DIE NUTZUNG DES VON DER REGIONALEN GEOGRAPHIE GEBOTENEN POTENTIALS FUR DIE PRAXIS: DAS BEISPIEL ADAMAUA/KAMERUN * Werner Fricke IZVLEČEK UDK 913:911.9(671.1) Po teoretično-metcxJološkem uvodu je prikazana organizacija ter podrobnejša metodologija in tehnika proučevanja izrabe zemlje v Adamaui. ABSTRACT UDC 913:911.9(671.1) THE APPLICATION OF REGIONAL GEOGRAPHY: THE ČASE OF ADAMAUA/KAMERUN The organization, detailed methodology and tehnlcs in studjr af land use in Adamaua is presented after the theoretical and methodolo-gical introduction. Einfiihrung An dem Beispiel einer praktischen Aufgabe in einem afrikanischen Entwicklungsland soli dargelegt werden, da - die Regionalplanung auf einer regionalgeographischen Methodologie beruht, - damit auch in der hinter uns liegenden Zeit einer Ablehnung regional-geographischer Arbeiten in der geographischen Wissenschaft und Didaktik, solche Untersuchungen durch die Anforderungen der gesellschaft-lichen Wirklichkeit existieren, - eine positive Ruckkoppelung auf Grund fortgeschrittener Techniken der Datenbewaitigung in der Praxis auf die methodische Entwicklimg der Regionalen Geographie besteht. Zur These 1: Die Regionalplanung strebt an, bestimmte vorgegebene Ziele fiir Teilbezirke und Gemeinden einer Region zu verwirklichen. bzw. deren Gegenteil zu verhindern. Ziele mftgen in der BRD gewech- selt haben von der Arbeitsplatzbeschaffung um jeden Preis zum Bkolo- gisch orientierten Landschaftsschutz. Grundlage bilden kleinrSumig ge- * Dr., univ.prof. , Geographisches Institut der Universitat, 6900 Heidel-berg, Im Nenenheimer Feld 348. - 225 - •W. Fricke_Die Nutzung - 226 - gliederte sektorale Datenbanken: NaturrSumliche Erscheinungen, wie Boden, Relief, Wasserhaushalt, Klima, Vegetation etc. , daneben BevB-Ikerungs- und Wirtschaftsdaten, Ausstattung mit Wohnungen, Arbe"its-piatzen, Einrichtungen uberdrtlicher Versorgung, verkehrsmS ige Erreichbarkeit etc. werden klassifiziert und fur einzelne Erdstellen gro ma stSbig verortet gespeichert. In mehreren Integrationsebenen wer-den dann lokale, mikro- und mesoregionale Verknupfungen vorgenommen, die in syntethetischen Karten letztlich mit bestimmten Zielvortellungen uber Nutzungsmoglichkeiten und Nutzungsrestriktionen auch einen flSch-enhaften, jedoch nicht parzellen-scharfen Niederschlag erfahren. Die Art der Erhebung unterscheidet sich methodischkaum von der geographischen Studien. Lediglich als Zielrichtung mag in der Vergangenheit bei geographischen Regionalstudien die Retrospektive zwecks ErklSrung des heutigen Zustander stSrker im Vordergrund als die Prospektive auf ein Ziel gestanden haben. Schon in den gebietsbezogenen geographischen Untersuchungen kiasischer Art, in denen naturrSumliche Einheiten oder/ und FlSchennutzungen kartiert und dann Gebiete gleicher Struktur als Raumtypen zusammengefa t wurden, lie sich hierdurch das Untersuchun-gsgebiet untergiiedem. Seit Generationen hatte man sich aber auch gerne vorliegender amtlicher Gemeinde- und Kreisstatistiken bedient und damit sicher relativ willkurlich festgelegte amtliche Grenzen benutzt, um mit Hilfe von Gemeindetypen gr6 ere Gebiete zu klassifizieren. Hierzu sind auch die von J. Cvijič (1918) veroffentlichten Karten zu rechnen. Ein anderer Weg wurde mit Hilfe der Bestimmung von Einzugsbereichen, z.B. von zentralen Orten, beschritten, um Gebietsteile zuzuordnen. Nach R.Landwehr (1975, 59ff) sind die erste Kategorie Struktur-, die zweite Funktionalregionen, zu denen drittens die von der Verwaltung festgeleg-ten "normativen" Regionen hinzutreten. Letztere stuft M. M. Fischer (1982, 35) als spezielle, normative AusprSgungen der Struktur- bzw. der funktionalen Regionen ein. " Den Regionsbegriff als taxonomishes Instrument der Raumerfassung statt der bis dahin in der deutschen Geographie althergebrachten, jedoch W. Fricke_Die Nutzung ..._ - 227 - nicht einheitlich definierten Bezeichnung "wle etwa ' -gebiet', ' -land', '-landschaft', ' oder'-erdgegend'" hatte bereits D.Bartels (1968,75) eingefuhrt, wodurch auch clie Kommunikation mit der Raumforschung erleichtert wurde. Er benutzte dies, um mit klassenlogischen Glieder-ungen das "geographische Deskriptionsschema" im Sinn einer logisch-empirischen ErklSrungstheorie zu objektivieren. Zur These 2: In der wissenschaftlichen Hochschulgeographie - war fur etwa zwei Jahrzehnte die Distanzierungvon einer komplexen Regional-geographie charakteristisch. Wenn ich der Einfachheit halber von dfen Verhaitnissen der Bundesrepublik Deutschland ausgehe, so.darf ich doch unterstellen, da dies mit zeitlicher Verschiebung generell fur die Geographien der meisten Staaten gilt. Fur die Bundesrepublik Deutschland war die scharfe Kritik der studentischen Fachschaften auf dem Kieler Geographentag 1969 ein Su erlicher Wendepunkt, der dem Befund einer starkeren fachlichen Spezialisierung, z.B. in Karst-, Periglazlal-oder Schichtstufenmorphologie in der Physio-geographie. bzw. genetischen Siedlungs-, Stadt- oder Sozial-geographie in der Anthropo-geographie, also in der AUgemeinen Geographie, entsprach (Bestandsaufnahme ... 1970). Wissenschaftstheoretische Grundlage dieser Kritik bildete der "Logischer Empirismus" K. Popper's (J.Strassel 1975, 107), wie er von D.Bartels (1968) rezipiert wurde. Als Angriffspunkt diente die Lander- imd Land-schaftskunde, ihnen beiden wurde unwissenschaftliches Streben nach "Verstehen" also Hermeneutik vorgeworfen, was zu "Leerformeln" fiihre; man vermi te konkrete, intersubjektiv iiberprufbare Ouantifizier-ungen der untersuchten Beziehungen. Was dabei ubersehen wurde, war, da D.Bartels keineswegs gegen die Bemuhung nach "L6sung spezifischer Gestaltungsprobleme der rfiumlichen Ordung" war. Seine Kritik richtete sich gegen eine vom "Allgemeininte-resse" ausgehende Synthese (1968, 55). Weiter forderte er... "die deut-liche Trennung - nicht Isolierung - des naturwissenschaftlichen und des •W. Fricke_Die Nutzung . . . - 228 - sozialwissenschaftlichen Ausgangspunktes fiir den Einsatz choristisch-chorologischer ... Methodik ..." (1968, 182). G. Bahrenberg (1979, 148) geift diesen Gedanken vmi D. Bartels (Shnlich auch G. Hard, 1973, 23) in seiner Kritik an dem Versuch einer wissenschaftstheoretischen Begriindung der LSnderkunde von E.Wirth (1978) wieder aiof. Wissen-schaftstheoretisch IS t er auch eine hermeneutisch begrundete LSnderkunde gelten, wenn sie zumindest zweigeteilt in "LSnderkunde der Natur" und "LSnderkunde des Menschen" MvSre (1979, 154). Daneben aber wird die Notwendigkeit und wissenschaftstheoretische Legitimier-barkeit einer Regionalen Geographie als Angewandte Allgemeine Geographie (Gro schreibung vom Verfasser) anerkannt (G. Bahrenberg, 1979, 152). Zumindest nach dem gevvShlten Beispiel zu urteilen, scheint er aber die Trennung von Physio- und Anthropogeographie avif diesen regionalgeographischen Ansatz zu ubertragen, obwohl sowohl die Tradition der geographischen Wissenschaft als auch die regionalplanerische Pra-xis dem entgegensteht. Da waren einmal die modernen, Bkologisch orientierten Aufgaben in den industrialisierten LSndern zu nennen, zum anderen Problemstellungen in wirtschaftlich und gesellschaftlich weni-ger entwickelten LSndern, in denen mangels Kapital die rSumliche Di-fferenzierung des naturlichen Potentials der Produktion ein gewichtiger Faktor der Entwicklung darstellt. D.Bartels griff in seinem posthumen Werk "Lebensraum Norddeutsch-land? Eine engagierte Geographie" bei der Analyse des "Satisfaktion-sraums", der "Heimat", mit Hilfe von funf "heimatrelevanten Grundbe-durfnissen des Menschen" auf die "Horizonte" der Arbeit, des Wohnens, der Versorgung, der regionalen Autonomie und der soziokulturellen Selbstidentifikation auch auf die natOrlichen Ressourcen zuruck. Es ist also ein komplexer Ansatz, den D. Bartels verfolgt hat. WShrend er Werke der Soziologie und Psychologie fiir die Entwicklung seines Hei-matgedankens heranzieht, benutzen seine Mitarbeiter im gro en Umfang planungsbezogene regionale Analysen, die oft wenige Merkmale zur Grundlage ihrer Studien, z.B. der Ursache der regionalen DisparitSten in W. Fricke _Die Nutzung - 229 - der Bundesrepublik Deutschland, gemacfat haben. Der Bezug zu regionalgeographischen Untersuchungen ist bel angewand-ten Arbeiten in LntwicklungslLndem erheblich enger, wie an dem ange-kOndigten . - Beispiel des Reglonalplanungs-Entwurfs Adamaua/ Ka me run gezeigt werden soU. Zu dieser Aufgabe kam es, nachdem mit Hilfe der Gesellschaft fur Techninsche Zusammenarbeit (GTZ), einer halbstaatli-chen Einrichtung des Bundesministeriums fOr Hwirtschaftliche Zusammenarbeit in Bonn, eine Invasion der Tsetse-Fliege und damit die Ans-breitung der Schlafkrankfaeit erfolgreich bekSmpft worden war. Als bei danach elnsetzenden. unkontrollierten Wiederbesiedlimg starke Land s-chaftsschfiden durch Erosicm auftraten, erinnerte man sich einer regionalgeographischen Studie von mir fiber Nigeria, wo bei einem gleichen Verfahren diese ScbLden vorausgesagt und eine Regionalplanimg vor Begi nn jeder Ma nahme gefordert worden waren (W. Fricke 1976). Be-ruhend auf meinen agrar-geographischen Feldstudien in Nigeria (1961-63) arbeitete ich mit einem sozialgeographlschen Modeli der Vergesell-schaftung herrschaftlich strukturierter Territorien einerseits und sippen-bSuerUch organisierter Gebiete andererseits (W. Fricke 1965). Dies entspricht der von H. Bobek (1959) vollzogenen Gliederung der Gesellschaft in Hauptstufen, wobei hinzugeffigt werden mu , da als erster CD. Forde 1946 diese Gliederung in Nigeria entwickelte. Aus didakti-schen Grunden, um die besonderen, entwickiungsbestimmenden regionalgeographischen Strukturen Westafrikas deutlich zu machen, fiigte ich die tradierten Gesellschaftsstrukturen in ein DarstellungsmodeU ein: "Insgesamt IS t sich die reale Raumgliederung und Raumdifferenzierung Westafrikas vom geographischen Standpimkt aus in ein vierschichtiges Modeli fassen, dessen einzelne Schichten sich gegenseitig beeinflussen oder bedingen nad dessen Gliederung nicht statisch sondern dynamiscb in pro- •W. Fricke_Die Nutzung - 230 - ze haften Wechselbeziehxingen stehen: Uber die zonale naturrSumliche Gliederung legt sich das historisch gewordene afrikanische sozialrSumliche Gefiige, dieses ist bereits wieder durch die bkonomisch und sozial wirksame territoriale Gliederung der ehemaligen Kolonien und heutigen Staaten verSndert worden. Als mobilstes Gliederungselement ist die gegenwSrtige okonomische Raumnutzung auf die darunterliegehden Raumstrukturen wirksam und zum Teil durch sie erst bedingt. Beispiele hierfur sind das zentralor-tliche Gefiige oder die Anbauregionen bestimmter Agrarprodukte. Diese gedanklich geschiedenen Struktur - und Proze schichten bilden selbstverstSndlich realiter eine Einheit, jedoch konner wir das sich proze haft Sndernde, vielfach miteinander verknOpfte Gefuge von Strukturen und Funktionen kaum anders erfassen. Eine erfolgreiche Planung in den LSndern, aber auch schon die Beurteilung d. h. Bewertung von wirtschaftlichen und politischen VorgSngen in diesen Staaten durch die EuropSer kann die Kenntnis des gesamten Strukturund Proze gefuges kaum entbehren." (W. Fricke 1971, 325). Die in These 3 genannte positive Ruckkoppelung aus der Praxis auf die methodische Entwicklung der Regionalen Geographie kann an den Arbeit-sschritten fiir den Regionalplanungsentvvurf dargestellt werden. Schon bisher waren mit Hilfe mathematisch-statistischer Methoden, wie z. B. Faktorenanalyse, Distanzgruppierungen, schrittweiser multipler linearer Regression etc. eine untersuchte Mgnge von Gemeinden auf Grund der verfugbaren sozio-Bkonomischen, demographischen und siedlungsgeogra-phischen Daten zu rSumlichen Typen geordnet worden. Das Ergebnis be-darf einer Interpretation des Bearbeiters, der diese Daten im Sinne seiner Fragestellung auswahlte und die Aussagekraft der verschiedenen Va-riablen abzuschStzen hat, denn Korrelationen erklSren nicht die Ursachen. Das Interessante an dem Adamaua-Projekt war, da die Daten selbst erhoben werden mu ten, da au er den topographischen Karten 1:200000 W. Fricke_Die Nutzung ... - 231 - und 1:50000, sowie Luftbilder, keine geologischen, boden- oder vege-tationskundlichen Unterlagen vorhanden waren. Veraltete Censusergebni-sse, v611ig unglaubwiirdige Viehstatistiken waren im anthropogeographi-schen Bereich zu nennen. Die Informationssammlung wurde von dem privaten Institut fOr Angewandte Geowissenschaften, Dr. Klaus V61ger und Partner (Frankfurt/Main) fiir das Projekt, an dem ich als "Con-sultant" mitarbeitete, folgenderma en organisiert (K. VOlger 1980, 13): Wichtigster DatentrSger fiir den physio-geographischen Bereich wa-ren vom Landsat 3 auf Magnetband gespeicherte multispektrale Remissions-Werte der ErdoberflSche. Sie wurden entzerrt und in das UTM-Gitter eingepa t, im Komputer gespeichert und tiber Bildschirm mit Hilfe von im GelSnde und mit Luftbildern kartierten Testgebiete fOr die zwei Ba-siskarten "kalibriert". Die eine war die Bodenkarte, bearbeitet von. A.Semmel und seinem Mitarbeiter. Hierbei wandte A.Semmel erfolgreich das - wie er selbstkritisch feststellte (1982, 124) - durchaus sub-jektive, aber durch jahrzehntelange Erfahrungen als Geomorphologe und Bodengeograph begrOndete, Catena-Gliedervmgsprinzp an. Im feuchttropi-schen Klima wurden die Hauf unterschiedlichen Gesteinen und bei Pro-zessen der Reliefentwicklung sich bildenden Catenen als Parameter der Bodentypisierung benutzt. Die andere Karte erfa t die Vegetationsdec-kung. Agro-Botaniker (D. Dulieu & G.Rippstein) gliederten die OberflSche -au er den offenen GeivSssern - in 16 Vegetationsformationen, wie ver-schiedenfe Typen des Graslandes, der Savanne, des Waldes und des Kul-turlandes. Wahrend die Bodenkarte 1:200000 hinreichend genau ist, wa-ren bei der Landutzung Fehlklassifikationen unvermeidlich, da bei tra-ditioneller Landbewirtschaftung eine "Obstbaum"-Savanne entsteht, deren Boden nach einigen Anbaujahi-en als Grasbrache liegt. Ihre eindeutige Zuordnung ist schwierig. Als dritte Eingangsinformation (siehe Abb.l) wurde aus der Topograpihi-schen Karte 1:200000 die Hangneigung in 5 Stufen (0-1 %; 1-3 %; 3-6 %; 6-15 15 %) berechnet und in das digitale Informationssystem ein- gespeichert. Auch die anderen Informationen wurden digitalisiert und in W. Fricke_Die Nutzung . . ._ - 232 - jeweils 125 x 125 m die Wirklichkeit abbildenden ZeUen (91,56 Hektar) abgespeichert. Der Komputer sortierte die Zellen je nach gespe-icherten Informationen auf Grund eines von den Bearbeitern aufgeste-llten Entscheidungsbaumes in verschiedene Kategorien. Bei bestimmten Boden waren Hangneigungen iiber 3 % bereits ein Indiz, sie W. Fricke Die Nutzung DATENERHEBUNGS- UND ENTSCHEIDUNGSDIAGRAMM ZUR LAND-NUTZUNG IN ADAMAUA r .,„, , 1 Top.Karte l:2oo.ooo Isolinien Luftbild-interpret. Peld-arbeit Landsat Comp.Compat. Interact.System 1 1 1 *— 1 ____^ ' 1 1--- Hangneigungs-karte Bodenkarte bei TSETSE - GEPAHRDUNG <•-I Spezielle L. -ifSchutzmaB-j—^ nahmen T— . I— Vegetation + Landnutzungs-karte Bevblkerungs-karte V iehve rt e ilungs-karte Boden-und viehwirtschaftliche Betriebssystenie Okologisch begriindete Aufforstung Trockenzeit-weide Arrondissements als admin.Einheit [Planungsgebiete 3C Si Gegenvvart. Infrastruktur {Planungseinheiten -J temeinden I Zukiinftige Infrastruktur r' I I I Ji. Jetziges und zukiinftiges Ackerland bei J > guter Oualitat Z mittlerer OualitSt + Siedlungs- und Verkehrsnahe Regenzeitweide :ž mittlere Qualitat, Siedlungs-und Verkehrsnahe Okonomisch beginindet« Aufforstung, Siedlungs- und Verkehrsnahe_ -1- I I .J I I Karte: Vorschlage zur Regionalplanung I_______J Abb. 1 - 233 - •W. Fricke_Die Nutzung - 234 - als fflr Ackerbau wenig geeignet, im anderen Fall als von mittlerer Eignung einzustufen. Intensive agrostologische Erhebungen des Futter-wertes von GrSsern auf den ausgegliedei-ten Bodengesellschaften und in entsprechenden Vegetationsformationen erm6glichten die TragfShigkeit als Viehweide in kg/Lebendgewicht wShrend 8 Monaten Regen- und 4 Monaten Trockenzeit zu bestimmen, wobei edaphisch bedingt, z.B. in den Taiern eine Umkehrimg der Werte der Weidegebiete in den beiden Eignungskarten fiir Weidenutzung zu beobachten ist. Starkes Relief und/oder schlechte BodenqualitSt bildeten die Kriterien fiir eine Skologisch begrundete Axifforstung/Wiederbewaldung. Sozio-Skonomische Kategorien, wie staatliche Projektgebiete u.S, waren ebenfalls als Klassifikationselemente aufzunehmen. Fa t man das Ergebnis des physio-geographischen Komplexes und den flSchenbezogenen An-teil des sozio-Bkonomischen in unserem regional-geographischen Schicht-enmodell zusammen, so ist, abgesehen von den geringen, interpretations-bedingten UnschSrfen im Vegetationsbereich, eine intersubjektiv nachvoll-ziehbare Klassifizierung der Areale auf der Grundlage der 1.56 ha gro en Zellen nach mannigfaltigen Zielen mSglich und damit nicht nur fiir praktische Aufgaben, sondern auch fur rein wissenschaftliche Frage-stellungen in der Geographie interessant. Bei dem sozio-Skonomischen Teil des Planungsentwurfes arbeiteten die Geographen J.Boutrais, Ch. Mahn und W. Fricke zusammen. J.Boutrais hatte in jahrelanger Feldarbeit die Viehwirtschaft und den Ackerabu im Untersuchungsgebiet studiert (1978). Er konnte daher besonders die von der Schlafkrankheit verursachte StBrung des Systems darlegen und zusammen mit Ch. Mahn durch Interviews Daten uber die gegenvvSrtigen Strukturen und Prozesse bei der Wiederbesiedlung ermitteln. Mit Hilfe eines fOr den Rhein-Ceckar-Raum entwickelten Komputer-Pro-grammes, das quantifizierte Informationen uber die Bewohner eines Gebietes in ein Gitterraster von einem Quadratkilometer im UTM- W. Fricke_Die Nutzung ... - 235 - Koordinatennetz speichert und korrelierbar macht (W. Fricke, H.-H. Bott, R.Henkel & W.Herden 1978), wurden die gesammelten Daten flber die Einwohner, z.B. ihre ethnische Zugeh6rigkeit, der versteuerte Viehbestand etc. digitalisiert, so da sie auch mit dem physio-geogra-phischen Datendeck verknupft werden konnten. Fiir die Typsisiernung der in diesem Gebiet dominanten Viehwirtschafts-betriebe wurde eine fiir Nigeria entwickelte Klassifizierung nach Skonomi-scher, kultureller und sozialer Bedeutung dieses Wirtschaftszweiges fOr den einzelnen Haushalt benutzt (W. Fricke 1979, 139 ff.). Als sehr wichtig wird die Stellung des Herdenbesitzers im sozialrSumlichen System angesehen: ob er zur herrschenden oder zur abhSngigen Schicht gehbrt oder ob er als zwar unabhSngiger Viehztichter aber ohne Bodenrechte keinerlei Anspriiche auf Dauernutzung des Weidelandes stellen darf. Weiter ist die Unterscheidung der Viehwirtschaft in Haupt-, Misch-oder Nebenbetriebe sozial und wirschaftlich wichtig, da jeder der verschiedenen Klassen andere Produktionsziele verfolgt und, je nach Herden-grB e, die Anspriiche an das Weideland differieren. Durch eine Stichpro-benerhebung mit Hilfe von Luftbildern und durch komputergestiitzte Auswertung der auf Verwaltungseinheiten bezogenen VeterinSrstatistik Uber 700 Herden mit 55000 Tieren wurden die fiir das einzelne Raster vorliegenden, unzulSnglichen Daten uber die versteuerten Tiere mit den regionalen und fur den Betrieb typischen durchschnittlichen Herdengro en hochgerechnet, um zu einer realistischeren Bestockungsdichte zu gelangen. Dies konnte dann wieder mit der im physiogeographischen Datendeck gespeicherten F^ttermenge des Gebietes in Beziehung gesetzt werden. Danach waren einzelne Gebiete flberstockt, andere nicht genu-gend genutzt. Eine anzustrebende ausgewogene Verteilung der BevBlkerung und des Viehbestandes hat zur Voraussetzung, da weniger mit einschrSnken-den Ma nahmen als mit "Anregungen" zur Umverteilung gearbeitet werden solite. Eine Inventur der zentralen Orte, Einrichtungen der •W. Fricke_Die Nutzung ... - 236 - human- imd veterinSrmedizinischen Versorgung, Schulen, insbesondere aber der periodischen und saisonalen MSrkte und des dort getatigten Warenumschlages, wie sie fiir reprSsentative Gebiete Ostafrikas von R.Henkel (1979) und Westafrikas von CH. MAHN (1980) durchgefiihrt worden waren, gaben uns Hinweise auf eine liickenhafte Ausbildung notwendiger flSchendeckender Versorgungseinrichtimgen. Da im Untersuchungsgebiet Stra en sich als stimulierend fiir die Ansi-edlimg nachweisen lassen - der Verkauf von Anbaiifruchten, Milchpro-dukten, Schlachtvieh und Brennholz bzw. Holzkohle bedarf der Moglich-keit zum HSndlerbesuch und Warentransport - wurde eine entscheidende Verbesserung der VerkehrsverhSltnisse durch wenige Verknupfungen bestehender Stichstra en empfohlen. Die Knappheit von Kapital und Fach-leuten in den Entwicklungsiandern lie es uns geraten erscheinen, den Mangeln in der Infrastruktur weniger durch einen gr6 eren Aufwand, denn durch Setzung neuer raumlicher Akzente entgegenzusteuern. Weiter lassen sich ohne zusatzlichen Aufwand bestehende, bisher nicht verknupfte "Inseln" fortgeschrittener Entwicklung, wie Staatliche Versuc-hsstationen fiir Tierzucht und fClr Weide- und Futtertechnik, Projekte der Viehmast und von der Weltbank gef&rderter privater Ranchen - jetzt noch in verschiedenen Ministerien angesiedelt - mit den gewBhnlichen agraren Beratungs- und Veterinardiensten, sowie der breiten Masse der traditio-nellen Viehziichter in einen sinnvoUen gestuften Verbund zwecks Diffusion von innovativen Methoden, Zucht- und Pflanzenmaterial zusammen schliessen. Im Gegensatz zu den meist nur sektoral gemachten Empfehlungen fur eine Entwicklungspolitik wurden die konkreten Ma nahmen fur die einzelnen Planungseinheiten und Untereinheiten als Untereinteilung der best-ehenden Arrondissements konkret in definierten Gebieten genannt. Hierbei wurden die oft einander entgegengesetzten Interessen der LandbevBl-kerung ausgewogen zu berucksichtigen gesucht. W. Fricke__ Die Nutzung ... - 237 - Dennoch impliziert jede territoriale Planung eine politisch wertende SteUungnahme. In unserem Fall kann es daran gezeigt werden, da Festlegungen zum traditionellen Landrecht, sei es das sippenbSuerliche kollektive Recht an der Landnutzung bzw. die aristokratische Vergabe von Landlehen oder das sich jetzt ausbildende individuelle Nutzimgsrecht durch moderne Betriebe am Boden, getroffen werden mu ten. Einerseits bewirkt die BeschrSnkung der letzteren auf derzeit nich erschlosse-ne und weniger wertvolle Gebiete, andererseits die vorgeschlagene Vergabe von juristiech definierten Nutzungreschten an fiir die viehwirtschaft-liche Produktion zwar wichtige aber bisher benachteiligte sog. "semi-nomadische" Gruppen einen erheblichen Eingrift. Gesellschaftskritiker konten das als eine das System stabilisierende Planung bezeichnen. Es ist aber festzuhalten, da die ErSffnimg des Zuganges zur Bodennutzung fiir bisher benachteiligte Gruppen einen erheblich "emanzipatorischen Wert" haben k6nnte. In der These 3 war auch die Riickkopplung von der Regionalen Geographie in die Praxis und wieder zuruck zur Wissenschaft angesprochen worden. War es mglich, die aus den Arbeiten der Regionalen Geographie in das Projekt eingebrachten Erfahrungen wenigstens ansatzweise zu nennen, so mu hinsichtlich der Ruckkopplung auf eine wissenschaftliche Regionale Geographie hervorgehoben werden, da sie m. E. kaum anders gema-cht werden kftnnte als in diesem Beispiel. Nur diirfte sich der einzelne Forscher oder dilrften die Mitglieder eines Teams, entsprechend ihrer fachlichen Speziaisierung, weniger komplexen Themen zur Berbeitung heraussuchen. Durch die Zusammenarbeit von Fachleuten aus den verschiedenen Teildisziplinen der Geographie, gegebenenfalls auch mit Spezialisten aus Nachbardisziplinen, IS t sich der vielfSltige Katalog der die regionalen Werte bestimmenden Faktoren bearbeiten. Erleichtert wurde dies in unserem Falle durch die Tatsache, da es sich um ein Vorherrschen agrarer Subsistenzproduktion mit bisher geringem Anteil fiir den Binnenmarkt handelt. Auch ist bei dem vorherrschendem Pro-duktionszweig der Viehwirtschaft die Beziehung zwischen Quantitat der •W. Fricke_Die Nutzung Abschlie end sei zur Methodologie bemerkt, da moderne Tecnik, wie Satelliten-Erkundung und elektronische Datenverarbeitung die GelSn- dearbeit fur vornehnalich physio-geographische Sachverhalte enorm ver- ringert und die regional-geographisch/regional-planerische Inventur fttr 2 ein Gebiet von 10.000 km in wenigen Monaten ermSglicht hat. EinscbrSn-kend ist aber festzustellen, da -trotz der auf weiten Strecken vorhan-denen "intersubjektiven ObjektivitSt" der Datenbearbeitung- durch die KLassifizierung der Daten beim Eingang in das Informationssystem wichtige, subjektiv beeinflu te Entascheidungen geotroffen werden. Dies reicht von der Anwendung der Catena-Typisierung uber die Zuordnung der Buschbrache (=Ackerland) zur Savanne bis zur Klassifizierung der sozioSkonomischen Betriebsformen oder HerdengrS endurchschnitte. Die-se systembedingten UnschSrfen sollten auch in der Planung angesprochen werden diirfen; in die Beurteilung durch die Fachwelt durften sie sowieso einflie en, da sie dieser bekannt sein mu ten. Steckt doch schon in der Auswahl des Untersuchungsobjektes eine das Ergebnis bestimmende Entscheidung des Wissenschaftlers ! - 238 - Bestockung und OualitSt der FlScheneninheit sehr direkt und damit le-ichter herzustellen aJs fOr andere Prodiiktions- bzw. LebensbedOrf-