahren nur in die Hände beständiger Richter gelegt ist. In Frankreich kam die Wahrheit doch an das Tageslicht, allein wenn dort keine Geschwornen-Gerichte wären, so wäre dieß äußerst zweifelhaft gewesen. Denn es ist gar kein Zweifel, daß dem Jnstruetionsrichter dort, wo er das Licht der Oeffentlichkeit nicht so sehr zn scheuen braucht, eine derartige Gewalt über den Jnquisiten eingeräumt ist, daß diesen kein Gesetz zu schützen vermag. „Bei Geschwornen-Gerichten gibt es keine Berufung; bei einem Gerichtshöfe aus rechtsgelehrten Richtern gibt es eine Berufung." Man kann sich in 3 Instanzen berufen: Die erste Instanz erklärt schuldig. Die zweite nicht schuldig. Die dritte schuldig. Diese Fälle kommen sehr häufig vor, ebenso häufig kommen die Fälle vor, daß die eine Instanz in einer Handlung einen Diebstahl, die zweite einen Betrug, und die dritte eine Veruntreuung findet; wo ist das gerechte Urtheil in diesem Falle? Es ist hierin für den Angeklagten durchaus keine sicherere Gewähr, als diejenige, welche darin liegt, daß zwölf seiner Mitbürger über ihn das Urtheil fällen, vorausgesetzt, daß alle vom Gesetze bestimmten Formalitäten erfüllt wurden, und dagegen eben ist die Cassation das wirksame Rechtsmittel. Der Herr Dr. Toman hat bereits über die meisten Punkte selbst gesprochen und dieselben widerlegt, und ich glaube daher nur zu den bezüglichen Anführungen des Herrn Baron Apfaltrern noch Einiges sagen zu sollen. Der Herr Baron Apfaltrern meint, daß die Herstellung des objectiven Thatbestandes oft eine schwierige sei, und daß sie das Fassungs-Vermögen der Geschworenen oft überschreiten werde; daß es Verbrechen derart complicities Natur gebe, daß dieselben nicht von dm Geschwornen in allen ihren Beziehungen erfaßt zu werden vermögen. Dieser | Behauptung, welche nicht gegen die Geschwornen-Gerichte ! in unserm Laude, sondern gegen die Geschwornen-Gerichte ; überhaupt gerichtet ist, sowie dieses überhaupt bei allen Be- I Häuptlingen des Herrn Baron Apfaltrern der Fall ist, dieser Behauptung stelle ich einfach die Erfahrung von allen den Ländern entgegen, wo die Geschwornen-Gerichte eingeführt sind. Es ist dieß einfach nicht wahr, weil in allen Ländern die Geschwornen - Gerichte über derartige Verbrechen ebenfalls urtheilen und gewiß eben so gut urtheilen, als eö von i rechtsgelehrten Richtern geschehen wird. Die weitere Bemerkung geht dahin, daß die Strafrechtspflege vor Geschworneu-Gerichten nicht so rasch stattfinden könnte, wie ohne dieselben. Dieses ist ebenfalls einfach unrichtig. Die Erfahrung zeigt, daß mau gerade die Fälle, welche vor die Geschwornen-Gerichte zn gelangen haben, das; man gerade hier die Untersuchungen sehr beschleunigt, um wo möglich von einem Quartal zum andern dieselben abzuschließen und vor die Assisscn bringen zu können, während sich gegenwärtig allerdings die Untersuchungen nicht nur Monate, sondern auch Jahre lang verzögern. Bezüglich der Wohlfeilheit glaube ich nichts erwähnen zu sollen; eine schlechte Justiz ist immer zu theuer, und eine gute Justiz ist nie zu theuer; wenn sie auch mit etwas mehr Kosten verbunden wäre, so ist dieselbe doch unbedingt vorzuziehen mit Rücksicht auf alle übrigen Vortheile , die daraus erwachsen. Der Herr Baron Apfaltrern glaubt, daß man die Beeinflussung der Richter durch ein Jmuiuuitätsgesetz und durch eine gute peeuniäre Stellung beseitigen könne. ES kann in dieser Richtung etwas geschehen, das unterliegt keinem Zweifel, allein die Beeinflussung wird dcmuugcachtet nie beseitigt werden können; alle diese Garantien sind rein imaginär. Ueberall dort, wo der Richterstand in die Beamten-Hierarchie eingefügt ist, möge matt Gesetze geben, daß der Richter nicht verantwortlich, daß er unabsetzbar sei, daß er nicht von einer Stelle zur andern versetzt werden könnte, der Richter wird demungeachtct, wie jeder Mensch, nach Beförderung streben, und der Staat hat es in seiner Macht, ihn zu befördern oder nicht. Er hat es in seiner Macht, ihn mit Auszeichnungen in anderer Weise zn überschütten, und diese Rücksicht wird immer den Richter bei Beurtheilung von politischen Verbrechen in seiner klaren Anschauung beirren. Ich will in die weitern Bemerkungen nicht näher eingehen, nur möchte ich noch die Frage auswerfen: wenn nicht derartige Vortheile mit der Einführung der Schwurgerichte verbunden sind, wie sie im Ausschußberichte angeführt erscheinen, woher kommt es daun, daß überall dort, wo die Schwurgerichte eingeführt sind, sich die Zahl der strafbaren Handlungen, die vor die Assisseu kommen, beinahe von Jahr zu Jahr vermindern, wie dieses namentlich in Baiern der Fall ist seit Einführung der Schwurgerichte? Das ist ein deutlicher Beweis, daß durch diese Institution das Rechtsgcfühl im Volke erstarkt, daß die öffentliche Moral dadurch gekräftigct wird. Ich komme hier nur noch auf eine Bemerkung des Herrn v. Strahl zurück, wodurch er glaubt die Rechtspflege zu befördern, nämlich durch die Beseitigung der Beweistheorie. Ich weiß, daß die Bcwcistheorie an und für sich wenig practischeu Werth hat, weil sie der Richter, der sich von der Schuld des Angeklagten überzeugt glaubt, die gesetzlichen Beweismittel in der Art dehnt und streckt, daß er damit allerdings macht was er will. Allein, wenn ein rechtsgelehrter Richter urtheilen soll über Schuld oder Nicht-Schuld , so bin ich doch gegen die Aufhebung der Beweistheorie, indem ich darin den einzigen Schutz des Angeklagten gegen die habituelle Gewohnheit, welche sich bei manchem Angehörigen des Richterstandes durch die Gewohnheit, immer mit Verbrechern zu verkehren, ausbildet, eben in jedem Angeklagten einen Verbrecher schon im vornherein zu erblicken, sehe. Nun, meine Herren, mögen Sie zur Abstimmung schreiten, allein mögen Sie dabei bedenken, daß das Votum, welches Sie abgeben, schlver wiegt, und daß nach ihm die Strafrechtspflege in unserem Laude vielleicht auf ein De-eeuium festgestellt wird. Ich will nicht darauf hinweisen, daß kein einziger der Landtage, welche diese Frage in Verhandlung genommen haben, sich gegen die Einführung der Schwurgerichte ausgesprochen, sonder» daß sie alle dieselben auf das Wärmste empfohlen haben. Ich will nicht darauf hinweisen, denn es soll Jeder nach seiner Ueberzeugung feine Stimme abgeben, wohl aber ist zu berücksichtigen, das; eben dieser Ansspruch für unser Land nicht unwesentlich , sondern non hoher Wichtigkeit sein wird. (Lebhafter Beifall.) Präsident: Die Debatte ist geschlossen. Es liegt dem Ansschnßantrage gegenüber nur der Antrag des Hrn. Abg. v. Strahl ans motivirte Tagesordnung vor, welcher nach §. 39 G. - O. zuerst zur Abstimmung zu kommen hätte. Wird dieser abgelehnt, so kommt der Antrag des Ausschusses zur Abstimmung. Der §. 42 G. - O. ermächtigt mich und die hohe Wichtigkeit des Gegenstandes bestimmt mich, über beide vorliegende Anträge die namentliche Abstimmung anzuordnen. (Rufe: Gut.) Zuerst kommt demnach der vom Herrn Abg. v. Strahl gestellte Vertagnngsantrag zur Abstimmung, welchen ich nochmals vorlesen will. Er lautet: (wird unterbrochen vom) Abg. A in drosch: Ich bitte um eine Unterbrechung von 5 Minuten. Präsident: Wenn es gewünscht wird, bitte ich den Antrag zu stellen, ich kaun die Unterbrechung bewilligen, wenn der bezügliche Antrag non 5 Mitgliedern unterstützt wird. (Rufe: „Rein" und „Ja.") Es ist also der Antrag gestellt, die Sitzung auf 5 Minuten zu sh stiren ? (Rufe: Nein, zur Abstimmung!) Ich fahre demnach fort. Der Antrag deö Herrn v. Strahl lautet: „Der hohe Landtag wolle beschließen: In Erwägung, das; Hierlands weder ein dringendes Bedürfniß, noch ein allgemeiner Wunsch der Einführung der Schwurgerichte sich geltend gemacht hat; in der Erwägung, daß es überhaupt int Interesse der Rechtspflege liege, Rechtseinheit im ganzen österreichischen Kaiserstaate herzustellen; in Erwägung, daß somit die Frage über die Einführung oder Nichteinführnng der Schwurgerichte keine locate oder provincielle sei, werde zur Tagesordnung übergegangen." Dieser Antrag ist gehörig unterstützt worden; ich werde sofort über denselben, und zwar wie gesagt, namentlich abstimmen lassen. Ich bitte jene Herren, welche für den Vertagnngsantrag des Herrn n. Strahl stimmen, beim Namensanfrnfe mit „Ja", und jene, welche gegen denselben stimmen, mit „Nein" zu antworten. Ich ersuche den §erm Abg. Kromer und den Herrn Schriftführer die Abstimmung zu eontrolliren. (Bei dem hierauf erfolgten Namensaufrufe stimmten mit Ja: Die Herren Abgeordneten Freih. u. Apfaltrern, Gustav Graf Auersperg, Brolich, Golob, Jombart, Koren, Kosler, Kromer, n. Strahl, Dechant Toman. Mit 4t e i n stimmten die Herren Abgeordneten: Ambrosch, Dr. Bleiweis, Deschmann, Guttman, Kapelle*), Klemenčič, n. Langer, Locker, Lnckmaim, Mnlley, Rosinami, Sagorz, Dr. Skedl, Dr. Snppan, Dr. Lovro Toman, Vilhar, Anton Freih. v. Zois, Michael Freih. v. Zois. Ich bitte mir das Resultat bekannt zu geben. Abg. Kromer: 10 haben mit „Ja" 18 mit „Nein" gestimmt. (Rufe: 11.) Präsident: Es ist somit der Vertagungsantrag des Herrn Abg. v. Strahl abgelehnt. Ich bringe min den *) Mg. Kapelle (beim Aufrufe seines Namens:) Ja, wenn es sich um die Ablehnung des Antrages des Herr» v. Strahl handelt. Präsident: Jene Herren, welche für den Antrag des Herrn ti. Strahl stimmen, wollen mit I a antworten , die dagegen stimmen mit Nein! Abg. Kapelle: Nein! XXXV. Landtags - Sitzung. vom Ausschüsse gestellten Antrag zur Abstimmung und werde in der nämlichen Weise verfahren, nämlich durch nainentliche Abstimmung. Der Antrag lautet: Der h. Landtag wolle beschließen: „Der Landtag des Herzogthnms Krain erkennt in Berücksichtigung der Cultur-, socialen und politischen Verhältnisse des Landes die Wiedereinführung der Geschwornen-Gerichte in Strafsachen für Krain als wünschenswerth, und stellt daher aus Grund des §. 19 litt. t>) Landes-Ordnnng den Antrag: Die h. Staatsregierung wolle wo möglich in der nächsten ReichSrathssession eine Stras-proeeßordnung mit Aufnahme der Geschwornen-Gerichte für die schweren Privatverbrechen, ferners für alle Verbrechen und Vergehen politischer Natur, so wie für alle durch Druckschriften begangenen strafbaren Handlungen zur ver-sassnngsmüßigen Behandlung vorlegen." Dieser Antrag kommt natürlich im Ganzen zur Ab-stimmnng, weil eine Theilung im Antrage selbst nicht ersichtlich ist. Ich bitte also wieder jene Herren, welche mit diesem Antrage einverstanden sind, mit „Ja", welche gegen denselben stimmen wollen, mit „Nein" zu antworten. (Bei dem hierauf erfolgten Namensaufrufe stimmten mit „Ja" die Herren Abgeordneten: Ambrosch, Dr. Bleiwcis, Deschmann, Guttman, Kapelle, Klemenčič, v. Langer, Locker, Luckmanu, Mnlley, Rosman, Sagorz, Dr. Skedl, Dr. Snppan, Dr. Lovro Toman, Vilhar, Ant. Freih. v. Zois und Mich. Freih. v. Zois. Mit „Nein" stimmten die Herren Abgeordneten: Freih. v. Apfaltrern, Gustav Graf v. Auersperg, Brolich, Golob, Jombart, Koren, Kosler, Kromer, v. Strahl, Dechant Toman. Abg. Kromer: 18 mit „Ja" 10 mit „Nein." Präsident: Der Ausschnßaiitrag ist also auge-nontmen. (Lebhafter Beifall im Saale und Znhörerranme.) Wir kommen nun zum vierten Gegenstände der Tagesordnung. Abg. Dr. Toman: Ich erlaube mir bett Antrag auf eine kurze Unterbrechung in Anbetracht, daß die Herren Stenographen durch diese Tage so viel zu arbeiten hatten, zu stellen. Präsident: Ich unterbreche die Sitzung auf 5 Min. (Nach Wiederaufnahme der Sitzung.) Präsident: Wir kommen znm vierten Gegenstände der heutigen Tagesordnung, betreffend den Bericht des Landes-Ausschusses über die Ansprüche der Triester Stadtgemeinde für die in der dortigen Wohlthätigkeits-Anstalt verpflegten Gebärenden und Findlinge. Ich bitte den Herrn Berichterstatter, das Wort zu nehmen. Berichterstatter Dr. Bleiwcis: (Liest.) „Bei der Uebergabe des von der Direction der Wohl-thätigkeits-Anstalten allhier (int Laibacher Spitale) verwalteten Findelhans - Fondes in die Verwaltung des Triester Landes-Ansschnsses hat die k. k. Statthaltern in Triest mit der an die hierläudige k. k. Landesregicruiig vic in den Krankenhäusern, jedoch nach einem andern Modus, und zwar im Einklänge mit dem §. 167 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches von den Verpflichteten eingebracht werden, hat jede Ersatzleistung an die Triestcr Commune pro praeimlo aus diesem Titel zurückgewiesen, eine Ersatzleistung der Verpflcgsgcbnhrcn jedoch nur für die in dem Gebärhause verpflegten Mütter und in demselben geborenen Kinder pro fuiuro mit den periodischen Nachweisungen, wie für in Spitälern verpflegte Kranke, nur in dem Falle möglicherweise in Aussicht gestellt, wenn die beabsichtete Reform der Gebär - Anstalten und respective der Einbringung der Verpflegsgebnhrcii von den Verpflichteten zu Stande gebracht wird, mit dadurch die sonst unerschwinglichen Lasten dem Landesfonde in etwas zu mindern. Ebenso wurden die Kostenansprüche für die in offene Findelwinde gelegten Kinder abgelehnt. Einer Regelung dieser Angelegenheit durch ein Reichsgcsctz, wie sie selbe der StaatSministcr in dem Erlasse vom 28. Nov. 1861, Z. 7560, andeutet, wurde durch den hicrländigcn Delegirten nicht entgegengetreten. Da cs in der kurzbemessenen Frist der gegenwärtigen Landtags-Session dem Landes-Ansschusse nicht möglich war, mit der Vorlage seiner Reform-Anträge bezüglich der Findcl-und Gebär - Anstalt in Laibach vor den hohen Landtag zu treten und diese der nächsten Session vorbehalten werden muß, so ist jedoch laut neuerlicher, an daö hierländige k. k. Landesregierungs-Präsidium gerichteten und in Abschrift dein LandeS-Ausschusse mitgetheilten Note des f. k. Statt-Halterci-Präsidiums in Triest ddo. 12. Febr. d. 3., Z. 103, dringend nothwendig, daß der hohe Landtag in Bezug der von der Stadtgcmeinde Triest für die in den dortigen Wohlthätigkcits - Anstalten verpflegten Gebärenden und Findelkinder ans Krain erhobenen Ersatzansprüche seinen endgiltigcn Beschluß fasse. Der Landes-Ausschuß erlaubt sich in dieser Beziehung : daher nachstehenden Antrag zu stellen: Der hohe Landtag wolle beschließen: Der Landtag in Krain lehnt die von dem Landes-AuSschnssc, respective der Stadtgcmeinde Triest für die in der Triestcr Gebär-Anstalt aufgenommenen, nach Krain zuständigen Schwängern, so wie für die von solchen Müttern der Findel-Anstalt übergebenen oder in die offene Findelwinde hinterlegten Kinder an den krainischcn Landcsfond gestellten Ersatzansprüche pro aufrecht erhalten wird." Präsident: Die General-Debatte entfällt im vorliegenden Falle; ich stelle also an die Herren Abgeordneten die Frage, ob Jemand das Wort wünscht? Bcrichterst. Dr. Bleiwcis: Herr Vorsitzender, ich würde mir erlauben, das Ersuchen an das hohe Haus zu stellen, daß ich eine kurze Skizze jener Verhandlungen, welche in der frühern Zeit mit der k. k. Landesregierung und der k. k. Statthaltcrei in Triest gepflogen wurden, hier vortragen dürfte, weil daraus zugleich die Motive entnommen werden, welche dem Beschlusse des Landcs-AuSschusses auch der leitende Gedanke waren, und welche ich auch, als die Anschauungen des Landes-Ausschusses vertretend, in Triest verfochten habe. ES ist in diesem Expose zwar nicht die Motivirnng, welche den Landes - Ausschuß jeden Anspruch abzulehnen veranlaßte, so genau angegeben, als cs vielleicht erforderlich sein wird, damit man das Ungesetzliche dieser Forderung auch leicht erkenne. Präsident: Ich werde das hohe Haus befragen. Der Herr Abg. Dr. Bleiwcis hat den Antrag gestellt, daß ihm gestattet werden möge, eine kurze Skizze über die Vorgänge, die dießsalls seinerzeit zwischen der Landesregierung und der Statthaltcrei in Triest stattgefunden haben, vorzutragen. Abg. Dr. Toman: Ich bitte um das Wort, Herr Präsident. Ich glaube, das versteht sich von selbst, daß der Berichterstatter die Motivirnng geben kann, wie er will. Bcrichterst. Dr. Bleiwcis: Die Motivirnng ist ein selbstverständlicher Punkt; allein ich habe ersucht, auch eine Skizze der Verhau dl nnge n der k. k. Landesregierung, oder respective noch damals der Statthaltcrei in Krain, mit betn k. k. Statthaltcrei - Präsidium in Triest vorzutragen. Es ist, wie ich bemerkte, die Motivirnng thcilweisc auch eben ans diesen Verhandlungen zu entnehmen. Präsident: Ich bitte, Herr Abgeordneter haben Ihren Vortrag geschlossen, und ich glaubte, daß Sic als Berichterstatter nichts mehr zu sagen haben; ans dieser Ursache habe ich die Frage wegen Zulassung dieses Vortrages gestellt. Ich bitte, vorzutragen. Berichterst. Dr. Bleiwcis: Ich erlaube mir vor Allem eine möglichst kurze Skizze dieser Verhandlungen, welche ich ans den Reg.-Acten geschöpft habe, dem hohen Hanse zur Kenntniß zn bringe». Der Anlaß der Triestcr Forderung war die a. h. Entschließung vom 14. Sept. 1852, mit welcher angeordnet wurde, daß die Erfordernisse der Wohlthätig- kcits-Austalten in Zukunft nicht mehr ans dem k. k. Cameral-fonde bestritten, sondern überall an das Landes-Bud-g e t überwiesen werden. Mit der Note vom 9. October 1853, Z. 9653 (Prot.-Nr. 11.462 der hies. Statthaltern), ersuchte die k. k. Triestcr Statthaltcrei in Triest um die Verfügung, daß die zur Erhaltung der Triestcr Gebär- und Findel-Anstalt auf das Land Krain approximativ berechnete Tangente pr. 13901 fl. pro 1853/ä4 in monatlicher Rate pr. 1158 fl. 25 kr. an den Triestcr Landesfond abgeführt werde. Die hiesige Statthaltcrei lehnte diese Anforderung deßhalb ab: 1. weil bei der Feststellung des Landes-Budgets pro 1854 auf die Bedeckung dieser unvorhergesehenen Auslage nicht vorgedacht wurde, und weil für hierländige Angehörige überhaupt nur dann eine Zahlung geleistet werden könnte, wenn, wie für die im Triestcr Krankenhause behandelten Krainer, auch über die in der Triestcr Gcbär-und Findel - Anstalt verpflegten, nach Krain zuständigen Weiber und Findlinge vierteljährige, nach politischen Bezirken abgetheilte Ausweise verfaßt und hicher geleitet werden, in welchen Namen, Geburtsort, Stand, Alter der Partei, die Dauer der genossenen Verpflegung und die entfallende Vcrpflegs-g c b ü h r ersichtlich zu machen sind. Die hiernach quartalweise uachgewieseucn Vcrpflegskostcn würden dann von den Zahlungspflichtigen Parteien eingebracht, und in so ferne sie armuthshalbcr uneinbringlich sind, aus beut krainischcn Landcsfonde vergütet werden. Zugleich wendete sich die krain. Statthaltcrei an daS k. k. Minifterinm des Innern mit der Anfrage, wie die erforderliche Bedeckung dieses neuen Erfordernisses zu bewerkstelligen sei. Mit Erlaß vom 6. Dec. 1853, Z. 29.715, sieben-tete das f. k. Ministerium des Innern auf diese Frage der krainischcn Statthalterei, daß es 1. billig erscheine, daß Krain zu den Erhaltnngskosten der Triestcr Anstalten in einem billigen Verhältnisse beitrage; daß aber 2. die Ansprüche auf genaue Nach Weisungen zu basiren sind (und zwar ganz und wörtlich derart, wie in der obigen Note der krain. Statthalterei ' die Ausweise vierteljährig u. s. w. von der Triestcr Statthaltcrei verlangt werden); 3. die Bedeckung pro 1854 dürfte aus den von 1853 erübrigten Steuerzuschlägeu und andern Landesmitteln, dann aus Ersparungen von 1854 geleistet werden. Eine nachträgliche Umlage dieser Auslagen pro 1854 darf jedoch nicht stattfinden, — im äußersten Falle müßte die Vergütung pro 1854 aus dem Budget pro 1855 nachträglich der Triestcr Stadtcassc vergütet werden. Mittelst Note vom 25. Febr. 1854, Z. 1086, nrgirte die Totester Statthalterei die Beitrags-Tangente pro November und December 1853 und Jänner 1854, im Betrage pr. 3475 fl. 15 kr. Mit Note vom 13. März 1854, Z. 2324, übermittelte zwar die hiesige Statthaltcrei aus dem krain. Laudes-Concurrenzfondc einen monatlichen Verlag von 1158 fl. 25 kr. C. M. nach Triest, — sagt aber in der Zuschrift, daß sie unter Einem an das Ministerium eine Gegenvorstellung machen werde. Am 17. März 1854, Z. 3432, machte die krain. Statthaltcrei an das k. k. Ministerium des Innern, zum Erlaß öom 6. Dec. 1853, eine Vorstellung gegen d i e Entrichtung der Beiträge für die Gebär- und Findel-Anstalt in Triest, — und hebt darin hervor, daß nicht bic Weiber und Kinder von Srnin Zuflucht nehmen zur Tricstcr Gebär- und Findel - Anstalt, sondern krnili i sch c Weibspersonen der dienenden Classe gehen der Stadt Triest zu, treten dort in Dienste und verweilen daselbst Jahre lang, während welcher Zeit sic schwanger werden, und bnim e i n g cborne Trieste r Stadtkinder zur Welt bringen. Ebenso sind die Findlinge meistens Tricstcr Kinder, welche der Findclpslcge dort verfallen. Krain hat keinen Nutzen von der T r i c st c r Gebär- und Findel-Anstalt, wohl aber hat es wegen der Nähe von Triest in gedachter Beziehung den Nachtheil, daß die train. Bevölkerung dahin angelockt wird, und sehr häufig Physisch und moralisch verdorben nach Krain zurückkehrt — und dem GcburtSlandc gar häufig als eine bleibende Bürde zur Last fällt. Unter diesen krainischen Weibspersonen mögen auch mehrere solche sein, welche durch 10jährigen Aufenthalt ober anderweitige Gründung des Wohnsitzes schon nach Triest als Einheimische angehören — seltener ist cs der Fall, daß eine krainischc Weibsperson im Zustande vorgerückter Schwangerschaft nach Triest geht, um dort zu entbinden. Ganz und gar aber liegt die Anforderung unvcr-r c ch n c t e r j ä h r l i ch e r Pauschalzahlungen, wie sie Triest stellt, nicht im Sinne der Ministerial-Verord-nung, welche mir die Zusendung monatlicher Vorläge gegen rechnungsmäßige V e r w e n d n n g S - N a ch -Weisung vorschreibt. Aus allen diesen Gründen ersuchte die krain. Statt-haltcrei, um Loszählung von dieser ihn ebenso empfindlich als unbillig treffenden Zahlung. Mit Note vom 27. Februar 1854, Z. 1785, schreibt die Tricstcr Statthalterei an die krainischc, daß die individuelle Quartals - Nachwcisnng hinsichtlich der Beiträge Krains für die Triester Gebär- und Findelanstalt, wie diese sie verlangt und auch das h. Ministerium im obigen Erlasse sie anordnet, nicht thunlich sei, sich daher die Statthalterei Krains mit summarischen Jahresabrechnungen begnügen möchte. Mit Note vom 22. Juni 1854, Z. 1048, verlangt die Triester Statthalterei wiederholt um die Zusendung eines Betrages für die Triester Gebär- und Findel-Anstalt pr. 8108 fl. 55 kr. für den Zeitraum vom December 1853 bis iucl. Juni 1854. Die hicrländige Landesregierung ersucht um Zuwartung, bis das Ministerium darüber entschieden haben wird. Der Ministerial-Erlaß vom 13. Aug. 1854, Z. 13106, enthebt Krain von der Zahlung der Beiträge für die Gebär- und Findel-Anstalt in Triest, indem cs sagt: „daß eine Beitragsleistung der die Gebär- und Findel - Anstalt eines Ortes oder Landes benützenden Nachbarländer dermal gesetzlich nicht besteht. Hierauf verlangt die krain. Landesregierung den am 22. März 1854 nach Triest bereits abgeführten Beitrag pr. 1158 fl. 25 kr. zurück. Die Triester Statthalterei sagt mit Note vom 22. Dezember 1854, Z. 8925, daß es dieses wegen mißlicher financicller Lage nicht thun könne, chevor nicht die dicß-fällige Erledigung vom Ministerium hcrablaugt. Nach mehreren gewechselten Noten wurde endlich jener Betrag der krain. Landesregierung rcfundirt. Am 26. Juni 1860, Z. 10948, langt vom h. Ministerium des Innern in Folge eines von der Stadtgemeinde Triest eingebrachten MajestätSgesuchcs ein Erlaß an die krain. Landesregierung herab mit dem Auftrage: sich zu äußern, welchen Betrag der krain. Landcsfond als eine Art pro v. Aushilfe — b i s z n r d cfiniti -ocit Austragung des Gegenstandes zur Bestreitung der Triester Gebär- und Findel-Anstalt pro 1861 — bil-ligerwcisc verpflichtet werden könnte. Mit dem Berichte vom 4. Februar 1860, Z. 1786, ersucht die hicrländige Landesregierung abermals um die Befreiung von jeder Beitragslcistnng und motivirt diese ihre Vorstellung mit den schon bekannten Gründen, hebt aber auch daS Un g c s c tz li ch c dieser Forderung hervor. Das ist eine kurze Skizze der Verhandlungen der krain. Landesregierung mit dem Statthaltcrei - Präsidium in Triest. Ans diesen Verhandlungen ist ersichtlich, daß die k. k. Landesregierung stets warm die Interessen des Landes vertreten hat, trotzdem vom Ministerium eine bedeutende Pression auf dieselbe geübt wurde. Nun, meine Herren, kommt die Abwehr au die Lan-deSvcrtrctnng, welche die Verwaltung des Landcsfondcs übernommen hat und an welche die Commune Triest eine Forderung von 141.226 fl. pro praetcrilo stellt. Der Landes - Ausschuß hat diesen Gegenstand einer reiflichen Ilebcrlcgnng unterzogen und besonders die Gründe hervorgehoben , welche schlagend sein dürften, daß man an Krain, respect, dem krain. Landcsfond, diese Forderung nicht stellen könne. ES ist wahr, die allcrh. Entschließung vom 14. September 1852 hat die Findel- und Gebär-Anstalten als Landes - Anstalten erklärt, und dadurch sind sie aus dem früheren Verhältnisse, wo sic Staats-Anstalten waren, herausgetreten. Allein mit dieser allcrh. Entschließung ist die Reciprocität mit den andern Ländern nicht aufgehoben worden, — und das ist die noch immer gütige Basis. In dieser Beziehung erlaube ich mir zur Aufklärung dem h. Hause die Gepflogenheit mitzutheilen, welche in Bezug auf die Behandlung der Vcrpslcgungsgcbühren zwischen den einzelnen Ländern stattfindet. Es ist hier ein wesentlicher Unterschied zwischen denjenigen Individuen, welche als Kranke in ein Krankenhaus kommen, und zwischen den Individuen, welche in das Gcbärhaus oder in die Findel-Anstalt kommen. Individuen, welche in daö Krankenhaus kommen, werden daselbst aufgenommen; können sie selbst zahlen, so zahlen sie, oder cs wird von den Verpflichteten die Zahlung eingehobcn, wenn sie zahlungsfähig sind. In dieser Reciprocität befinden wir uns mit allen Kronländern Oesterreichs und darin ergehen sich auch die bedeutenden Korrespondenzen , welche wir mit den verschiedenen Landes-Aus-schüsscn haben. Diejenigen nur, welche durch ein legales Armuthszcugniß nachweisen, daß sic nicht zahlungsfähig sind, fallen dem Landcsfondc zur Last. — Allein ganz anders ist cs mit den Gebär- und Findel-Anstalten; von den in diese Anstalten aufgenommenen Individuen wird, außer den wenigen, welche in die sogenannte zahlende Abtheilung kommen, keine Zahlung verlangt. Ein Land fordert vom andern in dieser Beziehung keinen Ersatz, es ist da Reciprocität und auf diese gründet sich das gegenwärtige Princip der Gebär- und Findel-Anstalten. Auch hat wirklich kein Landcsfond bisher einen Anspruch an unserm Landcsfond erhoben; auch wir haben für die fremdländischen Schwängern keine Forderung anderwärts gestellt — nur Triest tritt mit dieser bedeutenden Forderung au uns heran. Dieß ist auch die Veranlassung gewesen, daß der Landes-Ausschuß die gegenwärtige Institution der Gebär-und Findel - Anstalten in reifliche Erwägung gezogen hat. ES ist eine Vorlage dießfalls vorbereitet worden; allein sic ist von so großer Tragweite, weil sie eine vollkommene R e o r g n n i s i r n n g dieser Anstalten erstrebt, daß cs in der gegenwärtigen Landtagssession nicht möglich war, dieselbe zum Vortrage zn bringen. Der Landes-Ansschnß aber wird dieselbe in der nächsten Session in Verhandlung bringen. Im Angesichte solcher Anforderungen, die wir für Schwangere und Findlinge ans unserem Landcsfoudc zu leisten hätten, müssen wir wohl diese Frage in ernste Erwägung ziehen, sowie es auch schon einige andere Landtage gemacht haben. Wir haben zu bedenken, daß nicht nur Triest an 30.000 fl. jährlich für solche Weiber und Kinder ! von uns verlangt, —■ wir haben zn bedenken, daß unsere eigene Gebär- und Findclanstalt im Präliminare mit 27 bis 28,000 fl. beziffert ist. Meine Herren! das ist eine Summe, die großenthcils unseren LandcSfond zu verschlingen droht, und wir werden in Erwägung zu ziehen haben, ob wir bei dem sogenannten „kath o li sch en" Principe der Findel- j und Gebär-Anstalten bleiben sollen — denn so wird dieses I Princip genannt, welches zuerst die F i n d e l h ä n s e r eingeführt, welches aber in Italien durch die offene Findcl-winde sich noch viel höher potcnzirt hat — ob wir nämlich beim „katholischen" Principe werden stehen bleiben oder j eben zu betn „protestantischen" übergehen, welches keine Findclhüuser kennt. Ich glaube, unser Land wird ] dadurch zu keinem protestantischen werden, wenn wir diese wohl- j begründete Rcorganisirung unserer Gebär- und Findel-An-stnlten anstreben. Das habe ich geglaubt in Kürze anführen zu sollen zur Motivirnng dessen, daß in Zukunft jedenfalls eine Rcorganisirung dieser A n st altc n j nothwendig werden wird. Ich habe früher vor Allem hervorgehoben, daß durch ; die allcrh. Entschließung vom 14. September 1852, in j Folge deren die Wohlthätigkeits-Anstalten aufgehört haben, Staatsanstaltcn zn sein und Landesanstaltcn geworden sind, daß durch diese allerh. Entschließung die Reciprocität zwischen den einzelnen Ländern nicht aufgehoben worden ist. Das hat die Landesregierung schon vor Jahren betont und das betont auch der Landes --.Msschuß; — cs fehlt daher der Triestcr Stadtcommnne respective dem Triestcr Landcs-Ausschussc eine gesetzliche Basis zn dieser Forderung. Abgesehen davon, daß diese Reciprocität zwischen den j einzelnen Ländern noch zn Recht besteht — weil sic durch kein Gesetz aufgehoben worden ist und sactisch ausgeübt wird, — abgesehen davon macht sich die Tricstcr Stadt-commnnc die Sache auch gar zu bequem. Die Landesregierung ist schon früher darauf bestanden, wenn sie etwas zahlen soll, so liefere man ihr die genauen Nachwci-s n n g e n für die Individuen, für welche sic eine Zahlung leisten soll. Ein Ministerial-Erlaß vom 6. December 1853 fordert das nämliche und besagt ausdrücklich, daß solche quartalweise Nachwcisnngcn geliefert werden sollen. Die Triestcr Commune erklärte sich außer Stand, solche Nachwcisnngcn zu liefern, fordert aber doch diese enormen Beträge. Die Triestcr Commune hebt weiter hervor, daß eine große Wohlthat für Krain dadurch bestehe, daß ein großer Theil der weiblichen Bevölkerung sich nach Triest begibt und dort Arbeit und Lohn findet. Das ist wahr, allein dafür muß unsere weibliche Bevölkerung arbeiten, daher sie einen Lohn umsonst nicht bekommt, indem sie Dienste leistet der Stadt Triest. Nun aber lehrt uns die Erfahrung, daß in allen größeren See- und Hafenstädten die Corruption eine große sei. Unsere Weibspersonen kommen hinein und verfallen derselben. Wie kann man mm bezüglich derjenigen Personen, welche in Triest sich vielleicht mehrere Jahre, ober wenn auch nur kürzere Zeit im Dienste aufhalten, die Anforderung stellen, daß unser Landcssond für diese Kinder, welche nichts anderes als Triestcr Stadtkinder, und zwar Kinder der Nationalitäten aller Welt-theile sind, zahlen solle? Nur ein kleiner Theil von solchen Individuen ist es, welche anö Krain schwanger nach Triest gehen, um dort zu entbinden, und diese sind cs vorzüglich aus den drei an Triest angrenzenden Bezirken. Die übrigen 27 Bezirke werden ihre Früchte wohl vielleicht seltener hintragen. Nun müssen wir auch bedenken, wenn diese Individuen in Triest der Corruption verfallen, so kehren sie dann oft in den späteren Jahren physisch und moralisch verdorben in unsere Heimat zurück. Nun, meine Herren, dadurch werden uns neue Lasten aufgebürdet, denn unser Krankenhaus, unsere Corrections-Anstalt wird damit überfüllt, unser Proletariat dadurch vermehrt. Es ist wahr, die Stadt-Cvmmnne Triest hat dadurch eine große Last, allein bedenken muß sie doch wohl, daß sic ein Freihafen ist, daß sie daher alle die damit verbundenen Privilegien und Einkünfte hat, daher sie wohl dann auch alle die Lasten tragen müsse, welche nur die C o n-sequcnzcn dieser Privilegien sind. Krain befindet sich ja auch in einer exceptionellen Lage in dieser Beziehung, wenn wir z. B. nur unsere Vorspannsgebühr-Leistungen, wenn wir unsere Militärbequartierung berücksichtigen. Ich will nicht davon reden, daß es in Aussicht steht, daß Krain dieser Last enthoben wird; allein, sobald wir viel Militär auch vielleicht in der Zukunft haben werden, wird unser Gebärhaus und unsere syphilitische Krankenhaus-Abtheilung immer große Lasten zu tragen haben, welche aus dem Landessonde werden bestritten werden müssen. In Triest ist übrigens noch ein anderes Verhältniß mit der Gebäranstalt und natürlich ein ganz besonderes mit der offenen Findelwinde. Unsere Schwangeren werden wirklich angezogen, lieber nach Triest zn gehen, als in unsere Gebär-Anstalt. Der Grund ist der, daß sic dort vielleicht — man hat es mir nicht so genau zu sagen gewußt — früher, also nicht erst in den letzten Wochen der Schwangerschaft, schon in das Gcbärhaus aufgenommen werden. Gesetzt nun den Fall, sie werden vielleicht schon im 7. oder 8. Monat aufgenommen , so leben sie dort lange Zeit auf unsere Kosten. Wie sehr werden die Auslagen eines solchen Gebär-hanses dann vertheuert! Dann zahlt das Gebürhaus in Triest die Ammen viel besser; bei uns sind diejenigen Weibspersonen, welche in unserer Gebär-Anstalt entbinden, brci üDionate verpflichtet, unentgeltlich Ammendienste zu verrichten; in Triest werden ihnen monatlich 3 fl. gezahlt — das lockt sie, und so kommt cs, daß diese Individuen nicht bloß 3 Monate, sondern auch 6 Monate und oft auch ein volles Jahr betritt bleiben, und das, meine Herren, sollen wir nun alles zahlen? Von der offenen Findclwinde, da will ich natürlich schon gar nichts reden; aber gewiß ist es, wie das hohe Haus anö dem Berichte wird entnommen haben, daß in die offene Findelwindc alles hineingelegt wird, was nur hineingelegt werden will, eheliche ober uneheliche Kinder — bettn auch so wird manipnlirt, daß eheliche Kinder hineingelegt werden; dann kommt die Mutter und holt sich ein Kind wieder; werden ihr die Verpflcgsgcbührcn gezahlt, so kommt ihr die Erhaltung des Kindes um so leichter; 4 XXXV. Landtags - Sitzung. ob sic ifir Kind bekommt oder cin anderes, daran liegt ihr vielleicht nicht so viel. Da nun für die offene Findclwinde kein Kriterium besteht, wie viel man auf irgend ein Land von dieser Last wälzen könne, so hat cs sich die Triestcr Stadt-Commune ganz bequem gemacht und hat uns dieBcvölkc-rungszahl der nachbarlichen Länder als Basis angenommen; nach dem Durchschnitte der Bevölkerung werden dann auch die Kosten für Findlinge, welche in die offene Findelwinde gelegt werden, berechnet, und darnach auch natürlich die Gebühren für daö einzelne Land. Ich glaube, daß unsere krainische Bevölkerung nicht so dcmoralisirt worden ist, daß man uns geradezu, wie die Triestcr Bevölkerung, in den nämlichen Topf werfen könnte, und unsere Findlinge nach unserer Bevölkcrungö-zahl berechnen könnte. Der letzte Grund endlich, welchen ich bei der Confcrcnz in Triest noch über Auftrag des Landes - Ausschusses habe verfechten zu müssen geglaubt, ist der, daß ein großer Theil der Triestcr Findlinge von k r a i n i s ch c n Pflegc-ältcrn in die Verpflegung genommen wird. Warum? Deßhalb, weil sie für diese Findlinge besser gezahlt werden, als für die unsern; unsere Pflegcältcrn gehen daher gerne nach Triest, weil sie dadurch eine größere Zahlung erreichen. Nun, meine Herren, bleiben diese Findlinge nach Ablauf der normalmäßigen 10jährigen Verpflcgs-zeit in Kram, werden Landesangchörige und fallen, weil sie in der Regel nur das Proletariat vermehren, den Gemeinden des Landes, und wenn sie erkranken oder wegen ihres liederlichen Lebenswandels dem Krankenhause oder dem Correctionshausc verfallen, dem L a n d e s f o n d e zur Last; daher der Landes - Ausschuß in dieser Beziehung die Erklärung dahin abgegeben hat, daß, wenn die Triestcr Stadtcommunc nicht abstehen sollte von ihren Anforderungen, Kram genöthigt wäre, Repressalien zu üben, wegen dieser Ucberfluthung unseres Landes mit den Triestcr Findlingen. Dieß, hohes Haus, waren die Gründe, welche den Landes - Ausschuß geleitet haben, daß er bei der Confcrcnz in Triest, natürlich nur als Ausspruch seiner Ansicht, die Ablehnung der besagten Ersatzansprüche beantragte, und daß er in der heutigen Sitzung den Antrag stellt: Der hohe Landtag wolle beschließen: (Schluff der Sitzung „Der Landtag in Krain lehnt die von dem Landcs-Auöschusse respct. der Stadtgcmeindc Triest für die in der Triestcr Gebär-Austalt aufgenommenen, nach Krain zuständigen Schwängern, sowie für die von solchen Müttern der Findel-Anstalt übergebenen oder indic offene Findelwinde hinterlegten Kinder mt den krainische» Laudesfond gestellten Ersatzansprüche pro praeterito, aber auch für die Zukunft insolangc ab, als das gegenwärtige Princip der Findcl-und Gcbür-Anstaltcn aufrecht erhalten wird." Präsident: Ich eröffne die Debatte über diesen Gegenstand. Wünscht Jemand von den Herren das Wort? (Nach einer Pause.) Wenn nicht, so bin ich in der Lage, über den Antrag des Landes - Ausschusses abstimmen zu lassen. Der Herr Berichterstatter hat denselben soeben verlesen, auch liegt er den einzelnen Mitgliedern schriftlich vor, ich bin daher in der Lage, zur Abstimmung zu schreiten. Jene Herren, welche mit diesem Antrage des Landcs-Aus-schusses einverstanden sind, bitte ich, sich zu erheben. (Die Versammlung erhebt sich, er ist einstimmig angenommen.) Berichtcrst. Dr. B l e i w e i s : Ich erlaube mir nur zu bemerken, daß dem Vernehmen nach, der Landtag von Istrien das Nämliche beschlossen habe. Präsident: Es wäre noch ein Gegenstand auf der Tagesordnung, ich bin jedoch von mehreren verehrten Abgeordneten ersucht worden, diesen Gegenstand auf die nächste Tagesordnung zu verschieben, welchem Verlangen ich somit entspreche. Als nächsten Sitzungstag bestimme ich Morgen, Stunde 10 Uhr. Gegenstände der Tagesordnung sind folgende: 1. Fortsetzung der heutigen Tagesordnung, nämlich Antrag des Landes - Ausschusses auf Bewilligung einer Nachtrags-Dotation pr. 2783 fl. 2% kr. aus dem Grund-entlastungsfonde. 2. Antrag bezüglich des Brückenbaues über den Save-Fluß bei Gurkfeld. 3. Vortrag des Regulativs für das Moorbrennen. 4. Antrag des Landes-Ausschusses auf Bclassuug der persönlichen Zulage für Herrn Dr. Zhubcr; endlich Bericht über das Gesuch der Protocollistens - Witwe von Gariboldi, um Belastung des ErzichungbeitragcS für ihre Tochter. Ist etwas dicßfalls zu erinnern? (Nach einer Pause.) Wenn nicht, schließe ich die Sitzung. 2 Uhr 1.5 Minuten.) Druck Den 3gn. v. ittdmnabr und F. Bamberg.