»Geschichtlichkeit der Lebenswelt?« Thomas Luckmann a der Gegenstand der Geschichte als eines theoretischen Gebildes das Geschehene ist - abgehoben von dem Gegenwärtigen wie von dem Zukünftigen - , so gehört die Zeit jedenfalls zu den entscheidenden Bestandteilen ihres Begriffs. Allein weder ihr Verhältnis zu dessen anderen Bestandteilen noch der besondere Sinn, mit dem sie gerade in der Geschichte wirksam ist, scheint mir bisher zu der erwünschten oder auch nur zu der möglichen Klarheit gelangt zu sein.«x 1. Einführung Die Frage nach der philosophischen Begründbarkeit der Geschichtswissen- schaft geht nicht nur die Geschichtswissenschaft sondern alle Gesellschafts- wissenschaften an. Entweder sind alle Wissenschaften vom Menschen philosophisch begründbar, oder keine ist es. Die Grundfrage betrifft sie alle gleichermaßen: Wie kann sich die menschliche Vernunft des Erkenntnisgegen- stands der von Menschen betriebenen Wissenschaften vom Menschen rar-wis- senschaftlich und kritisch vergewissern? Was sind die Bedingungen der Möglichkeit einer Wissenschaft der in bewußten menschlichen Tätigkeiten konstituierten gesellschaftlich-geschichtlichen Lebcnswelt? Das Problem betrifft also die ontologische und epistemologische Rcflexivität der Wissenschaften vom Menschen. Es beiseite zu schieben oder zu über- springen hätte für Theorie und Praxis der Wissenschaften vom Menschen den Verlust der Vcrgleichbarkeit gesellschaftlich-geschichtlicher Gegebenheiten zur Folge. Der naive Realismus des alltäglichen Forschungsbetriebs in unseren Disziplinen mag als ein Beitrag zu seiner kognitiven Ökonomie erscheinen. Warum sollen sich alle an substantiven Problemen arbeitenden Forscher tagaus tagein auch noch den Kopf über das Reflexivitätsproblem zerbrechen? Viel- leicht ist ein naiver Realismus im Forschungsalltag ohnehin verhältnismäßig harmlos. Wenn er aber zur wissenschaftstheoretischen Selbstverständlichkeit wird, wie dies in den verschiedenen Empirismen der Fall war, untergräbt er Beitrag zum Kolloquium »Geschichtswissenschaft heute - Bedingung und Möglichkeit der Geschichtsphilosophie