Bojan Čop Ljubljana HUNDERT JAHRE EINES BEKANNTEN SLOWENISCHEN SPRACHWISSENSCHAFTLERS, PROFESSOR DR. KAREL OŠTIR· Am 27. Dezember 1973 starb in Ljubljana Professor der vergleichenden Sprachwissenschaft an der Universitat Ljubljana, Dr. Karel OšTIR. In den letzten Jahren seines Lebens hat er sich meist in privater Gesellschaft gehalten, obwohl sei­ne Gesundheit es zuliess, ziemlich oft in den linguistischen Abteilungen der Philoso­phischen Fakultat zu erscheinen; er liebte namlich lange Diskussionen iiber alle moglichen Dinge, Politik, Philosophie u.a., ja sogar iiber neueste Ergebnisse der Sprachwissenschaft selbst. Als Thema seiner Diskussionen stand da seine beliebte alarodische Theorie, allen anderen voran aber das Etruskische und die indogermani­sche Larynga/theorie, augenscheinlich Erbschaft aus den ersten Dezenninen seines Lebens. Doch die Gesundheit ging allmahlich unter und am erwahnten Dezemberta­ge ist unser Professor sanft entschlafen. Eine Trauerbotschaft fiir uns Linguisten, die wir wussten, dass uns langjahriger Lehrer und Freund fiir immer verliess! Nach Verlauf von fiinfzehn Jahren wollen die Linguisten von Ljubljana eine gebiihrende Hundertjahrfeier veranstalten, denn er wurde am 13. 10. 1988 gebo­ren. Von unserem sprachwissenschaftlichen Zirkel wurde beschlossen, dass sein Ge­burtstag mit einer feierlichen Sitzung und mit einer Gedachtnisrede gefeiert werden soHte. Diese letzte Aufgabe iibernahm sein Schiiler und Nachfolger Dr. Bojan ČOP. Ich reproduziere den Text der Rede in deutscher Sprache, da die slowenische Fassung wohl zu wenigen Lesern der Linguistica verstandlich ware. Hier unten sollte ich also eine moglichst freie Obersetzung des Redewortlautes bieten, weil in den letz­ten 20 bis 30 Jahren manche Richtung der historischen Sprachwissenschaft recht merkbar entwickelt und erweitert wurde, besonders auf den Gebieten, fiir die OšTIR ganz speziell interessiert war. Eine solche Diskrepanz konnte Schaden bringen; ge­niigend analysierte Fragen findet der Leser in Linguistica XIII (Ljubljana 1973), SS. 1-96. Zur alarodischen Sprachwissenschaft heute vgl. B. ČOP, Linguistica XVI (Ljubljana 1976), SS. 3-33. Natiirlich sind einige neue Theorien usw., wenn rele­vant, mit eingetragen. Alles moglichst kurz. Liebe Kollegen, vor genau 100 Jahren wurde Dr. Karel OšTIR in Arnače (Št. Ilj bei Velenje, am 13. 10. 1888) in einer Bauernfamilie geboren; sein Leben verlief bis Abitur wie das der gewohnlichen Bauernsohne. Das klassische Gymnasium besuchte er in Celje und Maribor (Abitur 1909). Im Gymnasium zeigte er ein ausserordentliches Interesse und Begabung fiir das Studium der Sprachen, sowohl der modernen, wie .der klassi~ schen; Griechisch beherrschte er so gut, dass er in der fiinften Klasse schon Thuky­dides las. Bald bekam er auch sprachwissenschaftliche Biicher in die Hande, darun­ter auch das griechische etymologische Worterbuch von Boisacq, das er in einer Buchhandlung auslieh. Auf solche Weise studierte er Etymologien und begeisterte sich fiir die vergleichende Sprachwissenschaft. Leider. musste er nach kurzer Zeit BOISACQ zuriickerstatten, da er kein Geld hatte um es zu kaufen. Das bose Schicksal traf ihn bald von neuem: Nach Vatersplanen miisste er nach Gymnasium ins Alum­nat treten, wie es so vielen slowenischen Intelektuellen-in jenen Zeiten erging. Schon war er in einem Kloster, als er -einer Idee folgend -aus einem Monchenkleid sich ein ziviles zuschnitt und entfloh. So bewahrte er seine Freiheit, die vergleichende Sprachwissenschaft aber gewann mit ihm einen genialen Forscher und Mitarbeiter. Er fliichtete nach Graz (Gradec), wo er vergleichende Sprachwissenschaft ein­schrieb. Sein Professor war der damals schon beriihmte Linguist MERINGER (W6r­ter und Sachen); als er einmal ein slawisches Akzentproblem zu erklaren suchte, stand OšTIR auf und sagte: "Herr Professor, das wird nicht stimmen". Der giitige Lehrer war ein wenig iiberrascht von einem Beginner so.unterrichtet zu werden, je­doch lud er ihn zur Tafel, um die Akzentfrage richtigzustellen. Seit diesem Tag wur-· de OšTIR mit MERINGER gut befreundet, sein Professor sorgte ein wenig auch fiir die materielle Seite seines Schiilers (indem Oš:rIR fiir die Zeitschrift W6rter und Sa­chen Indices und Ahnliches besorgte und dafiir honoriert wurde). Dadurch wurde der ewige Hunger OšTIRS (sein Vater wollte von ihm wegen der Klostergeschichte nichts mehr horen, so dass Karel manchmal nur ein paar trockene Birnen in der Ta­sche hatte), fiir immer verbannt. Auf so originelle Weise begann die wissenschaftliche Karriere unseres Studen­ten. OšTIR selbst lobte diese Studienjahre (1909-1913) als die gliicklichsten seines Lebens. Der innere Schaffensdrang trieb nun OšTIR von Graz nach Wien, wo er ahnliche Programme aus der Sprachwissenschaft einschrieb; hier war sein Lehrer der beriihmte Profesor Paul KRETSCHMER, ganz andersartig im Vergleich mit ME­RINGER: grob und unfreundlich; gegeniiber OšTIRS Ungeschicklichkeit spottisch, ablehnend. Auch in der Methode gab es starke Differenz: KRETSCHMER mit (nach OšTIRS Meinung) allzu langsamer Verarbeitung des philologischen Materials, ander­seits OšTIR mit wuchtigem, schnellem Orang nach Resultat. So war das Schicksal schon wieder von OšTIR selbst bestimmt: Das Dissertationsthema, das KRETSCH­MER anbot -philologisch bearbeitete Ortsnamen von Attika, -lehnte OšTIR ener­gisch ab (S. weiter unten). Von Wien aus verliess er Oesterreich und arbeitete weiter in Petrograd (Lenin­grad) und schliesslich in London (British Museum) kurz vor dem ersten Weltkrieg (1913-1914). Er wurde in die osterreichische Armee berufen, wusste sich dem akti­ven Militardienst iu entziehen, hatte aber das Gluck als Dolmetscherineiner Abtei­lung zu arbeiten, wo es osterreichische Kriegsgefangenen gab, sogar aus Kaukasus. So kam er endlich mit echten "Alarodiern" in Kontakt. Wenn er Zeit hatte, schrieb er auf und pragte sich ein das kaukasische Sprachmaterial. Nach dem Kriege ging er schon wieder nach Wien (1918-1922). Unterwegs erwarb er in Graz (Anfang 1919) den Grad eines Doktor Phil. mit der Dissertation "Urindogermanischer langvokali­scher Intransitiv". Anfang 1922 wurde er zum Dozenten fiir vergleichende Sprach­wissenschaft an der Universitat Ljubljana ernannt, 1924 zum ausserordentlichen, 1932 zum ordentlichen Professor gewahlt. Im Jahre 1953 wurde er wirkliches Mit­glied der Slowenischen Akademie der Wissenschaften und Kunste, legte aber nach einigen Jahren diese Ehre ab. Er war als Professor der vergleichenden Sprachwissen­schaft bis 1959, als er emeritiert wurde, tatig. Bis zum ersten Weltkrieg wurde OšTIR schon gut bekannt, zunachst durch klei­nere indogermanistische Etymologien und grammatikalische Beitrage, dazu Baltos­lovanska metatonija, Razpr. II, Ljubljana 1925, SS. 55-120. S. die Bibliographie in Lingu. XIII, SS. 9-12. Aber wohlwollendes Schicksal brachte ihn schon in Kriegszeiten in direkten Kontakt mit den kaukasisch sprechenden. So beginnt seine wahre alarodische Aera, als Beitrag zum Hauptthema in seiner Doktordiss. der An­hang "Exkurs iiber gr. hfppos (Beitrag zur alarodischen Sprachwissenschaftr. Ober die etymologische Methode(n) OšTIRS hauptsachlich mit auch bei anderen Forschern befindlichen Elementen Wort -Bedeutung -Phonetik -Struktur ­heimisch oder entlehnt? -Chronologie usw. sollen Zeugniss ablegen: a) echt indogermanisch: geradezu genial zerlegt OšTIR das alb. Wort kopfl "uneheliches Kind" in Worter und Sachen V (1913), S. 220 Anm. = inter­rog. *q"!-ii-(idg. auch pejorativ) + *petno-s: pjell "gebare"; als "vorbehalt­los" richtig nach JOKL. -Spater hat Autor, schon bis zum Halse im alaro­dischen Wasser steckend, kein Bedenken getragen, kopfl als alarodisch zu ir. cumal "Sklavin", zu proklamieren ! b) folgendes Wort zeugt nebenbei auch davon, wie aus schlecht bezeugtem (oder dem Etymologen vorerst unbekanntem) Wort ein "ghost-word" ent­steht: In HORN, Grdr. d. npers. Etym. 196 fand ich zufalligerweise ein auch bei HESYCH (kester: neanfas) sich befindliches Wort, etwa /kastar/; mir schien es sofort mittelpersisch zu sein, daneben noch pers, kih, teilte meinen Professoren GROŠELJ und OšTIR den Vorfall mit (ich war Antialarodist und wollte OšTIRS alar. Beurteilung -etr. husiur "Junge" (Voge!N. 8) widerle­gen). Als wir die Stelle in HORN fanden, erwies sich kester samt kih ganz nor­mal als Komparativ zu idg. *kaR-u-POK. 521-2. c) sl. ryba "Fisch" gehort sicher nicht zu d. Raupe (Bedeutung!?). OšTIR stellt ryba zu gr. orphos "serranus gfgas" (ein Fisch) Anthr. VIII, 1913, S. 166. Das sl. Wort hat zu allgemeine Bedeutung, als dass es eine Vergleichbasis fiir das griechische darstellen diirfte. Die phonetische Seite beider Worter ist leider so, dass man sogar zehn Urformen rekonstruieren konnte: sl. < *ruH-bhaH. Vgl. noch zu gr. Wort (Var.!) Frisk, Gr. EW. II 432. d) sicher nichtindogermanischer Herkunft ist dagegen das Wort fiir "Feige" in lat.}lcus, gr. sykon, arm thuz, grus. lugi und zahlreiche Verwandte und Sy­nonyma. Die fast vollstiindige Gruppe bei OšTIR, Btr. 1 (1921), SS. 1-33; er stellt sie alle in die einseitige Obersichtstabelle, s. S. 33. In dieser Tabelle hat unser Professor seine ganze Fahigkeit fiir phonetische und morphologi­sche Analyse gezeigt, Eigenschaft, die samt dem Sinn fiir das Ganze, fiir das System einem wahren, reifen Wissenschaftler methodische Basis bildet. e) noch ein anderer Typus steckt im Wort fiir "Blei": gr. m6lybdos und lat. plumbum: man ist versucht, auch (mit O.) ung. (ural.) 6lom hier zu buchen. OŠTIR sieht in allen drei eine Wortfamilie, alar. Element. -B. ČOP hiilt 'es fiir mediterran. (Lingu. XIII, S. 96). Heute gilt es fiir ein Wanderwort, des­sen Nationalitat noch nicht bestimmt ist. Wichtig ist dabei, dass es auch im Uralischen vorkommt. Die obigen 5 Beispiele sind sehr verschiedener Art: Einige sind in Wahrheit in­dogermanisch (alb. kop[/; iran. kester sogar eine spiite Glosse), noch nicht mit Si­cherheit aosserhalb der Sprache gefunden (sl. ryba), sicher fremd (gr. sykon mit Verwandten der ganzen alten Welt; gr. m6lybdos, eventuell dazu ung. 6lom). Man sieht, dass die Herkunft der alarodischen Worter (insofern sie wirklich alarodisch sind), tatsiichlich in allen Stiicken recht unsicher ist; die Alarodier waren ja im Altertum iiberhaupt durch µichts bekannt. OšTIR hat die erste aller Pflichten stark vernachliissigt: den Nachweis der nationalen Angehorigkeit; die Heranziehung des Namens Urartu ist belanglos. OšTIR wollte die Liickenhaftigkeit der geschichtli­chen Tradition selbst, ohne Quelle, ergiinzen. Hier zeigt sich in vielen Fiillen die Schiidlichkeit seines Entschlusses, wie moglich wenig Philologie zu treiben; O. war sich damals. wohl dieses Mangels bewusst, die Schule von Kretschmer erschien ihm jetzt in ganz anderem Licht. Wenn wir doch schon diese Fragen auf sich beruhen lassen, so war O. in cler Wahrheit am Misslinge_n seiner Thesen und Hypothesen weniger schuld als oben be­tont. Einiges soli doch hervorgehoben werden: Viele "alarodischen" oder "vorindogermanischen" ("vorgriechischen" usw.) Elemente (vorwiegend Worter, diese meist isolierte Glossen) konnen bei niiherem Zusehen eine bessere indogermanische Etymologie erfordern: so z.B. lat. jele-s "Wildkatze; Marder", das nichtidg. sein soll (vgl. Walde-Hofmann, LEW.3 1 474), ist jedoch sieher eines der indoural. Worter, also auch idg. (s B. ČOP, KZ. 88 (1974), S. 50); Ahnliches auch innerhalb des Nostratischen: "Ficus" ist samt sum. ma "Fei­ge", am besten zu finn. make-a "siiss" (ohne auswertige Etym.) zu stellen. Vgl. noch heth. aišhaššikka-. Eine iiusserliche Ursache, dass die Werke OšTIRS mit Ungunst aufgenommen wurden, ist die iiusserst gedriingte Darstellungsweise (bis 100 Etymologien pro Seite, so in zweiter Hiilfte von Btr.), hat MEILLET doch in einer Kritik gesagt "prend le ver­tige"! Jeder Vergleich beruht auf Erkenntnis, dass die verglichenen Elemente, Gegen­stande untereinander gewisse Ahnlichkeit/Gleichheit aufweisen, die in der sprachli­chen Welt aufverschiedene Weise entstanden sind, etwa durch: l. Urschopfung (Nachahmung der Naturlaute u.a.); 2. Urverwandtschaft; 3. Ent!ehnung (aus gemeinsamer Quelle); 4. Zufall usw. -5. phonetische Anglei­chung (bei Zusammenfall der urspr. verschiedenen Laute = Homonymie) usw. Al­les dies untereinander gekreuzt und immer komplizierter werdend. Diese innere und aussere Differenzierung fiihrt oft zu volliger Verschiedenheit (Fall sto "100": hun­dert). Die hier untersuchte Subsfratsprache, ALARODISCH, gilt fiir eine zusammen­hangende Gruppe von Dialekten, die anscheinend mit dem Indogermanischen nichts zu tun hatten; dagegen spricht noch zweierlei: a) die Existenz eines k-Plurals auf beiden Seiten, im Alarodischen in Namen der Stamme, z.B. Tdo-kh-oi, Kardoil-kh-oi, zu iur. (s. B. ČOP, Dekl. pas­sim); b) ein n-Suffix ffentlichkeit viele seiner Ideen mit Missgunst, Abneigung, ja sogar mit Spott zur Kenntnis nahm. Die Kritiker wendeten dabei manchmal Ausdriicke wie: unwahrscheinlich, abwegig, phantastisch, abzulehnen usw. an. Freilich gilt das nur fiir seine Alarodier. Die gros­se Mehrheit hielt sich fern von diesem Streit; es gab ja andere ausgiebigere Gebiete zur sprachwissenschaftlichen Betatigung; dazu gesellten sich neue Fundorte, die neue Texte mit neuen oder besser belegten Sprachen und Sprachgruppen boten, zu. Neben das gerade phantastische Reichtum der archaologischen Funde traten philo­logische und sprachwissenschaftliche Aufgaben, neue Angaben, die uns besser zu belehren imstande waren. Die Alarodistik musste auch anders werden oder anderen Platz abtreten ! Das musste fiir OšTIR fast eine Katastrophe bedeuten! Als er noch ganz jung war, stellte er sich die Aufgabe, das sog. A/arodisch und seine Rekonstruktion zum Lebensziel. Diese Zielsetzung war bei ihm so stark, dass er ihr immer, auch in reifen Jahren, den Vorrang gewahrte; um es sicherer zu machen, nahm er sich Zeit, um auch Archaologie und Ethnologie u.a. adaquate Facher kennen zu lernen*. So wurde er zu einem Eruditus, den auch seine Gegner hochschatzten. Diese schwierige psychische Lage fiihrte allmachlich einen starken Pessimismus und Zynismu:S her­bei. Davon eine totale Abneigung gegen das Publizieren eigener Ideen. Die letzte sei­ner Schriften war "Drei vorslavisch-Etruskische Vogelnamen" (Ljubljana 1930, 112 Seiten). Inzwischen entwickelte sich bald nach 1930 eine neue sprachwissenschaftli­che Richtung, die Indo-Uralistik, welcher u.a. B. ČOP seine Krafte in immer grosse­rem Masse widmete; vgl. seine Publikationen: Dekl., Laryng. 1970, Jndouralica !-XIX und viel anderes. OšTIR Iiebte diese Neuigkeit allerdings nicht, obwohl er auch Ideen dazu lieferte; vgl. mordw. o-mbo "ander" = idg. *d(m)bho(u) "beide" in Orbis XX!I (1973), S. 22. Ein weiterer Ausdruck seiner Verzweiflung und Verzich­tung war "Ach, Mist, noch schlechter als das von mir!", was einem Armenologen galt. Und doch: Als in letzten Jahren OšTIR eine der neuesten alarodischen Abhand­lungen vor Augen bekam, sagte er mit tiefem Seufzer: "Jetzt tut es mir wirklich leid, dass ich nicht mehr jung bin!". Das Wirken von OšTIR blieb durch seine Schriften und miindliche Mitteilungen bis auf heute beachtlich; doch gingen einige seiner Freunde in der Nachahmung der Alarodistik viel zu weit (so ŽUPANič in Etnolog). Hier ist am Platze zu sagen: Alles ist mit allem verbindbar (natiirlich ironisch). Oš­TIR fiihlte klar dieses Stilem und zog Jangsam mit seinem etwas wilden System zu­riick; vgl. Vogelnamen in Gegensatz zu den alteren Werken. Auch wurde das Sume­rische immer vorsichtiger herangezogen, wahrscheinlich wegen der philologischen Schwierigkeiten dieser Sprache, die der junge OŠTIR in jugendlichem Schwimg nie­derschluckte, wahrend der alte bei aller Vorsicht es lieber beiseite schob. Wir, seine Nachfolger, rari nantes in gurgite vasto, schatzten unseren wohlwollenden Lehrer und Ermahner ebenfalls hoch. Ihm gebiihrt unsere tiefste Dankbarkeit fiir alles, was er fiir uns und fiir unsere spracwissenschaftliche Zukunft getan hat. Er lebt in unse­rem Geist, ein kleiner Mann, mit Pfeife in der Hand, langsam, vorsichtig schreitend, in tiefe Gekanden versunken, sicher in der Problematik der alarodischen Sprachen griibelnd. Mit diesem Bilde diirfen wir unserer Rede ein Ende machen. Nur-soll es nicht vergessen werden, dass in unseren Ausfiihrungen die iiltest be­legte nostratische Sprache mehrmals erwahnt wurde: das Sumerische. Ich stelle diese Sprache zu den nostratischen, schon gut bekannten sieben Sprachstammen: idg„ ural., alt., ham.-sem„ siid-kauk. und drav.; vgl. ILLič-SVITYč, Opyt /-II (1971-1976); er bringt etwas mehr als 350 Etymologien, wohlgemerkt nicht immer aus allen sieben bei jeder Gl~ichung, wie auch zu erwarten war! Ich stelle meinerseits noch die achte diesmal isolierte Sprache hierher, Qamlich das Sumerische; die fol­ * (Meringers Schule). gende Liste (16 Stiick) bietet allergewohnlichste Methode, und doch konnte sie viel­fach vermehrt werden. Abkiirzungen: wie in der indogermanistischen Literatur. Na­tianalitiit der Worter: SU, IG, UR. lch folgte nur meinen Ideen; die Ph in SU recht unsicher, ich folge der Transkr., die meistens in Gebrauch ist. 1. SU P /BAD "Wall, Befestigung"; lat. peries "Wand, Zwischenwand"; UR finn. pata "Damm, Wehr, Wall'\ lapp. buaooa usw. nach B. ČOP, KZ. 88, 1974, S. 47, no. *p/Baoa "(Fisch)wehr; Damm; Wall"; 2. SU BURU "Loch; brechen, stechen" zu IG lat.farare, ahd. baron; UR finn. + pura "Bohrer"; die Sippe bei POK. 133-135 hat natiirlich unsere Sippe histo­riographisch aufgesogen; man muss die beiden voneinander trennen, wie der Vokalismus zeigt (-u-in UR und SU). 3. SU DO "machen, tun" zu IG *dhe-"setzen, legen, stellen; machen, tun", aind. dhii-usw. POK. s.v.; UR finn. teke-"machen, tun";NO *Deke-, im UR die Ur­bedeutung zum Teil verloren. 4. SU KAL, KALAG, KALAGGA "stark, mannhaft" in zwei idg. Sippen: a) "hart" z.B. sl. kaliti (Eisen); b) "stark, gesund" z.B. ahd. helid, aind. kalya-, gr. kal6s (a +b Pok. 523-524). NO *kala "hart; stark, gesund". 5. SU KU(G) "hell, glanzend, rein" erinnert an eine starke Gruppe von Farbwor­tern bei POK. 564f.: a) idg. *ken-ak6-"gelblich, saflorfarben", u.a. d. Hanig samt Sippe; auch aind., apreuss.; gr. knakos, knekos "Art Saflor"; b) Urwort NO *kur;e "Mond" in URfinn. kuu id. (sek. "Monat" usw.), alt.+ r~sx. Die ganze Sippe (auch SU) bei ČOP, UAJb. 44 (1972), S. 289. Zur Ph an e. anderen Stelle. 6. SU LUH "waschen; spiilen":