D IE V A L E R II IN P O E T O V IO GEZA ALFÖLDY E ö tv ö s L o rä n d -U n iv e rsitä t, B u d a p e st Viele Problem e d er inneren G eschickte der röm ischen K aiserzeit können vor allem oder fast ausschliesslich d u rc h das Studium der P ersonen­ nam en u n tersu ch t w erden. U n ter den F ragen, die a u f G ru n d des N am en­ m aterials b eh an d elt w erd en können, g eb ü h rt d er G eschichte der fü h ren d en F am ilien des Im p eriu m R om anum eine besondere B edeutung. D er A ufstieg, d ie R olle u n d d er N iedergang w ichtiger senatorischer und ritte rlic h e r F am ilien w ird in d en prosopographischen Forschungen ü berall m it H ilfe d e r Personennam en, insbesondere d er G entilnam en, analysiert, u n d äh n li­ cherw eise k a n n au ch d ie U ntersuchung des N am enm aterials d e r A risto­ k ra tie von einzelnen K olonien und M unicipien zu w ichtigen Ergebnissen führen. W ie erfolgreich eben d ie A nalyse je ein er A delsfam ilie ein er S tad t sein k an n , zeigte g erad e in der letzten Zeit d er bannbrechende A rtik e l von J. Sasel über d ie F am ilie d er Caesem ii aus A q uileia.1 U n ter den S täd ten d e r P rovinz P an n o n ien scheint die K olonie von Poetovio am geeignetsten zu sein, u m zur U ntersuchung städ tisch er A dels­ fam ilien M aterial zu bieten. Im reichen In sch riften m aterial d e r K olonie w erden die M itglieder ein er Fam ilie, der Valerii, sehr o ft erw äh n t. D ass w ir hier m it einer A delsfam ilie zu tun haben, zeigt d er U m stand, dass w enigstens im 2. Ja h rh u n d e rt u. Z. alle b ek an n ten V orsteher d e r S tad t diesen N am en fü h ren .2 * * A llerdings m uss m an bem erken, dass au f d en ersten A nblick dieser F am iliennam e nicht viel zu versprechen scheint: es h an d elt sich eben um den N am en, d er u n te r den n ich tkaiserlichen N om ina d e r röm ischen K aiserzeit am h äufigsten w ar. D e r N am e Valerius kom m t sowohl in Italien als auch in den Provinzen ü b erall a u f sehr vielen In sch riften vor; o ft können in einer u n d derselben S tad t d ie T rä g e r des N am ens aus ganz verschiedenen Teilen des R öm erreiches stam m en, ohne m itein an d er V er­ w an d tschaftsbeziehungen zu haben.5 Im F a ll von Poetovio können w ir aber d a m it rechnen, dass w enigstens d er grosse T eil der In sch riften d er Valerii 1 J. Sašel, ŽA 10 (1%0) 201 ff. 2 Vgl. G. Alföldy, Situla (1965) im Druck. 5 Zum Namen vgl. A. Mócsy, Die Bevölkerung von Pannonien bis zu den Mar­ komannenkriegen, Budapest 1959, 160. G. Alföldy, Bevölkerung und Gesellschaft der Provinz Dalmatien, Budapest, im Druck, usw. au f die M itglieder derselben F am ilie hinw eist: di.e überaus starke V erbrei­ tu n g des Nam ens in der S tadt einerseits u n d die einheitliche hohe gesell­ schaftliche Stellung m ehrerer Valerii andererseits scheinen von vornherein dam it erk lärb ar zu sein. Es sei gestattet, zuerst die In sch riften der Valerii aus Poetovio und U m gebung in einer chronologischen O rd n u n g anzuführen.4 1 . AV 5 (195-1) 374 (Fundort: V urberg), G rabinschrift. L. Valeriu[s] Sex. Valeri fil. D as F ehlen der C ognom ina w eist au f die erste H ä lfte des 1. Jah rh u n d erts hin. 2. C IL III 4069 (cf. 10870) = A I J Nr. 389 = Situla 8 (1965) im D ru c k (mit B egründung d er E rgänzung), G rabstein (sog. Pranger). M. V\al]er\i]us C .f. P \ap.? Verus ?] dec. [c. U. T. P. II v]ir i. d., ferner w ahrscheinlich [.........]e[f] Verus [ fili....] . Zweifellos aus d er ersten H älfte des 2. Ja h r­ hunderts, vgl. bes. A. Schober, D ie röm ischen G rabsteine von N oricum und P annonien, M ien 1923, 65 ff. usw., zu r L iteratu r s. noch A I J a. O.. G. Erdélyi, Arch. É rt. 77 (1950) 72, usw. D ie Inschrift stam m t w ohl noch au s der traianischen Zeit, s. G. A lföldy, S itu la a. O. 3. A IJ N r. 288, A ltarstein. L. Valerius Verus dec. col. Poet, praef. fabr. quaest. aedil. pontif. II vir i. d. D ie schönen Buchstaben und d ie norisch- pannonische Volute sprechen fü r die erste H älfte des 2. Jah rhunderts. Die genannte Person k a n n als der Sohn des M. V\al]er[i]us C. f. P\ap. ? Verus ?] id en tifiziert w erden, d e r au f der G rab in sch rift seines V aters genannt w ird (s. u n ter Nr. 2). 4. C IL III 4028 (im C IL irrig: 4 0 2 7 )= A IJ Nr. 2 8 0 = Situla a. O. (mit B egründung d er E rgänzung), A ltarstein. C. Val[erius M.? f.\ Scri[bonianus] dec. \c. U. T. P.] / / / / / / / / eq. p. pr[aef. fabrum ] IIII oi[r aed. pot.] qq. II oi\r iur. die. qq.]. D er A ltarstein ist gleichzeitig m it dem vorigen, s. G. A lföldy, Situla a. O. 5. C IL V ili 4600 = A. Dobó, Inscriptiones ex tra fines Pannoniae D a­ ciaeque rep ertae ad res earundem pro v in ciaru m pertinentes. Diss. P anu. 1 l 2 , B udapest 1940, N r. 465, Libyca 3 (1955) 135 ff. = A Ep 1956 N r. 124 usw. (D iana), titu li honorarii. M. Valerius M axim ianus M. Valeri M aximiani quinq. s[ac{erdotaIis)\ f. pont. col. Poetovionens. equo p. usw. a sacra­ tissimis impp. in amplissim um ordinem inter praetorios allectus usw. (Text n ach der zw eiten In sch rift). D ie L iste d er übrigen Inschriften des jüngeren M. V alerius M axim ianus s. L ibyca a. O. D ie beiden Inschriften w urden am E n d e der R egierungszeit des K aisers M arcus aufgestellt. Zur K arriere des jüngeren M axim ianus s. bes. H.-G. P flaum . Libyca a. O., J. D obias, L isty Filol. 5 (1957) 179 ff. usw. Vorher hielt m an M axim ianus für einen A fri­ k a n e r (Dobó a. O.). er w ar ab er zw eifellos aus Poetovio gebürtig, s. P flaum , a. O. 138. 6. A IJ N r. 279, A bram ić, Poetovio 155, n. 204, A ltarstein. ( ....] V[a]~ ler[ius.......... ] de\ec.\ c. U. T. P. a[edi]li[s q.] pr[ae]f. pr[o\ II [türis] i. d. D e r Nam e des G enannten steht in der In sc h rift im G enitiv, n ach dem Nom en ist nach S aria (A IJ a. O.) noch . . . . . ¥ ___ I zu sehen. E rgänzung vielleicht V[a]ler[i Maxi] m[ian]i ? F alls diese E rgänzung richtig ist, so ist d e r G enannte identisch m it dem älteren M. V alerius M axim ianus (s. unter 4 Zur Datierung der Inschriften vgl. auch G. Alföldy, Situla a. O. N r. 5). D ie B u ch stab en ty p en d er In sch rift w eisen etw a a u f die M itte oder zw eite H älfte des 2. Jah rh u n d erts hin. 7. JÖ A IB 56 (1946) 6 1 = A V 2 (1951) 11, A ltarstein. Valeria Satonia, D rau des C. N ovellius Vitalis Aug. col. Poet. 2. Jah rh u n d ert. 8. AI ] N r. 271, kleine B ronzeplatte m it d er W idm ung Is[idi], von Val(erius ? — eria ?) A [. .. .]. W ahrscheinlich aus dem 2. Jah rh u n d ert. 9. C IL III 4029 (cf. p. 1746), A ltarstein. Sex. Val. N ym phodotus, Sohn: Sex. Valerius Severinus. W ahrscheinlich aus dem 2. Jah rh u n d ert. 10. C IL III 4038 = A I J Nr. 287, B auinschrift. C. Val. Tettius Fuscus dec. c. U. T. P. q. a edil. praef. fabr. Hoir i. d., zugleich trib u n u s des colle­ gium magnum Larum et imaginum domini n. Caesaris. D ie Form el dominus n{o.ster) w eist au f ein e Epoche nach der A ntoninerzeit hin ; die In sc h rift stam m t w ahrscheinlich aus d er Zeit des Septim ius Severus. 11. C IL III 4030 (cf. p. 1746), A ltarstein . P. Val. Tib(erinius) Marcianus iunior, V ater: P. Val. Marcianus mil. dupl. leg. X gern. Antoninianae. Zur A uflösung des zw eiten Nom ens (vgl. auch den N am en u n te r Nr. 10) s. C IL I I I 4111 u n d 15186. D e r Beinam e der Legion w eist au f die Zeit des C a ra ­ c a lla oder E lagabal hin. 12. C IL III 4 1 1 4 = 1 0 8 8 8 = A I J N r.455 (F undort: Lobor), G rab in sch rift. Val. Lucilianus mil. cor. praet. [an\n. XL mes. III. B estattet zusam m en m it M. Coc. Superianus (centurio) leg. X g. an. X X X mens. V1III, von Sep. Lucilla mater und Coc. [ ... ,]nus sig. leg. X \g......... ]. D er S ignifer ist wohl •der zw eite M ann von L ucilla, und L ucilianus stam m t aus der ersten Ehe d e r F rau . D ie In sc h rift stam m t vom A nfang des 3. Jah rhunderts. 13. A IJ Nr. 530, V otivinschrift. Val. Secunndinian(u)s (sic). A us dem 3. Jah rh u n d ert. 14. C IL III 4 0 8 1 = A I J N r. 445 (F undort: Savci), G rab in sch rift. Val. Valens, F ra u : Ulp. Licinia, Sohn: T. Val. Valentinus, E nkeln: (Valerii) Valerianus, Iustinus. D ie In sch rift stam m t aus dem 3. Jah rh u n d ert. 15. AV 3 (1952) 306, G rab in sch rift, Valerius [-----]. A us dem 3. J a h r­ h u n d ert. D ie m eisten In sc h rifte n beziehen sich zw eifellos au f dieselbe Fam ilie. D ie P raenom ina d e r a u f d er frühesten In sc h rift (Nr. 1) erw äh n ten Perso­ nen, L(ucius) und Sex(tus), kehren auch sp ä te r zurück (Lucius: N r. 3, Sextus: Nr. 9 bis). D ie sp äteren Valerii können höchstw ahrscheinlich aus d e r bereits in der ersten H ä lfte des 1. Ja h rh u n d e rts bekannten F am ilie des Sex. Valerius und L. Valerius hergeleitet w erden. Zeitlich ist d a s nächste b ek a n n te M itglied d e r F am ilie d er D ek u rio u n d U v ir am A n fan g des 2. Jah rh u n d erts (Nr. 2). D ie vornehm en Valerii ans dem 2. Ja h rh u n d e rt und a u s d er Severerzeit (Nr. 3—6, 10) sind gew iss die N achkom m en dieses M. Valerius C. f. oder w enigstens seiner V erw andten. D e r D ekurio' und Ilv ir L. Valerius Verus (Nr. 3) ist w ohl Sohn dieser Person: au f dem P ra n ­ g e r w ird kaum ein a n d e re r als er neben einem unb ek an n ten an d eren Sohn d es V erstorbenen g e n an n t (Nr. 2). C. Valerius Scribonianus, M itglied des B itterstan d es (Nr. 4), dessen In sch rift m it d e r des Verus (Nr. 3) gleichzeitig ist, ist w ahrscheinlich ein B ruder von ihm , also ebenfalls ein Sohn des M. Valerius C. f. (N r. 2). D er ältere M. Valerius Maximianus, qu in q u en n alis d e r Kolonie und sacerdotalis von O b erp an n o n ien (Nr. 5), m uss schon zur näch sten G eneration gehören; er w a r vielleicht Sohn des Verus oder des Scribonianus. D as Praenom en kom m t schon bei M. Valerius C. f. a u f dem P ran g er vor (Nr. 2). D e r jü n g ere M. Valerius Maximianus, M itglied des R itterstan d es und s p ä te r auch des Senatorenstandes (Nr. 5), ist Sohn des quinquennalis, er v e rtritt also schon die v ierte G eneration seit M. Valerius C. f. (Nr. 2). D er D ek u rio und p raefectu s pro Ilv iris (Nr. 6) ist vielleicht m it seinem V ater id entisch; allerdings geh ö rt er u n g efäh r zur d ritte n oder vierten G eneration der F am ilie seit M. Valerius C. f. (Nr. 2). D er späteste b ek an n te D ekurio u n d Ilv ir, C. Valerius Teiiius Fuscus, dessen In sch rift w ahrscheinlich aus d e r Zeit des Septim ius Severus stam m t (Nr. 10), gehört etw a zur fü n ften G eneration der von M. Valerius C. f. (Nr. 2) stam m enden A delsfam ilie. Zu einer genaueren Chronologie d e r A delsfam ilie im 2. Ja h rh u n d e rt b ietet die grosse In sc h rift des jüngeren M. Valerius M axim ianus (Nr. 5) gewisse A n h altsp u n k te. Vor seiner glänzenden m ilitärischen K a rrie re in den M arkom annenkriegen 167—180 v erlief die L aufbahn des M axim ianus folgen derm assen: praef. coh. 1 Thrac. trib. coli. I (H)am. civium R. praep. orae gentium Ponti Polemoniani don. don. bello Phart. (AEp 1956 N r. 124, s. bes. P flaum , L ib y ca a. O.). D iese S tationen der L aufbahn von M axim ia­ nus betrugen höchstens 10 oder wohl w eniger Jahre; seine ritterlich e K a r­ riere begann er zw eifellos noch ein ju n g er M ann, als er etw a 20 Ja h re alt gewesen sein konnte. So können w ir den A nfang seiner K arriere a u f die Zeit um 160 datieren, er ist um 140 geboren. Sein V ater, der ältere M axi­ m ianus, konnte etw a 20—30 Jah re älter als er gewesen sein. E r ist also um 110—120 geboren und w a r w ahrscheinlich um 150—160 quinquennalis d er K olonie von Poetovio. L. Valerius Verus (Nr. 3) und C. Valerius Scribo­ nianus (Nr. 4) w aren eine G eneration älter, sie sind also um 80—90 geboren u n d sie w aren in d e r h adrianischen Zeit V orsteher d er S tadt. D e r älteste b ekannte D ek u rio u n d Ilv ir, M. Valerius C. f. (Nr. 2) ist also' u m 50—60 geboren u n d er sta n d in d e r traian isch en Zeit an der S pitze d e r um 100 gegründeten K olonie.5 D ie anderen P ersonen m it dem N am en Valerius aus dem 2. Ja h rh u n d ert (Nr. 7—9) gehörten n ic h t zu r F ü h rersch ich t der Kolonie. Sie können ab er trotzdem m it d er A delsfam ilie in Zusam m enhang gebracht w erd en : sie w aren w ohl Freigelassene d er F am ilie oder die N achkom m en von F rei­ gelassenen. Valeria Satonia (Nr. 7) w ar d ie F ra u eines A ugustalis d e r Ko­ lonie; die w estpannonischen A u g u stalenkörperschaften bestanden aus F re i­ gelassenen.' D as C ognom en des Sex. Valerius N ym phodotus (Nr. 9) w eist w ohl ebenfalls d a ra u f hin, dass der G en an n te Freigelassener o d er N ach ­ kom m e von L iberti w ar. D ie näher n ich t b ekannte Person, die eine A nhängerin des Isisk u ltes w ar (Nr. 8), k o n n te gleichfalls F reigelassene gewesen sein: am K u lt d er ägyptischen G otth eiten nahm en die L ib erti ak tiv teil,7 und in Poetovio kennen w ir u n te r den V erehrern dieser G otth eiten n u r Sklaven.8 5 Zum Zeitpunkt der Gründung vgl. jetzt G. Alföldy, Acta Arch. Hung. 1 1 (1959) 137. • G. Alföldy, Acta Ant. Hung. 6 (1958) 458 ff. 7 Z. B. CIL III 4234 (Scarbantia), CIL VI 571 usw. 8 Vgl. CIL III 4015—4017, 4044 = AI J Nr. 336, 15184 = AI J Nr.270. D ie Valerii im 3. Ja h rh u n d e rt scheinen w enigstens zum grösserem Teil d ie N achkom m en d e r obigen F am ilie zu sein. D e r D ekurio und Ilv ir in der Severerzeit, C. Valerius T eltius Fuscus (N r. 10), muss allerdings als ein N achkom m e d er frü h e r erw ähnten A delsfam ilie b etrach tet w erd en ; wie gesagt, gehörte er u n g e fä h r zur fü n ften G eneration d er F am ilie seit M. Valerius C. f. (N r. 2). D as Praenom en w a r im K reis d e r F am ilie schon frü h e r üblich (Nr. 2, 4). U n ter den C ognom ina d er übrigen T räg er des N a­ m ens (Nr. 11— 14) g ib t es keine, die d a fü r sprechen könnten, dass es sich um neu hinzugekom m enen F am ilien handelt. D ie C ognom ina dieser Valerii sin d entw eder schon in d er frü h kaiserzeitlichen N am engebung d e r Provinz P annonien h äu fig oder sie sind fü r die sp ä te re Epoche ch arak teristisch e W eiterbildungen bereits frü h e r v erb reiteter Personennam en.9 Im grossen u n d ganzen haben w ir also von der ersten H ä lfte des 1. Jah rh u n d erts bis zum 3. Jah rh u n d ert m it derselben F am ilie zu tu n , die w enigstens im 2. Ja h rh u n d e rt die fü h ren d e A delsfam ilie von Poetovio ge­ w esen ist. D ie G eschichte d er F am ilie ist äusserst interessant, w eil sie einen E in b lick in den V erlau f des A ufstiegs u n d N iederganges d er w estpannoni- schen städtischen A risto k ra tie bietet. D ie F am ilie w a r zw eifellos frem der H e rk u n ft.1 0 Sie stam m te, w ie auch die m eisten frem den Siedlerfam ilien d er w estpannonischen S täd te, wohl au s N orditalien.1 1 Es h a n d e lt sich nicht um die N achkom m en von V eteranen, d ie anlässlich der D ed u k tio n der K olonie u n te r T raian h ierh er angesiedelt w u rd en . D ie ersten G enerationen der F am ilie, die des Sex. Valerius und L. Valerius (Nr. 1), kam en nach Poetovio noch in d er ersten H ä lfte des 1. Jah rh u n d erts. D am als w ar, wie b ek an n t, in Poetovio eine Legion statio­ n ie rt und die Siedlung bestand aus den C anabae, wo sich zw eifellos viele italische S iedler niederliessen.1 2 Sie kam en nach Poetovio h au p tsäch lich als K au f leute ausi N o rd italien ; die Siedlung lag an d er B er r i st ei ns t ras« e, an der w ichtigsten H andelsro u te zw ischen Ita lie n u n d den D o n au län d ern . D er H andel n ah m an dieser R oute w ahrscheinlich seit dem A n fan g d er R egie­ rungszeit des T iberius bedeutend zu, als sie auch n ö rdlich von Poetovio m ilitärisch b efestig t w urde: in C arn u n tu m en tstan d ein Legionslager und in G yalóka (zw ischen S av aria und S carbantia) ein A u x iliark astell.1 3 Zudem w u rd en in S c a rb a n tia u n d U m gebung V eteranen deduziert, u n d diese h a b e n w ohl ein vex illu m gebildet.1 4 D iese E reignisse zogen n ich t n u r die S icherung des H andelslebens nach sich, sondern m achten eine bedeutende Zunahm e des H andelsverkehrs notw endig: fü r die neuen G arnisonen an d e r B ernsteinstrasse m ussten viele W aren im p o rtiert w erden. D as E rschei­ nen d er Valerii in Poetovio b ängt vielleicht dam it zusam m en. Z ur selben 9 Zu M a rcia n u s vgl. A. Mócsy, a. O. 180, zu L u c ilia n u s vgl. die Namen ebd. 178 f., zu S e c u n d in ia n u s ebd. 189 f„ zu V a len s, V a le n tin u s, V a le ria n u s und Iu s tin u s ebd. 194, 195. 177. 1 0 Eingeborene tragen das Nomen nur selten: alle einheimischen V a le rii sind aber wohl ehemalige Flottensoldaten, vgl. A. Mócsy, a. O. 221. 1 1 Innerhalb Italiens war der Name V a le riu s in Norditalien am häufigsten, vgl. CIL V p. 1129 f., s. noch A. Calderini, Aquileia Romana, Milano 1950, 561 f„ G. E. F. Chilver, Cisalpine Gaul. Oxford 1941, 75 usw. 1 2 Vgl. A. Mócsy, a. O. 28 f. 1 3 S. jetzt G. Alföldy, Soproni Szemle 15 (196-1) 333 ff. 1 4 S. G. Alföldy, Antik Tunalmanyok 11 (1964) im Druck. Zeit erschienen an d ere Valerii, w ahrscheinlich M itglieder derselben F a­ milie, in d er U m gebung der V eteranenniederlassung' von S carbantia; die In sch rift eines M. Valerius aus P innye k a n n in die Zeit des T iberius d a tie rt w erden.1 5 Es kann angenom m en w erden, dass w ir m it einer bedeutenden norditalischen H andelsfam ilie zu tu n h ab en .1 6 W ie sich die F am ilie der Valerii von Poetovio gegen die M itte und in d er zw eiten H älfte des 1. Jah rh u n d erts entw ickelte, ist u n b ek an n t: in der traianischen Zeit w ar sie allerdings die vichtigste und reichste F am ilie der neu gegründeten Kolonie. E in M itglied d e r Fam ilie, M. Valerius C. f. P\ap. ? Verus?], erhielt b ereits u n ter T raian, w ohl im ersten Ordo. den D eku- rionat, und er w u rd e auch Ilv ir der K olonie (Nr. 2). F ü r seine gesellschaft­ liche und w irtsch aftlich e Stellung ist ausser seinen W ürden besonders der U m stand ch arakteristisch, dass sein G rabstein, der sog. P ranger, einer d e r grössten und schönsten G rabsteine der ganzen Provinz Pannonien ist. D ie M itglieder der n ächsten G eneration der Valerii von Poetovio erhielten etw a u n ter H ad rian ebenfalls die höchsten W ü rd en in der M agistratur der S tad t (Nr. 3—4). E in M itglied dieser G eneration C. Valerius Scribonianus, w a h r­ scheinlich Sohn des M. Valerius C. f .. w u rd e schon in den R itterstan d a u f­ genom m en (Nr. 4); frü h er kann die A ufnahm e pannonischer P rovinzialen in den R itterstand n ich t nachgew iesen w erd en .1 7 D ie d ritte G eneration nach der G ründung der Kolonie lebte u n v erän d ert unter den besten V erh ält­ nissen. D er ältere M. Valerius M aximianus w urde ungefähr in d er M itte des 2. Jah rh u n d erts quinqu en n alis (w ohl I lv ir quinquennalis, vgl. Nr. 4) u n d O berpriester von Pannonien (Nr. 5); die letztere Stelle erhielten in P annonia superior vor den M arkom annenkriegen die reichsten M itglieder d er O berschicht verschiedener S tädte.1 8 E in an d erer Valerius aus Siscia oder S avaria u n g efäh r in derselben Zeit, d er ebenfalls sacerdos p ro v in ciae ge­ w orden ist. w ar vielleicht V erw andter d er Fam ilie von Poetovio.1 9 D ie bedeutendste Person der Fam ilie w ar d er jüngere M. Valerius M aximianus, d er eine glänzende ritterlich e und senatorische K arriere d urchm achte und fü r einen der besten F eldherren der M arkom annenkriege galt (Nr. 5). E r ist die einzige b ek an n te Person aus Pannonien, die im 2. Jah rh u n d ert Senator gew orden ist: noch als ju n g er M ann begann er seine öffentliche T ätigkeit als p o n tifex der K olonie von Poetovio. Gegen M itte oder in d er zw eiten H älfte des 2. Jah rh u n d erts kennen w ir andere Valerii als V orsteher d er S tad t (Nr. 6. doch identisch m it dem älteren Maximianus?). Bis zum E nde des 2. Jah rh u n d erts w aren die Valerii zw eifellos die vornehm ste F am ilie d er Kolonie. W as die w irtsch aftlich e G rundlage d er führenden Rolle d e r F am ilie im 2. Jah rh u n d ert w ar. wissen w ir nicht. Im H andelsleben spielte die Fa- 1 5 G. Alföldy. Soproni Szemle a. O. 535 f. 1 6 Der Freigelassene L. Valerius L. I. Hilarus aus Emona (CIL III 5875) war wohl ebenfalls Mitglied bzw\ Libertus dieser Handelsfamilie. 1 7 Die frühesten pannonisehen Ritter sind ohne Ausnahme vom Anfang des 2. Jahrhunderts bekannt, vgl. A. Mócsy, RE Suppl. 9 (1962) 715. 1 8 Vgl. AIJ Nr. 179 usw. 1 9 Régészeti Târsulat Evkönyve 1 (1925) 58 f. (Fundort: Savaria): L. V al. V a ­ leria n . dec. col. Fl. S ise. 11 v ir i. d. fla m e n d iv i C l. I l v ir qq. sac. p. P. s. Der Name des Genannten wird auch auf einer Inschrift aus dem Jahre 188 erwähnt. CIL III 4150. inilie w ohl auch d am als eine bedeutende R olle; ausserdem k an n m an a n ­ nehm en, dass die Valerii auch über b edeutsam e L andgüter verfügten. Besonders die M itglieder des R itterstan d es w ie C. Valerius Scribonianus (Nr. 4), besassen w ahrsch ein lich ausgedehnte G rundbesitze.2 0 F ü r d ie S kla­ ven im K reis der F a m ilie können vielleicht die In sch riften jen er Valerii sprechen, die F reigelassene oder deren N achkom m en w aren (vgl. N r. 7—9 und dazu oben). F ü r den R eichtum und fü r die führende Rolle d e r F am ilie in Poetovio ist aber vor allem der U m stand ch arakteristisch, dass die aus dem 2. Ja h rh u n d e rt b ek an n ten V orsteher d er Kolonie, also die Ilv iri und Illlv ir i, ohne A usnahm e Valerii w aren (Nr. 2—4, 6, vgl. auch 5). Sonst sind n u r einige D ek u rio n en bek an n t, die w enigstens zum Teil Eingeborene w a­ ren.2 1 Sie erhielten a b e r den D u u m v irat nich t, und m an kann annehm en, dass w enigstens ein b ed eu ten d er T eil der B ürgerm eister des 2. Jah rh u n d erts M itglied der F am ilie d e r Valerii w aj. Ä h n lich e E rscheinungen, also die K onzentration der w ich tig sten städtischen Ä m ter in d er H and einer F a ­ m ilie, können in den ersten beiden Jah rh u n d erten der K aiserzeit auch in anderen R öm erstädten nachgew iesen w erden.2 2 Im 3. Ja h rh u n d e rt is t die F am ilie v e ra rm t und sie verlor ih re frühere führende Rolle. D e r letzte b ek an n te V orsteher d er Kolonie aus d e r F am ilie d er Valerii w a r C. Valerius Tettius Fuscus etw a in der Zeit des Septim ius Severus (Nr. 10). S eine In sc h rift zeigt ab er bereits eine A uflösung der frü h e r so einheitlichen F am ilie: sein zw eites Nomen Tettius w eist, w ie auch das zw eite N om en des P. Valerius Tiberinius Marcianus (Nr. 11), w a h r­ scheinlich d a ra u f hin. dass die Valerii in stärk eren K ontakt m it anderen Fam ilien kam en. D ie F am ilie d e r Tiberinii w a r sonst eine vornehm e A delsfam ilie etw a zu B eginn des 3. Jah rh u n d erts; ih re M itglieder erhielten im städtischen Leben dieselben höchsten W ürden, w ie frü h er die Valerii.2 3 D er N am e d e r F am ilie ist in Pannonien in d er Zeit vor den M arkom annen­ kriegen u n b ek an n t; w ir können m it einer neu em porgekom m enen A dels­ fam ilie rechnen. In d er Zeit nach S eptim ius Severus kennen w ir in der städtischen O berschicht von Poetovio ü b e rh a u p t keine Valerii m ehr. D ie höchsten W ü rd e n trä g er d e r S tadt sind im 3. Jah rh u n d ert M itglieder an d erer Fam ilien, z. T. sp ät rom anisierte Eingeborene,2 4 die die Valerii ausgedrängt 2 0 Vgl. A.Mócsy, RE Suppl. 9 (1962) 7t3. 2 1 CIL HT 4068 = A lj Nr. 388 C .I u liu s M a g n (u s} dec. c. U. T . P.. CIL III 4067 \T .A e l.] P a trim is dec. c. U. T. P.. T . A e liu s C e le r dec. col. eiu sd ., CIL III 4022 C . C lo d iu s A v itu s d ec. c. JJ. T . P., s. noch CTL III 4050 [....... M a ]n su e tu s \d]ec. c. U. T. P. Die Personen mit kaiserlichen Gentilnamen waren Eingeborene, vgl. A.Mócsy. Die Bevölkerung von Pannonien. 214 (M a g n u s hält er für Italiker oder Dalmatiner). 2 2 Z. B. im dalmatinischen Alvona sind alle bekannten Ilviri Mitglieder der Familie der G a v illii (CIL III 5047. 5055 bis, 5054 = 10067), aus anderen Familien sind nur aediles bekannt (CIL III 3057 = 10068). In Nedinum sind die Ilviri ohne Ausnahme O c ta v ii (CIL III 2869. 2870 ter), nur die aediles gehören zu anderen Familien (CIL III 2867, 2871). 2 3 CiL III 4111 C . T ib e rin (iu s) F a v e n tin u s dec. col. P o et. p r(a )e f. fa b r u m q u (a )esto r p r(a )e f. p ro Ilu ir is (vgl. noch CIL III 15186). 2 4 CIL III 4053 A u [r], C e io n u s d \e \c . P o e \t\. sa cerd o ta l. e\t] o. e., CIL III 4108 = AI J Nr. 449 A u r e l. M a x im in u s dec. col. P o et, h o n o re U v ir q[q|. e x cu ra t. sa c\e]r\d ]o s p r o v in c i\a ] e P a n n . su p eri., vgl. noch CIL III 4115 II v \ir ] . ferner CIL III 4052—53 = ATJ Nr. 328 A el. \S e \c u n d in u s dec. und AV 2 (1951) 9 f. O c t(a v iu s) In g e n u (u )s, Praefectus der Kolonie oder eher der Fabri. haben. Z w ar kennen w ir im L aufe des 3. Jah rh u n d erts noch einige Valerii; sie w aren entw eder N achkom m en d er frü h eren A delsfam ilie oder N ach­ kom m en deren Freigelassener (Nr. 12— 13). Zweifellos w aren sie keine reiche u n d vornehm e Personen; sie w urden z. T. G em einsoldaten (Nr. 11, 12). F ü r den Z erfall d e r F am ilie ist bezeichnend, dass einige M itglieder von ih r im 3. Ja h rh u n d e rt n ich t m ehr in der S ta d t sondern a u f dem L an d lebten (Nr. 12, 14). Sie h ab en den engeren K o n tak t m it der S tad t verloren und hab en k au m rom anisierte einheim ische F rau en geheiratet.2 5 D ie K rise des städtischen Lebens h a t die ehem als reiche und vornehm e A delsfam ilie stark getroffen, u n d ih re M itglieder verfü g ten w eder w irtsch aftlich noch gesellschaftlich ü b er eine bedeutende Rolle. POWETEK V a lerii v Poetovioni Avtor želi preiskati pomen in vlogo družine V alerii v Poetovioni. V krono­ loškem zaporedju predloži seznam njenih dokumentiranih pripadnikov (št. 1—13). Ta mu kaže, da gre za pripadnike prejkone iste družine; to potrjujejo delno cognomina, predvsem pa njih vodilni položaj, večina jih je namreč od Trajana dalje na čelu mestne upravne službe. Zato poskuša postaviti v nadaljnjem njih stemma ter ožjo časovno dodelitev posameznih členov, pri čemer dokaj gradi na AE 1956, 124. Avtor domneva, da je družina prispela v poetovionske canabae v prvi polo­ vici 1 . stoletja, se ekonomsko naglo razvila, učvrstila in bila že v prvi garnituri mestno-upravnih funkcionarjev — za Trajana — med vodilnimi pripadniki; posa­ mezne veje so se takoj vzpele do plemstva (št. 4). V tretjo generacijo poetovionskih Valerijev prišteje M. Valerija Maksimijana, očeta prvega senatorja iz Panonije, ki si je pridobil vstop v imperialni vladni sloj z osebno hrabrostjo in sposobnostjo za Markomanskih vojn. Kot ekonomsko osnovo te poetovionske družine je treba predpostaviti trgo­ vino pa tudi posesti z večjim številom suženjske delovne sile. Pripadniki Valerijev št. 7 — 9 so po ženitvah ali oprostitvah z vodilno družino v juridičnem sorodstvu, spadajo še v 2. stoletje in podpirajo pravkar navedeno mnenje. Dokumentirani pripadniki iz 3. stoletja imajo spočetka še vodilno vlogo in spričujejo homogeno strukturo familije, vendar je v 3. stoletju opaziti, da je ekonomska sila družine v upadanju. Še so sicer Valeriji na čelu mestne uprave, vendar se že povezujejo z drugimi družinami, da bi ušli ekonomski katastrofi, ki je jela slabiti procvit kasno-antičnih mest. Vežejo se — kolikor spričujejo dokumenti — z uglednima, tedaj vzhajajočima rodbinama Tettii in Tiberinii; sledi revnejših Valerijev pa izginjajo na "podeželju. 2 5 Die kaiserlichen Gentilnamen und auch die Cognomina der Sep. Lucilla (Nr. 12) und Ulp. Licinia (Nr. 14) weisen auf einheimische Herkunft hin, vgl. G. Alföldy, Bevölkerung und Gesellschaft, im Druck.