r

■A

; \ml
mmm,


A:\tV. '.ft
H; (■ i ! 1

v ;A

\ \\  N&vAVj V -i,\- ■' i A\\ Y7; V i' "! ■ l

te" m-Išmmii"

#|wf/ k  A|p:

m Mil

AA mn

WšjijkmmMmi: ■  Ipl

mmm^š i m-

.

-A f fi!f ■?>!,(/ fe i

f : :vv■W,  . -m'«/;,  vm\WW»: :

U(H|if®s ■ n

, '< M ' h' 1 ! \ 'ShSfUA  ' ’ :V
i!ffeA©i'f v ' i 7 .: v : ::i httffiMt

■ 7 'liP

:  ' S ; : ; J?|\£

i ■  :  >, ; i ulfeA >;. A '-'-.v f /;7  777 './v;v-,'u•.. - :


• .' 't ' , . f

' i  , \ \ \ '

AA : A

A A \ ;■ ■ /--J  : :■■■ \\\£- 1  '.V,';-'. f W V l M'.. : ’ f: ; .

> , ( 1  >

VMmlrn

!  iku  " ?. v ■/■/v ) !/:>■:< ■ ■■  AA AA:: . ■ ■ AA/Mv; • ■

...

.’• rt,\ V <, < j (,*■

AiiiAili

i| 2 |fc:

«mMmrtt > 4 ( sw, i  ••• ’••'

A

IS

;•■ ii .


K S\:

. . /f/ ,

tMmk ■

, nW\ih  ■;

-,w. ■:K/,-.- 'f i '■ ,]///■■ A-  \

• '' f -  .7  ■

/M/

m*

H

Ruj  3  trrt^/i /ndt i

ft* ^ C%00

UBER DIE

STEIGERUNG UND DEHNUNG DER VOCALE

IN DEN

SLAVISCHEN SPRACHER

D R  FRANZ MIKLOSICH

WIRKLICHEM M1TGLIEDE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCIIAFTEN.

WIM,  1878 .

IN COMMISSION BEI KARL GEROLD’S SOHN.

BUCHHANDLER DER KAIS. AKADEMIE DER WISSENSCIIAFTEN.

SEPARATABDRUCK AUS DEM XXVIII. BANDE DER DENKSCHR1FTEN DER PHILOSOPHISCH-HISTORISCHEN CLASSE
DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.

Druck

k.

ron Adolf Holzhausen in Wien
c. UniversitKts-Buchdruckerel.

»

INHALT.

I. Uber die Steigerung der Vooale.

1. Die Steigerung besteht in der Vorschiebung eines kurzen oder langen a. 2. Einige das slavisclie betrefifende Fragen.
3. Ubersicht der Steigerungen. 4. A.  Steigerungen auf dem Gebiete des a-Lautes. a)  Steigerung des e  zu o a.  vor einfacher Con-
sonanz. p. vor Doppelconsonanz und zwar 1. vor rt, It.  2. vor nt. h)  Steigerung des e zu a. B.  Steigerungen auf dem Gebiete
des i-Lautes: i  wird zu oj,  <i gesteigert. C.  Steigerungen auf dem Gebiete des u-Lautes. a)  Steigerung des u  zu ov, u. h)  Stei¬
gerung des u  zu av, va.

II. Uber die Dehnung der Vocale.

1. Die Dehnung ist eine Erhbhung der Quantitat der Vocale: e  wird zu e, o  zu a, b  zu i, b  zu y, r, l  walirscheinlich zu r, l
g-edebnt. 2. Die Dehnung ist nothwendig oder niclit nothwendig: jene ist a)  functionell, b)  compensatoriseh, c)  metathetisch,
d)  accentuell. 3. A.  Dehnungen auf dem Gebiete des a-Lautes. a)  Dehnung des e zu e: a. functionell: 1. bei der Bildung der
Verba iterativa, 2. bei der Bildung des Imperfeets, p. compensatoriseh, y. metathetisch. b)  Dehnung des o zu a: a. functionell,
p. compensatoriseh, y.  metathetisch. B.  Dehnungen auf dem Gebiete des i-Lautes: ».functionell, p. compensatoriseh, y. accentuell.
C.  Dehnungen auf dem Gebiete des u-Lautes: a. functionell, p. accentuell. D.  Dehnungen auf dem Gebiete des silbenbildenden
I:  a. functionell, p. accentuell. 4. Einige das Verhaltniss der Steigerung und Dehnung zu einander betrefifende Fragen.

I. Uber die Steigerung 1  der Vocale.

1. Die Steigerung der Vocale besteht darin, dass dem Vocale i oder u ein a oder
a vorgesehoben wird. Die Steigerung der Vocale ist demnach eine solehe des ersten oder
des zweiten Grades, eine erste oder eine zweite Steigerung. Die erste Steigerung, aind.
guna, ist ursprachlich ai, au, die zweite, aind. vrddhi, ai, au. Aus ursprachlichem ai,
au wird im aind. vor Vocalen aj, av, vor Consonanten e, o. ai, au wird vor Vocalen
aj, av, vor Consonanten erhalt sich ai, au unverandert. Im slavischen (altslovenischen)
geht ursprachliches ai, au vor Vocalen in oj, ov,  vor Consonanten in b, u  liber, wahrend

i

4

Franz Miklošičih.

sich ursprachliches dv  vor Vocalen erhalt, vor Consonanten durch Metathese in v a  iiber-
geht: die Lautfolge tavt  muss durch tvat  ersetzt werden. Ziveite Steigerung des i
ist im slavischen unnachweisbar. Es ist hervorzuheben, dass in der Steigerung des
i  und des u  ursprachliches ai, au vor Vocalen stets durch oj, ov,  nie durch ej, ev  wieder-
gegehen wird.

Guna und vrddhi sind zwei so kunstvoll ausgebildete und mit der tibrigen Laut-
verwandtschaft so eng verkniipfte Mittel, dass sie in dieser Ausbildung und in diesem
Zusammenhange dem Sanskrit ausschliesslich eigenthumlich geblieben sind. Iveine der
Selrvvestersprachen hat diese Lautveranderungen, ihrem Systeme und ihrem Geiste nach,
in sich aufgenommen: nur einzelne Bruchstticke sind als fertige Resultate in einige tiber-
gegangen. W. von Humboldt, Uber die Verschiedenheit usw. §. 15. Die Vocalsteigerung
ist eine den indoeuropaischen Sprachen eigenthtlmliche Erscheinung, durch welche sie
zu den beiden andern flectierenden Sprachengruppen, der semitischen und der hamitischen,
in einen formlichen Gegensatz treten. Fr. Miiller, Die Vocalsteigerung 1.

Ai, au sind auch hier Diphthonge, und ich kann der in der eben citierten Abhandlung 2.
ausgesprochenen Ansicht nicht beistimmen, dass die durch Steigerung gewonnenen Laute
nicht Doppellaute, also a -j- i, a -j- u, sondern einfache Laute seien, namlich i und u mit
einem die Kraft der dabei betheiligten Organe bezeichnenden, sie einleitenden a.

Erste Steigerung des i, u.

ki , lip  usw.

Fiir die Annahme einer zweiten Steigerung consonantisch auslautender i-Wurzeln
in der Ursprache ist kein Grund vorhanden; dagegen scheint ursprachliches kausa
durch das slav. kvasz  gerechtfertigt zu sein.

Ubek die Steigerung und Dehnung der Vocale in den slavischen Sprachen.

5

Eine eigenthtimliche Steigerung gewaliren wir in do oh-:  r. dvoehatb , dvošitb  dial.
keuchen: es ist dem duha  aus dotika  gleich und aus dem letzteren durch die Mittelstufe
dovha  hervorgegangen. Mit dvoli-  vergleiche man lit. dvase Athem. dvesti, dvesu hauchen.
Ahnlich ist r. chvoryj  aegrotus von htir  im nsl. hirati,  aslov. hyrati,  krankeln. zahireti
strigosum fieri. Andere denken an lit. svarus scliwer. svirti taumeln.

AVas die a-AVurzeln anlangt, so sind dieselben nach der gewohnlichen Ansickt nur
einer Steigerung fahig, die als die zweite angesehen wird: a gibt namlich mit a eben
so wie mit a den Yocal a : urspr. aind. sad, sadaja-. Im slav. unterliegen jene a-AVurzeln,
welche a  durcli e ersetzen, einer zweifacben Steigerung, indem e in o und in a  tiber-
geben kann: vez, voza. sed, sada.  Dabei handelt es sich immer um consonantiscli auslau-
tende Wurzeln, da die ursprachlich auf a auslautenden im slav. ibr a entweder zu e
oder zu a  (a) debnen: de, da.  Es ist jedocb mindestens wahrscheinlich, dass die aAVurzeln
aucb in der Urspracbe einer zvveifaeben Steigerung fahig waren, wie sich aus folgendem
ergeben dilrfte. Iderr K. Brugmann meint, dass die Verschiedenheit der Gestaltung des
Wurzelvocals a in <pspco und <popoc (slav. bera  und -bors)  in die indogermanische Grrund-
sprache (Urspracbe) zurtickreicht. Den urspracblichen a-Laut, der in den europaischen
Sprachen gewobnlicb als e erscbeint, bezeichnet Herr Brugman mit a 1;  denjenigen dagegen,
als dessen Fortentwicklung sich o darstellt, mit a 2 : a t  war ein kurzer, etwa als a e  zu
bezeiehnender, a 2  ein vollerer, vielleicbt mittelzeitiger (halblanger) Yocal von dunklerer
Ivlangfarbe. Als Gesetz lasse sich aufstellen: bei ungestorter Weiterentwicklung wird
a x  in den europaischen Sprachen so wie im armenischen zu a, e, im arischen zu a; a 2
dagegen im armenischen, griechischen, italischen und slavischen zu o, im keltischen,
germanischen und baltischen zu a, im arischen in allen offenen Silben zu a (bhar-a-masi,
<p£p-o-[xsv; daru, §opo; padam, arooa), hingegen in allen geschlossenen Silben zu a (dadarša,
Sšoopza; abharam, š^spov). Curtius, Studien 9. 367. Zeitschrift 24. 2. Neben a l5  a 2  gibt
es im aind. ein a, dessen slavischer Beflex a ist. Hinsichtlich der Entstehung der drei
a mag es mir gestattet sein eine weiterer Priifung bedurftige und, wie mir scheint, auch
wiirdige Hypothese Schleichers, Compendium 11, in etwas veranderter Fassung aufzu-
nehmen. a,, a 2  und a sind ursprachliche Laute in dem Sinne, dass sie den Lauten der
indoeuropaischen Sprachen zu Grunde liegen, nicht in dem Sinne, als ob sie keine
Geschichte liatten. Ich glaube nun, dass a 2  (slav. oj  aus aa, a liingegen (slav. d)  aus aa
hervorgegangen ist. Man vergleiche etwa šravas und sadaja-, šravaja- mit slav. sloves  und
sadi-, slavi:  šravas ist sr-a-uas, sadaja- hingegen, wie šravaja zeigt, s-a-adaja-. Es ergibt
sich demnach folgendes Schema:

Erste und zweite Steigerung des a.

-dom  findet sich in Verbindung mit razu: razdora  cr/jspa, -dari-  in A^erbindung mit
u: udari-  verberare. Das Schema der Steigerungen in der Urspracbe und im slavischen
ware nach dieser Hypothese folgendes:

G

Fbanz Miklosich.

Wenn Schleicher, Compendium 126 (vergl. 122), prarakas ftir slav. preroka  postuliert,
so ware nach dem Schema a als aus aa hervorgegangen und dem a 2  entsprechend anzu-
sehen. Nacli dieser Ansiclit brauchte aind. daru wegen des griech. Sopo niclit au£ daru
zuruckgeftihrt zu werden J. Schmidt 2. 241. Wer in dem o  von roka  eine Steigerung des
e von rek  erbliclct und die Gleichstellung dieses o  mit urspracklichem aa nicht einraumt,
muss Steigerung in einer sehr spaten Periode eintreten lassen.

Einen Reflex des aa im Gegensatze zu aa moohte man im got. gibo aus gibaam
im Gegensatze zu vulfe aus vulfaam erblicken. Man vergl. jedoch A. Leskien, Die Decli-
nation usw. 85. Nacli Sclileicher, Compendium 64, ist <o zweite Steigerung des a. Hin-
siclitlicli des got. vergl. 152.

An der, dom  sind anzukniipfen die Steigerungen tert, tort  und tent, tont  in smerd
(smmdeti  aus smerddti), smords,  woraus smrada,  und in blend (bleda), blondn,  woraus hlada.

Die dem slavisclien nachstverwandte Sprache, die litauisclie, kann kier aus dem
Grunde niclit bei Seite gelassen iverden, dass sie die Frage nacli dem Alter einiger
Steigerungen entscheiden hilft. Alan vergleiche 1. slav. ki, kojs  mit lit. gl, gajus leicht
keilend. 2. slav. lip, Idps  mit lit. lik, leku bleibe. 3. slav. slu, sloves  mit lit. plu, plauti
spiilen. 4. slav. uk, uka  mit lit. juk, jauldnti gevvohnen. 5. slav. slu, slava  mit lit. sru,
srove, strove Stromung. 6. slav. kus, kvasa  ist mit lit. dus, dvase Athem niclit zu
vergleichen. 7. a)  slav. der, -dom  lit. mer, maraš Pest. b)  slav. der, dari-  lit. der,
dora Vertrag. 8. slav. smerd, smorda , vvoraus smrada,  lit. derb (dirb), darbas Arbeit und
9. slav. blend, blonds,  woraus bla,ds,  lit. beng, pabanga Ende.

Hier mogen aucli einige germanisclie Lautsteigerungen eine Stelle finden. Man ver-
gleiche slav. Up, Ups  mit got. ris, -raisjan aufstelien macken. 4. slav. uk, uku  mit got.
flug, -flaugjan im Fluge fortfiikren. 7. a)  slav. der , -dors  mit got. leg (lig), lagjan, das
denominativ ist. Es sclieint mir niclit genau zu sein, wenn bekauptet wird, das got.
praet. bar habe das ursprachliche a bewakrt, sein a ist vielmehr als erste Steigerung
anzusehen, denn es entspricht dem aind. babhara, das wie aind. bibheda aus bibhaida
von bkid und aind. bubhoga aus bubkauga von bhug und got. bait, baug zeigt, aus
babkaara, niclit etwa aus babkaara kervorgegangen ist. Das praet. bar entspricht lautlich
vollkommen dem slav. bom  ftir aind. bhara aus bk-a-ara.

Aus dem gesagten ergibt sich ftir mich die Unrichtigkeit der Ansickt, die Steigerung
komme ursjiriinglich nur den Vocalen i und u zu und es habe sick erst spater nach und
nacli eine Steigerung des a entwickelt. Wenn ftir diesen Satz der Umstand angefillirt
wird, dass in allen indoeuropaiscken Sprachen sick nur die Steigerungen von i und u
gegenseitig entsprechen, vvahrend dies bei a nicht der Fali sei; dass sich bei a selbst
innerkalb einer einzelnen Sprache ein bedeutendes Schwanken offenbare, so kann ich,
von den oben dargelegten Ansckauungen ausgehend, den ersten Grund nicht gelten lassen,
muss vielmehr das dem slav. -dom  entsprechende aind. dara als ursprachlich voraussetzen ;

Uber dje Steigerung und Dehnung der Vocai.e in den slavischen Sprachen.

7

was aber den zweiten Grund anlangt, so kann das Vorkommen von gan-as, womit yšvoc
ubereinstimmt, neben vas-as und teg-as, šrav-as schon in der Ursprache vorausgesetzt werden,
da es unbeweisbar ist, dass mit dem Suffixe as in der Ursprache nothwendig die Steigerung
des Wurzelvocals verbunden war. AVahrend ftir die Ursprache jede Steigerung des a in
Abrede gestellt wird, sollen in jener Periode der Spraokentwickelung i und u n ur der ersten
Steigerung fahig gewesen sein; die zweite Steigerung in ihrer conse<yuenten Entwickelung
als vrddhi sei ein specifisch indisches Product, in den iibrigen indoeuropaischen Sprachen
habe sie sich durch Vocaldifferenzierung erst nach der Spaltung des indoeuropaischen
Stammes in sein e einzelnen Aste ausgebildet: lit. ai, ov, slavisch aj, av  seien als die starksten
Formen der Steigerung von i, u, keineswegs aber als zweite Steigerungen derselben zu
betrachten. Dagegen ist zu bemerken, dass das Wesen des lit. ai in Worten wie laiki ti von
lik zweifelhaft, das slav. aj  hingegen in Worten wie napajati  entschieden keine Steigerung
von i, sondern a ; eine Dehnung des o  in napoiti,  d. i. napojiti,  ist, dass jedoch lit. ov und slav.
av  nur als zweite Steigerungen von u erklarbar sind. Wenn man lit. šlovS und slav. slava
Puhni mit aind. šrava, das dem neben šravaja vorkommenden sravaja zu Grunde liegt; wenn
man lit. plovi- und slav. plavi-  neben dem gleichfalls denominativen plava-  mit aind. plavaja
usw. zusammenstellt, so kann man niclit umhin anzunehmen, dass das aind. šrava und das lit.
slove so wie das slav. slava  schon in der Zeit der Ursprache durch zweite Steigerung aus
kru, šru (slu, slu)  erwachsen sind. Weder slove noch slava  ist auf lit. oder slav. Boden
entstanden, letzteres etwa durch Dehnung des o  zu a,  da der Fali ein er Dehnung bei dem
Nomen slava  nicht eintritt. Dagegen kann wohl kaum der Einwand erhoben werden, dass
nicht alle Sprachen durch zweite Steigerung entstandene Formen bewahrt haben: aus dem
Zusammentreffen des aind. mit dem lit. und dem slav. folgt dieUrsprachlichkeit der zweiten
Steigerung. Dass von i, u im lit. keine zweite Steigerung ausser in slove und ahnlichen
Worten nachweisbar ist, hat vielleicht daifin seinen Grund, dass langes a im Diphthong
nicht der Wandlung in o unterliegt Ueskien, Die Declination usw. 50. Es hat daher
Schleicher, Compendium 142, vielleicht doch mit Recht im lit. laikiti und in šauti
(šoviau) zweite Steigerung gesehen. Unter diesen Umstanden ist es kaum nothwendig
darauf Rucksicht zu nehmen, dass das aind. die zweite Steigerung oft an specifisch
indischen Formen eintreten lasst, wie wenn von dem aus alterem garu entstandenen guru
durch zweite Steigerung gaurava gebildet wird, da man die Fortdauer der zweiten Stei¬
gerung in der aind. Periode oder, was jedoch minder wahrscheinlich ist, das Dasein
einer Form guru neben garu in der Periode der Ursprache annehmen kann. Nach
J. Schmidt, 2. 218, zeigen Formen dairgha von dlrgha, dass die zvrnite Steigerung erst
spater eingetreten ist oder wenigstens noch in spaterer Zeit an Ausdehnung gewonnen
hat als die erste, zu einer Zeit, als der Ursprung des i in dem genannten Worte und
ahnlichen ganz vergessen var.

Bisher ward nur von Steigerungen der Wurzelvocale gehandelt. Allein auch Suffix-
vocale sind der Steigerung fahig. Dies findet statt im aind. in der Declination der
i- und u-Stamme: kavi, sunu: s g. dat. kavaje, sunave; s g. gen. abl. kaves, sunos; s g.
voc. kave, stino; pl. n. kavajas, sunavas; in der Conjugation der durch nu und u gebil-
deten Verbalstamme: Si, tan: Sinomi, tanomi; činoši, tanoši usw. činavani, tanavani usw.
acinavam, atanavam neben acinvam, atanvam usw.; in der Stammbildung: laghu: laghava ;
stu: stota vja, stavitavja usw. In der Declination folgt dem aind. das slav.: syns:  sg. dat.
synovi.  sg. gen. synu.  sg. voc. synu.  pl. nom. sijnove;  auch im sg. loc. synu,  Formen,

8

Franz Miklosich.

denen von gosti  gegenubersteht gosti, gosti, gosti, gostija, gosti , dessen i  aus dem gestei-
gerten i (e) dorfc entstanden ist, wo es dem aslov. u  gegenubersteht. Dasselbe gilt vom
i  des s g. gen. und voc. kosti:  das i  des sg. dat. kosti  beruht auf aje, das des sg. loc.
kosti  nach Leskien, Die Declination usw. 52, auf e (ai). rje, ije  in gostije, gostije  ist wahr-
soheinlich aus ajas entstanden: aind. kavajas, gatajas, womit man sadits  aus * sadijets,
sadajati vergleichen kann. Der Unterscliied zwischen den i-  und den M-Stammen bestelit
darin, dass e zu i  herabsinkt, wahrend u  niclit zu y  geschwacht wird. In der Verbalbildung:
Stamm daru: daruja  und darovaja, darovati;  die altere Imperfectform darujahs  von daruje
neben der jiingeren darovahs  (2. Seite 93). daroviti  neben dariti.  Hieher mag auch dvi-
gnovens  von * dvignit  gehoren. In der Nominalbildung: syn s: sgnovh  dvesto c. sgnovvm  filii usw.
Es ist jedock daran zu erinnern, dass Steigerung in diesen Fallen ganz und gar in
Abrede gestellt wird, indem man meint, dass die i- und u-Stamme ehedem in aja, ava
ausgelautet haben, diese seien nach und nach in Stamme auf aj und av und von da aus
einerseits in solche auf i, u, andererseits in jene auf a tibergegangen: die ersteren,
namlich die auf aj, av, hielten sich vor einzelnen Casussuffixen und im voc. als Ergan-
zungen zu den i- und u-Stammen, wahrend die letzteren, namlich die auf a, sich ganz
von dieser Richtung loslosten. Diesen etwas ktinstlichen Weg der Erklarung glaubte man
einsclilagen zu sollen, weil der sg. gen. kaves, sunos neben dem sg. gen. bharatas, nicht
etwa bharantas, Schwierigkeiten darbot. Allein es ist dabei die Frage erlaubt, ob durch
die obige Theorie die angeregte Schwierigkeit, wenn es wirklich eine ist, beseitigt wird,
nach welcher im sg. gen. der gewichtigere Stamm kavaj statt des minder gewichtigen
kavi eintritt. Man vergleiche tiber diese Streitfragen Herrn Fr. Miiller’s Abhandlung:
Die Vocalsteigerung der indogermanischen Sprachen. AVien. 1871. Separatabdruck aus
den Sitzungsberichten, Band Lxvr. Seite 213, und Herrn Leo Meyer’s noch entschiedener
diese Ansicht abweisende Darstellung: Uber Vocalsteigerung, insbesondere in der Verbal-
flexion Zeitschrift xxi. Seite 341.

Die Frage nach dem Ursprunge des vocalisch anlautenden Suffixen vorhergehenden
ov  in der Stammbildung wird verschieden beantwortet. Die einen meinen, ov  in den
Verben wie darovati  entstehe durch Steigerung eines mit dem aind. Sufiix u identischen u,
d. i. u:  vom lautlichen Standpuncte existiere ein Unterscliied zwischen primaren und secun-
daren Suffixen nicht, dieser werde erst durch die Verwendung des Suffixes^bewirkt:
darovati  beruht nach dieser Anschauung auf dar(a)u, darovati.  Andere dagegen meinen,
ov  beruhe auf der Steigerung des auslautenden u  des Stammes: der Auslaut von dars
sei urspriinglich u,  daher daru, darovati.  Ebenso dvignit,, dvignovem; usekni ;, useknovenije;
vszbsnii, vszbmovati , wofur auch das altere vszbgdati  vorkommt. Neben dem Stamm dvignit
besteht der Stamm dvigna  in dvignati  usw. und der Stamm dvigne  in dvigna, dvigneši  usw.
Im got. haben die entsprechenden Verba zwei Themen: fullna. fullno. Die Ansicht,
nach welcher dem ov  der Auslaut des Thema u  zu Grunde liegt, ist die bei weitem
wahrscheinlichere: ov  liat nach Schleicher, Compendium 372, von den zl-Stammen,

die im slavischen vielfach mit den a-Stammen zusammenfallen, seinen Ausgangspunct
genommen, dann aber sich zu einem selbstandigen Suffixe entwickelt, in der Form ova,
eigentlich ov-a.  Das Zusammenfallen wurde im slavischen durch den sg. nom. begiinstigt,
dessen Auslaut sowohl bei den a-  als auch bei den M-Stammen s ist. AA r as von ov  in
Verbal-, gilt auch von ov  in den Nominalstamrnen-: sym, sgnovim.  Auch hier hat sich
das selbstiindig gewordene Suffix weit ilber das Gebiet der zl-Stamme hinaus verbreitet.

Uber die Steigerung cnd Dehnjjng der Vocai/b in den slavischen Sprachen.

9

Wer detnnacli jedes ov  auf einen ?ž-Stamm zuriickzufiihren unternimmt, verliert bald unter
seinen Fiissen den festen Bode«, da die Grenze zwischen dem vom Auslaiit des Stammes
abhangigen und dem selbstandigen Suffbt verwischt ist. Die Frage, wie ov  aus dem
Stammauslaut u  entstelit, kann nur daliin beantwortet werden, dass ov  eine Steigerung
des u  ist: da das ov  nur vor Vocalen stelit, so ist es nattirlich, dass neben dem inf. daro¬
vati  das praes. daruja  lautet, gerade so wie pluti  neben plovci, voiuj  neben volova  besteht.
In dem u  von daruja,  scheint man eine Dehnung des u  vor j  erblieken zu wollen, wie
aind. pitujami aus pitu hervorgehe: die Ansielit ist unricbtig, da die Dehnung des u
nicht u,  sondern y  ist, das in * daryvati,  s. darivati,  auftritt. Dagegen kann man Formen
wie omedviti  neben omediti  dulce reddere, meda,  M-Stamm, einvvenden; ebenso medvma,
woftir allerdings auch medovma  vorkommt: dass in medvedi,  aus rnedu-ede  ein medonede
nicht zu erwarten ist, versteht sich von selbst. Den Einwand halte icli desshalb fiir
nicht stichhaltig, weil aller Wahrscheinlichkeit nach Steigerung von dem Accente ab-
hangig ist und wir uns demnach die gesteigerten Silben accentuiert denken dtirfen,
daher darovati, daruje,\, omediti, meddvem  und medeno;  ebenso vasgndviti  und posijniti.  Dem
omedviti  konnen einige von a-Stammen abgeleitete Worte an die Seite gesteilt werden :
umratvije  mors von umrata; prišbstvije  adventus von prišesta,  in beiden Fallen mit dem Suffix
to  (ta). So wie darovati, synovem,  auf fi-Stammen beruhen, so liegen auch dem sg. loc. daru
und dem sg. dat. synovi  AStamme zu Grunde. So wie dais ov  der Stammbildung, so iiat
auch das ov  der TVortbildung die ihm ursprtlnglich durch den Auslaut des Stammes u
gesteekten Grenzen iiberschritten, daher bogovi  von bogs,  aind. bhaga. Die Steigerung
des u  zu ov  beruht auch hier auf dem Accent, wie das aind. zeigt, das nur den voc. anders
behandelt, daher wohl aslov. syn6vi, bogovi  usw. Diese Betonung kann selbstverstandlich fiir
die slavischen Sprachen als ursprtinglich nicht historisch nachgewiesen werden, doch sei
mir gestattet auf einige interessante Ubereinstimmungen des nsl., wie es im Westen des
Sprachgebietes gesprochen wird, mit dem aind. hinzmveisen: sg. g. stlnos, simi,  sg. d.
sunave, sindvi,  wofiir nach Metelko 178. im sg. dat. sinovu,  im sg. loc. sinbvi;  pl. n.
sunavas, sinove  neben sinčvi  und sinbvje , Formen, an die noch der sg’. i. sindvam,  der
du. nom. sinova,  der pl. acc. sinove,  g. sindv,  d. sindvam,  1. sinčvih,  i. sindvi  und lit. sg.
g. sunaiis, voc. sunaii gefiigt werden kann. Die nsl. Nomina f. auf e  wie vrv, gos, ped
betonen im sg. gen. meist die Endsilbe: vrvi, gosi, pedi  usw.; doch nuš, miši; smrt, smfti  usw.
Der sg. dat. loc. hingegen hat den Ton auf der ersten Silbe: vfvi, gosi , pddi  usw.
Metelko 187. tjber die Steigerungen in der Wortbildung in den arischen Sprachen iiber-
haupt vergleiche man Schleicher, Compendium 612. 613. Wie lett. dzirnavas, Stamm
dzirnu, und pelavas, Stamm pelu, zu erklaren seien, ist mir unklar. Man vergleiche
J. Schmidt 2. 5. L. Geitler, O slovanskvch kmenecli na u 65. Wer mit Bopp und
W. von Humboldt den guna fiir eine seiner Natur nach rein phonetische, allein aus den
Lauten erklarbare Erscheinung, und nicht fiir einzeln bedeutsam oder symbolisch halt,
wird an dem so haufigen Auftreten der Vocalsteigerung ausserhalb der Wurzelsilbe
\veniger Anstoss nehmen.

Die Frage, ob im slav. Steigerung vor Doppelconsonanz eintritt, ist fiir die erste
Steigerung bejahend zu beantworten. Dieses ergibt sich aus smerd,  woraus durch * smordn
smrada;  aus melz,  woraus durch * molža mlaza.  Das gleiche folgt aus venz (vez),  woraus
vonza (vaza).  Dafiir kann auch angefiihrt werden ver,  woraus durch * vor-ta vra-ta; zel,
woraus durch *zol-to zla-to; pen,  woraus pon-to (pa-to).  Dasselbe gilt vom lit. serg, sarga,

2 *

10

Franz Miklosiqh.

aslov. straža;  melž, pamalži karve; lenk, lankas, aslov. laku;  (ver) vartai Thor, aslov.
vrata;  kel, kalnas Hohe, aslov. klanjec  Engpass. aslov. pons mosti  scheint auf der w. met
zu beruhen, dalier mot-ti:  vergl. lit. pamatas Grund, Schwellenbalken. Dagegen ist bei
Doppelconsonanz weder im lit. noch im slav. zweite Steigerung nachweisbar.

2. Bevor icli zur Aufzalilung der Falle tibergehe, in welchen nacli meiner Ansiclit
eine Vocalsteigerung eingetreten ist, sind einige das slavische speciell betreffende Fragen
zu bebandeln.

Bei der Steigerung ist es vor allem wicbtig den richtigen Ausgangspunet zu
gewinnen, namen tlich den Vocal festzustellen, an welchem sicb die Steigerung vollzogen
hat. Dieser ist kaum zweifelliaft bei den Vocalen i und u; er wird nur bei den a-Wurzeln
nicht selten wenn niclit verkannt, so doeh nicbt mit Entschiedenheit liingestellt. So geht
Herr J. Schmidt 2. 157. bei zvond  von zvin  aus, wahrend docli zvoni  auf zven  beruht.
Bei diesem Worte ist die Sache von geringem Belang, weil zvond  offenbar auf zven  hin-
deutet. Wenn jedoch daselbst gesagt wird, in dem Verhaltnisse, in welchem zvond  und
zvin (zven),  stiinden aucli (ursl. 2. 20) Vilka, velkti  zu p. obhk , so darf man an der Form
vilk  Anstand nehmen, wenn man nur velk  als urslavisch anerkennt, welches letztere Herr
J. Schmidt selbst dem obhk, oblaki  zu Grunde legt. Anders verhalt es sich mit der
Behauptung (2. 267, zu vergleichen mit 2. 158), ,dass a Steigerung sowohl von o (pro¬
siti, praŠati)  als von e  ist: sedeti : sado, saditi; liza, Usti: laziti,‘  in dem a  keine Steigerung,
sondern Dehnung des o  ist, denn prašati  ist ein Iterativum von prositi;  indem ferner
nach meiner Ansicht, zu der sich auch Herr A. Leskien, Handbuch 8. (vergl. A Fick
2. 627) bekennt, i  und a  nicht auf einander zu bezielien sind: das specifisch sla¬
vische und lit. sed  beruht auf sed,  aind. sad, griech. so, wahrend die gesteigerte Form
aslov. sadd,  lit. sodas, nur aus dem ursprtinglichen sed entstanden sein kann. Herr
Geitler, Fonologie 63, meint, laziti  diirfe nicht als eine Steigerung von lez  angesehen
werden, da a  und e gleich gewiclitig seien: aus urspriinglichem laz habe laz  und liz
entstehen konnen: w. ist jedoch lez,  woraus lez,  wie sed  aus sed; lazd  ist zweite Steigerung
von lez.  Anders als sed  und sadd  verhalt sich strig  und straži, plez  und plazd: strig  und plez
beruhen auf sterg, pelz,  woraus sich auch strig,  d. i. str g, pldz,  d. i. plz,  ergibt; straži  und
plazi  haben sich mittels der gesteigerten Formen storži, polzi  aus sterg, pelz  entwickelt.

Dass e  durch die Yerwandlung zu o  gesteigert wird, vvird von Herrn J. Schmidt
2. 157. anerkannt, dagegen von Herrn L. Geitler in Abrede gestellt. o  und e  sind nach
seiner Ansicht aus kurzem a hervorgegangen; der Wechsel dieser Vocale verleihe den
slavischen Bildungen eine eigene Farbe; die Okonomie der Sprache ftille durch den
Unterschied von e  und o  gleichsam die Liicken in der Steigerung aus, die durch das
unregelmassige Herabsinken der Steigerungsvocale entstunden. So habe man stolja  neben
stelja, ploti  neben pleti  usw.; es sei jedoch nicht zu laugnen, dass der Unterschied von
e und o  tief in die slavische Sprache eingreife; schon im litauischen begegne man dem
regelmassigen Beflexe von e und o in e und a: bredu, brada fur aslov. breda, brodi.  Die
der Bedeutung nach gewichtvollere Form ziehe im lit. a dem e vor. Es sei ferner o in
hodi  entsehieden alter als i  in šid.  Hinsichtlich dieses Gegenstandes glaube ich auf die
Satze verweisen zu sollen, die ich oben vorgetragen und in denen ich den Zusammen-
hang des aus der Steigerung des e entstandenen o mit Erscheinungen der alteren Perioden
der arischen Sprache darzuthun versucht habe. Wenn pleti  neben ploti  besteht, so
folgt daraus nicht, dass in ploti  keine Steigerung vorliege, sondern nur, dass sich die

Uber die Steigerung und Dehnung der Vocale in den slavischen Sprachen.

11

Stammbildung durch s  (a) mit und ohne Steigerung desVocals vollziehen kann. Was die Form
kock  anlangt, so ist die Bache nach meiner Ansicht historisch so aufzufassen: ursprachlich
sad (sa x d) und daraus hed, šul  neben ursprachlichem sada (sa 2 da, saada) und daraus hodz ,
griech. Wie plet?,  zu plota,  so verhalt sich auch svrsbs  aus sverbo  zu svrabn  aus svorbs,

und es ist nicht richtig, wenn iiber p. šmierd  und aslov. smrada,  r. smorodz , gesagt wird,
das russische ziehe das o,  das polnische hingegen das e  vor, o und e  hatten einst im
bulg. (aslov.) neben einander bestanden wie in desiti  und dositi..  Zwischen vrstiti  aus
verteti  und -vrats  aus -vorts  besteht genau derselbe Unterschied, wie zwischen lit. vert
in versti und vart- in var tl ti: nach Herrn Geitlers Ansicht ist jedoch -vrat  aus vorot,
vort  entstanden. Č. vldčeti  neben vleku  sei keine unzweifelhaft gesteigerte Form, da doch
dem vldčeti,  zunachst vlači  und diesem vlake  aus volka  zu Grunde liegt, wahrend vleku,
aslov. vleka,  auf velk  beruht. vlek  aus velk  verhalt sich nach Herrn Geitler’s Ansicht
zu vlaka  aus volka,  wie nes  zu noše  in nositi ;  nicht so verhalte sich nes  zu vyndšeti:  allein
wenn ndšeti  in vyndseti  aus nositi  durch Vocaldehnung entstelit, so ist lautlich das ein-
getreten, was wir in vlake  aus volka  haben eintreten sehen. mlada  sei keine Steigerung
des moloda :  in dem beiden Formen zu Grunde liegenden molela  ist jedoch eine Steigerung
des meld  enthalten. Man wird demnach in vlaka, vldčeti  eine Steigerung erblicken, wenn
man uberhaupt die regelmassige Verwandlung des e in o als eine solehe gelten lasst. Wer
dies nicht thut, muss die in so zahlreichen Fallen auftretende Verwandlung von tert  in
tort  als ein Werk des Zufalls ansehen, wie Herr Geitler an einer Stelle thut, der an
einer anderen der bedeutungsvolleren Form das gewichtigere o,  lit. a, vindiciert. Dass
rnreti  und mlesti  keine gesteigerten Formen sind, ist von Herrn Geitler richtig bemerkt
worden. Fonologie 61 — 63. In den vorhergehenden Zeilen sind nur Nominalbildungen
durch das Suffix a behandelt worden. Die Steigerung des e zu o tritt jedoch auch sonst,
namentlich vor dem Suffix ta, ein: zlato  beruht auf zolto,  w. zel,  aind. ghar; man ver-
gleiche dlato  aus clolbto, dolto,  w. delb; mlata  aus molta,  w. mel; mlato  aus malto,  w. me/,;
vrata  pl. aus vorto,  w. ver.  Ebenso beurtheile man skvrada  neben skovrada  aus skvor-da,
w. skver; zlaka  aus zol-ka,  w. zel; zraka  aus zor-ka,  w. zer,  wenn nicht als "VVurzeln zelk,
zerk  anzunehmen sind, von denen die letztere vorkommt. Nach Zeitschrift xxiii . 137. soli
slav. zalto  die Grundform von zlato  sein, was ich fiir unrichtig halte.

Schleicher, Compendium 124, lehrt, napajati  habe zweite Steigerung des Wurzel-
vocals i. Herr Geitler, Fonologie 65, halt gleichfalls napajati  fiir zweite Steigerung
und ist hinsichtlich der Verba kajati, koiti; krajati, kroiti  der gleichen Meinung. Bei
Herrn J. Schmidt 1. 12. liest man, dass von kroj kroiti  und krajati  wie von pokoj
pokoiti  und pokcijati,  von poj napoiti  und napajati  abgeleitet werden. Dass pokajati
zweite Steigerung habe, ist unrichtig: pokajati  ist ein Deverbativum von pokoiti  und aus
diesem durch Dehnung des o zu a und Suffix a  entstanden: aj  ist nicht ursprachliches
ai, folglich nicht zweite Steigerung von i. Wenn Herrn GeitleFs kajati  das aslov.
Verbum kajati se  ist, so ist es mit koiti  nicht zusammenzustellen, da es durativ ist, wie
das perfective pokajati se  zeigt; ist jedoch kajati  das Verbum, das in pokajati  dvGncauetv
vorkommt, so gilt von kajak  dasselbe, was von napajati  gesagt, wurde. krajati  ist
durativ: w. kr a,  daher nicht von kroiti:  w. kri,  abzuleiten; p. pokrajač  ist perfectiv. So
ist auch in av ulavljati  von uloviti  zu beurtheilen, das Herr Geitler fiir zweite Steigerung
von u halt. Herrn J. Schmidt’s Ansicht anlangend ist noch zu bemerken, dass pokajati
kein Verbum denominativum, daher nicht von pokoj  abzuleiten, sondern ein Verbum

12

Franz Miklosich.

deverbativum, daher auf pokoiti  zurilckzufuhren ist. Wenn Bopp, Vergleichende Gram-
matik 3. 91, sagt, dass das o  von poiti  sicli auf das a der w. pa sttltze, so liess er sich
durch die aslov. Schreibung poiti  ftir pojiti  tauschen. In pokoiti  soli der w.-Vocal ver-
loren sein. Wie napajati,  ist istakati  effundere von istoči  zu beurtheilen, das Sclileicher,
Compendium 123, als zweite Steigerung ansiebt. Herr Potebnja hat, Kfc istorii usw.
239, aus dem gleichen Werth von y, i, e, a  in nadymati, načinati, izmetati, istačati  richtig
gefolgert, dass istačati,. napajati  keine zweiten Steigerungen sein konnen.

3. Die Steigerungen zerfallen in drei Reihen. Die erste Reihe A.  enthalt die Stei¬
gerungen auf dem Gebiete des a-Lautes. Hier begegnet uns aj  die Steigerung des e
zu o  und zwar a.  vor einfacher Consonanz, daher in Worten wie broda  aus bred;
p. vor Doppeleonsonanz und zwar 1. vor rt, It  in Worten wie * smorda,  woraus smradu,
aus smerd;  2. vor nt  in Worten wie blonda,  woraus blada,  aus blend,  wofiir bled; b)  die
Steigerung von e  zu a  wie sada  aus sed.  Die zweite Reihe B.  enthalt die Steigerungen
auf dem Gebiete des i-Lautes. i  wird zu oj, e  gesteigert. loja,  wofiir loj,  aus li. svčta
aus svit. Die dritte Reihe C.  enthalt die Steigerungen auf dem Gebiete des u-Lautes,
und zwar a)  die Steigerung von u  zu ov, u: rova  fovea aus ru. bud-  in. buditi  aus bud.
b)  Die Steigerung des u  zu av, va: bav-  in baviti  aus (bhu), slav. by. hvat  in hvatiti  aus
hut, slav. hyt.

Dass auf diesem Gebiete selir vieles zweifelhaft ist, versteht sich von selbst. Wenn
neben aslov. sečana  lit. sijkis angeftihrt wird, so gescliieht dies nicht in dem Sinne, als
ob dem sečrna  ein dem lit. sijkis entsprechendes Nomen zu Grunde lage, sondern um
anzudeuten, dass sedma  wahrscheinlich auf einer sonst unnachweisbaren i-Wurzel: sik beruht.
Ebenso wird bei r. Uka  Rechnung auf Grund des p. lik  eine i-w. lik  angenommen. In vielen
Fallen ist die w. unbekannt, und dann hat die Anfiihrung entsprechender "Vorte ver-
wandter Sprachen den Zweck, im allgemeinen zu zeigen, dass der Vocal in der That
der vorausgesetzte ist: got. haila-, pr. kailu- diirfen zum Beweise der Entstehung des č
von cela  aus i angeftihrt werden. Die Zweifel treffen fast ausschliesslich die Formen, die
ein š  enthalten, und zwar aus dem Grunde, dass e  sovvohl ein i- als auch ein a-Laut
ist: &  aus i ein Steigerungs-, č  aus e,  a hingegen ein Dehnungslaut. Das Vorkommen
von oj  neben š  beseitigt nicht jeglichen Zweifel, da o  von oj  aus a entstehen und j
zum Suffix gehoren oder auch des Hiatus wegen eingeschaltet sein kann. Wenn man
aslov. moj, tvoj, svoj  mit pr. mais, twais, svais aus majaš, twajas, svajas vergleicht, so
iiberzeugt man sich leicht, dass moj, tvoj, svoj  ftir moja, tvoja, svoja  aus den Pronominal-
stammen ma, tva, sva  durch das Suffix ja  oder a  gebildet sind, wie im aind. kaja auf
ka beruht. Diesem steht aslov. koja  in kojego, kojemu,  so wie dem kaj  in kyj  usw. gegentiber:
vor auslautendem j  und vor ji  geht altes a in a, y  liber, daher kaj  neben kyj,  ktu, k-kih,
daher auch kgjima, kyima  aus kajima.  Wie aind. kaja aus ka, so mogen auch ubhaja und
dvaja aus ublia und dva durch das Suffix ja, a entstanden sein. Ich liabe daher schwerlich
mit Recht dem oboj, dvoj  — obi  und dvi  zu Grunde gelegt, wobei ich von troj  aus tri,
in Zusammensetzungen tra  aus tn,  aind. traja aus tri, ausgieng, das jedoch entweder auf
einem alteren Thema tra berulien oder dem abhaja, dvaja nachgebildet sein kann. Man
mir de auf diese Weise die Zalil der Belege ftir Steigerung bei der Bildung neuer aus
alten Stammen um einige vermindern. Dem Nomen do ja,  woher doiti,  d. i. dojiti,  wird
die w. di  aus aind. dha zu Grunde gelegt, weil dha kein doja  ergeben kann: man solite
jedoch vielleicht von einer alteren w. da ausgehen, aus der durch das Suffix a  das Nomen

Uber die Steigerung und Dehnung der Vocale in den slavischen Sprachen.

13

do-j-i  entstelien konnte. So konnte aucli stojali,  d. i. sto-j-ati, sto-j-eti  aus einer w. sta,
aind. stha, erklart vverden, vvahrend man es jetzt haufig als aus sti  durch Steigerung
entstanden auffasst, okne zu bedenken, dass die Verba III. eine Steigerung des
Wurzelvocals nur in seltenen Fallen kennen: poleti  ardere: w. pel;  doch aucli lit.
sraveti, sroveti fluere. raveti eruncare: w. sru. ru. Freilich wiirde man dann aucli
bei bojati  eine a-Wurzel voraussetzen, wobei man sicb etwa auf p. obaioač sie  be-
rufen konnte, wenn diesem nicht moglicherweise obojaivač sie  zu Grunde lage, wie bač
sie  auf bojač sie (boječ sie)  beruht, und wenn der Ansiclit nicht die verwandten Sprachen
entgegenstiinden Fick 2. 618. Bei mšna  usw. wiirde sclion das lit. maina usw. ftir eine
i-Wurzel sprechen, wenn auf das lit. in diesem Punete ein Verlass ware Fick 2. 632.

Wenn auf den naclifolgenden Blattern gelehrt wird, es werde e  zu o  gesteigert, so
wird damit eine auf slavischem Gebiete zu Tage tretende Thatsache ausgesprochen, es
wird ein in der Ursprache vollzogener Process als im slavischen eingetreten bezeichnet:
in die wissenschaftliche Sprache tibersetzt muss der angefiihrte Satz etwa so lauten:
ursprachliches a wird zu aa gesteigert: dar, daara. Dem a entspricht slav. e,  dem aa
hingegen o: der, don.  Der Satz: i wird zu e gesteigert, lautet: ursprachliches i wird zu
ai gesteigert: kvit, kvaita; dem i steht slav. s,  dem ai slav. e  gegentiber: svit, sveto.
Die aind. Formen lauten dar, dara-, svit, šveta.

Bei dem hohen Alter der Steigerungen ist es unrichtig dabei von den slavischen Voealen
e, b, s  auszugehen; es muss vielmehr a (d. i. a,), i und u zu Grunde gelegt werden.
Dagegen beruhen allerdings die stets jungen Dehnungen auf slavischem e  und o, 0 .

A. Steigerungen auf dem Gebiete des a-Lautes.

a) Steigerung des e zu o.
a. Vor einfacher Consonanz.

bor-B in izbors  electio: ber  in bera, hirati.

brodt vadum: bredci.  Dem brodi  entspricht lit. brada aus bred. bradlti aus brada
wie broditi  aus brodi.  Daneben lit. brasta. broditi  verhalt sich zu bred  auch hinsichtlich
der iterativen Bedeutung wie nositi  zu nes.

dor^ in razdori  schisma: der  in dera, okrati:  aind. dara aus daara Spalt. griech. 00 od¬
drobi. in drobiti  conterere: vergl. b. dreben  und dr eh  im os. dfebic.  Zweifelhaft.
dvori, aula: dver  in dvin:  vergl. lit. durls. aind. dvar. dvara. abaktr. dvara.
dvošiti : r. dvošiti  keuchen dial.: vergl. lit. dvesti, dvesti, dvase. dvošiti  beruht auf
einem Nomen dvoh-,  das richtiger zu w. dus gezogen wird.

godi tempus: zidati,  klr. pohodyty  und ždaty, vyžydaty  warten: w. ged.  Vergl. lett.
sagaidit erwarten.

gonoz- in gonoziti  liberare neben gonezi.  Die junge Steigerung in 'diesem Lehnworte
beruht auf Analogie: gonez: gonesti, goniznciti.

goni. in goniti  agere. s. goniti, gonati. gen  in žena,, gmati:  lit. genu, ginti; ganau, ganiti
entspricht dem aslov. gonja, goniti,  abaktr. vi-zan forttreiben. aind. han, hanti schlagen.

grobi fovea, sepulcrum: greha  fodio. lit. grabas tumulus entlehnt. lett. grebt
schrappen. Vergl. got. graban.

14

Franz Miklosich.

gromi, tonitru. r. gromih:  w. grem,  woraus gr ometi:  lit. grumenti neben griech.
'/pogoc. xps[J.cCw-

hoboti cauda: w. heb  in šib: ošibb.

hodi ambulatio. hoditi.  s. hoditi, hodati:  w. hed,  woraus sed, šid  ire in šbla.
klopi, in zaklopu  claustrum. poklapa  cooperculum. klopota  strepitus: w. klep: klepati
pulsare, urgpr. einen Scball hervorbringen, daher pokleps  calumnia. poklops  bringt Fiek
mit lat. clepere. griecb. %XšiuxetV in Verbindung.

koni : pokons  initium. iskoni  ab initio: w. ken,  woraus e en, čm  incipere.
kosa coma: w. kes,  woraus čes  in česati  pectere.

logi in naloga  invasio. scdoga  consors tori: w. leg  in lesti , lega:  got. ligan mit dem
denom. lagj-an, aslov. loži-.  lat. lectus. griecb. Xsy: \eyzxai.  Hieher gehort ložes  in
ložesna,  womit sloves  zn vergleichen ist. Hieher ziehe ich auch den Verbalstamm loga
in prčlogataj, prelagataj  insidiator. loga , laga  sind Denominativa von *logs , *lags  das Liegen.
ahd. lagon, lagen auflauern. Matz. 57. vergl. das entlehnte pr. lasint legen.

lom- in lomiti  frangere: vergl. os. lemič  und aslov. lem-ešb  vomer. pr. lim-twey
brechen.

loški r. splendor: lisk  in hštati se.  nsl. lesk. los  aus lošč  Glasur.

mol- in moliti  orare aus modliti  und dieses aus molditi:  w. meld:  lit. meldžiu, melsti

bitte, daraus mittelst malda- maldau, maldlti bitte sehr. I)em maldau entspricht aslov.
molja:  die Lautfolge old ist unslavisch. Manche halten noch immer d  in modliti  ftir

einen Einschub.

mol- in moliti  molere. wr. namol’  das Gemahlene: w. mel  in melja, mttti:  lit. malu,
malti. Hieher gehort moli  tinea.

mori mors, pestis: w. mer  in mreti, mira,  wofiir nsl. merjem:  lit. maraš, marinti.
lett. dagegen meriš. lit. mirti aus merti. aind. mar, marati, mrijate.

moti in omota  neben ometi  limbus: w. met  in meta, mesti:  lit. metu, mesti, atmatas

neben atmetalas und atmotas, pamota was weggeworfen wird. Hieher sind zu ziehen
motiti se  agitari, motglo  fimus; vielleicht auch mosta  pons; nsl. motati  weifen: nsl. meto-
vilo  Haspel beruht auf einem Verbum motovi  von einem Nomen mota:  vergl. daroviti
donare von dara.

nori in ponora  locus ubi fluvius sub terram absconditur. nora  latibulum. norici  uri-
nator. r. nora. norki  nares: w. ner  in nreti,  mm: auf n er  beruht ponirati, ponarjati  auf
* ponoviti:  lit. neriu, nerti. naras Taucher. sunaris Gelenk. narinti. narditi transit. lett.
nirdat. Vergl. aslov. pronora, prongra  malitia.

nosi in iznosa (popd. nositi  ferre iterat.: w. nes  in nesa : , nesti.  s. nositi, nosati:  lit.
nešu, nesti. lett. nesu, nest. lit. našta Last. Dem nositi  entspricht in der Bedeutung
lit. nešineti.

noz- in vanoziti  infigere. vmozi noži vi nožnice  ev.-šiš.: w. nez,  woraus niza , nisti,  das
indessen nicht nachweisbar ist. Hieher gehort wohl auch noži  culter aus noži-a,  eig.
AVerkzeug zum Stechen. Vergl. jedoch pr. nagis Feuerstein. niz  ist eine a-Wurzel, hat
demnach mit lett. nežai pl. wohl nichts zu schaffen Ascoli, Studj 2. 168.

or- in oriti  evertere. s. oviti se:  aind. ar, rnoti verletzen: w. wahrscheinlich a x r.
ploti saepes: w. plet  in pleta., plesti  plectere flechten. plota  ist das Geflochtene.
počka r. Niere, eig. das Gebratene: w. pek:  vergl. lit. kepenos Leber von kep.

Ubek die Steigerung und Dehnung der Vocale in d en slavischen Sprachen.

15

pona: opona  aulaeum. prepona  aulaeum, offendiculum. r. popona  tegumentum.
p. popona  filr zaslona:  w. pen,  woraus pmq:  vergl. jedocli got. fana Stlick Zeug. lat.
pannus. mgriech. icavoc. lit. panoti einlitdlen und aslov. ponjava  linteum.

pori) in podspora  fulerum: w. per  in preti, pero.  lit. spiriu, spirti sich stiitzen.

spardau, spardlti ausschlagen. sparas. lett. speru, spert. abaktr. špar sicli strauben.
por in sapora  rixa: w. per  in pnreti, pwjcf,.

prosi in vaprosa  interrogatio. prositi,  lit. prašiti: w .preš.  Vergl. aind. prašna, lat.
preč in precari. got. fraihnan, frah. In der Stellung des Vocals weicht ab lit. peršu, piršti.

roki definitio, praestitutum tempus: w. rek  in reka  dico. lit. rekti schreien: rakas
ist entlehnt. Hieher gehort auch otrokr,  infans. r. otroka  dial. ftir otkaza.  Vergl. osoj
aus otasoj.

ropa pus, vielleicht Schorf: lett. rept, repu zur Heilung bewachsen. repis Schorf.

Fick. An der Bedeutung ,Schorf 4  kann jedocli bei ropa  geziveifelt werden: p. ropa  usw.

Eiter; ns. dagegen ropa  Bunzel.

sob in osobb  seorsim. zasobi  alternatim hiingt mit seb  in sebe  us\v. zusammen: eine
Steigerung ist hier ebenso wenig anzunehmen als im s g. instr. soboja,  in dositi, desiti.
skroboti clematis vitalba: vergl. skrebatena:  aus w. skreb  ein Nomen škrob-.
skvor- : nsl. škvorec  sturnus: w. skver  in skvreti, skvara  in anderer Bedeutung. Vergl.
s. čvorak. čkvorak. čvrljak. čkvrlj.  Mit der w. skver  liangt die w. skvrak  aus skverk  zusammen.

soka in osoka  r., mesto, gde osočenr,, najdena zvem. osočiti:  w. sek.  lit. sekti. lett. sekt.
aind. sač, sacate sequi.

sori in vasors  asper. nsl. osoren  severus: vergl. lit. šeras Boršte, aind. šalja Stachel-
schwein. Zweifelhaft.

stoli thronus, sella: w. stel  in stelja, stblati  sternere, daher eig. cjuod stratum est,
womit postelja  lectus zu vergleichen ist. aind. astara Teppich neben astara Ausbreitung.
Fick stellt stola,  lit. stalas, mit pr. stallit stehen zusammen. Vergl. got. stola- Stuhl.
stopa gradus: vergl. stepem  und stapiti  aus stomp-.  aind. sthapaja.
stori in prostora  spatium: w. s ter  in streti, stara.

strom- im klr. zastromyty  obturare. Vergl. r. stremita.  Die Bedeutungen weichen ab.
toki fluxus: w. tek  in teka , testi  currere, fluere. lit. teketi. takas Pfad: dem točiti

entspricht im Sinne lit. tekinti schleifen. aind. tak, takti. abaktr. tač. Nicht ver-

scliieden ist aslov. toka  Tenne.

tol- in toliti  placare: w. tel.  lit. tilti verstummen. tilditi stili machen.

tom- in tomiti  vexare: aind. tam, tamjate betaubt werden. Vergl. lat. temulentus.

top- in topiti  calefacere. topla  neben tepla:  aind. tap, tapati.

tori in tor  wr. Weg: w. ter  in treti, tara,  woftir nsl. terem, tarem.  Vergl. lat. viam

terere. via trita. Hieher gehort auch r. utora  Kimme, daraus lit. uttaras. klr. proton/
Kosten bibl. I. r. otorita, obtereta  ftir obmolota  Daln, wohl auch nsl. zatoriti  verstreuen.

tropi : klr. wr. p. trop  vestigium: w. trep  in trepati  plaudere. pr. trapt treten.
griecli. "pc/.7C£0) Wein treten, keltern.

trosk- in troščiti  neben treščata  r. sonum edere: lit. treškiu, treskati. Potebnja, Ivi istorii
usw. 208.

tvori habitus corporis. tvoriti  facere. zatvoriti  claudere: w. tver.  lit. tveriu, tverti
fassen, einzaunen. tvartas Verschlag. tvara  opus beruht wohl auf der zweiten Steigerung

16

Franz Miklosich.

von tver.  Das lit. bietet tvora Zaun. Geitler, Fonologie 65, vergleicht mit tvor-  tur im
lat. obturo. Mit otvoriti  vergl. vora.

voda in vojevoda  bellidux. voditi  ducere. s. voditi, vodati:  w. ved  in veda, vesti.
lit. vedu, vesti. abaktr. vad ftihren.

vol- in voliti  velle, daraus volja  voluntas. vole  wohlan: w. vel  in veleti  velle. lit.
vellti. vale Wille. got. viljan. lat. volo, velle. aind. var, vrnati, vrnoti sich erwahlen.
causat. varaja. Hieher gehort auch dovolz  sufficientia. lit. privalus. doviUti, dovoliti
sufficere. dovbhnr, dovolim.

vora in povora  dva'fOp£'JC. zavora  vectis: vergl. ot-voriti  mit lit. at-verti aperire. nsl.
klr. obora  Hiirde: w. ver  in vreti, vira  claudere: aind. var, vrnoti bedecken. Hieher
gehort wahrscheinlich wr. vorr  fiir mdcliz.

vor- im r. provornyj  hurtig vergl. mit lit. ver in verti, variti treiben und im aslov.
variti  von einem Nomen var-.

vori in izvorr  fons: w. ver  in vi>r&ti, virja  scatere. Vergl. lit. virti, verru quellen,
sieden. varus kochbar.

vori r. fur: vergl. s. verati se, verem se  clam circuire. kr. v er ih  (impf.) se stran
puta  luč. 56.

vozi. currus. voziti  vehere iterat.: w. vez  in veza,, vesti.  s. voziti, vozati.  lit. vežu,
vesti, važis einspanniger Schlitten. važineti. važiuti. got. vigan. lat. vehere. griech.
byoc.  aind. vah, vahati. voziti, moriti, Mliti  sind in ihrer Bedeutung zwar verschieden,
stimmen jedoch darin iiberein, dass sie alle denominativ sind.

zor^ aspectus. pozorr  spectaculum: w. zer  in zireii , zbrja.  Iiieher gehort auch zorja
splendor von *zori.  r. zazoritb  dial. leuchten machen.

zort in sr,zori,  maturus. r. zorite  reif machen: w. zer  in zreti, zreja  maturescere.
aind. gar, garati morsch, alt werden.

zvoni sonus. zvoniti:  w. zven  in zvbneti  sonare. lett. zvans ist wohl entlehnt.

Im lit. entspricht e, a dem slav. e, o.  sudara Einigkeit: der. dvasas Athem: dves.
ižgamas odrodek Szyrwid. gaminti erzeugen: gem: gemu werde geboren. ganau hiiten:
gen. lett. ganit iterat. goniti,  lett. kratit sdititteln: kret: krest. kvapas Huft: kvep. atmana
Erinnerung: men. maraš Pest. marinti: mer. morr. moriti,  pamata Fundament: met. naras
mergus. narinti einschlingen: ner. skalus leicht spaltend: skel. takas Pfad: tek. tasiti
hauen: tes. vadžoti ftihren iterat.: ved. voditi. *važdati , ohne Dehnung dem lit. ent-
sprechend: voždati  aus vodjati.  lett. vadat iterat. ist analog dem s. vodati.  varus
kochbar: ver. vaziuti fahren: vež.

Man vergleiche got. lagjan legen neben ligan: w. leg. got. band neben bindan:
w. bend. saggq sank neben siggqan: w. seggq usw. Man nimmt an, in diesen Formen
habe sich das alte a erhalten, wahrend a nach meiner Ansicht altem a aus aa entspricht.
Das gleiche gilt vom praet. got. bar. ahd. skar. Vergl. Schleicher, Compendium 152.
Fick, Einlieit 181. 183. 184.

Mit der slav. Steigerung des e zu o vergleiche man auch lat. precor und procus,
tego und toga usw. Noch viel haufiger ist diese Steigerung im griech.: tsx,sčv  und t 6koq,
ir£'/.£:v und 'k6k.oq,  7u).£Z£iv und fj usw. Vergl. Leo Meyer, Vergleichende Grammatik
der griechischen und lateinischen Sprache 1. 108.

Uber die Steigerung und Dehnung der Vogale is den slavischen Sprachen.

17

(3. Vor Doppelconsonanz.

1. Vor rt, It.

Steigerung des e tu o ist in einer grossen Anzalil von Worten eingetreten, die im
erhaltenen Zustande der Sprache trat, torot, trot; tlat, tolot, tlot  lauten, denn diesen
Formen liegt urslavisclies tort, tolt  aus w.  wie tert, telt  zu Grunde.
draga *: r. doroga  in sudoroga  spasmus: w. derg  tremere.

vraži, in gomaze  ligamen. r. povorozn.  p. poivroz  aus vorzz: w. verz  ligare.

gladt fames. r. golodz.  p. g tod  aus goldz: w. gekl.  aind. gardh, gr dirjati.
mlad^B iuvenis. Von der w. meld  ist * mledmz,  s. mledan  macer, olme Steigerung
abgeleitet, w5,hrend mladi  auf moldz  mit zu o  gesteigertem e  beruht usw. Vergl. ,Uber
den Ursprung der Worte von der Form aslov. tret  und trat. 1

Im lit. entspricht tert, tart dem slav. tert, *tort, trat:  darbas Arbeit: derb (dirb).
pagalba Hilfe: gelb. gardas Hiirde: gerd. gardus wohlsehmeckend: gerd. gladi.
kalnas Berg: kel. klan-ici.  kartaš: venq karta einmal: kert. krati.  apmalžlti mit Milcli
bespritzen: melž. s. mlaz.  margas bunt: merg in mirgeti flimmern. marklti einweiclien :
merk. Vergl. nsl. mlaka,  sargas Wachter: serg. straži,  smardas Gestank: smerd (smird).
smradi,  valdlti regieren: veld. vlada,  valgs lett. feuclrt: velg. vlaga,  valkioti sehleppen:
velk. valkioti wurde aslov. vlačati  aus *volčati  lauten.

Vergl. got. garda von gerd (gairdan) usw.

Belege filr diese Steigerung kennt das aind. nicbt, da vor Doppelconsonanz Stei¬
gerung nicht eintritt, wobei jedoch margaja zu beachten ist Benfey, Kurze Sanskrit-
grammatik §. 130. III. griecli. SeSopna, aind. dadarša.

2. Vor nt.

q,za, vqza, qzlz,  d. i. onza  vinculum usw.: w. ez,  d. i. enz,  ligare.
bl^d-B error: w. bled.

grqz- in graziti  demergere: w. grez  immergi. lit. gramzd, gremz immergo neben
grimzd immergi.

hrasta*: Idr. chrustka, chrustavka  neben chrjastka, chrjaše.  r. chrjaŠčb  cartilago:
w. hrest.  Vergl. lit. kremtu, kramtlti nagen.

hraste locusta. hrasti  scarabaeus: w. lirest.  r. chrjast  sonum edere.
k^sto: r. kustz  Staude: vergl. cesti  dicht. r. čašča  dichter Wald. Man beachte

jedoch auch lit. kaukštas.

krqgi> circulus beruht auf der w. kreg,  die im slovak. krdž, krdža  fttr kruh  erhalten
ist. Vergl. ahd. hring, jetzt King. anord. hrlngr Kreis.

kr^tfc tortus: w.. kret  in krencdi  deflectere, eig. torquere.

lqki. arcus: w. lek  curvare. lit. lankas arcus neben lenk biegen. Mit leje  hangt
auch laka  sinus, dolus und szlqkz  inflexus zusammen.

mqka farina: w. meh  in meki-kz  mollis. Hieher gehort auch maka  supplicium. lit.
minklti kneten und mankštlti biegsam machen. lett. mlkt aus minkt.
mqti> turba: w. met  tur bare.

pqto compes aus pon-to.  nsl. pdta  f. p. peto:  tv. pen  in peti, pinci.
prggi in szprcigz  iugum: w. preg  iungere.

pr^g^ locusta: vergl. eine aus ahd. springan erschlossene w. preg  und b. skakalec.
s. skakavac  locusta, eig. Springer.

3*

18

1'ranz Miklosich.

ludibrium : w. reg,  nsl. režati se,  ringi.

rqka manus: w. rek.  Vergl. lit. renk sammeln, auflesen, dalier rankš Sammlung.
režije gladius: vergl. lit. reng: rengtis sich fertig machen. Die Bedeutungen machen
die Zusammenstellung unsicher.

s^k- in isačiti  siccare: w. sek  in isek  siccari.

sk^dt parcus: w. sked: šteMti  parcere. Vergl. lit skandinti Bezzenb.
sk^pi. sordidus, parcus: w. *skep.  Vergl. st/,p  aus sh,p  minui.
st 3 .p 1 , : pristaps  accessus: w. * step.  Vergl. step  in stepem.

sv^di, : p. smad, smad  Brandgerucb. nsl. smod  Senge dain. 93. s. svud, smad.
e. smoud.  os. smud:  aslov. w. sved, smed  in svenati, srnemati.  Hieher geEort nsl. voditi
in porojeno meso.  e. uditi maso.

t^ga afflictio: w. te,g  in te.žs-ko  gravis. Vergl. lit. ting in patingstu werde trage.
lett. stingt steif werden.

tq,pt obtusus: w. tep.  lit. tempti ausdehnen, tamplti breit machen.
trž^si) terrae motus. trasiti: w. tres  movere.

dens: w. zeb  dilacerare.
zv^ki sonus: w. zvedi  sonare.

Im lit. entspricht en, an dem slav. e, a.  pabanga Ende: beng. dangus caelum.
dangtis tectum. danglti decken: deng. gramzdlti versenken: gremzd (grimzd). kamšiti
stopfen: kemš. kantrus, bei Szyrwid kuntrus, geduldig: kent. landžioti kriechen: lend.
lankas Bogen: lenk. rankioti sammeln. ranke: renk. Vergl. drasus ktihn: dres. tešiti
zerren: t§s.

BI rt,dr,,  d. i. blondz,  bat ein Analogon im deutschen: got. blinda- aus blenda- neben
blandan aus blandjan.

Belege fiir diese Steigerung fehlen im aind.: die Doppelconsonanz steht der Steige-
rung entgegen.

b) Steigerung des e zu a.

dari. in udariti  ferire: w. der.  p. udrzeč, udari.

gaga im r. izgaga  neben izžoga  aus izžega  Sodbrennen: w . geg, žeg  urere. Der Verbal-
stamm žaga  aus žega  beruht auf junger Dehnung, das Nomen gaga  auf alter Steigerung.

gasiti exstinguere. gasngti  exstingui: lit. ges in gesti, gestu intrans. geslti, gesau
trans. •, bei Szyr\vid gistu exstinguor 58. giesiu exstinguo 60. lett. dzis intrans. dzes trans,
aind. gas, gasate erschopft werden. abalctr. zah erloschen. Man darf demnach annehmen:
* ges,  * g as o, gasiti  wie sed, sadd, saditi.

grabiti rapere: w. greh.  lit. grobti. lett. grabt. Das verwandte got. greipan ist
eine i-Wur%el. Vergl. lit. grebti, iterat. graibiti greifen neben grebti harken. grabineti
hin und her greifen J. Schmidt 1. 59; 2. 118.

hvala laus: aind. svar, svarati tonen, loben. ags. svarjan, sverjan sprechen:
w. livel, svel.  lit. kvola Lob ist entlehnt.

kaziti atpaviCsiv  delere: vergl. čeznati  evanescere, daher *kez, *kazs, kaziti.
lag- in * lagati : prelagataj  neben prttogataj  insidiator. Vergl. Seite 14.
lazEB in izlazn  exitus. izlaziti  exire. leza  gradior: pr. lis©, d. i. liže, aus lez. * lez
verhalt sich zu lazz  und lesti  wie sed  zu sadd  und sšsti.  Wer von einer w. lez  ausgeht,
wird in laza  keine Steigerung erblicken Geitler, Fonologie 63.

Uber die Steigerung und Dehnung der Vocale in den slaviscken Sprachen.

19

maniti decipere. lit. monas Zauber. monlti zaubern. lett. manit: aind. man,
manute: w. men,  aslov. mm, miniti.

mara mentis emotio. omareti  animo moveri. r. mariti.  p. mara  visio. marzy mi sie:
w. mer, mriti  mori: vergl. klr. mrity  sclilummern, wohl aucb etwa ,traumen‘. p. marzana
bei Linde ist dunkel: mit č. mafiti  pessumdare vergl. ahd. maro gebrechlich.

paliti urere. r. palz  ausgebrannter Ort Groti 444: w. pel: pepelz  aus und neben
popelz:  lit. pelenai pl. Asche. Vergl. poleti  uri. planoti  comburi aus pol-n-. plapolz  in
plapolanije  aus polpolz.  europ. w. par, griech. lup'/]: TtpTjtko J. Schmidt 2. 271.

Vergl. para.

para fumus, vapor. r. pdriti:  w. per, piriti.  p. przeč  sich erhitzen: pr. pore

Brodem. Vergl. paliti.

pariti volare. r. pariti:  w. per, pera, pirati  ferri.

razi r. Mahi, Hieb, Schlag. raziti.  p. razič  usw.: w. rez  in rezati  secare und
fz. coup. lett. reiz. lit. rešžti bei Schleicher, režti bei Kurschat. Vergl. sadz.

sadi planta. saditi  plantare. prosaditi  rumpere. sed  in sedlo  sella. sesti  considere.
sediti  sedere. lit. sodas Baumgarten, vielleicht entlehnt. sodis Russ. soda Dorf. sodinti
pflanzen. sedmi, s6sti. sedšti. aind. sad sich setzen, zusammenbrechen: sldati. sadajati.
sadas. got. satjan entspricht im Vocal nicht aslov. sadi.  Uber sadi  vergl. A. Leskien,
Handbuch 8. und J. Schmidt 2. 167.

sagi in posagz  compages, nuptiae: w. seg.  Vergl. lit. segti anbinden. aind. sagg,
saggate, sangate haften.

skala nsl. assula. klr. skalka  Splitter. oskalok  Scheit. skeTa, skata  Stein. p. skata
saxum, rima: w. skel.  r. Ščeh  rima. klr. Ščehjna, skatyna.  lit. skil (skel) findi. lett.
škjel, saskaldit findere. skals Špan.

skvara v.viaaa nidor. kr. okvara  mar. klr. stvar  Schwtde. Škvarok  Speckgriebe.
< v ;. skvar.  p. skivar  aestus: w. s lev er  in skvriti , raskvriti  schmelzen. nsl. cvriti, cvrem.

vali in valiti  volvere. b. val  Cylinder: w. vel.  lit. velti walken. voloti walzen.
valas, volas Welle Bezzenb. aind. val, valati sich wenden J. Schmidt 2. 421. Vergl.

aslov. vlagati se  fluctibus agitari von der secundaren w. vla.

vari : r. vars  crates in fiuvio: ver  in vriti, vira  claudere.

vari aestus, calx. variti  coquere. r. varz  siedendes Wasser: w. ver  in vir iti, virjci.

lit. virti, verdu. varus kochbar, das aslov. vorz  ware. lett. varit kochen.

Die alten gesteigerten Formen lazz, razz, sadz  stehen mit den jungen gedehnten Jez,
rez, sid  in keinem Abhangigkeitsverhaltnisse.

Hieher mag auch lastovica  hirundo gehoren: nsl. s. lastavica,  woraus s. lasta.  Es ist
vielleicht las-ta  zu theilen: vergl. lit. lalcstiti. lett. lakstit, lakstutis flattern. slav. w. les.

Man kann geneigt sein in tak: takati  laufen machen die zweite Steigerung von tek
zu erblicken, wie tokz  die erste ist: dies ware jedoch unrichtig, da taka  aus toči  durch
Dehnung des o  zu a  entsteht. Vergl. Seite 11.

Schwierig sind folgende Formen:

predramiti nsl. wecken, den Schlaf unterbrechen, beruht auf einem Nomen dram-,
das vielleicht mit * dr zrnati,  s. drmati  quassare zusammenhangt.

tvari opus stammt wie tvor z, tvoriti  von tver  unmittelbar, wohl nicht durch das
iterat. tvarjati.

20

Franz Miklosich.

variti antevertere wird mit c. vari, varite  impt. und mit lit. variti pellere verglichem
w. ver,  von der r. provorngj  hurtig abstammen kann. Matzen. 87.

zarja splendor mag auf einem Verbum zariti  aus zar -, w. z er,  beruhen, wie zor ja
auf zoriti: zarja  kann aus einer alteren Periode der Sprachbildung stammen.

vaditi: r. vaditi  in onz> vaditi dem za deni, a rabota nejdetz  stammt vielleicht von
ved, vesti: vaditi  accusare ist davon zu trennen. Uber r. goliti  und ganiti  vergl. Potebnja,
Ki istorii usw. 204. 209.

Im lit. entspriclit e, o dem slav. e, a.  dora Vertrag: der. gonš in arkligone Pferde-
hiiten: gen. mone in pramone Erdichtung: men. mota in išmota Auswurf: met. plotis
Preite: platus. sodas Baumgarten. sodinti setzen, pflanzen: sed. pr. sadint. toka in itoka
Einlauf: tek. tvora Zaun: tver. ivoda, ivada VVasserleitung: ved. žolt; grlines Kraut:
zel. Man vergl. org pfliigen: ar. žodis Rede: žad. Zvrnite Steigerung des e vor Doppel-
consonanz kommt nicht vor, wohl aber erste Steigerung in bang, beng; gramzd, gremzd usw.
Schleicher kennt keinen Fali der Steigerung des e zu o vor Labialen Grrammatik 45.
Fur das germanische wird zweite Steigerung iiberliaupt in Abrede gestellt.

Aind. kennt die zweite Steigerung des a in vielen Fallen.

B. Steigerungen auf dem Gebiete des i-Lautes.

I winl zu oj, e gesteigcrt.

beda calamitas. bediti  cogere. obideti  iniuria afficere. got. baidjan zwingen entspriclit
aslov. bediti  cogere. lit. beda und bednas sind slav. Ursprungs. Fick 2. 416. vergleiclit
aind. badh, badhate belastigen. badha Drang. badh beruht nach J. Schmidt, Voca-
lismus 1. 34. 94, auf bhandh. In diesem Falle ware eine Wurzel bčd  vorauszusetzen.

besi Damon, d. i. be-sz,  2. Seite318: lit. baisa terror. baisus terribilis. besas stammt
aus dem slav.: p. bies.  \vr. bes  fehlt. w. bi,  woraus durch Steigerung boj  in bojati se,
boja se  timeo. Vergl. boj-.

bleski splendor:.w. blisk, blisk  splendere. Vergl. bleskum, bliskunr,  papaver.
boj- in bojati se  timere: lit. bijoti. bajus timor. pr. biatwei. aind. bhl, bhajate.
abaktr. bi. Vergl. besa.

boji: boj  flagellum. razboj  latrocinium: lit. bajus Krieg Bezzenb. ist entlehnt: w. bi.
ce i neben ča i  za i  tot ist dunkel: vergl. lit. kaipo, kaip wie.

cediti colare: lit. skedu, skesti. lett. skaidit verdilnnen. skaidrg klar. lit. skai-
drus. lett. škjidrs dunnfliissig: w. ist skid.  Vergl. J. Schmidt 2. 472.

cegli, cčgzliz,  alter scegh,  solus. s. cigli, dleti.  p. szczegot  das einzelne, besondere.
szczegolng  einzeln, einzig, eigenthiimlich, umstandlich. Der w.-Vocal ist -vvahrscheinlich i.
Vergl. deutsch heik-el.

celi integer: lett. kails bloss, pur, kahl. pr. kail-usti-skun sg. acc. Gesundheit.
lit. celas stammt aus dem wr.: p. lautet das Wort caly.  got. haila-. ahd. heil. Das
got. Wort wird auf aind. kalja gesund, angenehm zurtickgeftihrt. &  spricht dagegen,
man wollte denn im slav. dieselbe Metathese annehmen, wie Herr J. Schmidt 2. 475.
thut. Vielleicht ist c£-U  zu theilen und als w. ein dem aind. chi schichten, lesen,
sammeln entsprechendes ski  anzunehmen. celz  ware dann aus scMz  entstanden, das neben
ceh  vorkommt. s. besteht auch čitav  integer.

Uber die Steigerung tod Dehnung der Vocale in den slavischen Sprachen.

21

cena pretium. lett. cina. lit. kaina nach Mikuckij bei Geitler, Fonologie 38. 110.
Piir die Zusammenstellung mit dem oben angefiihrten ski spricht shdniti  sup. 24. 22;
318. 24, richtig šepniti; scinetb bezc(ennaago)  hom.-mih. kr. sciniti  Lucic 47. 100.
s. sojenju  puto, Gundulic, Osman 11. 164, als imperfectives Verbum, scena, sciniti  in
serb. Urkunden. mon.-serb. 501. 506. Daničic, Rječnik 3. 262, der mit Unrecht sicina,
shceniti  schreibt. Mit cina  vergl. man cista  propter 2. Seite 172. und etwa abaktr.
kaena Strafe.

cesti* purus aus cid-ts  in čistiti  purgare neben čiste  purus aus čid-ts:  vergl. lit.
skaistas, skaistinti hell neben sklstas rein, hell und lett. skaists schim neben šlusts diinn-
fliissig. lit. člstas rein ist entlehnt. cista  via, eig. die Gereinigte, ist ein substantiviertes
Adjectiv. J. Schmidt, Vocalismus I. 97, vergleicht mit lit. sked aind. Čand, alter šcand.

cevB in civbnica  lyra. nsl. cev.  c. ceva:  der Vergleichung mit lit. seiva, lett. saiva
Spule steht der Anlaut entgegen.

cveliti affligere, eig. facere ut quis lamentetur: cviliti  lamentari. cviliti  berulit auf
einem Nomen cvil-.  Vergl. ags. hvelan. lit. kauliti und mit ganz abweiehender Bedeu-
tung r. kvilkij  dial.

cveti flos: w. cvbt  in cvbtq, cvisti  florere. lit. kvetka ist das wr. kvitka,  wo kvit
neben kojot  besteht. cvbt  ist nach J. Schmidt ,wohl‘ mit aind. švit verwandt.

časi hora. čiss  assem. pat.-mih. 137: vergl. pr. stan kisman, stan kysman dieweil.
kismingiskai adv. zeitlich. lit. česas schliesst sich nach Schleicher, Donaleitis 180, an
das ,bulgarische £  času  an: w. ca  in cajati  exspectare, das Fick 2. 529. mit einem aind.
ka fitr kam zusammenstellt. J. Schmidt 2. 419. Aus einer w. kis wtirde wohl ciss  ent-
stehen. ča  beruht wahrscheinlich auf ke, ka: vergl. di,  dha.

delo opus: lit. daile Kunst, dailus zierlich. dailidauti ein Handwerk treiben. auksa-
dailis Goldarbeiter. ratadailis Szyrwid 99. pr. dylan acc. J. Schmidt 2. 486.

detq infans, eig. das gesaugte. Stamm *dits,  woraus das collect. detb,  nsl. dica  aus
ditbca:  got. daddjan. ahd. tajan. griech. '8'Y;ah , aL aind. dha, dhajati. Vergl. deva  virgo,
eig. infans und * dojs,  woher doiti. ditq  kann von doiti  nicht getrennt werden. Vergl.
Seite 12.

deverB levir. s. djever.  p. dzievnerz :  lit. deveris. griech. ocrqp. lat. levir.
.aind. devar, nom. deva. devara Geliebter, Gatte. diven  ist hieher gestellt wegen des
lit. Wortes.

doja> * in doiti,  d. i. dojiti,  mammam praebere. nsl. s. dojiti.  ap. doič.  Vergl.
•dite  und pr. dadan Milch.

dvoj duo: lit. dveji. griech. 5ot6c. aind. dvaja. J. Schmidt 2. 411. vergl. Seite 12.
gnetiti accendere. nsl. nititi.  Vergl. pr. knais-ti-s Brand: w. vielleicht gnit  aus knit.
gnevT. ira, eig. wohl 'f),£yua pituita. Vergl. gnoj.

gnezdo nidus. ahd. nest. lat. nidus. aind. nlda aus nis-da, ni-sad. g  ist unerklart.
gnoj putrefaetio: w. gni,  das nach Fick 1. 536. fiir kni aus cuni (cunire) steht.
aind. knu, knujate stinken. Vergl. gnivs.

goji*: goilo,  d. i. gojilo,  sedatio. as. goj  pax. s. gojiti  masten mik. 2. hojiti
sanare: lit. glti sanari. gidlti sanare. lett. dzlt. lit. gajus sanabilis: w. gi, ži,

verwandt mit živ.  aind. gaja Lebensgeister. abaktr. gaja Leben.

hvoja: 6. chvoje  Nadel der Kiefer, Kiefer. nsl. hoja:  pr. kwaja ist slav.

22

Fkanz Miklosich.

jadro sinus, eig. Schwellung. Eiek 2. 291. 511. Zeitschrift 21. 5. vergleicht griech.
ouSpa, otoo<;: w. id schwellen.

jadi. venenum: ahd. eiz Gesclrvvur, Eiter. Vergl. das vorhergehende Wort und
lit. aidinti reizen mit s. jad  Kummer neben jed, jid  Galle, Gift. kr. jad  Zorn. s. jaditi
queri. ijediti, jediti, jiditi  erztirnen aus jiditi.

jasBni. clarus: vergl. lit. aiškus, vaiškus neben išcias, iškus deutlich.
jazva foramen, vulnus: vergl. pr. eyswo vulnus. lett. aiza Spalte im Eise. nsl.
jazba  fovea. jazbec  Dachs neben aslov. jazvz, jazvzcz. jazvz  wird mit ježi sylvoc  in Ver-
bindung gebraclit: vergl. pr. wobsdus. lett. apsis. lit. abšrus, woraus sicb nacli Geitler,
O slovanskvch kmenecli na u 80., die Reihe jazvz, jazrvi, jabzrvz  ergeben soli. In jadro,
jadz. jasbm  und jazva  steht ja  ftir je,  dessen e aus i  hervorgegangen.
klej, klij  gluten: lit. klijei. klijoti. Vergl. griech. or.

koji. in pokoj  quies. nsl. kojiti  habd. Vergl. r. koitz  fiir klastz: licho zkoilo sz, sklalo
sz.  Idr. Ščo von koitz  fiir delaets  Potebnja, Iyb  istorii usw. 195: lit. pakajas ist entlehnt.
w. ki  in či.  aind. kši: ltšaja Wohnsitz.

kres- in kresiti  excitare. č. knsiti  laben, aufemvecken. knsati se  convalescere: w. kris,
krzs.  Vergl. kršss  nsl. kr&s  ignis festivus. kresiti  scintillare. s. kriješ  cicada.

kroji, in okroj, okrojnica  vestis : w. kri.  nsl. krojač  sartor. krajati  ist kra-j-ati.  Andere
nehmen als w. von kroiti  — krd  an.

leha area: pr. lyso f., d. i. liso. lit. lise. ahd. leisa. lat. lira.
leka, Jekz  r. Rechnung. p. lik  das Zahlen. liczyč  zahlen.

leky adv. uti. nsl. liki.  kr. leki:  vergl. lik  in lice.  lit. hat g: ligus gleich,

got. k: leika-.

lekB in otzleks  reliquiae: w. Uk, Uk.  lit. likti, lekmi zuriick bleiben. lekas. atlekas.
iibrig. atlaikas Rest. got. leihvan. aind. rič, rinakti freilassen. atireka Uberschuss.

lepB viscum: w . lip, Up  in Izpeti  adhaerere. lit. lipti, limpu. aind. lip, limpati.
lepa dkoupip

lesi. nemus. nsl. les.  klr. Tis, Tas , dieses p.: vergl. lit. laiškas Blatt.
leto aestas, annus, tempus: w. li.  Vergl. lit. litus Regen, bei Szyrwid 40. lietus,

d. i. letus. lett. litus. Nach J. Schmidt, Vocalismus 1. 86, entsteht Uto  aus lenkto

und ist mit ahd. lenzo, wofiir auch langez, verwandt.

letB: Utz jestz  licet. Vergl. nsl. le  in le idi  gehe nur und lit. lietas (letaš) Nutzen, Sache.
levB laevus. nsl. Uv:  griech. \ai6c,  aus Xa i(~6q.

loj adeps, eig. quod liquelit. r. lojnoj,  fiir prolivnoj, doždz  kol. 34: w. li.  lit. lajus
ist entlehnt, pr. sloyo dunkel. Man beachte loj  und Uja.

medB aes: vergl. aind. sviditas geschmolzen. svedani eiserne Platte, Pfanne, womit

nach Curtius 245. auch ocor^oo? und ahd. sweizjan frigere zusammenhangt. lit. svidus

nitidus, coruscans. svidu corusco Szyrwid 137. 222. Mit der w. aind. svid, svedate
hangt auch aslov. sved, smed, ved  zusammen.

mehi. uter: lit. maišas. pr. moasis. lett. maiss. ahd. meisa. aind. meša Widder,
Vliess, Schlauch. abaktr. maeša.

melBkB parvus. č. mebj, melky.  p. miaiki:  lit. mailus etwas kleines, bei

Szyrwid 46. p. drobiazg. Dass mel  in melja  nicht die w. ist, scheint sich aus lit. ai
zu ergeben.

TJeek die Steigerung und Dehnung der Vocale in den slavischen Sprachen.

23

mena mutatio: lit. mainas. lett. maina: w. mi,  daher mi-na  zu theilen. lett. mit,
mlju. Dagegen aind. ma, majate.

meniti memorare. aslov. mm, miniti. miniti  beruht auf dem Nomen - mins:
pominz,  das nach einigen nicht auf men,  sondern auf min  zurtiekgeht. In pomenqti  aus
pomen-nati  steht i  ftir e. lit. findet sich atmenu, atminti; mineti neben primanus. numona.

mesto locus, d. i. met-to:  lit. mitau, mintu, misti wolmen. maista Unterhalt. lett.
mitu, mist. lit. mestas und wohl auch pr. maysta Stadt sind entlelmt. abaktr. mit
nahen, wohnen. maetha Wohnung: vergl. lit. veta Ort mit misto  und lit. vidus das innere
mit aslov. meždu.

mesi. in szmesz  commixtio. mesiti  miscere: lit. misti intrans. maišiti, maisau trans,
lett. maisit. alid. miskan aus mikskan. aind. miš: mišra. mikš, mimikšati.

mezga succus. nsl. mezga. c. miza  ftir und neben mizha.  p. miazga:  lit. mežu,
mlžti mingere. aind. migh: mib, meliati betraufeln, harnen. Hinsichtlich des zg  ver-
gleiche man brizga.

mežiti oculos claudere aus einem Nomen mig-. nagnati, mižati.  nsl. magnati, meg-
noti, mignoti. mžati, žmati. zmeriti, mežgetati  blinzeln: pr. mig in ismige obdormivit.
maigun acc. somnus. lit. migan, migti. megas.

nega voluptas. negovati  molliter tractare. kr. niga:  aind. nig, nihg, nenekti ab-
wascben, reinigen.

oboj ambo. lit. abeji. aind. ubhaja. Vergl. dvoj.

oj : ojdini  add-^pspov greg.-naz. 36. ojdimm  adxbj[ji,£pt.v6s lex.: vergl. aind. aj-am bic.
orehi> nux: o  scheint ein Vorscblag zu sein: lit. rešutas. pr. reisis in buccareisis
Bucbnuss.

pegi varius. klr. pihgj.  p. piega  Sommersprosse: aind. piiig, pinkte malen.

pinga braun. griecb. tzi-{-{6q  ftir -{Ko.oy.6q.  peg z  ist vielleicht auf pengz  zuriickzufiihren.

pena spuma: pr. spoayno. lit. spomoti schaumen. alid. feim. ags. fam. lat.
spuma aus spoima. aind. phena.

pesta: p. piasta  Nabe. č. pist, pista  Schlagel: lit. pesta Stampfe ist wohl entlelmt.
lat. pinsere. aind. piš, pinašti. aslov. pihati:  lit. paisau, paisiti. pista  verhalt sich
zu bista  wie pihati  zu bihz.

pestunj paedagogus, eig. qui nutrit: pititi, pitati  nutrire. lit. petus Mittagmahl.
aind. pitu Nalirung.

peti, pojo.  canere: damit hangt pi-sk-ati  zusammen.

poj- im Č. pojiti  iungere. r. pripoj  das Lothen. pajati.  Fick’s spi  1. 834. berubt
auf der Annahme, der Anlaut sei s,  allein das s  in spoiti,  richtig szpoiti , pf., ist das
Prafix sz.

poj^ in prepoj  potatio: w. pi  bibere.

rejati trud ere. porivati  greg.-naz.: w. ri.  Man erwartet rijati, reja.  Vergl. lijati,
leja  usw.

reka fluvius: w. ri  in rinati.  aind. retas, raja Strom. Vergl. roj.
rešimo verus, certus. nsl. ris. risen:  lit. apreikšti. nuraišiti offenbaren Bezzenb.
raiškus olfenbar: vergl. jasmz  mit lit. aiškus.

rešiti solvere: rešiti  berubt auf einem Nomen rih-.  Uber lit. rišti, risu binden
Pott 2. 2. 457. J. Schmidt 2. 257.

4

24

Franz Miklosich.

roj examen apum. ssroj  confluxus: w. vi  in rinati; vejati, reja.,  urspr. rijati, reja,.
b. poroj  rivus ist fremd. Vergl. Matz. 6. aind. raja Strom. Vergl. reka  J. Schmidt
2. 250. lit. rajus Blut, das den Iviihen statt der Milch aus dem Euter fliesst.

sečini ianuarius, februarius: lit. sijkis arba grudis december Geitler, Lit. Stud. 108.
Vergl. slkis Schlag, so dass die Verbindung von sSčms mit der w. se/c nicht ausgeschlossen
ist. Vergl. meine Abhandlung: Die slavischen Monatsnamen 58.

sedi canus. klr. šidyj  bibl. I: šadyj  verch. 81. aus dem p. szadawy, szedziwy

aus siad-.  lit. šemas. aind. sjama. <5 ist hier wohl ein a-Laut.

šemi persona. semins , s&mijanim  avc$pdxo(3ov. sdmija  collect. klr. semja  bibl. I.
pr. seimins Gesinde. lit. šeimina, bei Szyrwid sieymina. lett. saime. Das Wort hat
mit lit. kaimlnas vicinus nichts zu thun.

Senica: s. sjenica  parus. nsl. senica:  pr. sineco. Thema *sšn-  etwa liclit, licht-
blau: w. si, sijati.

seno foenum: lit. šenas, bei Szyrwid sienas. lett. seens: aind. šja, šjajati trocken
werden. šjana gedorrt. Audi liier ist š  wohl ein a-Laut.

seri glaucus: die wahre Bedeutung ist ,flavus £ >  licht, gelb. nsl. ser  liclitgelb,
lichtgrau. Das Wort hangt wahrsclieinlich mit der w. si, sijati  zusammen, wovon sevati,
sdri  neben nzda  rubigo segetum. sera  sulfur. s. sijev  rubigo: lit. sera und lett. sers
sind wohl entlehnt. Fick 2. 336. vergleicht aind. šara blau. ags. har.

setiti s^ meminisse: lit. saitu, saisti Zeichen deuten, prophezeien. anord. sidha
zaubern. Damit hangt zusammen seta  Ivummer, eig. das Gedenken. Vergl. posetiti
invisere. klr. pošityt  bibl. I.

sets laqueus: lit. setas. saitai Bande. lett. senu, seju, set; saistit binden. saiklis
Garbenband. ahd. seita Strick: w. aind. si, sinati, sinoti binden.

sledi vestigium: lit. slidau, sllsti gleiten. lett. sltdet. slede Geleise. ags. slldan.
smedi niger. s. smedj.  č. sraedj, snedy.  p. šmiady, mia,dy; smlady  aus smjady,
was befremdet. šniedz  das Gelbe, der Griinspan: vergl. 8. hnedy.  p. gniady. smeds
beruht auf der w. smid: vergl. rneds.

snegi nix: lit. snigti, snega, sninga. snegas. pr. snaigis. lett. snegs. got.
snaiva-. abaktr. šnizh, snaezhaiti.

soj in b. osoj  schattiger Ort aus ots-soj. zzmija osojna, prisojna:  w. si, sijati.  Zu dieser
w. gehort wohl audi soja  corvus glandarius: der Vogel hat lichtes Gefieder.

stena murus, paries. lit. sena aus stena. lett. sena: vergl. got. staina-. griech.
azla  Kiesel. aind. w. stja, stjajati dicht werden.

steni m. sem>  f. umbra. nsl. stenj  ellychnium, im Gorzischen, sonst duša. senca
umbra. s. sjen  m.: daneben wird auch sjena  angeftihrt. klr. tin  Schatten. šiny

pl. Vorhaus. r. steni, teni, sem  Dalb. slovak. den, sien: kolna je sien lebo cien.
tona je tien.  Vergl. lit. senis Gemach. priesenis, prisenis Vorhaus Szyr\vid 61. 239.
307. 336. aind. čhaja. griech. axidt. schattig. as. skln Glanz und Schatten.

nhd. Schemen. w. ski, woraus aind. chaja. Fick 1. 242.

stoj in stojati  stare: w. sti:  lit. stoveti. Vergl. stati  Seite 13.

stroj administratio. klr. stroj  Ordnung bibl. I. c. stroj  Zubereitung, Aufputz,
Geriist usw.: w. stri  aus star. Vergl. lat. struere, das gleichfalls auf star beruht J. Schmidt
2. 258. 286. Wie stroj  durch stri  mit der w. star, so hangt r. sloj  Schicht ftir stloj  durch
stli  mit der w. stal zusammen. Schon Reiff denkt bei sloj  an stilati  und Herr J. Groti 173.

Ubeb die Steigekung und Dehnung der Vogale in den slavischen Sprachen.

25

ward durch slanecs  fiir stlanecs  auf denselben Gedanken gebracht. Nicht so einleucktend
ist die Verwandtschaft von sljuda  tale transparent mit sili.

svenje, svem; osvenje , osvšm  praeter. Das Wort hangt vielleieht mit dem Thema sva
zusammen: vergl. osobb  seorsim. Ftir č  aus i  kann lit. bes svain§s eig. ausser sich an-
gefuhrt werden. Damit ist svčniti se  abstinere zusammenzustellen, von dem veniti  vendere
nicht zu trennen ist.

svete lux: lit. švesti. šve-sa f. Licht. švisti, švintu. šveisti, šveiču putzen, gliinzend
machen. švaitinti bestrablen. svetas Welt ist slav. Ursprungs. aind. švit, švetati hell
sein. sveta Licht.

teha in uteha  consolatio. Vergl. tiha  tranquillus, womit man ohne Grund aind. tuš,
tušjati sich beruhigen und pr. tusnan sg. acc. Stille verglichen hat. lit. tešiju troste ist
entlehnt: e ist Conjectur.

telo imago (quae umbra efficitur), corpus, tentorium, eig. das Schattengebende:
w. ski. Vergl. ste-m, se-ne, te-m,.  kr. kip,  eig. imago, aus dem magy. kep, ist bei
mar. corpus.

tem^ vertex. klr. timja  bibl. I. Wer tdlo  mit w. ski zusammenstellt, \vird die
Verwandtscliaft des ahd. skeit-ila mit te-mei  zuzugeben geneigt sein. Der Dental fallt
vor m  aus: vyme. rumenz.

teslcn, tisko  torcular, prelum, daher teštiti  conculcare. uteštiti  exprimere. w. ist aslov.
tbsk: tiskati  premere. Mit t&skz>  ist verwandt t&sknz, t^sbns  angustus und von diesem ist
t6šm  f. angustiae abzuleiten. tisk  ist vielleicht tisk.  Fick 2. 569. stellt tisk  zu lit.
treškiu, trekšti.

teštiti eiicere: peny testito poteštiti  OTUOVoatsiv evacuare sup. 303. 22. Vergl.

das, wie mir scheint, unverwandte lit. tešketi spritzen. tisk, tbsk  hat die Bedeutung, die
dem entsprechenden p. ciskač  zukommt: eiicere.

troj tres: lit. treji. aind. traja: tri  J. Schmidt 2. 412. vergl. Seite 12.

vede, vemb  scio neben vižda  video. got. vait scio neben vita video. griech. alba
scio neben iSsiv videre. aind. veda scio neben vildmi von der w. vid. Aus den aind.
Formen mit e hat sich ein eigenes slav. Verbum vM  mit der Bedeutung ,wissen‘ ent-
wickelt, verschieden von vid,  sehen. lit. išvlsti erblicken. veiždeti, veiždmi, veiždu
sehen. pr. waisei scis. ne  in nčkdto  aliquis us\v. ist wahrscheinlich n6 ve  4. Seite 172.
veglasu  peritus: vergl. nsl. kdor glumi ne ve glas, naj ne hodi k ljudem v vas  wer keinen
Spass versteht, soli nicht unter Leute gehen.

veki. aevum, eig. robur. nsl. k v&ku pripraviti  um die Kraft bringen lex. moč
in vek kaj storiti  lex. odveknoti  erquicken. odvek  Starkung trub. klr. uvičgl  verstiimmeln
bibl. I. r. veku  Kraft, Unversehrtheit. uvečbe, bezvečie.  lit. veka Kraft. veikti zwingen.
vikrus munter. lett. neveikls schwachlich. V r ergl. got. veihan kampfen Potebnja,
Ki istorii usw. 79. Fick 2. 473.

veniti vendere glaube ich mit sveniti  zusammenstellen zu sollen: jenes wiirde dem-
nach ,weggeben £  bedeuten. Damit wtirde veno  dos zusammenhangen. Man vergleicht
dieses mit aind. vasna Kaufpreis. lat. venum. griech. covoc.

veniCB sertum, corona. r. včno.  lit. vainikas: vergl. w. vi  winden: viti.

vesta in nevista  sponsa wird mit ved  (lit. parvedlauti die Braut heimfiihren) zusammen-
gestellt, daher etwa ,die (friiher) nicht heimgefiihrte 1 , wobei e unerklarbar ist. Andere
denken an aind. vadhu junge Frau, ^vobei č  eben so dunkel bleibt. Bei der \ erbindung

4 *

26

Franz Miklošiču.

mit lit. vaizdas Verlobung ist e  nicht befremdend: es bedeutet etwa ,die (frilher) nicbt
Yerlobte‘.

ves^ statera in russ. Quellen: viseti  pendere. Geitler, Lit. Stud. 72, vergleicbt
lit. vanšas Haken.

vete : p. poiviat  Kreis, Distrikt klingt an lit. pasvietis an Geitler, Lit. Stud. 102.
vete, veste  (aus vetje)  consilium. Aus veste  entspringt veštati  loqui wie aus sr,borz  serb.
zboriti  loqui usw. vetij  rbetor. p. wietnica  Ratbaus. pr. waitiat, vaitiatun reden, envaitia
er redet an. enrpryki-waitiaintins pl. acc. m. die Widerspreohenden. wayte, woytis Bespre-
chung, Versammlung. Damit verbinde ich v&  in otzvt  respondit. otzveše  responderunt
io. 1. 21; 8. 48; 10. 25-assem. otsvd  sav.-kn. 62. obevcijasteim  greg.-naz. 139. von obevati
'LuayvslaO-ai, womit obeštati  zu vergleichen. ve-tz.  Fick 2. 657. denkt an eine w. vi:
griecb. Fiozs sprach. fid  Stimme.
voji. in povoj  fascia: w. vi, viti.

voj^ im pl. voi  milites: w. vi.  Vergl. lit. viti, iterat. vajoti. lett. vaijat verfolgen.
zeli. vebemens: lit. gailus scbarf, bei Szyrwid gajlus crudelis.
znoj aestus: w. zni.

zoji. in nsl. pozoj  draco, eig. der den Racben aufsperrende : w. zi, zrnati; zijati, žeja
und zijaja.

zvezda stella. p. giviazda.  lit. žvaigžde, žvaizdb. lett. zvaigzne, bei Szyrwid
zvaizde. pr. erswaigstint. erscbwaigstinai: w. zvizd.

Einige auf i  auslautende Verbaltbemen steigern in den Prasensformen i  zu e:
li: lijati  fundere, leja.  p. lac  aus lijač, leje  aus Uje.  lit. leju, leti. pr. li. lett.
le fundere. lit. lett. li pluere. iterat. polivati , minder gut polevati. Uja  ist U-j-a.
aind. ri, rinati, rijati laufen lassen, Ibsen. Vergl. Uto. loj. roj.

pri : prijati  favere, 'preja.,  meist prijajo:  aind. pri, prinati erfreuen.
ri: rijati,  woftir nun vejati,  trudere, reja; rinati:  aind. ri, rinati, rijati. iterat.
nizrevati,  richtiger porivati  sup. nsl. porivati.  Vergl. li.

si: sijati  fulgere, sijaja; sinati,  kein seja,  iterat. sevati  in sevanije.  Vergl. aind. šjeta,
šjena albus.

smi : smijati se  ridere, smeja se. smehr>  risus. iterat. posmivati se  neben posmevati se.
lett. smet. aind. smi, smajate. Verschieden ist smtti, szmdti  audere: dagegen Potebnja,
Ete istorii usw. 184.

zi: zijati  hiare, žeja,, zijaja,:  lit. žioti. žiovauti. abd. giwen, gijen. aind. gha:
ba, gililte. Eine Form gnejesi  von gniti  ist nicbt aslov.

Im lit. entspricht aj, e dem slav. oj, @:  gajus leicbt beilend: gl. leku bleibe.
laiklti machen, dass etwas bleibe: lik. degas Keim. daiginti keimen macben: dig. ležti
leclcen. laižlti leckfen iterat.: llž. kemas Dorf. apikajme Umgegend: ki. Dunkel sind
mir die ai mit folgendem Consonanten entbaltenden Formen. Man fuge hinzu braiditi,
braidžioti waten iterat.: bred (bredu), bristi. slav. bred.

Vergl. got. -raisjan aufsteben macben: ris.

Griecb. orot^. icsicoiD-a: art[5. t-OK

In der Stammbildung ist Steigerung des i  unnachweisbar. Uber die Steigerung des
i  in der "VVorfbildung vergl. Seite 8.

ITber die Steigerung und Dehnung der Vocale in den slavischen Sprachen.

27

C. Steigerungen auf dem Gebiete des u-Lautes.

a) Steigerung des u zu ov, u.

bljuje vorno: w. blju.  Yergl. p. bluč  und blivač. leja  und li  in lijati, lijati.
brusi. : ubrusa  sudarium: w. brus. brysati.

bud- in buditi  excitare: w. bud.  aind. budh. bodhajati. Damit hangt vielleicbt
aucb bljudq  observo, custodio zusammen: vergl. got. biutan.

buj insipidus, urspriinglicli wohl luxurians, uppig wachsend, mag mit by  wachsen
(vergl. aslov. byh  planta, griech. <potov), aind. bhii, zusammenhangen.

čuti noscere: vergl. got. skava- in usskava- vorsichtig, und Štjutiti  aus skjutiti.

duhi spiritus. duša  anima. lit. dausa: w. dus.

dupli cavus: w. dup: dub.  Vergl. lit. dubus.

duti spirare. got. dauni- Dunst: aind. dhu, dhunoti agitare.

gluhi surdus: w. wohl gluh, gluh. oglalmati  ist denominativ.

gnusi sordes, scelus: vergl. gmsi, gnesb,  wofur man gnm<  erwartet.

gov- in govbno  stercus: w. gu.  aind. gu, gavati.

govori tumultus: aind. gu, gavate tonen, daber gov-ora.

gruda gleba: w. grud.  lit. grud: grusti, grudziu stampfen.

gub- in gabiti  perdere: w. gub: poggnati  perire.

gubi in dvogubh  duplex: w. gub:  lett. gubt. pregmudi.  Die Differenz zwischen pogg¬
nati  und pregmudi  ist mir dunkel: vielleicbt beruht jenes auf gub, slav. gyb.
jugi auster ftir ugz:  vergl. lit. užia es braust.

juni iuvenis: lit. jaunas. Das Wort soli mit ju, jauti zusammenhangen und ,der
in die Gewalt gegebene‘ bedeuten.

kljuje rostro tundo. Idjv/nr,  rostrum: w. kiju.  nsl. kljuvati.
krovi tectum: w. kru. kryti.

kruhi frustum. krušiti:  w. kruh. krsšiti  aus kruha.  lit. krjusti zerschlagen. lett.
krauset.

ku : kujati  murmurare: aind. ku, ku, kauti, kavate tonen.
kud- in kuditi  vituperare: w. kud.  aind. kud, kodajati.

kujq, čudo. kova:  w. ku.  aind. ku, ku, kauti, kavate tonen. okova.  p. pokow.
kuk- in kukonosa  nasum aduncum babens: aind. kuc, kučati sich krtimmen.
kur- in kuriti se  fumare: w. kiir.  lit. kurti, kuriu.

kusi in kusiti  tentare: vergl. got. kausjan aus kiusan. Der Anlaut weicht ab.
ljubi carus: w. ljub.  aind. lubh, lubhati, lubhjati.
ljudi populus: w. ljud.  aind. rudh: rub, rohati wachsen.

lovi venatio: w. lu.  aind. lu, lunati schneiden. lajati  insidiare ist mit lova

unverwandt.

luea radius: w. luk.  aind. ruč, ročate leucbten. Mit luča  mag aucb luna  zusammen¬
hangen und filr lukna  stehen.

lup- in lupiti  detrahere: w. lup.  aind. lup, lumpati; rup, rupjati; ropajati.
mudi tardus. muditi.  lit. mausti aus maudti lange Weile baben ist denomi¬
nativ wie švesti. Vergl. aind. mad, madati und manda tardus. aslov. besteht neben
' muda  auch mada,  das im rumun. premind procrastinare erhalten ist.

28

Fbanz Miklosich.

novt novus: w. nu  in nyne.  aind. nava.

nud- in nuditi  cogere: w. nud.  aind. nud, nudati stossen. Daneben besteht najditi.
nur- in pronuriti  consumere: w. nur.  r. ponuritb  inclinare. p. nurzgč  immergere.
os. nurič.  Vergl. ner, mrct,  woher noriti, nirati.

nuz- in pronuziti  transfigere. smuziti  fodere: w. nuz.  Vergl. nez, mza,  woher noziti,
nizati.

pljujg spuo. opljuvaja: w. plju,  urspraclilich spju Curtius 286. Vergl. r. sljuna, slina
ftir spljuna  usw.

pinti, phtja  und plova  fluere: w. plu.  aind. plu, plavate, aind. plu ergibt pluti,
dagegen aind. bliil byti.

rjuti, nvati  in nvanije, reva  aus rjova  (vergl. plova)  rugire: w. rjit. rovy  rugiens
sup. 446. 27. beruht au£ der w. rit.  aind. ru, ravlti, rauti, ruvati.

rovi. fovea. lit. rava Loch: w. ru. ryja., ryti; nva, nvati.  nsl. rujem  evello. lit.
rauti, raveti, rauju, raviu. rovu  ist selbstverstandlieh keine Steigerung des spaten ry  in
ryti,  wohl aber eine solche von rit. rsvs  findet sich nur in russ. Quellen fiir rovs.

ruda metallum, eig. wolil Rotherz: w. rud. rzddti se:  aind. rudh in rudbira, loha.
rument ruber ftir rudrrien~,:  w. rud.  Vergl. ruda.
runo vellus: w. ru: nvati, nva  vellere. ru-no.
rupa foramen: aind. ropa, w. rup, lup, causat. ropaja abbrechen.
sluht auditus: w. slits.  aind. sruš-ta. abaktr. šrus-ta. lit. klausa. Vergl. sluhz.
sluti, slova  clarere. slovo:  w. slu.  aind. sru, šrnoti aus šrunoti. Von dieser Wurzel
stammt aucli sluga  servus. Vergl. sluhs.

smučati repere: w. smuk. u  ist bei einem Verbum III. befremdend.
snuti, snuja  und snova  ordiri: w. snit.  Vergl. anord. snua torguere.
struga scalprum. strugati  radere: w. strug, stngati  aus strugati.

struja flumen. ostrovs  insula: w. sru.  aind. sru, sravati. Vergl. lit. sraveti, sravju
rieselnd fliessen.

studi pudor: w. stud. stgdeti se.

studi frigus. p. studzič:  w. stud.  r. stgnuth.

suhi siccus: w. sith.  lit. sausas. sausinti: sausti beruht auf sausas. aind. šuš,
šušjati. abaktr. huš.

suj vanus: vergl. aind. šu schwellen und buj.

suj% sovati  mittere. lit. šauju, šauti: w. sit.  aind. šu, šavati.

sukati torguere. ar. skah, sku  aus s okati,, sdku.  lit. sukti.

suti, szpa  fundere: w. sup.  Statt suti  erwartet man syti:  vergl. c v isti  und cvi.t.

šuj laevus aus s jv j:  aind. savja.

trudi labor: w. trud.  got. thriutan.

trupi truncus: w. trup.  lit. trupeti, trupu brockeln.

truti, trova  und truja  absumere. otrovr,, otravs  venenum. b. trovi , travi  vergiften.
slovak. trovit  zehren. trdvit  vergiften. Vergl. strova, strava  Nahrung: w. tru.  Vergl. tryti.
griech. tpuco.

tuh in tuhnati  guiescere. r. tuchnutr,  exstingui. zatchlgj, zatucldgj:  w. tuh.  aind.
tuš, tušjati. Vergl. p. tuszgč  ahnen.
tuk- in istukati  sculpere: w. tuk.
tuki adeps: w. tuk.  lit. tukti. taukas.

Ober die Steigerung und Dehnung der Vocale in den slavischen Sprachen.

29

tur- im r. turih  pellere. s. turiti  iacere: vergl. aind. tvar, tvarate eilen.

ukt doctrina: w. uk. vgknati  aus aknati.  lit. junkti. jaukinti. lett. jaucet. aind.

uč, ucjate. oka.

uti: obuti  induere: w. it.  lat. ind-uo. lit. auti ein Ivleid anzielien. aveti ein
Kleid anliaben. Ivein oviti  im slav.

utro mane fiir ustro:  w. us.  aind. usra morgendlich. lit. aušra diluculum.

zov^, zavati voco. zovoh  cantor. Das nur einmahl nachweisbare zava  ist za-v-a:  w. zu.
aind. hu, liavate.

žujq,, zija, živati  neben žbva, žhvati  mandere: w. žit  aus žju:  ahd. chivan. Vergl. lat.
gin - giva.

žur- im klr. žuryty  affligere usw. wird mit aind. gvar, gvarati, mit sam sicb betrliben,
vergliehen.

Hier moge erwahnt werden isovova  aus isu-ova: dažda mi tilo isovovo  sup. 342. 26.

Im lit. entspricht au, av, ti dem slav. ov, u:  baudint pr. wecken: bud. daube,
dubš Iiohle: dub. jaukinti gewohnen: uk. navas, naujas neu. pr. nauns: nu. plauti
spiilen: plu. plaukti schwimmen: pluk. raugas Sauerteig: rug. rava Loch: ru. sraume
Stromung. sraveti fliessen: sru. šlavineti fegen: slu. lett. laupit. r. lupih:  lup schalen.

Man vergleicbe got. flaugjan im Fluge fortftihren: w. flug.

Erste Steigerung des u  ist, wie oben erwahnt wurde, niclit nur in der Stamm-
sondern aucb in der Wortbildung anzunebmen. I. In der Stammbildung: a) synovb
r}.VS'ju6c, VDeclination. lit. sunaibis Bruderkind ftlr sunawis. synovz  iilii: sym,  M-Stamm.
sadovije, sadovina  fructus: sads,  s g. loc. sadu  neben lit. sodas. domovim  domus: doma,
M-Stamm. olovina  sicera: oh,  w-Stamm, lit. alus. stanoviste  neben stanište  mansio: stam,
s g. loc. stanu. synovins  filii: sym. volovz  neben voluj  boum, womit trova  neben truja  usw.
zu vergleiclien. volovmz  bovis: voh,  M-Stamm. synovbm, synovbskd  filii: syns. vrzhovvhb
superior: vrzdiz,  M-Stamm. synovbCb  dvsVoc: sym. vdovbna  tardus liangt mit vly  (wolil vr,ly)
tarde zusammen: vergl. 8. povlovwy.  Analog ist podhgovah  oblongus. drugovija  socii.
duhovbm  spiritualis usw. b) darovati  donare: dan,  s g. loc. daru. daroviti  neben dariti
donare: dan. prepoloviti  ad dimidias partes redigere. naduždeviti  neben nadnžditi  pluere :
ddždb. naostroviti  neben naostriti  acuere: ostri, poloviti  in raspolovenije  pars dimidia: poln,
M-Stamm. * sadoviti , p. sadoivič  collocare, neben saditi: sada. stanoviti  constituere:
stana, vasgnoviti  neben posgniti  adoptare: syna. žiroviti  pasci: žira. *gladoviti,  c. hladoveti.
II. In der Wortbildung: sg. dat. synovi.  sg. gen. voc. loc. synu.  pl. nom. sgnove  usw.

b) Steigerung des u zu ar, v a.

bav- in baviti: izbaviti  liberare, dagegen izbgti  liberari: baviti  bewirken. dass etrvas
werde. nsl. zabaviti.  s. baviti se.  p. baivič sie  usw. beruht auf einem Nomen bav- :
lit. boviti s ist entlelmt. aind. bhu, bhavati. bhava m. Werden.

dav- in daviti  suffocare: aind. dhu, dhunoti,' dhuvati, dhavati riitteln J. Schmidt
1. 165. lit. dovlti ist entlelmt.

gav- in ogavije  molestia. č. ohava  abominatio. Vergl. lit. agus schal.
hvat- in hvatiti  neben hgtiti  prehendere: \v. hut. hvatiti  aus havtiti.
kava in p. kawa.  nsl. kavka  corvus monedula. lit. kova: aind. ku, kauti,
kavate sonare. kavaka  amica ist mgriecli. v.aOv.a, v.vjvdtCa.

30

Franz Miklosich.

kvap- in klr. kvapyty ša  properare. č. kvapiti.  p. kivapič.  Vergl. kypeti  salire,
scaturire. lett. kupt gerinnen, gahren. aind. kup, kupjati in Bewegung geratken.
caus. kopaja in Bewegung bringen. kvapiti  aus kavpiti.

kvasi, fermentum: kysnqti  fermentari, humectari. s. kisa  pluvia: w. kus, kas.
aind. csuš, čušati pass. sieden. Vergl. lit. kusu, kusti reizen. lett. kauset schmelzen.
Man vergleiclit mit Unrecht anord. h vaša schnaufen. Geitler, Fonologie 65, denkt an
kyps, kvaps von kup.

navB «-Stamm: mortuus. klr. navskyj  mortui. navk  mortuus Pyskunov. r. onava
lassitudo dial. č. unaviti  fatigare. lit. novlti qualen, verderben. lett. nave Tod.
pr. nowis Rumpf, eig. wohl Leiclinam: aslov. nyti  segneseere. Die Bedeutungen von nam
und nyti  bieten keine Schwierigkeit, wenn man sich an got. -dojan ermiiden, aufreiben
und dautha- todt erinnert.

plav- in plaviti  facere ut fluat. plavati  navigare. pluti  fluere: lit. plauti, plauju

lavare. ploviti waschen. plovimas. aind. plu, plavate natare. plava das Uberfliessen.
causat. plavaja.

slava gloria. sluti  celebrem esse. lit. slove: w. slu,  aind. šru, šrnoti.

ta v- in taviti:  č. zotaviti  starken: zotav mdlobu mou. zotaviti se  ist novou travou obrusti
sich frisck mit Gras bedeclcen. Hieher gehort nsl. otava  Grummet aus oUtava  mit otn  in
der Bedeutung ,iterum‘. lit. attolas, pr. attolis, lett. atals sind dunkel: w. tu  in tyti  pin-
guescere. aind. tu, taviti valere. tlv, tlvati pinguescere.

trava lierba. traviti , truti  consumere. natruti  nutrire. Vergl. slovak. strava, utr ata;
strova, strava  Nahrung. stravit  verdauen, verzehren. klr. strava  cibus. stravyty  digerere.
stravam super tumulum eius, quam appellant ipsi, ingenti comissatione concelebrant
Jordanes c. 49. lit. strova. r. dial. ist travitb polja puškah stada na čužija polja  za g. 665.
Vir . travyt nezhodu robyt  bibl. I. Von dieser Wortfamil*e kann aslov. otram  neben otrovd
venenum, b. travi, trovi  veneno interficere, slovak. trovit  zehren, travit  vergiften, trovič
Zehrer, Giftmischer nicht getrennt werden.

Man vergleiche davmz  anticpius. 5. švdrmj  'sauber, fein, das Geitler, Lit. Stud. 71,
mit lit. šurnas stattlich zusammenstellt. p. obiaiva  venatio, cassis venaticus ist das mhd.
abelouf matz. 399, hat demnach mit lov  s niehts zu thun. Dunkel sind čvalati. kvariti,
praviti  vergl. JPotebnja, Kb  istorii usw. 199. 200. 201.

Davati, stavati  sollen nach einer neuen Lehre nicht aus da-ati, sta-ati  entstanden,
sondern dav  Steigerung von du  sein, das neben da vorkomme; das v  beider Verba finde
sich schon im lit.: dovana donum. stov5ti stare. Wir hatten demnach bei jenen Formen
von du, stu,  nicht von da , sta,  auszugehen. Daneben bestehen da, sta  in dati, stati; dam,
stana  usw. Die Theorie ist auch hinsichtlich der Formen davati , stavati  irrig, da daneben
dajati, stajati  gebraucht werden, und da, wenn von du, stu  auszugehen ware, davati,
stavati  auf dav-, stav-  beruhen und Denominativa sein, daher durative Bedeutung haben
miissten und mit Prafixen nothwendig perfectiv waren. Das herrliche Werkzeug, das dem
Slavisten am litauischen zu Gebote steht, muss wie jedes Werkzeug mit Besonnenheit
gehandhabt werden: diese hatte durch das pr. da (dat, daton. datwei usw.) den rechten
Weg gewiesen.

Im lit. entspricht ov dem slav. av:  rovimas: raveti jaten. srovš, strove Stro-
mung. sroveti, sraveti strdmen: sru. slove Euhm: slu. šovimas: šauti schieben. dvokti

Uber die Steigerung und Dehnung der Vocale in den slavischen Sprachen.

31

stinken neben dvakoti keucken. Man vergl. auch die praet. koviau, ploviau mit ku, plu.
Audi in dvase, dvasas Atliem, dvasiu neben dvesiu (dvesiu) liegt eine Steigerung
des u vor.

Die Causativa sind Denominativa, sie sind von Nomina mit dem Suffix a dureh das
Yerbalsuffix ja abgeleitet: bodhaja von bodha wie etwa sAtc£C<o  von sMito-joj. saditi
stammt dureh das Nomen sadz  von sad (sad), slav. sed,  ab; eben so ist cviliti  facere ut
quis lamentetur dureh das Nomen cvil-  von cvil  lamentari abgeleitet; so steht zwischen
plaviti  und plu  das Nomen plavž.  Vergl. 2. Seite 451. aind. manaja ehren von mana
hat dieselbe Form wie ein von man abgeleitetes Causativum. Da nun die Nomina beim
Suffix a bald die eine, bald die andere Steigerung erleiden, so gibt es Causativa mit
erster und zvveiter Steigerung des \Vurzelvocals ; daher aind. daraja und daraja; saraja
und saraja, jenes mit der Bedeutung ,in’s Fliessen kommen', dieses mit der Bedeutung
,laufen machen 1 . Daher stammen auch die Unterschiede der Sprachen unter einander:
dem aind. maraja sterben machen entspricht aslov. mori,  nicht mari,  lit. mari (marinti),
nicht etwa mori; dem aind. sadaja sitzen machen steht got. satja, nicht sotja, gegen-
iiber, vvahrend slav. a  in saditi  und lit. o in sodinti die Beflexe des aind. a aus aa sind.
Wie mori  und satjan, ist loži  und lagjan, w. Ia^gli, vozi  und vagjan, w. va,gh, zu beur-
theilen. Manchmahl findet man in derselben Sprache beide Steigerungen: b. trovi  und
travi  aus w. trii.

II. Uber die Dehnung' der Vocale.

1. Den Gegenstand dieser Untersuchung bilden nicht die gedehnten Vocale iiber-
haupt, sondern nur diejenigen, die, weil aus einer jtingeren Periode der Sprachentvvick-
lung stammend, erklart, d. i. auf nachweishare Themen mit ungedehnten Vocalen zuriick-
geftihrt vverden konnen. Es soli demnach hier nicht untersucht werden, vvarum der
Vocal von dymz  gedehnt erscheint, da diese Frage nur mit der IIinweisung auf lit.
dumai, griech. dtipo in D-optdco, lat. fumus, aind. dhuma beantwortet werden kann.
Hier handelt es sich um die Frage, warum beispielsweise in obrydati se,  erubescere das
gedehnte y  steht, da die \Vurzel rud, rzd: rzdeti se,  lit. rudeti, aind. rudh (rudhira),
kurzes u hat.

Diese jtingeren Dehnungen stehen im Gregensatze zu den aus der Urspraclie stam-
menden und daher in allen verwandten Sprachen nachweisbaren. Noch scharfer ist der
Gegensatz der hier behandelten Dehnungen zu den ebenfalls aus der Ursprache uber-
kommenen Vocalsteigerungen, mit denen die Dehnungen nicht selten fiir identisch erklart
werden. Die Dehnung des i ist in der Ursprache I, die des u ist u; im slavischen ent¬
spricht diesen Lauten z  und i, z  und y.  Bei der Dehnung wird demnach nur die Quan-
titat des Vocals geandert. Dagegen wird i zu ai und ai, u zu au und au gesteigert,
wofiir slavisch oj, e  fiir ai, ov, u  fiir au, av, va  fiir au eintritt: bei i und u sind dem¬
nach die gedehnten Laute von den gesteigerten durchgangig verschieden. Bei der Stei¬
gerung des i, u erleidet sowohl die Quantit,at als auch die Qualitat eine Anderung.
Schvvierig ist die Scheidung dieser Processe bei den a-Lauten: hier hat die Ursprache
vvahrscheinlich a, a 2 , d. i. aa, a und a 3 , d. i. aa, a, das slavische bietet fiir e (a,) als

5

32

Fbanz Miklosich.

Dehnung e  und fur o  (a 2 ) als Dehnung a  (a 3 ), wahrend e  (a x ) zu o  (a 2 ) und zu a  (a 3 ) gesteigert
wird. Es sei jedocli bemerkt, dass e im aind. haufig als Ersatzdehnung fiir a auftritt:
petima aus ved. paptima; in der Neubildung edhi aus asdlii. Man beachte, dass sicb
griech. (piko  zu c pika  wie aind. šiva zu šive verhalt, wie rabo  zu rabe  und ryba  zu rybo.
Mdr haben fiir das slavische folgendes Sebema der Vocaldelmungen :

Dazu korenit nacb meinem Dafurhalten nocb die Dehnung von r, l  in jenen Fallen,
wo diese Consonanten silbenbildend auftreten: die Dehnung dieser Laute ist r, l.

Iveiner Dehnung fahig sind e. e,  es mag dieses ein a-  oder ein i-Laut sein; n. a.
slav. i. y. u.  klr. posterihaty  fiir aslov. * postregati  ist wie p. maiviač  von mowič  fiir aslov.
* mldvljati  jungen Ursprungs. Dasselbe gilt von b. IcUka  neben klekns,  aslov. kleka  usw.
Potebnja, Kn istorii usw. 226. Dehnung des S zu i  kann ich nicht zugeben: minati
beruht auf rmn,  nicht auf men; mižati  auf mbg,  nicht auf meg, m&z: smisati se  wohl auch
nicht auf sme.

Aus dem folgenden wird sich ergeben, dass die A r ocalsteigerungen und Vocaldelmungen
von einander in der That streng gesondert sind: es gibt beispielsweise keinen Fali der
Vocaldehnung bei der Bildung von Nominalstammen aus Wurzeln, wie umgekehrt kein Fali
der Vocalsteigerung bei der Bildung von iterativen Verben aus durativen oder perfec-
tiven naclrvveisbar ist.

Bei der Beantwortung der Frage, ob vor Doppelconsonanz eine Dehnung der Vocale
eintritt, ist vor allem der Fali tert, telt  zu beriicksichtigen. Die hieher gehorigen Formen
lassen bei der allen slavischen Sprachen gemeinsamen Bildung der Iterativa ersten Grrades
regelmassig keine Dehnung des e  und der dafiir eintretenden Vocale zu: r. mer z, zamer-
zatb. melk. umolkatb.  p. merz, zamarzac. melk, zamilkač.  Hier mogen die aus tert :  telt
erwachsenen Formen trt, tlt  erwahnt werden, deren r, l  im slovakischen gedehnt wird.
o  ist vor st  der Dehnung fahig: aslov. prosti, praštati. smotri, rasmaštrjati.  s. podostri,
podaštrati. isposti, ispaštati. prosti, praštati.  Man merke aslov. prehsti, prelistati  neben
prehštati.

Es sollen nun A.  die Falle der Dehnung auf dem Gebiete des a-Lautes; B.  die
Falle der Dehnung auf dem Gebiete des i-Lautes; C.  die Falle der Dehnung auf dem
Gebiete des u-Lautes, und D.  die Falle der Dehnung auf dem Gebiete der r-,  /-Laute
aufgefuhrt werden.

2. Die Dehnung der Vocale ist entweder nothwendig oder nicht. Bei der noth-
wendigen Dehnung sind vier Falle zu unterscheiden. Die Dehnung tritt ein a. im Dienste
der Function: dies hndet statt 1. bei der Bildung von Verba iterativa durch das Suffhc
a: teka-ti  cursitare von tek.  Die Dehnung tritt 2. ein bei der Bildung des Imperfects aus
dem Praesenstliema, dessen thematischer Vocal e  in t  iibergeht: idehz  ibam von ide.  Diese
Dehnung mag die functionelle heissen. p. Die Dehnung findet statt zum Ersatz eines
nach dem zu dehnenden Vocal ausgefallenen Consonanten: vesz  duxi von vedsz: ved.
Diese Dehnung mag die compensatorische genannt werden. Die Vocale e  und o werden
y. gedehnt bei der Metathesis von r  und l: mreti  aus merti. klati  aus kolti.  Diese

Uber die Steigerung und Dehnung der Vocale in den slavischen Sprachen.

33

Dehnung, die ich die metathetische nenne, findet nur im aslov., nsl., hulg., kroat., serb.
und čech. statt. Der Name ware allerdings minder zweckmassig, wenn es sich herausstellte,
dass dem mreti, klati  die Pormen mer ti, kalti  zu Grunde liegen. 5. In einigen Filllen scheint
die Dehnung durch den Accent bedingt zu sein: accentuelle Dehnung. Die zweite, dritte
und vierte Dehnung kann man im Gegensatze zur functionellen als die mechanischen
bezeichnen. Die mechanische Dehnung tritt auch dann ein, wenn anlautendes i, h  in i
oder u,  0  in y  iibergeht. Die als nicht nothwendig bezeichnete Dehnung kann bei 0  vor
j  eintreten: aus kaj,  aind. ka-ja, ergibt sich kyj:  k-ki, ktuh usw.

A. Dehnungen auf dem G-ebiete des a-Lautes.

a) Dehnung des e zu e.
a. Functionell.

1. Bei der Bildung yon Yerba iterativa.

ičazati, istazati  evanescere: čez; isačezati  šiš. ist falsch: nach c erhalt sich das
altere ja.

ugnetati premere: gnet•  falsch ist gnčtutb  greg.-naz. 125. und gvjetcitb  ostrom. so wie
ugnetati  sav.-kn. 130.

gonezati liberari: gonez.

pogrebati, pogribati  sepelire: greb,  lit. greb.

ogrebati sp abstinere: greb  in ogrenati sq: ogrenernn sg  greg.-naz. 244.
zaklepati pulsare: klep.

prikolesati sp tangere g¥eg.-naz. 124. 139. 164: koles: prikolesnati  99. 124. 127.
163. 164.

legati decumbere: leg  in lesti.
letati volare: let.

metati neben mmetati  ostrom. iacere: met  in mesti.  V ergl. lit. meti ti iterat.

ispekati assare: pek  in pesti.

stpletati connectere: plet  in plesti.

prerekati contradicere: rek  in vesti.

tekati cursitare: tek  in testi.

potepati: nsl. potepati se  vagari: tep  in teti.

rastesati dissecare: tes  caedere.

s^žagati comburere: žeg  in žesti:  daher č. žahev.  p. žagiew  Zunder. Neben č,  kommt
meist nach r, l  auch i  vor: pogribati. saplitati. prericati. isticati. szžizati, ssžigati  2. Seite
456, daher klr. žgža  ignis bibl. I. žagati  ist alter als žizati,  da es wohl einen aor. žaha,
jedoch keinen aor. liha  gibt •, reho,  kein riho.  Man ist geneigt žaga  auf žeg, žiza  hingegen
auf žag  zuruckzuftihren Potebnja, K® istorii usw. 227. i  aus e  erklart sich der aslov.
Geltung des letzteren. Da nun b. e  in betonten Silben wie ja  lautet, so dtirften die
b. 7-Pormen wie zaplita. izliza  cxire. izmita  neben izmeta  eiicere. prepičja (pek), otsičja
(sek). tičja (tek), obličja  neben oblačja  induere. namira. zasmiva  teils vorbulgarisch, theils
aus alteren GFormen analog gebildet sein.

5*

34

Feanz Miklošiču.

Besondere Beachtung verdienen jene Verba, deren wahrer Wurzelvocal e,  a ist, die
jedoch die Iterativform wie von einem i-Stamm bilden:

birati von bir  in hirati;  dagegen bon  von 6er, aind. bhar. Dasselbe tritt in fol-
genden Formen ein:

činati: počinati  incipere: čina,, čqti,  kein čanati,  wie man neben žigati  aucb žagati
von žeg  findet.

čirati : p. naczgrač  haurire zof. naczarli  zof.

dirati : razdirati  scindere: dirati, dera.  wr. dzerci  fur ein aslov. drsti.  lit. dirti,
diriu. lett. dlrat. Vergl. aslov. dera  neben dira  scissura.

imati prehendere: im  aus em,  aind. jam. Falsch ware die Annahme einer Form
jimati,  weil n  in vmimati  nicht erweicht wird. Das i  in imeti  ist dem in imati  nicht
gleichwertliig, wie aus nsl. nejmam , nemara  erhellt: es steht filr imeti.  Vergl. auch nsl.
nede  non it aus ne ide  mit S. jdu , jiti: nejdu.  lit. nera aus ne Ira.
klinati : proklinati  exsecrari: Mina,, Meti.
milati : ssmilati  molere: mleti, melja,.
minati : r. minati  conterere: mina, meji.
minati : pominati  meminisse: mmjammeti.
mirati : umirati  mori: mreti, mira,.

nirati se immergere: nreti , nira.  kr. podnirati.  lit. nerti, neru. lett. nirt.
Daneben bestelit die w. mr.  Dass nur ngrati  richtig sei, nirati  nur in nicht mass-
gebenden Quellen vorkomme, ist unrichtig.

nizati transfigere: niz.  V ergl. no z-  aus nez  in pronoziti  und nnz  in pronuziti.

pinati: raspinati  extendere: pinci, peti.  Vergl. pato  pedica aus pon-to.

pirati : prepirati  suadere: pirati, pirja

pirati : opirati  fulcire: pira,, preiti.

pirati : popirati  ferire, calcare, lavare: pirati , pero,.

pirati: popirati  volitare: pirati, pera.

skvirati: p. -skwirač  liquefacere malg. -skivierac: skvira, skvreti.

sirati*: nsl. poserati  coneacare: svati, ser jem.  č. sr ati, seru.

stilati : presti!,ati  sternere: stilati, stelja.

stirati: rasprostirati  extendere: stira, streti.

tinati: rastinati  dissecare: tirni, teii  ftir tima  izv. x. 601 .

tirati : pretirati  fricare: tira, treti.  nsl. terem, tarem.  klr. stgrka  beruht auf -tirati.

virati : zavirati  claudere: vira, vreti,.

virati: r. razvirati sja  ftir mnogo vrati  blaterare.

virati: izvirati  scaturire: virjcp vireti. viri  vortex beruht auf virati.  Vergl. lit. virus.

zidati: zidati, zižda  condere ist zweifelhaft, da zidati  durativ ist.

zirati tichonr. 2. 299. ozirati  spectare: zirja,, zireti.

židati : Žida, zidati  exspectare.

žimati: snžimati  comprimere: žima,, žeti.

žinati: požinati  demetere: žmja, žeti.

žirati : požirati  deglutire: žira, žreti.  Daher žiru  pascuum, das dem lit. gerus Ergotzen
fremd ist. klr. pažgra  Vielfrass.

žirati : požirati  sacrificare : žira, žreti.

Uber die Steigerung und Dehnung der Vocale in den slavischen Sprachen.

35

grimati tonare in einer russ.-slov. Quelle. klr. hrymaty.  8. lifimati.  os. so hrimač.
ns. se grimas,  aslov. grmneti,  w. grem,  daher groma. grimitr,, grimeštemu  cvr.-kier. fiir grzm-.

Dunkel ist piloti  im č. spilati  giessen, fiillen, das man mit pel (pel-m  in pls-m  plenus)
vergleichen mochte: nižddng ne spiela (vlevd’) vina noveho v lalivice vetche  luc. 5. 37.
svirati  tibia canere: w. aind. svar, svarati, ist nicht iterativ, sondern durativ, daher
wohl wie sviriti  denominativ: die Ableitung von einer w. sver  ist schwierig. Dasselbe
gilt vom nsl. utripati  obtorpescere: w. terp.

Lebende Sprachen haben in diesen Formen manchmahl die Reflexe des aslov. č,  nicht
die des i:  nsl. snemati  demere. poserati  concacare. ozerati se: solnce se ozera  die Sonne
rothet sich (abends) neben ozirati se  circumspicere. prizerati  lauern. načenjati  anfangen.
c. paberek  setzt berati  voraus. slovak. sbierat. pokliepat. umierat. nariekat. oseraf: osrat
concacare. postielat. vgškierat. natierat. pozerat.  p. bierač. dobierač. umierač. przgpierac.
uscielač  und ušciadač. rozposcierač. mgivierač. pozierač.  os. rozdžerač.  klr. vgbiratg. vmi-
raty. podpiratg,  was aslov. berati. mer ati. peraii  lauten wiirde. Aus den angefilhrten
Formen scheint gefolgert werden zu miissen, dass sich birati  aus bčrati  entwickelt hat.

Herr J. Schmidt 1. 25. meint, in -ricati, -tičati, -lizati  stehe nicht i  fiir š,  sondern
die angefiihrten Verba sttitzten sich auf i-Wurzeln, die von e-(a)-Wurzeln abgeleitet
seien: nk, Uk, lug.  Dasselbe sei bei -gnitati, -gribati, -plitati  anzunelimen: gmt, gnb, piti,
trotz gneta, grebe:, pleta,.

Die Verba iterativa setzen haufig die jiingsten thematischen Formen voraus: so

beruhen die im Osten des Sprachgebietes herrschenden nsl. Formen pogralati, pora-
čati, stopati  auf pogroziti, poročiti , stopiti,  und stehen fiir pogrdlati, poročati , stopati  aus
pograziti, poroditi, stopiti 2.  Seite461. So bildet das nsl. zagrndti, zagrinjati;  č. zahrnouti.
zahrnovati,  woftir slovak. zahrnat;  ar. obgornjaU.  p. obgarnywač,  wofiir man dem aslov.
*grtiati  entsprechende Formen erwartet, die das s. bewahrt hat: zagrnuti, zagrtati.  Man
beachte p. mawiač  fiir aslov. * mlnvljati.

Die Frage, auf welche Weise das i  in tičati, gribati  neben tekati, p ogrebati  und birati
entsteht, ist dahin beantwortet worden, dass von teicati, pogreibati  auszugehen sei und
dass aus ei  beim Uberwiegen des ersten Elementes č,  beim Uberwiegen des zweiten
dagegen i  entstehe. Dabei ist man, wie mir scheint, von einem falschen Punct aus-
gegangen, da man teica, greiba  nicht zu erklaren vermag. Ich halte teca, greba  fiir die
alteren Formen und meine, dass sich aus dem e,  das wie nsl. e  in bel  usw. lautete,
unter dem theils nothwendigen, theils nur moglichen Einflusse des vorhergehenden. oder
des nachfolgenden Consonanten i  entwickelt hat. So entsteht, allerdings ohne eine solehe
Einwirkung, i  aus t  im kr. und im klr. usw. Dass tičati, gribati  und tekati, grebati  von
einander unabhangig in verschiedenen Dialekten, vt raznjclni govorachi, entstanden seien,
kann nicht "vvahrscheinlich gemacht werden.

2. Bei der Bildung des Imperfeots.

Das Imperfect geht regelmassig aus dem praes. hervor und dehnt dessen e  zu č:
idehz  ibam: ide. žhlahz  urebam: žele, žbže. behz  eram setzt zunachst einen Praesensstamm bve
voraus. dadehn  dabam und jadehr,  edebam beruhen auf * dade, *jade. vzzbmehz  expergisce-
bar: vazbme. imejahn  habebam: imej e. divljahs sq  mirabar: divie, divlje. koljaahs  maeta-
bam: kolje, malahz  ungebam: mazie, maže. zovehn  vocabam: zove. beseduj ah z  loquebar:
besMuje  2. Seite 92.

36

Franz Miklošiču.

(3. Compensatoriseh.

E  ivird zu e  gedehnt zum Ersatze 1. eines nacli e  ausgefallenen Consonanten. Dies
geschieht im "bindevocallosen Aorist auf s, h: visr  duxi aus ved-sr,, pogrisr  sepelivi aus
-greb-sr  neben pogresr. reln  dixi aus rek-hs. tiliz  cucurri aus tek-hr. niso  tuli aus nes-sr.
zahr: vržašq  žvsx6ptaav aus žeg-hr,  \v. žeg.  s. nijeh, rijeh  entsprechen aslov. nihr, rihz:
darauf beruhen die inf. nijeti, rijeti,  kr. niti, riti,  die im aslov. unbekannt sind. c. iindet
sicb fechu  vergl. 3. Seite 79. 374. Ahnliches weist das klr. rik , aslov. etwa reko,  aus
rekh,  und noch naher steht vid  aus vedi:  diese Delmung trifft nur die einsilbigen Formen
vergl. 3. Seite 272.

Ersatzdehnung tritt aucli in drsti, mate,  woftir drsti, mati,  aus dršter, mater  ein.
8. neti, netefe  ist schlecbt beglaubigt. lit. findet man gente, s g. g. genters und gentes.
pihz  in piši,  lit. p§š8as bei Szyrwid 249, pedes berulit wahrscheinlich auf ped-hr, ped-sr,
nicbt, wie andere daftlr lralten, auf der w. pls, pili.  Ersatzdebnung findet aucb im aind.
statt: petima neben dem ved. paptima.

E  wird zu e  gedebnt zum Ersatze 2. eines nacli dem e ausgefallenen j: nesmr  non
sum aus ne jesmb,  ricbtiger aus nejsnn. nesi  sup. 6. 19. nestr  sup. 4. 4. ne  non est sup.
6. 10; 22. 18. usw. nesve  pat.-mib. nismr  sup. 106. 25. Die Zusammenziebung ist dadureb
bedingt, dass das Verbum enklitisch wird, ivobei es sein e einbiisst. Unriclitig -ist dem-
nacli niscitr  assem. ftir ne satz.  nsl. nisem, nisi  usw. und niso  neben nejsem  usw. Mit
nest',  vergleicbe man lit. nera aus ne Ira non est. Dasselbe tritt nsl. bei imiti  ein: nimam,
nimaš  usw. aus nejmam  usw. Dabei sei bemerkt, dass im nsl. das Verbum hoteti, kotiti
in der Enklise die anlautende Silbe lir, ho  verliert: nečem;  ebenso s. neču;  aslov.

ne hoŠtci.

E  wird zu i  gedebnt zum Ersatze 3. eines geschwundenen n.  Von J. Schmidt,
Vocalismus I, wird e in folgenden Worten aus en  erklart: bida:  w. bbandb 92. bliskr  72.
breždh  85. 124. II. 81. lito  86. mišici,  85. rit  in obristi, obr^Šta  87. sid  in sediti, siždg;
sesti , s$dq  69. 87. slidr  58. zadati  aus * zidati  neben zadati:  lit. -gendu, -gedau, -gesti:
w. ged, daber godus gierig 73. 77. 86. žas  aus žis  in užasnati se,.:  lit. -gas-tu, -gandau.
žas  aus gand-s 56. 86. Die Gfriinde filr die Entstehung des e  aus en  kann icb nicbt fiir
alle die angeftilirten Worte als beweisend ansehen. Was sed  anlangt, so halte icb daran
fest, dass der nasale Vocal in den Praesensformen, nur ausnahmsweise in anderen
(p. siasč,  aslov. * sesti)  eintritt: seda  ist mir wie lit. limpu (lipti) eine nasalierte Praesens-
bildung aus der w. sed,  deren e  in allen ausserpraesentiscben Formen wie in jad  aus
jid,  w. ed,  aind. ad, zu i  gedebnt erscheint. prostati,  das Dobrovsky anftibrt, steht
unzahligemal vorkommendem prosidati  gegentiber. Ahnlich darf obristi,  praes. obrejta,,
erklart werden: obrqstaahr  beruht auf dem Praesensthema obr^tje.  Das ganz singulare

obrets  ist nach meiner Ansicht ein Schreibfehler; dass obrisi  ,gewiss‘ aus obrisi  ent-
standen sei, kann nicbt zugegeben iverden, denn ftir pannoniscb-slov. g wtirde in serb.-slov.
Quellen e,  nicbt i,  stehen. Obne mich in diese schwierige Materie einzulassen, will ich
nur bemerken, dass bei einer Anzahl von Worten i  aus en  hochst wabrscheinlich ist,
so bei misgcb;  bei griza  und greza  lutum: lit. grimz versinken; bei piszkz  sabulum aus
penszkz  oder pinsrkr:  aind. pišu, pišu, plsuka; bei stigr  vexillum, kr. stig,  in russ.
Quellen stjagz,  abd. stanga f. usw. ašjuh, asjutz  frustra vergleicbt man mit pr. ensus,
ob mit Recht, ist sehr zweifelhaft.

Ubek die Steigekung und Dehndng deb Vogale in den slavischen Spbachen.

37

Es mag liier erwahnt werden, dass, wahrend im nsl. in den meisten Gegenden e
und § in betonten Silben streng auseinander gehalten werden, im aslov. sclion in den
altesten Quellen eine Yerwecbslung derselben nicht ganz selten ist: s^etz  marc. 4. 15-zogr.
boleštiiho. vidište. obUzi  assem. gredetz  slepe. Verschieden von diesen Fallen, die man
ihrer Seltenheit wegen als Copistenfehler ansehen kann, ist rqdz  in ne vz rqdz sztvoriš -g
sav.-kn. 28. und sonst, da die Schreibung vz redz  statt vrMz  auf einem alten Missverstand-
nisse berubt. Dass pomenciti  assem. pat.-mik. 82. 100. 108. 125. 140. 171. Sreznevskij,
Drevnie slavj. pamjatniki jusovago pistma bon. 367. psal.-sluck. 158. die etymologisch
richtige Form ist, zeigt ibr Ursprung aus men, mm: pomen-nati:  daraus entstebt pome-
nati  durch Ersatzdehnung cloz. E 497. 521. 689. zogr. pat.-mili. 64. 100. 140. sav.-kn.
17. 74. bon. psalt.-pog.: sup. bat nur einmal pomen-,  sonst stets pomen-,  einundzwanzig-
mahl: p. lospomionač  malg. kann aucb pomen-  zur Voraussetzung haben.

Wie im slav., so wird aucb im lit. e zu e gedehnt: drebiau. keliau. ržmiau. veliau
Aoriste von dreb. kel. rem. vel; so aucb emiau von em nebmen. Dagegen menu, miniau
bedenken. Man vergleicbe ferner lit. mesti werfen pftiv. mit metiti bin und berwerfen
iterat. und lett. mest mit metat. Man beacbte aucb pr. ismaitint amittere und lit. raižlti
neben lit. met. rež. Die Yerwendung der Debnung im lit. ist von der im slav. sebr
verscbieden, wahrend die Steigerungen grossentheils zusammenfallen, was ein weiterer
Beweis des hoberen Alters der Steigerung ist.

Dehnung tritt ein im pl. des got. praet.: berum. legum. terum von bairan. ligan.
tairan, w. ber. leg. ter. Vergl. aslov. ttgati.

Auch griecb. und lat. macben von der Dehnung des e zu e Gebraucb: pšprp.a:
psk. edi: ed. Sclileicher, Compendium 63. 87. 139. 152.

Metathetiseh.

Debnung des e zu e tritt auch dann ein, wenn zur Yermeidung der im aslov. und
in einigen anderen slavischen Sprachen unbeliebten Lautfolge tert , telt  eine Metatbese
des r, l  stattfindet: treti  aus terti. mleti  aus melti.  Dem mled-  aus meld-  entspricbt r. me-
leda. meledith  neben medliti  aus melditz:  vergl. Potebnja, Jvu istorii usw. 191. Plieber gehčirt
aslov. naddn  tardus aus medlo.  nsl. medel  debilis, macer. madal  lex. medleti. medloven.
c. mdly.  p. mcU’y.  Ferners s. mrdan  schwer, ungesehiekt. mrdati  ungeschickt arbeiten,
alles mit mlad,d  iuvenis auf die w. ma,rd, wolier aind. mrdu, zurilckzufuhren. Mit mreti
aus merti  kann fiiglicb verglichen werden got. gredu- Hunger aus gerdu-: w. gerd.
aind. gardh. Vergl. got. -gairna gierig. aslov. gladz  wiirde got. garda entsprechen.
treti, mleti  kann man sich zunachst aus terti, melti  entstanden denken und, auf Vor-
gange im lit. und lett. gesttitzt (E. Sievers, Jenaer Literaturzeitung 1876. 85), den
Grund der Lange in rt, It  suchen: der Hypothese steht der Umstand entgegen, dass
weder die r. nocb die p. Formen aus tert, ttlt  erklarbar sind. Das gleiche gilt von den
Formen trat , torot, trot.

Von einigen e-VVurzeln kommen primare Nomina mit e  vor: bleskn  splendor: w. blesk:
bhstati.  aind. bhrag. menz  in pomem  und in meniti  putare: w. men: mmeti.  aind.
man. scepz  in scepiti  findere: w. skep. zah. žaliti  affligere: w. gel.  aind. gbar, gigbarti
glitben vergl. J. Schmidt 2. 467. Žan  in požarn  incendium: w. ger.  aind. gbar. bleskz,
menz, scepz  ist man geneigt von i-Wurzeln abzuleiten, was bei dem Alter der Steigerungen

38

Fkanz Miklosich.

und der Jugend von blisk, mm  und dem unnaehvveisbaren shp  schiverlieh angeht; bei
žali  und žari  ist die Annahme einer Steigerung auch desshalb bedenklicb, dass sich aus
ml, gil; gir, gir  Avohl nur zth, zen  ergeben wiirde. žali, žari  scbeinen demnach zunachst
auf den iterativen žalati  (vergl. želeti), * žar ati  und auf Dehnung zu berulien, dali er žali
aus žal(a)h, žari  aus *žar(a)i.  Man vergleiche lit. želavoti aus žalovati;  auch pr. sax - i Glut:
lit. žereti, žoroti; žarija gluh ende Kohl en; pažaras Widerschein am Himmel sind entlehnt.
Wollen wir nun tlberall, auch bei meni  Dehnung des e  und trotz lit. min nicht Ubertritt
des man in min annehmen? Ich schwanke.

Die Frage, Avie <3 aus e entstehe, ist sclrvvierig. Zuruckfuhrung auf die Ursprache ist durch
die Jugend des Processes ausgeschlossen. Es steht nur so viel fest, dass der entsprechende
urslavische Laut ja  ist. Von ja  ist es Avahrscheinlich, dass es aus einem alteren e hervor-
gegangen; das aus ja entstandene č  hat einen nach dem i  hinneigenden Laut angenommen.
Auffallend ist, dass e  aus e und t  aus i  lautlich zusammenfallen, was bekanntlich im
lit., e aus a neben e aus i, nicht statt findet. Die Ansicht, &  in metati  sei aus ei  hervor-
gegangen, dessen i  eingetreten sei ,als Folge der Neigung zur Dehnung des e‘,  ist ebenso
zuruckzuweisen, Avie die Erklarung des nesi,  Aorist von nes,  aus neisi  ftir nessi,  das Avie
sipi aus šapi entstanden sein soli. Potebnja, Ki istorii usav. 229. Dass č  (— ai) aus
langem a durch Postjotation, dass sčd  aus sad durch said entstehe 209, ist unnachAveisbar.

b) Dehnung des o zu a.

a.  Funetionell.

Die functionelle Dehnung des o zu a tritt 1. bei der Bildung von Verba iterativa
ein: nabadati  infigere: naboda. odalati  vincere: o do leti. razdrabljati  pDiCsiv: raz¬
drobiti. razdvajati se  dividi: razdvoiti.  Nach Greitler, Fonologie 63, ist in razdvajati
Steigerung eingetreten. izganjati  expellere: izgoniti. sigarati  comburi: sigoreti.

gonažati  salvare: gonoziti. govarjati:  s. odgovarati  respondere: govoriti. hapati  mor-
dere: kopiti. zakalati  mactare: kol: kolja,, klati.  Von kala  stammt slovak. kal  fissura:
s. kaljak, kaljac  dens caninus equi. kasati se č  tangere: kos: kosnati se. klanjati sq
inclinari: kloniti sq.  In r. Quellen auch klonjati sq. prepokajati  ŠTtavaTcaosiv: pre-
pokoiti. pokrapljati  conspergere. poskrapati  lam. 1. 33: pokropiti : vergl. nsl. škropiti,
polagati  ponere: položiti. izlamati  effringere: izlomiti. idavljati  insidiari: uloviti,

iznemagati  deficere: iznemoga. omakati  humectare: omočiti. umaljati  orare: mnoliti.
umarjati  occidere: umoriti. napajati  potum praebere: napoiti. palati  ardere: poleti:
vergl. sigarati. prepolavljati  dimidiare: prepoloviti. vrprašati  interrogare: viprositi.
obračati  irrorare: obrositi. skakati  insilire: skočiti. osvobaždati  liberare: osvoboditi,
utapati  immergi: top: utonciti. potapljati  immergere: potopiti. povitarjati  repetere:
povstoriti  usav. Vergl. 2. Seite 457. 460 usav. pobarati  dva~pšx£(.V ftir pobarjati  beruht
auf po-ob-oriti.  Hieher gehort aslov. zatačati  neben zatakati.  p. roztaczač.  klr. tačatg
verch. 68. von točiti.  Vergl. r. naložati  kolos. 27. ftir aslov. nalagati  von naloži.  Dem
nsl. dozavati  2. Seite 469. ftir aslov. dozgvati  liegt das Praesensthema dozova - zu
Grunde. hramati  claudicare ist kein Iterativum: es scheint ein hrami  ftir hromi  aus
aind. srama vorauszusetzen. karati  punire ist kein Iterativum von koriti  contumeliose
tractare. stajati  ist mit stati,  nicht mit stojati  zusammenzustellen. vivaditi  hat mit Vivo¬
di ti  nichts zu schaffen.

Uber die Steigerung und Dehnung der Tocalein den slavischen Sprachen.

39

Die Ansicht, den stidslavischen Sprachen, die vratiti , vraštati  bieten , sei, dem
p. wrocič, wracač  gegeniiber, eine Unterscheidung der momentanen und diyativen Verba
durch die verschiedene Steigerung des Wurzelvocals verloren gegangen, indem
auch die momentanen Verba den Wurzelvocal als a  erscheinen lassen, J. Schmidt 2. 158,
ist unrichtig, da von einer verschiedenen Steigerung des Wurzelvocals in den angefiihrten
Verben keine Rede sein hann, sondern nur davon, dass aus vert  durch allen slavischen
Sprachen gemeinsame Steigerung vort-  entstand, das im aslov. durch Metathese und
Dehnung vrat-,  im p. durch Metathese ivrot-  werden musste. Die p. Form ivroci  erfuhr
eine Dehnung erst bei dem Ubergange in die Iterativfornp daher icrtfca.

Nach meiner Theorie wird polagati  auf položiti, polaga'  auf pologi  zuriickgefiihrt.
Wegen der dabei nothwendigen Annahme, i  von pologi  werde vernachlassigt, wird diese
Erklarung von polaga  von vielen, wenn nicht von allen Slavisten z u r ti ckg c w i e s e n. Ich
halte sie jedoch, trotz der Formen, in denen i  bewahrt bleibt/ aufrecht, indem ich mich
auf den so haufigen Abfall des vocalischen Auslautes des Thema vor vocalischem Anlaut
des Suffives berufe: aslov. prilogz  additio beruht auf prilogi  addere, nicht auf prilog
accumbere, da es in diesem Falle nothwendig accubitio (vergl. s. log: logom ležati)

bedeuten wtirde: logi  von logs  hat causativen Sinn. polagati  scheint man auf ein langst
entschwundenes iteratives laga  sttltzen zu wollen, das man offenbar nicht von logi  ab-
leiten wird, um nicht der gefiirchteten Schwierigkeit zu begegnen. Es bleibt also nur
noch ein nicht existierendes Nomen lag-  als Thema tibrig, das man vielleicht als zweite
Steigerung von leg  aufzufassen geneigt sein wird. Allein ein Denominativum laga  musste
prafixiert perfectiv werden, was polaga  nicht ist: es gibt keine denominativen Verba
auf a,  die iterativ waren, wie es deren auf i  gibt: hoditi, nositi, voziti  usw. s. nosati  ist
selbstverstandlich wegen des o  nicht dagegen anzufuhren: iibrigens ist ponosati  perfectiv.
Das gleiche gilt von gonati, hodati, vodati, vozati  2. Seite 465. Imperfectiv ist zatvorati.
Damit vergleiche man lett. vadat viel fuhren. valkat. vazat herumschleppen. bradat
waten neben nesat und tekat. Dass vor vocalisch anlautenden Suffixen die vocalischen
Auslaute der Themen abfallen konnen, kann in der Stammbildung unmoglich in Abrede
gestellt werden; das gleiche findet auch in der Wortbildung statt, denn wie will
man sonst die pl. gen. laksts, nogztz  erklaren? 3. Seite 35. Bezzenberger 144. Man
vergleiche C. W. Smith, De verbis imperfectivis et perfectivis in lingvis slavonicis.
Kjobenhavn. 1875.

p. Compensatorisch.

Prohasq  transfixerunt aus probodse,.

'f.  Metathetiseli.

Dehnung des o zu a tritt auch dann ein, wenn zur Vermeidung der im aslov. und
in einigen anderen slavischen Sprachen unbeliebten Lautfolge tort, tolt  eine Metathese
des r , l  stattfindet: brati  aus bodi. klati  aus kolti.

Die Dehnung des o zu a scheint auf einer nach a  hinneigenden Aussprache des o
zu beruhen. ITeutzutage ist a  nicht die Dehnung von o: s. sto  aus stoo  ftir aslov. stoh;
toboca  neben • tobčlca  ftir aslov. tobolica.  Dass in -ganjati  aus goniti a  auf vorslavischem
a beruhe, ist unrichtig, wie klati  aus kolti, kolja;  r. koloti;  p. ktoč  zeigt vergl. J. Schmidt
2. 170—172.

6

40

Fkanz Miklosich.

B. Dehnungen auf dem Gebiete des i-Lautes.

a. Functionell.

Functionelle Dehnung tritt bei der Bildung der Iterativa ein: bliscati sq, blistati
se d  fulgere von blisk. počivati  recpiiescere aus poči -v- ati  von ki, <%.  Ebenso pivati
bibere usw. počitati  honorare von čit:  selten počstati  2. cor. 3. 2-slepč. filr počitati.
prilipati  adliaerere von lip:  selten prilipati. prelistati  decipere von listi:  selten prelistati,
mižati  nutare von mig. pihati:  r. pichati  trudere von pih:  dagegen p. odpgchač. vnspi-
sati, vi spisa j a,  inscribere von pis. svitati  illucescere von svit. prizidati  exspectare von
zid.  Man vergleicbe skrižitati  mlad. neben sknziti  lam. 1. 163. Neben posrnehati  irri-
dere findet sicb posmihati  und posrnisati,  neben posrnevati - posmivati,  Formen, von denen
die letztere, wohl ricbtigere, auf der Wurzel srni,  die erstere auf dem sme  des Praesens
smejo,  berubt. uničižati  neben uničižati, uničižiti  scooosvoGv beruht auf ničiže.  Dass in
Verben dieser Art i  aus č  bervorgegangen sei, ist unrichtig, da bei den Verba deverbativa
wohl Delmung des i  zu i,  nicht aber Steigerung des i  zu e  eintritt: diese ist der Bildung
der Nomina aus Wurzelverben vorbehalten, daher svetiti  von sveto,  das aus svit  entstanden.
Ftir -mižati  darf kein -mezati  vorausgesetzt werden, und es ist ein Irrtbum, wenn Herr
Geitler, Fonologie 65, im i  von mižati  eine Scbwachung des č  erblickt wegen des (de-
nominativen) lit. megoti. Yergl. 2. Seite 468. Formen wie svetati  fur svitati  sind unerbort.
prišivati  entstelit aus prisjuvati, prisi-v-ati  assuere von šb  aus sju.

j3. Compensatorisch.

Ersatzdebnung tritt ein in den Nomina čislo  numerus, lit. skaitlus; čisme  numerus
von čbt:  die Suffixe sind tlo, dlo, lo  und smen;  mit smen  ist lit. smž zu vergleicben in
ver-smč} Quelle von ver, verru sprudeln, quellen. pisme  ist vielleicbt pis-srnen.  Compen-
satorische Debniung scbeint aucb dann einzutreten, wenn in  vor Consonanten in i  tlber-
gebt: blizz  abalienatus. blizu  prope wird mit got. bliggvan, lat. fligere zusammengestellt.
Zeitschrift 23. 84. blizna  cicatrix. klr. bhjzna.  8. ubližiti  offendere. ime  Nomen aus
inmen,  oder jenmen  aus der Urform anman Zeitscbrift 23. 267. pr. emmens, emnes.
Man kann an folgende Beihe denken: anman. enmen. tnmen. imen. isto  s. g. istese,
neben jesto, jestese  testiculus, im pl. renes: lit. inkstas. lett. lkstis: Stamm in, daher
eig. ,inwendiges‘ Bezzenberger 40. Vergl. J. Schmidt 1. 81; 2. 470: das Suffix ist
wohl sto  wie etwa in moni-sto. iva  salix: pr. inwis Eibe. lit. jeva. lett. eva Faul-
baum. Man vergleicbe plita  neben plinsta zz/lvti-ec.  lit. pllta; revitd  in revitovo  spš^tvUcu;.
abd. arawlz; misa  mensa. So ist vielleicbt aucb kmiga  littera zu erklaren, da das
p. ksiega  auf ein alteres kmq,ga  deutet, das mit einem kminga  so zusammenhangen mag,
wie ksicidz, ksie/lza  mit einem german. kuninga-. Auf in  wird aucb das i-  der Suffix ica
und iks  zuruckgefilhrt J. Schmidt 1. 81.

■(.  Accentuell.

Vor j  wird i  nicht selten, namentlich vor auslautendem j  zu i  gedebnt: božij  aus
božij. dčtij  aus dčtij. božija  aus božija. gostije  aus gostije, ležanije  aus ležanije  usw. Die

Uber die Steigerung und Dehnung der Vocale in den slavischen Sprachen.

41

alteren Quellen bieten sehr haufig die Urform. Damit vergleiche man pametiimz  cloz.
1. 818. fiir pameti jima. prMamii  tradam 172, d. i. preda,mi j,  neben predanih i  216. 219.
Im assem liest man vemo ii  ou3a aotov. obita ii. predamo ii.

Mit der slav. Debnung des i  zu i  vergleiche man die lit. des i zu I: kibti, klboti.
ldšti, klšoti Schleicber 156.

Accentuelle Debnung tritt aucb ein a. im inf.: cvisti  von cvit  florere. 8. Jcvisti, čisti
und biisti. housti. krasti, pfisti 3.  Seite 378. 379 usw. čisti  von či>t  numerare. Selten
ist čisti  bonor ftir čisti: ne imata čisti  io. 4. 44-zogr. So deute ich aucb čiti: počiti
recjuiescere aus člti:  aind. kši aus ski, und iiberbaupt die Infinitivformen der auf i  ftir
alteres i  auslautenden Verba. [3. Im praes. von pisati  scribere, piša.  c. psdti, piši:
i  drang spater aucb in die inf.-Formen: risi. pisati, pišem. Zidati  exspectare: Žida,  seltener
židq.  nsl. ždčti  imotum sedere. lit. geid, geisti cupere. pr. geide exspectant.

I  entstebt aus i  durch grossere Energie der Aussprache,. wie y  aus a  hervorgebt.
Dass i  in cvisa  aus ii  erwachsen sei, ist nach meiner Ansicht ein Irrtbum. Potebnja,
Kfc istorii usw. 229.

C. Dehnungen auf dem Gebiete des u-Lautes.

a. Funetionell.

Bei der Bildung der Verba iterativa: bydati  expergisci von hud, br,d. dyliati

spirare von dah. dymati  flare von dam. gybati  plicare, movere von gob.  nsl. gibati.
s. gibati gibanicu.  r. zagibati piroga. gamgzati  rep ere von gamaz. kghati  sternu tare
von kak. lobgzati  osculari von lobaz. Jygati  mentiri von lag. mijkati  movere von mak.

nyrati  se immergere von nar.  klr. porgnatg  aus ponyraty. plgvati  natare von pla.

pyhati:  p. odpgchač  neben r. pichati  trud ere: pah  und pili. ryvati  in izdrgvati  evellere
von ra,  dalier r. otrgva:  von ra  wiirde das Wort otrova  lauten. rgdati  in obrgdati sq  eru-

bescere von rad. smgkati  traliere von smak:  lit. smukti. sngvati  fundare von sna. syhati

siccari von sah. sijlati  mittere von sal,  das eine a-Wurzel ist. sypati  fundere, das jedocb
durativ ist, von sap. sipati  obdormiscere von sap:  r. usgpiti  einscblafern ist unregelmassig.
tykati  pungere von tak. zatgkati  obturare. zgvati  vocare von za:  von pozyva,  nicbt von
za,  stammt r. pozyva,  da die Bildung der Nomina Debnung ausscbliesst. Ebenso ist viel-
leicht zu deuten brgsati,  das jedocb durativ ist, brasnati. dybati.  Anders rgdati  flere,
das dem lit. raudoti und dem aind. rodaja nicbt entspricht: y  ist nie urspracblicbes
au, aind. o. byka  stammt nicht unmittelbar von bak,  sondern von dem iterativen *byka.
Dass poglitati  fiir poglgtati  stehe, ist unrichtig. Iiiemit ist die Bildung des inf. und der
Iterativformen der Verba mit dem Wurzelvocal i  zu vergleichen.

p. Aecentuell.

Accentuelle Debnung tiutt im inf. der auf u  auslautenden "VVurzeln ein: kryti  abscon-
dere: kru. kyti  nutare. myti  lavare. nyti  languere. ryti  fodere. tryti  terere.
tyti  pinguescere. vyti  ululare.

Eigentbiimlicb ist s. podpisivati,  d. i. aslov. podapisyvati,  neben podpisujem,  p. pod-
pisywač, podpisuj%.  aslov. podapisovati,  da in yva  Dehnung, in ova  Steigerung des u  statt-
gefunden bat.

6*

42

Franz Miklosich.

z  kann vor auslautendem j  und vor ji  in y  iibergehen; aus kzj,  aind. ka-ja, ergibt
sicli kyj :  ktu oder k-kh und ktuh: beide Formen kommen neben einander vor. Dasselbe
tritt vor ji  ein: aus kzjimb  entstebt kyjimb :  K-ki/vik, K'kH,nk und K-kimuk. So ist aucb a c ' i; P' k, i
AOK(Vkn und a® k P ,| 4|h ; A c,K P' KIMk j A< >K P ' l4HMl4  und A^P 1411 ™' 14  zu  beurtheilen. Vor je  tritt o  in
seine 'Redite ein : kojego, kojemu, kojerm.  Die Urformen von k'm,  Kki/Uk sind demnach
koj, kojimi.  Dasselbe gilt nach meiner Ansicbt vom sg. instr. a^PT 41 '" 14 ? das aus dobro-
jimb  entstebt. Auf o-Tbemen beruben die Formen auf oga, emu  im s. und elio, emu  im
c. aus ojega, ojemu  und ojeho, ojemu,  die auf ajego , njemu  nicht zuriickgefuhrt werden
konnen: dass sie nicht der Analogie der Pronomina folgen, zeigen die langen Vocale o
und e. dobil  ist ‘dobljz , das mit j doblij  oder dobltj,  A^sIkH, a ob ^ hh 7 ergibt : das letztere
beruht auf einem vorauszusetzenden dobljgj ;  wie a okahh  dem A^P^te so stebt a <,K/ ' hha ' 14
dem a 0 K P ' 14|HA ' 11  gegeniiber.

Nacb einer anderen Ansicbt sind Formen wie a^PT 4 '? A lfK P' ,4H  weiter nicbts als nacb-
lassige Schreibungen flir a^PT 4111 - Dagegen ist vor allem zu bemerken, dass die Formen
auf -ki, Tvii viel zu zahlreicb sind, als dass es erlaubt ware, sie der Nachlassigkeit der
Schreiber zur Last zu legen, wenn wir auch i  nacb i  wie in posUdbni  als abgefallen
anseben. Es muss ferners gefragt werden, wie man sicli a^P 14 '? a^P ' 14 * 1  entstanden
zu denken habe. Wer der Ansicbt ist, an a^P 14  sel das Pronomen jz  getreten,
wird a^kP 141  m it der Aussprache dobrzj  begreifen, wenn er zugibt, dass das moglicher-
weise stumme s  von dobre  vor j  tonend geworden oder wie im b. dolz-t  von dol  neu
angetreten ist, obwohl die Form dobrzj  alt genug sein dtirfte, um die Annabme zu
gestatten, dobre  sei zweisilbig gewesen. Wem ferners der nsl. und bulg. Laut des e
bekannt ist, wird einsehen, dass die Hervorbringung dieses Lautes vor j  der Aussprache
Schwierigkeiten darbietet, die bei dessen Debnung zu tu  schwinden. Vergl. E. Scbolvin,
Archiv 2. 566. Ich weiss nicht, ob viele meiner Fachgenossen dieser Ansicbt zustimmen
werden, und bin der Meinung, dass die Differenzen zwischen uns in dem Maasse zahl-
reicher und einschneidender sein werden, als wir in die dunkleren Gebiete der Sprache
einzudringen bestrebt sein werden.

Von vielen Spracbforscbern wird angenommen, y,  tu, sei aus s  dadurch entstanden,
dass nacb e  ein i  eingeftigt vmrde: mn§ kažete sja očevidnjmE, 8to sposob^E obrazova-
nija otogo usilenija ( 'y ,  to)  sostoite ve  pojavlenii poslš usiljaemago z  zvuka i.  Potebnja,
Iste istorii usw. 224. Ich halte diese Ansicht ftir irrig, und meine, dass ein soleber
Process sicb bistoriseb auf dem Grebiete der slaviscben Spracben nicht nachweisen lasst:
diese Ansicbt beruht, wie mir sebeint, auf der Darstellung des y  in den beiden altslo-
venischen Alphabeten, die nicbts zu beweisen vermag. y  ist aus z,  wie i  aus b  durch
grossere Energie der Aussprache bervorgegangen.

D. Dehnungen auf dem Gebiete des silbenbildenden r, 1.

a. Funetionell.

Das Iterativum von krzstiti, knstiti  wird aslov. krzštati, knstati  geschrieben: daraus

darf geschlossen werden, dass krstiti  gesprochen wurde, da sich aus krustiti  als Iterativ-
form krgštati,  aus kristati  hingegen kristati  ergeben batte. Die Analogie berechtigt zur

Ubek die Steigerung und Dehnung der Vocale in den slavischen Sprachen.

43

Hvpothese, dass in krstati r  gedehnt wurde. Was von krt stat L  gilt von dlsbati  in prodh-
bati  usw. Fiir die Dehnung des silbenbildenden r, l  im aslov. kann aus den Denkmahlern
kein Beweis erbracbt werden; was daftir spricbt, ist die Analogie der Verba mit den
Vocalen e, o, b  und s neben einigen das silbenbildende r, l  debnenden Iterativformen im
slovak.: zdržat, prehrnat. omrzaf. poprchat. prepihat. otlkat, stikat.

p. Aeeentuell.

Im inf. tlet  wird das silbenbildende l  gedehnt. AVer neben slovak. tlet  flir tlc, tlei
č. tlouci,  neben slovak. dihi  8. dlouhg  beachtet, wird vielleicht versucht sein zwischen
slovak. I  und č. Ih, lou  eine Beziehung anzunehmen.

Das serbische, das gleichfalls langes r  kennt, ist ftir diese Frage ohne Belang, da
es dem Prafix in der Betonung einen wichtigen Einfluss einraumt: zagrtati  von zagrnuti:
w. gert.

Die Sprachen, die kein silbenbildendes r, l  kennen, bewahren in den Iterativa den
Vocal des Primitivs unverandert: daher r. zamer zate, zamerznuU  neben aslov. pogrebati,
pogreti.  Davon scheint nur das klr. eine Ausnahme zu machen: vgŠčirbTuvatg, vgviršu-
vaty, vgvirčuvatg  von Ščerbi, verši, vertd,  aslov. štrsbi, vrzsi, vmt&,  d. i. štrbi, vrši, vrtel ,,
entsprechen aslov. -sterb-, -verš-, -vert-.  Man merke odehriščuvatg š  von -chrestg-.  Die
Dehnung des e zu e ist indessen im klr. nicht allgemein: doderžuvatg. pereterpTavatg.
Vergl. Potebnja, K/& istorii usw. 235. Diese Abweichung des klr. ist kaum sehr alt.

4. Man hat vermuthet, dass die Vocale der ersten Steigerung ai und au aus fruheren
I und u und diese unter Einfluss des Hochtons aus i und u entstanden seien. A. Ivuhn
in Zeitschrift 12. 143. W. Scherer, Zur Geschichte der deutschen Sprache, billigt diese
Erklarung, die er durch dieLaute bestatigt findet, die altes I und u in der englischen Sprache
und nun im bairischen Dialekte ersetzen: ei (ai), au. B.Delbrilck schliesst sich dieser Ansicht
an und J. Schmidt 1. 140. fiihrt aus dem aind. Worte an, in denen i und u an Stelle
eines spateren ai, au treten, wahrend E,. Lepsius, Palaeographie usw. 63, in der Stei¬
gerung des Vocals durch einen hinter demselben sich entwickelnden Nasal eine Nebenart
der ersten Steigerung erblickt, so dass diesen verschiedenen Ansichten zu Folge Formen
wie aind. guhati, griech. %£ud-st und etwa slav. seda (sendq)  vocalisch gleichartig waren.
Obgleich es etwas verlockendes hat, slav. pqditi  und stapiti  mit aind. padaja und stha-
paja zusammenzustellen und im slavischen nasale Steigerung des Vocals neben der
gewohnlichen anzunehmen, so will ich doch auf das Zusammentreffen des aind. a mit
aslov. g  aus on  nicht weiter eingehen und mir nur die Vermuthung erlauben, dass die
angefiihrten drei Verstarkungen des Vocals einst neben einander und unabhangig von
einander bestanden. Die slavischen Sprachen, dies ist mir klar, scheiden in der uns
erhaltenen Form strenge Dehnung und Steigerung, und es ist nicht richtig, wenn Herr
J. Schmidt 1. 14; 2. 83. (vergl. 1. 21.) sagt, dass £ nur durch Dehnung oder  Steigerung
des e  entstehe, dass in nevesta  der auf die Wurzelsilbe fallende Ton den Vocal gedehnt
oder  gesteigert habe, wobei nicht unbemerkt gelassen werden kann, dass š  in nevesta
nicht durch Dehnung entstanden ist und in keiner Form durch Steigerung des e ent-
stehen kann.

Aus dem liber die Steigerung und die Dehnung der Vocale gesagten ergibt sich
der Unterschied meiner Ansichten von denen des Herrn L. Geitler, weleher, Fonologie 65,

44

Franz Miklosich.

seine Lehre in folgende Worte zusammenfasst: ,Stupnuje se tedy: l.o-a.  2. s-a. B.e-a.
4. e-e.  5. e-i.  6. b-a.  7 . b-i  (kmenu s d).  8. n-u.  9. n-y.  10. (u  predslov.) -ov.

11. ov-av (-vaj.  12. s-i (kmenu sij. 13. b-oi (oj).  14. oi (oj)-ai (aj).  Čislo 7. a 13.

jevl, že nepravidelne klesani dalo splynouti nekterym kmennm s puvodnim d  a nekterym
s i.  Sesiluje se: 1. e-o. 2. e-n.  3. 5 - 0 . 4. e-a. 1

Icli vvilrde glauben meiner Aufgabe nicht gerecht worden zu sein, wenn ich mich
nicht liber eine der bier vorgetragenen entgegengesetzte Ansicht aussprache.

Nach dieser Ansicht entsteht aus indogermanischem tak fluere 1. das Nomen s. protak
cribri genus rarioris. 2. tok  in istok  ortus solis. otok  tumor, otok  insula. optok  limbus.
potok. utok. sdmotdk, samotok.  Ebenso otoka  cornu fiuminis. patoka. stoka, utoka. ustoka.
3. tek  in pretek  abundantia. Ebenso preteka  emissarium. 4. tijek  nur im Liede lapsus
aquae. Aus dieser Darstellung ergibt sich, dass die Nomina tak , tok, tek  und wohl auch
tijek  zu der Wurzel tak  in demselben Verhaltnisse stehen, von derselben unmittelbar
abgeleitet werden. Im s. tak  wird das indogermanische a gedehnt. In tok  bleibt a von
tak ungedehnt. Dasselbe tritt in tek  ein: indogermanischem a entspricht slavisches o
und e.  In tijek,  d. i. aslov. tčkn,  ist e  aus e  entstanden: mit der Wurzel tak hangen
auch die Verbalstamme tek, toči, taka, teka  und tiča  zusammen, deren Entstehung nicht
erklart wird.

Ich halte diese Darstellung fur unrichtig. Dass das Verbum tek  mit dem aind.
tajc zusammenhangt, daran zu zweifeln berechtigt uns weder die Form noch die
Bedeutung der Wurzel: tak, takati, takti dahinschiessen, sttirzen, eilen; tek  laufen,
rinnen. Aus tek  entsteht durch das Su£fix 5  und Steigerung des e  -zu o  (a, zu a 2 ) das
Nomen toks  fluxus (r. auch ,ebener Platz auf der Tenne zum Austreten des Getreides
durch dariiber getriebenes Vieh 4 ) und daraus durch das Verbalsuflix i  (ja) toči (toki)
laufen machen, fliessen machen: agere, fundere. Vergl. nsl. točenec, proso pretočeno s pU-
vami vred, ne izvčjano.  Aus dem Stamme toči (toki)  wird durch das Iterativa bildende
Verbalsuffix a  und Dehnung des o zu a entweder taka  oder tača,  je nachdem das i
ausfallt oder bewahrt wird: vergl. p. roztaczač.  Aus taka  entsteht durch das Suffix 0 , vor
dem a  abfallt, * talin, s. protak:  vergl. 2 . tok , dasjenige, wodurch man etwas durchlaufen
lasst, Sieb. Aus tek  entsteht durch das Suffix n  ohne Steigerung des e tekn  cursus. Aus
tek  entspringt durch das A T erbalsuffix a  und Dehnung des e zu š teka  cursitare, woftir
auch tiča  in gleicher Bedeutung vorkommt. Aus teka  erwachst endlich durch das Suffix
5 , vor dem wieder a  abfallt, * tekz,  s. tijek,  durch das Suffix 5  vodotečh  greg.-naz. 94.
Vergl. p. ciecz  Fltissigkeit, das jedoch auch tečb  sein kann.

Mit slav. tek  vergleiche man lit. teku, teketi; mit tokn  lit. takas. nutakas declivis.
lett. taks Pfad. pr. tackelis Schleifstein; lit. ištoka Ausfluss hat im slav. kein Ana-
logon: ein von tek  stammendes Nomen tak-  existiert nicht: es ware zweite Steigerung

auf dem Boden des a-Lautes.

Die begriffliche Differenz zwischen tekn  und tokn  entzieht sich unserer Erkenntniss,
denn dass jenes cursus, dieses fluxus bedeutet, ist secundar. tokn  ist man versucht fiir

Uber die Steigerung und Dehnung der Vocale in den slavischen Sprachen.

45

alter zu balten: ein Verbum teči  existiert niclit. Die begrifflicbe Differenz zvviscben
tokr  und teko  ein er- un d tekr,  andererseits ist vvobl analog der zwischen dem durativen
tek  und dem iterativen teka. taks  unterscbeidet sich von tekr, tokr  und tčkr  durch die
dem toči  und dem davon stammenden iterativen taka  eigenthumliche causative Bedeu-
tung des laufen macbens, fliessen machens. Von der slav. w. tek  stammen dali er nur
die Nomina tok o  und tekr,  unmittelbar ali, vvahrend tekr  und taks  damit nur mittelbar
zusammenhangen.

Es folgen nun zwei Scbemata, von denen das erste die nacb meinem Dafiirbalten
unricbtige Tlieorie, die nur das Nomen berucksichtigt, das zweite die meinige darstellt.
In diesen Scbemata bedeutet v. Verbum, n. Nomen, d. Debnung, st. Steigerung.

I. Indogerm. tak.

n. taks

n.

toks

n. tekr

n. tčkr.

II. Indogerm. ta,k, slav. tek.

n. tokr  st. n. tekr  v. teka, tiča.  d.

v. toči

|

v. taka  d. n. tekr. teče.

n. takr.

BERICHTIGUNGr.

Die Debnung, durcb vvelcbe božij  aus bohj  und kyj  aus krj  liervorgebt, wird unricbtig
als accentuell bezeicbnet: sie ist eine rein mecbanische, wie Seite 33 ricbtig ange-
geben ist.

LITTERATUR.

Ascoli, G. J., Studj critici. II. Roma, Torino, Eirenze.
1877.

Bezzenberger, A., Beitrage zur Geschichtc der littaui-
schen Sprachc. Gottingen 1877.

Biblioteka, Ruska, I. Onyškevyča I. Pisanja I. P. Ko-
tljarevskoho; V. A. Hoholja; P. P. Artemovskoko
Hulaka. Lbvovb. 1877.

Brugman, K., Zur Geschichte der Nominalsuffixe
-as-, -jas- und -vas- Zeitsohrift 24. 1.

Daničic, Gj., Rječnik iz književnih starina srpskik.
U Biogradu. 1863—1864.

Geitler, L., O slovanskych kmenech na u. V Praze.
1877. Aus den Listy filologicke i paedagogicke

II. III.

46

Franz Miklosich. Uber die Steigerung und Dehnung der Vocale in den slavischen Sprachen.

Geitler, L., Starobulharska fonologie. V Praze. 1873.

Gr o ti., J. K., Filologičeskaja razyskanija. Sanktpeter-
burgrb. 1873.

Gundulic, I., Diela. U Zagrebu. 1844.

Kur s chat, Fr., Grammatik der littauischen Sprache.
Halle. 1876.

Matzenauer, A., Cizi slova ve slovanskych reČech.
V Brne. 1870.

Meyer, L., tiber Vocalsteigerung, insbesondere in der
Verbalfl.exion. Zeitschrift 21. Seite 341.

Miiller, Fr., Die Vocalsteigerung der indogermanischen
Sprachen. Wien. 1871. Separatabdruck aus den
Sitzungsberichten. Band LXVI. Seite 113.

Potebnja, A., Ki. istorii zvukovi. russkago jazyka.
Voroneži.. 1876.

Scholwin, R., Beitrage zur Declination in den pan-
nonisch-slovenischen Denkmahlern des altkirchen-
slavischen. Archiv II. 482—569.

Smith, C. W., De verbis imperfectivis et perfectivis
in lingvis slavonicis. Kj()benhavn. 1875.

Sreznevskij, I. I., Drevnie slavjanskie pamjatniki
jusovago pisbma. Sanktpeterburg^. 1868.

Szyrwid, C., Dictionarium. Vilnae. 1713.