f ii r Vaterland, Kunst, Wissenschaft und geselliges Leben. Mr 77« 8lTN»8tiA3 ÄSN 23. ^pto«n«>Sr. KG48. Die nationale Insel der Wenden. I,u« dem Stuttgarter ,Mc>rgcnblattc." <Äuf der Gränze zwischen Sachsen und Preußen liegt ein wunderbares Ländchen, es heißt die Lausitz. An Umfang hat es etwa siebzig Gevierimeilen; es wird von der Spree durchflossen, die, in ihrem obern Lauf noch nicht schiffbar, ei. nen fast schnurgeraden Weg von Süden nach Norden nimmt und erst gegen die nördlichen Gränzen der Lausitz sich gegen Westen wendet. — Dieses Ländchen ist merkwürdig, nicht etwa wegen seiner besondern geographischen Eigenthümlichkeiten, sondern weil es eine n ationale In sel bildet. Inmitten Deutschlands gelegen, wird es von einem nichtdeutschcn Volksstamme bewohnt, von Slaven. Sie werden von den Deutschen Wenden genannt, sie selbst aber kennen diesen Namen in ihrer Sprache nicht, sondern nennen sich im südlichen Theile des Ländchens oder der Oberlalisitz Serben, in der nördlichen Niederlausitz dagegen Sersken.—-Aus der Geschichte der Völkerwanderung ist es bekannt, daß im Anfang des sechsten Jahrhunderts (gewöhnlich wird das Jahr 528 angenommen,) slavische Völkerschaften von Osten her bis nach Mitteldeutschland gedrungen und den Hermunduren oder Thüringern in ihre Sitze nachgerückt sind. Noch bis auf die heutige Stunde findet man Spuren davon in der Gegend von Braunschweig, im Meißen'schen, Anhalt'schen und der Mark Brandenburg. Fast ein Jahrtausend sind sie hier das herrschende Volk gewesen ; erst im Jahr 1327 hörte man in Leipzig auf, slavisch ,u sprechen. Von nun an aber drang das germanische Element unaufhaltsam wieder nach Osten vor und unterwarf sich theils durch das Schwert, theils durch diplomatische Künste, ganz besonders aber durch die unwiderstehliche Macht höherer Cultur einen Strich nach dem andern. Die Slaven zogen sich entwe-der wieder nach ihren östlichen Ursitzen zurück, oder sie wurden völlig germanisirt. In einzelnen Gegenden indeß blieben sie als Unterworfene massenhaft ansässig, und hielten dann fest an Sprache, Sitten und Ueberlieferung der Vorältern. — So die Wenden der beiden Lausitzen. Ihre Zahl beläuft sich auf 164.000 Seelen, die in 739 Ortschaften (Städten, Flecken, Dörfern, Weilern :c.) ansässig sind. Nur kleinere dieser Ortschaften haben eine rein wendische Bevölkerung, in den Städten ist das Verhältniß der Wenden zu den Deutschen gewöhn- lich, wie drei zu sieben. — Die bedeutendsten Städte der Lau-sitzen, in denen die Wenden gegenwärtig in ansehnlicher Zahl sich noch finden, sind in der Oberlalisitz die sächsischen Städte: Bautzen, Löbau, Kamrnz; die preurischcn: Hoierswerda, Ro-thenburg (Görlitz), Wittichenau, Muskau; in der rein preußischen Niederlausitz: Drebkau, Spremberg, Kottbus, Senf-tenberg, Peitz, Vetschau. Nach Böhmen zu werden sie wie von einem deutschen Gürtel umgeben, so daß, da sie von Polen und dem slavischen Oberschlesien gänzlich getrennt sind, ihr Ländchcn allerdings als nationales Eiland bezeichnet werden darf. Vereinzelt finden sich Wenden noch außerhalb dieser Insel in den nahe gelegenen Städten, ja solche sporadische Erscheinungen kommen noch unweit Berlin vor. , Die Wenden haben durchschnittlich viel religiösen Sinn und sind steißige Kirchgänger. Sie gehören der überwiegenden Mehrzahl nach der evangelischen Confession an. Man zählt l53.009 Evangelische unter den Wenden, und nur ll.000 Katholiken. Die Katholiken sind sämmtlich in der Oberlausitz heimisch. Von religiösem Zwiespalre hört man wenig. — Auffallend ist es, daß die Sprachen der Oberwcnden und die der Niedcrwenden dialectisch so verschicken sind, daß sich die ungebildeten Bewohner beider Landesstriche nur mühsam verstehen. Das Oberwendische ist dem Böhmischen, das Niederwendische dem Polnischen verwandter. Selbst in der Ortographie unterscheiden sich beide. Dagegen ist beiden gemeinsam eine eigenthümliche Verwandtschaft in der Vocalisation mit dem Russischen, die so stark ist, daß während der Freiheirskn'ege die durchziehenden russischen Truppen an ihrer Sprache als eine den Wenden verwandte Nation sogleich erkannt und liebevoller behandelt wurden, als irgend eine andere Truppen schaar. Wie sich die Wenden in ihrer Sprache einen andern Namen beilegen, als den von den Deutschen ihnen gegebenen, so benennen sie auch die Ortschaften, in denen sie ansässig sind, mit echt slavischen, von den deutschen grundverschiedenen Namen. Solche echt slavische Ortsnamen haben sie abcr auch für viele Städte und Dörfer, in denen sie jetzt nicht mehr heimisch sind, und dieselben weisen anf ihre frühere weitere Ver-breitung dahin. So sagen sie Komorow für Senftenberg, Wo-jerjecy für Hoierswerda, Bukecy für Hochkirch, Nowa was für Neudorf, Grodk für Spremberg, Grabin für Finster-wald, Nukow für Liebeuwerda, Wikow für Elsterwerda, Zelm 306 (das z hier wie das französische j) für Baruth, Paisk für Köuigswusterhailsen bei Berlin, Cyudowina für Mittenwald bei Berlin, Bukowina für Wendisch-Buchholz. Bei andern Namen hört man, >rie die slavische Bezeichnung die ursprüngliche ist, aus welcher die Deutschen später die gegenwärtige Benennung als die ihnen mehr mundrecht erst gemacht haben. So ist das deutsche Lö'bau aus dem windischen Lubij geworden, Kcrbus aus Choschjebus, Dahme aus Damna, Leipzig aus Lipsk, Dresden aus Drazdzany (z hier wie das französische j, und dz wie osch), Meißen aus Mischjno, Guben aus Gubin, Kressen aus Krosyn, Bautzen aus Budeschin oder Budiffin. In socialer Beziehung gehören sie meist den niedern Ständen an. Die Dienstleute, namentlich die weiblichen, sind sowohl in den Städten, als auf dem Lande der überwiegenden Mehrzahl nach Wenden. In den Städten betreiben sie die niedern Handwerke; da sie aber durchgängig außerordentlich fleißig und rührig sind, erwerben sie viel, und manche tragen Sammt und Seide in ihrer eigenthümlichen wendischen Tracht. Und auch in dieser verleugnen sie ihren slavischen Charakter nicht, namentlich in der Wahl der Farben. Je greller, blendender, in's Auge fallender die Farben, desto lieber wählen sie dieselben, so sehr, daß unter den Deutschen der größeru Städte bei Bezeichnung der Farben der Ausdruck »wendisch" so viel bedeutet als geschmacklos bunt, oder wenigstens gar zu bunt. — Ihren slavischen Charakter verrathen sie auch als Soldaten, überhaupt in ihrem Benehmen gegen Feinde. Sie sind wild und grausam, versteckr und hinterlistig. (?) Ein fast nur aus Wenden zusammengesetztes sächsisches Dragonerregiment im Dienste Napoleons soll bei den Franzosen den Beinamen der sächsischen Schlächter (l)0llt:l>6i« «»xnn») gefühlt haben. Einer ihrer Landsleute, Schmaler, der die Volkslieder der Oberlausitz sorgfältig gesammelt und herausgegeben hat und ein warmer Vertheidiger der Wenden ist, sagt in seinem Buche: Man erzahlr, daß in jenen Zeiten der Verfolgung sie in versteckten Winkeln, zusammengerollt in einem der Menschengestalt fast nicht mehr ahnlichen Klumpen, Stunden lang unbeweglich gelauert haben, um die rechte Zeit abzuwarten, dem drängenden Feinde Schaden zuzufügen; daß mit einem Rohr im Munde, um Luft zu schöpfen, sie ganze Tage hindurch im Wasser unbeweglich gelegen. ( S ch l u ß f o l g t.) Die russischen Verbannten Aus dem neuesten Werke Carl Andree's; „Deutsche Aeisende der neuern Ieit." (Schluß.) Eines Abends trat ein Mann ein, der einen Kaftan trug, wie die sibirischen Bauern. Er zeigte einem seiner Freunde mit Freudigkeit eine Banknote von fünf Rubeln, die er so eben verdient hatte. Erman erkannte ihn gleich für einen Europäer, aber es ergriff ihn tief, als er auf die Frage nach seinem Herkommen und seinen Schicksalen mit slavischer Betonung, halb scherzend und doch bedeutungsvoll, entgegnete: «In finer Nackt, w? Gtorm und Wetter rasen! Entgläüzt ein Lickt von einer Grabesflur. D»l Stürme Wuth versucht' es auszublns.n. Es lischt, — jedoch auf Augenblicke nur!" Der Mann hieß Rajewski und hatte als Oberst in der russischen Artillerie gedient. Während der Umtriebe im Jahre 1826 war er nach Sibirien verbannt worden, weil er aufregende Ansichten in einer Soldatenschule verbreitet hatte, welcher er damals vorstand. Es bleibt auffallend, das; die meisten Theilnehmer an der letzten russischen Revolution dichterische Gaben besaßen. Rajewski sprach mit Begeisterung von Zach arias Werner, an dessen Versen er sich tröstete und erwärmte. Von den sogenannten »Unglücklichen des 14. December" leben die zur Zwangsarbeit Verdammten in dem Dorfe Tschita, jenseits des Baikal, an der Ingoda, und an dem Wege von Werchnei-Udinsk nach Nertschinsk. Bergwerke gibt es dort nicht; um Jene nach dem Buchstaben des Urtheils zu beschäftigen, war deßhalb eine Schleifmühle errichtet worden, in welcher sie arbeiteten. Sie besaßen eine Büchersamm. lung, und in dieser außer andern deutschen Werken, auch jene Schiller's. Andere „Umtriebler" leben im öenathala und in Iakutsk. Manche werden begnadigt, d. h. sie dürfen als gemeine Soldaten am Kaukasus gegen die Gebirgsvölker dienen. In frühern Zeiten wurden schweren Verbrechern, bevor man sie aus Europa nach Sibirien abführte, die Nasenflügel aufgerissen. Diese Bezeichnung der mit der Knute Bestraften soll jetzt nicht mehr üblich seyn. Es ist ein breiter, kreisförmiger Einschnitt in dem Unterrande eines jeden Nasenflügels, wodurch das Gesicht einen widerlich listigen Ausdruck erhält. Ueberdies; wurde den Verbrechern das Wort ,>Wor" —Dieb — in die Stirnhaut gebrannt. »Eines Abends," erzählt Erman, »als viele Jakuten in Iakutsk meinen astronomischen Beobachtungen zusahen, überraschten mich in der Finsterniß französische Worte und die Frage eines Mannes: ob wir uns sehen wollten, obgleich er Bestuschew heiße. Ich beseitige seinen Zweifel mit dem Sprichworte der Kosaken: daß zwar die Berge stehen, alle Menschen aber mit einander umgehen sollen und erfreute mich darauf in meiner einsamen Wohnung eines ergreifenden Gesprächs. Man hatte Verhärtung oder stoischen Gleichmnth von einem Manne erwarten können, der aus den Freiheitsträu-men fast augenblicklich durch Ketten und im Kerker geweckt wurde und dann, seit lange auf den schmachvollsten Tod gefaßt, die Verbannung als eine Wohlthat empfangen hatte. Hier hatte aber ein solcher in Zügen, Wort und Gestalt alle Frische der Jugend und den Glanz eines edlen Talentes bewahrt. Er gestand mir, daß die Fröhlichkeit des Gemüthes wider seinen Willen stets neu in ihm erwachte, denn er sollte doch billig von dem Gewichte der Vergangenheit und einer hoffnungslosen Zukunft erdrückt seyn, fühle aber dennoch Liebe für das Gegenwärtige, und Muth, es zu genießen." Alexander Bustuschew hatte zu denjenigen gehört, welche das russische Volk plötzlich von der Leibeigenschaft zu einer Verfassung erwecken wollten. Er war am l4. December 1826, als der Aufstand mißlang, verhaftet worden, hatte erst 307 'n Petersburg und Finnlaud Ketten getragen und sich spater m Iakutsk Aller Herzen gewonnen. Die Sibirier und Jakuten liehen im Pferde und begleiteten ihn auf die Jagd; er besaß eine Hütte und Bücker, und unter denselben Göthe's Faust; er wollte den Rest seines Lebens dein Studium der jakutischen Sprache widmen. Bald nachher wurde er „begnadigt," d. h. er durfte als Gemeiner in die Kaukasus-Armee eintreten. Dort dichtete er unter dein Namen Marlinky, und fiel, von einer Tschcrkessenkugel durchbohrt. Unfern vom Eismeer sind die Blüthen des czaarischen Hofes und Heeres unter den, Schnee von Beresow vergraben, und über den Charakter der Günstlinge Peter's des Ersten können auch jetzt ergänzende Nachrichten aus der mündliche« Chronik der Beresower gesammelt werden. Denn man spricht dort bis auf diesen Tag noch von Ost ermann, D o l-goru koff und Menscht schikoff, welche zu Beresow ge. meinschaftlich ihr denkwürdiges Leben in noch seltsamerer Verbannung beschlossen. Auch der Körper eines dieser Männer wurde nach zweiundneunzig Jahren zur Auferstehung gebracht. Von Menschtschikoff wußte man, wie er nach seinem politischen Tode durch gottesfürchrige Buße sich zum leiblichen bereitet habe. An der kleinen und verfallenen hölzernen Kirche, welche am Südende der Stadt, dreißig oder vierzig Fuß über dem Ufer des Soswa, erbaut ist, hat er eigenhändig gearbeitet, dann in ihr als Glockenzieher gedient, und ist endlich von den erkenntlichen Beresowern dicht vor der Thür dieses Gebäudes begraben worden. Die ohne jedes Abzeichen, nur durch Ueberlieferung kenntliche Ruhestätte blieb unberührt bis !82l. In diesem Jahre gelangte die Kunde davon zu dem damaligen Statthalter von Tobolsk, Kamensky, der Menscht-schikoff's Leben beschrieben batte. Er ließ nachgraben; man fand den Sarg von damals gefroruem Erdreich umgeben, den Inhalt desselben aber so völlig unverändert, das manche Klei.-dungsstücke, die Augenbrauneu und das Herz an die Familie des Verbannten geschickt werden konnten. Feuilleton. Verkaufs-Unfug in Oaibach — Darf ein Ge werbsmann, der neben seinem Gewerbsparent kein Handlungspatent har, nach Recht und Gesetz auch andere Gegenstände zum Nachtheil anderer Gewerbetreibenden öffentlich verkaufen, als nur solche, die er selbst erzeugen kann und die in sein Fach einschlagen? Wir glauben mit einem entschiedenen „Nein" antworten zu sollen. Und doch sieht man seit einiger Zeit, besonders bei den Handschuhmachern, mehrere Artikel, die offenbar " ich t in ihr Gewerbe einschlagen. Dieß ist ein Unfug, dcr Rüge Verdient und abgestellt werden sollte. Vtuster einer hochmuthissen, ssroben Wirthin— Was das schöne, hochromantische, mit einem Worte: unvergleichliche Veldes so manchem Besucher von Nah und Fern perleider, ist die classische Aufgeblasenheit und Grobheit der dorcigcn Gastgeberin Petra nka. Von allen Seiten hört mau Beschwerden von Fremden und Einheimischen darüber. Geld und gute Worte helfen nichts, wer der gestrengen Frau Gast-wirthiu nicht zu Gesichte steht. Möchte diese Wirthin doch be-deukeu, daß sie von den Gästen lebt, und nur durch sie ihr Vermögen sich gesammelt hat. Wenn uns noch eine Beschwerde über ihre sprichwörtliche Grobheit einläuft, so werden wir mehrere Anecdoten von ihr zu Besten geben, die das eben Gesagte treulichst bestätigen sollen, und die uns von sehr acht-barn Personen erzählt worden sind. Zwei sehr abstechende Sontraste. — Iu einer ziemlich ansehnlichen Pfarre unweit Laibach fällt jedem Reisenden, der sich im Orte umsieht, sogleich der wirklich groß?, zwei Stock hohe Pfarrhof in die Äugen, der fast wie ein Schloß aussieht. Wenn aber der Reisende seinen Fuß in die Kirche leukt, so wird er von der Aermlichkeit des Kirchleins eben so überrascht. Besonders zieht der rechts stehende Alrar des heil. Andreas den Blick auf sich. Das Altarbild weiset dem Beschauer faustgroße Löcher. Wir wollen den Ort nicht nennen, weil wir nicht wissen, an wem hier die Schuld liegt, aber wir bitten die Insassen, sich dieses Zustandes des heil. Andreas erbarmen zu wollen. — Das k. k. Postamt in Podpetsch — nimmt sich die Freiheit, die von Laibach dort einlangenden, für die Abonnenten der Umgegend bestimmten Zeitungspaquete ohne Umstände zu öffnen; ja diese Freiheit ging neulich so weit, daß es die besondere Beilage zur „Laibacher Zeitung" vom 5. September, die allen Eremplaren beigcgeben wurde, eigenmächtig herausnahm und sie nicht allen Abonnenten zukommen ließ. Der Redacteur dieses Blattes hat sich in Kraxen beim Herrn Tautscher, Nealitätenbesitzer, von diesem UiNuge selbst überzeugt uud hievon auch bereits mündlich der löbl. Oberpostamts-Zeitungs-Expedition in Laibach Meldung erstattet. Zur Ghre des Bartes. — Seit den Märztagen ist es auch jedem Oesterreicher gestatter, sich als Mann zeigen uud die ihm zu diesem Ende gewordene natürliche Auszeichnung, den Bart, tragen zu dürfen. Selbst Ferdinand der Gütige, unser constitutioneller Kaiser, und der allverehrte Erzherzog Reichsverweser gestatten dem Wachsen ihres Bartes die Freiheit und zeigen zugleich, wie gut und nöthig es in neuester Zeit ist, Haare auf den Zähnen zu haben. — Ehrfurcht gebiethend sehen wir selbst au Gott geweihten Orten den Mann mit vollem Bart abgebildet, und nicht ohne Bedeutung ist die Sehnsucht nach dieser die Mannbarkeit beurkundenden Auszeichnung des sich selbst bewußtwerdenden Jünglings, der überall Männer als Muster von Tugend, Größe und Aufopferung geistlichen und weltlichen Standes, ja selbst die Heiligen seiner Kirche mit Bärten geziert erblickt und zugleich in der Schule erfährt, daß es eine Zeit gegeben hat, wo das Abschneiden des Bartes als eine der entehrensten Stafen betrachtet und der Mensch dadurch zum Sclaven gestämpelt worden ist. — Nicht ganz ohne Grund wird daher in der Gegenwart die Vermuthung laut, daß alle Jene, die als Sclaven der Mode oder sonstiger Verhältnisse fortfahren, mit glatten Gesichtern einherzu-gehen, Freunde des Beschneidens sind. Erhält die so eben besagte Vermuthung noch mehr Gewicht, was in der gegenwärtig so sehr bewegten Zeit keineswegs zu den Unmöglichkeiten gehört, und wird diese nichts weniger als erfreuliche Meiuung allgemeiner, dann dürfte es wohl au der Zeit und mit Zuversicht zu erwarten seyn, daß die liebenswürdigen Frauen als Ver-mittlerincn auftrerteu, und zur Vermeidung jeder Unannehm-lichkeit, wenn auch nur stillschweigend die Erklärung beiahen, nämlich, daß nur vollkommen cmsgebildete Männer achtuugs-und lic'benswerth sind. Der Neichsverweser in seiner häuslichen Gin- richtnng. — Mau schreibt aus Frankfurt: Der Reichsverweser hatte es am letzten Sonntag vermieden, einen für ihn bestimmten Extrazug der Eisenbahn nach Mainz zu benutzen, und vorgezogen in der Stille um 9 Uhr abzufahren, denn er macht nicht gern Aufsehen; die Leute laufen ihm gleich nach, wo er sich blicken laßt und das liebt er nicht. — Man erzählt sich 308 eine Anecdote von der patn'archalischen Einfachheit der Frau Reichsveriveserin. Sie soll sich zwei Mägde selbst gedungen und ihnen gesagt haben, sie bekämen jede 30 fi. Lohn und eine neue „Joppen," ein neues Hemd und ein Paar Strüm-pfe und Schuhe. Vermuthlich die Sitte von Steiermark. Der Erzherzog Johann hat das Hotel de Nufsie auf die Zeit verlassen und eine mehr ländliche Wohnung vor dein Bocken-heimer Thore bezogen. Er scheint sich für den Winter das alterliche Haus der Frau v. Wessenberg, der Freundin von Frau v. Brand Hof, in der Eschenheimer Straße, das sehr sch'ön von Paris montirt ist, gewählt zu haben, es aber aus-schließlich nur für die Repräsentation zu bestimmen, für das Familienleben sich aber die kleine Villa vorbehalten zu wollen. Er beabsichtigt nämlich im Winter alle Abgeordneren, alle Frank-furter, kurz wer Lust hat, sich bei ihm einführen zu lassen, in anspruchloser Weise zu empfangen. Für seinen Stall läßt er sich 24 Pferde kommen. Es dürfte iin Winter, obschon manche großen Häuser des alten Systems weggefallen sind und manche Gcsandtschaftshotels einsam stehen, an reger Geselligkeit hier m'cht fehlen, nur wahrscheinlich mit minder übertriebenem und, man darf wohl sagen, den geistigen Verkehr störenden Lurus als bisher. Denn auch der Präsident v. Gagern gedenkt Empfangstage zu haken und seine Gemahlin wird nächstens von Darmstadt erwartet. Die Schandsäulen ZViens. — Ein Beweis, äußert sich die »Bohemia", wie langsam der Sinn für das Edlere, Reinere trotz der gewonnenen Freiheit reifen wird, und wie viel Geschmack mau noch immer an Schinutz und an der Gemeinheit, am Scandale findet, ist, daß eine ominöse Bro-chure: .>Die Schandsäulen Wiens", in welcher gefallene Frauenzimmer namentlich angeführt und sehr geheime Verhältnisse auf eine schonungslose Weise vor die Oeffentlichkeit gezogen »vcrdcn, in Wien so stark gekauft wird, daß, obgleich erst seit Kurzem erschienen, schon die zweite Auflage vergriffen wurde. Neue Art Vomben. — Am 29. August hat man in Havre eine nene Art Bomben versucht, die man Anker träger nennt. Sie sollen angewendet werden, um aufweite Entfernung Schiffen, die in Gefahr sind, Hilfsanker zuzuwerfen. Der Versuch ist vollkommen geglückt. Papierkorb des Amüsanten. Welch ein Geist bei den Bürger-Wahlversammlungen der Spreestadt herrscht, davon theilt die »Abendzeitung" einige Pröbchen mit. Ein Schneidermeister betrat neulich die Redner-bühne und sprach: »Mein Glaubensbekenntniß: Ick habe nischt gelernt, alleene aber ick bin Schneider und Meester, und ick leide es nich, daß Ener meinem Handwerk zu nahe kommt." Ungeheuerer Beifallsjubel. Geschrei: Der muß gewählt werden! — Und er wurde gewählt. Im Schooße der Paulskirche grassirt jetzt eine neue furchtbare Krankheit, die Re berühr, ein hartnäckiges Leiden, von dem neun Zehntheile der Versammlung angesteckt sind. In einer Versammlung preußischer und sachsischer consti-tutioneller Vereine zu Halle wurde der Vorschlag, Reisegeld für den abziehenden König von Hannover zu sammeln, mit vielem Beifalle angenommen und bereits sind 22 Thaler sub-scribirt. Revolutionsmooe. In Berlin verkauft man B a r-ricaden - Handschuh e und Constitutious - Cravatten; vielleicht erfindet und empfiehlt ein genialer Riemer auch «och Freiheits - Peitschen. In einem Klubb dienender Personen in Paris sprach sich unlängst ein Mitglied dahin aus, daß wenigstens eine zeitweise Rollcnvertauschung zwischen Herr und Diener Statt finden müsse, wodurch jene gezwungen würden, ein Mal Alles für letztere zu thun. Ein Koch stand auf und sagte gravitätisch: »M ein cHerren, ich f ü r meinePerson könnte m i ch nie entschließen, das zu essen, was mein Herr gekocht har." — Allgemeines Gelächter. Der Berliner Humor hat immer noch seine Frische bewahrt und macht sich in heitern und witzigen Flugblättern geltend. Eines derselben, welches an dem Tage erschien, an welchem der Ministerpräsident der Nationalversammlung das Aufruhrgesetz vorlegte, zeigt als Vignette drei Männer aus dem Volke mit gerungenen Händen und weinerlichen Gesichtern. Der Titel dieses Placates ist: „Ach Iotte doch, ach Iotte doch, jurester Minister, lassen Sc uns doch unser Biskeu Freiheit." Von einem alten honnover'schen General wird in der „Allgemeinen Zeitung" aus Hannover erzählt, daß er mit dem Dativ und Accusativ auf sehr gespanntem Fuße lebte. Er fragre einmal vor Jahren einen Maler auf der Ausstellung: »Voi» wen ist das Bild da?" »Von mir, Ercellenz", versetzte der Künstler. „Ha, van Mir, das ist der bekannte Niederländer, nicht?" war die Antwort. „Ercellenz verzeihen", stammelte der verwirrte Künstler, der keinen andern Ausweg sah, sich als den Maler des Bildes dem Bewußtseyn des alten Haudegens deutlich zu machen — „verzeihen Ercellenz, — es — ist — oon mich!" — ,>AH so, von Sie! das freut mir." Laibacher Schaubühne. Der Eröffnungstag unsers bießjähriaen Theatercurses war der 20. September. Der Halbkreis der neuen Mitglieder, der den prologspre» chendcn Director umstand. war lecht ansehnlich. Wir wissen zwar nicht, aus welchem Grunde uns von der Direclion das alte. schon zahnlose Er, öffnungsparadepferd : «D onna Diana" vorgeritten wurde, allein es warf nicht um, es hielt sich qut und das wollen wir als ein gutes Omen ansehen. Das zweite Stück war ein neues, tzacliges Lustspiel: ^Keine Jesuiten ine hl», von Dr. L. Schubar, welches entschieden gefiel. Wir wollen vorläufig über die Leistungen der neuen Kunstjünger kein voreiliges Urtheil fällen. Die nei< zusammengestellten Theaterkräfte müssen sich erst im Ensemble einigen und Zeit habe» , gehörig an's Licht zu treten. Nur so viel läßt sich aus den zwei gesehenen Vorstellungen vorläufig schließen, baß die dießjährige Gesellschaft der vorjährigen nicht nur nicht nach» stehe, sondern sie übertreffe. Die nächsten Vorstellungen werden alle der« lci Schlüsse bleibend feststellen. Wir wollen den Theaterfreunden hier die neuen Theatermitglieder iu ihren Fächern vorführen: Regisseur, erster Vater und Charakterdarsteller ist Herr Voulet; das Fack der Intriguanls. nebst ersten Väler-und Charakterrollen, übernimmt Herr Po sing er. Erster Liebhaber und Held ist Herr R o t li; erster jugendlicher Liebhaber und Naturbursche: Herr Vaudisch, zweiter Liebhaber Herr Weil, Eharairte Fächer u»V zweite Vater spielt Herr R e tz e r. Komiker sind: Herr Henkel un» Herr Schütz, wovon ersterer krankheitshalber noch nicht eintreffen konnte. Das Damenversonale besteht in Frl. Durmont. als erste tragische Lieb« haberin. Heldin und Anstandsbame; Frl. Oroße. erste Liebhaberin >n muntern und sentimentalen Parthien ; Frl. Posinger. erste Liebhaber!!« und muntere Rollen; Frl. L ö sj l zweite Lirbhaberinen und naiv, Ma»' chen; Frau Ro^cn schön spielt erste Mütter und altere Anstandsdamen; Frau Hut. komisch? Alte und Mütter. Localsängerin ist Frl. Schiller. Für Nebenrollen und Chor sind in entsprechender Art Mitglieder eng<»° girt. Wie man sieht, ist die Vesetzung der Fächer sehr vollständig; we»n die Betheiligten ihren Stellungen entsprechen, was wir nicht bezweifeln wollen, so wird sich n> diesem Jahre ein recht gutes Thealeren» semble herausstellen. Wir wünschen dieß aufrichtig im Interesse derTheae terfreunde sowohl, als zum Vortheile der fleißigen Direclion, Leopold Hocdesch. Verleger: Ign. Gdl. v. Kleinmayr. — Verantwortlicher Nedacteur: Leopold Kordesch.