Die Academia philharmonicorum Labacensis Musik für Hof und Kirche Gleich zu Beginn muß festgestellt werden, daß Ljubljana/Laibach in seiner Geschichte niemals Residenzstadt oder Sitz eines Fürstenhofes war, aber als hauptstadt des Herzogtums Krain ein Teil der einsteigen Össterreichischen Monarchie. Abhängig von Zeiten der größeren oder kleineren Autonomie fiel ihm jedoch zeitweilig eine bedeutende Rolle zu, die man sich zur Entfaltung von Kunst und Wissenschaft nutzbar machte. Krain – es wurde vom Polyhistoriker Freiherr Johann Weichard Valvasor († 1693) in einem vierbändigen Prachtwerk Die Ehre des Herzogtums Krain aus dem Jahr 1689 ausführlich beschrieben – besaß eine einheimische Inteliggenzschicht, die sich – wie damals üblich – zumeist der lateinischen bzw. der deutschen Sprache bediente. Nachdem am Ende des 16. Jahrhunderts die Reformation in die slowenischen Länder gebrochen war, begann mit der Gegenreformation, die sich nicht nur in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts, sondern auch später auswirken sollte, auch ein stärkerer Einfluß aus Italien. Die wirtschaftliche Lage des Landes hat sich verbessert, es entstanden viele neue Aristokratenfamilien, die ihr Können und Reichtum auch an die schönen Künsten ausgeben wollten. Ihre Söhne studierten nun meist in Italien, wo sie sich mit den Elementen aktueller aristokratischen Ausbildung bekannt machen konnten. Eine solche Ausbildung hat schon Baldassare Castiglione in der Mitte des 16. Jahrhunderts in seinem Werk Il Cortegiano (Venezia 1549) initialisiert, in der Musik und Musizieren eine bedeutende Rolle. Das Üben vom Musizieren für die adeligen Jungen verlangte auch der Laibacher Adam Sebastian Siezenheim in seinem Buch Zucht-Spiegel der Adelichen Jugendt aus dem Jahr 1659: »In allerhand Vocal- und Instrumentalischen Musiken trefflich zu üben.«1 Ähnliches mußte auch bei den Überlegungen zu Gründung eines Collegium Carolinum Nobilium zu Beginn des 18. Jahrhunderts in Ljubljana im Hintergrund gestanden haben. Ljubljana hatte damals weniger als 10.000 Einwohner, deren »Lebensweise von Wohlhabenheit, Reichtum und Sinn für alles Schöne zeugte«.2 Unter solch günstigen Verhältnissen entstand nach italienischen Vorbildern schon im Jahre 1693 Academia operosorum3 als eine Gesellschaft der Gelehrten, Philologen und Literaten. Ihr Gründer war der Domprobst Janez Krstnik Prešeren (1656-1704), poeta laureatus der Wiener Universität, der in Ljubljana gleichgesinnte Menschen mit hoher Bildung wie Theologen, Juristen, Ärzte und andere versammelte. Jedes Mitglieder der Akademie erhielt seinen eigenen lateinischen Name; Prešeren war „Resolutus“ – der Entschlossene. Alle Mitglieder schrieben ihre Werke in lateinischer Sprache. Einer der fleißigsten Mitarbeiter hat sich Janez Gregor Dolnièar. Weitere bekannte Mitglieder waren der Arzt Marko Gerbec, seit 1712 der Vorsitzende der Akademie, der Numismatiker Janez Štefan Florjanèiè (1663-1709), der Mitbegründer der Philosophischen Fakultät in Ljubljana im Jahr 1703, und Joannes Rudolphus Coraduzzi (1663-1717). Dessen Werk waren die Statuten Apes academicae operosorum Labacensis, sive institutum, leges, scopus, nomina et symbola novae academiae sub apum symbolo Labaci adunatae aus dem Jahr 1701, dem Jahr der Entstehung der Academia 40 PRIMO KURET (1935) 1 Adam Sebastian Siezenheim, Zucht-Spiegel der Adelichen Jugendt. München 1659. Das Buch erwähnt auch Janez Höfler, Glasbena umetnost pozne renesanse in baroka na Slovenskem, Ljubljana 1978, S. 107. 2 Emil Bock, Die Philharmonische Gesellschaft in Laibach 1702-1902, Laibach 1902. S. 7. 3 Janez Höfler, siehe Anm. 1, S. 108. philharmonicorum. Domdechant Jurij Andrej Gladich, Operose Inermis (der Ungeschützte) genannt, war z.B. ein Dichter.4 Von den Mitgliedern der Academia kam die Anregung für die Gründing der ersten öffentlichen Bibliothek in Ljubljana und den Bau des neuen Domes. Auch die Laibacher Academia operosorum war ähnlich wie die Akademien in Italien ihrem Wesen nach eine gesellschaftliche Vereinigung zum gemeinsamen Denken und Austausch von Ideen. Die Academia war also ein Verein von Menschen, »die ihr Leben der elementaren Kraft des Geistes unterordnen. […] Sie treibt nur die eigene Initiative, den eigenen Auftrag. Die Akademie wird von der Aktivität und der Triebkraft Einzelner oder des Einzelnen getragen«.5 Die Academia philharmonicorum labacensis wurde im Jahre 1701 gegründet, hatte aber mit ihrer Tätigkeit schon vorher begonnen, wie die erhaltenen Leges und die Chroniken den Chronisten Janez Gregor Dolnièar (Thalnitscher)6 und Carl Seyfried Perizhofer7 beweisen. Sie schloß sich eng an Academia operosorum an und »verherrlichte jedes Fest, jede Feierlichkeit, jedes politische Ereignis durch ihre musikalischen Leistungen, so wie sie sich auch die Aufgabe gestellt hat, die allgemeine Geselligkeit durch Veranstaltung von allerlei Festlichkeiten zu heben und zu befördern«.8 Auch die Academia philharmonicorum besitzt ihre Vorbilder in Italien, wo solche Akademien schon vor der Mitte des 16. Jahrhunderts entstanden waren. Für junge Krainer Patrizier, die an den italienischen Universitäten studierten, mußten Accademia degli Arcadi in Rom und die beiden Akademien in Bologna besonders gewesen sein. Gerade mit der römischen Academia degli Arcadi haben die Krainer Intellektuellen engeren Kontakt gehabt, und im Jahre 1709 wurde in Ljubljana sogar eine Expositur der römischen Academia, die Accademia Emonia gegründet. Im mitteleuropäischen Raum war aber die Laibacher Academia philharmonicorum die älteste. Die Seele der Unternehmung war Johann Berthold Höffer, ein Krainer Patrizier und erster Direktor der Vereinigung mit dem Akademie-Namen Operose Devius (der Einsame). Er wurde am 24. Juli 1667 in Ljubljana geboren, seine Ahnen stammten aus Sachsen, sein Adelsprädikat war Höffern Saalfeldt. Höffer war seiner Ausbildung nach Jurist, bekleidete das Amt des Beisitzenden am Landesgericht des Herzogtums Krain zu Ljubljana und war als großer Musikfreund bekannt. Höffer besaß drei Häuser in Ljubljana, ein Schloß in Gorenjsko (Oberkrain), eine große Bücherei und ein Klavier »mit Fladerholz«.9 Bis zu seinem Tode am 15. Juni 1718 war er der Spiritus agens und der Motor der Vereinigung wie ihrer Tätigkeit. 41 Die Academia philharmonicorum Labacensis Musik für Hof und Kirche 4 Vgl. Slovenski biografski leksikon 1 (Ljubljana 1925-32), S. 214. 5 Vgl. Eberhard Preußner, „Akademie“, in: Musik und Geschichte und Gegenwart 1 (1949) Sp. 188-200, hier Sp. 190. 6 J. Gr. Thalnitscher, Annales Vrbis Labacensis. Das ist: Jahrs-geshihten. Von An: 1660. bis 1700. Continuiert von an: 1700. bis 1717. Ms. In der Bibliothek der Priesterseminars in Ljubljana. 7 Perizhofer in einem Brief von 22. 12. 1767: »Erstlich dass diese Academia unter dem Fundatore, und respective primo Directore Weyl: Herrn Johann Berthold von Höffern zu Salfeld, Landes, und Hof-Rechts Assesorn in Crain, Land Ständischen Mitglied Ritterstands im Jahr 1701. den anfang genohmen [...]« (Laibach, Slowenisches Staatsarchiv, Lit. A, Nr. 1, Vol. 1; vgl auch Janez Höfler, siehe Anm. 1, S. 109). 8 Friedrich Keesbacher, Geschichte der philharmonischen Gesellschaft in Laibach seit dem Jahre ihrer Gründung 1702 bis zu ihrer letzten Umgestaltung 1862. Laibach 1862. S. 9. 9 Emil Bock, siehe Anm. 2, S. 8. (Glede na leto omembe omenjeno glasbilo ni bilo „klavir“, temveè morda èembalo, spinet ali virginal, op. ur.) Bei der Gründung der Akademie im Jahr 1701 entstanden auch die Statuten, die sogenannten Leges Academiae Philharmonicorum Labaci Metropoli Carniolae Adunatorum. Im 1. Artikel wird das Ziel der Akademie definiert: Ihr Hauptzweck war die Unterhaltung ihrer Mitglieder durch harmonisches Musizieren (im Original: „harmonica [...] concertatione“). Ihr Symbol waren die Orgel der Hl. Cäcilia mit der Überschrift »Recreat, mentique perennia monstrat« (Poèitek daje, duhu pa neminljivost kae). Im 2. Artikel wurde erwähnt, daß die Mitglieder anfangs nur musikausübende Personen („musices Periti“), später aber auch Musikliebhaber („musices scilicet amatores“) waren, was auch das Wort »philharmonices« betont wurde. Die Zahl der Mitglieder war auf 31 begrenzt. Mitglieder waren neben den in der Musik bewanderten Dilettanten aus den Reihen des Adels auch Personen, die selbst nicht musizierten. Nach Bedarf wurden zusätzlich ch Berufsmusiker als Mitwirkende bei einzelnen Aufführungen beigezogen. Man mußte feierlich den Namenstag der Hl. Cäcilia feiern und zwar mit einer Messe, Vespern und Litaneien. Alljährlich mußte im Sommer eine öffentliche Musikaufführung veranstaltet werden mit abendlicher Wasserfahrt auf dem Laibachfluß.10 Einige Artikel beschrieben auch das Vorgehen, wenn ein Mitglied verstarb. Der letzte Artikel regelt die Verwaltung der Akademie: Sie wurde aus dem Direktor und seinem Stellvertreter gebildet – beide mußten den Chor wie die Akademie selbst leiten („uterque Chorum non minus as Academiam ipsam regendi gnarus“) –, weiters aus dem Ältesten, dem Kassier und dem Sekretär. Die neue Leitung der Academia mußte jedes Jahr am ersten Tag nach dem Namensfest der Hl. Cäcilia gewählt werden. Über die Entstehung von Academia philharmonicorum berichtet auch Dolnièars Annales urbis Labacensis und Epitome chronologica. Als Initiator der Akademie wird »Berthold J. Höffer bey deme sich 14 eingefunden, und den Schluss gemacht, und ihme zum directorem instituirt«, erwähnt. Weitere Angaben über die Tätigkeit der Academia philharmonicorum werden von dem wahrscheinlich letzten Direktor der Academia, Carl Seyfried Perizhoffer, aus dem Jahr 1767 übermittelt. Er schreibt – auch über Höffer: »Nachdeme derselbe bey Ruckkehr auß frembden Landen Alhro [!] in sein Vatterland als ein unvergleichlicher, und besonders in der Liute, und Theorbe virtuoser Delectant das Verlangen getragen, nach beyspiell anderer Landen unter dem Adel ein exercitium Musices zu introducieren, auch so viel ausgewürckett hat, das gleich andere in verschiedener Musique wol erfahne [!], so wol höchern, alß mindern stands jedoch noble Personen von Achtsamckeit mit Ihren Virtù sich darzu ganz gutwillig dargebothen so, daß nach der Hand ein ganzes Orgestrum [!], und ein vollkommener musical Chorus zusammen gebracht, sodann eine Academia Philharmonicorum ad exemplum Wälschlands benambset worden [...] Dieses Löbl. Exercitium Musices pflegte man nicht nur gebräuchlich in Domo Directoris, sondern auch anderwerts, als auf dem Laybach Strohm ad delectandos animos in publico zu begehen, so hat anbey auch öffters in denen Gotteshäußern mit eigenen Musical Choro die academia öffentlich sich hören lassen: welches letztere die Ursach ware, das selbe sich ein eigens fest, und zwar unter dem Schuz der heiligen Jungfrau, und Martyrin Ceciliae erwählet, wie dann solches an ihren einfallenden Nahmenstag bey denen Wohlehrwürdigen P:P Augustineren vor dem 42 PRIMO KURET (1935) 10 Ibidem, S. 9. Spitalthor alle Jahr noch immer bestmöglich beförderet wird; mit Beybehaltung des Gebrauchs eodem die die Renovationem Directoratus zu bewercken.«11 Die Academia war also eine Vereinigung für Adelige, die ihre Tätigkeit im Haus, in der Öffentlichkeit und in der Kirche mit eigenem Chor und Orchester ausübte. Leider kennen wir nicht mehr alle Namen der Mitglieder, obwohl Perizhofer ein Album der Mitglieder erwähnt. Wohl aber kennen wir einige Direktoren: neben Höffer, der im Jahr 1718 gestorben war, ist noch den Anwalt der krainischen Stände, Janez Jurij Hoèevar (1656-1714), zu nennen, der außer Litaniae Lauretanae die Musik für mindestens vier Schauspiele (Ericus disertus, 1712; Caecilia in et cum Valeriano de profano amore triumphans, 1713; Joseph Austriacus in Josepho Aegypto adumbratus, 1690; Magnamitatis belli et pacis arbitra, 1710) komponiert hat. Janez Gaspar Gošelj (Goshl) starb im Jahr 1716. Seine Kompositionen sind nur dem Titel nach bekannt (Missa cum instrumentis necessariis, Psalmi vespertini, Compositionum musicalium fasciculus). Janez Andrej Mugerle von Edelheim (1658-1711) beherrschte mehrere Musikinstrumente und wußte die Laute so kunstvoll zu spielen, daß er die Zuhörer in Verzückung versetzte. Andrej Konrad Siberau (1688-1766) studierte am Adelskollegium zu Parma Rechtswissenschaft und Musik. Seine Kompositionen Concentus sacri und Symphoniae a 2 violinis cum Basso wurden aufgeführt. Auch über das öffentliche Auftreten der Akademie gibt es einige Angaben: Den ersten Auftritt hatte die Akademie am 13. Dezember 1701 im bischöflichen Palais. Dolnièar berichtet, daß die Veranstaltung »inter tubarum et tympanorum clangores ac symphoniacos selectoris musices concertus« verlaufen ist. Die Belustigungen auf dem Laibachfluß spielten schon in alten Zeiten eine gewiße Rolle. Bereits im Jahre 1092 fand ein Schiffsrennen, im Jahr 1210 ein Schifferstecken statt.12 Die Wasserfahrten wurden im 18. und am Anfang des 19. Jahrhunderts regelmäßig abgehalten. Die geselligen Wasserfahrten auf dem Laibachfluß waren, in Verbindung mit der Musik, die Unterhaltung der Laibacher bis in die dreißiger Jahre des 19. Jahrhunderts. Bei solchen Geselligkeiten wirkten auch Philharmonici mit: »Am 30. Juli hat die Akademie der H. H. Philharmonicorum ihren ersten actum publicum am Wasser Stromb Laybach mit Feyerwerg solemniter gehalten, welchen actum zum sich die ganze Stadt zugeloffen und alle Schüff bis auf ein Dienst gehabt, auch nicht genug erfunden worden, die leuth zu bedienen.« Eine Regatta beschrieb „Operosus“ Jurij iga Pogaènik in klingenden lateinischen Versen und erwähnte verschiedene Instrumente wie Posaunen, Pauken, Violinen, „Liuten“, Flauten und Hörner.13 Am 3. Januar 1703 besuchte Ljubljana Prinz Eugen von Savoyen Ljubljana, und zu seiner Ehre wurde »extra schöne Musik« ausgeführt.14 Eine andere Quelle nennt diese Musik »die gewählteste, mit der der Prinz ergözt ward« - also eine Art Serenade, welche die Akademiker »dem edlen Ritter« dargebracht haben sollen.15 43 Die Academia philharmonicorum Labacensis Musik für Hof und Kirche 11 Vgl. Janez Höfler, siehe Anm. 1, S. 110. 12 Friedrich Keesbacher, siehe Anm. 8, S. 9. 13 Die Verse veröffentlichte auch Dragotin Cvetko, Academia Philharmonicorum Labacensis, Ljubljana 1962, S. 72. 14 Friedrich Keesbacher, siehe Anm. 8, S. 9. 15 Ibidem. Mit der Musik ehrten Philharmoniker auch das Andenken an den verstorbenen Kaiser Leopold I., und zwar am 8. und am 20. Juli 1705 in der Domkirche. Um die Skulptur des Kaisers war die Inschrift: »DefVnCto MonarChae in TrIstIs phILoharMonIa LabaCensIs Defert« angebracht. Der Chronist berichtet: »Der 20. Juli wurde durch die Akademie der H. H. Musikanten mit großer Solemnität und apparat angestellt und vollzogen. Die Hrn. Academici haben sonderlich Ehr aufgehebt mit dem Tuba oder Fernrohr, welches als das Dies irae, dies illa und zu der Tuba mirum spargens sonum kamben, erschröklich anzuhören war.« Eine interessante Angabe stammt aus dem Jahr 1707 (22. Avgust). Dolnièar berichtet über die Feierlichkeiten in der Domkirche, als mehr als 60 Musiker das Te Deum begleiteten: »[…] Das Te Deum intonirt wurden, welhes die Acad.: der herren Philo Harmonicorum mit einer exquititen music von mehr den 60 musicanten secundirt.«16 Noch feierlicher ging es bei der Einweihung des neuen Domes vom 8. Bis 15. Mai 1707 zu. Damals musizierten mehr als 50 Musiker unter der Leitung von Johann Berthold Höffer, der auch eine andere Veranstaltung als „Serenada“, vorbereitet hatte: »[…] inde Tubicinum et Tympanon chorum in turribus illuminatis magno incolarum applauso instituit.«17 Durch die Mitwirkung der Mitglieder der bischöflichen Kapelle erklärt es sich, daß die Akademie bei den oben erwähnten Feierlichkeiten im Dom mit 50 und 60 Musikern auftrat, wobei im besonderen Chor von Trompetern und Oboisten erwähnt wird („Tubicines non computando et Hautbois vulgo, qui speciales choros cobfecerant“) – die Zahl der Mitglieder der Akademie war schließlich auf 31 beschränkt. Im Dezember 1707 feierten die Laibacher Weihnachtsnovene (Novena Adventus Natalis Domini) in der Domkirche, wo unter den Klängen der Feldtrompeter und des Donner von den großen und kleinen Kriegsgeschützen der ambrosianische Lobgesang abgesungen wurde. Acht Tage später veranstaltete die Akademie der Philharmoniker als Zeichen ihrer Beglückwünschung und Freude in der Kirche Maria Verkündigung eine feierliche Messe und am Abend eine Art von Fackelzug. Wie wir sehen, hat die Academia oft an kirchlichen Feierlichkeiten teilgenommen – so z.B. am 15. April 1708 bei der Grundsteindlegung für die Kirche der Hl. Rosalie am Schloßberg: »Den 15. April ist der Grundstein der kürch der hl. Rosalia Jung. Patronin wider die leidige Sucht der pestilenz, durch ihre hochfürst. gd. Ferdinand, Bischof von Laybach, Coad. von Prag, bei einer vortrefflich Musik der Herren Academici Philo-Harmonicorum undter dem Trompeten- und Pauken-Schall, im Beyseyn einer Volkhreichen hohen und niederen Standesgemeinde gelegt.«18 Einen neuen Anlaß, in der Öffentlichkeit aufzutreten, bot den Philharmonikern die festliche Krönung Karl VI. zum Römisch-deutschen Kaiser am 24. Januar 1712. Auch die Geburt von Erzherzogs Leopold am 10. Mai 1716 wurde mit einer Wasserfahrt und am Abend mit einem Ball im Landhaus gefeiert: »Also erstlich frühe haben in der Domkirche bei einer trefflichen Musik von zwei Chören, Ihre fürstl. Gnaden allda pontificirt und bei dreimaligher Lösung der Stücke, desgleichen gegebenen Salve der Bürgerschaft und Läutung aller Glocken der Stadt das Te Deum intonirt, den ausbündigen Sermon hat der P. Jos. Franzl S. J. gemacht. Zu Mittag haben [...] den 44 PRIMO KURET (1935) 16 Vgl. Dragotin Cvetko, siehe Anm. 13, S. 60. 17 Ibidem, S. 83. 18 Friedrich Keesbacher, siehe Anm. 8, S. 10. gesamten hohen Adel [...] bei mehrmaliger Lösung der Stücke, und damit keine Stunde selbigen Tages ohne Freude abginge, hat die löbl. Akademie der H. H. Philo-Harmonischen, durch kluge Anordunung H. Johann Berthold v. Höffer, Patrizier, als ruhmwürdigen Fundatoren derselben, eine vortreffliche Regatta oder Schiffrennen anm dem Wasserstrom Laibach von neun Rennschiffen mit 2 Rudern, welche in 3 Klasses abgetheilt worden, angestellt [...] Die drei Klassen der Certanten unterschieden sich durch Farben. Also führte die Klasse Oesterreich, die das erste Best davon trug, roth und weiß, Krain blau und gelb, Laibach hingegen grünn und weiß [...] abendts geschahe die beleüctung, und ein Ball am Landthaus für den Adel, am Rathaus serenata, und Ball, dan absonderlich hat das hiesige Academische Collegium mit vorne auszihrung der vorhoffs ein musicalisches concert mit mehr Chören vorgestellt.«19 Es gibt noch mehrere Angaben über solche Veranstaltungen (z.B. am 16. Juli 1712 anläßlich des Besuchs vom Bischof Rabatta aus Passau, bei dem Philharmoniker »abends mit einer trefflichen Musik von zwei Chören« mitwirkten). Einige Jahre später können wir über den Besuch des Kaiser Karls VI. in Ljubljana Ende August 1728, nach dem Zeugnis Perizhofers in seiner Schrift Erb-Huldigungs Actus im Hertzogthum Crain (Laybach 1739), berichten: Als der Kaiser nach Ljubljana kam, begrüßten ihn die Feldtrompeter und Paukisten. In der Domkirche wurde ein Te Deum laudamus ausgeführt. Der Kaiser kam mit seiner Hofkapelle, die auch in der Domkirche bei der Festmesse mitwirkte: »[…] das Amt veni Sancte Spiritus, &c. unter der Kayserlichen Hof Music angefangen [...] Der Kayserliche Musical-chorus stunde in dem oberen Theil der Kirche gerad gegen dem Hoch-Altar über und zwar par terre in der Mitte.« Die Hofkapelle war in Ljubljana aus 5 Sängerinnen, 6 Sopranisten, 6 Altisten, 8 Tenoristen, 8 Bassisten, 2 Kapellmeistern, 2 Konzertmeistern, 8 Organisten, 1 Cembalist, 23 Violinisten, 1 Gambist, 1 Luthenisten, 6 Cellisten, 4 Posaunisten, 5 Fagottisten, 13 Trompetern, 1 Paukist und 1 Waldhornist vertreten.20 Wer in Laibach als Kapellmeister wirkte, ist nicht bekannt (im Jahr 1729 hatten diese Stelle Johann Josef Fux und Antonia Caldara inne). Nach der Messe wirkte die Hofmusikkapelle auch beim Festessen mit: »Die kayserliche Hof- und Capell-Music hat sich indessen unaufhörlich so lang hören lassen bis ihre Kayserl. Majest. etc. etc. das Mittagmal verbracht.«.21 Der Kaiser weilte danach einige Tage in Gorica (Görz) und kehrte daraufhin nach Ljubljana zurück. In Lipica hatte ihn Graf Orzzon »mit einer von Venedig bestellter Bande etlicher Virtuosen aufgewartet, welche mit ihrer Musicalischen Geschicklichkeit zu allergnädigsten Gefallen Ihrer Kayserl. Majest. etc. etc. die Bedienung gemacht haben«.22 Weiter berichtet Perizhofer über den Kaiserbesuch und Academia philharmonicorum in Ljubljana: »[…] Unter anderen Aufmerckungen solle aber auch dies alhier einen Platz verdienen / was massen die unter dem Titul der Heiligen Jungfrauen / und Martyrin Caeciliae anno 1700. zu Laybach aufgerichte / und ruhmwürdig annoch florierende Academia Phil-Harmonicorum alda zu einem Merchzeichen ihrer allerunterthänigsten Devotion sich dahin unterfangen habe / vor Ihro Kayserl. Maj. etc. 45 Die Academia philharmonicorum Labacensis Musik für Hof und Kirche 19 Ibidem, S. 11. 20 Dragotin Cvetko, siehe Anm. 13, S. 110f. 21 Dragotin Cvetko, S. 111 nach Carl Seyfried von Perizhofer auf Ehrenhaim, Erb-Huldigungs Actus im Herzogthum Crain, Laibach 1739. 22 Ibidem. etc. mit einem completen Musical-Chor zu erscheinen; und wie zumal Seine Excellentz Herr Johan Caspar Graf von Cobenzl / wirklicher geheime Rath / und Obrist-Cammerer in diser Gesellschaft / als ein fürnehm- und ansehliches Mit-Glied längst bevor inbegriffen stunde / hat dises Vorhaben um so mehr Nachdruck überkommen / zu malen hochgedachter Minister nichtt unterliesse / es in Voraus Ihro Kayserl. Majest. etc. etc. allerunterthänigst zu eröffnen […].«23 Die Philharmoniker spielten später noch einmal für den Kaiser. Perizhofer erwähnt, daß die Academia in dieser Zeit florierte, obwohl umfassende Dokumentation aus dieser Zeit fehlen. Wohl aber wissen wir über die Aufführungen von zwei Oratorien im Jahr 1730. Das erste war Die gehemmte Reiss Francisci Xaverii / in das Königreich China / […] in die Music übersetzet / Von R. D. Georgio Kurold, Presbytero, ex Seminario SS. Donationi & Rogatiani, SS. Canonum auditore. Erhalten ist nur das Titelblatt. Der Komponist Kurold (Kuralt) war aus Kranj (Krainburg) gebürtig. Das zweite Oratorium war Joannes in eodem / Das ist: Der im Leben und Todt unveränderlich-beständige Liebhaber Gottes und der Kirchen Heiliher Joannes von Nepomuck von Johann Georg Reutter, wurde am 18. November 1730 in der Domkirche zu Aufführung gebracht. Sehr wahrscheinlich wurden die beiden Oratorien von der Mitgliedern der Academia philharmonicorum aufgeführt. Auch Johann Berthold Höffer (1667-1718) komponierte Oratorien. Er studierte in Salzburg und Wien.24 Dolnièar berichtet in seinem Werk Bibliotheca Labacensis publica über vier Oratorien, die alle zwischen 1715 und 1716 entstanden sind: Magdalenae conversio – oratorium musicis adaptatum concentibus – »ein schönes Oratorium von trefflicher Musik«, Mors et vita – melodramaticales Oratorium, Patientia victrix in Amico Job und Lilicon; von diesen wurden zumindest das erste (1715) und das dritte (1716) in Ljubljana aufgeführt. Über die Aufführung von Patientia schreibt Dolnièar: »Zur H-fasten zeith als den 23. war allhier in neü aufgeführten Comende Kürche T:Q:Q: ein vortreffliches musicalisch Oratorium mehr dan von 30 stümmen vocal, und instr.: intituliert Jobi patientia, in beysein des bischof, fürstl. gn. fürsten von Auersperg, gesambten hoch Adel, und allerley standts perschonen, mit ruhm vorgestelt.«25 Wie diese Oratorien musikalisch angelegt waren, wird jedoch nicht gesagt. Das erhaltene Libretto des Oratoriums Patientia victrix in Amico Job zeigt, daß die Musik dem Vorbild des zeitgenössischen italienischen Oratoriums folgte. Oratorien schrieb nach Dolnièar auch Michael Omerza (1679-1642), der in Ljubljana und Wien studiert hatte. Dolnièar erwähnt fünf Oratorien, und zwar die religiösen Schauspiele Diva Magdalena poenitens (1709), David deprecans pro populo (1713) und Pastor bonus (1710), das als Melodrama bezeichnete Stück Mater dolorosa (1711), sowie Christus bajulans crucem (1712).26 Alle Oratorien von Höffer und Omerza sind nicht erhalten geblieben. 46 PRIMO KURET (1935) 23 Ibidem, S. 112 nach Perizhofer, Erb-Huldigungs Actus im Herzogthum Crain, Laibach 1739, 66. 24 Über den Höffers Tod berichtet auch Friedrich Keesbacher, siehe Anm. 8, S. 12: »Den 15. Juni 1718 ist Herr Berthold v. Höffer am hitzig Fieber sanft in dem Herrn endtschlafen, seines Alters im 51. Jahr, mit großem Laydt aller hoch und niedern Standts Perssonen der Stadt und des ganz Landes wegen seiner sonderlich raren und grossen qualitet. Er war einer rechtschaften Staturm Schön und wohl gestaltet. Eines ausbündig großen Verstands freundlich in conversiren, höflich und holtselig in red, dahero er alle Gemüther an sich gezogen und von allen ankombenden Forestieren besucht worden, von hohen Adel in grosser estim gehalten […]«, 25 Vgl. Dragotin Cvetko, Musikgeschichte der Südslawen. Kassel–Maribor 1975, S. 109. 26 Vgl. auch Janez Höfler, siehe Anm. 1, S. 119ff. Die letzte Angabe über die Academia philharmonicorum stammt aus einem Testament (von Wallensperg) aus dem Jahre 1769.27 Das Musikleben in Ljubljana haben vor der Gründung der Academia philharmonicorum verschiedene Adeligen- und Domkapellen bestritten. Die Academia ist unter italienischen Einflüssen entstanden und war inbesondere in den ersten Dezennien des 18. Jahrhundets sehr aktiv und erfolgreich.28 Ihre Inhaber waren auch in Ljubljana »erlesene Minderheit«, sie wollten dem Stand und der Zeit entsprechend Träger einer bestimmten Kultur wie von Bereichen der Kunst und Wissenschaft werden. Sie glaubten, daß sie die Tradition des alten römischen Emona, das auf dem Boden des heutigen Ljubljana entstanden war, fortsetzten konnten. Noch wichtiger war die neue Mentalität, die für die Patrizier charakteristisch war und die sie miteinander pflegten. Sie waren – wie überall – eine Vereinigung gleichgesinnter, ambitionierter und tüchtiger Patrizier, die mit ihrem Vorbild auf andere eingewirken versuchten, um sie für ihre eigenen Ziele zu interessieren und heranzuziehen. Ihre Aufgabe war insbesondere »exercitium inter parietes«, also das Musizieren für den auserwählten Kreis (darum gibt es auch so wenig Angaben!) und erst in der zweiter Linie der »actus publici«. Als die Gründer und Träger der Akademie gestorben waren, ging damit auch deren Tätigkeit zum Ende. Die Academia philharmonicorum in Ljubljana war ein typischer „Kind“ ihrer Zeit. Die Tätigkeit der Akademie war in den ersten drei Jahrzehnten ihres Bestehens am regesten. Aber später hatten sich die Zeiten geändert und forderten andere Formen der Musikveranstaltungen. So entstand im Jahre 1794 – und zwar aus ganz anderen Gründen – die Philharmonische Gesellschaft, die als Nachfolgerin der Academia philharmonicorum zu werten ist. Objavljeno v: Die Wiener Hofmusikkapelle II. Krisenzeiten der Hofmusikkapelen. Herausgegeben von Elisabeth Theresia Fritz-Hilscher, Hartmut Krones, Theophil Antonicek. Wien – Köln – Weimar, Böhlau Verlag, 2006. Str. 87–97. 47 Die Academia philharmonicorum Labacensis Musik für Hof und Kirche 27 Dragotin Cvetko, siehe Anm. 13, S. 142. 28 Viktor Steska, Academia Philo-Harmonicorum v Ljubljani. Ljubljana 1902 (Dom in svet XV); Primo Kuret, Slovenska filharmonija – Academia philharmonicorum 1701–2001. Ljubljana 2001, sowie ders., Ljubljanska filharmonièna druba 1734–1919. Ljubljana 2005. Povzetek Academia Philharmonicorum Labacensium Glasba za dvor in cerkev Academia philharmonicorum, prvo glasbeno zdruenje na Slovenskem, je bila osnovana leta 1701 v Ljubljani po vzoru italijanskih zdruenj in je bila nosilka glasbenega baroka. Spodbudo za njeno ustanovitev je dala nekoliko prej ustanovljena Academia operosorum, katere èlan je bil tudi Johann Berthold Höffer, utemeljitelj Academie philharmonicorum in njen prvi umetniški vodja. Skladno s pravili je štela 31 èlanov plemiškega in mešèanskega stanu. Njen namen je bil gojiti glasbo, s katero se je ljubiteljsko ukvarjalo domala vso èlanstvo. Èlani zdruenja, inštrumentalisti in pevci, so ob velikih dogodkih nastopali pomnoeni z neèlani. Na takšno prakso kae tudi podatek za leto 1707, ki pove, da je Academia philharmonicorum ob posvetitvi ljubljanske stolnice nastopila z veè kot 50 izvajalci. S svojimi glasbeniki je akademija redno sodelovala ob raznih cerkvenih in posvetnih slovesnostih, za najpomembnejše dolnosti pa je štela proslavo godu svoje zavetnice sv. Cecilije, ki ga je vsako leto obeleila s koncertom na veèerni vonji po Ljubljanici. O programu ljubljanskih filharmonikov zaradi pomanjkljivega gradiva ne vemo veliko, gotovo pa so izvajali razlièna instrumentalna in vokalno-instrumentalna dela (npr. oratorije) razliènih avtorjev, med njimi tudi skladbe domaèih glasbenikov, kot so bili Höffer, Janez Gaspar Goschell, Andrej Konrad Siberau, Michael Omerza idr., Academio philharmonicorum, ki je bila najbolj dejavna v èasu, ko jo je usmerjal Höffer, njeni dejavnosti pa redno sledimo do leta 1769. (Edo Škulj) 48 PRIMO KURET (1935)