S" £ ita kt Die Kunft das menfchliche Leben zu V e r l ä n g e r n ßlBLIOTHEE, D. Chriftoph Wilhelm Hufeland der Arzneykimfl: ordeiitliehem'Lehrer zu Jena. Sftfses I.cben! Schönc freimdliche GtwohjiheiC des Dafeyns »ind Wirkens ! - von dir foU ich rcheideii? Göthe. Jena, 1797. in der akademirchen Buchhandlung. r-. ; '..'■.".I 'c^Ü-e^v-y;,.. ■ . ■ .v r:: ■ r > . v", .i •. ■• . .••• •• ■ • • • • - - ■ •• •' -♦••f • -Vi-r,.'. . :. . . .-w .... 1 ' Vr-'u'-lil'i' ' 1 ■ .■ ■ •i. . J . Dem Herrn Georg Chriftoph Lichtenberg Königl, Grofsbrittan. Hofrath und ProfelTot zu G3ttiagen etc. Seinem verelirteften Lehrer und Freunde ziira öffentlichen Zeichen der a'ufiichtigfien Hochachtung und Dankbarkeit gewidmes föni Verf affer, •• ' • f. ■■ :'V.i . -t ■„ ' ■ > ■ . ■ •v.- -i-x J-H '-iiii a i,i •■ ' "V'- ' .: T ■C" A , v*'*- , I" •• .V-H^- r.. •C ' ' ^ i . r. s ' U Iv ^ I ; : i T' - .< - J I. • rr, ■ ■ .T 3 . . '-•i» • 'A i : ^ - J'. ■• V- , " y o r r e d menfch^che Lehen ift^ phyßfch he--trachtet, eine ei gen thüi ulicile anirnalifch-cheinifclie Operation, eine Erfcheinung, durch die Konkurrenz vereinigter Natur-h äfte und immer wechfcinder Materien bewirkt i — diefe Operation mufs, fo wie jede andere phyjljche, ihre beßimniten Gefetze, Grenzen imd Dauer haben, in fo fern fie von dem Maas den vetlidienen Kräfte und Blqterie, ihrer T'^erwendung, und manchen andern äuffern und innern VJ. IJviftandčn ahhcingti — aler fie Aann, Jo wie jede phyfifche Operation, befördert oder gehindert, hefchleunigt oder retnrdirb werden, — durch Feftfetzung richtiger Orundfätze über ihr Wefen ujid Bedürfnijjfe, und durch Erfarung lajjfen ßch die Bedingungen beftiininen, unter welchen diefer Prozefs befchleunigt und verkürzt, oder re-tardirt und alfo verlängert loerden kann} — es laffen ßch hierauf Hegeln der diäteti-Jchen und medhinifcheu Behandlung des Lebens, %,ur Verlängerung deffelben, bauen, und es entfteht hieraus eine eigne Wiffen-fchaft, die mjicrobf otic, oder die Kurifi das Lehen zu verlängern, die den Inhalt des gegenwärtigen Buchs ausmacht:. Man darf diefe Kunft nicht mit der gewöhnlichen Medizin oder medizinifcheri Diätetik veriuechfein y fie hat andere Zwecke, andere Mittel, aridere Grenzen, Der Zioeck der Medizin iß Gefundheit, der Macrobiotic hingegen langes Leben; die Mittel der Medizin find nur auf den gegenwär- vn tigeti Zußanä und dejjen Veräußerung he-r rechnet, die der Macrobiotic aber aufs Gmtze; dort iß es genug, wenn man im Stande iß, die verlohrne Gffundheit icieder hevj^uficHen , aber, man fragt dahey nicht, oh durch die Art, wie man die Gefundheis. ivieder herßellt, das Leben im Ganzen ver-Uingert oder 'verkürzt ivird-, welches leztre hey' manchen Methoden der Medizin der^ Fall iß; die Medizin mufs jede Krankheit als ein Uehel anfehen, das nicht bald genug, iveggefchaßt iverden kann, dieMacrobiotiiä, zeigt, dafs ■manche Krankheiten T^erlä^^ge^ rungsmittel des Lebens, loerden können j die Medizin facht, durch ßärkende und andre Mittel, y'eden Menfchen auf den höchßen Grad feiner jyhyfifchen Vollkommcnheib und Stärke zu erheben, die Macrobiotic aber zeigt, dafs es auch hier ein Maxt/r mwn gieht, und daß ein zu iveit getriebr ner Grad von Stärkung das Mittel werden kann, das Leben zu befchleunigen und folglich zu verkürzen; die ptactifche Medizin iß alfa, in Beziehung auf die ikZcj- crohiotic, nur ah erne Hülfswijfenfchafc zu betrachten, die einen Theil der Lebensfeinde^ die Krankheiten^ erkennen, verhüten iind ■ ^vegfchaffen lehre, die aber felbß dahey den höhern Gefelzen der Macrobiotic untergeordnet werden viujs. Layiges Lehen war von jeher ein Uauptiounfch, ein Hauptziel der Mevfch'-heit, aber 20ie verworren, wie widerfprC' chend waren und ßnd iiochjezt die Ideen über feine Erhaltung und J^erlängerung! Der firenge Theolog lächelt über folche Unter' nehmungen und fragt: ift nicht jedan Ge-fchöpf fein Ziel beftimmt, und wer vermag ein Haarbreit feiner Länge oder eine Minute feiner Lebensdauer zuzufetzen ? Der practifche Arzt ruft uns zu: Was fuchb ihr nach befondern Mitteln der Lehensverlängerung? Braucht meine Kunft, erhaltet Gefundheit, Inf st keine Krankheit aufkommen, und die, welche fich etiua cinfteilen, curiren; diefs ift der einzige Weg zum langen Lehin. Der Adept zeigt ims fein Lebe?tseUxir, und verfichert ^ nur, wer diefen verkörperten Lebensgeiß ßeifig einnäliifie, könne hojfen alt zu werden. Der Philofojjli Juchi das Probleni fo zu lößin, dafs er den Tod verachten, und das Leben durch intenßven Gebrauch verdoppeln lehrt. — Die zahlloje Legion von Empirikern und puackfalbern hingegen, die ßch des großen Haußen$ baneißtert haben, erhält ihn in dem Glauben, daß kein beße-res Mittel, alt zu werden ßy, als zur rechten Zeit Ader zu lajßen^ zu ßchröpfen, zu purgiren u. ß ß. Es ßhien mir alfo nüzlich und nöthig^ die Begriffe über diefen loichtigen Gegen-ßtand zu berichtigen, und auf geioiße feßte und einßache Grundßitze zuriwkzußühren, lüodurch diefe Lehre Zufannnenhang und. fyßtematißhe Ordnung bekäme, die ßie hi^-^ her nicht hatte. Seit 8 Jahren iß dießer Gegenßtand die Lieblin^sbefchäftigung vieiner Nebenftnn- den gewefen, und ich würde viich fehr fieueii, loemi fie andern auch nur halb fo viel Unterhaltung und Nutzen fchaJJ'en foUte, als fie mir verfchafft hat^ -— Ja Jelbfi in den zeitherigen traurigen und Menfchenverfchlbigenden Zeiten-, ftnid ich ineine beße Tröftwig und ^Aufheiterung da rinn, an der Auffuchung der Mittel zur ferlüngerung des Lebens zu Leiten. Mein Hauptzweck war zwar allerdings der, die Lehre von der Kunfi der Lehensverlängerung fyßernatifch zu gründen, urtd die Mittel dazu, anzugeben, aber unvermerkt bekam ße noch einige Ncbenzwecly!, die ich hier anfiihren mufs, um die Beur-theilung des Ganzen dqdurch zu berichtigen. Ißinmal nehmlich fchien mir diefs der hefte Weg w feyii, uin inqncher diätetifchen Regel ein höheres JntereJJe und allgejueinere Gültigkeit zu gehen, weil ich immer fand, dafs $s weit weniger Eindruck machte^, loenn man fagte, diefe oder jene Sache, xt diefe oder jene Lehensiveife iß gefund oäer uhgefwid (denn diefs ift relativ, hängt von^ der ßärkern oder fcliwächern Konßitution und andern Nebenumßändai ab, und be--zieht ßch auf die unmittelbaren Folgen, die gar oft außen bleiben, und den Nichtarzt ungläubig an dern ganzen F'orgeben mar che7i)j; als ivenn man den Satz fo ßelltet fliefe Dinge, diefe Lebensarten^ '{serlän-gern oder verkürzen das Leben j denn dicfs hängt weniger von XJinßänden ab, und Jianii nicht nach den unmittelbaren Folgert beurthcilt iverden, -— Ziveyten^ juurde diefe Arbeit unvermerkt ein Archiv, in weit ehem ich mehrere meiner Lieblingsideen niederlegte, bey welchen ich mich auch xvohl ■zuweilen mancher kosmopolitifchen Digref-fwn überliefs, und mich freuete^ diefe Ideen an einen fo fchönen alles verbinderiden Fa-< den, als der Lebensfaden iß, cfn^eik^ können, ^ Nach dan Standpunct, dm ich bey Betrachtung meines Gegenßaiides nehmen vmfste, war es natürlich, ^afs ich ihn nicht hios Tiiedizinifch, fondern auch inqralifch behandelte. IVer kann vom inenfehüchen Lehen fchreiheri, ohne mit der inoratifchen Welt in Verbindung g^f'^'^t zu werden, der es fo ei^enthümlich zugehört? Im Gegen-^heil hcthe ich hey diefer Arbeit es m^hr als je empfunden, dafs ßch der Menfch und fein höherer inoralifcher Zweck auch phy-ßfch fchlechterdings nicht trennen laffen, und ich darf es vielleicht diefer Schrift als ein kleines Verdiciift anreclmen, dafs fie nicht allein die Wahrheit und den Werth der moralifchen Oefetzc in den Augen vieler dadurch erhöht, dafs fie Urnen diß Unent-hehrlichkeit derfelhen auch zur phyßfchen Erhaltung und Verlängerung des Lehens zeigt, fondern dafs fie auch viit unwider-legUahen Gründen darthut, dafs fchon das Phyfifche im Menfchen auf feine höhere inorcdifche Beßinnnung berechnet iß, dafs diefes einen mefentlichen Unterjchicd der inenfchlichtn Natur- von der bhierifchen macht, und dafs olme moralifche Kultur xm der Menfch unaufhörlich mit feiner eignen Natur im Widerfpruch ficht, fo wie er hingegen durch fie auch phyßfch er ft der vollkommenfte Menfch xuird. JVäre ich dpch fo glücMich, auf diefe Weife einen doppelten Zweck zu erreichen, nicht blos die Menfchen gefünder und länger lebend, fondern auch durch das Beftreben dazu, hejfer und fittlicher zu machen! WeJiig-fiens kann ich verfichem, dafs man eins ohne das andere vergebens fuchen wird, und dafs phyfifche und moralifche Gefund' heit fo genau verwände find, wie Leib wid Seele. Sie fließ^en aus gleicllen Quellen, fchmelzen in eiyis zufammen, und geben vereint er ft das Refultat der versdhi.-ten vno mbn- sciiknn^tvr, Auch mufs ich erinnern, dafs dies Buch nicht für Aerzte allein, fondern fürs ganze Publikum bcftimmt luar, welches mir freylich die Pflicht auflegte, in manchen Puncteyi weitlüuftiger und in inanclieit kür- zer zu j'eyn.y als eš für den Arzt nötltig ge-ivefen luäre. — Ich hatte vorzüglich junge. Leute dahey zian Zwecke xoeil ich überzeugt hin , dafs in diefer Periode des Lehens vorzüglich auf Gründung eines langen und. gefunden Lehens geiuirkt werden kann, und dafs es eine unverzeihliche T-''ernachläfßgung ißdafs vum noch innner hey der Bildung der Jugend diefe fo wichtige Belehrung über ihr phyßfches Wohl vergifst. Ich habe daher die Puncte vorzüglich ins Licht gefezt, die für diefe Periode die wichtigfien find, und überhaupt fo gefchrieben, dafs. man das Büch jungen Leuten ohne Schaden in die Hände gehen kann, und es würde mir eine unbefchreibliche Freude feyn, wenn man es ihiien nicht allein zian Lefen empföhle y fondern es auch üi Sdiulen zur Belehrung über die Joichtigßen Gegenftiinde UJifers phyßfchen TVolds henuzte, die^ ich wiederhole es nochmals, auf Schulen gege^ hen werden mufs, denn ße kommt (wie ich leider aus gar zu vielen Erfarungen weifs) auf Akademien mehr entheil s zu fpät. Die Fonn der P'orhfiaigen erhielt es dadurch f weil ich drey Sommer hindurch tmrldich öffentliche F'orlefungen darüber hielt, und ich glaubte, um fo weniger ihm diefe Einkleidung nehmen zu müffen, da fie dem Ganzen etwas mehr annäherndes und eindrückliches, genug, etivas mehr vom mündlichen Vortrag, zu gehen Jchien, Man tüird mir es hoffentlich vergehen, dafs ich nicht alle Beyfpiele und Facta mit Citaten belegt habe s aber ich beforgte, das Buch dadurch zu fehr zu 'Vergröffern und zu vertheuern. Doch miifs ich erwähnen, dafs ich bey den Beyfpielen des menfchli-chen Alters aus der Gefchichte hauptfäch-•lich Buico HisTOKZJi vix^iE jsr moRxia henuzt habe, . Uehrigens ivill ich im voraus recht gern zugehen, dafs manches anders, man-dies vollßändiger, manches beffer feyn könnte. Ich bin zufrieden juit der fuffen Ueberzeugimg, die mir nianand rauhen xoirci, dafs das wenigftais, was ich ge-fchriebeii habe, Nutzen ßiftenkaim, ja geioifs Nutzen ftiften wird. Jena, im Julias lygG. lahall. Tlieoretircher TlieiL ■I I.. ^ • .' v N k • \ • . a ■ ■'t •A V iT I ' "r. .. v Erfte Vorlefiing» ScHclifale diefer WilTenfchaft Bty dm EgyptUrn und Grietheti — Cerocomio Gymnaftii _ Hermippus — Zujtand dirfelhen inl Mit- telaltir — ThtophrUftus Paracelfus _ Afirologifche Methode — Talismannt — Thurneijfm — Cornaro titid feine firengc Diät — Jransfujionsmethoäe — Baco — St, Gtrmain — Mesmtr — Ctxgliojlro — Graham, n 'm-ch die ganze i^attir Weht und wirket jene unbegreifliche Kraft, jener unmittelbare Ausflufs der Gottheit ^ den Wir Lebenskraft nennen. Uebetall Hoffen wir auf Erfcheinungen und Wirkungen, die ihre Gegenwart, ob gleich in unendlich verfchiedenen Modificationen und Geltalten unverkeiintiich, bezeugen, A 2 und Leben ift der Zuriif der ganzen unS umgebenden Natur. Leben ifts, wodurch die Pflanze vegetirt, das Thier fühlt und v/irket; — aber im höchften Glänz Von Vollkommenheit^ Fülle und Ausbildung erfcheint es in dem Men-fclfen, dem oberften Glied der fichtba-. ren Schöpfung. Wir mö^en die ganzö Reihe der Wefen durchgehen ^ nirgends finden wir eine fo vollkonmirie Verbin-»-dung faft aller lebendigen Kräfte def Natur, nirgends fo viel Energie des Le-* bens, mit folcher Dauer vereinigt^ als -hier. Kein Wunder alfö, dafs der Voll-» kohirrienfte Befitzer diefes Gutes auch einen fo hohen Werth dai'auf fezt ^ und dafs fchon der blofse Gedanke von Leben und Seyn fo hohen Reiž fiir uns hat. Jeder Körper A'vdrd Uns um fö interefl'an-ter, je mehr Wir ihm eine Art von Leben und Lebensgefühl zutrauen können. Nichts vermag fo fehr auf uns zu wir-, ken^ folche Aufopferungen zu ver an-; laffen, und die auflerordentlichften Ent-" Wicklungen und Anfirengungen uiifrer^ Verborgenften Kr-äfte hervorzubringen, als der Trieb es zu erÜalteiW üfid -iriMfem ■kritifclien Augenblick es zu (fletteii;?-8d^ft-'>/ ohne GenÜfs mi'd^JFreuddn^df^^'-^^^^ felbft für den,, der an unl^ilbare^? Schmerzen leidet , oder im dunkel« Ker- ' ker auf iman^r feine Freiheit 'bfeweiiif, "" behält der Gedanke zu feyn und zu leben noch Reiz, und es gehört fehlech-terdiiigs eine-nur bey Menfchen mögliche Zerrüttung der feiniteii Empfin-, .^uiigsorgane, eine gäiizUche Verdunke-^-iuii^ vuid rfödtung des innern Sinns da- f um das Leben gleichgültig oder gar -verhafst zu machen. So weife und " innig-Yvurde Liebe des Lebens, diefea: eines ^enkeilden Wefens fo .würdise V ■ C Trieb, diefer Gimidpfeiler fow.öhl>dj^. ? einzelnen als der öfFenlliclien Glückfey . Jigkeit, mit unfera: Exiftenz verwebt'. -, -— Sehr natürlich war es daher, däfs der Gedajike in dem MewTclien: aufftei- ' geU mufte: Sollte es nicht möglich feyn, Vuifer Däfeyti zU verlängern, xmd dem ^ar zu flucliJtigeu Geuufs diefes Guts pielir Ausdelinung ziu geben? Und wirklicli befchäftigte diefs Problem von jeher die Menfchlieit auf verfchiedene Weife, Es war ein Lieblingsgegenltand 4er fcliarffiiinigften Köpfe, ein Tummelplatz der Schwärmer, und eine Hauptlockfpeife der Charlatans undBe-trieger, bey denen man von jeher finden wird, dafs es entweder Umgang mit Geiflem, oder Goldmacherkunft oder Verlängerung des Lebens war, wodurch lie das gröfsere Publikum angelteHr Es ift intereflaiit und ein Beytrag zur Ge-* JLchichte des menfchlichen Verbandes z^ fehen, auf wie manniclifaltigen, fich oft ganz entgegen gefezten Wegen man diefs G\xt zu erlangen hoffte, und da lelbft in den neueften Zeiten die Caglio-. firos und Mesmers wichtige Beyträg« dazu geliefert haben, fo glaube ich Ver-, zeihung zu erhalten, wenn ich eine kurze Ueberficht der nach und nach vorgekommenen Lebensverlängerungs-. inethoden vorausfchicke, ehe ich zu mei-« nem Hauptgegenftand übergehe^ Schon in den frülieften Zeiten, unter Egyptern, Griechen und Römern war diefe Idee rege, und fchon damals verfiel man in Egypten, der Mutter fo mancher abentheuerlichen Ideen, auf künftliche und unnatürliche Mittel zu diefem Zweck, wozu freylich das durch Hitze und Ueberfchwemnjungen unge-funde Clima V^ranlafTung geben mochte. Man glaubte die Erhaltung des Lebens in Brechen und Schwitzen gefunden zu haben, und es wurde allgemeine Sitte, alle Monate wenigftens 2 Brechmittel zu nehmen, und llatt zu fagen, wie befindeft du dich, fragte man einander: Wie fchwitzeft du? — Ganz anders bUdete lieh diefer Trieb bey den Griechen, unter dem Einflufs einer röinen und fchö-nen Nattir, aus. Man überzeugte fich fehr bald, dafs gerade ein vernünftiger Genufs der Natur und die beftändicfe üebung unferer Kräfte das ficherlte Älil-telfey, die Lebenskraft zu ftärken, uud unfer Leben zu verlängern. Hippocrates und alle damaligen rhilorcpheii and .^erzte kennen keiMC andern Mittel, alsi •Wlafsigkeit, Geaufs der fieyen und rei-« nen Ltift, Bäder, und vorzüglich das .tägliche Reiben des Xöi-pers und Lei« l^esübung, Auf leztere fezten fie ihr -gröfstes Vertrauen, Es wurden eigene Methoden und Regeln befdmmt, dem Körper mannichfaltige, ftarkie und fchwa-che, BeAvegung zu geben; es entftä'nd eine eigene Kunft dev Leibesübuj:u laffen, und, jen^elir die Rranbeit ab-inattete, defto niejir dnxrcli Anlh«nguiig' .der Muflt^l^-^te dieffe..]VIatt}gkeit zu ■überwältigen; und .er hatte das Glück, durch feine Methode fo. vielen.' fchAV^ch^ liehen Menfchen dastehen viele Jahre zu Verla^igem, dafs ihm fogar Plato ^en^ n Vorwurf macht, er habe fahr ungerecht gegen diefe arrnen Leute gehandelt,' durch feine Kunft ihr immer flerbendes Leben- bis ins- Atter., zu verlängern. Die helljften und naturgemälTeßen Ideen über die Erhaltung und Verlängermig dfes Lebens finden >\'ir beym Plutarch, der durch' das glücklichlte Alter die Wahrheit feiner Vorfchriften beftätisle. " I . • r. • . ^ Schon er fdiliefst_feni'en Untemcht mit folgenden aucl^. für ilnfere Zeiten gültigen Regellt: den Köf' kalt und die Füfse -•v\^^nn ztŽ halten v' an ftatt bey jeder Un- • pafslichkeit gleich Aazneyen zu brau- - ' chen, lieber erft einen Tag zu fafiren, und über dem Geilt nie deii Leib zu vergeben, Eine fonderbare Methode, das Leben im Alter zu verlängern, die fich ebenfalls aus den früheften Zeiten her-'fchreibt, \Var die Gerocoinic, die Ge-■wolinlieif, einen alten abgelebten Körper durch die nahe Atmosphäre frifcher auf-blüliender Jugend zu verjilngeh^und zu erhalten. Das bekanntefte Bteyfpiel davon enthält die Gefchiehte des König David, aber man findet in den Schriften der Aerzte mehrere Spuren, dafs es damals eine fehr gewöhnliche und beliebte Hülfe des Alters war. Selbft in neuem Zeiten ift diefer Rath mit Nutzen befolgt worden j der grofse -Boer/iare liefs einen alten iVnifterdamer Bürgermeiiter zwi-fchen zwey jungen Leuten fclilafen, und verüchert, der Alte habe dadurch ficht-har an Munterkeit und Kräften zugenommen. Und gewifs wenn man bedenkt , was der Lebensdurift frifch auf-. gefcliilittner Tliiere auf gelähmte Glieder, was d,as Auflegen lebendiger Thiere auf fchnierzhafte Uebel vermag, fo fclieint diefe Methode nicht verwerflich ZVL feyn. I Höchftwalirfcheinlich gründete fich auf tliefie Ideen der hohe Werth, den man bey Römern und Griechen auf das Anwehen eines reinen gefunden Athems fehlte. Es gehört hi eher eine alte Infchrift, die man im vori-^ gen Jahihundert zu Rom fand, und IQ lautet; Aefculapio et Sanitati' L. Clodius Hermippus Qui vixit Annos CXV. Dies V, Puellarum Anhelitn , ■ Quod etiain poft mortem ejus Non parum mirantur Phyfici Jam pofteri, fic vitam ducite. I)ein Aescialap und der Gefuaidheit von t. Clödius Herliiippus . der H5 Jahr 5 Tage lebte durclx junger Mädgen ii. f. yv. Diefe Infclirift rnag nun äclit feyn oder nicht; genug fieveranlafste nochzvi Anfang diefes Jah^rhunderts eine Schrift, wcrinne ein Doctor Cohaufen £ehx gelehrt beweifet, diefer Jiennippu^ tey eir^ Wailenhausvorlteher oderMadgenfchul-ineifter zu Rom gewefen, der beftändig in dem Zirkel kleiner Mädgpn "gelebt, und eben dadu^^ch feiii Leben fo weil; verlängert habe. giebt; dei\ wohlmeyneiideuJRath, fich riur, alle J^ojr-gen und Abende yon kleiiien unfcliiuldi-? gen Mäd gen 9.nhauchen zu läffen^ und verllchert zu feyn, dafs man dadureh ■ zur Stärkuiig und Erhaltung d'^v tet ens-kräfte ungtaüblicly viöl be^trälen \verde,: indeiÄV felblt 11 ach dem Ansfpruch der Adepten, in ,.dejffi .gauc^ie.adejf.^^ Äie erfte Materie ätia reii^ften enthalten wärci Aber am ergiebigften an neuen und äbenlhenerlidien Ideen über diele Materie war jene taufendi'aÄrige Naclit des Mittelalters, wo Schwärmerey und Aberglauben alle reinen naturgemäfsen Be-? grLTe verlÄnnten, Svo zuerft der fpecu-lative Mürsiggang dfer Klöfter die und jene cliemifclie und phyfifche Erfindung veranlafste, aber diefelben mehr zur Verwirrung als žur Aufhellung det Begriffe, mehr s.ur Beförderung des Aberglaubens als zur Berichtigung der Er-kenntnifs nuzte. Diefe Nacht ifts, in der die monftröfeften Geburten des menfchlichen Geiües ausgebrütet, und jene abentheuerlichen Ideen von Behexung, Sympathie der Körper, Stein der WeiXeif, geh^nien Kräften, Chiromantie , Kabala, Univerfalmedizin u. f. ^ Wi in die Welt gefeit oder wenigftens ausgebildet wurden,: die leider noch im, mer nicht aufser Cours lind, und ntit in veränderten und inodernifirten Geftal-» ten, immer noch zur Verfülirnng ties Menfcliengefchlechts dienen. In dierer* Geiltesfinfternifs erzeugte ficli nun auch der Glaube» dafs die Erhaltung und Verlängerung des Lebens, die man zeither als ein Gefchenk der Natur auch durch die natürlicliften Mittel gefucht hatte, durch chemiTche Verwandlun^n, durch Hülfe der erften Materie, die man in Deftillirkolben gefangen zu haben mey-nete, durch Vermeidung böfer Conltel-laticnnen und ähnlichen Unfnin erhalten werden könnte. Es fey mir erlau1)t, einige diefer an die Menfchheit ergange-^ neu Vorfchläge, die, troz ilirer Üiige-1-eimtheit dennoch Glauben fanden, nahmhaft zu machen. ^ :Einer der Unverfchamtelieri Charlatans und hoclipralenden Lebensveilan-k ^erevwav Theophraßus Paracelfus, oder^ wie fein ganzer, ihn karakterifirender Nähme hiefs: Philippus Aureolus TJico-phraftus Paracelfus Bombäßus ah Hohen' \ helm. Er war die halbe Welt durcKrei-fet, hatte aus allen Orten und Enden Rezepte und" Wundermittel zufammen-getragen, und b^fonders^ . was damals noch feiten war, in den Bergvt^erken Kenntnifs und Behandlung der Metalle ftudirt. Er fing feine Laufbahn damit an, alles niederzureifsen, was bisher gelehrt worden war, alle hohen Schulen mit der gröfsten Verachtung zu behandeln, fich als den erften Pliilofophen und Arzt der Welt zu präfentiren, und heilig zu verfichern, das keine Krankheit fey, die er nicht heilen, kein Leben, das er nicht verlängern könnte. Zur Probe feiner Infolenz und des Tons, in dem die Charlatans des i5ten Jahrhunderts ilir Publicum anredeten, will ich nur den Anfang feines Hauptwerks anfuhren: „Ihr müffet mir nach, ich nicht „euch, ilir mir nacli, Avicenna, BJiafes, „Galen, Mefue, mir nach und nicht ich „euch, ihr von Paris, ihr von Montpel-„lier, ilu: von Schwaben, ilir von Meif-„fen, ihf von Köln, ihr von Wien, und' i,was an derDonait tind demRIieinftroitt j,liegt, ihr Infelii im Meer, du Italien, „du Dalmatien, du Athen, du Grieche^ „du Arabfer, du Ifraelite^ mir iiadl und i,ilicht idi euch; Mein ift die Möiiar-i,chey! " Mail fielit, dafs er nicht Unrecht hatte, wenn er von ficli fagti ijVon der Natur bill ich nicht fuhtil ge-„fponhen; es ift auch hiclit ünfre Lan-» „desatt i die wit* unter Xaniizapferi auf-i;waclifeii." Al>ef er hätte die Gabej Tei^ xlenUrifinli in e'ftler fo dutikelfi utid iny.» ItiTcheil Sprache vbrzütragenj dafs itiaii die tiefftfen GelieirahilTe daritlrle ahiide-» te j und noch hie ünd da darinnen fucht, und dafs es wenigftens ganz üllmöglich; War, ilin zu widerlegen. Durch alles diefs urid durch die neuer! ünd aufFallen-» den Wirkungeil einiger chemifcheii Mit-' Kranldieiten, die Art des Todes und auch den Tag defTelben beftimmen zu können. — Dieis war der Glaube nicht blos des grofsen Haufens, fondern der gröfstert, verftündigften tmd einfichts-volleften Perfonen der damaligen Zeit^ und es ift zum erftaunen, wie lange und wie feft man daran hing, ohneracht es nicht an Beyfpielen fehlen konnte, wo die Prophezeyung fehllchlug. BifchöfFe, hohe Geiftliehe, berülimte Philolophen und Aerzte gaben fich mit dem Nativi-tätftellen ab, man las fogar auf Univer« fitaten Collegia darüber, fo gut wie übeif die Punktirkunft und Cabala. Zum Beweife erlaube man mir ein Paar Worte von dem berülimten Thurneifeii,' dem glänzendften Phänomen diefer Art, und »einem wirklich ausgezeichneten Men-fchen, zu lagen. Er lebte im vorigen Jahrhundert an dem Kurfürftlichen Hofe zu Berlin, und war Leibarzt, Chemilt, Nativitätfteller, Calendermacher, Buchdrucker und Bucliliändler, alles in einer Perfon. Seine lleputatiou in der Altro- logic war fo grofs, dafs faft in keinem angefelierien Häufe in Teutfchland, Polen, Ungarn, Däneniaak, ja felbfl: irt England ein Kind gebolireri Svurde, wo man nicht Ibgleich feiiieri Boten mit der Beftimmurig der Geburtsftünde an ihn. abfendete. Es kanten oft 8, i o bis ist iolche Geburtsftundeh auf eirirnäl bey ihm an, und er wurde zulezt fo überhäuft, dafs er fich Gehülfen zu diefeni Gefchäft halten mufste. Jfoch befinden fich viele Bändö folcher Anfragen auf der Bibliothek zu Berlin, in denen fo-gar Briefe von der Königin Elifabeth er-fcheinen. Aufferdeiri fclirieb er noch jährlich einen aftrologifcheri Calender,-in welchem nicht nur die Natur des Jahres überhaupt, fondern auch die Haupt-^ begebenlieiteri und die Tage derfelberi ^^ mit kurzen Worten oder Zeichen ange- 'v-/ geben waren. Ereylich liefeite er gewöhnlich die Auslegung erft das Jahr darnach; doch findet man auch Beyfpie-le, dafs er Tith durch Geld tuad gute Worte bewegen Viefs, diefelbe im vor- B 2 aus mitzatheilen. Und bewundern mufs man, was die Kunft der unbeltimmteii proplietifchen Diction und die Gefälligkeit des Zufalls tliun können; der Calender erhielt fich über 20 Jahre, hatte reifsenden Abgang, und verfchafte nebft andern Charlatanerien dem VerfaiTer ein Vermögen von einigen looooo Gulden. 'Aber wie konnte man in einer Kunft, die dem Leben der Menfclien To beftimmte und unvermeidliche Grenzen fezte, Mittel zur Verlängerung dedelben finden? Diefs gefchah auf folgende finmreiche Art: Man nahm an, dals eben fo wie jeder Menfch unter dem Einflufs eines gewiflen Geftirns ftünde, eben fo habe auch jeder andere Körper, Pflanzen, Tliiere, fogar ganze Länder und einzelne Häufer, ein jegliches fein eignes Geftirn, von dem es regiert würde, und befonders war zwifchen den Planeten unl Metallen ein genauer Zu-fammenhang und Sympathie. Sobald man alfo wufste, von welchen Conftel-lationen und Geftirnen das Unglück und die Krankheiten eines Menfchen her-, rülirten, fo hatte er weiter nichts nöthig, als lieh lauter folcher Speifen, Getränke und Wohnungen zu bedienen, die von den entgegengefezten Plajaeten be-herrfcht wurden, Diefs gab eine ganz neue Diätetik, aber freylich von ganz andrer Art als jene Griechifche. Kam nun ein Tag vor, der durch feine befon-ders unglückliche Conftellation eine l'chwere Krankheit u. d. gl. fürchten liefs, fo begab man fich an einen Ort, der unter einem fi-eundlichen -Geftirn ftand, oder man nahm folche Nahrungsmittel und Arzneyen zu fich, die unter der Protection eines giften Geftirns den Einflufs des böfen zu nichte machten *). — Aus eben diefera Grunde lUerßlius Ficinus eimahnte damals in feiner Abhandlung über Verlängerung des Lebans alle ▼orlichlige Leute, alle 7 Jahre einen Sterndeuter um Rath zu fragen, um fich über die etwa in den folgenden 7 Jahren drohenden Gefahren hoffte man die Verlängerung des Lebens durch Talisnianus und Atnulefe. Weil die Metalle mit den Planeten in genaueIter Verbindung Itanden, fo nvar es genug, eilten Talisnia:^m an fich zu tragen, der unter gewilTen Kooflellatipijen aus paffenden Metallen gefclimolzen, gegof-fen und geprägt war, um fich die ganze Kraft und Protection des damit verbundenen Planetei; eigen zu machen. Man Jiatte alfo nicht nur Talisnjanns, die die Krankheiten eines Planeten abwendeten, fondern auch Talismanns für alle altrar lifclie Krankheiten, ja auch folche, ^e durch eipe befondpre Vermifchuiig verNachricht einziiziehen , und vorzfiglich die MlN der heil. 3 Könige,, Gold, Weyrauch und MjTilien ZI} lefpectiien und gehörig zjj gebrauchen. — M, Panfa dedizirte im Jahy 1470 dem Rathe zu Leipzig eiji Buch De proroganda vita; Auraus lihellus, -vyoiinn er den Herren feliv itngelegentlish väiji,, fich yor allen Diagen jhfe giinf{igen jm^ ungüqfiigen Aspecten bekannt zu maclipn, jiijd alle 7 J^lfrß auf der Hur »11 feyji, jve>l daij" Saturn, ein ^öfer fefndfeli. ger Pkn*t, bevifFhte. fcliiedeiier Metalle tmd eigene Künfte bey Sclirnelzmig- derfelben die wunderbare Kraft erhielten, den ganzen Ein-fluTs einer unglücklichen Geburtsüande aufzuheben, zu Ehrenftellen zu befördern, luid in Handels- und Heyraths-gefchüften gute Dienfte zu leiften. — War Mars im Zeichen des Scorpions darauf geprägt, und fie in diefer Gonftella-tion gegoflen, fo machten fie fiegreich und tmverwundbar im Kiiege, und die teutfchen Soldaten wareav-von diefer Idee fo eingenommen, dal's von einer Niederlage derfelben in Frankreich ein fraiizüfifcher Schriftfteller erzählt, man habe bey allen Todten und Gefange^ien J^mulete am Hälfe hängend gefmiden. Aber . die Bilder der Planetgottheiten dmften in diefer Abficht durchaus keine antike . Form fondern eine myftifche abentheuerliche Geltalt und Tracht ha^ lien. Man hat noch eines gegeii die jo-vialifchen Kranklieiten mit demBildnifle des Jupiters. Hier fieht Jupiter völlig fo aus, wie e.üi alter Wittenberger oder Bafeler ProfefTor. Es ifl: ein bärtiger Mann in einem weiten mit Pe]z gefütterten Ueberrok, halt in der einen Hand ein anfgefchlogenes Buch,. und docirt mit der reckten. — Ich würde mich nicht fo bmge bey diefer Materie aufgehalten haben, wenn nicht diefe Grille voriger Jaluhunderte noch vor wenig Jahren von Caglioftro wieder in Gang gebracht worden wäre, und noch in dem lezten Viertlieil des achtzehenden Jahrhuilderts hie und da Beyfall gefunden hätte. Je ungereimter und verworrener die damaligen BegrÜFe waren, defto fchätzbnrer mufs uns das Andenken eines Mannes feyn, der fich glücklich aus den Felben herauszuwinden und die Kunft, fein Leben zu verlängern, auf dem Wege der Natur und der Mäfsigkeit zu finden wuIste. Coniaro der Italiener wars, der durch die einfachfte und ftrengfte Diät, tmd durch eine beyfpiel-lofe Behatrlichkeit in derfelben, fich ein glückliches und hohes Alfer verfchafFte, das ihm reichliclieBelohnung feinerEnt-fagung, und der Nachwelt ein lehrreiches Beyfpiel gab. Nicht ohne Theil-iiahnie und freudiges Mitgefülil kann man den drey und achtzigjährigen Greifs die Gefchichte feines Lebens und feiner Erhaltung befchreiben, und alle die Heiterkeit und Zufriedenheit preifsen hören , die er feiner Lebensart verdankt. Er hatte bis in fein /j-O^es Jahr ein fchwelgerifches Leben geführt, war be-i Händig krank an Koliken, Glieder-fchinerzen und Fieber, und kam durch lezteres endlich dahin, dafs ihn feine Aerzte verficherten, er werde nicht viel über 2 Monate mehr leben, alle Arz-neyen feyen vergebens, und das einzige Mittel für ihn fey eine fparfame DiäN Er folgte diefem Rath, bemerkte fchon nach einigen Tagen BeTevung, und nach Verlauf eines Jahres war er nicht nur völlig hergeftellt, fondern gefünder als er je in feinem lieben gewefen war. Er befchlofs alfo, fich noch mehr einzu- fclifänken, mid Iclilechterdings iiiclit Hielir zu geniefsen, als was zur Subfi-Jftenz uneulbelirlich. wäre, uiid To nalim er denn 60 ganzer Jahre liindurch täglich nicht mehr als 24 Loth Speife (alles, mit eingel'chloflen) und 26 Lolh Getränk zu lieh. Dabey vermied er auch ftaj-ke Erhitzungen, Erkältungen und Leiden-fchaften, ujid durch diefe fich immer gleiche gemäfsigte Diät erliielt nicht nur fein Körper, £ondern auch die Seele ein fo beftimmtes Gleichgewicht, dals nichts ilm erfchüttern konnte. In leinem hohen Alter verlohr er einen wicluigen Prozcfs, worüber fich zwey feiner Brüder zu Tode grämten, er blieb gelaffen und gefund; er wurde mit dem Wagen umgcAVorfen, und von den Pferden ger-fchleift, dafs er Arm und Fufs ausrenkte,-er liefs fie wieder einrichten, und ohjie fonlt etwas zu brauchen war er in Iturr zem wieder hergeJftellt. ~ Aber am merkwiirdigften und bereifend, wie gefährlich die geringfteAbweichxmg von einer langen Gewohnheit werden kann, ■war folgende?, Als er 8° Jahr alt war, drangen feine Freunde in ihn, doch nun, da fein Alter mehr Unterftützung brauchte, feiner Nahrung etwas zuzur fetzen. Er fah zwar wohl ein, dafs mit der allgemeinen Ahnahme der l^äfte auch die Verdauungskraft abnehmen. Und man im Alter die Nahrung ehpr yer? mindern als vermehren mül'ste. IDoch gah er nach, und erhöhete fein,e Speife auf 28 und fein Getränk auf 32 Lpth. „Kaum hatte ich," fagt er felhft, „diefö „Lehensart 10 Tage fortgefezt, al§ ich j,anfing, ftatt meiner vorigen Munter? e,keit und Fröhliplilceit, kleinniüthig,, „yerdrpHen, mir und andern läftig zu 3,werden. Ain izten Tage überfiel mich ajCin Schmerz in der Seite, der 24 Stunr „den anhielt, und nun erfolgte ein Fie-5,her 5 das 35 Tage in folcher Stärke fojtr 3,dauerte, dafs man an meinem Leben 3,zweifelte. Aber durch Gottes Gnade „und meine yorige Diät erholetp ich „mich \'i'ieder, und geniefse nrm in meir „nem 83ften Jahre den munterfien Lei-? „bes- und Seelenzuftand. Ich Iteige von „der Erden an auf mein Pferd, icli klet-„tre fteile Anhöhen hinauf, und habe „erft kürzlich ein Luftfpiel voll von un-„rdiuldiger Freude und Scherz gefcJirie-„ben. Wenn ich von meinen Privalge-„fchäften oder aus dem Senat nach Haufe „komme, fo Ende ich ii Enkel, deren „Auferziehung, Zeitvertreib und Gefan-„ge die Freude meines Allers find. Oft j,finge ichfelbftmit ihnen, denn meine „Stimme ift jezt klärer und ftärker,als fie „je in memer Jugend war, und ich weifs „nichts von den Befchwehrden und den » „mürrifchen und ungeniefsbaren Lau-„nen, die fo oft das Loos des Alters „find," In diefer glücklichen Stimmung erreichte er das hundertfte Jahr, aber, fein Beyfpiel ift ohne Naclifolge geblieben. *) ') Auch wCrde ich recht fehr bitten, ehe man dieCe Diät im ftiengflen Siim anfinge, eiTt feinen Arzt zu confuliren. - Denn nicht jecieni ilt es heill'am, die Abftinenz fo weit zu treiben. . «a Es war eine Zelt, wo man in Frankreich den Werth des Bluts fo wenig zu kennen fchien, dafs man König Ludwig XHI." in den lezten lo Monaten feines Lebens zur Ader liefs, und ihm noch üherdiefs 215 Purganzen und 210 Lavements gab, und gerade da fachte man durch einen ganz entgegengefezten Prozefs, durch Eiufüllung eines frifcheu jungen Bluts in die Adern, das Leben der Menfchen zu verjüngen, zu verlängern, und incurable Kranklieiten zu heilen. Man nannte diefs Transfufwn^ und die Methode war diefe, dafs man zwey Blutadern öfnete, und vermittelft eines Höhrgens das Blut a;us der Pulsader eines andern lebenden Gefchöpfs in die eine leitete, während man durch die andre Aderöfthung das alte Blut auslaufen liefs. Man hatte in England einige glückliche Verfuche an Thieren gemacht, und wirklich einigen alten lahmen und tauben Gel'chöpfen, Schafen, Kälbern und Pferden, durch die Anfüllung mit dem Blute eines jungen Thiers, Gehör, Beweglichkeit und Munterkeit, wenig-ßens atif einige Zeit wieder YerfcliafFt j ja mati tuitenialim es, furchtfame Ge-fchöpfe durch däs Blut eines wilden grauTamen Gefchöpfs kühn zu machen. Hierdurch ajafgemuntert, trug üian kein Bedenken, aueli Menfchen auf diefe Weü'e zu reftauriren; Dr, Denis und Riva zu Paris Waren "Wirklich To glücklich ^ eiiien jungen MenTehen, der an einer unheilbaren Sclilaffucht litt (in der man ihm gleicllfalls 20ihal zu Ader ge-laflen hatte) durch die Arifüllung mit Lamsblut, und einen Wahiifinnigeu durch die Vertaufchung feines Bluts mit Kalbsblut völlig llerzuftellen. Aber da man nur die unheilbarfteri und elende-ften Menfchen dazu nahitij fö trug fichs bald zu, däfs einige unter der .Operation ftarben, und feitdem hat es niemand wieder gewagt- Doch ift fie an Thieren auch hier ill Jena lehr glücklich ausge-fulxrt wordeii; und in der Thät follte fie nicht ganz verworfen -iverden^ denn, ob fchon das eiiigelalTfene fremde Blut in kurzctii in das unfrige verwandelt werden inufs, und alfo zur Verjüngung und Verlängerung des Lebens nicht viel davon zu hoffen feyn möchte, To miilste doch bey gewiffen Krankheiten, befou-ders der Seele tind des Nervenfyftems, der plözliche nngeAVolmte Eindruck eines neuenBlutes auf die edelftenLebensorgane, eine grofse und heilfame Revolution bewirken können. Selbft der grofse Baco ^ delTen Genie alles WilTen umfalste, und der dem fo lange irre gefülirten menfcliLidien Geiße auerft die Bahn vorzeichnete, die Walur-lieit wieder zu finden, felbft diefer gi'ofse Mann fand das Problem der Verlängerung des Lebens feiner Aufmerlcfamkeit und Unterfuchung Avüi dig. Seine Ideen find külui und neu. Er denkt fich das Leben als eine Flamme, die beftandig .von der umgebenden Luft confumirt wird; Jeder, auch der härtefte Körper wird am Ende durch diefe beftändige feine Verdunftung aufgelöfet und deftru- irt. Er zieht daraus deii Schlafs, dais durch Verhütung diefer Conlumtion und durch eine von Zeit zu Zeit unternomm-ne Erneuerung unfrer Säfte das Leben verlängert werden könne. Zur Verhütung der Confumtion von auflen em-pfielilt er hefonders külxle Bäder und das bey den Alten fo beliebte Einreiben von Oel und Salben nach dem Bade; zur Verminderung der Confumtion von innen Gemütbsruhe, eine kühle Diät und den Gebrauch des Opiums und der Opiatmittel, wodurch die zu gi-ofse Lebhaftigkeit der innern Be^vegungen gemäfsigt und das damit verbundene Aufreiben retar-dirt würde. Um aber bey zunehmenden Jahren die unvermeidliche Vertrocknurig mid Verderbnifs der Säfte zu verbeffern, hält er für das befte, alle 2 bis 3 Jalire einen Renbvationsprozefs mit fich vor-zunelunen, der darinue befteht, dafs man durch magere Diät und ausleerende Mittel erft den Körper von allen alten und verdorbenen Säften befreye, und' dami durch eme ausgefuchte erfri- fchende feilende und nahrhafte Diät und ftärken-de Bäder die dvirftigen Gefäfse wieder mit belebenden Säften anfülle, und fich alfo A'on Zeit zu Zeit im eigentlicliften Verftande erneue und verjünge. —^ Das Wahre, was in dielen Ideen liegt-, ift nicht zu verkeimen, und mit einigen Modificationen würden lie immer anwendbar feyn. In dön neueften Zeiten hat man leider niehrProgrellen in den Künften, das Leben zu verkürzen, als in der, es zu verlängern gemacht. Charlatans genug find erfclüenen und erfcheinen noch täglich, die durch aftra^ifche Salze,. Goldtinkturen, Wunder- und Luftfalzelfenzen, himmlifche Betten, imd magneti-fche Zauberkräfte den Lauf der Natur zu hemmen verfpreclien. Aber man fand nur zu bald, dafs der berülimte Thee zum langen Leben des Grafen St. Gennain ein fehr alllägliches Gemifch von Sandelholz, Senesblättern und Fen- C chel, das angebetete Lehenselixir CagTiO' ftros ein ganz gewöhnliches nur fehr hitziges Magenelixir, die Wnnderkraft des Magnetismus aus Imagination, Nervenreiz und Sinnlichkeit zufaxnmenge-fezt war, und die gepriefenen Luftfalze und Goldtincturen mehr auf das Leben ilirer Erfinder, als derer, die fie einnahmen, berechnet waren. Befonders verdient die Erfcheinung des Magnetismus in diefer Sammluiia; noch einige Erwähnmig. Ein bankerut gewordener, und verachteter, aber fchwärmerifcher und wahrfclieinlich nicht fowohl von unüchtbaren Kräften, als von unßchtbaren Obern geleiteter Arzt, Mesiner, fiel endlich auf den Gedanken , künftliche Magnete zu machen, und diefe als fouveraine Mittel gegen eine Menge Krankheiten, Lähmung, Gicht-flüITe, Zalmweh, Kopfweh u. dgl. za verkaufen. Da er merkte, dafs diefs glückte, fo ging er weiter, und ver- ficlierte, dafs er nuivgäi- keine künMiche Magnete mehr noting hätte, fondem dafs er felbft der grofse Magnet ley, der die Welt magnetifiren follte. — Seine eigne Perlon war fo mit magnetifcher Kraft angefüllt, dafs er durch Berülining, durch Ausftreckung feines Fingers, ja durch blofses Anfchauen diefelbe andern mittheilen zu können verficherte. Er führte wirklich Beyfpiele von Perfonen an, die durch Berührungen von ihm, ja durch feine blofsen Blicke verficherten Empfindungen bekommen zu haben, als wenn man fie mit einem Stock oder mit einem Eifen gefchlagen hätte. Diefe Ibnderbare Kraft nannte er nun animali-fcJien Magnetismus, und vereinigte tm* ter diefer feltfamen Benennung alles, ■was der Menfchheit am meiften am Herzen liegt, Weisheit, Leben und Gefundheit, die er dadurch nach Belieben mittheilen und verbreiten konnte. » : ■ C 2 Da Wan das Unwefen nicht länger in Wien dulden wollte, fo ging er nach Paris, und hier nahm es nun erft feinen rechten Anfang. Er hatte erftaunlichen Zulauf; alles wollte von ilim geheilt feyn, alles wollte einen Theil feiner Kraft niilgetheilt haben, um auch Wunder wirken zu können. Er errichtete eigne geheime Gefellfchaften, wo ein jeder Novize loo Lomsd'or erlegen mufste, und äufserte endlich ganz laut, dafs er der Mann fey, den die Vorfehung zum grofsen Erneuerungsgefchäfte der fo fichtbar hinwelkenden menfchlichen Natur erv^jählt habe. Zum Beweifs will ich Uinen nur folgenden Zuruf mittheilen, den er durch einen feiner Apoftel ans Publicum ergehen liefs. „Seht eine Entdeckung, die dem „Menfchengefclilecht unfchäzbare Vor-„tlieüe und ilirem Erfinder ewigen jjRuhm bringen wird! Seht eine allge-„meine Revolution! Andre Menfchei* „werden die Erde bewohnen; fie "vfer- „den durch keine Schwachlieiteii in ili- „rer LauiTaalin aufgehalten werden, und „uxifreUebel nur aus der Erzählung ken-„nen! Die Mütter werden weniger von „den Gefahren der Schwang'erfchafl und „den Schmerzen der Geburt leiden, wer« „den ftärla-e Kinder zur Welt bringen, „die dieTli'atigkeit, Energie und Anmutli „der Urwelt erhalten werden. Thiere „und Pflanzen, gleich empfänglich für „die niagnetifche Kiaft, werden frey „von Krankheiten feyn; die Heerdeil „werden fich leichter vermehren, die „Gewächfe in unfern Gärten werden „mehr Kräfte haben und die Bäume „fchönere Früchte geben, der menfch-„liche Geift, im Befitz diefes Wefens, y wird vielleicht der Natur noch wunder-„barere Wirkungen gebieten. — Wer „kann wiflen, wie weil fich feiia Einflufs „erftrecken wird?" Man follte meinen, einen Traum aus dem taufendjährigen Reiche zu hö- ren. Und diefe ganzen pompöfen Ver-fprechungen und Ausfichten verfchwan-den plötzlich, als eine Comniiflion, an deren Spitze Fravklin ftand, das Wefen des Magnttismus genauer unterfuchte. «— Der Nebel verfcliwand, und es ifC nun von dem ganzen Blendwerk weiter nichts übrig gebliehen, als die mihnnli-fche Electricität und die Ueberzeugung, dafs lolche diirch gewilVe Arten von Streichen und Manipaliren des Körpers in Bewegung gelezt werden kann!, aber gewifs ohne Beyhülfe von Nerven-fchwäche und Schwarnierey nie jeiie wunderbare Phänomene hervoi'bringen wird, noch weniger im Stande feyn kann» das menfcMiche Leben zu verlängern. Faft fchien es, als wolle man jene Idee ganz den Charlatans über-laffen, um fo mehr, da der aufgeklärtere Theil ficli fur - die Unmög-Jiclikeit ^efer Erfindiing dadurch ent- h fchädigte, dafs er die Länge des Lebens niclit in der Zahl der Tage, fondern in dem Gebrauch und Genufs def-felbeii fand. Da aber diefs doch unmöglich für cinerley gelten kann, und da fich in neuern Zeiten unfre Einfichten in die Natur des organifchen Lebens und der dazu nötldgen Bedingungen fo felir vervollkommnet und berichtigt haben, fo ift es wohl der Mühe Werth, diefe bef-fern KemitniflTe zur Ent\Yicklur)g eines fo wichtigen Gegenftandes zu verarbeiten, und die Methode, das Leben zu verlängern, fo auf die Prinzipien der animalifchen Phyfik zu gründen, dafs nicht allein eine beltimmtere Richt-fchnur des Lebens daraus entftehe, fondern audi, was kein unwichtiger Nebennutzen feyn wird, diefer Gegen-ftand inskünftige den Schwärmern und Betrügern unbrauchbar gemacht werde, die bekanntlich ilir Wefen in einem fcientififchen Gebiet nur fo lange treiben können, als es noch nicht durcli die Fackel griindliclxer Unterluchung er- leuchtet ilt. Zweyte Voiiefimg. Unterfuchung der Lebenskraft und der • Lebensdauer überhaupt. £!genfchaftfn und Ctfetze der Ijebenskraft —• Begriff des l^ehens r~ Lehensconfumtion, unzertrennliche Folge der JLebensopefation felhjt — JLehensziel — Urfachon der Leboniiauer — Retardation der Lebensconfumtion — Möglichkeit der L.ehensverlängerüng — Gefihwind und langfam leben — Intenfives und «xtenßves Lehen — der Schief, D. 'as erfte, .worauf es uns bey Verlängerung des Lebens ankommt, mufs wohl nähere Kenntnifs der Natur des Lehens und befonders der Lebenskraft^ der Grundurfache alles Lebens, feyn. Solile es denn gar niclit möglich feyn, die innere Natur jener hfeiligen. Flamme etwas genauer zu erforfchen, und daraus das, was fie n'ahren, das, was fie fcliwäclien kann, zu erkennen? — . Icli f'ülile ganz, was ich bey diefer L nterfuchung wage. Es ift das Aller-heiligfle der Natur, dem ich mich nähere, und nur zu viel find der Beyfpie-le, wo der zu kühne Forlcher gehlendet vind befchämt zurückkehrte, und wo felbft ihr iiinigfter Vertrauter, Haller, ausrufen, mul'ste: las Innre der Natur dringt kaüi eiTcliannet Geifl, Aber dennoch darf di«fs uns nicht ab-Iclirecken. Die Natur bleibt immer eine gütige Mutter, fie liebet und belohnt den, der fie fucht, und ift es uns gleich nicht allemal möglich, das vielleicht zu hoch gefteckte Ziel unfres Strebens zu erreichen, fo können wir doch gewifs feyn, auf dem Wege fchon fo Tiel Neues und Tnterenfantes zu finden, dafs uns gewifs fchon der Verfuch, ihr näher zu kommen, reichlich belohnt wird. — Nur hüte man fich, mit zu rafchen übermüthigen Schritten auf fie cinzudiingen. Unfer Sinn fey ofFen, rein, gelehrig, unfer Gang vorfichtig und immer aufmerkfam. Taufchungen der Phantafie und der Sinne zu vermeiden, und unfer Weg fey der fichere, wenn gleich nicht der bequemfte. Weg deSr Erfahrung und befclieidenen Pini-fung — nicht der Flug küliner H^-po-thelen, der gewöhnlich zulezt der Welt nur zeiget, dafs wir Avächferne Flügel hatten. — Auf diefem Wege find wir am ficherften, das Schickfal jener Philo- ' fophen zu vermeiden, von welchen Baco fehr paffend fagt: „fie werden zu ,s,Nachteulen, die nur im Dunkel ihrer „Träumereyen fehen, aber im Licht der „Erfahrung erblinden, und gerade das „am wenigften wahrnehmen können, „was am hellfien ift." Auf diefem Wege und in diefer GeiltesUiniinung find feit diefes grofsen Mannes Zeiten die Freunde derNatui" ihr näher gekommen, als jemals vorher, lind Entdeckungen ihrer tiefften GeheininilTe, Benutzungen ihrer verborgeiifien Kräfte gemacht worden, die unler Zeitalter in Erftaunen fetzen, und die noch die Nachwelt bewundern wird. Auf diefem Wege ift es möglich geworden, felbft ohne das innere Wefen der Dinge zu erkennen, dennoch durch unermüdetes Forfchen ilire Eigenfchaf-ten und Kräfte fo genau abzuwiegen und zu ergründen, dafs wir Tie wenigftens practifch kennen und benutzen. So iJts dem menfchliclien Geifte gelungen, felbft unbekannte Wefen zu belierrfchen und nach feinem Willen und zu feinem Gebrauch zu leiten. Die magnetifche und electrifche Kraft, find beydesW^efen, die fogar unfern Sinnen fich entziehen, und deren Natur uns yielleicht ewig uner-forfchlich bleiben wird, und.dennoch .haben wir fie uns fo dienftbar gemacht, dafs die eine uns auf der See den Weg zeigen, die andere die Naclitlampe am Bett anzünden mufs. Vielleicht gelingt es mir, auch in gegenwärtiger Unterfuchung ihr näher zu kommen, und ich glaube, dafs dazu folgende Behandlung die fchicklichfte fe-jon wird: erftens die BegrilFe von Leben und Lebenskraft genauer zu beftimmen, und ilire Eigenfchaften feftzuletzen» fo-dann über die Dauer des Lebens überhaupt, und in verfchiedenen organifchen Körpern insbefondere, die Natur zu befragen, Beyfpiele zu fammlen und zu vergleichen, und aus den Umftänden und Lagen, in welchen das Leben eines Gefchöpfs längere oder kürzere Dauer hat, SchlüfTe auf die wahrfcheinlichften Urfachen des langen oder kurzen Lebens überhaupt zu ziehen. Nach diefen Vor-ausfetzungen wird fich das Problem, ob und wie nienfchliches Leben zu verlängern fey, am befriedigendften und ver-nünftigften auflüfen laiTen. Was ift Leben und Lebenskraft? — Diefe Fragen gehören unter die vielen ähnlichen, die uns bey Unterfuchnng der Natur aufftofsen. Sie Ich einen leicht, betreffen die gewölinlichften all-tUglichften Erfcheinungen, und find dennoch fo fcliwehr zu beantworten. Wo der Philolbph das Wort Kraft braucht, da kann man lieh immer darauf verlalTen, dafs er in Verlegenheit ifr, denn er erklärt eine Sache durch ein Wort, das felbft noch ein Räthfel ift; — denn wer hat noch je mit dem Worte Kraft einen deutliclien Begriff verbinden können ? Auf diefe Weife find eine unzählige Menge Kräft e, die Schwehrkraft,' Attractionskraft, electrifclie, magneti-fche Kraft u. f. w. in die Phyfic gekommen, die alle im Grunde weiter nichts bedeuten, als das X in der Algebra, die unbekannte Grofse, die wir fuchen. Indefs wir müH'en nun einmal Bezeichnungen für Dinge haben, deren Exiftenz unleugbar, aber ihrWefen unbegreiflich, üt, und man erlaube mir alfo auch hier fie zu gebrauchen, ohneracht dadurch noch nicht einmal entfchieden wird, ob es eine eigene Materie oder nur eine Ei-genfcliaft der Materie ift, wo-von wir reden. Olinfheitig gehört die Lebenskraft unter die allgemeinften, unbegreiflich-ften und gewaltigften Kräfte der Natur. Sie erfüllt, fie bewegt alles, fie ilt höchit wahrfcheinlich der Grundquell, aus dem alle übrigen Kräfte der phyli-fchen, wenigflens organifchen, Welt fliefsen. Sie ifts, die alles hervorbringt, erhält, erneuert, durch die die Schöpfung nach fo manchem Taufende von Jahren noch jeden Frültling mit eben der Pracht und Frifchheit hen-^orgeht, als das erfte mal, da fie aus der Hand ihres Schöpfers kam. Sie ift unerfchöpflich, unendlich, — ein wahrer ewiger Hauch der Gottheit. Sie ifts endlich, die, verfeiiiert und durch einevollkommnere Organifation exaltirt, fogar die Denk-und Seelenkrafc entflammt,, imd dem vernünftigen Wefen zugleich mit dem Leben auch das Gefühl und das Glück des Lebens giebt. Denn ich habe immer bemerkt, dafs das GeRihl von Werth imd Glück der ExiHenz fich fclir genau nach dem mehr oder wenigem l\eich-thum an Lebenskraft richtet, und dafs, fo wie ein gewiller Ueberflufs derfelben zu allen Genülfen und Unternehmungen aufgelegter und das Leben fchmackliaft macht, nichts fo fehr, als Mangel daran, im Stande ift, jenen Ekel und Ueber-. drufs des Lebens hervorzubringen, der leider unfere Zeiten fo merklich auszeichnet.' Durch genauere Beobachtung ihrer Erfcheinmigen in der organifchen Welt lalTen fich folgende Eigenfchaften und Gefetze derfelben beftimmen,* i) Die Lebenskraft ift das feinfte, durchdringendfte, unfichtbarlte Agens der Natur, das vs'ir bis jezt kennen. Sie übertrifft darinne fogar die Lichtmaterie, electri- electrifclie und magi?etifche Kraft, mit denen fie übrigens am-nächften verwandt zu feyn fcheint. 2) Ohneraclit fie alles durchdringt, fo giebt es doch gewiffe Modificationen der Materie, zu denen fie eine gröfser® Verwandfcliaft zu haben fcheint, als zu andern. Sie verbindet fich daher inniger und in gröfsrer Menge mit ilinen, und wird ihnen gleichfam eigen. Diefe Modification der Materie nennen wir die organifche Verbindiurg und Structur der Beftandtheile, und die Körper, die fie befitzen, organifche Körper, — Pflanzen und Thiere. Diefe organifche Structur fcheint in einer gewilTen Lage der feinften Theilchen zu beftehen, und wir ftofsen hier auf eine merkwürdige Aehn-lichkeit der Lebenskraft mit der magne-tifchen Kraft, indem auch diefe durgh einen Schlag, der in gewilTer Richtung auf ein Stück Eifen geführt wird und die innere Lage der feinften Beftandtheila ändert, fogleicli erweckt, und durck X. eine entgegen gefezteErfcliülterving wieder aufgehoben werden kann. Dals we-nigfteus die organifclie Structur nicht in dem fichlbaren falerichten Gewebe liegt, fleht man am Ey, wo davon keine Spur zu finden und dennoch organifches Leben gegenwärtig ift. 3) Sie kann in einem freyen und gebundenen Zuftand exiftiren, und hat darinne viel Aehnlichkeit mit dem Feu-envefen und der electrifchen Kraft. So wie diefe in einem Körper wohnen können, ohne fich auf irgend eine Art zu äuITern, bis fie durch einen angemefle-nenReiz inWirkfamkeit verfezt werden, eben fo kann die Lebenskraft in einem «rganifchen Körper lange in einem gebundenen Zuftand wohnen, ohne fich • durch etwas anders, als feine Erhaltung und Verhütung feiner Auilüfung, ^^anzu-deuten. Man hat davon erftaunliche Beyfpiele. — Ein Saamenkorn kann auf diefe Art Jahre, ein Ey mehrere Monate lang ein gebundenes Leben be- halten, es verdunftet nicht, es"verdirbt nicht, der blofse Reiz der Wärme kann das gebundene Leben f'rey machen, und entwickeltes reges Leben hervorbringen. Ja l'elbft das fdion entwickelte organi-fche Leben kann auf diele Art unterbrochen und gebunden werden, aber dennoch in diefem Zuftaude einige Zeit fortdauern und die ihm anvertraute Organi-fation erhalten, wovon uns befonders die Polypen undPflanz)en-Thiere höchft-merkwürdige Beyfpiele liefern. 4) So wie fie zu verfohiedenen or--ganifclien Körpern eine verlchiedene Verwandfchaft zu haben fcheint, und manchen in gröfsrer manchen in geringerer Menge erfüllt, fo ift auch ilura Binduiig mit einigen fefter, mit andern lockrer. Und merkwürdig ift es, dafs gerade da, wo fie in vorzüglicher Meng© und Vollkommenheit exiftirt, ße lockerer anzuhängen fcheint. Der unvoll-komnine fchwach lebende Poh'p zum Beyfpiel hält lie fefter, als eiuvollkomm- 13 2 neres Thier aus einer böhern KlafTe der WeCen. — Diefe Bemerkung ift für uiifere jetzige Unterlucliuxig von vorzüglicher Wichtigkeit. 5) Sie giebt jedem Körper, den fie erfüllt, einen ganz eigenthüniliehen Ka-racter, ein ganz fpezififches Verhältnifs zur übrigen Körperwelt. Sie theilt ihm nehmlicli erftens die Fähigkeit mit, Eindrücke als Reize zu peroipiren und darauf zu reagiren, und zweytens entzieht fie ilin den allgemeinen phyfifchen und chemifchen Gefetzen der todten Natur, fo dafs man alfo mit Recht fagen kann: durch den Beytritt der Lebenskraft wird ein Köi-per aus der mechanifchen und chemifchen Welt in eine neue, die or-ganifche oder belebte, verfezt. Hier finden die allgemeinen phyfifchen Na-tm-gefetze nur zumTheil und mit geAvif-fen Einfclu-änlcungen ftatt. Alle Eindrücke werden in einem lielebten Körper anders modifizirt Und reflectlrtj als in einem unbelebten. Daher ift auch i« einem belebten Körper kein blos meclia-iiiXcher oder cliemifcher Prozefs möglicli, und alles trägt den Karakter des Lebens. Ein Stöfs, Reiz, Kälte und Hitze wirken auf ein belebtes Wefen nacli ganz eigen-tliüraliclien Gefetzen, und i^e__Wir-Jcung, die da entfteht, mufs als eine aus ,jdein äuITerlicheu Eindruck und der Re-,action der Lebenskraft zufauimengefezte angefelien werden. Eben hierinn liegt auch der Grund der Eigenthümliclikeit einzelner Arten, ja jedes einzelnen Individuums. Wir feilen täglich, dafs Pflanzen, die in ei-nerley Bodoii neben einander wachfen und ganz einerley Nahrung geniefsen, doch in ihrer Geftalt, Säften und Kräften himniehA'eit von einander verfcliie-den find. Eben das-finden wir im Thierreich, und es ift eigentlich das, wovon man fagt: Ein jedes hat feine eigne Natur. 6, T)ie Lebenslcraft ift das gröfste Erhaltungsmittel des Köi'pers, den fio bewohnt. Nicht genug, dals (ie die ganze Organifation bindet und zuTamnien halt; fo widerfteht lie auch fehr kräftig den zerftörenden EinflüfTen der übvigeu Natiirkräfte, in fo fern lie auf chenü-fchen Gefetzen beruhen, die fie aufzu« heben, wenigftens zu modifiziren vermag. Ich I rechne hieher hauptfachlich die Wirkungen der Fäulnifs, der Ver» züitteruTig, des Fr oft s. — Kein lebendiges Wefen fault; es gehört immer erft Schwächung oder Vernichtung der Lebenskraft dazu, um Fäulnifs möglich zu machen. Selbft in ihrem gebmidenen unwirkfamen Zuftand vermag fie Fäulnifs abzuhalten. Kein Ey, fo lange noch Lebenskraft darinne ill, kein Saa-menkorn, keine eingefponnene Raupe, kein Scheintodter fault, und es ift ein wahres Wunderwerk, wie fie Körper, die eine fo ftarke Neigung zut Fäulnii^ haben, wie eben der menfchliche, 60 — %o — ja lüo Jahre dafür fckützen kann. — Abet audi der zweyten Art von Deftra-ction, der Verwitterung, die endlich alles, felbft die liärteften Körper auflör let, und zerfallen macht, widerfleht fie durch ihre bindende Eigenfchaft. — tJnd eben fo der fo gefährlichen Entziehung der Feuertheilchen, dem Froft. Kein lebender Körper erfriert, das heilst, lo lange feine Lebenskraft noch wirkt, kann ihm der Froft nichts anhaben. ^ Mitten in den Eisgebürgen des S\id- mid Nordpols, wo die ganze Natur erftarrt zu feyn fcheint, fieht man lebendige G,e-fchöpfe, fogar Meufchen, die nichts von dem allgemeinen Froft leiden. *) Und diefs gilt ebenfalls nicht blos von ihrem Galanthus nivalis treibt fogar Teine Blüthe durcli den Schnee aus gefrornen Erdreich; awch bleibt die Blume iinbefchHdigt, ohneracht vielec flaiken Nachtfiofte. Hunter lief» 'Fifche im WafTer einfiieren ; fo lange lie lebten, blieb das flbvigens gefrorne WafTer immer um fie herum flüfsig, und bildete eine w.ihre Höhle; erfl in dem Augenblisk, da fie ftarbeu, froren fie ein. wirlcfamen, fonclern audi von dem gebundenen ZufUinde. Ein noch Leben habendes Ey und Saanienkorn erfriert weil fpiiler, als ein todies. Der Bär bringt den ganzen Winter halb erftarrt im Schnee, die todfclieinende Schwalbe, die Puppe des Infects unter dem Eife zu, vuid erfrieren nicht. Dann erft, wenn derFroIt fo hoch fteigt, dafs er die Lebenskraft fchwächt oder unterdrückt, kann er |le überwältigen, und den nun leblofen Körper durchdringen. Diefs Phänomen beruht befonders Eiuf der Ei-genfchaft der Lebenskraft, Wärme zu entwickeln, wie wir gleich fehen werden. 7) Ein gänzlicher Verlufiv der Lebenskraft zieht alfo die Trennung der organifcheu Verbindung des Körpers nach fich, den fie vorher erfüllte. Seine Materie^'gehorcht nun den Gefetzen und Afiinitäten der todten chemifchen Natur, der fie nu.n angehört, Tie zerfezt und ttennt fich in ihreGrundftolFe; es erfolgt unter den gewölinlidien Umfländen die Fäulnifs, die allein uns überzeugen kann, dafs die Lebenskraft ganz von einem organifclien Körper gewichen ift. Aber grofs und ei'hebend ift die Bemerkung, dafs felbft die, alles Leben zu vernichten fcheinende, Fäulnifs, das Mittel werden mufs, wieder neues Leben zu entwickeln, und dafs fie eigentlich nichts anders ift, als ein höchft wichtiger Pröa^efs, die in diefer Geitalt niclit mehr Lebensfähigen Beftandtheile aufs fcluielilte frey und zu neuen orga-nifchen Verbindungen vuid Leben ge-fchickt zu ni-achen. Kaum ift ein Kür-, per auf diefe Art aufgelöfet, fo fangen jfogleich feine Theilchen an, in taufend kleinen Wüimchen wieder belebt zu werden, oder fie feyern ihre Auferfte-liung in der Geftalt des fchönjten Gräfes, der liebliciiften Blumen, beginnen auf diefe Art von neuen den gröfsen Lebenszirkel organifcher Wefen, und iind durch einige Metamorphofen vielleicht €in Jahr dainach wieder Beftaiidtlieile eines eben fo vollkommnen jnenfchli-chen Wefens, als das war, mit dem fie^ zu verwefen fchieaen. Ihr* fdieinbarer Tod war alfo nur der Uebergang zu einem neuen Leben, und die Lebenskraft verldlst: einen Körper nur, um ficli bald , Tollkonnnener wieder damit verbinden zu können. 8) Die Lebenskraft kann durch ge-wiffe Einwirkungen gefchwächt, ja ganz äufgelioben, durch andre erweckt, ge-ftärkt, genährt werden. Unter die fie • vernichtenden gehört vorzüglich dieKähe^ der Hauptfeind alles Lebens. Zwar ein mäfsiger Grad von Kälte kann in fo fern ftärkend feyn, indem er die Lebenskraft concentrirt, und ilire Verfchwendung hindert, aber es ilt keine pofitive fondern negative Stärkung, und ein hoher Grad von Kälte verfcheucht fie ganz. In der Kälte kann keine Lebensentwicklung gefchehen, kein Ey ausgebrütet werden, kein Saamenkoirn keimen. Fem er gehören liieher gewilTe Er-fchütterungen, die llieils durch Vernichtung der Lebenskraft, iheils auch durch eine nachtheilige Veränderung der innern organifchen Lage der Theilchen zu wirken fcheinen. So entzieht ein heftiger electrifcher Schlag, oder der Blitz, der Pflanzen - und TliierAvelt augenblicklich die'Lebenskraft, ohne dafs man oft ;die geringfte Verletzung der Organe entdecken kann. So können, befonders bey vollkommnern Gefchöpfen, Seelen-erfchütterongen, heftiges Schrecken oder Freude, die Lebenskraft äugen-, blicklich aufheben. Endlich giebt es noch gewilTe phy« fifehePotenzen, die aullerfl: fclnvächend. Ja vernichtend auf fie wirken, und die tvir daher gewöhnlich Gifte nennen, z.E. das faule Contagium, das Kirfchlorl^eer-waffer, das wei'entliche üel der bitlera Mandeln u. dgl. 6o Aber nun exifliren ancli Wefen von entgegengei:«zter Ait, die eine gewilFe Freundfchaft und Vevwandichaft zur Lebenskraft haben, fie erwecken, ermuuT tern, ja liocliftwahrfch ein lieh ihr eine feine Nalirnng geben köinien. Diefe find vorzüglich Licht, arme und Luft, oder vielmehr SauerftofF, dieyHimmelsgaben, die man mit Recht die Freunde und Schutzgeifter alles Lebens nennen kann. Oben an flelit das Lichb^ ohnflreitig der nächfte Freund und Verwandte des" Lebens, und gewifs in diefer Rückficht von weit M-efentlicherer Einwürkung, als man gewöhnlich glaubt. Ein jedes Ge-fclijöpf liat ein um fo vollkommneres Leben , je mehr es den Einfluiš des Lichts geniefst. Man entziehe einer Pflanze, einem Tliier, das Licht, es wird bey aller Nahrung, bey aller Wartung und Pflege, erft die Farbe, dann die Kraft ver-- lieren, im Wachstlium zurückbleiben, / lind am Ende verhütten. Selbft der öl Menfch wird durch ein liclitlofes Leben bleich, fchlafF und ftumpf, und verliert zulezt die ganze Energie des Lebens, wie fo manches traurige Beyfpiel lange im dunkeln Kerker veridilofsner Peri'o-nen beweifst. — Ja, ich glaube nicht zu viel zu. fagen, 'wenn ich behaupte: Organifches Leben ifl nur in der Influenz des Lichts, und aifo wahrfcheinlich durch diefelbe möglich, denn in den Eingeweyden der Erde, in den tiefften Höhlungen, wo ewige Nacht wohnt, äulTert lieh nur das, was wir unorgani-fches Leben nennen. Hier athmet nichts, hier empfindet nichts, das einzige, Avas man etAva noch antrifft, find einige Arten von Schimmel oder Steinmoos, der erfte unvollkommenfte Grad von'Vege-tation. — Sogar da zeigt fich, dafs diefe Vegetation meiltens nur an oder bey verfaulten HolzAA'erk entftehe. Alfo mufs auch da der Keim organifchen Lebens erft durch Holz imd Waffer hinunter gebrächt, oder Lebenserzeugende Fäulnifs hervorgebracht werden, Avel- die auderdem in diefen Abgründen nicht exiftirt. , J)ie andere n'clit weniger wohlthä-tige Freandin der Lebenskraft ift: Wärme. Sie allein ift im Stande, den erfteu Lebenskeirn zu entwickeln. Wenn der Winter die ganze Natur in einen todten-älinliclienZuftand verfezt hat,fo braucht niu- die warme Frühlingsluft Tie anzii-wehen, und alle fchlafende Kräfte werden wieder rege. Je näher wir den Polen kommen, defto todler wird alles, und man findet endlich Gegenden, wo fchlechterdings keine Pflanze, kein Infect, kein kleineres Thier exiftiren, fondern blos grofse Maffen von Gefcliöpfeai, als Wallfifche, Bären u.dgl., die zum Leben nöthige Wärme confervii en können. — Genug, wo Leben ift, da ift auch Wärme in mehr oder mindern Grade, und es ift eine höchftwichtige unzertrennliche Verbindung zwifchen beydeii. Wärme giebt Leben, und Lebeir entwickelt auch wiederum Wärme, und es ift \ fclxwehr zu beftimmen, welches Urfach und wtlclies Folge ift. Von der aufTerordentliclien Kraft der Wärme, Leben zu nähren und zu er\Vecken, verdient folgendes ganz neue und entfcheidendeBeyfpiel angeführt zu werden: Den zweyten Auguft 1790 ftürzte fich ein Carabinier, Nahmens Petit zu Strasburg, ganz nackend aus dem Fenfter des Militairhofpitals in den Rhein. Um 5 Ulu-Nachmittags bemerkte^ man erft, dafs er fehle, under mochte über eine halbe Stunde im WalFer gelegen haben, als man ihn herauszog. Er war ganz tod. Man that Aveiter nichts, als dafs man ihn in ein recht durch-wärmtes Bett legte, den Kopf hoch, die Arme an deuL.eib, und die Beine nahe neben einander gelegt. Man begnügte fich dabey, -ihm nur immerfort warme Tücher, befonders auf den Magen und die Beine aufzulegen. Auch wurden in verfchiedene Gegenden- des Bettes heifse f Steine, mit Tüchern umwickelt, gelegt. I , Nach 7 bis 8 Miniiten naliin man an den ob£;rn Augenliedern eine kleiiy; Bewegung wahr. Einige Zeit darauf ging die bis dahin feft an die obere gefchlofsne untece Kinnlade äuf, es kam Schdrnn aus dem Munde, und Petit konnte Äni-ge Löffel Wein verfchlucken. Der PuJs kam wieder, und eine Stmide darauf konnte er reden. — Offenbar wirkt die Warme im Scheintod eben fo kräftig, als zur erften Enrwickluxlg des Lebens, fie nährt den kleinften Funken des noch übrigen Lebens., facht ihn an, und bringt iixn nach-und nach zur Flamme. Dig dritte wichtigfte Nalirung des Lebens ift Luft. Wir finden kein We-fen, das ganz ohne Luft leben könnte, und bey den rneiften folgt auf Entziehung derfelben lehr'bald, oft augenblicklich der,Tod. Und was iliren Ein-flufs am fichtbarften macht, ift, dafs die Athemholeijdeh Thiere weit reicher an Lebenskraft find und'fie in vollkommnein Grade befitzen, als die Nichtath- • , inenden. menden. Vorzüglich fcheint die depUo-giflifirte, oder Feuerluft, derjenige Be-ftandtheil unfrer Atmosphäre zu feyn, der Zttnächft und am kräftigften die Lebenskraft nährt, und tnan hat in neuem Zeitfen, wo llns'unfere wunderthätige Chemie diefelbe rein darzuftellen gelehrt hat, durch das Einathmen derfel-ben ein allgemeines Gefühl ronStätkung und Ermuntermig bemerkt. Die Grundlage diefer FeUer- odtfr Lebensluft nennen die Chemiker den Satierftöff (Oxiy gene) i und diefer Beftandtheil: ift es eigentlich, der das Belebende in der Luft enthält, und beym Athertiholen in dasi Blut ü])ergehet. — Auch das WaJJ'er gehört in fo fern zi^t den Lebensfreunden, als es auch SaüerftofF enthält, und we-nigftens zu den Lebensbedingungen, als ohne Flüfsigkeit keine Aeufseraiig des Lebens möglich ift* / Ich glaube atfo mitKecht behau|)te» zu könneil, dafs Licht, Wärme: und Saiierftcff die wadiren eigenthtuiilicheö E \ Nalirungs- uiid Erhaltungsmittel der Lebenskraft lind. Gröbere Naluungs-mittel (den Antheil von SauerftofF und Feuennaterie abgerechnet, den de enthalten) fcheinen melu- zur Erhaltung der Organe und zur Erletzung der Gon-fumtion zu dienen. Sonft liefse lichs nicht erklären, wie Gefchöpfe To lange ohne eigentliche Nahrung ihr Leben erhalten konnten. Man fehe das Hühnchen im Ey an. * Ohne den gei-ingften Zugang von auflen lebt es, entwickelt lieh, und wird ein vollkommnes Thier. Eine Hyazinten oder andere Zwiebel, kann olme die gei'ingfte Nahrung, als den Dunft von WalTer, fich entwickelij, ihi-en Stengel und die fchönften Blätter und Blumen treiben. Selbft bey voll-kommnern Tliieren fehen» wir Erfchei-nungen, die auflerdem unerklärbar wä-, ren. Der Engländer Fordyce z. E. fchlofs Goldfifche in Gefäfse, mit Brunnenwafler gefüllt, ein, lies ihnen anfangs alle 24 Stunden, nacliher aber nur alle 3 Tage frifches Waller geben, und fo lebten liQ ohne alle Nahrung 15 Monate lang, und, was noch mehr zu bewundern ift, waren noch einmal fo grofs geworden. Well man aber glauben konnte, dafs doch in dem Waller eine Menge unficht-barer Nahrungstheilchen feyn möchten, fo deftillirte er nun dalTelbe, fezte ihm wieder Luft zu, und um auch allen Zugang von Infecten abzuhalten, verftopfte ' er das Gefäfs forgfältig. Demohiigeachr tet lebten auch hier dieFifche lange Zeit fort, wuchfen fogar und hatten Excre-'tionen. Wie wäre es möglich, dafs felbft Menichen fo lange hungern und dennoch ihr Leben erhalten könnten, wenn die unmittelbare Nahning der Lebens-3craft felbft aus den Nalu'ungsmitteln gezogen werden, mül'ste? Ein franzöfifcher Offizier *) verfiel nach vielen erlittenen Kränkungen in eine Gemülhskrankheit, in welcher er befchlols, lieh auszuhungern, vmd blieb feinem Vorfatz fo geE 2 ') S. Hiß. dt r Acadtnüe R. Jet Seimets. Am treu, dafs er ganzer 46 Tage niclit die geringfte Speife zu ficli nahm. Nur am fünften Tage foderte er abgezogenes Waffer, und da man ilim ein halbes Nö-fei Anisbrantwein gab, verzehrte er fol-ches in 3 Tagen. Als man iliin aber voi-ftellte, dal's diefs zu viel fey, that er in jedes Glafs Waffer, das er trank, nicht mehr als 3 Tropfen, und kam mit diefer Flafche bis zum sgften Tage aus. Nun hörete er auch auf zutrinken, und nahm die lezten 8 Tage gar nichts mehr zu fich. Vom 56ften Tage an nmfsle er liegen, und merkwürdig war es, dafs diefer fonft äufserft reinliche Mann die ganze Zeit feiner Faften über, einen fekr üblen Geriich von fich gab (eine Folge der unterlaffenen Erneuerung feiner 'Säfte, und der damit verbundenen Ver-derbnifs), und dafs feine Augen fchwach wurden. Alle Vorftellungen waren umc fonft, und man gab ihn fchon völlig verlohren, als plözlidi die- Stimme der Natur durch einen Zufall wieder in ihm erwachte. Er fah ein Kind mit ein ein St'ick Butterbrod. liereintreten. Diefer Anblick erregte luit einem male feinen Appetit dermalTen, dafs er dringend um eine Suppe bat. Man reichte ihm vou nun an alle a Stunden einige Löffel I / ^ . •^Reifsfchleim, nach und nach ßärkere Nahrung, und fo wurde feine Gefund-heit, obwohl langfam, wieder herge-ftellt. — Aber merkwürdig war diefs, dafs, fo lange er faftete und matt war, fein eingebildeter Stand, fein Wahnfinn verfchwundeii war, und er fich bey feinem gewöhnlichen Nahmen nennen liefs; fobald er aber durchs Effen feine Kräfte wieder erlangte, kehrte auch das ganze Gefolge ungereimter Ideen wieder zurück, g) Es giebt noch ein Schw'achtings-oder Verminderungsmitlei der Lebenskraft, was in ihr felbft liegt, nehmliclx der Verlufl; durch Aeufserung der Kraft. Eey ieder Aeufserung derfelben gefchieht: eine Entziehung von Kraft, «nd wenn diefe Aeufserungen zu fl^ark oder zu anhaltend fortgefezt werden, fo kann völlige Erfchöpfung die Folge feyn. Diefs zeigt ficli fchon bey der gewöhnlichen Erfahrung, dafs wir durch i^nflrengun-gen derfelben beym Gehen, Denken u/ f. w. müde werden. Noch deutlicher al>er zeigt ficlis bey den neuern Galuoni-fchen Yerfuciien, wo man nach dem Tode eiuei) noch lebenden Muskel und ÜSJerven durch Metallbelegung reizt. Wiederliohlt man den Reiz oft vmd flark, fo wird die Kraft bald, gefchieht es langfamer, fo wird fie fpäter erfchöpft, und felblt, wenn fie erfcl;iöpft fcheint, kann man dadurch, dafs man einige'Zeit die Heizungen unterläfst, neueAnfamm-lung und neue Aeufserungen derfelberr bewirken. Dadurch entlieht alfo ein neues Stärkungsmittel, nehmlicli die Muhe, die tmterlafsne Aeufeei-ung.» Dadurch kann fie ficji fammlen, und wirklich vermehren. 10) Die 'näcliften Wirkungen der Lebenskraft find nicht blos, Eindrücke als Reize zu percipir^n und darauf zurück zu wirken, fondern auch die Be-ftandtheile, die dem Körper zugeführt werden, in die organifche Natur umzuwandeln (d. h. fie nach organifchen Gefetzen zu verbinden) imd ihnen auch die Form und Structur zu geben, die der Zweck des Organismus erfodert. 11) Die Lebenskraft erfüllt all« Theile des organifchen belebten Körpers, fo wohl feite als flülfige, äufsert fich aber nach Verfchiedenheit der Organe auf verfchiedene Weife, in der Nerven-fafer durch Senlibilität, in der Muskel-fafer durch Irritabilität u. f. f. Diefs ge-fchielit einige Zeit fichtbar und zunehmend, und wir nennen es Generation, W^achsthum, — fo lange, bis der organifche Körper den ihm beftimmten Grad von Vollkommenheit erreicht hat. Aber diefe bildende fchafFende Kraft hört deswegen nun nicht auf zu wirken, fon- dem das, was vorher Wnclisthuin war, wird nun beftäiidige Enieurung, uud dielte immerwährende Reproduction iJ}: eins der wichtigften Erhaltungsmittel der Gefchöpfe, Diefs fey genug von dem Wefen diefer Wiinderlcraft. Nun wird es uns leichter feyn, über das Verhältnifs diefer Kraft ?um Leben felbft, über das, was eigentlich Leben heifst, und die Dauer deflelbpn, etwas beftimmLejes zu fagen, Lehen eines organifchen Wefens Jieifst der freye wirkiame Zuftand jener Jiraft, und die damit unzertrennlich, verbundene Regfamkeit und WijrkCam-. jkeit der Organe. Lebei;iskraft ift alfo nur Fähigkeit; Leben felbft Hand" ^ung, Jedes Leben ift folglich eine fortdauernde Operation von ürafläufse-irungen und organifchen Anftrengun-jgen, Differ Prozefs hat alfq nothwen-» , dig beftändige ConfuintiQ» der s - 75 Kraft und der Organe zur unmittelbaren Folge, und diele erfodert wieder eine befländige Erfetzung beyder, wenn das Leben fortdauern foil. Man Jtann alfo den Prozefs des Lebens als ejnen beltän-digen ConfuniiJioiispro^efs anfelien, und fein Wefentliclies in einer beftändigen Aufzehrung und'Wiedererfetzung unfrer felbfj: beftimmen, Man hat fclion oft das Leben mit einer Flamme vex'gliclien, und wirklich ift es ganz einerley Opera., tipn, Zerftörendq und fchaffende Kiäfte find in unaufhörlicher Thäliglieit in eir aieni beftändigen Kamp^ in uns, und je^. der Augenblick unirer Exiftenz ift ein fonderbares Gemifch von Vernichtung und neuer Schöpfung. So lange die Le-. benskraft noch ihre erfte Frifchheit und Energie befizt, werden die lebenden fchaffenden Kräfte die Oberhand behalt, ten, und an diefein Stielte fogar noch einUeberfcliufs füj- fie bleiben; derKqr» per wird alfo wachlen und ficli vervoll-■ Icommnen, !Nach und nach werden ße jns Gleichgewicht koiuujew, Uftd di^ Con famdon wird mit der Regeneration, in fo oleicheni Verliältnifs flehen, dafs nun der Körper weder zu noch abnimmt. Endlich aber mit Verminderung der Lebenskraft und Abnutzung der Organe -wird die Confumtion dJfe Regeneration zu übertreffen anfangen, und es Avird Abnahme, Degradation, zulezt gänzliche Auilöfung die miausbleibliche Folge feyn. — Diefs ifts, was wir auch durchgängig fmden. Jedes Gefchöpf hat drey Perioden, Wachsthum, Stilleftand, Abnahme- Die JDauer des Lebens hängt alfo im Allgemeinen von folgenden Puncten ab: i) zu allererfl: von der Summe der Lebenskraft, die dem Gefchöpf bey-wohnt. Natüi-lich wird ein gi'öfsrer Vorrath von Lebenskraft länger ausdauern tind fpäter confumirt werden, als ein geringer. Nun wiffen wir aber aus den vorigen, dafs die Leberlskiaft zu manchen Körpern mehr zu andern weniger Verwandfchaft hat, manche in gröfsrer manche in geringerer Menge erfüllt, ferner dafs manche äufTerliche Einwirkungen fchwächend manche n'üirend für fie find, — Diefs giebt alfo fchon den erften und wichtigften Grund der Verfcliiedenheit der Lebensdaiier. — e) Aber nicht blos die Lebenski-aft fondern auch die Organe werden durchs Leben confuniirt und aufgerieben, folglich niufs in einem Körper von feftem Organen die gänzliche Confumlion fpäter erfolgen, als bey einem zarten leicht auf-löfslichen Bau. Ferner die Operalioix des Lebens felbft bedarf die beftändige Wirkfanikeit- gewider Oigane, die wir daher Lebensorgane nennen. Sind diefe unbrauchbar oder krank, fo kann das Leben nicht fortdauern. Alfo eine ge-•wiffe Feftigkeit der Organisation und gehörige Befchaifenheit der Lebensorgane giebt den zweylen Grund, worauf Dauer de$ Lebens berulit. — 3) Nun kann aber der Prozefs der Confumtion felbft, eniweder,langfamer oder fchnel-1er vor lieh gehe«, und folglich, die Dauer delTelben, oder des Lebens, bey übrigens vö-llig gleiclieii Kräften wnd Organen, länger oder kürzer feyn, je nachdem jene Operation fchneller oder langiamer gefclüeiit, gerade fo, wie ein Licht, das man unten und oben zugleich anbrennt, noch eiimial fo gefchwind x'erbrennt, als ein einfach angezündet es, oder wie ein Licht in dephlogiftifirter Luft gewifs zehnmal fchneller verzehrt feyn wird, als ein völlig gleiches in gemeiner Luft, weil durch diefes Medium derProzefs der Confumtion wohl zehnfach befchleunigt und vermehrt wird. Diefs giebt den dritten Grund der ver-fchiedenen Lebensdauer. —^ 4) Und da endlich die Er fetz un g des Verlornen im d _ die beltändige Regeneration das Hauptmittel ifl, der Confumtion das Gegengewicht zu halten, fo wird natürlich der Körper, der in fich und auffer fich die bellen Mittel hat, fich am leichtften und vollkommenften zu regeneriren, auch von längerer Dauer feyn, als ein anderer, dem diefs fehlt, , Genug, die Lebensdauer eines Ge-tchöpfs wird fich verlialten, wie die. Summe der ihm angebornen Lebenskräfte, die mehrere oder wenigere Fe-ftigkeit feiner Organe, die fchnellere oder langfaraere Gonfumtion, und die vollkomnnie oder unvollkomnine Re-ftauration. — Und alle Ideen von Lebensverlängerung, fo wie alle dazu vor-gefclilagenen oder noch vorzufchlagen-den Mittel, lalTen fich unter diele 4 Clalfen bringen, und nach diefenGrund-fätzen beurtheilen. Hieraus laffen fieh mehrere lehrreiche Folgerungen ziehen, und auflerdem dunkele Fragen beantworten, vpn denen, ich liier nur einige vorläufig anzeigen wiU. Ift das Ziel des Lebens beßimmt oder nicht? IDiefe Frage ilt fchon oft ^in Zankapfel gewefen , der die Philpfo-phen und Theologen entzweyte, und fchon mehrmals deii Werth der armen Arzneykuiilt ins Gedränge braclite. Nach o,bigen BegrifFen ilt diefe Frage leickt zu lofen. In gewilTenj Verftande haben beyde Partheyen Recht. Allerdings hat jedes Gefciilecht A'on Gefchö-pfen, ja jedes einzelne Individuum eben fo gewil's fein befüninites Lebensziel, als es feine beftiinrnte Gröfse und feine eigenthüniliche Mafle von Lebenskraft, Stärke der Organe und Confumtions-oder Regenerations weife hat; denn die Dauer des Lebens ift nur eine Folge die-fer Confumtion, die keinen Augenblick länger währen kann, als Kräfte und Organe zureichen. Auch fehen wir*, dafs deswegen jede Klaffe von Wefen ihre be-ftimmte Lebensdauer hat, der lieh die einzelnen Individuen mehr oder weniger iiäliern. — Aber diefe Confumtion kann befchleunigt oder retardirt werden , es können günftige oder ungünfti-ge, zerftörende oder erhaltende Um-ftände Einflufs haben, und daraus folgt denn, dafs, troz jener natürlichen Be- ftimmuug, das "Ziel demioch verrückt werden kann. Nun läfst fidi auch fclion im Al.Vge-meinen die Frage beantworten: Ift Ver-"längerung des Lebens möglich? Sie ift es allerdings, aber nicht durch Zaiiber-mittel und Goldtincturen, auch nicht in lü fern, dafs man die uns zugetheilte Summe und Kapacität von Lebenskräften zu vermelu-en und die ganze Beftim-mmig der Natur zu verändern hoffen könnte, fondern nur durch gehörige Rückücht auf die angegebnen 4 Puncte, auf denen eigentlich Dauer des Lebens beruht: Stärkung der Lebenskraft und der Organe, Retardation der Confum-tipn, und Beförderung und Erl eich te-rung der Wiedererfetzung oder Regeneration. — Je mehr alfo Nalirung, Kleidung, Lebensart Clima, felblt künftliche Mittel, diefen Erfordemiffen em Gnüge thun, defto mehr werden Jfie zur Verlängerung des Lebens wirken; Je melir lie diefen entgegen arbeiten, delto iTielu- wei'den fie die Dauer der Exiftenz verkürztiij Vorzüglich verdleilt hier noch das, was ich Retardation der Lehejisconfwntion nenne, als in meinen Augen das wich-tigfte Verlängerungsmittel des Lebens, einige Betrachtung. Wenn wir uns eine gewifl'e Summe von Lebenskrälten und Organen, die gleichlam unlern Lebensfond ausmachen, denken, und das Leben in der Confumtion derl'elben be-fteht, fo kann durch eine ftärkere An-Jftrengung der Organe und die damit verbundene fchnellere Aufreibung jener Fond natürlich fchneller, durch einen mäfsigern Gebrauch hingegen langfamer aufgezehrt werden, Deijenige, der in einem Tage noch einmal fo viel Lebenskraft verzehrt, als ein anderer, wird auch in halb fo viel Zeit mit feinem Vorrath von Lebenskraft fertig feyn, und Organe^ die man noch einmal fo ftark braucht, werden auch noch einmal fo bald abgenuzt und unbrauchbar feyn. Die Die Energie des Lebens wird alfo mit feiner Dauer im umgekehrten Verhält-nifs ftelien, oder je mehr ein Wefen in-tenfiv lebt, defto mehr Avird fein Leben an Extenlion verlieren. — Der Ausdruck, gejchiüind leben, der jezt fo wie die Sache gewöhnlich worden ift, ifb alfo vollkoniraen richtig. Man kann allerdings den Prozefs der Lebenscon-fumtion, Tie mag nun im Handeln oder Geniefsen beftehen, gefchwinder- oder langfamer machen, alfo gefch\\dnd und langfam leben. Ich werde in der Folg© das eine durch das Wort intenlives Leben, das andre durch extenfives bezeichnen. Diefe Wahrheit beftätigt fich nicht blos bey dem Menfchen, fondern durch die ganze Natur. Je Aveniger in-tenfiv das Leben eines Wefens ift, defto länger dauert es. Man vermehre durch Wärme, Düngung, künfthche IVIittel, das intenfive Leben einer Pflanze, fie wix'd fclmeller vollkommner fich entwickeln, aber auch fehi; bald vergehen. —• Selbft ein Gefchöpf, Avas von Natur els' nen grofsen Reiclitliuin von Lebenskraft ^ befizt, wird, wenn fein Leben fehr in-tenliv wirkfam ift, von kürzerer Dauer feyn, als eins, das an ßcli viel ärmer au Lebenskraft ift, aber von Natur ein weniger intenfives Leben hat. So ifls z. B. gewifs, dafs die liöliern Clallen der Tliiere ungleich mehr Reiciithum und Vollkommenheit der Lebenskraft befit/,en, als die Pflanzen, und dennoch lebt ein Baum wohl hundertmal langer, als das Lebensvolle Pferd, weil das Leben des Baums iiitenfiv fchwächer ift. — Auf diefe Weife können fo gar fchwiii dien de Umftände, wenn fie nur die in, tenfive Wirkfamkeit des Lebens mindern, Mittel zur Verlängerung delTelbeii werden, hingegen Lebensftärkende und erweckende EinflüfTe, wenn fie die innere Fiegfamkeit zu fehr vermehren, der Dauer xleflelben fchaden, und man fieht fchon hieraus, Avie eine fehr ftarke Ge-fundheit ein Hinderungsmittel der Dauer, und eine gewide Art von ScliAväcli-liclikeit das belte Beförderungsmittel des langen Lebens werden kann; und dafs die Diät und die Mittel zur Verlängerung des Lebens nicht ganz die nehmli-chen feyri können, die man unter dem Nahmen ftärkende verlieht. — Die Natur felblt giebt uns liiei-inne die belle Anleitung, indem fie mit der Exillenz jedes vollkommnern Gefchöpfs eine ge-wilTeVeranftaltung verwebt hat, die den Strom l'einer Lebensconfumtion aufzuhalten und dadurch die zu fchnelle Aufreibung zu verhüten vermag. Ich meine den Schlaf, ein Zuftand, der fich bey allen Gelchöpfen vollkonminer Art findet, eine äuderlt weife Veranftaltung, deren Hauptbellimmung, Regulirung und Retardation der Lebensconfumtion, genug das ill, was der Pendel dem Ulu-werk. — Die Zeit des Schlafs ifi: nichts als eine Paufe des intenliven Lebens, ein fcheinbarer Verluft deflelben , aber eben in diefer Paufe, in diefer Unterbrechung feiner Wirkfamkeit, liegt das gröfste Älittel zvu" Veilängerung delTelben. Eine 12 — i6ftüjidige uuunterbrocIliie'iJauer F 2 des inteiifiven Lebens bey Menfclien, bringt Jclion einen To reil'senclen Strom von Confunition Jiervor, dafs fich eiii Iclineller Puis, eine Art von allgemeinen Fieber (das lo genannte tayliclie Abend-fiebev) einltellt. Jezt kommt der Schl«f zu Hülfe, verfezt üin in einen mehr paf-üven Zuftand, luid nach einer folchen 7 bis 8 ftiindigen Paufe ift der verzeli-^rende Strom der Lebensconlumtion To gut unterbrochen, das verlohrne To fchön wieder erfezt, dals nun Pulsldilag •und alle Bewegungen wieder langfam und regelmäfsig gefchehen , und alles wieder den rulligen Gang gehet. —■ Daher yermag nichts Ib fchnell uns aufzureiben und zu zerftören, als lange dauerndeSchlaflofigkeit. — Selbft die Neftors des Pflanzenreichs, die Bämne, Würdeir, olme den jährlichen Winler- "} Dirum fclilafen alte Leute weniger, -weil bey J ihnen das iiitenfive Leben, die Lebenscoiifum- tion, rdiwacli ifi, nnd weniger Erholung brauclit. Xclilaf, ihr Leben nicht fo hoch bringen. — Ja bsy mancher Pflanze finden wir 'wiiltlich etwas, WAS lieh mit dem täglichen Schlaf der Menf^Iirti vollkommen vergleichen läfit. Sie legen alle Abende ihre Blätter an einander oder lenken lie nieder, die Blüten verfchliefsen fich, und die ganze AcufseiUcIie verväth einen Zulland von Ruhe nnd Einsezoeenheit. Man hat dief» a a ^er Kühlung und Abendfeiichtigkeit zufchreiban Tvollon, aber es gefchieht auch im Gewächi-LaiLfe. Andre haben es für eine Folge der Dun« ielheit gehalten, aber manche fchliefsen fich im Soinuier fchon Nachmittags 6 Uhr. Ja düs JTragopogon luteum fchliefst fish fchon früh um i 9 Uhr, und diefe Pflanze liefse fich alfo mit den Nachtthieren und Vögeln [der aninialifchen Welt veigleichen, die bey Nacht nur zuunter find und bey Tage fchlafen, — Ja faß jede Stund« des Tages liat ein» Pflanze, die fich da 'fchÜBCst, und darauf griuldet ßch die Pßdnzenuhr. --II— »i—-----i Dritte Vorlefiuig. Lebensdauer der Pflanzen. ytrffhledenheit derfelhen — Elfjährige, zweyjiihri'gtt, vieljUhrige — Erfahrungen über die Umjtande, die diefs beßimmen — RcfuUat» daraus — Anwendung muf die Haupt-prinzi-pien der LehensoerlUngerung — tVichtiger Einflufs der Zeugung und Kultur auf dia Lebenslange der Pflanzen, Hjs fey mir nun erlaubt, zur Betätigung oder Prüfung alles desgefagten, einen Blick auf alle ClalTen der or^anifirten Welt zu werfen, i nd die Belege zu meinen Behauptungen aufzufuclien, Hier-bey werden wir zugleich Gelegenheit haben, die wichtigilen Nebenmuftände I kennen zu lernen, die auf Verlängerung oder yerkarzung des Lebens Einflufs haben. — Unendlich manniclif'altig ift die Dauer der verichiedenen organi-fclien WeL'en! — Yon dem Schimmel au, der nur ein Paar Stunden lebt, bis ' zur Zeder, welche ein Jahrtaufend erreichen kann, welcher Abftand, welche unzählige Zwifchenltufen, welche Man-nichfaltigkeit von Leben! Und dennoch mufs.der Grund diefer längern oder kürzern Dauer in der ei'genthüraliclien Be-fchalFenheit eines jeden Wefens und feinem Standpunct in der Schöpfung liegen, und durch fleifiges Foifchen zu finden feyn. Gewifs ein erhabener und interelTaaiter, aber auch zugleich ein lui-überfehlicher Gegenfiandl Ich werde mich daher begnügen müfTen, die Hauptdata heraus zu heben, und in unfern gegenwärtigen Gefichtspunct zu itellen, Zuerft ftellen fich uns die Pflanzen' dar, diefe unüberfehbare Welt von Ge-ichöpfeii, uici^e eilte Stufe uer orgaiii- fclien Wefen, die ficli dnrcli innere Zueignung erndliren, ein Iiidividuvim for-miien, und ihr Gefchleclit fortpflanzen. Welche uiiendliclxe Verfchiedenheit von Geftalt, Organifation, Gröfse und Dauer 1 Nach den neueften Entdeckungen und Berechnungen wenigftens 40000 verfcbiedene Gattungen und Ar-tenl Dennoch laflen fie fich alle, nach ilirer Lebensdauer, in drey HauptklalTen bringen, einjährige, oder eigentlich nur halbjälirige, die im Früliling entliehen und im Herbft fterben, zweyjährige, die am Ende des z^veyten Jahres fterben, und endlich perennirende, deren Daueflc länger, von 4 Jahren, bis zu 1000, ilt. Alle Pflanzen, die von faftiger wäf-ferigter Conftitution find, und ("ehr feine zarte Organe haben, haben ein kurzes Leben, und dauern nur ein, höchftens zwey Jahre. Nur die, welche feftere Organe und zähere Säfte haben, dauern länger; aber es gehört fchlecllterdings Holz dazu, um das hüchftö Pflanzeule- . ben zu erreichen. Selbfl: bey denen, welche nur eins oder zwey Jahre leben, finden wir einen merklichen Unterfchied. Die, welche kalter, gerucli - und gefchmacklpfer Natur find, leben unter gleichen Umfiän-den nicht fo lange, als die ftarkriechen-den, balfamifdaen, und mehr welentli-ches Oel und Geift enthaltenden. z. B. Lactuk, Weizen, Korn, Gerfte, und alle Getraidearten leben nie länger als ein Jahr; hingegen Thymian, Poley, Ifop, MelilTe, Wermuth, Majoran, Salbey u. f. w. können zwey und noch mehr Jahre fortleben. Die Gelhäuche und kleinern Bäume können ihr Leben auf 60, einige auch auf noch einmal fo viel Jahre bringen. Der Weinflock erreicht ein Alter von 60 ja 100 Jahren, und bleibt auch noch iin höchften Alter fruchtbar. Der Rosma- rill desgleichen. Aber Acnntlms und Eplieu können über loo Jalir alt werden. Bey manchen, z. E. den Rubusarten ift es fchwehr das Alter zu beftinnnen, weil die Zweige in die Erde kriechen, und immer neue P'aiimchen bilden, l'o dafs es fchwehr ift, die neuen von den alten zu unterfcheiden, und lie gleich-fam il,ire Exiftenz dadurch perennirend machen. Das höchfte Alter erreichen die gröfsten, ftärkften und fefteften Bäume, die Eid e, Linde, Buche, Kaflanie, Ulme, Ahorn, Platane, die Zeder, der Oelbaain, die Palme, der Maulbeerbaum, der Baobab. *) — Man kann Diefer neu entdeckte Blum (Adanfonia digitata), fcheint einer tlev älieften weiden zu können. Er bekonitMt im Stamme eine Dicke von 25 ynfs, und Allan/on fand in der Mitte diefes Jaluhun-derts an Baumen, die eift ß Fufs dick waren, IJamen von Seefahiein aui dem Ijten und löten Jahrhundert eingefcluiitten, und diefe Ein-fchnitte hatten fich noch »licht fehr erweitert. mit Gewifsheit beh'anpteti, dafs einige Zedern des Libanons, dei- berühnite.Ka-Itanienbaum di cejiti cnvnlli in Sicilien, und mehi'ere heilige Eichen, unter denen fchon die Alten Teutfchen ihre AnI ,f dacht hatten, ihr Alter auf looo und mehrere Jahre gebracht haben. Sie find die ehrwüidigften, die einzigen noch lebenden, Zeugen der Vorwelt, und erfüllen uns mit heiligen Schauer, wenn der Wind ihr Silberhaar durchraufcht, das fchon einfl; den Druiden tmd dem Teutfchen Wilden in der Bärenhaut zum Schatteii diente. Alle fchnell wachCende Bäume, als Fichten, Birken, Maronniers u, f. w. haben immer ein weniger feftes und dauerhaftes Holz., und kürzere Lebensdauer. — Das feftefte Holz und das längfie Leben hat die, unter allen am langfamften wachfende, Eiche. Kleinere Vegetabilien haben im Durchfchnitt eia kürzeres Lebe«, als die grofsen hohen und ausgebreiteten. Diejenigen Bäume, die das dauer-haftefte iind härtefte Holz haben, find nicht immer die, die auch am längften leben. Z. B. der Buchsbaum, die Zy-prelTe, der Wachholder, Nufsbaum und Birnbaum, leben nicht fo lange, als die Linde, die doch ein weicheres Holz iiat. • Im Durchfclinitt find diejenigen, welche fehr Iclimackliafte, . zarte und elaborirte Früchte tragen, von kürzerer Lebensdauer, als die, welche gar keine oder ungeniefsbare tragen; und auch unter jenen werden die, welche Nüffe und Eicheln tragen, älter, als die, welche Beeren und Steinobft hervorbringen, t ■ Selbft diefe kürzer lebenden, der Apfet - Birn - Apricofen - Pfirfich -Ivirfchbaum u. f. w. können unter fehr gtinftigen Umfiänden ihr Leben bis auf 60 Jahre bringen, befonders wenn fie au^yeilen von dem Moofe, das auf ihnen wäclift, gereinigt werden. Im Allgemeinen kann man anneh^ ;men, dal's diejenigen Bäume, welche :ihr Laub vmd Früchte langfam erhalten und auch langfam verlieren, älter werden, als die, bey denen beydes fehr fclinel] gefchieht. — Ferner die culti-virte« haben im Durchfclinitt ein kürzeres Leben, als die wilden, und die, welche faure und herbe Früchte tragen, ein längeres Lebens als die füfsen. Sehr merkmirdig ifts, dafa, wenn «nan die Erde um die Bäume alle Jahre umgräbt,, diefs fie zwar lebhafter und fruchtbarer macht, aber die Länge ilires Lebens verkürzt, Gefchieht es liin-gegen nur alle 5 oder 10 Jahre, fö leben fie länger. — Eben fo das öftere Be-gielseii und Dünge« befördert die Fruchtbarkeit, fcliadet aber der Lebensdauer. Endlich kann man auch durch das öftre Befchiieiden der Zweige und Augen fehr viel zum längern, Leben eines GeWächfes beytragen, fo dafs fogar kleinere, kurz lebende. Pflanzen, als Lavendel, Yiop u. dg]., wenn fie alle Jahre belchnilten werden, ihr Leben auf 40 Jalu-e bringen köinien. Auch ^ bemerkt worden, dafs, wenn man bey alten Bäumen, die lange unbewegt und unverändert geltanden haben, die Erde rund um die Wurzeln herum aufgi-äbt und lockier macht, fie frifcheres und lebendigeres Laub bekommen, und fich gleichfam verjüngen. Wenn wir diefe Erfahrungsfätze mit Aufmerkfamkeit betrachten, I'o ift es vdrklich aulFallend, wie fehr fie die oben angenommnexi Grundfätze von Le- ben und Lelieiisdauer beßätigen,. mid ganz mit jenen Ideen znfamnientreffen. Unfei-erfter Grundfatzwar: Je gröfser die Summe von Lebenskraft und dieFe-ftigkeit der Organe, defto länger ift die Dauer des Lebens, mid nun finden wir ' in der N atur, dafs gerade die gi öfsten, vollkoramenften und ausgebild^eflen (bey denen wir alfo den gröfsten Reichthum von Lebenskraft annehmen muffen) und die, welche die fefteften und dauei-hafteften Organe befitzen, auch das längfte Leben haben, z. B. die Eiche, die Zedei". Offenbar fcheint hier das Volumen der Körpennalfe mit zur Verlängerung des Lebens beyzutragen, und zwar aus dreyerley Gründen: i) Die Gröfse zeigt fchon eine« grö-fern Vorrath von Lebenskraft oder bildender Kraft. - ) ^ fi) Die Gröfse giebt melir Lebensca-pacilät, mehr Obei'fliiclie, melu* Zugang von aiifsen. 3) Je inehrMafTe ein Körper hat, clefto mehr Zeit gehört dazu, ehe die äuHern und innern Conluintions-und Deftructionskiäfte ihu aufreiben können. Aber wir finden, dafs ein Gewächs fehr feite und dauerhafte Organe haben kann, und dennoch nicht fo lange lebt, als eins mit weniger feiten Organen, z. E. die Linde lebt weit längei", als der Buchsbauni und die Zyprefl'e. Diefs führt uns nun auf ein, für das organifche Leben und unfre künftige Unterfuchung fehr wichtiges. Gefetz» nehmlich, dafs in der organifchen Welt nur ein gewifler Grad voa Fefiigkeit die Lebensdauer befördert, ein zu hoher Grad von Tenacität aber fie verkürzt. —> Im allgemeixien und bey unorgaiiifcheii Wefen iftß zwar richtig,' dafs, je fefter ein Körper, defto mehr Dauer hat er; aber bey oi'ganifchen Wefen, wo die Dauer der Exiftenz in reger Wirkfamkeit der Organe und Circulation der Säfte belteht, hat diefs feine Grenzen, und ein zu hoher Grad von Feftigkeit der Organe und Zähigkeit der Säfte, macht fie früher unbeweglich, ungangbar, erzeugt Stockungen, und fiUirt das'Alter und alfo auch den Tod fchneller llerbey. Aber nicht blos die Summe der Kraft und die Organe find es, wovon Lebenskraft abhängt. Wir haben gefe-hen, dafs Torzüglich viel auf die fchnel-lere oder langfamere Confumtion, und auf die vollkomranere oder unvoll-kommnere Reftauration anTcommt. Beitätigt fich diefs nun auch in der Pflanzenwelt? Vollkommen! Auch hier finden wir diefs ajlgemeine Gefetz. Je mehr ein Gewächs intenfives Leben hat, je Itärker und fclineller feine innre Con-fumtion ill, delto fclineller vergeht eS, defio kürzer ift feine Dauer. — Ferner, je mehr Fälligkeit in fidi oder aull'er ficli ein Gewächs hat, fich zu regeneriren, defto länger ill feine Dauer. Zuerß das Gefetz der CoTißnntion / Im Ganzen hat die Pflanzenwelt,ein äufferft fcliwaches intenfives Leben. Ernährung, Wachsthum, Zeugung, find die einzigen Gefchäfte, di'e ilir intenfives Lehen ausmachen. Keine willkülir-liche Ortsveränderung, keine regel-mäfsige Circulation, keine Muskel- noch Nervenhewegung. — Olinftreitig ift der höchfte Grad ihrer innern Confum-tion, das hÖchfte Ziel ihres intenfiven Lebens, das Gefchäft der Generation. Aber wie fchneU ift fie auch von Auflö-fang und Zernichtvuig be'gleitet! —■ Die Natur fcheint hier gleiclifam den ^öfsten Aufwand ihrer fchöpferifchen Kräfte zu machen, imd das Non plus t ultra der äuITerlten Verfeinerung vind Volleudung darzuftellen. Welche Zartheit' und Feinheit des Blüthenbaues, welche Pracht und welcher Glanz von Farben überrafcht uns da oft bey dem unanfehnlichften Gewächs, dem wir eine folche Entwicklung nie zugetraut hätten? Es ift gleich-fam das Feyerkleid, womit die Pflanze ihr höchftes FeJft feyert, aber womit lie auch oft ihren ganzen Vorrath von Lebenskraft, entweder auf immer, oder doch auf eine lange Zeit erfchöpft. Alle Gewächfe ohne Ausnahme, verlieren fogleich nach diefer Cataftrophe die Lebhaftigkeit ilirer Vegetation, fangen an ftill zu ftehen, abzunehmen, und ße ift der Anfang ilires Abflerbens. Bey allen einjälrrigen'Gewädifen folgt das völlige Abfterben nach, bey den gröfsern und den Bäumen wenigftens ein temporeller Tod, ein halbjähriger Stillltand j bis iie vermöge iluer grofsen G 2 Regeneratiouski-aft wieder in Stand ge-fezt find, neue Blätter und Blütlien zu treiben. Aus eben dem Grunde erklärt fichs, Avarum alle Gewächle, die früh zum Zeugungsgefcliäft gelängen, auch am fchnellften wegfterben; und es ift da^ befrändigfte Gelelz für die l.ebensdauer in der Pflanzenwelt: Je frülier und eiliger die Pflanze zur BUUhe kommt, defto kürzer dauert ihr Leben, je fpätei-, defto länger. Alle die, welche gleich im erften Jahre blülien, fterben auch im er-ften, die erft im sten Jahre Blüthen treiben , fterben auch im 2teu. Nur die Bäume und Holzgewächfe, welche erft im 6ten, ^ten oder isten Jahre zu gene-riren anfangen, werden alt, und felbft imter ihnen werden die Gattungen am älteften, die am fpätefien zur Generation gelangen. — Eine äuITerft wichtige Bemerkung, die theils unfre Ideen von Confumtion vollkommen beftätigt, theils uns fchon einen lehrreichen I Ol Wink für unfre künftige Unt^rfucliung giebt. Nun läfst fich auch die wiclitifre 1 ". Frage beantworten: Welchen Einflufs hat Kultur auf das längere oder kürzere Leben der Pflanzen? Kultiu" und Kunft verkürzt im Ganzen das Leben, und es ift als Grundfatz anzunehmen, dafs im Durclifchnitt alle wilde, üch felblt überlafsne Pflanzen länger leben, als die kultiviiten. Aber nicht jede Art von Kultur verkürzt, denn wir können z. B. eine Pflanze, die im Freyen nur i oder 2 Jahre lang dauern würde, durch foi'gfaltige "Wartung und Pflege weit länger erhalten. — Und diefs ilt nun ein fehr inerk'x'S'ürdiger Beweis, dafs auch in der Pflanzenwelt, durch eine gewiffe Behandlung, Verlängerung des Lebens möglich ift. — Abejr die Frage ift nur, w'orinn liegt der Un-terfcliied der Lebensverlängernden und Lebensverkürzenden Kultui"? Es kann uns diefs für die folgende tlnterfuchung wichtig feyn, Sie läfst fich Avieder auf tinlre ei-ften Grundfälze zurückbringen. Je mehr die Kultur das intenfive Leben und die innre Confumtion verflärkt, und zugleich die Organifation felblt zarter macht, defio mehr ift fie der Lebens-« dauer nachtheilig. Diefs fehen wir bey allen Treibhauspflanzen, die durch be-ftändige Wärme, Düngung und andere Künfle zu einer anhaltenden innern Wirkfamkeit angetrieben werden, dafs (ie früliere, öftre und ausgearbeitetere Früchte tragen, als in ihrer Natur liegt. Der. nehmliclie Fall ift, wenn, auch ohne treibende äuflere EinAvirkungen, blos durch gewifl'e Operation und Kün-fte, der innern Organifation der Ge-wächfe ein weit höherer Grad von Vollkommenheit und Zartheit nntgetheilt Wird, als in ihrer Natm-lag, z. B. durch Oculiren, Pfropfen, die Künfte bey den gefüllten Blumen. —• Auch diefe Kultur verkürzt die Dauer. Hingegen kann die Kultur das gröfste Verlängerungsmittel des Lebens werden, wenn fie das intenfive Leben eines Gewäclifes nicht verftürkt, oder wohl gar die gewölinliche Confumtion etwas hindert und inäfsigt, ferner. Wenn (ie die von Natur zu grofse Zähigkeit und Härte der Organe (Materie) bis auf den Grad mindert, dafs fie länger gangbar und beweglich bleiben, — wenn'fie die deftruirenden Einflüfle abliäjt und ihnen belTere Regenerationsmittel an die Hand gie1)t. — So kann durch Hülfe der Kultur ein Wefen ein höheres Lebensziel erreichen, als es nach feiner natürlichen Lage undBeftimmung erhalten haben würde. Wir können alfo die Lebensverlän-,gerung durch Kultur bey Pflanzen auf folgende Weife bewii'ken: i) Indem wir durch öfteres Abfčhnei-den der Zweige die zu fchnelle Confumtion verhüten; wir nehmen io4 ' ihnen dadurch einen Thcil der Organe, wodurch fie ihre Lehenskraft zuTchnell erfchopfen-würden, und concentriren dadurch gleichfani die Kr aft nach innen, 2) Indem Avir ehen dadurch die Blüte ; und den Aufwand von Generations' kräften verhindern und wenigflens verfpäten. Wir wifTen, dafs diefs der höchfte Grad von innrer Le-bensconfmntion bey den Pflanzen ift, und wir ti-agen alfo hier auf doppelte Art zur Verlängerung des Lebeais bey, einmal, indem wir die Verfchwendung diefer Kiäfte verhüten, mid indem wir fieinöihi-gen zurückzuwirken, und als Erhaltungsmittel zu dienen. g) Indem wir die deftruirenden Ein-flüffe des Frofts, des JŠIahrungsman-gels, der ungleichen Witterung entfernen, und fie alfo durch die Jiunft in einem gleicliförmigen ge- ' .. . ' mäfigten Mittelzuflande ei-halten. Gel'ezt dafs Avir auch hierdurch das inteiiüve Leben etwas vermehren, fo liegt doch auch hierinn wieder eine defto reichere Quelle zur Reftauration. Der vierte Hauptgrund endlich, worauf die Dauer eines jeden Wefens und alfo auch eines Gewiichfes beruht, ift die gröfsre oder geringere Fähigkeit lieh zu reftauriren und von neuen zu er-zeugen, ■ Ilier'theilt fich nun die Pflanzenwelt in zwey grofse Klaffen: Die eine befizt diefe Fähigkeit gar nicht, und diefe finds, die nur ein Jahr leben, (die einjährigen Gewächfe), und gleich nach vollbrachtem Generationsgefchäft ft erben. Die andre Klafle hingegen, die die grofse Fähigkeit befizt, ficli alle Jahre zuregeniren, fich neue Blätter, Zweige und Blüten zu fcIiafFen, dicfe kann da» crltaunliche Alter von iooo und mehr Jahren erreichen. — Ein fplches Gewächs ift'endlich felbft als ein organifir-ter Boden anzufehen, aus welchem jährlich unaälilige, dielein Boden' aber völlig analoge, Pflanzen hervorlproden. — Und grofs und göttlich zeigt fich auch in diefer Einrichtung die Weisheit der Natur. ' Wenn wir bedenken, dafs, wie uns die Ei-fahrung lehrt, ein Zeiti-auöi von 8 bis lo Jahren dazu gehört, um den Grad von Vollendung in der Organi-fation, und von Verfeinerung in den Säften eines Baums hervorzubringen, der zum Blühen und Fruchttragen erforderlich ift, und, nun ginge es W^ie bey andern Gewäclifen, un4 der Baum ftrirbe nun gleich nach vollbrachter Generation ab. Wie unbelohneiid würde dami die Kultur diefer Gewächfe feyn, wie unverhähnifsmäfsig wäre der Aufwand von Vorbereitung und Zeit zu dem ReMtat ? Wie feiten wtu'den Obfi: und Früchte feynl Aber um diefs zu verhüten, ifi: nun diefe weife Einrichtung von der Natur getroffen, dafs die crfte Pflanze nach und nach .eine folche Konfiftenz und Fertigkeit erlangt, dafs der Staxnni zulezt die Stelle des Bodens vertritt, aus welchem nun alle Jahre unter der Geftalt vonAugen oder Knospen unzählige neue pflanzen hervorkeimen. ' Hierdurch wird ein zwiefacher Nutzen erhallen. Einmal, weil diefe Pflanzen aus einem fchon organifirten Boden entfpringen, fo erhalten lie fchon affmiilirte und elaborirte Säfte, und können diefelben alfo fogleich zur Blüte und Frucht verarbeiten, Avelches mit Säften, die fie unmittelbar aus der Erde erhielten, unmöglich wär^ Ziceytem können diefe feinem Pflanzen, die wir im Grunde als ebenfo I viel einjährige anfeheu inüfre«, nach geeiidigter Fructificalion AAdeder abfter-ben, und dennoch das "Gewächs i'elbfr, der Stamm, perenniren. — Die Natur bleibt alTo auch hier ihrem Grund-gefetz treu, dals das Zeugungsgefchäft die Lebenskraft der einzelnen Individuen erfchopf t, und dennoch peren-nirt das Ganze. Genug, die Refultate aller diefer Erfahrungen find: Das hohe Alter eines Gewäclifes gründet fich auf folgende P miete ; 1) Es jnufs langfam wachfen. I 2) Es niufs langfam und fpät fich fortpflanzen- 3) Es mr^s einen gewiffen Grad von Feftigkeit und Dauer der Organe, genug Holz, haben, und die Säfte dürfen nicht zu wäfsricht feyn. 4) Es mufs gi-ofs feyn, und eine be-träclitliche Ausdehnung haben. < 5) Es mufs fich in die Luft erheben. DasGegentheil von allem diefen ver'' küizt das Leben. I I Vierte Vorlefiing. Lebensdauer der Tliierwelf. Erfahrungen von Pßanzenthieren — PVürmdrn — In-fecten — JVIetamorphofe, ein wichtiges Lehensverlllnge-rungsmittel — Avtphiiien — Flfche — Vögel — SUug-thiere — Mefultata — Einßufs der Mannbarkeit und des l'Vaclisthums auf 'die JLchenslüngo — der P'ollkom-menheit oder Unvoükonimenheit der Orgaaifation — dtr rapidem oder laiigfamern Lehensconfumtion — der Refiauratiott. , i n 'as Thierreich ift die zweyte HauptldalTe, der vollkoramnei-e Tlxeil der organi feilen Welt, unendlich reich an Wefen, MannicliJaltigkeit und verfchiedenen Graden der Vollkom- -menlieit und Dauer. — Von der Ephemera, diefem kleinen vergang- / liehen Infect, das etwa einen Tag lebt, und das in der 20j[len Stunde feines Lebens als ein eifaki-n er Greifs unter feiner zahlreichen Nachkommenfchaft fleht, bis zum 2003'ahrigen Elefanten giebt es unzählige Zwifclienftufen von Lebens- • faliigkeit und Dauer, jind ich werde bey diefem unermefslichen- Reiehthum zufrieden feyn, mu' einzelne Da;ta zu famnilen, die unfre Hauptfrage: Worauf beruht Länge des Lebens ? erläutern können. Um mit der unvollkommenfren, fehr nahe an die Pflanzen gränzenden. Klade, den Würmern, anzufangen, fo find zwar diefelben, wegen ihrer zarten ^ weichen Befchaffenheit, auflerordentlich leicht zu zerftören und zu verletzen, aber lie haben, wie die Pflanzeji, den beften Schutz,, in ihrer aufierordentliehen Reproductionskiaft, wodurcji lie ganze Tlieile wieder eiietzen, ja felbft getlieilt in 2 — 3 Stucke, forlieben können, und ihre Dauer ilt folglich fcliwejir zu beftinnnen. In diefer Klafle exifliren die Ge-fchöpfe, die faft unzerftorbar fcheinen, und mit denen Fontarm und Götze fo "viele merkwürdige Verfuclie angellellt Ilaben. Erftier liefs Räderthiere und Fadenwürmer in glühend lieifser Sonne vertrocknen, im Backofen ausdorren, und nach Verlauf von halben Jahren konnte er durch etAvas laues WaflTer dennoch das ausgetrocknete Gefchöpf wieder beleben, DiefeErfalirungen beitätigen unfern Satz, dafs, je unvollkommner die Orga-nifation, defto zäher das Leben ift. Es ift der Fall wie mit den Pflanzenfaamen, und man könnte fagen, dafs diefe erften Puncte der thierifclien Schöpfung gewif-fermaflen nur erlt die Keime, die Saarnen für für die voUkommnere tloierilchc Welt find. Bey den Infectejt, die fclion mehr Thier find, und eine ausgebildctere Or-ganifation haben, kann zwar die Repro-ductionskraft keine folche Wunder thun. Aber hier hat die Natur eine andre weife Einrichtung getrofFen, die offenbar ilire Exiftenz verlängert: die Metamorphofe. — Das Infect exiftirt vielleicht 2, 3» 4 Jahre lang als Larve, als Wurm: dann verpuppt es fich, und exiftirt nun wieder in diefem Todenälmlichen Zuftand geraume Zeit, und am Ende dejOTelben erfcheint es erll als vollendetes Gefchöpf. Nun erll hat es Augen, nun erft den gefiederten ätherifchen, oft fo prächtigen Körper, und. was das Gepräge feiner Vollendung am meiften zeigt, nuil erft ift es zur Zeugung gefchickt. Aber die-fer Zuftand, den man die Zeit feiner Blüte nennen könnte, ilt der kürzefte, ' es ftirbt nun bald, denn es hat feine Bs-(iimmung erreicht. H Ich kann liier die Bemerkung nicht übergehen, wie fahr diefe Erfcheinun-gen mit unfern zum Grunde gelegten Ideen von der Urfach der Lebensdauer übereinltiirunen. — In der erften Exi-ftenz, ^s Wurm, wie unvollkonimen ift da das Leben, wie gering feine Be-•vy^egung, die Generation noch gar nicht möglich; blos zum EfTen luid Verdauen fcheint das ganze Gefchöpf da zu feyn — wie denn auch manche Raupen eine fo ungeheure Kapacität haben, dafs fie in «4 Stunden smal mehr verzehren, als ihr ganzes Gewicht beträgt. — Alfo cine äufserft geringe Selbftaufreibung, und eine ungeheure Reltauration l Kein Wunder alfo, dafs fie in diefem Zufiand, troz ihrer Kleinheit undUnvoUkommen-heit, fo lange leben können. Eben fo der Zwifchenzuftand als Puppe, wo das Gefchöpf ganz ohne Nahrung lebt, aber auch weder von innen noch von aulTen confumirt wird, — Aber nun die lezte Periode feiner Exiftenz, der völlig ausgebildete Zuftand, als geflügeltes ätheri^ fches Wefen, Hier fclieint die ganze Exiftenz f'aft in unaufliörlicher Bewegung und Fortpflanzung zu beftehen, alfo in unaufiiörlicher Selbltconfumtion, und an Nahrung und Reftauration ift f'aft gar nicht zu denken, denn viele Schmetterlinge bringen in diefem Zu-ftand gar keinen Mund mit auf die Welt. Bey einer fokhen Verfeinerung der Or-ganifation, bey einer folchen Disproportion zwiCchen Einnahme und Ausgabe ift keine Dauer möglich, und die Erfahrung beftätigt es, dafs das Infect fehr bald ftirbt. Hier ftellt uns ■alfo das nehmliche Gefchöpf den Aufband des vollkommenften und unvoll-kommenften Lebens und die damit verbundene längere oder kürzere Dauer fehr anfchaulich dar. Die Atiiphihiendiefe kalten Zwit-tergefchöpfe, können ihr Leben auffer-ordentlich hoch bringen; ein Vorzug, den fie vorzüglich der Zähigkeit ihres Lebens, d. h. der fehr innigen und H 2 fcliwelir zu trennend n Verbindung der Lebenskraft mit der Materie und ilirein fchwachen iiitenliven Leben verdanken. Wie zäh ihr Leben ift, davon hat man erftaunliche Beweife. Man hat Schildki-öten geraume Zeit ohne Kopf leben, und Fröfche, mit aus der Brufl; geriffenen Herzen, noch herum hüpfen gefehen, und wie wir oben gefehen haben, konnte eine Schildkröte 6 Woclien lang ganz ohne Nahrung leben; welches zugleich zur Gnüge zeigt, wie gering ihr intenfives Leben tuid alfo das Be-dü^fnifs der Reftauration ift. ' Ja es ift erwiefen, dafs man Kröten lebendig in Steinen,, ja in Marmorblöcken eingelchloCfen, angetroffen hat. *) Sie Noch im Jahr 1733 fand man in Schwed«n «in« folche 7 Ellen tief in einem Steinbruch > mitten in dem häiteften GeAsin, zu dem man fich den Zugang erft mit vieler Müh? durch Hammer und Meifel hatte bahnen miinen. Sie lebte noch, abav Sulftrfl fch\yach, ilire Haut war verfchrumpft, und lie hie und da mit einer licinigten Krufie mögen nun als Eyer oder als fchon gebildete Wefen darinne eingercliloll'eu worden feyn, fo ilt eins fo erftaunens-würdig wie das andere. Denn was für eine IVeilie von Jahren gehörte dazxi, ehe fich diefer Marmor generiren, tind ehe er feine Feltigkeit eiueicheii konnte! Eben fo grofs ift der EinfluCs der IVegenei-ationskraft auf die Verlängerung ihres Lebens. Eine Menge Gefahren und Todesiu-fachen werden dadurch unfchadlich gemacht, und ganze verlorne Theile wieder erfez-t. Hierhin gehört auch das Gefchäft des Häutens, das wir bey den meilten Gefchöpfen die- «mgebfH. S. Schwed. yWaniUungen. "i. Banä. p. agS. — r>is wahiTcheinlichfie ift, Jafs dieKröt« noch feliv klein in eine kleine Spalte das Geßeinj kam, Reh da von der Feuchtigkeit und den.auch hinein kriechenden Infecten nihrte, und — end. -^ lich wurde durch Tropffleiri dier« Spake ausgefällt , und die indelTcn grofs gevrordene Kröte da. mit inkiuftivt. fer Klaffe finden. Schlangen, Fröfclie, Eidechfen u. a. werfen alle Jahre ihre ganze Haut ab, und es fcheint diefe Art von Verjüngung lehr wefentlich zu ihrer Eihaltung und Verlängening zu gehören. Etwas ähnliches finden wir durch die ganze Tliierwelt: Die Vögel wecliTeln die Federn, axich Schnäbel, (das fogenannte MauTern), die Inlecten verlarven fich, die meiften vierfüfsigen Thiere wechfeln die Haare und Klauen. Das höchfte Alter erreichen, fo weit jezt unire Beobachtungen gehen, die Schildkröten und Krokodille. IDie Schildkröte, ein äufferft träges, in allen feinen Bewegungen langfames und phlegmatifches (Thier, nnd befon-ders fo langfam Avachfend, dafs man auf 20 Jahre kaum eine Zunahme von wenigen Zollen rechnen kann, lebt 100 und mehrere Jalire, ^ Der Krokodili, ein grofses ftarkes lebensvolles Thier, in ein hartes Panzerhemde ein gefchlolTen, unglaublich ^'iel frelTend und mit einer außerordentlichen Verdauungskraft begabt^ lebt ebenfalls fehr lange v und nach der Behauptung mehrerer Reifenden ift er das einzige Thier, das fo lange wachft, als es lebt. Erftaunlich ifts, was man unter den kaltblütigen Wafferbewohnern, ■den Fifchen, für Greifse fuidet. Vielleicht erreichen fie im Verhältnifs' ihrer Grüfse das höchfte Alter unter allen Gefchöpfen. Man weifs aus der alten Römifchen Gefchichte, dafs es in den kaiferlichen Fifchteichen mehrmals Muränen gab, welche das 6ofte Jahr erreichten, und die am Ende fo bekannt mit den Menfchen und fo umgänglich wurden, dafs CraJJus Orator unam ex Ulis deflciierit. "Der Hecht, ein trocknes äuflerfl: ge-fräfsiges Thier, und der Karpfen können, nach glaubwürdigen ZeugniflTen, ihr Leben auf anderthalb hundert Jahre biüngen. Der Lachs wächfl: fclinell, und ftirbt bald; Hingegen die langfamer waclii'ende Barfch lebt länger. Es fcheint mir hierbey einiger Bemerkung Werth, dafs in dem Fifchreich der natürliche T'od viel^ feltner vorkommt, als in den andern Naturreichen. Hier herrfcht weit allgemeiner das Gefetz des unaufhörlichen Uebergangs des einen in das andre, nach dem Recht des Stärkern, Eins verfehl ingt das andre, der Stärkere deir Schwächern, und man kann behaupten, dafs im Wafler weniger Tod exiflirt, indem das Sterbende unmittelbar wieder in die Subftanz eines Lebenden übergeht, und folglich der ZwifchenzuftandVonTod feltner exiftirt, als auf der Erde. Die Verwefmig ge-fcliieht in dem Magen des Stärkern. — Diefe Finriclilung zeugt aber von hoher göttlicher Weisheit. Man denke fich, dafs die unzähligen Millionen WalTer-bewoher, die täglich fterben, nur einen Tag unbegraben (oder, welches hier eben das heilst, nicht verzehrt) da lägen; fie würden fogleich faulen, un4 die fürchterlichfte peitilenzialilche Aus-dünflung verbreiten. Im Waller, hier, wo jenes grofse VerbefTerungsniittel der animalifchen Fäulnifs, die Vegetation, in weit geringem Maafe exiftirt, hier mixfste jede VeranlaETung zur Fäulnifs verhütet werden, und deswegen beftän-diges Leben da herrfchen. Unter den Vögeln giebt es ebenfalls viele fehr lange lebende Arten. Hierzu tragen ohnftreitig folgende Umftände viel bey: i) Sie find aufferordentlich gut bedeckt, denn es kann keine voll-^ kommnere, und die Wärme mehr zufamnienlialtende Bedeckung geben, als cUe Federn. 2) Sie haben alle Jahre eine Art von Reproduction und Vei jüngung, die wir das Maufeyn nennen. Der Vogel fcheint dabey etwas krank zu werden, värft endlich die alten Federn ab, und bekömmt neue. Viele werfen auch ihre Schnäbel ab, und erhalten neue, ein wichtiger Theil der Verjüngung, weil fie dadurch in den Stand gefezt werden, Hch bell'er zu nälxren, 3) Die Vögel geniefsen unter allen Thieren die raeifte und reinfie Luft. 4) Sie bewegen fleh viel. Aber ihte Bewegung ift die gefundefte von allen, fie ift aus der activen und pailiven zufammengefezt, d. h. fie werden getragen, und haben blos die Anßrengung der Fortbewegving. Sie gleicht dem Pieiten, welches daher ebenfalls den Vorzug vor allen andern Bewegungen hat. 5) Durch eine eigneEinrichtung wird bey ihnen mit dem Urin eine grofse Menge Erde weggefchaft, und alfo eine der Haupturfachen gehoben, die bey andern Thieren Trockenheit, frülies Alter und Töd herbey führt. Der Steinadler, ein ftarkes grofses feßfaferigtes Tliier, erreicht ein äuflerft hohes Alter. Man hat Beyfpiele, dafs inanche in Menagerien über loo Jahre gelebt haben. Eben fo die Geyer und Fa7Aen,beydes FleifchfrefTende Thiere, — ^exr Sehoand in London erhielt vor wenig Jahren einen Falken von dem Vorgebürge der guten Hofnung, den man mit einem goldnen Halsbande gefangen hatte, worauf in Englifclier Sprache fland: Sr. Majcßät, K. Jacob von England. An. 1610. Es waren alfo feit feiner Gel^iigeufchaft 182 Jahr verfloffeji. Wie alt war er wohl, als er entfloh? Er war von äer grofsten Art diefer Vögel, und befafs noch eine nicht geringe Munterkeit und Stärke, doch bemerkte man, dafs feine Augen etwas dunkel mid blind, und die Halsfedern weifs worden waren. Der Rahe, ein fleifchfrefTender Vogel, von harten fchwarzen Fleifch, kann ebenfalls fein Leben auf i 00 Jahre bringen; fo auch der , ein fehr gut befiedertes, von Fifchen lebendes, und das fliefsende Waffer liebendes Thier. Vorzüglich zeichnet fich der Papa^ gey aus. Man liatBeyfpiele gehabt, dafs er noch ßls Gefangener des Menfchen 60 Jahre gelebt hat, und wie alt war er vielleicht fchon, als er gefangen wurde? Es ift ein Thier, das faft alle Arten von Speife verzehrt und verdaut, dewSclina- ■ , - bel AVeclifeltj und dunkles feftes Fleifch haf. Der Pfau lebt bis zum aoften Jahre, — Hingegen der Halm, ein hitziges, ftreitfüclitiges und geiles Thier, weit kürzer. Von noch kürzerm Leben ift der Sperling, der Libertm unter den Vögeln. Die'ldeinen Vögel leben im Ganzen auch kürzer. Die Amfd und del* Stiegliz noch am langften, bis zum soften Jahr. Wenden wir uns nun zu den voll-kommenften, dem Menfchen am näcli-ften kömmenden, vierfüfsigcn SüiigtJiie-rm, fo finden wir hier ebenfalls eine auffallende Verfchiedenheit des Alters. Am höchften unter allen bringt es wohl der Elefant, der auch durch feine Gröfse, langfames Wachsthum (er wäclift bis ins softe Jahr), äuflerft fefte Haut und Zäliiie, den grüfsleii Anfpruch dai'auf hat. Man reclinet, dafs er 200 Jahr alt werden kann. Das Alter des TLöivm ift nicht genau zu beftiminen, doch Icheint er es ziemlich hoch zu bringen, weil man zuweilen welche ohne Zahn gefunden hat. Nun folgt der Bib\ der grofseSclilä-fer mid nicht Aveniger phlegmatil'ch im Wachen, und dennoch von keiner langen Lebensdauer. — Ein fchlimmer Troft für diejenigen, die im Nichtsthun das Arcanum zum langen Leben gefunden zu haben glauben. Das Ä'mnffZ hingegen, ein mageres, trocknes, thätiges, äuITerft dauerhaftes Thier, wird alt. Gewölinlich erreicht es 50, oft auch 100 Jahre. r Das VferA bringt es doch nicht lio-her, als etwa 40 Jahre; ein zwar grofses und ixaftvolles Thier, das aber Avenig mit'Haaren bedeckt, empfindliclier und von fcliarfen zvir Fäulnifs geneigten Säften i It. Docli kann es einen Tlieil feines kürzern Lebens der Plage des Menfchen zu danken haben, denn wir iiaben noch, keine Erfahrungen, wie alt es in der Wildnifs werden kann. In eben dem Verhältnifs fteht Aer Efei. Das Maulthier, das Product von beyden, hat nielir Dauer, und wird älter. Was man vom hohen Alter der Hirfche gefagt hat, ifi Fabel. Sie werden etwa 30 Jahr und etwas darüber alt. Der Stier, fo grofs und ftark er ilt, lebt dennoch nur kurze Zeit, 15, höch-ftens 20 Jahre. Der gröfste Theil der kleinem Tliiere, Scliaafe, Ziegen, Füchfe, Haafen, leben höchftens 7 bis 10 Jahre, die Hunde und Schweine ausge- nonimeii, die es auf 15 bis 20 Jahre bringen. Aus dlefer Mannichfaltigkeit von Erfarung lafTen fich, nuu folgende l\e-fultate ziehen: Die thierifche Welt liat im Ganzen weit mehr innere und Puffere Bewegung, ein weit zufainmengefezteres und voll-Icommneres intenfives Leben, und alio gewifs mehr Selbftconfuintion als die Vegetabilifche. — Ferner find die Organe diefes Reichs weit zarter, ausgebildet und niannichfaliiger. Folglich niüfs-ten eigentlich Tliiere ein kürzeres Leben haben, als Pflanzen. Dafür aber haben fie mehr Reichthum und Energie der Lebenskraft, mehr Berüln-ungspuncte mit der ganzen fie umgebenden Natur, folglich mehr Zugang und Erfatz von aulTen. — Es mufs alfo in diefer Klaffe zwar fchweh- fcliwehi-er feyn, ein fehr ausgezeiclmet hohes Alter zu erreichen, aber auch ein zu kurzes Leben wird feiten feyn. Und das ifts auch^ was wir in der Erfahrung finden. — Ein mittleres Alter, von 5 — 40 Jahren, ill; das gewöhn-liclifte. Je fchneller ein Thier entflieht, je fchneller es zur A^'ollkomnienheit reift, defto fchneller vergeht auch fein Leben. Diefs fcheint eines der allgemeiiiften Naturgefetze zu feyn, das fich durch alle Klaffen hindurch beftätigt. — Nur niufs man die Entwicklung nicht blos von dem Wachsthum verliehen, und darnach berechnen. Denn es giebt Thiere, die, £0 lange^ fie leben, zu vvachfen fcheinen, und bey denen das Wachsthum einen Theil der Ernährung ausmacht, fondern es kommt vorzüglich auf folgende awey Pjuicte an: i) Auf die Zeit der erflen 'Entwicklung imEy, entweder in oder aufler dem Körper. a) Auf den Zeilpunct der Mannbarkeit, den man als das liöchfte Ziel der pliyfifchen Ausbildung und als den Beweifs anfehen kann, dafs das Gefchöpf nun den höchlleii Grad der Vollendung en-eiclit hat, deJTen es im Pliylifclien fähig war. Die Regel mufs alfo fo beJftiram; werden: Je kürzere Zeit ein Gefchöpi zur Ausbildmig im Mutterleibe oder Ey braucht, defto fchneller vergeht es. Der Elefant, der bis zum sten Jahre trägt, lebt auch am längften, Hirfche, Stiere, Hunde u. f. w., deren Tragezeit nur von 3 bis 6 Monate ift, erreichen ein weit kürzeres Ziel. ^uod cito ßt, cito jpmt. Vorzüglich aber das Gefetz: Je früher eni Gefchopf feine Mannbarkeit erreicht ^ je früher es fich propagirt, defto hürzer dauert feine Exiftenz. Di^efs Ge^» fetz, das wir fchon im Pflanzenreiche fo vollkoininen beft'ätigt finden^ herrfchC anch im Thierreich ohne Ausnahme. Das gröfste Beyfpiel davon geben vinS die Infecten, Uu-e erfte Periode bis zur Mannbarkeit, d. h- ihr LarvenlebeH kann fehr lange, ja mehrere Jahre, dauern; fobaldfie aber ihre grofse Verwandlung gemacht, d. h. ihre Mannbarkeit erreicht haben, fo ilis auch um ilu" Le-» ben gefchehen. Und bey den vierfüfsi-gen Thieren ift diefs fo gewifs,, dafs fich logar die Lebenslänge eines Gefchöpfö ziemlich richtig darnach beftimmeii iäfst, wenn man die Epoque der Mannbarkeit als den fünften Theil der ganzeil . X-ebensdauer annimmt! . < Pferde, Efel, Stiqte find im gteri öder 4ten Jahre mannbar, und leben ~ ad is Jahre. Schaafe im 2ten Jahre» und leb«n Ö — lo Jahre. Alle gehörnten Thiere leben im Durchl'chiütt küizer, als die ungehörnten. 1 Die Thiere mit dunklern fchtvär-zern Fleifch find im Ganzen länger lebend, als die mit weifsem Fleifch. Eben fo find die flillen furchtfamen Thiere von kürzrer Lebensdauer, als die vom entgegen gefezten Temperament. Vorzüglich fcheint eine gewifle Bedeckung des Körpers einen grofsen Ein-flufs auf die Lebensdauer zu haben. — So leben die Vögel, die gewifs diedauer-haftefte und belte Bedeckung haben, vorzüglich lange, fo auch der Elefant, der Rhinoceros, der Crocodill, die die jfeftefte Haut haben. Auch hat die Art derBewegxuig ihren Einflufs. Das Laufen fcheint der Lebenslänge "'am' w^riigfteil, hingegen das Schwimmen undFll&gen,'' ^enug, die BUS der activen und' pafliven zufammen-^efezte Bewegung ani meiJten vortheilhaft zu feyn. Auch beftatigt fich der Grujidfatz: Je weniger intenfiv das Leben eines Ge-fchöpfs, und je geringer feine innre und äufsre Confumtion, d. h. nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch, je unvoll-kommner das Leben eines Gefchöpfs iXt, defto dauerhafter ift es. — Hingegen: je zarter, feiner omd zufamniengefezter die Organifation und je vollkommner das Leben, defto vergänglicher ift es. Diefs zeigen uns am deutlichften folgende Erfahrungen: i) Die Zoophyten, oder Pflanzenthie-re, deren ganze Organifation im Magen, Mund und Ausgang beftelit, lia)jen ein äufTerft zälies und unzer-» ftörbares Leben, g) Alle kaltblütigen Thiere haben im Durclifclinitt ein längeres und zäjie-. res Leben, als die ■warmblütigen, pder, welches eben das ift, die picht athemholenden haben hierinn einen Vorzug für den atheniholen-i den Thieren, Und warum? Das Athemholen ift die Quelle der in-i jiern Warme, und Wärme befclileu-» nigt Confumtion, Das Gelcliäft der Refpiration ift alfo überhaupt eine zwar beträchtliche Vermeli-» rung der Vollkommenheit eines Ge-i fchöpfs, £^ber auch feiner Confura» tion, Ein athmendes Gefchöpf hat tgleiclifam doppelte Circulation, die pllgemeine und die kleinere, durch die Lunge, ferner doppelte Ober-f fläche, die mit der Luft in be= findige Beriilirung kommen, di§ ' X35 Haut und die Oberfläche der Lungen, und endlich auch eine weit frärkere Reizung, und folglich eijie Aveit Üärker.e Selbftcon-fumtion fowohl von innen als auITen. 3) Die im WalTer lebenden Gefchöpfe leben iin Ganzen länger, als die in der Luft lebenden; und zwar aus eben dem Grunde, weil das Ge-fch.öpf im Wafier wenig ausdunllet, und weil das WafTer bey weitem nicht fo fehr confiunirt, als die Luft, 4) Den allerflärkften Beweis endlich, was die Verminderung der äuflTern Confumtioti für eine erltaunliche Wirkung auf Verlängerung des Lebens hat, geben die Beyfpiele, wo diefelbe gänzlich unmöglich gemacht wurde, die Beyfpiele von Kröten, die in feften Geftein einge- fcliloffen waren, tind die hier, bloS durch Unterbrechung der Confuin-tion von aufTen, um fo vieles länger ilir Leben confervirt halten. Hier konnte gar nichts verdunften, nichts aufgelöfet werden, denn das wenige von Luft, was etwa zugleich mit eingefchloITen wurde, mufsto fehr bald fo faturirt werden, dafs nichts mehr aufgenommen werden konnte. Eben deswegen konnto das Gefchöpf auch fo lange ohne alle Nalirung exiftiren, denn das Bedürfiiifs der Nahrung entfteht erft aus dem Verluft, den wir durch die Verdunftmig und Confumtion erleiden. Hier, wo alles zufam-raen bleibt, brauchts keinen Er-fatz. — Dadurch konnte alfq die Lebenskraft und die Organifation vielleicht loopial länger, als im natürlichen Zuftande ei'halten weiden. Auch das lezte Prinzip der Lebensverlängerimg, der vollkouimnerenReltaura-tion, findet in diefem Natmreicli leine yollkommne Beftätigung: "Der liöchfte Grad von Reftaura-tion ift die Reproduction ganz neuer Organe. Wir finden dicfe Kraft in einem bewundernswürdigen Grade in der Klaffe der Pflanzentliiere, der Würnier und ' Amphibien, genug derjenigen Gefchö-pfe, welche kaltes Blut und keine oder nur knorpelichte Knochen haben. Und bey allen dielen Gefchöpfen exiftirt eine ausgezeichnete Lebensdauer. Etwas ähnliches ift das Abwerfen der Schuppen bey den Fifchen, der plaute bey Schlangen, Kroködillen, Frö-fchen u. I'. w,, der Federn und Schnäbel bey den Vögeln, und wir bemerken immer, je vollkonminer diele Renovation gefcliieht, delto länger iJFt Verhältnifs-mäfsig das Lebefli Ein vorzüglich wichtiger Gegen-ftand aber, in Abficht auf PicJ[tam*ation, ift die Ernältrim^. Hier ^ ändert fich der wefenLliciifte Unterfcliied der Pflanzen- und Thierwelt. Statt dafs alle Pilanzen ohne Unterfchied ihreNahnmg von auffen an lieh ziehen, ift hinigegen bey allen Thieren das unveränderliche Gefetz, dafs die Nahrung zuerlt in eine eigne dazu beftimmte Hölile oder Schlauch (gewöhnlich Magen genannt) kommen niufs, ehe fie in die Mafl'e der Säfte aufgenommen, und ein Theil des Thieres werden kann; und der un-fichtbai'e Polyp hat fo gut, wie der Elefant, diefen auszeichnenden Ka-racter des Thiers, eiii Maul ^nd einen Magen, Diefs ifts, was die Hauptbäfis der Thierwelt, den karacterütifchen Unter- fcliied des Thiers von' der Pflanze aus-, macht, und worauf fich eben der Vorzug der Individualität, des innern voll-. Jcomninevn, entwickeitern Lehens, ur-» fprünglich, gründet, Daher kann in Thieren die aufgenommene Materie eif nen weit höhern Grad von Vollendung erhallen, als in Pflanzen; die Wurzeln lind gleichfam inwendig (die Milchge-» fäfse), nnd erhalten den Nahrungsfaft fchon durch den. Dannkanal aflirailirt und verfeinert, ^ Daher brauchen Thiere mehr Abfonderungen und Excre-» tiones, Pflanzen weniger, — Daher geht bey Thieren der Trieb des Nah-rungsfaftes und aller Bewegungen von innen nach auITen, bey den Pflanzen von auflTen nach ijinen, — Daher Itirbt das Thier von auffen nach innen ab, die Pflanze uingekehrt, und_nian fleht Bäume, wo Mark und alles Innere völlig fehlen, und nur noch die Rinde cxiftirt, und welche dennoch fortleben, — Daher können Thi^FP weit öia+inicbr faltigere Nahrung aufnelimien, und ficli weit vollkominner reftauriren, und dadurch der ßärkern Selbftconfuintiou das Gleichgewicht halten. Fünfte Vorlefiing. Lebensdauer der' Menfchen. MMürung das unglauhlich fcheinenJen AUtrs der Patt!-archen — Das Alter Aer pT'elC hat keinen Einßufs auf Jas Lebensalter Aer IVlrnfchan _ Beyf-piele des Alters hey den Juden — Griechen —; RSmern — Taillen 4es Cenfus unter Vefpajian — Beyfpiele des hohen Alters hey Haifern, Königen und Pübjien — Friedrich II, — bey Eremiten und Klojterbriidern — Philo-fophen und Gelehrten — Schulmännern — Dichtern und Künfilern — das höchfia Alter findet ßch nur unter Landleuten, Jägern, Gärtnern, Soldaten und Matro-[ea — Beyfpiele — Weniger hey Aerzten — Kürzeßes Leben ^ Verfchiedenheit des Alters nach de;it Clima. A -ber nnn laflen Sie uns zu der Hauptquelle tuifrer Erfahrung, zu der Ge-fdiichte des Menfchen, übergehen. Uli d hier Beyfpiele famnilen, die für tinfreUiilerfucliuug fiucjilbar feyn köu-iien. Ich werde Ihiieti die merkwürdig-fteii Beyfpiele des höclilten Menfclieiialters vorlegen j und v.dr werden daraus feilen j in v/clclieni Clinia, unter welchen Glüdisumftänderi, in welchem Stand, mit welchen Geiftes- und Körpei-an lagen der Menfch das höchfte Alter erreicht habe. — Eine angenehme Ue-berficlit, die uns einen eignen Theil der Weltgefchichte j die Gefchichte des merifclilicheri Alters, Und die venerable Gallerie der Neflors aller Zefteli und Völker j bekannt machen wird, ^— Ich werde hie imd da eine kurze Karacteri-ftik be^rfügeil, um zugleich einen Wink zM geben, in wie fern Käräcter und Temperament auf die Länge des Lebens Ein-flufs hatte< Gewöhnlich glaubt tnaöj dafs ia der Jugend der Weit auch ihre Bewoh- ner ein jugendlicheres und volllcominne-resLeben^ eine P-iefengröfse, unglaubliche Kräfte, und eine erltaunliclie Lebensdauer gehabt haben. Lange trug, man fich mit einer Menge dergleichen Gefchichten, und mancher fchö-ne Traum verdankt ihnen Steine Ent-fiehung. — So trug, man kein Bedenken, in allem Ernft, dem Urvater Adam eine Länge von 900 Ellen und ein Alter von £aft 1000 Jahren beyzulegen^ Aber die fcharfe und gründliche Kritik jaeuer Phyfiker hat die hie und da gefundenen yermeynten Rieienknochen in Elefanten und Rhinocerosloiocheii verwandelt, und hellfehende Theologeu haben gezeigt, dafs die Chronologie jener Zeiten nicht die jetzige fey. Man hat mit der liöchften Wahrfcheinlichkeit crwiefen (infonderheit Heiisler), dafs die 3ahre der Alten bis zu£ Abraham nur 5 Monate, nachhero 8 Monate, und erft ^Hach Jofeph 13 Monate enthielten. Eine Behauptiing, die dadurch noch melu: Betätigung erhält, dafs aocli jezt Vül- ker im Orient exifiiren, welche das Jahr zu 3 Monat rechnen; femer, dal's es ganz unerklärbar feyn mirde, warum daš Lebensalter der Menfchen gleich nach der Sündfliith um die Hälfte verkürzt wurde. Eben fo unbegreiflich müfste es feyn, warum die Patriarchen immer erfi. im 6often, 7oIl:en ja looten Jahre heyrathen, welches fich aber fo-gleich hebt, wenn wir diefs Alter nach diefem Ma'asftabe berechnen, denn da wird das 2ofte oder softe Jahr daraus, alfo eben der Zeitpunct, in dem wir auch jezt noch he)Tathen. — Ueber-haupt bekommt nma alles, nach diefer Berichtigung, eine andere Geftalt. Die 1600 Jahre vor der Sündfluth werden zu 414 Jahr, mid das 900jährige Alter des Methufaleins (das höchfte, was angegebenwird) fmkt auf 200 Jahr herab, ein Altet, das gar nicht unter die Unmög-liclikeiten gehört, und dem noch in neuern Zeiten Menfchen nahe gekommen find. Auch Auch in der Profangefchiclite erzählt man in jener Zeit viel von Heroen und Arcadifchen Königen, die ein Alter von vielen loo Jahren erreicht haben follen, weeklies fich aber auf eben diefa Art auflöfen läfst. Schon mit Abraham, (alfo mit dem Zeitpunkt einer etwas conftatirtern Ge-fchichte), fängt ficli ein Lebensalter an, welches gar nichts aufferordentliches mehr hat, und auch noch jezt erreicht werden kann, befonders wenn man die Frugalitht, das freye, luftgewohnte und nomadifche Leben jener Patriarchen annehmen wollte. Die Jüdifchie Gefchichte giebt uns folgende Facta: Abraham, ein Mann von grofser und entfchlofsner Seele, und dem alles glücklich ging, erreichte ein Alter von 175 Jahren, fein Solin Ifaac, ein Ruhe liebender, keufcher und ftiller Mann, ißo; Jacob, ebenfalls ein Freund des Friedens, aber fclilauer, nm-a47» K der Kriegsmann 157; die einzige Frau der alten Welt, von deren Lebensdauer wir etwas erfahren, Sarah, 127 Jahre; Jofeph, reich an Klugheit und Politik, in der Jugend Ijedrängt, ini Alterhochgeehrt, lebte 110 Jahr. Mo/ei, ein Mann von auITerordent-. liehen Geift und KraiFt, reich an Thaten abier fchwach an Worten, brachte fein Sorgen- und Strapazenvolles Leben, bis auf 120 Jahre. Aber fchon er klagt, jjunfer Leben währt 70 Jahr, wenns 3,hoch kommt, 80;" und wir feilen hieraus, dafs fehon vor 300a Jahren es in diefem Stück gerade fo war, wie jezt. Der kriegerifche und immer thätige Jofua, ward 110 Jahr alt. — Eli, der Hohepriefter, ein fetter, phlegmatilcher und geladener Mann, lebte einige 90, aber Elifa, ftreng gegen fich und gegen andre, und ein Verächter aller Bequemlichkeiten und Reichthüm^r, lebte weit über 100 Jahre, — Iii den lezten Zeiten des JüdiXchen Staats zeiclinete lieh der Prophet Svncon, voll Hofhung und Vertrauen auf Gott, durch eiii gojähriges Alter avis. So felir übr/gens bey den Egyptiern alles voll Fabeln ift, To hat doch das Alter ilirer Könige, welches von den älte-ften Zeiten her gemeldet wird, gar nichts befonders. Die höchfte Regierungsdauer ift etwas über 50 Jahr. Von dem hohen Alter der Seres, oder der heutigen Chinefer, hatte man, nach deinLucian zu urtheilen, fehr hoho Begriffe. Sie heilTen ausdrücklich ma-crobii, und zwar fchreibt Lucian ihr langes Leben ihrem häufigen Wafiertrin-ken zu. — War es vielleicht auch Tchon der Thee, den J(ie damals tranken? Bey den Griechen finden wir meli-me Beyfpiele von hohen Alter. — Der K 3 weife Solov, ein Mann von grofser Seele, tiefen Nachdenkeii und feurigen Patriotismus, doch nicht gleichgültig gegen die Annehmlichkeiten des Lebens, brachte fein Alter auf 8o Jahr. Eplmenides von Creta foil 157 Jahr alt geworden feyn. Der luftige, fchwärniende Ana-creon lebte ßo Jahr, eben fo lange Sopho-des und Phidar. Goi-gias und Leon-tiujii, ein grofser Redner, und ein viel gereifter und im Umgang und Unterricht der Jugend lebender Mann, brachte fein Alter auf 108 Jahr, Protagoras von Ahdera, ebenfalls ein Redner und R.eifender, auf 90; Ifocrates, ein Mann von grofser Mäfsigkeit und Befcheiden-heit, auf 98 Jalu". Dernoc^rk, ein Freund und Forfcher der Natur^ und dabey von guter Laune und heitern Sinn, ward 109 JaJir, der fchmuzige und frugale Diogenes, 90. Zeno, der Stifter der ftoifchen Secte und ein Mei-fter in der Kunft der Selbftverleugnung, erreichte beynahe 100 Jahr, und Plato, eines der göttlichften Gexiies, die je ge- lebt haben, und ein Freund "der Ruhe und ftillen Betrachtung, 8i Jahr. — Pythagoras, defl'en Lehre vorzüglich gute Diät, Mälsigung der Leidenfchaf-ten und Gymnaftik empfahl, wurde auch fehr alt. Er pflegte das menfchli-che Leben in vier gleiche Tlieile zu thei-len. Vom iften zum solteh Jahre fey man ein Kind (anfangender Menfch), von 20 bis zu 40 ein junger Menfch, von 40 bis zu 60 erft ein Menfch, von 60 bis 80 ein alter oder abnehmender Menfch, und nach diefer Zeit rechne er niemand mehr unter die Lebendigen, er möge auch fo lange leben, als er wolle. Unter den Röitiern verdienen folgende bemerkt zu werden. M. Valerius Corvinus, wurde über lOO Jahr alt, ein Mann von grofsem Muth und Tapferkeit, vieler Popularly tat und beftändigem Glück. OrU-Ulis, der berülimte Orbilius, erft Soldat, daimPadago^, aber immer noch mit mi-litärifcher Strenge, erreichte in diefcr Lebensart ein. Alter von loo Jahren. — Wie hoch der MädgenfchuhBeifter Her" vdppus fein Alter brachte, haben wir fchon gefehen, Fabius, durch fein Zaudern bekannt, zeigte durch fein 90 jähriges Alter, dafs man auch dem Tode damit etwas abgewinnen könne. Und Cato, der Mann von eifernem Körper und Seele, ein Freund des Landlebens und ein Feind der Aerzte, wmde über ^o Jahre alt* Auch von Röniifchen Frauen haben wir merkwürdige Beyfpiele eines langen Lebens. Terentia, des Cicero Fi'au, troz ihres vielen Unglücks, Kummers mid des Podagra, was fie plagte, ward 103 Jahre alt. Und Auguftus Gemahlin, LU via, eine herfchfüchtige,, leidenfchaf l-liehe und dabey glückliche Frau, 90 Jahr. Befonders merkwürdig ills, dafs man mehrere Beyfpiele -von felir'alt ge-"wordnen Römifehen Actricen liat, ein Vorzug, den fie leider jezt ^erlohren haben, und der zu be-\veifen fcheint, dafs jezt mehr Lebensconfumtion mit ihrem Stande verkjiüpft ilt, als ehemals. — Eine gewi^^e Luceja, die fehr jung zum Theater kam, war i oo Jalir Actrice, und crfchien noch im ii2ten Jahre auf dem Theater. Und Galeria copiala, eine Actrie und Tänzerin zugleich, Avurde 90 ' Jahre nach ilirem erften Auftritt auf dem Theater, wiederaufgeführt, um als ein : Wunder den Poinpejus zu complimen-. tiren. Und dennoch wars noch nicht ' zum leztenmale., Zur Feyer des Au^fts ■ crfchien (ie noch einmal auf dem " Theater. * / Einen äuITerft fchäzbaren Beytrag von der Lebensdauer, zu den Zeiten des Kaifer l^efpaßan liefert uns Plinius, -aus den Regiftei-n des Cenfus, einer völlig fichern und glaubwüi-digen Quelle. Hier zeigt fich nun," dafs in dem Theile Italiens , der zwifclien den Appeninen und dem Po liegt, in dem Jahr diefer Zählung (dem 76ften unfrer Zeitrechnung) 124 Menfchen lebten, welche 100 und mehr Jahre alt waren, nehmlich 54 von 100 Jahren, 57 von iio, 2 von 125, 4 von 150, ebenfalls 4 von 135 bis i37» 3 von 140. AulTer diefen fanden fich noch be-fonders in Pantia 5 Menfchen, deren drey 120, und zwey 130 Jahre alt wai'en; in Piacenza eine von 130 Jahien; zu Faueiitia eine Frau von 132 Jahren. In einer einzigen Stadt bey Piacenza, {Vellejaciwn) lebten 10, von denen fechs 110, und vier 120 Jahre erreicht hatten. Auch des berühmten Ulpians Mortalitätstabellen treffen auf eine auffallende Art mit den unfrigen, und zwar von grofsen Städten überein. Man kann nach ihnen das alte Rom tmd London, in Abficht auf die Lebensprobabilität völlig parallel ftellen. Man Geht alfo zur Gnüge, dafs die Dauer des nienfchlicheii Lebens zu den Zeiten Mo fes, der Griechen, der Römer, und jezt immer diefelbe war, und dafs das Alter der Erde keinen Ein-Jlufs auf das Alter ihrer Bewohner hat, den Unterfchied ~ etwa ausgenommen, den die verfchiedene Kultur ilirer Oberfläche und die daher rüln-ende Verfchie-denheit des Cliina hervorbringen kann. So ifts z. ß. gewifs, dafs jezt in Italien nach Verhältnifs nicht fo viele und auch nicht fo fehr alte Leute angetrofFeoi werden, als zu Vefpafians Zeiten; aber die Urfache ilt, dafs damals wegen nieh-rern Waldungen das Clima noch kälter war, und die Menfchen fefter machte. *) Auch ifts nicht unwahrfcheinlich, dafs die eigenthümliche Wärme der Erde felbft wandern, und fich zuweilen in ei*} Man findet davon mehrere Spnien. So erzählt X. E. Pllnliis von Wintein, wo dev Wein in den Kellern, und die Tiber bis lof den Grund gefroren war. nem Evdftj-icli mehr anhäufen, in dem andern aber vermindern kann. Das Refultat der Unterfuchung bleibt immer: Der Menfeli kann noch jezt eben das Alter erreichen^ als ehedem. Der Unterfcliied liegt nur darinn, dafs es fonft melueue, und jezt weniger erreichen, LalTen Sie uns nun das Lebensalter nach den verfchiedenen Ständen und Lagen der Menfchen dm chgehen, und dabey befonders auf die neuern Zeiten Rückßcht nelimen. •Und zwar erftens Kaifer und Könige, genug, die Grofsen diefer Welt. Hat ihnen die Natur, die ihnen am vollkommen ften alle Vorzüge und Freuden des Lebens fclienkte, nicht auch ihre fchönfte Gabe, ein längeres Leben Verliehen? Leider nicht. Weder die ältere poch neuere Gefcliichte fagt tins, dafs diefe Prärogative ihnen befonders eigen gewefen wäre. Wir finden in der alten Gefclüchte nur wenige Könige, die das softe Jahr erreicht haben. Und vollends die neuere. In der ganzen Reüie der Römifch-teutfchen Kaifer, von Auguft an gerechnet, bis auf unfre Zeiten, welche zufammen über 200 betragen, finden wir, die zwey erften, A^en Auguft und Tiberius ausgenommen, nur vier, welche das ßofte Jahr erreichten, den Gordian, Valerian, Anaftafius ujid JufiU Iii an, I Auguft wurde 76 Jahre alt, ein Mann von rulligem und gemäfsigten Geift, aber fchnell und lebhaft im Handeln, mäfsig in den Genüffen der Tafel, aber defto empfänglicher für die Freuden der Künfte und WilTenfchaften. Er afs nur die einfachften Speifen, mid, wenn er nicht hungerte, gar nicht, trank nie über ein Pfund Wein, hielt aber fehr darauf, dafs Freude und gute Gefell-fchaft die Mahlzeit Avürzten. Uebrigens war er von heiter m Sinn und fehrglüek- lieh, und, was den Punct des Lebens betraf, fo gefinnt, dafs er noch kurz vor feinem Tode zu feinen Freunden fügen konnte: Plaudite, krnici „Applau-„dirt, meine Freunde, die Komödie ift „zu Ende. " Eine Geiftesftimniung, die der Erhaltung des Lebens äuflerft vortheilhaft ift. Im soften Jahre überftand er eine fchwehre und fo gefährliche Krankheit, dafs man ihn liir verlohren hielt, ^ Es war eine Art von Nervenkrankheit, die durch das Avarme Verhalten und die warmen Bäder, die ilim feine gewöhnlichen Aerzte riethen, nur noch verfchlimmert werden mufste. .-iii-tonius Mufa kam alfo auf den Einfall, ihn gerade auf die entgegengefezte Art zu behandeln. Er mufste fich ganz kalt verhalten und ganz kalt baden, und in kurzem war er wieder hergeftellt, Diefe Krankheit fowohl, als die dadurch bewirkte nüzliche A^erändening feiner Lebensart , trugen wahrfcheinlich viel zur Verlängerung feines Lebens bey. Und nebenbey, lehrt uns diefe Ge-Icliichte, dafs man felir Unrecht hat, die Methode des kalten Badens die Englifche S5U nennen, da ße fclion fo alt ift. Der Kaller Tiberius lebte noch zwey Jahr länger, er war von heftiger Ge-müthsart, aber vir lentis maxillis, wie ihn Altguß nennte, ein Freund der Wol-luft, aber bey dem allen diatetifch, und felbft in dem Genufs nicht ohne Auf-merkfamlceit auf feine Gefundheit, fo dals er zu fagen pflegte, er hielte den für einen Narren, der nach dem soften Jahre noch einen Arzt um feine Diät befragte, weil ein jeder alsdenn fchon mit einiger Aufmerkfamkeit das, was ihm nützlich und fchädlich wäre, erkannt haben müfste. Der berühmte Eroberer Aurengzeh erreichte zwar ein loojäliriges Alter, aber er ift nicht fowohl als König, fondern viehnehr als Nomade zu betrachten. Eben fo feiten ifl das hohe Alter in den Königs- und Fürftenhäufern der neuern Zeit. Nur die Könige von Frankreich, aus dein Bourbonfchen Haufe, jnachen eine Ausnahme, wo gleich drey auf einander folgende ein Alter von 70 Jahren erreichten. Auch dürfen wir hier, als dnes der wichtigften neuernBeyfpiele, des grofsen Königs, Friedrich II. nicht vergefl'en. Er war in allem grofs, felbft in feinem Phy-fifchen. — Er erreichte nicht nur ein, unter den Königen fchon fehr feltnes, Alter von 76 Jahren, fondern, was noch mehr .fagen will, er erreichte es nach dem Mülie- Sorgen- undStrapazenvoll-ften Leben, das vielleicht je ein Menfch durchlebte, von dem er 20 Jahr im wirklichen Kriege zubrachte, und dabey alle Strapazen. eines gemeinen Soldaten erlrag, nur mit dem ¥nterfchied, dafs er zugleich als Feldherr für alle dachte, und die Nacht, wenn jener Ruhe fand, noch mit tiefen Nachdenken und neuen Planen zubrachte. Die geiftliche Hoheit war in diefem Betracht nicht glücklicher. Von 300 Päbften, die man rechnen kann, haben nicht mehr als 5 ein Alter von go Jahren erreicht oder überfchritten, ohneracht hier der Vortheil eintritt, dafs fie erft fpät zu diefer Würde gelangen, und alfo mehr Wahrfcheinliclikeit eines hohen Alters haben. Aber eine Menge von auflerordent-lichen Beyfpielen findet man unter den ■Eremiten und Kloftergeiftlichen, die bey der ftrengften Diät, Selb ft Verleugnung und Abftraction, gleichfam entbunden von allen menfchlichen Leidenfchaften und dem Um gange, der fie rege machen kann, ein contemplatives Leben, doch mit köi^erlicher Bewegung und Luft-genul's verbunden, ^ führten. So wurde der Apoftel Johannes 93 Jahre, der Eremit Paullus,. bey einer faft unglaublich flrengen Diät und in einer Höhle, 113, und der Ixeili^e Antonius 105 Jahre alt; Athanafius, Hieronymus überfchritten ebenfalls das softe Jahr. — In neuern Zeiten, wo die Abftr.action des Geiftes, die Selbftverleugnung und frugale Diät einige Abänderungen erlitten haben, find diefe Beyfpiele feltner worden. Eben lo fehr haben fich tiefdenlcen-de Fhilofophen von jeher durch hohes Alter ausgezeichnet, befonders wenn ihre Philofophie fich mit der Natur be-fchäftigte und ihnen das göttliche Vergnügen , neue wichtig© Wahrheiten zu entdecken, gewährte. Der reinfte Ge-nufs, eine wohlthätige Exaltation unfrer felbft, und eine Art von Reftauration, die unter die vorzüglichen Lebensverlängerungsmittel eines vollkomraneh Gefchöpfs zu gehören Ich eint! — Die Aelteften finden wir unter den Stoikern tind Pythagoraeern, bey denen Bezähmung der Leidenfchaften und der vSinn- liclikeit. lidikeit, und eine ftrenge Diät, unter die wefentlidiften Eigenfchaften eines Philofoplieii gehörten. — Wir haben fchon oben die Beyfpiele eines Plato und Jfocrates beti'achtet, — Ap-pollonius von Tyana, ein fchöner, völlkomniner, in allen geiftigen und körperlichen Eigen-fchaften aufferordentlicher Mann, der bey den Chriften für einen Zauberer, bey den Römern und Griechen für einen Götterboten galt, in feiner Diät ein Nachfolger des Pythagoras, und ein grofser Freund des Reifens, ward über loo Jahr alt. Xenophilus, ebenfalls ein Pythagoraeer, 106 Jahr. Der Phi-lofoph Daernonax, ebenfalls 100 Jahr; er war ein Mann von äuITerlt firengen Sitten, und von einer ungewöhnlichen, ftoifchen Apathie. Mari fragte ilm vor feinem Tode: Wie er begraben feyn wollte? Macht euch darum keine Sorge, antwortete er, die Leiche wird fchon der Geftank begraben. Aber, willft du denn, warfen ihm feine Freunde ein, Hunden und Vögeln zur Speife dienen? L Warxim nicht? erwieclerte er, ich habe, To lange ich/lebte, den Menlchen nach allen Kräften zu nützen gefuclitj warum follte ich nach meinem Tode nicht auch den Thieren etwas geben? Selbft in neuern feilen haben die Philofopheu diesen Vorzug fich erhalten. Und die gröfsten, und tiefften Denker Icheinen darinne eine Frucht mehr ihrer geiftigen Freuden zu geniefsen. Kepler - und Baco erreichten ein hohes Alter; Newton, der fo ganz alle feine Freuden und GenüITe in höhern Sphären fand, dafs man verfichert, er habe feine Jung-fraufchaft mit ins Grab genommen, kam bis auf 90 Jahre. Euler, ein Mann von unbegreiflicher Thätigkeit, delfen tiefgedachte Schriften fich über 300 belaufen , näherte fich ebenfalls diefem Alter, und noch jezt zeigt der gröfste lebende Philofoph, Kant, dafs die Pliilofophie nicht nur das Leben lange erhalten, fondern auch noch im höchften Alter die treuefte Gefährdin und eine' iiner- fchöpfliclie Quelle der Glückfeeligkeit für ficii und andere bleiben kann. Befonders zeichnen fich die Acade-. miciens in diefer Rücklicht aus. Ich brauche nur an den ehrwürdigen FoTite-^ iielle, der loo Jahr weniger eins alt wurde, und an den Neftor Fonney, zu erinnern, die Beyde Secretaires pej-petuels^ erftrer der Franzöfifchen, leztrer der Berlixaer Academic, waren. Eben fo finden Avir unter den Schulmännern viele Beyfpiele eines langen Lebens, fo dafs man beynahe glauben füllte, der beftändige Umgang mit der Jugend könne etwas zu unfrer eignen .Verjüngung und Erhaltung beytragen. Einen ganz vorzüglichen Rang in der Gefchichte des langen Lebens, behaupten aber die Dichter und Künftler, genug, die Glücklichen, dei-en haupt-fädiliches Gefchäft im Spielen derPhan-L 2 1Ö4 • tafie und felbftgefchafliien Welten be-Iteht, und deren ganzes Leben im ei-gentlichften Verftande ein fchöner Traum ift. Wir haben fchon oben gefehen, wie hoch Anacreon, Sophocles, Pindar, ihr Leben brachten. Youjig, f^oltaire, Bochner, Hailer, Metoflafio, Gleim, Utz, Oefer haben alle ein hohes Alter erreicht, und ich erlaube liiir hier die Hofnung, die zugleich gewifs <äer Wunfeh einös jeden von uns ift, zu äuffern, dafs die Zierde der Teutfchen Dichter, IVielnnd, die neuefte Beltätigung diefes Grund-fatzes geben möge. Aber die auITerordentlichflen Bey-fpiele von langen Lebeji finden wir nur unter den Menfchenklaffen, die unter körperlicher Arbeit, und in freyer Luft, ein einfaches naturgemäfses Leben führen , unter Landleuken, Gärtnern, gern, Soldaten -anHi Matrofen. Nui'in diefen Standen erreicht derMenfch noch jezC ein Alter von 140, ja 150 Jahren. Ich kann rhit' das Vergnügen nicht Vertagen, Ihnen die inerkwürdigften diefer Beyfpiele etwas uniftändlichzu erzehlen, denn in folchen Fällen hat oft auch der kleinfte Umftand Interefle und Bedeutung. Im Jahr 1670 ßarb H. Jenkins iü Yorkfhire. Er war fchon im Jahr 1513 bey der Schlacht zu Flowdenßeld gewe-fen, und damals 12 Jahr alt. Man konnte aus den Regiftern der Kanzleyen und andrer Gerichtshöfe eri^hen, dafs er 140 Jahre lang vor Gericht erfchienen war, und Eyde abgelegt hatte. Gegen die Wahrheit ^der Sache ^ift alfo nichts einzawendeit. Er war bey feinem Tode 169 Jahr alt. Seine lezte Befchäfti-gung war Fifcherey, mid er konnte noch, als er fchon Aveit über 100 Jahre alt war, in ftarken Strömen fciiwiin-inen. i6(S ' Him kommt Tli. Parre am näclillren, ebenfalls ein Engländer aus Shropl'liire. Er war ein armer Bauersmann, und mufste fich. mit feiner täglichen Arbeit ernäliren. Als er 120 Jahr alt war, vei-heyi-athete er ficli wieder mit einer Wittwe, mit der er noch li Jahre lebte, und fo, dafs lie verficherte, ihm nie fein Alter angemerkt zu haben. Bis in fein isoltes Jahr verrichtete er noch alle Arbeit im Haufe, und pflegte fogar noch zu drefchen. Einige Jahr vo|- feinem Tode erft fingen die Augen und das Ge-dächtnifs an fchwach zu werden, das Gehör und fein Verftand aber blieben bis zu Ende gut. In feinem i52ften Jahre hörete man von ilim in London, der König wurde fehr begierig diele Seltenheit zu fehen, und er mufste fich auf den Weg machen, Und diefs brachte ihn höchftwahrfcheinlich um fein Leben, das er aufferdem noch länger würde fort-' gefezt haben. Er wurde nehmlich da fo königlich tractirt, und auf eiinnal in ein fo ganz entgeg'engefeztes Leben verfezt. dafs er bald darauf 1635 in London flarb. Er war 152 Jahr und 9 Monate alt worden, und liatte g Könige von England erlebt. — Uas allermerkwürdigfte w;ar nun diefs, dal's man bey der Section, welche Harvey verrichtete, alle feine Eingeweyde in dein gefundeften Zuftan^ de antraf; nicht der gerin gfte Fehler war zu entdecken. Sogar die Rippen waren noch nicht einmal verknöchert, was man fonft bey allen alten Leuten findet. Iii feinem Körper lag alfo noch nicht die mindefte Urfache des Todes, und er war blos an fchnell erzeugter Ueberfüllung geftorben, weil man ihm zu viel zu gute. gethan hatte. Ein Beweis, dafs in manchen Familien eine folche altmachende Anlage, ein befonders gutes Stamen vitae feyn könne, giebt eben diefer Erft vor wenig Jahren ftarb feine Uren-" kelin zu Cor he üi einem Alter von 105 Jahien. Faft von eben der Art ift folgende» ganz neueres Beyfpiel. *) Ein Däne, Nahniens Drnakenherg, geboren 1625, diente bis in fein 91 ft es Jahn als Matrofe auf der Königl. FloUe, und brachte 15 |ahre feines Lebens in der Türkifchen Sklaverey, und aUb im gvöfsten Elende, zu. Als, er III Jahr alt war, und fich nun zur Ruhe gefezt hatte, fiels ilim ein, doch nun zu he}Trathen, und er nalim eine 60jährige Frau; diefe aber überlebte er lange, und nixn in feinem soften Jahre verliebte er fich noch in ein junges Bauermädgen, die aber, wie njan wolü denken kann, feinen Antrag ausfchlug. Er verfuchte fein Heil nun noch bey mehrern; da er aber nii'gends glücklicher war, fo befchlofs er endlich ledig zu bleiben, und lebte fo noch 16 Jahre. Erft im Jahre 1772 ftarb er im i46ften Jahre feines Alters, Er yvar ein Mann von ziemlich heftigen TemperaHeini« Kiel. Ntuti Magat,. I. B. 3. S^. nient, und zeigte oft feine Stärke noch in den lezten Jahren feiaies Lehens, Im Jalir 1757 ftarb zu ComwalUsI. Eßinghavi im 144^6« Jahr feines Alters, Er war unter Jacoh I. Regierung von fehr armen Eltern geboren, und von Kindheit auf zur Arbeit gewöhnt, diente lange als Soldat und Korporal, und als folcher au[ch in der Sclilacht bey Uöch--ßädt, Zulezt kehrte er zurück in feinen-Geburtsort, und lebte a^s Tagelöhner bis an fein Ende. Zu bemerken ilt, dafs er in der Jugend niemals hitzige und ftarke Getränke getrunken, inuner fehr mäjsig gelebt, und nur feiten Eleifoh gegellen hat. Er wufste bis zu feinem looften Jahre nicht, was Krajikheit war, und machte noch 8 Tage vor feinem Ende eine Heife von drey Meilen. Die alleirieueften und nicht weniger merkwüi-digen Beyfpiele ßnd foU gende:.. Im Ja]iiM7()2 Harb im Holfteinfchen ein gewilTer Steider, ein arbeitfamer Bauersmann, im logten Jahre. Seine Nahrung war beynahe nichts anders als -Grütze und Butterniikh; äufferJt feiten als er Fleifch, und immer nur fehr ftark gefalzen. Er hatte faft niemals Dürft, lind trank daher fehr feiten. Tabak rauchte er gern. Erft im Aller fing er an Thee und zuweilen KofFee zu trinken. Die Zahne verlor er bald. Krank war er nie. Aergern konnte er fich gar nicht, d. h. es war bey ihm phyfifch unmöglich dafs die Galle überging. Er veirmied auch alle Gelegenheit zu Zank und Streit. Dafür aber hatte er ein defto gröfsres Yertrauen auf die Vorfehung, und wufste fich dadurch in allen Uebeln und Unglücksfallen zu tröften und aufzurichten. Seine liebfteUnterhaltung war immer: Gottes Güte. *) — Eins der aller fonderbarften Bey-fpiele, wie unter dem abwechfelnd-* *) SMesw. HoUfiein, Provinz, Blau, 1792, ften Spiele des Glücks, der anlial-teiiften Todesgefahr und den nach-theiliglteii Einflüfl'en, fich dennoch das Leben eines Menfchen unglaublich lange erhalten kann, ift folgendes: Im Jahr 1792 ftarb in Preufsen ein alter Soldat, Nahm ens Mittelßedt, in einem Alter von 112 Jahren, Diefeif Mann war 1631 ini Jun. zu Fi.ßcihn in Preufsen geboren, und wurde als Bedienter von feiner Herrfchaft, die in einem Abend ihre ganze Equipage und 6 Bediente dazu verfpielte, ebenfalls mit verfpielt- Er ging hierauf in Kriegs-dienfte, und diente 67 Jahre als Soldat, machte alle Feldzüge unter König Friedrich I. Friedrich WiUiehn I. und Frie-di'icli II. befonders den ganzen 7jährigen Krieg mit, wohnte 17 Hauptbataillen bey, *) wo er unzäliligemal dem Tode In diefer Abliebt verdient »neb das Beyfpiel des Kaiferl. Generals Graf Moha Erwähnung, welcher 1792 im ySfien ^alir fuib. Er hatte Yom l8t«n JaJirc an gedient, 17 Feldzüge und 9 Be» trozte und viel BlelTuren erhielt. Im 7jährigen Kriege wurde ihm das Pferd unter dein Leibe erfchofl'en und er gerieth in Rullifche Gefangenfchaf't. Nach allen diefen ausgeftandenen Müh-feligkeiten heyrathete er, und nachdem ilim zwey Weiber geftorben waren, Jieyrathete er im Jahr 1750, alfo im iioten Jahre feines Alters, die dritte Frau. Er war.noch im Stande^ bis kurz vor feinem Tode, alle Monate 2 Stunden-Wegs zu gehe» um ßch feine kleine Penfion m hole«, In eben derrt Jahre ftarb zu Neus im Erzftift Kölln, ein Greifs von 112 Jahren; (fl, Kaupcr), er war ein Manu von ftar--ken Körper,, war gewohnt täglich einen, kleinen Spaziergnug 2iu machen, konnte bis an feineu Tod ohne ßrille.lefen, und beliielt auch den Gebiauch feiner Ver-nmift bis ans Ende. lageruBgeii jpit »enj»cht, und war 7mal fchwehü verwundet worden. In England Jdrarb vor kurzem Helena-Gray im io5ten Jalire ihres Alters» Sie war klein von Perfon^ felir munter, aufgeräumt und launigt, und bekam wenig Jahre vor ihrem Tode neue Zahne. Noch im vorigen Jahre lebte in der Graffchaft Fife, Thomas Garrik in feinem lösten Jahre, -noch fehr munter und war noch immer, fo wie in vorigen Zeiten, wegen feines Straiifsenmagens berühmt. Seit 20 Jahren lag ei'nie krank zu Bett. Noch vor kurzen lebte zu Tacony bey Philadelphia, (meldet ein Englifches Blatt vom vorigen Jahre) ein Schufter, Nahm ens R. Glan, in feinem ii4ten Jahre. Er ift ein gebonier Schotte, hat noch König Wilhelm IIL gefehen, hat den vollen Gebrauch feines Geficlits und Gedäclitnirfes, if st und trinkt behaglich, verdaut herrlich, arbeitet die ganze Woche, tind w^allfahrtet Sonntags nach Pliiladelphia in die Kirche, — Seine dritte Frau lebt noch, ift 30 Jahr alt,, mid ift mit feiner AnitsfülirLiug zufrieden. Ein gewilTer Baron, Baravidno de Capellis, ftarb 1770 zu Meran in Tyrol, in einem Alter von 104 Jahren. Er hatte ■vier Frauen gehabt; im i4len Jahre die erfte, und im 84ften die vierte geheyra-thet. Aus der lezten Elie-wurden ilmi 7 Kinder gebohren, und als er fiarb, war feine Frau mit dem ßten fchwanger. Er verlor die Munterkeit feines Leibe,s und feiner Seele nicht eher, als in den lezten Monaten feines Lebens. Nie brauchte er eine Brille, und machte noch oft, in feinem,hohen Alter, einen Weg von 2 Stunden zu Fufs. Seine gewöhnliche Kofi; waren Eyer; nie afs er gekochtes Fleifch, nur dann und wann etwas gebratenes, aber immer nur wenig. Thee trank er Iiäufig mit Roffo-lis und Zuckerkand. Ant. Senish, ein Äckermann im Dorfe Puy in Lhiwges, ftarb im Jahr 1770 im 1 Ilten Jahre feines Alters. Er arbeitete noch 14 Tage vor feinem Ende, hatte noch feine Haare imd Zähne, und fein Geficht hatte niclxt abgenommen. Seine gewöhnliche Kolt waren Kaftanien und Türkifch Korn. Nie hatte er Ader gelaffen, und nie etwas zum AbfüJiren genommen. ^ Ich kann mich unmöglich enthalten, hier eine der intereflanteßen Gefchicli-r ten des hohen Alters einzufchalten, die uns in Schuharts Knglijchen Blättern (2. Band. 2. Stück) mitgetheilt wird: „Die Jugend einer geAvifien Stadt in Kent lacht immer, wenn man den alten Nohs nennt. line Väter fchon pflegten ihnen von diefem Wundermann zu ex-zählen, dellen ganze Lebensart fo regel-mäfsig war, wie der Schattenweifer ei-lier Sonnenuhr. Von einer Zeit zur andern liefs ßch z« gewiflen Stunden die elu würdige Geftalt fehen. Man fall ilm mitten in den Hundstägen am jähen Hügelhange arbeiten, mitten im Winter den Eisbehangenen Berg hinan klettern; läflig zugeknöpft im herbften Frofte, und trotzend dem ehernen Nordfturm; im Herbfle bis an die Hüften entblöfst — Hut, Atzel und Stock in einer Hand, in-defs die ändert unbedeckt gegen die dumpfe neblichte Luft anruderte." „Sein' ^wohnlicher Spaziergang ging nach dem Gipfel eines Hügels, den er ftets in einer beftimmten Zeit erreichte, und Nobs rühmte fich, er habe nicht weniger als 40,006 mal die Schritte gezählt, fo ei- zu diefer Wallfalu t brauchte. Zu Highgate trank, er dann bedächtlich feine einzige Bouteille, fall eine Stunde lang hinab iiis dampfige Thal, und trug fich hernach ganz ruhig wieder nach Haufe. Jede kleinfte Krümmung des Weges war ihm bekannt, und er wufste, ohne niederzufallen, wo er den Fufs auflieben mülTe, um über einen Stein . hin- liinwcgzufchreiten. Den Weg fand er mit verbundenen Augen, und war' er auch ganz blind gewefen, fo hätte man ihn eben fo wenig fünf Schritte über das Thor der Herberge hinausführen kön-;nen, als der arbeitende Hund, der das WalTer aus dem Brunnen zieht, weiter I gepeitfchet werden kann, wenn der Sanier den Rand erreicht hat." „Jedermann auf dem Wege kannte .den alten Nobs, und Nobs kannte jeder-männiglich; er grüfste frevmdlich nach allen Seiten Iiin: aber felbft die ältefte Bekanntfchaft hätt es nicht über ihn' vermocht, irgendwo einzufprechen, und Erfrifchung zu fich zu nehmen; nie erlaubte er fich früher au trinken, als b^ er feinen Krugvoll durch das beftimnate Tagwerk verdient hatte." ' „Alle Bewohner am Wege kannten den wunderbaren Alten, und unter ihnen war keiner, der ihn nicht liebte. Der Hannloß ift derjenige Karacter, mit U welchem ficli alle Menfclien am liebften vertragen; und eben das Avar er im höchften Gi ade. Er hatte feine Eigenheiten, aber fie beluftigten, und die ganze Gegend fchien einen gemein-fchaftlichen Verluft erlitten zu haben, als ihn der Tod liinwegrafFte." „Für jedes Haus, für jede Hütte am Wege hatte er feinen eignen Grufs, der jedesmal der Pei-fon angepafst war. Keine feiner Redensarten beleidigte, denn man nahm fie fo, wie er fie meinte, als hiefs es: „Nobs geht fürbafs." „Aufgefchürzt!" war fein Wort, wenn er am Milchlager vorbeyging; worauf die rothbackigten Mädchen er-wiederten: „Guten Spaziergang, Mei« Xter!" Ging er am Schneider vorüberj fo fagte er mit gutherzigem Kopfnicken: j,Puz s' Licht 1" und die Antwort war: „Wart alter Schalk." Am Pappelhof fchlug er auf die Huiidshütte, und wedelnd begegneten ilim die arglofen Thie- • 1-7Ö re. Am Pfarrlinufe naliin er die Mütze ab, und fang je und je ein andächtiges Es war blos ein einfältiges zweyfilbiges Wort, aber es drückte die ganze Verehrung des guten Mannes für die Religion aus." „Kaum dafs ihn der Regen von feinem Wanderzug abhalten konnte; felbft alsdann fpazierte er in Gedanken nach Ilighgate. Er machte nemlich aus feinen zwey Stuben nur eine, und trat zur gefezten Zeit feine Wallfahi't an. Da er wol'ste,' wie viel Schritte dazu erforderlich wären, fo ging er durch beydeZim-jner auf und ni^eder, bis die Zahl, voll, nnd fo weit das Tagwerk vollbracht war. .i-Aber wie ftand es, wird man -fi-agen, mit den verfchiedenen Stationen? — Die wurden nicht übergangen. Hatte er fo vtel Schritte gezählt, als zum Milchlager erforderlich waren, fo rief er: „^iufgefchürztl^'- Waren derSchrit-- te zum Schneider genug, fo rief er feitx Top! eben fo regelmäfsig, als Itreckte M 2 der querbeittig© Bruder fein Käfegefitht zur AnUTort heruvis; am Pappelhof fchlug er ftatt der Hundsliülte auf den Tifch; mud wenn er {ein Amen gefügt hatte, fo fchüttelte er lieh eben fo freudig, als befände er ficli aiu Ziel feiner WanderfcBaft. Auf diefer Zimmerreife •Iah er in der Einbildung jeden Winkel, der ihm auf der würklichen vorkam-: auf der Brücke umduflete ihn das frifche Heu; er hob feine Fiifse höher, wenn er im jGeift an den Hügel gekommen war; im Hintergrunde des Zimmers wurden zween StüJile neben einander gepflanzt, über die er hinüberkletlerte, wenn ilim ein Zaun vorkam. Ei- lüftei,« fich, wenn er an feiner Herberge arjge-langt war; er öffnete feine Flafche; vo^ einem feiner Fenfter aus mahlte fich feine Phantafie die ganze Ausficht des Hügels: und wenn er dann ei»e Stunde ausgeruht und fich erfrifcht hatte, fo trat er eben fo bedächtig den Rückzug an; überftieg wieder jeden Zaun, mid »öl sollte Von Station zu Station feine Grüfse." .. ... „Ihr, die ihr dielen wninderlichen Alten belacht, latst denkenden Ernft auf €ure Stirne treten, und ahmt ihm nach'. Durch diefe täglichen Uebungen brachte er fein Leben auf g6 Jahre. Er war ein Vater dem Betrübten, ein Tröfter dem Leidenden, dem Dürftigen ein Stab — der befte gutmütigfteMenfch der ganzen Gegend. Stets froh in fich felber, fachte ei' auch über Andere FrohOnn zu verbreiten, und achtete kein Opfer zu grofa. Den Unglücklichen widmete er die Gaben, welche Andere an lofe Vergnügungen verfchwenden, und bekam ihr feg-nendes Lächeln und ihr Gebet zum Lohne. Mag der Sturm feine Afche verltreuen, das Andenken an fein Herz ^wird ewig unter diefen Menfchen le-ben.'^ „Die, fo ihn blö5 fahen, liebten den Mann wegen feiner Eigenheiten; die fei- nes Beyflrandes bedurften, verehrten ihn wegen feiner Tugend und Milde. Im ganzen Laufe eines fo langen Lebens konnte niemand aufltehen und liigen: Nohs habe ihn auch nur in Gedanken beleidigt. Bey einem fehr mittehnafsigen. Einkommen behauptete er 60 Jahi'e hindurch den Namen des Mildthätigen, und-liefs bey feinem Hinfcheiden feiner Familie nur Avenig zurück. Aber ei" ■vermachte ihr dabey ein unfchäzbares Erbe — Jene Segnungen, welche der lohnende Himmel für die Kinder der Barmherzigen aufbewahrt." Diefs find die Beyfpiele des höch-ßen Alters in neuern Zeiten, die mir bfe-kannt worden find. — Leute von 100 Jahren rechne ich hierunter gar nicht, denn die kommen häufiger vor. Noch vor einigen Jahi'en ftarb in Bürgel, nicht weit von hier, ein Zimmermann in-Xei-nem io4ten Jahre. Er hatte noch täglich gearbeitet. Seine liebfte Befchäftigung war zulezt, Garn zu fpinnen. Einfi: fafs er hinter feinem Spinnrade. Mit einem-male bemerkte feine Tochter, dafs er nicht mehr fpann. Sie fah alfo nach ilim, und — er war geftorben. Billig füllten nnn die Aerzte hier auch eine vorzügliche Stelle behaupten, welche die Mittel zum Leben und zur Gefundheit fo reichlich an andere aus-fpenden. Aber leider ift diefs nicht ■der Fall. — Bey ihnen heifts am mei-ften: Aliis ivferviendo confumimtur: aliis medendo vioriuntuu Wenigftens bey den practifchen Aerzten ift die Sterblichkeit fehr grofs, vielleicht gröfser, als bey irgend einem andern Metier. Sie können gerade am wenigften die Gefundlieits- und Vor-fichtsregeln beobachten, die fie andern geben, und dann exiftiren wenige Be-fch'aftigimgen, wo Leibes- und Seelen-conl'umtion zugleich fo grofs wäre, wie in diefer. Kopf und Füfse müffen immer gemeiufchaftlicli arbeiten. — Doch gilt diefe gröfscre Sterblichkeit mehr Ton den erften lo Jaliren der Praxis. Ein Arzt, der dicfe glücklich überhanden hat, erlangt eine gewille Feftigkeit, eine gewifle Unempfmdlichkeit gegen die Strapazen und Krankheitsurfachen, durch die Gewohnheit' werden lelbfl: die üblen Ausdünftungen und anfteckenden Krankheitsgifte weniger nachtheilig, er bekommt mehr Gleichmuth bey den täglichen herzbrechenden Jamnierlcenen, und felbft. gegen die mannichfaltigen Ungerechtigkeiten, und moralifchen Mishandlungen, die diefes Metier begleiten, und fo kann alfo ein Arzt, der feine Probezeit glücklich ausgehalten hat, ein alter Mann werden. Unfer Ahnherr, Hippocrates, geht Uns da mit gutem Beyfpiele vor.. Er Ward 104 Jahr alt. Sein Leben beftand in Beobachtung der Natur, im Reifen und Krankenbefuchen; er lebte mehr in kleinen Orten und auf dem Lande, als in groišenStädten. Galen, Crato, Fo- reßus, Plater, Hofmami, Haller, van Swieten, Boerhave erreichten alle ein beträchtliches Alter. In Anfehung der Kürze des Lebens zeichnen fich befonders ße;-g- und Hüttenarbeiter, alio die Menfchen, die unter der Erde oder in beftändigen giftigen Ausdünftungen leben, aus. Es giebt Gruben, die viel Arfenic und Cobald enthalten, wo die Arbeiter nicht über 30 Jahre alt werden. Und nun noch einen Blick auf den Unterfchied des Alters nach dem Clima, oder vielmehr der Landesart, s \ Obeii an fteht Schweden, Norioef^en, Dänemark uhd England. Diefe Länder haben unftreitig die älteften Menfcheir in neuem Zeiten hervorgebracht. Die Beyfpiele von V130, ;4o, fSojäh-rigen Menfchen gehören diefen Ländern zu. So felir die jiordlichere Lage dem holien Alter vortlieilhaft ift, fo ift doch ein gar zu hoher Grad von Kälte der Le-lifii?ränge ebenfalls nachtheilig. — In Island ui d den ^ nördlichften TlieiJen von Afie i (Sibirien), erreicht man höch-ftens ein Alter von 60 — 70 Jahren. AulTer England und Schottland hat auch lijdand den Ruhm eines hohen Alters. In einem einzigen mittelm'dfsigen Ort {Dimsford) in Inland, zählete man 80 Perfonen über 80. — Und Baco lagt: ich glaube, es exiftirt im ganzen Lande kein Dörfgen, wo nicht einMenfch von ßo Jahren anzutreffen wäre. I In Frankreich ift das höchfte Alter nicht fo häufig, doch ftarb im Jalir 1757, noch ein Mann von 121 Jahren. Eben fo in Italien; doch hat man von den nördlichen Provinzen, der Lorabardey, Beyfpiele von hohemAlter. Audi in Spanien giebts Beyfpiele von Menlchen, die bis zum noten Jahr gelebt haben, — doch feiten. Das fcliöne und gefunde *Grz'ec7ie7i-land hat noch immer den Ruhm des hohen Alters , den es fonfi: hatte. Tourne-fort traf noch zu Athen einen alten Con-ful von 118 Jahren an. Befonders zeichnet fich die Infel Naxos aus. Selbft in Egypten und Indien fmden fich Beyfpiele von fehr langen Leben, befonders unter der Secte der Bramanen, Anachoreten und Einfiedler, die die Schwelgerey und FauUieit der andern Einwohner diefer Länder nicht lieben, Aethiopien ftand ehedem in dem Rufeines fehr langen Lebens; aber Bruce erzälüt uns das Gegentheil. Vorzüglicli find einige Gegenden von Ungarn dmch ihr hohes Alter be-riili mt Teutfchland hat zwrtr viele Alte, alaer wenig Beyfpiele von aufTerordent-lichen hohen Alter. Selbft in Holland kann man alt werden, aber es gefchieht nicht häufig, und das Aller erhebt ficli feiten bis zum lootenjahr. . ' - ■ -V . / --.1 1. ■■ ■ V-, Sechste Vorlefimg. Refultate aus den E^farungen. Be-fiinunung des menfchlichcn Lebensziels. l/nallhüngigkeit der Mortalität im Canztn vem hohen Alter einzelner — Einßtifs der Lage, des Clima, der Lufttemyrratur und Befiändigkeit auf Lebensdauer — Infein und Halbinfeln — die Alterreichjten Länder io Europa — Pfützen des naturgemirfsm Lebens _ Di* »Wey fchrecklichßen Extreme der Mortalität in neuern Zeiten — Lebensverlängernde Kraft des Mitteltons ia Mlem — des Eheftandes — des Gefehleehts r»-der Thätigkeit — der Frugalität der Kultur — des Landlejbeiis — Auch hey Menfchen. mögliche Ver' jüngung — BeßimmuKg des mcnfthliehen Lebensziels — Abfolut» und relatife Dauer deß'elben — Tabellen über die Intere. nicht durch z a überhäufte Bey-fpiele zu ermüden, breche ich hier ab. umi werde die üLrigen in der Folge bey fdücjtliciien Gelegenheiten anführen. Für )ezt erlaube man mir, nun die ■wicliligften allgemeinen Rel'ultate und Scliluisfolgen aus dielen Erfalirmigen zu zielier. L Das Alter der Welt hat bisher noch keinen merklichen EinlluTs auf das Alter der Menfchen gehabt. Man kann noch immer eben fo alt AA-^erdeh, als zu Abrahams und noch frühern Zeiten. Allerdings giebt es Perioden, wo in dem nehmlichen Lande die Menfchen einmal länger, das andremal kürzer lebten, abqr diefs rührt offenbar nicht von der Welt, fondern_von den Menfchen felbft her. Waren diefe noch wild, einfach, arbeit-£am, Kinder der Luft und der Natur, Hirten, Jäger und Ackersleute, fo war auch ein hohes Alter bey ihnen gewöhnlich. Wurden fie aber nach und nach der Natur- untreu, . tüberverfeiußct und luxuiiös, fo wurde audi die Lebensdauer kürzer. — Aber das nelimliclie Volk, durch eine Revolution wieder in einen roliern naturgeinäfsern Zuftand verfezt, kann ficli aueli wieder zu dem natürlichem Ziel des Lebens erheben. — Folglich find diel's nur Perioden, welche kommen und gehen; das Menfchenge-fchlecht im Ganzen leidet darunter nicht, und behält fein ilim angewiefe-nes Lebensziel. II. Der Menfch kann, wie wir ge-lehenliaber^, unter faft allen Himmels-ftrichen, in der heifsen und kalten Zone, ein hohes Alter erreichen. Der Unter-fchied fcheint nur darinne zu liegen, dafs diefs in manchen häufiger, in manchen feltner gefchieht, und dafs, wenn man auch ein hohes, doch nicht überall das höchfte Alter erreichen kann. in. Selbft in den Gegenden, wo die Mortalität im Ganzen fehr grofs ift, können einzelne Menfchen ein höheres Alter erreiclien, als in den Gegenden, wo die allgemeine Mortalität geringer ift. Wir wollen z. B. die wärmern Gegenden des Orients nehmen. Hier ift die Mortalität im Ganzen äufferft gering, daher auch die aulTerordentliche Population, befonders das kindliche Alter leidet hier weit weniger, wegen der be-ßändigen gleichförmigen und. deinen Temperatur der Luft. Und dennoch giebts liier verhältnifsniäfsig weit weniger fehr alte Menfchen, als in den nördlichem Gegenden, wo die Mortalität im Ganzen grölser ift. IV. Hochliegende Orte haben im Ganzen mehr und höhere Alte, als tiefliegende. D och ift auch liier ein gewii-fes Maas, und man kann die Regel nicht fo beftimmen: Je höher, je belTer. — Der äuJIerfte Grad von Höhe, die Höhe der Gletfcher, ift wieder dem Alter nachtheilig, und die Schweiz, ohnftreitig das liöchfte Land in Europa, hat weniger Alte aufzuweilen, als die Gebirge von von Sclioltland. — Die Urfache ill zweyfacli: Einmal, eine zu hohe Luft ift zu trocken, iithenfch und rein, con-fumirt alfo Iclineller, und zweytens die Lufttemperatur ilt zu ungleich, Wärme und Kälte wechfeln zu Ichnell ab, und iiiehts ift der Lebensdauer uachtheiliger, als zu lehn eller Weclifel. ' V. In kältern Himmelsfirichen wird der Menfch im Ganzen älter, als in lieifsen und zwar aus doppeltem Grunde: Einmal, weil im heifsen Clima die Lebensconfumtion ftärker ift, iind dann weil das kalte Clima das Clima der I Mäfsigkeit ift, und'auch daduixh der Selbftconfumtion Einlialt thut. — Aber auch diefs gilt nur bis zu einem gewilTen Grad. . Die höchfte Kälte von Grönland^ Nova Zanhla u. f. w. verkürzt wieder ■^as Leben. VI. Ganz vorzüglich zuträglich zur Verlängerung des Lebens ift, Gleicliför-migkeit der Luft, befonders in Abiicht N üuf Wänrte und Kälte, Scliwehro und Leichtigkeit. Dalier die Länder, wo fclixielle und ftarke Abwechfelungen im Barometer- und Thermonieterftand gewöhnlich find, der Lebensdauer nie vor-tlieilhaft ßnd. — Es kann folcli ein Land übrigens gefund l'eyn, es können vielMenTchen alt weiden, aber ein hohes Alter erreichen fie nicht, denn jene fchnelle Abwechfelungen find eben fo viele innere Revolutionen, und diefe confumiren erftaunlich, fowohl Kräfte als Orgaije. In diel'er Abficht zeichnet fich befonders Teutfchland aus, def-fen Lage es zu einem beltändigen Ge-niifch von warmen und kalten Clima, vom Süden und Norden macht, wo man oft in einem Tage zugleich Froft und auch die gröfste Hitze erlebt, und wo der März lehr heifs und der May be-fchneyt feyn kann. Diefs Zwitterclima Teutfchlands ift gewifs die Haupturfa-ehe, dafs, troz feiner übrigens gefunden Lage, zwar im Ganzen die Menfchen «in ziemliches Alter erreichen, aber die "voli fehl- liolien Alter weit felt-it&r ßndv als in andern, faft unter glei-•ehei«''Breite belegenen, benachbarten '•'i' «VIX' Ein zu holier Grad von Tro-tkenheit, fo wie zu grofse Feuchtigkeit, ift der Lebensdauer na,chtheilig. Daher ifteine, mit einer feinen Feuchtigkeit ge-niifchle, Luft, die befte, um ein hohes Alter zu erlangen, und zwar aus folgenden Urfachen: Eine feuchte Luft ift fchon zum Theil faturirt, und alfo Welliger dürftig, fie entzieht alfo dem Körper Weniger, d- h. fie confumirt ihn weniger. Ferner, in feuchter Luft ift immer mehr Gleiciiföimigkeit der Tenipe-ratur, weniger fchnelle Revolution von Hitze und Kälte möglich. Und endlich erhält eine etwas feuchte Atmosphäre diei Organe langer gefchmeidig und jugendlich, da hingegen die zu ti ockne weit Ichneller Trockenheit der Fafer und den Kaiacter des Alters herbevfiUirt. If 3t Den aufFallenclften Beweis hiervon geben uns die Iiifelii. Wir finden, dafs von jeher und noch jezt die Infein und Halbinfeln die Wiegen des AUers waren. Immer werden die Menfchen auf den Infein älter als auf dem dabey unter glei-eher Breite liegenden feften Lande. — So leben die Menfchen auf den Infein ^es Archipclagus länger, als in dem gleich dabey liegenden Afien; anf der Infel CypCrn länger, als in Syrien, auf Fonnofa und Japan länger, als in China, iiiJE»^-land-aiidiDüneinark länger, als in TeutfcJi-land. Doch hat SeewalTer diefe Wirkung weit mehr, als füfses WalTer; daher auch Seeleute fo alt werden können. Stillfte-liende füfse Wader hingegen fchadem wieder durch ihre niepliitifche Ausdün,-ftunjjvn. VITT. Sehr viel fcheint auch auf den Boden, felbft auf die Erdart, genug auf den ganzen Genius loci anzukommen, imd hier Icheiiit ein kalclüchter Boden am wenigften gefcliickt zu feyn, das Alter zu befördern. IX. Nach allen Erfahrungen find England j Dänemark, Schzoeden und Norwegen, diejenigen Länder, wo der Menfch das liüclifte Alter eneicht, und-wir finden bey genauer Unterfuchung, dafs hier eben alle die bisher beJtinim-ten Eigenfchaflen zufammen treffen. Hingegen A'jyJfinien, einige Gegenden von Weftindien, Surinam find die Länder, wo der Menfch am kürzeften lebt. X. Je mehr der Menfch der Natur und ihren Gefetzen treu bleibt, defto länger lebt er, je weiter er fich davon entfernt, defto küizer. Diefs ift eins der allgenieinften Gefetze. — Daher in denfelben Gegenden, fo lange die Bewohner das frugale Hirten- und Jägerleben führten, wurden fie alt; fobald ße civilifirter wurden und dadurch in Luxus, Ueppigkeit und Faulheit verfielen, fank auch ilire Lebensdauer herab; daher find «s nicht die Reichen und Vornehmen, nicht die, 7 di«' Gold-und Wundertinctiiren einnehmen, wel-» che lehr alt werden; fondern Bauern, Ackersleute, Matrofen, folclie Men-fchen, denen es vielleicht in ihrem g«in-zen Leben nicht eingefallen ilt, wie; nians machen müITe, um alt 2U werden,-find die, bey denen man die erftaunlich«". ften Beyfpiele antrifft, 1 Den äufTerllen fchrecklichfteii; Grad menfchlicher Sterblichkeit treffeix! wir in zwey Erfindungen der neuent Zeit an, unter den Negerfclaven itt' Weftindien, und in den Findelhäüfern. — Von den Negerfclaven ftirbt jährlich, der 5te oder 6te, alfo ungefähr fo viel, als' wenn beftändig die fftrchterlichfle Peft unter ihnen wüthete. Und von 7000 Findelkindern, welche gewöhnlich alle Jahre in das Findelhaus zu Paris gebracht werden, lind nach Verlauf von 10 Jahren noch 150 übrig, und 6320 find geftorben, slfo von 4® entrinnt nur ei- ner diefem ofFnen Grab. — Ift es iiiclit höcliftmerkvvürdig und ein neuer Beweis unfers vorigen Satzes, dafs gerade da die Sterblichkeit am fchrecklichflen ift, wo der Menfch fich am weiteftca von der Natur entfernt, wo die heilig!» ften Gefetzc der Natur zu Boden getreten , und ihre erften feftefien Bande zerrillen werden? Da, wo der Menfcl).' lieh im eigentlichften Verftande unters "Vieh erniedrigt, hier das Kind von der Bruft der Mutter reifst, und es Mieth-lingen hülflos überläfst, dort den Bruder vom Bruder, von feiner Heimath, von feinem vaterländifchen Bodeij trennt, ihn auf einen fremden ungefuii-den Boden verpflanzt, und ihn da olme Hofnung, ohne Trofl:, o^me Freude, mit der bliftäudigep Sehnfucht nach den Hinlerlaflenen im Herzen, unter den härteflen Arbeiten zu Tode peinigt, — Icli kenne keine Seuche, keine Landpla*» ge, keine Lage der Menfchlieit, weder in der allen noch neuern Zeit, wo die Slerbliclikeit deu Grad erreicht hätte. den wir in den Findelliäufern antrefFen. Es gehörte eine Ueberverfeinerung dazu, die nur den neueften Zeiten aufgehoben war. Es gehörten jene elende politifche Rechenkünftler dazu, welche darthun konnten, der Staat fey die befle Mutter, und es fey zur Plüsniacherey weiter nichts nöthig, als die Kinder für ein Ei-genüimn des Staats zu erklären, fie in Depot zu nehmen, und einen öfFentlichen Schlund anzulegen, der fie ver-fchlinge, — Man fieht nun zu fpät die fchauderhaften Folgen diefer unnatürlichen Mutterfchaft, diefer Gei-ingfchät-zung der erflen Grundpfeiler der menfchlichenGefellfchaft, Ehe und eher-lieber'rßicht. — So fchrecklich rächt ^ die Natur die Uebertretung ilirer heilig-ßen Gebote l ^ XII. Das Refultat aller Erfarung und ein Häuptgrund der B'lacrohiotic ift: Omnia viediocria ad vitain prolongaiidam funt utilia. Der Mittelton in allen Stücken, die aurea mediocritas, die Horaz fo fcliön befaiig, von der//w/n« fagt, dafs fie das Befte auf dielerErde fey, ift auch-zur Verlängerung des Lebens am con-ven abelften. In einer gewilTen Mit-telmäfsigkeit des Standes, des Clima, der Gefundheit, des Temperaments, der Leibesconftitution, der Gefchäfte, der Geifieskvaft, der Diät u. £ w, liegt das gvölste Geheimnifs, um alt zu werden. Alle Extreme, fo wohl das zu viel als das zu wenig, fö wohl das zu hoch als das zu tief hindern die Verlängerung des Lebens. Xllt. Bemerkenewerth ift auch folgender Umftand: Alle fehr alle Leute waren verheyralhet, tind zwar mehr als einmal, und gewöhnlich noch im hohen Alter. Kein einziges Beyfpiel exi-ftirt, dafs ein lediger Menfch ein fehr hohes Alter erreicht hätte, Diefe Piegel. gilt eben fo wohl vom weiblichen als männlichen Gefchlechte, Hieraus fcheint zu erhellen: Ein gewifter Reichthum an Generationskräften ilt zum langen Leben felir vortheillmft. E& ift ein Beytrag zur Summe der Lebenskraft» und die Kraft, andre ?;u proc);eireuk fcheint mit der Kraft, fipli felbft zu regenerirP» und 2U reftauriren, im genauefteh Verh'altnii's zu ftelieu, —^ Aber es gehört Ordfluqg und Mäfsigkeit in der Verwendung der-felben dazu, alfp der Ehefiand^ das žige Mittel, diefe erhalten. Das gröfste Beyfpiel giebt ehi Fran-zps, jSamens de Longue ville, DLefer lebte HO J ihr, und hatte lo Weiber gehabt, die lezle noch im ggften Jahre» ^velche ihm noeh in feinem j-pißen Jahre, einen SdIwi gebahr, XIV, Es werden mehr Weiber als ^Männer alt, aber das höchfte Ziel des meufchlichen Alters erreichen doch nur Männer, — Das Gleichgewicht und die Nachgiebigkeit des weiblichen Körpers fcheiut il]jn für eine gewifle Zeit mehr Dauer und weniger Nachtheil von den zerftöjreiideij Eiöflüflen zu geben. Aber uih ein felir hohes Alter zu erreichen, gehört fchlechterdings Manns-!kraft dazu. Daher werden mehr Weiber alt, aber weniger fehr alt, XV. In der erftenHälfte des Lebeng jftthätiges, felbfb ftrapazantes Leben, in der lezten Hälfte aber eine ruhigere riiid gleichförmige Lebensart zum Altert Zuträglich, Kein einziges Beyfpiel findet fich,' dafs ein Müffiggänger ein aüsge-* zeichnet hohes Alter erreicht hätte, XVI. Eine reiche und nahrhafte Diät-, Ueberinaas von Fleifchkoft, verlängert nicht das Leben. Die Beyfpiele des höchften Alters find von folchen Menfchen, welche von Jugend auf mehr Pflanzenkoft genoITen, ja oft ihr ganzesLeben hindm-ch kein Fleifch geJi,oftet hatten. XVII. Ein gewifTer Grad von Kultur ift dem Menfchen auch phyfifch möthig imd befördert die Länge des Lebens. Der rohe Wilde lebt nicht fo lange. XVIII. Das Leben auf dem Lande und in kleinen Städten ift dem langen Leben günfrig, in grofsen Städten un-günftig. In p-ofsen Slädlen ftirbtgewöhnlich jährlich der asfte bis softe, auf dem Laude der 4ofte, öolle. Belbriders wird die Sterblichkeit in der Kindheit durchs Stadtleben äufferit vermehrt, To daCs da gewöhnlich die Hälfte aller Gehörnen fchon vor dem dritten Jahre Üirbt, da hingegen auf dem Lande die Hälfte erft bis zum aoftea oder soften Jahre aui'gerieben ift. Der geringfte Grad der menichlichen Mortalität, ift einer von 60 des Jahrs, und diefer findet fich nur hie und da im Landleben. *) *) Selbft bey uns findet ficli <3aron ein BeyTpiel. JJioJit weit von Jsna (welches felblt die getingo Moitalitat von l iu 40 liatj, liegt in einer lio-lien felii' g^erunden Gegend der Flecken Remda, vfo gewöhnlicli nur der 6oli« Men/ck jSlii'Ucli ftirbt. XTX. Bey manclien MenCchen fell eint wahrlich eine Art von Verjüngung möglich zu feyn; Bey vielen Bey-fpielen des höchlten Alters hcnierkte man, dal's im Öoüen, voften Jnhre, wo andre Menldien zu leben aulliören, neue Zähne und neue Haare hervorkamen, und nun gleichlam eine neue Periode des Lebens anfing, welche noch sound 30 Jahre dauern konnte. Eine Art von Reproduction feiner lelblt, wie wir lie fonft ijur bey unvoUkomuiiiern Gefchöpfen wahriielunen. Von der Art ift das merkwürdiglte mir bekannte Beyfpiel, ein Greifs, der zu Rechiiigeii (Oberamt Bcnnhcrg^ in der Pfalz lebte, und 1791 im i2often Jahre ftarb. Diefem wuchfen im Jahr 1787, laachdem er lange fchon keine Zähne mehr gehabt hatte, auf einmal 8 «eue Zähne. Nach 6 Monaten fielen fie aus, der Abgnng wurde aber durch neue Stockzähne oben und unten wieder er- fezt, und fo arbeitete die Natuir 4 Jalire l lang uiierniiide^j und npcb-Tlns 4 Wochen. vovj,feinem Ende fort< i Wenn ,er ficlx der neaen Zähne einige Zeit recht "bequem zunx Zermalmen der Speifen bedient hatte, fo nalunen fie, bald eher "bald fpäter, vvieder Abi'chied , und fo-gleich fchoben fich in diefe oder in andre Lücken neue Zähne nach. Alle diefe Zälme bekam und verlohr er ohne Schmerze«; ihre^Zahl belief fich zxifam^ men -vvenigfteAiS ^uf ein halbes Hmidert. Die bisher aufgeftellten Effarungen können uns nun auch Auffchlufs über die Nviclitige Frage geben; Welches i ft das eigentliche Lehensziel des: Men-fchen? Man follte glauben, man ntüfste doch hierüber nun einige Gewifsheit haben. Aber es ift unglaublich, welche Verfchiedenheit der Meynungen darübet unter den Pliyfikern herrfcht; Einige geben dem Menfchen ein felu" hohes, andre ein fehr geringes Lebensziel. Einige glaubten, man brauche liierzu uur zu untejrladieji, wie,hoch es die wildenMenfchen brächten; denn in die-fem Naturftande mülTe licli wohl das na-tüiliche Lebensziel am ficherften ausmitteln laffen. Aber diefs ift falfch. Wir inüITen bedenken, dais diefer Stand der Natur aittch meiftens dei* Stand des Elends ift, wo der Mangel an Gefellig-keit und Kultur den Menfchen nöthigts fich weit über feine Kräfte zu ftrapazi-ren und zu confumiren^ wo er über-diefs, vermöge feiner, Lage j weit mehr deftruirende EinflürTe und weit weniger Reftanration geniefst. Nicht ausf der Klaffe der' Thiermenfchen müfTen wir unfre Beyfpiele nehmen (denn dh theilt er feine Eigenfchaften mit dem Thier) iondem aus der Klaffe, wo durch Entwicklung und Kultur der Menfch eift verniinftiges wirklich menfchliches We-fen worden ift, dann erft hat er auch im Phyfifchen feine Beßimmung und feine Vorzüge erreicht, und durch "Vemunft auch aufler Geh die ReftauiatioHsmittel und glücklichern Lagen bewirkt, die ihni möglich fiud^ nuji erit köiuies wir ihn als Menfch betradilen, und Bey-ipie'le-aus Teinem Zuftand nehmen. So könnte man auch wohl glauben, der Tod am Marasmus d. h. am Alter, fey das wahre Lebensziel des Menfchen. Aber diefe Rechnung wird dadurch in unl'ern Zeiten gewallig trüglich, weil, wie Lichtenberg lagt, die Menfchen die Kuiift exf'undcn haben, ficli auch das Alter vor der Zeit inocüliren zu lallen, und man jeztfehr alte Leitte von 50 bis kann 40 Jahren fehen, bey denen alle Symptomen des liöchften Alters vorhanden lind, als Steifigkeit und Trockenheit, Schwäche, graue Haare, verknöcherte Rippen, die man fonft nur in einem Alter von 80 bis go Jahren findet. Aber diefs ill ein erkünfteltes relatives Alter, und diefer Maasftab kann alfo nicht zu einer Berechnung genuzt werden, die das Lebensziel des Menfcheiigefclilechts überhaupt zum Gegenftand hat. Man Man ift fogar auf die feltfamften Hypothefen gefallen, um diefe Frage aužzuloCen. Die alten Egyptier glaubten zum Beyfpiel, das Herz nehme 50 Jahre lang alle Jahre um 2 Drachmen an Gewicht zu, und nun wieder 50 Jahre lang in eben dem Verhältnifs ab. Nach d.ierer Rechnung war nun im looten Jahre gar nichts raelir vom Herzen übrig, und alfo war das loote Jahr das Lebensziel des Menfchen. Ich glaube daher, um diefe Frage befriedigend zu beantworten, mufs man durchaus folgenden wefentlichen Unter-fchied machen. 1. Wie lange kann der Menfch überhaupt (als Gefchlecht betrachtet) ausdauern, was ift die abfolute Lebensdauer des menfchlichen Ge-fchlechts? — Wir wifTen^ jede ThierklalTe. hat ihre abfolute Le* Ii: bensdauer; alfo auch der Menfch. ir B. Wie lange kann der Menfcli im einzelnen, das Individuum, leben, oder was ift die relative Lebensdauer der Menfchen ? Was die erfte Frage betrifft, die Unterfucliung der abfoluten Lebensdauer des inenlchlichen Gefclil^clits, fo hindert uns nichts, das Ziel derfelben auf die äufferften Grenzen der nach der Erfarung möglichen Lebensdauer zu fetzen. Es ift hierzu genug, zu wif-fen, was der menfchlichen Natur möglich ift, und wir können einen folchen Menfchen, der das höchfte Ziel menfch-licher Exiftenz erreicht hat, als ein Ideal der vollkomnienften Menfchennatur, als ein Mufter dellen, wefl'en die menfchli-che Natur unter günftigen Umfiänden fähig ift, betrachten. Nun zeigt uns aber die Erfarung unwiderfprech-lich, der Men Ich könne hoch jezt ein Alter von 150 bis 160 Jahren erreichen, und, was das wichtigfte ift, dasBeyfpiel von Th. Parre^ den man im igaften Jalire fecirte, beweift, dafs noch in die-fem Alter der Zuftand aller Eingeweyde fo vollkommen und fehlerfrey feyn konnte, dals er gewifs noch länger hätte leben können, wenn ihm nicht die un-geAVohnte Lebensart eine tödliche Vollblütigkeit zugezogen hätte. — Folglich kann man mit der höchften Wahrfchein-lichkeit behaupten: Die menfchliche Organifation und Lebenskraft find im Stande eine Dauer und Wirkfamkeit von 200 Jahren auszuhalten. Die Fähigkeit, fo lange zu exiftiren, liegt in der menfchlichen Natur, ahfoluce genommen. Diefe Behaupttrng bekommt nun dadurch noch ein grofses Gewicht, dafs wir dasVerhältnifs zwifchen der Zeit des Wachsthums und der Lebensdauer damit übei'einftimmend finden. Man kann annehmen, dafs ein Thier achtmal länger lebt, als es wächft. Nun braucht der Menibh im natürlichen, nicht durch O 2 Kunfl: befchleunigten Zultand, 25 voile Jahre, um fein vollkonimnes Waclistlium und Ausbildung zu erreichen, und auch diefs Verlikltnils giebt iluii ein abfolutes Alter von 200 Jaliren. Man werfe nicht ein: Das hohe Alter ift der unnatüiliche Zuftand, oder die Ausnahme von derPiegel; und das kürzere Leben ift eigentlich der natürliche Zuftand. — Wir werden hernach fehen, dafs faft alle vor dem looteu Jahre ei-folgenden Todesarten, künltlich d. h. durch Kranklieiten oder Zufalle hervorgebracht find. Und es ift gewifs, dafs bey weitem der gröfste Theil des Menfchengefchlechts eines unnatürlichen Todes ßirbt, etwa von 10000 erreicht nur einer das Ziel von 100 Jaliren. Nun aber die relative Lebensdauer des Menfchen! Diefe ilt freylich fehr variabel, lo verfchieden, als jedes Indi- Tiduuin felbft. Sie riclitet ficll nach der be0ern oder Iclilechtern MalTe, aus der es formirt wurde, nach der Lebensart, ]angfamern oder fchnellern Conl'unition, und nach allen den taufendfachen Um-ß'anden, die von innen und auffen auf feine Lebensdauer influiren können. Man glaube ja nicht, dafs noch jezt jeder Menfch einen Lebensfond von 150 oder 200 Jahren auf die Welt bringt. Leider ift es das Schickfal unfrer Generation, dafs oft fchon die Sünden der Väter dem Embryo ein weit kürzeres Stamen vitae niittheilen. !Nehmen wir nun noch das unzählige Heer von Krankheiten mid andern Zufallen, die jezt heimlich und öiFentlich an unferm Leben nagen, fo fieht man wohl, dafs es jezt, fchwehrer als jemals ift, jenes Ziel zu erreichen, deflen die nienfchli-che Natur wirklich fähig ift. —^ Aber dennoch müITen wir jenes Ziel immer zum Grunde legen, und wir werden hernach fehen, wie viel in unfrer Ge- wait ftehct, HindernilTe aus dem Wffg-i zu räumen, die mis jezt davon abhalten. Als eine Probe des relativen Lebens des jetzigen Menfcliengefcliledits mag folgende auf Erfarungen gegrändete Tabelle dienen; Von loo Menfclien, die geboren werden fierben 50 vor derti loten Jalire. — 20 zwifclien 10 und 20. — 10 "— — 20 und 30. — 6 — — 30 und 40. — 5 — — 4° — 3 — ^ 50 und 60. Alfo nur 6 kommen über 60 Jahre. II aller, der die meiften Beyfpiele des menfchlichen Alters gefamnilet hat, fand folgendes VcrhältuU's der relativen 3U«!bensdauer; - / geyfpiele von i oo — 11 o Jahren, über I'ooo. — — no —120 — 60. — — 120—130 — 29. •— — 150—140 — 15* — — 140—150 — 6. — —- — 169 — Siebente Vorlefmig. ■ Genauere Unterfuchung des menfchlichen, Lebens , feiner Hanptinioinente, und des EinfluITes feiner höhern und intellectuel-len Vollkommenheit auf die Dauer.. ■ deffelben, i 33as menfcUiche Leben ift dus Dollkommtnfte, intinjlo-fiärkfee, und auch das liingfin aller ahnliehen organi-fchan Leben — M eJentUcher Begriff diefes Lehens^ ^ feine Hauptnwmante — Zugang von aujfan — ^ßiy milation und Animalifation — Nutrition unj. Ver^^ lung djir organifchan Materie — Sulbßhonfumtion der. Kräfte und Organe durchs Leben felhft — u4bfehei' dung und Zerfatzung der vcrbraurhtpn Theile — di» zum Leben nöthigen Organi» — Gefchichte des Lebens — ürfachen der fo vorzüglich langen Lebensdauer d^t Jllenfchen — Einfluft der l^ohern Denkkraft und Vernunft darauf — Wie kommt es, dafsTiayiden fllen-fchen, wo die Fähigkeit zum langen Leben am ft/irhßen ift, dennoch die Mortalität am gröfsten ift? w. ir kominen nun zu unferm Haupt-;z;weck, die bisherigen PrämilTen auf die Verlängerung des menfcliliclien Lebens anzuwenden. Aber ehe wir diefs zu tliun im Stande fmd, müffen •wir durchaus erft folgende Fragen un-terfudxen: Worin beftelit eigentlich vienfchliches Leben? Auf welchen Organen, Kräften und Venrichtungen beruht diefe"\vichtige Operation und ihre Dauer? Worin unterfcheidet es ficfi^iwe-fenilich von dem Leben anderer Gefchö-pfe'ürid Wefen? Der Menfch ifi; unftreitig das oberfle Glied, .idie Krone der fichtbaren Schöpfung, das ausgebildetfte, lezte, vollen-detfte Product ilirer wiikenden Kraft, der höchfte Grad von Darfteilung derfel-ben, den unfre Augen zu fehen, unfre Sinne zu fallen vermögen. — Mit ilua fchliefst fleh unfer fublunaiifcher Ge-fichtgkreis; er ift der auderfte Punct, mit welchem und in welchem die Siii.-nenwelt an einer höheren geiftigen Welt angrenzt. Die menrdiliche Organifa-tion ift- gleidifam ein Zauberband, cluixh %Yelches zwey "V^ii'^elten von ganz verfchie-dener Natur mit einander verknüpft und venvebt find; — ein ewig unbegreifli-clies Wunder, durch wel dies der M enfch Bewohner zweyer Welten zugleidi, der inlellecluellen und der fiinnlidien, wird, Mit Redxt kann man den Menfchen als den Inbegriff der ganzen Natur anfeilen,- als ein Meifterftück von Zufam-mepfetzung, in wekhem alle in der übrigen Natur Ä-erftreut wirkenden Kräfte, alle Arten von Organen und Lebensformen zu einem Qajizen vereint lind, vereint wirken, und auf diefe Art den Men-fdien im eigentKdiften Sinn zu der kleinen Weib (dem Abdrudt und Inbegriff der gröfsern) madien, wie ihn die altern Philofoplien fo oft nannten. Sein Leljcn ill das entwiclceltfte; feine Organifation-die zartefte und aus-gebildetfte; feineSäfte undBeftandthfile die veredeltften mid organifirteften; fein' intenfives Lehen, feine Selbflkonfum-tion eben desAvegen die ftärkfte. Er hat folglich mehr Berührungspuncte mit der ihn umgebenden Natur, mehr Bedürf-niffe; aber auch eben deswegen eine reichere und voUkommnere Pieftauration, als irgend ein anderes Gefchöpf. Die todten, mechanifchen und chemifchen Kräfte der Natur, die organifchen oder lebendigen Kräfte, und jener Funke der göttlicheu Kraft, die Denkkraft, lind hier auf die wundervollefte Art mit ein-» ander A'^ereinigt und verfchmolzen, um das groise göttliche Phänomen, was wir menfchliches Leben nennen, darzu' ftellen. Und nun einen Blick in das Wefen und den Mechanismus diefer Operation, fo viel uns davon erkennbar ift l Menfcliliclies Leben, von feiner phyfifclieu Seite betra.chtet, ift niclits anders, als ein unaufhörlich foi tgefez-tes Aufliören und Werden, ein beftän-diger Wechfel von Deftruction und Re-ftauralioii, 'ein fortgefezler Kanipf clie-niift lier zerleigender Kräfte und der. alles bindenden usid neufchafFenden Lebeiis-ki aft. Unaufhörlich werden neue Be-ftandtheile aus der ganzen uns ujnge-bendtn Natur aufgefafst, aus dern tod-ten Zuftand zum Leben hervorgerufen, aus der chemifchen iö die organifche belebte Welt verfezt, und aus diefen ungleichartigen Theilen durch die'fchöpfe-rifche Lebenskraft ein neues gleichförmiges Product erzeugt,~dem in allenPuncten der Karacter des Lebens eingeprägt ift. Aber eben fo unaufhörlich verlaflen die gebrauchten, abgenuzten und verdorbenen Beftandtheile diefe Verbindung wieder, gehorchen den meehanifcheri und chemifchen Kräften, die mit- den lebenden in beftändigem Kanipf flehen, treten fo wieder aus der organifchen in die cliemifclie Welt über, und werden wieder ein Eigenthutii deir allgemeinen unbelebten Natur, aus der fie auf eine kurze Zeit ausgetreten waren. Dies ununterbrochene Gefcbäft ift das Werk der immer wiikfamen Lebenskraft in uns, folglich mit einer unaufhörlichen Kraft-äuITerung verbunden; und dies ift ein neuer wichtigerBeftandtheil derLebens-opefation. So iß'das Leben ein beftän-diges Nehmen,:. Aneignen und Wiedergeben, ein immerwährendes Gemifcii von Tod tmd neuer Schöpfung. Das, was wir alfo im gewöhnlichen Sinne Leben eines Gefchöpfs (als Darfiel-lung betrachtet) nennen , ift nichts weiter als eine blofse Erfcheinung, die durchaus nichts eignes und felbftftändi-ges hat, als die wirkende gerftige Kraft, die ihr zum Grunde liegt, und die alles bindet und ordnet. Alles übrige ift ein blofses Phänomen, ein grofses fortdauerndes i^chaufpiel, wo das Dargefteilte keinen Augenblick'dalTelbe bleibt, foa- dera iinaufliörlich Aveclifelt; — wo der ganze Gehalt, die Form, die Dauer der Darftellnng vorzüglich von den dazu benuzlen und beftändig wechfelnden Stoffen und der Art ihrer Benutzung abhängt, und das ganze Phänomen keinen Augenblick länger dauern kann, als das beftändige Zuftrömen von auITen dauert, das dem Prozefs Nahrung giebt; — alio die allergröfste Analogie mit der Flani-me, nur dafs diefe ein blofs chemifcher, das Leben aber ein chemifch-animali-Icher Prozefs, eine chemifch-aniuialijche Flamme ift. Das nienfchliclie Leben beruht alfo, feiner Natur nach, auf folgenden Hauptmomenten. I. Zugang der Lebensnahrung von aujjfen^ und Aufnahme derfelben. Hierzu gehört alfp nicht blofs das, was wir gewöhnlich Nahrung nennen, Speife und Trank, fondern noch viel- mehr das beftändige Zuftrömen der feinern und geifligern Lebensnalirung aus der Luft, welche vorzüglich zur Unterhaltung der Lebenskraft zu gehören fcheint; da jene grobem Nahrungsmittel mehr zur Erhaltung und Wiedererzeugung der Materien des Körpers und feiner Organe dienen. — Ferner nicht blofs das, was durch Mund und Magen eingeht; denn auch unfre Lunge und Haut nimmt eine Menge Lebensnalirung in fich auf, und ift für die geiftigere Erhaltung noch weit wichtiger als der Magen. II. Aneignung, Affunilation und Anbnali' fation __ Uehertritt aus der chanifchen. in die organifche IVelt, durch Eiujiufs der Lel^nshraft. Alles, was in uns eingeht, mufs erft den Karacter des Lebens erhalten, wenn es «7z/i?r hejfsen foil. Alle Beftandlheile, ja felbft die feinften Agentien der Natur, die in uns einftrömen, müllen animali- « firt werden, d..}i, den^a&"itt der Lebenskraft fo niodifi.cirf iT.ud auf eine ganz neue Art g^b^n^m -syerden, dafs. fie nicht ganz, m ehr,, nach, den Gefetzen der todten und,d^emilchen Natur,' fon-d,ern nach den ganzi. eigenthümlichen-Gefetzen des organifcheji Lebens -wirken und fich gegen andere; verhalten, kurz äls^Beft^aidtheile des lebenden Körpers hie einfach,, fondern immer als zufam- .'.'ii .-f/ . .i:-' i^i-, . _ ^ mengefezt (au§, ihrer eigentlichen Natur und den Gefetzen d^ jLe.benskraft) ge-i dacht werden können. Genug, alles was in uns ift, felbft chemifche undme'-chanifche Kräfte, find animalifirt. So z. E. die Electrlcität, der WärmeftofF; fie find, fobald fiq Beftandtheile des lebenden Körpers werden, komponirter Natur (animalifirte Electricit'dt, aninia-lifirter WärmertofF) und nicht mehr-blofs nach den Gefetzen und Verhältnif-Qii, di^ fie. in der allgemeinen Natur hatten, zu Veurlkeilen, fondern nach den fpecififchen organifchen Gefetzen beftimmt und wirkend., Eben fo das • oxigcn c t. oxigene und. die andern neuentdeckteri cheniifchen Stoffe. Mail hüte licli ja, fie ficli fo in der lebenden Terbindung un-£ers Körpers zu denken, wie wir fie im Luftapparat wahrnehmen; auch ^ic wirken nach andern und fpecififchen Gefetzen. Ich glaube diefe Bemerkung kann man jezt nicht genug empfehlen, und fie allein kann uns bey der übrigen äuITerft empfehlungswerthen Anwendung der chemifclien Grundlätze auf das organifche Leben richtig leiten. Allerdings haben wir auch jene chemifche Agenzien und Kräfte in uns, und ihre Kenntnifs ift uns unentbehrlich; aber ihre Wirkungsart in uns ift anders mo-dificirt, denn fie befinden fich in einer ganz andern Welt. Diefe wichtige Operation der Affi-inilation und Animalifation ift das Ge-fchäft zuerft des ahforbirenden und Drü' fcnfyftans, (in feinem weitften Umfarige — nicht blofs Milcligefäfse, fondern auch die eiiifaugenden Gefafse d«r Haut P ^ und der Lunge) das man gleichfani den Vorhof neinien kann, durch welclien alles gehen nmfs, Avas uns eigen werden, foil; und dann des CirhuLationsfyfievis, durch delTen Bearbeitung den ileftaiid-theilen die organifche Vollendung nüt-^etheilt Aviid. III. Nutrition — Figirung der nun ani-inalifirtm Bcftandtheile — Weitere Veredlung dcrfelben. Die völlig aniinalifirten Beftand-Iheile werden nun verkörpert und in Organic verwandelt, (das Gefch'aft der plafVifchen Kraft). — Durch die Be-iarbeitung noch feinerer und vollkommenerer Abfonderungswerkzeuge werden die orffanifchen Beftandtheile zum hoch- • / ften Grad ihrer Verisdlung und Vervoll-komnmng gebracht; durch das Geliini zum nervenbelebenden Flüfligen, durch die Generationsorgane zum Zeugungs-ftofF, — beydes Verbindungen der ver- felnertflen organifchen Materie mit einem reichen Aiitlieil Lebenskraft. IV. SelbßkonfuiiiLioji der Organs und Kräfte durch LebensäuJjfej-uvg. Das wirkende Leben felbft ift eine unaufhörliclie EraftäuITeriTng und Handlung, folglicli mit unaufhörlichem Kraftaufwand und beftändiger Konfumtion der Organe veibi?.nden. Alles, wodurch fich die Kraft als handelnd und thätig zeigt, ift KraftäufTerung; denn es ge-fchieht keine, auch nicht die kleinfte LebensäulTerung, ohne Reiz und Reaction der Kraft. Diefs ift Gefelz der organifchen Natur. Alfo fowohl die ohne unfer WilTen und Willen gefche-lienden innern Bewegungen der Cirku-lation, Chylifikation, Aflimilation und Sekretion, als auch die freywilligen und Seelenwirkungen, find beftändiger Kraftaufwand, und konfuniiiei> unauflialt-fam Kräfte uaad Organe. P fl ♦ Diefer Lebenstlieil ift befonders wichtig für die Dauer und BefchatFen-heit des Lebens. Je llärker die Le-bensäufTePung, defro fdineller die Aufreibung, defto kürzer die Dauer. Aber ift He zu fcliwach, dann ift die Folge ein zu feltner Weclifel der Beftandtheile, folglicli eine unvollkommene Reftaura-tion, und eine fclileciite Qualität des Körpers. V, Ahfcheidung und neue Zer-fetzung der Beftandtheile. — Austritt derfelhen aus der organifchen Welt in die clieini-fche, und JViedervereiyiigung mit der allgemeinen uJibelebten Natur. Die verbrauchten, in diefer Verbindung nicht mehr haltbaren Beftandtheile treten nun wieder aus ihr heraus. Sie verlieren den Einflufs der Lebenskraft, imd fangen an fich wieder nach denblofs cheuiifchen Naturgefetzen zu zerfetzen, zu trennen und zu binden. Daher tragen alle unfre Abfonderungen die deut-# lichftcn Sptircn der Fäulnlfs an ficli, — eines blols cheniifchen ProzelTes, der, als l'olclier, nie in dem wirklich belebten Zuftaad möglich ift. Das Ge-fchäft, fie aus dem Körper zu entfernen, haben die Secretions- und Excretions-' organe, die daflelbe mit ununterbrochener Thäligkeit betreiben, der Darmkanal, die Nieren, vorzüglich aber die ganze Oberfläche der Haut und die Lungen. Diefe Verrichtungen find wahre cliemifch - animal ifche. Operationen; die WegfchafFung felbft gflcldeht durch die Lebenskräfte, aber die Producte find ganz chemirdi. Diefe Hauptmomente bilden das Leben im Ganzen, und auch in jedem Augenblick; denn fie find befländig verbunden, beftändig gegenwärtig, und unztrlrennlich von der Operation des Lebens. Die die zum Leben geliö- Fen, find fchon zum Theil dabe;^ er- wähnt worden. Man kann fie in gegen-wäi-tiger i\ückficlit am füglicbfleu in drey grofse Klnd'eji theilen: die empfangenden und zubereitenden , die anstehenden, und die, welche dicft gegenfeitigen Beioegungcii, fo wie die ganze innre Oeho-' nonde, in Gleichgewicht und Ordinal g er^ halten. Viele taufende von gröl'sem und kleinern Organen find unaufiiöilicli be-fchäftigt, die durch die innere Konfum-tion abgeriebnen und verdorbnen Theil-eben abzufondern und auszuftofsen. AufTer den eigentlich fogenannten Ausleerungswegen ift die ganze Oberfläche der Haut luid der Lungen mit Millionen folclier Abfonderungeorgane bedeckt, und in unaufhörlicher Thätigkeit, — Eben fo häufig und mannichfaltig find die Wege der zweyten Klaffe, der Reßaura-tion. Nicht genug, dnfs der Abgang der gi öbern Theile durch Hülfe der Verdauungswerkzeuge aus den Nahrun gs-miltehi erfezt wird, fo ift auch das Re-fpirationsorgan, die Lunge, unaufhörlich befchaftigt, aus der Luft geifiige Nahrung, LebeiiRwlurm« nncl Lebenskraft, einzuziehen. — Das Herz und der davon abhängende Umlauf des Bluts dient dazu, diefe Bewegungen zu regu-lireii, die aufgenommene Wärme iind Nalirung in alle Puncte zu -verbreiten, und die abgenuzten Theiichen nach ihren Abfonderängswegen hinzutreiben; '— Zu dem allent kommt nun noch der wichtige Einflufs der Seelenkraft und ihrer Organe, die den Menfchen unter allen Gefchöpfen am vollkommcHlten erfüllt, und zwar einerfeits die Selbft--konfmntion, das intenüve Leben, vermehrt, aber zugleich für den Menfchen ein äufferft wicliliges B-eftaurationsmit-tel vvird, das unyollkomnuiern Wefen fehlt. Von der aulTerordentlichen Selbft-konfnmtion des menfchlichen Köi-pers kann man ficli einen Begriff machen, wenn man bedenkt, dafs der Herzfchlag und die damit verbundne Fortbewegung des Bluts, alle Tage 100,000 mal ge- fchieht, h. dafs fich das Herz und alle Pulsadern täglicli 100,000 mal mit einer ganz aulTerordentlichen Kraft zufam-inenzielien, die eine Laft von 60 ~ 60 Pfund Blut in beftändiger Fortbewegung zu erhalten vermag. (Welche Ulu-j welche Mal'chine von dem härteften Ei-fen Avürde nicht durch einen folcheii Gebrauch in kurzem abgenuzt feyn?) — Rechnen wir hierzu noch die fall eben fo unaufliörlichen Muskularbewegungen unfers Körpers, die um fo mehr aufreiben müden, da diefe Theile mehr aus weichen und gallertartigen Partikeln beliehen , fo wird man fich ungefähr einen Begriff machen können, mit welchem Verluft von Subftanz zum Beyfpiel ein Fufsweg von 10 Meilen oder ein Kou-rienitt von 80 Meilen verbunden feyn mag. — Und nicht blofs weiche und flülFige, fondern auch die fefteften Tluei-le weiden nach xind nach durch den Gebrauch abgenuzt. Wir fehen diefs am deutlichften bey den Zähnen, welche offenbar durch langen Gebrauch abge- rieben, hingegen beym Niclitgehrauch (in Ermangelung der Antagoniften) oft ausnehmend lang werden. — Es ift erwiel'en, dafs wir ims auf diefe Art fehr bald aufgezehrt haben würden, wenn kein Erfatz da wäre, und es ift fehr wahrfcheinlich berechnet, dafs wir alle 5 Monate nicht mehr diefelben find, und aus ganz neuen Partikeln befte-hen. Aber eben fo aufferordentlich und wunderbar ift der beftändige Erfatz des Verlohrnen. Man. kann diefs fchon daraus abnehmen, dafs, troz des beftän-digen Verluftes, dennoch unfre Malle diefelbe bleibt. — Am allerfclinellften regeneriren fich die flüffigen Theile wieder, und die Erfarung hat gelehrt, dafs oft der ftärkfte Blutverluft in 14 Tagen wieder erfezt war. Die feften Theile reproduciren fich durch eben die Kräfte und Mechanismen, wie bey der erften Entftehung; das gallertartige nährende Prinzip wird durch die Cirkulation nach allen Theilen hingcleitet, und orgnni-firt (ich überall nach den plaftifdien Ge-felzen des Tlieils. Selbft die allerfeite-fteii, -die Knoclien, werden regenerirt, wie man durch die Verliiche mit devFär-berröthe beweiien kann, bey deren Ge-nufs in kurzem ganz rolheKnochen ent-itehen. Eben To erzeugen lieh ganze veriohren gegangene Knochen von neuem wieder, und mit Bewundei^ung fcndet man im Elfenbein (dem hart ft en Qnimalifchen Körper) zuweilen Bleyku-geln, die einft hiueiiigefchofTen wurden, in allen Puncteu mit fefter Elfenbeinfub-fianz ningeben. Der gewöhnliche Gang, oder die Gefehichte des meiilchlichen Lebens, ift kurz folgende; Das Hetz, (der Grundquell aller Lebensbewegung und Lebensyerbreitung, und die Grundkraft fowohl der abfon-dernden als der V\'iederherftellenden Operationen) wird ün Verhältnils des zunehmenden Alters immer lileiner, fo dals es zulezt achtmal weniger Tmum zrm Ganzen einnimmt, als im Anfange des Lebens; zugleich wird feine Sub-ftanz immer dichter mnd härter, und in I eben dem Verhiiltnifs wird feine Reizbarkeit geringer. Folglich nehmen die wirkenden Kräfte von Jahr zu Jahr mehr ab, die wiederftehenden hingegen immer mehr zu. Das nelimliche gelchieht auch im ganzen Syftem der Gefäfse und aller Be\vegungsorgane. Alle Gefäfse werden nach und nach immer härter, enger, zufammengefchrumpfter, unbrauchbarer; Arterien werden knöchern, eine • Menge der feiijften Gefäl'se ver-wachfen ganz. Die Folgen davon find unausbleiblich; Durch diefes Verwaclifen und Vcr-fchrumpfen werden auch die wich' tigften und feinften ReftauratioKS^ organe des Lebens, die Wege des 25<5 ^ Zugangs und der Afllinilation von aufleu (Lunge, Haut, abforbirende und Milcligefäfse) ungangbarer, folglich der Zutritt näluender und belebender Beflandtlieile von auden immer Ichwacher. Die Nahrung kann weder To mehr aufgenommen, noch l'o gut bereitet und vertheilt werden, als zuvor. 2. Durch diefe zunehmende Härte und Trockenheit der Fafern verlieren fie immer mehr von ihren bewegenden und empfindenden Kräften. IiTitabilität und Senfibilität nehmen ihi'mer in demfelben Ver, hältnifs ab, als jene zunimmt, und fo räumen die wirkenden und felbft-thätigen Kräfte in uns den zerftören-den, mechanifclien und chemifchen imi^er mehr Feld ein. 3. Durch diefe Abnahme der Bewegungskraft, durch diefe Verwach-fung unzähliger Gefäfsgen leiden . - r nun haupträchlich die Abfonderun-^ gen, die uaentbelirliclifleii Hülfs-liiittel uniVer beftiiidigen Reinigung und der Fortfchaffung des verdorbenen. Das wiclitiglie Organ derfelben, die Haut, wird mit den Jahren immer fefter, undurchdringlicher und unbrauchbarer. Eben fo die Nieren, die Ausdün-ftungsgefafse des Darmkanals imd der Lungen. Die Säfte muffen daher im Alter immer unreiner, Ichärfer, zäher und erdigter werden. Die Erde, der grölste Anta-gonift aller Lebensbewegung, bekommt dadurch in unlerm Körper inmier mehr und mehr das Ueber-gewicht, mid wir nähern uns dadurch fchon bey lebendigem Leibe , Unmerklich unfrer endlichen Be-ftimmung: Werde wieder zur Erde, von der du genommen bißl Auf diefe Weife führt unfer Leben felbft das Aufhören deJIelbe», den na- türlichen Tod herbey, und folgendes iit der Gang dell'elben: Zuerli nehmen die dem Willen ini-terwoi'fnen Kräfte, nachher auch die iinwillkülirlichen und eigentlichen Lebensbewegungen ab. Das Herz kann nicht mehr das Blut in die entfernteften Theile treiben. Puls und Wärme fliehen von den Händen und FLifsen; doch wird das Blut noch von dem Herzen und den gröfsern Gefäfsen in Bewegung erhalten, und fo hält fich das Leb^nsflämmchen, wiewohl fchwach, nodi einige Zeit. Zulezt kann das Herz das Blut nicht einmal mehr durch die Lungen prellen, und nun wendet die Natur noch alle Kraft an, um die Refpiration zu verflärken, und dadurch dem Blut noch einigen Durchgang zu verfchafFen. Endlich find auch diefe Kräfte erfchöpft. Die linke Herzkammer erhält folglich kein Blut mehi', wird nicht naehr gereizt, und ruht; während die rechte noch eini- ges Blut aus den Tchon halb abgeftor-benen Theilen zugefchickt bekommt. Aber nun erkalten auch diefe Theile völlig,' die, Säfte gerinnen, das Herz erhält gar kein Blut mehr, es hört alle Bewegung auf, und der Tod ilt voUkom- Ehe ich weiter gehe, mufs ich noch •einige auffallende und räthfeUiafte Um-Itände berüliren, die fich jedem bey der TJnterfuchung der Lebensdauer desMen-fchen aufdringen, und einer befondejn Aufmerkfamkeit wertli find- Das crfte Räthfel iß: "Wie iß es möglich, dafs der Meiifch, dejjen Orgmii-Jation die zarteße und koinplicirteße ^ deß fen Selhftlionfumtion die rapideßteiß, und deffen Lebeiisdauer alfo die allerkiirteße feyn foUte, dennoch alle Klaßen der voll" koinmneni lldere^ die mit ihrn gleiche s4o Graf se, gleiche Organifatiov, gleichen Standpunct in der Schöpfung haben, fo auffallend an Lebensdauer übertrifft? Bekanntlich find die unvolllcomni-nern Organil'ationen die, welciie die meifte Dauer, wenigftens Tenacität des - Lebens haben. Der Menfcii, als das al-lervollkommenfte Gefchöpf, müfste folglich in diefer Rückficht weit unter ihnen ftehen. Ferner erhellt aus den vorigen Untersuchungen, dafs die Lebensdauer eines Thieres um fo prec'drer und kürzer ift, je melir BedürfnilTe des Lebens es hat. Der Menfch hat deren unftreitig am meiften, — ein neuer Grund einer kürzern Dauer! — Ferner ift vorher gezeigt worden, dafs bey den Thieren der höchfte Grad der Selbftkonfumtion der Act der Zeugung ift, und ihre Lebensdauer ganz fichtbarlich abkürzt Auch hierin hat der Menfch eine ausgezeichnete Vollkommenheit, und bey ihm kommt noch eine neue Art der Zeugung, die ! 24l die geiftige oder das Denlcgefcliaft hinzu, und feine Dauer mülste alio da-dmxli noch, mehr leiden. Es fragt ficli alfo: wodurch hat der Menfch auch in Abficht der Dauer feines Lebens einen folclien Vorzug ? Ich glaube den Grund in folgenden gefunden zu haben. I. Das ganze Zellgewebe des Menfchen, oder die Grundfafer, ift von weit zarterer und Aveicherer Textur, als "bey den Thieren derfelben Klaffen. Selbft die fogenannte N^rvenhaut «ines Darms ift bey einem Hunde viel härter, und läfst fich nicht fo aufblafen, wie beym Menfchen. Auch die Adern, die Knochen, felbft das Gehirn, find bey Thieren weit fefter, und haben mehr Erde. — Nun habe ich aber oben gezeigt, dafs ein gar zu grofser Grad von H.ärte und Sprödigkeit der Organe Q _ der Lebensdauer liinderlich ift, weil fie dadurch früher ihre ISachgiebig-Iceit und Brauchbarkeit verlieien, und weil die Trockenheit und Stfi-figkeit, welche das Alter ixnd zulezt den völligen Slillüand bewirken, dadiu-ch bel'chleunigt Averden. Folglich niufs fchon aus diefein Grunde der Menfch ein^ fpäleres Alter und ^ ,ein längeres Lebensziel haben. II. Der Menfch wäclift langßnncr, wird fpäter mannbar, alle feine Entwicklungen haben längere Perioden; — mid ich habe fchon gezeigt, dafs die Dauer eines Gefchüpfs defro länger ift, je langfanier feine Entwicklungen gefchehen. I III, Der Schlaf, (das gröfste Retardations- und Erhaltungsmittel des Lebens) ift dem Menfchen am regel-jnäfsigften und befiändigllen eigen. IV. Einen Hauptunterfcliied macht die 'vollkommene Seelenor^anifation *) *) Ich bitte, mioli hier recht zu verfielien. Nicht etwa difj icli die Seele felbft zu den T]ieil«n oder Pioducten , oder Eigenrčh ^ - ' i Hierin liegt der Hauptgrund, warum der Menfch bey aller Anlage zur höch-ften Dauer des Lebens dennoch di« gröfste Mortalität hat. Man wende nicht ein, diefe Behauptung werde dadurch widerlegt, dafs doch viele Wahnfinnige ihr Lebeu hoch bringen. — Hier konuiit es nehnilich zuerft auf die Art des Wahnfinnes an. Ift es Wutli und Ralerey, To kürzt diefs allerdings das Leben gar lelu- ab, weil fie den liöchftenGrad vonKraftäulTerung und Lebenskonfumtion mit ficli führt. Eben lo der höchfte Grad vün Melanko-lie und Seelenangft, weil er die edeliten Organe lähmt, und die Kräfte verzehrt. Aber in demMittelzuftande, wo die Vei-nunft nicht ganz fehlt, fondern mir eine unrichtige Idee, eine fali'che aber oft höcliit behagliche Vorftellungsart fich eingefchlichen. hat, da kann der phyfi-fche Nutzen der Vernunft immer bleiben, wenn auch der morälifche viel verliert. Ja ein folcher Menfch iü oft wie ein angenehm Träumender anzufehen, auf den eine MengeBedürfnifl'e, Sorgen, Unannehmlichkeiten und leben verkürzende Eindrücke (felbft pliyfifclie Krank-keitsurfachen, wie die Erfahrung lehrt) gar nicht wirken; der in feiner felbftge-fclxafFnenWelt glücklich dahin lebt, und alio weit weniger Deftruction und Le-benskonfumtion hat. — Dazu kommt nun noch endlich, dafs, wenn auch der Blödfinnige felbft nicht Vernunft hat, dennoch dieMenfchen» die ilin umgeben und warten, für ihn denken und ihm ihre Vei-nunft gleichfam leihen. Er wird alfo doch durch Vernunft erhalten, es mag nun feine eigne oder eine fremde feyn. Achtt Achte Vorlefung. Specielle Grundlflgen und Kennzeichen der Lebensdauer einzelner Menfchen. HaujJtputict* der Anlagt zum langen Lth*n — Guter Jiljigiin und Verdauungsfyfieni, gafunda Zähne _ gut ergavijii te Drujh — Tiicht zu mizbares Herz — gt^te UrfcaurKtions - und Heilkraft dar Natur — _ Gehöriger Grad und fertheiijtng der Lebenskraft, gut Temperw ment — harmonifcher und jehlerfreyer Körperbau —. mittlere Befehajfenheit der Textur des Körpers — kein vorzüglich fchwacher Theil — vollkommne Organifa-iion ätr Zeuguttgskraft-.— das Bild eines zuat langen Leben heßimmten Menfchen, -N^ach diefen allgemeinen BegrifFen kann ich nun zu der Beltimmung der R fpeciellen Uild individuellen Grundlage des langen l.ebens übergehen, die in dem Menfchon felbft liegen mufs. Ich will die Haupteigenfchaftcn und Anlagen angeben, die nach obigen Grundfätzen und der Erfahrung ein Menfch durchaus haben mufs, der auf ein langes Leiben Rechnung machen ' will. Diefe Schilderung , kann zugleich fiatt ei>-ner kurzen Semiotik des langen Lebens dienen. iDie Eigenfchaften, die man die Fundamenta des langen Lebens im Menfchen nennen kann, ßnd folgende : . I. Vor allen Dingen mufs der Margen und das ganze f^erdauwigsfyßan gut befchaffen feyn. — Es ift unglaublich, von welcher "Wichtigkeit diefer Grofsmächtigfte aller Heirfcher im animalifchen Reiche in diefer Hinficht ift, und man kann mit vollem Recht behaupten, ohne einen guten Ma- gen ift es unmöglich ein hohes Alter zu erlangen.. - In zweyerley Rückficht ift der Magen der Grundftein des langen Lebens: Einmal indem er das erfte und wicli-tigfte Reftaurationsorgan unfrer Natur ift, die Pforte, wodurch alles, was unfer werden foil, eingehen mufs, die erfte Inftanz, von deren guten oder fchlechten Zuftand nicht nur die Quantität fondem auch die Qualität unfers Erfatzes abhängt. — Zweytens, indem durch die Befchaifenheit des Magens felbft die Einwirkung der Lei-denfchaften, der Krankheitsmfachen und andrer zerltörenden Einflüffe auf unfern Körper modificirt wird. — Er hat einen guten Magen, fagt man im Sprichwort, wenn mau jemand karacterifiren will, auf den weder Aerger, noch Kummer, noch Kränkungen fchädlich wirken, und gewifs e» liegt viel Wahres darinne. — Alle diele Leidenfchaften mülTen vorzüglich R 3 den Magen alTiciren, von ilmi gleidr-fam empfanden und angenoniniftn werden, wenn fie in unfer Phyfil'clies übergehen und fcliaden follen. Ein guter robnüer Magen ninnnt gar keine Notiz davon. Hingegen ein fcliwat-clier einpfiiidfamev Magen wird alle Augenblicke durch To etwas in feiner Verrichtung geflört, und folglich das fo wichtige Fieftauratibnsgelchäft ua-aufliörlich miterbrochen, und fchlecht betrieben. — Eben fo ift es mit den meiften phyfifchen KrankheitseinÜüf-fen; die nieiften machen ihren er-flen Eindruck auf d^n Magen; daher Zufälle der Verdauung innner die erften Symptome der Krankheiten find. Er ift auch hier die erfle Inftanz, durch welche fie in unfern Körper wirken,' und nun die ganze Oecononiie ftören. Ueberdiefs ift ei ein Hauptorgan, von welchem das Gleichgewicht der Nervenbewegungen, und belonders der Antrieb nacli der Peripherie abhängt. Ift er alio laäftig und wirkfain, fo können ficli Krankheitsreize gar nicht To leicht fixiren, fie werden enlfenit und duxch die Haut verflüchtigt, ehe fie noch wirkliche Slöhrung des Ganzen bewirken, d. h. die Kranklieit hervorbriii-gen konnten. Einen guten Magen erkennt man aus zweyerley. INicht blos aus dem treüichen Appetit, denn dieier kann auch Folge irgend eines Reizes feyn, fondern vorzüglich aus der leich-tei'n und vollkomninern Verdauung, Wer leinen Magen je gefühlt hat, der hat fchon keinen recht guten Magen. Man mufs gar nicht ^^üh-leri, dafs man gegenen hat, nach Ti-fche nicht fchläfrig, verdrollen oder unbehaglich werden, früh morgens keinen Schleim im Hälfe haben, und gehörige mid gut verdaute Ausleerun-i gen. Dia Erfahrung lehrt uns auch, clafs alle die, welche ein hohes Alter erreiditen, fehr guten Appetit hatten, und felbft «och iiii höchften Alter behielten. Zur guten Verdauung find nun gute Zähne ein fehr nothwendiges Stück, und man kann fie daher als fehr wefentliclie Eigenfchaften zum langen Leben anfehen, und zwar aüf zweyerley Art, Einmal find gute und fefte Zähne immer ein Hauptkennzeichen eines gefunden feften Körpers und guter Säfte. Wer die Zähne fehr frühzeitig verliert, der hat fell on mit einem Theil feines Körpers ge-wilTetmafsen auf die andre Welt pränu-merirt, — Zwestens find die Zähne ein Hauptmittel zur vollkomnmen Ver-» dauung» und folglich zur Reftauration. II, Gut organißrte Brufi und Rc' fpirationswerkzeuge. Man erkennt fie an einer breiten gewölbten Bruft, der Fälligkeit, den Athem lange zn halten, ftarker Stimme und lehnen Hüften. Das Athemholen ift eine der unaufhörlichften und nothwen-digften LebensverricKtungen; das Organ der uuelltbelirlichften geiftigern Reftanration, und zugleich das Mittel, wüduich das Blut unaufliörlich von einer Menge verdorbener Theil-cheii befrtyt werden foil. Bey wem alfo diefe Organe gut beftellt find, der befizt eine grofse AlTecü-» renz auf ein hohes Alter, und zwar auch darinne, weil dadurch den de-Itruirenden Urfaclien, und dem Tode leine Hauptpfoite genommen wird, durch welche fie lieh einfchleichen • können, Denn die Bruft gehört unter die vorzüglichlten atria viQrtis (Angrilfss puncte des Todes), III. Ein nicht zu reizbares Herz, Wir haben oben gefehen, dafs eine Hauptmfache luifier innern Confum- tion oder Selbllaufreibung in dem be-jFlandigen Blutuiiilauf liegt. Der, welcher iu einer Minute loo Pulsfcliläge hat, nuifs ficli alfo ungleich fchneller aufreiben,; als der, welcher deren nur 50 hat. Die Menfchen folglich, welche beftändig einen etwas gereizten Puls haben, bey. denen jede kleine Gemüthsbewegung, jeder Tropfen Wein, fogleich die Bewegung des Herzens vermehrt, find fchlechte Kandidaten 2jum langen Leben, denn ihr ganzes Leben ift ein beltändiges Fieber, und es wird dadurch auf doppelte Art der Verlängerung des Lebens entgegen gearbeitet, theils durch di© damit verknüpfte fchnellere Aufreibung, theils weil die Reftauration durch nichts fo fehr geliindert wird, als durch einen beftändig befchleunigten Blutumlauf. Es ill durchaus eine ge-wilTe Ruhe nothwendig, wenn fich die nährenden Theilchen anlegen, und in uijfre Subftanz; verwandeln füllen. Daher werden folche Leute auch nie fett. I Alfo ein lavgfamer gleichförmiger Puls i ft ein Hauptuüttel und Zeichen des langen Lebens. IV. Gelipriger Grad und T^ertlieU lung der Lebenskraft; gutes Tempera-inent. Ruhe, Ordnung und Harmonie in allen innevn Verrichtungen und Be--wegungen ift ein Hauptttück zur Erhallung und Verlängei-ung des Lebens, difcfes beruht aber vorzüglich auf einem gehörigen Zuftand der allgemeinen Reizbarkeit und Empfindlichkeit des Körpers, und zwar mufs diefelbe ■Überhaupt weder zu grofs, noch zu fchwach, dabey . aber gleichförmig vertheilt feyn, kein Theil verhällnifs' mälsig zu viel oder zu wenig haben. — Ein gewifler Grad von Unempfind-liclrkeit," eine kleine Beymifchung von Phlegma, ift aifo ein aulferft wichti- ges. Stück zur Verläaigemiig -^de«*- Le-))ens, Sie vermin(}ert zu gleicher Zeit die Selbftaufreibung, und veraltet eine weit vollkomninere Reftauratipu, und wirkt alfo am vollft'ändigften auf Lebensverlängerung. Hielier gehört der Nutzen eines guten Temperainents^ welches in fo fern eine Hauptgrundlage des langen Lehens werden kann. Das hefte ift in diefer Abficht das fangiti* nifche, mU etwas Phlegma tanpe-r rirt. Diefs giebt heitern frohen Sinn, geniäfsigte Leidenfchaften, guten Muth, genug die fchönfte Seelenanlage zur Longävität, Schon die Urfache, diefer Seeleuftimmung pflegt gewöhnlielit Reichthum an Lebenskraft zu fejrji,-Und da nun auch Kant bewiefen hat^ dafs eine folche Mifchung von Tempe-» rament das gefchicktelte fey, um mo-ralifche Vollkommenheit zu erlangen, fo glaube ich, man könne dallielbe wohl unter die gröfsten Gaben des , Hixnjtiiels rechuen, Vy Güte Reftnurations' und Heil-firnß der Natur, wodurch ■ aller Veilufl:, den Avir befländig erleiden, nicht allein erfezt, fondern auch gut erfezt wird. Sie beruht nach dem öbigen auf einer guten Verdauung und auf einem ruhigen gleicliförmi-gen Blutumlauf, Außer diefem gehört aber noch dazu: die vollkoninnie und rege Wirkfamkeit der einfaugenden Ge-fäfse, (des lymphatifchen Syftems)^ und eine gute BefchafFenheit und regel-mäfsige Wirkung der Abfonderungsor-gane. Jenes bewirkt, dafs die nährenden Subflanzen leicht in uns übergehen, und an den Ort ihrer Beftimmung gelangen können, diefes, dafs fie vollkommen von allen fremden und fchäd-liehen Beymifchungen befre^^ werden, und völlig rein in uns kommen. Und diefs macht eigentlich den Begriff dgr vollkommeuften ReJtauration &u§. Es ift unglaublich, was diefes Talent für ein grofses Erluüiungsmit-tel des Lebens ilt. einem Men; fchen, der diel'es hat, kann wirklich die ConlVimlion auflerordenllich ftark leyn, und er veiiiert denuocli nichts dadurch, weil er Jich äullerft fciinell wieder erfezt. Daher haben wir ßey-fpiele von Menichen, die i'elblt unter Debauchen und Strapazen lehr alt wurden. So konnte z, B, ein Herzog von Richelieu, ein Ludwig XV, alt werden. Eben fo mufs auch eine gute Heilkraft der Natur damit verbunden feyn; d. h. das Vermögen der Natur, fich bey Unordnungen und Stöhrun-gen leicht zu helfen, Kranldieitsur-faciien abzuhalten und zu heilen, Verletzungen wieder hex-zuftellen. Es liegen erftaunliche Kräfte der Art in lutl'rer Natur, wie uns die Beyfpiele der Naturmenfchen zeigen, weljche faft gar keine Krankheiten Iiab«n, tind bey denen die fürchterliclifteH Wunden ganz von felbll heilen. VI. Ebi gleichförmiger und feliler-freyer Bau des ganzen Körpers. Qhne Gleichförmigkeit ' der Structur Avird nie Gleichförmigkeit der Kräfte und Bewegungen möglich feyn, ohn,e welche es doch unrriöglicli ift -alt zu werden. Ueberdiels geben folche Fehler der Structur. leicht zu örtlichen Krankheiten Gelegenheit, welche zum Tode führen können. Daher wird man auch nicht finden, dafs ein Verwachi'ener ein lehr hohes Alter' «rreicht. VII. Kein Theil^ kein Elngcwey-de darf einen yorzüglichen Grad von Schwäche haben, Sonft kann dier fer TheiL am letchteften zur Aufnahme einer Krankheilsurfache dienen, der erüe Keim einer Stöluuno und Sto- ckung, und gleichfam das Atrium mortis werden. . Es kann bey übrigens lehr guter und vollkommner Organifation^ diel's der heimliche Feind werden, von welchem hernach die Deftruction auis^Ganze ausgeht. Vin. Die Textur der Organifa-tipn mufs von mittlerer BefchafFenheit, zwar fefl: und dauerhaft, aber nicht zu trocken oder zu rigide feyn. Wif haben gefehen, dafs durch alle Klaffen organifcher Wefen ein zu hoher Grad von Trockenheit und Härte der Lebensdauer hinderlich ift. Bey dem Menfchen mufs fie es am allermei-ften feyn, weil feine Organifation, feiner Beftimmung gemäfs, die zarte-fte ift, und alfo durch ein Üebermaas erdigter Theile am leichteften unbrauchbar gemacht werden kann. Sie fcha-det alfo auf doppelte Art, theils indem fie das Alter, den Hauptfeind des Lebens, weit friiher hejrbeyführt, theils indem dadurdi die feinften Organe der Reftauration weit elier unbrauchbar gemacht -werden- Die Härte tiiifrer Organifation, die zum langen Leben dienen foil, mufs nicht fowqhl in mechanifcher Zähigkeit, als vielmehr in Härte des Gefühls beftehen, nicht fowohl eine Eigenfchäft der grobem Textur, als vielmehr der Kräfte feyp. Der Antheil von Erde mufs gerade fo grofs feyn, um hinlängliche Spannkraft und Ton zu geben, aber weder zu grofs, dafs Unbeweglichkeit, noch zu klein, dafs eine zu leichte Beweglichkeit davon entfiünde; denn beydes fcha-det der Lebensdauer, IX. Ein vorzüglicher Grund zum langen Leben liegt endlich, nach ineiner Ueberzeugung, in einer voll-komninen Organifation der Zeugun^s-kraft. Ich glaube, mail hat fehl Ünrecht, diefelbe blos als ein ConfumtionsmitUjl V und die Producte als blofse Exeretionen anzufeilen, fondeni ich bin überzeugt, dal's diefe Organe eins unirer gröfsten Erlialtungs- und Regenerationsniiltel find, und meine Gxünde find folgende: 1. Die,Organe der Zeugung haben die Kraft, die feinften und geiftigften Beftandtheile aus den Nahrungsniillelii abzufondern, zugleich aber find fie fo organifirt, dafs diefe veredelten iind vervollkommneten Säfte wieder zurückgehen und ins Blut aufgenommen werden können. — Sie gehöi-en alfo, eben fo wie das Gehirn, unter die wichtigfteri Organe zur Vervollkommung und Veredlung unfrer organifchen Materie und Kraft und alfo unfres Selbft, Die rohen Nahrungstheile würden uns wenig helfen, wenn wir nicht Organe hätten, die das feinfte davon herausziehen, verarbeiten und uns in diefer Geftalt wieder geben und zueignen könnten. Nicht die Menge der Najirung, fondern die Menge Menge und Vollkommenlieit der Organe /zu deren Bearbeitung und Benutzung ift es, was unfre Lebenskapacität und Fülle verraelirt, und unter diefen Organen behauptet gewifs das der Generation einen vorzüglichen Rang. 2. Was Leben geben kann, mufs auch Leben erhalten. In den Zengungs-fäften ift die Lebenskraft fo concentrirt, dafe der kleinfte Theil davon ein künftiges Wefen zum Leben hervorrul;en kann. Läl'st fich Wohl ein grölsrer Bal-fam zur Keftauration ujid Erhalttuig unljier eignen Lebenskraft denken? 3. Die Erfarung lehrt zur Gnüge, dafs nicht eher der Körper feine voll-kommne Feftigkeit und Confifienz erhält, bis diefe Ox-gane ihre Vollkommenheit erlangt haben, und im Staude find, diefe neue Art von Säften zu erzeugen, und dadurch die neue Kraft zu entwickeln. -- Der deutliclüte Beweis, dafs fie nicht blos für andere, foxidem zuS nächft und znerfi- fiir uns Telbfl: beftimmt find, und einen fo auITerordeiitlidien Einflufs auf unfer ganzes Syftem haben, dafs lie gleidifam alles mit einem neuen noch nie gefühlten Karacter im-prägniren. — Mit diefer Entwicklung der Mannbarkeit, bekommt der Menldi einen neuen Trieb zum Wachsthum, der oft tmglaublich fchnell ift; feine Geftalt bekommt Beftimmtheit und Karacter; feine Muskeln und Knochen Feftigkeit, feine Stimme wird tief und voll; eine neue Generation des Barthaars geht hervor; fein Karacter wird fefter und ent-fchlofsner, genug,, der' Menfch wird nun eift an Leib undSeel ein Mann. Bey manchen Thieren wachfen fo-gar um diefe Zeit ganz neue Theile. z. E. Hörner, Geweihe, welche bey denen ^^^ L nie entftehen, die man verfchnitten hat. Man fieht hieraus, wie ftark der Antrieb^ der Zuflufs der durch diefe Organe hervorgebrachten neuen Kräfte und Säfte, feyn mufs. 4- Alle diefe wichtigen Vervoll-Icommnmigen und Vorzüge fehlen dem, dem die Zeugungsoigane geraubt wurden; ein deutlicher Beweis, dals fie alle erfl: die Wirkvuig derfelben und ihrer Abfonderungen find. 5, Kein Verluft andrer Säfte und Kräfte fchwächt die Lebenskraft fo fchnell und fo auffallend, als die Ver-fchwendung der Zeugungskräfte. Nichts giebt fo fehr das Gefühl und den Reiz des Lebens, als grofser Vorrath diefer Säfte, nnd nichts erregt fo leicht Ekel und Ue-berdrufs im Leben, als Eifchöpfuug daran. €. Mir ift kein Beyfpiel bekannt, dafs ein Verfchnittner ein ausgezeichnet hohes Alter erreicht hätte. Sie bleiben immer nur Halbmenfchen. 7. Alle die, welche die liöclufte Stufe des menfchlichen Lebens erreicht haben, waren reich an Zeugungskraft, £ a und fie blieb ihnen fogar bis in die lez-ten Jahre getreu. Sie heyratheten ins-gefammt noch im looten, ii2ten und noch Tpätern Jahren, und zwar, wie ihre Weiber bezeugten, nicht pro forma. 8. Aber (was ich .befonders zu be. merken bitte) fie waren mit dielen Kräften nicht verfchwenderifch, fondern haushäkerifch und ordenllicli umgegangen. Sie hatten fie in der Jugend ge-fchdnt, und alle waren verheyrathet, ge-wifs das ficherfte und einzige Mittel zur Ordnung in diefem Punct. Laden Sie mich nun, nach allem diefen, das Bild eines zum langen Leben beftimmten Menfchen zeichnen. Er hat eine proportionirte und gehörige Statur, ohne jedoch zu lang zu feyn. Eher ift er von einer mittelmäfsigen Gröfse und etwas untei'fezt. Seine 6e-fichtsfarbe ilir nicht zu roth; wenigftens zeigt die gar zu grofse Rothe in der Ju- gend feiten langes Leben an. Seine Haare nähern fich mehr dem Blonden, als dem Schwarzen, die Haut ift feft aber nicht rauh (den Einüufs der glücklichen Geburtsftunde werden wir hernach betrachten). Er hat keinen zu grofsen Kopf, grofse Adern an den Ex-tren)iläten, mehr gewölbte als flügelför-mig Jiervorltehende Schultern, keinen zu laugen Hals, keinen hevvorftehenden Baui li, und grofse aber nicht tief gefurchte Hände, einen mehr breiten als langen Fufs, faft ruwde Waden. Dabey eine breite gewölbte ßruft, ftarke Stimme, und das Vermögen, den Athem lange ohne Befchwehrde an fich zu halten. Ueberhaupt völlige Harmonie in allen Theilen. Seine Sinne find gut, aber nicht zu fein, der Puls langfam und gleichförmig. Sein Magen ift vortreflich, der Appetit gut, die Verdauung leicht. Die Freuden der Tafel find ilim wichtig. /limmen fein Gemüth zur Ileilerkeit, feine Seele geniefst mit. Er ifst nicht blos um zu effen, fondern es ift üini eine feftliche Stunde für jeden Tag, eine Art von Wolluft, die den wefentlichen Vorzug für andern hat, dafs fie ihn nicht ärmer, fondern reicher macht. Er ifst langfam-, und hat nicht zu viel Dürft. Grofser Dürft ift immer ein Zeichen fchneller Selbftkoxifumtion. Er ift überhaupt heiter, gefprächig, theihiehmend, offen für Freude, Liebe und Hoffnung, aber verfchloffen für die Gefülile des Haffes, Zorns und Neids. Seine Leidenfchaften werden nie heftig und verzehrend. Kommt es je einmal zu wirklichen Aerger und Zorn, fo ift es mehr eine nüzliche Erwärmung, ein künftliches und wohlthätiges Fieber, ohne Ergiefsung der Galle. Er liebt dabey Befchäftigung, befonders ftillo Meditationen, angenehme Speculatio-nen — ift Optimift, ein Freund der Natur, der , häuslichen Glückfeligkeit*-entfernt von Ehr- und Geldgeiz und allen Sorgen füx den ai^dern Tag, Neunte VorlefuMg/' Prufung verfchiedener neuer Methoden zur Verlängerung des Lebens, und Feß-fctzung der einzig möglichen und auf nienfchlich Leben pafTenden Methode. Verlängerung durch Lebensellxire, Goldtincturtn, JVunderaßrmen etc — durch Ahhürtung — durch Nichtsthun und Taufen der Lebenswirkfamkeit — durch fermtidung aller Krunkheitsurfachen, und der Confum-tidn von aujjfen — dur Ji gefchwindes Lehen — die einmögliche Methode menfcldiches Lebtin zu verlängern — gehörige Verhihdung der vier Hau-^tindicationen — Vermehrung der Lebenskraft — Stärkung der Organe _ JVIäfsigung der Lebenskonfumtion — Begiinfti- gung der Rejiaufation "— JVladificationen diefer Methode durch die verfchiedene Conjtitution _ Temperament — Lebensalter — Clima, E. /S exiftiren mehrere Methoden und Vorfcbläge zur^ Verlängerung des Le- I ~ J281 bens.. Die "altern fuperflitiofen, aftrolo-gi fell en und phantaftifchen, haben wir fchbn oben darchgegaiigen und gewäir* digt. Aber es" giebt noch einige neuere, die fchon auf richtigere Grundrätze von Leben und Lebensdauer gebaut zu feyn fcheinen, und die noch einige Unterfu-chung verdienen, ehe wir zur Feft-fetzuiig der einzig möglichen übergehen. Ich glaube hinlänglich erwiefen zu haben, dafs Verlängerung des Leben« auf viererley Art möglich iit. 1. Durch Vermehrung der Lehenskraft felhft. 2. Durch Ahhärbwig der Organe, 5. Durch Retardation der Lebenskon-Jwncion. Durch Erleichtrung und Vervdllhom" mung der Reftauration, Auf jede diefer Ideen hat man nuii Plane und Methoden gebaut, die zum Theil fehr fcheinbar find, und viel Glück gemacht haben, die aber gröfstentheils darinne fehlen, dafs fie nur auf eins feilen, und die andern Rückfichten darüber vernaclilä/Tigen^ Laden Sie uns einige der vorzüg-lichften dm chgehen, und prüfen. Auf die erße Idee: die l^ennchrung der Quantität von Lebenskraft baueten vorzüglich, und bauen noch immer alle die Verfertiger und Nehmer von Gold-tincturen, aftralifchen Salzen, Lapis Philofopliorum und Lebenselixiren. SelbflElectricität und thieril'cherMagnetismus gehören zum Theil in dicfe Klafl'e. Alle Adepten, Rofenkreuzer und Conforten, und eine Menge fonft gaaiz vernünftige Leute, find völlig davon überzeugt, dafs ihre erfte Materie eben fo wohl die Metalle in Gold verwandeln, alg dem Lebensflämmchen beitändig neues Oel zuzugiefsen vermöge. ' Man braucht deshalb nur täglich etwas von folchen Triicturen zu nehmen, fo wird der Abgang von Lebenskraft immer wieder erfezt; und fo ein Menfch kann jtiach diefer Theorie nie einen Mangel oder gar gänzlichen Verluft derfelben erleiden. — Darauf gründet fich die Ge-fcliichte von dem berüchtigten GualduSy der 500 Jalure durch diefe Hülfe gelebt haben foil, und der, wie einige feflig-lich glauben, noch jezt lebt, u, £ w. Aber alle Verehrer folcher Hülfen täufchen ßch auf eine traurige Art. Der Gebrauch diefer Mittel, welche alle äufferft liitzig und reizend find, vermehrt natürlich das Lebensgefühl, und nun halten fie Vermehrung^ des Lebensgefühls für reelle Vermehrung der Lebenskraft, und begreifen nicht, dafs eben die l^eftändige Vermehrung des Lebensgefühls durch Reizung das ficher-fte Wlittel ift, dafs Leben abzuküizen, und zwar auf folgende Art: 1. Diefe zum Theil fpirituöfen Mittel -ndrken als ftarke Reize, vermehren die innere Bewegung, das intenfive Leben, und folglich die Selbftkonfum« tion, und reiben fchneller auf. Diefs gilt aber nicht blos von den gröbei'n fondern auch von den feinern Mitteln diefer Art. Selbft Electricität, Magnetismus, fogar dasEinathinen der dephlo-giftilirten Luft, wovon man doch gewifs glauben könnte, es müfste die fanftefte Manier feyn Lebenskraft beyzubringen, vermehren die Selbftkonfumtion ausnehmend, Man hat diefs am bellen bey SchwindCüchtigen wahrnehmen können,-die man diefe Luft athmen liefs. Ihr Lehensgefühl wurde zwar dadurch ausnehmend erhöhet, aber fie ftarben fchneUer. 2. Diefe Mittel excitiren, indem fie das Lebensgefühl erhöhen, auch die Sinnlichkeit, machen zu allen Kraftku-fermigen, GenülT'en und Wohllüften aufgelegter (ein Punct, der lie wohl manchen befonders empfehlen mag), und auch dadurch vermehren fie die Selbftkonfumtion. 5. Sie ziehen zufammen und trocknen aus, folglich machen fie die feiiiften Organe weit früher unbrauchbar, und führen das, was fie eben yerhüfen füllten, das Alter, weil Ichneller her-bey. Und gefezt wir brauchten eine fol-che Exaltation unlers Lebensgefühls, fo bedarfs ja daza weder Deftillirkolben noch Schmelztiegel. Hierzu hat uns die Natur felbft das fchönfte Deftillat bereitet, das jene alle übertrifft: den Wein. Ift etwas in der Welt, wovon man fageu kann, dafs es die "prima materia^ den Erdgeifi: in verkörperter Geftalt enthält, fo ifts gewifs diefes herrliche Product, und dennoch fehen wir, dafs fein zu häufiger Gebrauch ebenfalls fchnellere, Confumtioii uiid fchiielleres Alter be- wirkt, und das Leben offenbar verkürzt. Aber es ift wirklich thöricht, die Lebenskraft in concentrirter Gejftalt in den Köi-per ichafFen zu wollen, und nun zu glauben, man habe etwas grofses gethan. Fehlt es uns an Gelegenheit dazu? — Es ift ja alles um und neben uns damit erfüllt. Jede Nahrung, die wir zu uns nehmen, jeder Mundvoll Luft, den wir einathmen, ift voll davon. Die Hauptfache liegt darinne, unfre Organe in dem Stand zu erhalten, fie einziizie-hen, aufzunehmen und fich eigen zu machen. Man fülle einem leblofen Körper noch fo viele Lebenstropfen ein; er wird deshalb doch nicht wieder anfangen zu leben, weil er keine Organe mehr hat, fich diefelbe eigen zu machen. Nicht der Mangel an Lebenszugang, fondem der an Lebensrezeptivität ifts, was den Menfchen -am Ende untüchtig macht, länger zu leben. Für jene forgt die Natur felbft, tind alle Leljenstropfen find in dieler Rückiiclit unnöthig. Auf die zweyte Grundidee: Star-hung der Organe^ hat man ebenfalls ein fehr beliebtes Syftera gebaut, das Syßem der Abhärtung. Man glaubte, je mehr man die Organe abhärtete, defto länger müfsten fie natürlich der Confumtion und Deftruction widerftehen. Aber wir haben fclion oben gefehen, was für ein grol'ser Unterfchied unter der niechanifdien und unter d^r lebendigen Dauer eines Dings ift, uad dafs nur ein gewifler Grad der Feftigkeit der-lelben zuträglich, ein zu grofser aber' fehr nachtheilig ift. Der Avefentliche Karacter des Lebens befteht in ungehinderter ujid freyer Wirkfämkeit aller Organe und Bewegung der Säfte, und was kann diefer und folglich der Dauer des Lebens nachtheiliger feyn, als zu grofse Härte und Rigidität der Organe? — Der Fifch hat gewil's das weicjiiite wälTe- riclitefte Fleifch, und dennoch übertrifft er an Lebensdauer felir viele weit feftere und härtere Thiere. Die beliebte Methode der Abhärtung alfo, welche darinn befteht, dafs man durch beftändi^es Baden in kaltem Waller, durch einen faft unbedeckten Körper in der ftrengften Luft, durch die Itrapazanteften Bewegungen, fich feit und unverwüftlich zu machen fucht, bewirkt nichts weiter, als dafs mnfre Organe rigider, zäher und trockner, und alfo früher unbrauchbar werden, und dafs wir folglich, anßatt unfer Lgben zu verlängern, ein früheres Alter und eine frühere DeJftructiou dadurch her-beyrufen. Es liegt unftreitig etwas Wahres bgy diefer Methode zum Grunde. Nur hat man darinn gefehlt, dafs man fal-fche Begriffe damit verband, und fie zu weit trieb. Nicht fowohl Abhärtung der Fafern, fondern Abhärtung des Gefühls fühls ifts, was zur Verlängerung des Lebens beytragen kann. Wenn man alfo die abhärtende Methode nur bis zu dem Grade braucht, dafs fie zwar die Fafer feft, aber nicht hart und fteif macht, dafs fie die zu grofse Reizba^rkeit, eine Haupturfache der zu fchnellen Aufreibung, abftumpft und autliebt, und dadurch zugleich den Körper weniger empfänglich füi- zerftöhrende Wirkungen von aulfen macht; alsdenn kann fie allerdings zur Verlängerung des Lebens behülflich feyn. Vorzüglich aber hat die dritte Idee: Retardation der Lebensconfumtion^ einen grofsen Reiz, und ift befonders von denen, die von Natur fchon einen grofsen Hang zum Phlegma und zur Gemächlichkeit haben, mit Freuden angenommen, aber fehr unrichtig angewendet worden. Das Aufreiben des Körpers durch Arbeit und Anftrengung war ihnen an üch fchon unangenehm, fie freuen fich alfo, es nmx nicht blos beT fchwerlicli, fondern auch fcliädlich zu finden, und im NicJusthim das grofse Ge-lieimnifs des langen Lebens zu h£^ben, das alle Arcana Caglioßros und St. Germains aufwöge. Ja, andere fitid noch weiter gegan» gen, und insbefondere Maupcrtais hat den Gedanken gääuITert, ob es nicht möglich wäre, durch eine völligeUnter-bi'ecliung der Lebenswirkl'amkeil, durch einen künftlichen Scheintod, die Selbft-confumtion völlig zu verhindern, und das Leben durch folche Paufen vielleicht Jalirhunderte lang zu verlängern. Er ßüzt feinen Vorfchlag auf das Leben des Hühnchens im Ey, des Infects in der Puppe, das durch Hülfe der Kälte imd andrer Mittel, wodurch man das Thier länger in diefem Todtenfchlaf erhält, wirklich verlängert werden kann. — Auf diefe Art brauchte es zur Verlängc-i rung des Lebens weiter nichts, als die Kun-ft, jemand halb zu tödten. — Seibit dem gxoiiQn FraiMin gefiel diefe Idee. Er bekam Maderawein aus America ge-fchickt, der in Virginian auf Bouteillen gezogen worden war, und fand darin einige todte Fliegen. Er legte fie in die heifse Juliusfonne, und es dauerte kaum drey Stunden, fo erhielten diefe Schein-todten ihr Leben wiedei-, was eine fo lange Zeit unterbrochen gewefen war. Sie bekamen erft einige krampfhafte Zuckungen, dann richteten fie fich auf die Beine, wifchten fich die Augen mit den VorderfüTsen, puzten die Flügel mit den Hinterfüfsen, und fingen bald darauf an zu fliegen. Diefer fcharffinnige Philofoph wirft hierbey die Frage auf: Wenn durch eine folche gänzliche Unterbrechung aller in- und äufferlichen Confumtion ein folcher StilUtand des Lebens und dabey doch Erhaltung des Lebensprinzips möglich ift; foUte nicht ein ähnlicher Prpzefs mit dem Menfcheii vorzunehmen feyn? Und wenn diefs wäre, fezt er als ächter Patiiot liinzu, fo könnte ich mir keine gröfsre Freude denken, als mich auf diefe Art, nebft eini-T 2 • gen guten Freunden, in Maderaweiii erfäuf'eu zu laden, und nun nach 50 oder mehr Jahren durch, die wohUhäti-gen Sonnenftrahlen meines Vaterlandes wieder ins Leben gerufen zu werden, um nun zu fehen, was für Früchte die ■ Saat getragen, welche Veränderungen die Zeit vorgenommen hält©. Aber diefe Vorfchläge fallen in ihr Nichts zurück, fobald wir auf das wahre Wcfen und den Zweck des menfchlichea Lebens fehen. — Was heifst denn Leben des Meufchen? Wahrlich nicht blos ElTen, Trinken und Schlafen. Sonft käme es fo ziemlich mit dem Leben des Schweins überein, dem Cicero keinen andern Namen zu geben wufste, als ein Verhütrmgsniittel der Fäulnifs. Das Leben des Menfchen hat eine höhereBe-ßimmung: er foil wirken, handeln, ge-niefsen, er foil nicht blosdafeyn, fondern fein Leben foil die in ihm liegenden göttlichen Keime entwickeln, fie Ycrvollkommnen, fein und andrer Glück bauen. Er Toll nicht blos feine Lücke in der Schöpfung ausfüllen, nein, er foil der Herr, der ßeherrfcher, der Beglücker der Schöpfung feyn. Kann man alfo wohl von einem Menfchen fagen: er leht; wenn er fein Leben durch Schlaf, lange Weile oder - gar einen fcheinbaren Tod verlängert? ■— Aber Was noch mehr ift, wir finden auch hier wieder einen neuen Beweis, wie unzertrennlich der moralifche> Zweck des Menfchen mit feiner phyfifchen Befiim-mung und Einrichtung verwebt ift, und wie die Beförderung des einen immer auch die des andern nach fich zieht, — Ein folches unmenfchliches Leben (wie mans mit Recht nennen kann), würde geradezu, nicht Verlängerung fondern Verkürzung des menfchlichen Lebens herbeyführen, und zwar auf doppelte Art: 1. Die menfchliche Mafchine ift aus fo zarten und feinen Organen zufam-mengefezt, dafs fie äufferft leicht durch Untliätigkeit und Stilleftand unbrauchbar werden können. Nur Uebung und Thätigkeit ifts, was fie brauchbar und dauerhaft erhält. Rulie und Nichtgebrauch- ilt ihj tödlichftes Gift. Wir haben gefehen, dafs nicht blos Verminderung der Confumtion, fondern auch gehörige Beförderung der Reftauration, zur Erhaltung und Verlängerung des Lebens nöthig ift. Dazu gehört aber zweyerley: einmal, voll-kommne AlHmilation des Nüzlicheu, und zweytens, Abfonderung des Schädlichen. Das leztere kann nie Statt haben, ohne hinlängliche Thätigkeit und Bewe^ gung. Was wird alfo die Folge einer folchen Lebensverlängerung durch Ruhe luid Unthätigkeit feyn? Der Menfch confumirt fich wenig oder nicht, und dennoch rejftaurirt er fich. Es niufs alfo endlich eine fehr nachtheilige, Ueberfül-lung entfiehen, weil er immer einnimmt^ und nicht verhältnifsm'dfsig ausgiebt. Und dann, was das Schlimmfte ift, es mufs endlicli eine grofse Corruption mit ihren Folgen, Schärfen, Krankheiten etc. überhand'^lehnien; denn die Abionde« rung des Schädlichen fehlt. Ganz natür-» lieh mufs nun ein folcher Körper früher deftruirt werden, wie auch die Eyfarung lehrt. j 5. Was endlich die Lebensverlängerung durch wirkliche Unterbrechung der Lebenswirkfamkeit, durch einen temporelien Scheintod betrifft; fo beruft man fich zwar dabey auf die Beyfpiele ■von Infecten, Kröten und andern Thie-ren, die, wie wir oben gefehen haben, vielleicht loo und mehr Jahre, alfo weit über ihre, natürliche ^^.xiftenz durch einen folcheii Todtenfchlaf erhalten worden find. Allein man bedenkt bey allen fol-chen Vorfchlägen nicht, dafs alle jene Verfuche mit fehr unvollkommnen Thie-ren gemacht wurden, bey welchen von ihrem natürlichen halben Leben bis zum wirklichen Stilleftand, der Sprung weit geringer ift, als beym Menfchen, der den liöclilten Grad von Lebensvolficommen-heitbefizt, undbefonders überfieht man den wiclitigen Unterlchied, den liier das Refpirationsgefchäfte macht. Alle diefe Tliiere haben das Bedürfnifs des Athem-holens von Natur fchon weniger, fie haben von Natur wenig Wärme zum Leben nöthig. Hingegen der Menfch braucht beftändigen Zugang von Wärme und geiftigen Kräften, genug von dem pahulum vitae, das in der Luft liegt, wenn fein Leben fortdauern foil. Eine folche gänzliche Unterbrechung des Athemholens würde fchon durch den völligen Verluft der innern Wärme tödlich werden. Selbft der vollkommnere Seelenreiz ift fo mit der Organifation des Menfchen verwebt, dafs fein Ein-flufs nicht fo lange ganz aufhören kann, • ohne Abfterbung und Defiruction der dazu nöthigen feiaern Organe nach licii zu ziehen. Andere haben die Verlängerung ihres Lebens auf dem Wege gefacht, dafs fie alle Krankheitsurfachen zu fliehen, oder gleich zu heben fuchten. Alfo Erkältung, Erhitzung, Speife, Gelräake, u. f. w. Aber diefe Methode hat das übele, dafs wir doch nicht im Stande, find, alle abzuhalten, und dafs wir dann defto empfindlicher gegen die werden, die uns treffen. — Auch könnte die Verhinderung der Confumtion von auffen dahin gezogen werden. Wir finden nehmlicli, dafs man in heiffen Ländern, wo die wanne , Luft die Haut beftändig offen, tind die Verdunftung unfrer Be-ftandtheile weit anhaltender macht, fich damit lülft, dafs man die Haut beftändig mit Oel und Salben reibt, und dadurch den wällerichten flüchtigen Theilea wirklich die Wege der Verdunftung verltopft. Man empfindet davon ein wahres Gefühl der Stärkung, und es fcheint in einem folchen Clima nothwendig zu feyn, um die zu fchnelle Confumtion, durch die äufTerft üarkeVerduaftung, zu hindern. Aber auch bios aaf ehi folches Clima Aväre diefs anwendbar. In un-ferm Clima, wo die Luft felbft gröfsten-theils die Dienfte eines folchen Hautverftopfenden Mittels vertritt, haben wir melu- dafür zu forgen, die Ausdün^ ftung zu befördern, als fie noch mehr zu verhindern. Noch mufs ich ein Wort von einem ganz neuen Experiment, das Leben zu verlängern, fagen, das blos in Verynehrung des intenfiven Lehens befteht. Man be-ftimmt nehm]ich dabey die Länge des Lebens nicht nach der Zahl der Tage, fondern nach der Summe des Gebrauchs oder Genuffes, und glaubt, dafs, wenn man in einer beftimmten Zeit noch einmal fo viel gethan oder gen offen hätte, man auch noch einmal fo lange gelebt habe, als ein andrer in der doppelten Zeit. So fehr ich diefe Methode an lieh refpectire, wenn fie in edler Wirkfam-keit befteht, imd die Folge eines regen Thatenreichen Geißes iit, fo fehr ich überzeugt bin, dafs bey der Ungewifs- heit unfers Lebens diefe Idee nngemein viel einladendes hat; fö mufs ich doch bekennen, dafs man dadurch feinen ZAveck gewils nicht erreicht, und dafs ich die Reclinung für falfch halte. — Da diefe Meinung fo viel Anhänger ge». funden hat, fo wird mirs wohl erlaubt feyn, lie etwas genauer zu analyfiren, und meine Gründe dagegen auseinander zu fetzen. ! Zu alien Operationen der Natur gehört nicht allein Energie, die inten five Kraft, fondern auch Extenfion, Zeit. Mau gebe einer Frucht noch einmal fo ' viel Wärme und Nahrung, als fie im natürlichen Zuftand hat; fie wird zwar in' noch einmal fo kurzer Zeit eine fcheiii-bare Reifung erhalten, aber gewifs nie den Grad von Vollendiuig und Ausarbeitung, den die Fx-ucht im natürlichen Zuftand, bey halb fo viel intenfiver Wirklämkeit und noch einmal fo viel Zeit erlangt hättei Elsen fo das menfcliliche Leben. Wir mülTen es als ein zufamnieiiliängen-des Ganzes mehrerer Wirkungen, als einen grofsen Pieifungsprozefs anfeilen, dellen Zweck möglichfte Entwicklung und Vollendung der menfclxliclien Natur an^ fich. und völlige Ausfüllung feines Slandpuncts im Ganzen ift. Nun ilt aber Keifung und Vollendung nur das Product von Zeit und Erfarung, und es ift alfo unmöglich, dais ein Menfch, der nur -30 Jahr gelebt hat, gefezt er habe auch in der Zeit doppelt fo viel gearbeitet und gethan, eben die Reifung und' Vollendung erhalten könne, als ein Zeitraum von 60 XahreJi giebt. — Ferner, ^ vielleicht war er beftimmt, 2 bis 3 Ge-jierationen hindurch fein Leben nüzlich zu feyn; fein zu grofser Eifer rafft ihn fchon in der erften weg. Er erfüllt alfo, weder in Abficht auf fich felbft, noch auf andere, die Beftimmung und den Zweck feines Lebens vollkommen, uij-terbricht den Lauf feiner Tage, und bleibt immer ein feiner Selbftniörder. Noch fchlimmer aber fielits mit denen aus, die ihre Lebensverlängerung in Concentrirung der Genüffe fuchen. Sie konnnen weit frülier dahin, fich aufzureiben, und was das fchlimmfte ift, fie werden oft dadurch geftraft, dafs fie nun ein blos extenfives Leben ohne alle Intenfion füliren niüflTeni d. h. fie müf-fen fich feibft, fich und andern zurLaft, überleben, oder vielmehr fie exiftiren länger, als fie lebejii. Die wahre Ktinit, menfchliches Leben zu verlängern, beßeht alfo darihn, dafs man obige vier Grundfätze (oder, nach der Sprache der Aerzte, Indicabio-nen) gehörig verbinde und anwende, fo aber, dafs keinem avif Köllen des andern ein Genüge gefchehe, und dafs man nie vergefi'e, dafs voni menfchlichen Leben die Rede ift, welches nicht blos im Exiftiren, fondern auch im Handeln und Geniefsen und "Erfüllung feiner Beftim-mung beliehen mufs, weim es den Nalimen: menfchliches Leben., verdienen foil. Hier eine kurze Ueberficht der ganzen Methode: I Zuerft mufs die Summe oder der Fonds der Lehenskraft felbft gehörig gegeben und genährt luerden, aber doch nie bis zu dem Grade, dafs eine zu heftige KraftäuIIerung daraus entftünde, fondern nur fo viel, als nöthig ift, um die innern und äuffern Lebensgefchäfte mit Leichtigkeit, gehöriger Stärke und Dauer zu verrichten, und um den Be-ftandtheilen und Säften den Grad von organifchem Chai'acter mitzutheilen, der ilinen zu ihrer Beftimmung und zu Verhütung chendfclier Verderbnifle no-tliig ift. Diefs gefchieht am ficherften: 1. Durch gefunde und kräftige Generation. 2. Durch reine und gefunde Lebensnahrung, oder Zugang von auITen; alfo reine atmosphärifche Luft, und reine, frifche, gut verdauliche Nahrungsmittel und Getränke. 3. Durch einen gefunden und brauchbaren Zuftand der Organe, durch ■welchen der Lebenszugang von auffen uns eigen gemacht w^den mufs, wenn er uns zu Gute kommen foil. Diefe w^e-fentlichen Lebensorgane find: Lunge, Mage7i, Haut, auf deren Gefunderhaltung die Lebensnahrung zunächft be-rulit. 4' Durch gleichfömiige Verbreitung der Kraft im ganzen Körper; denn ohne diefe ifl der Krahvorrath unnütz, ja fogar fchädlich. Jeder Theil, jedes Eingeweyde, jeder Punct unfers Körpers , mufs den Antheil von Lebenskraft erhalten» der ihm zur gehörigen Vollziehung feiner Gefchafte nöthig ift. ^ Bekommt einer zu wenig, fo entfteht Schwäche defl'elben; bekommt er. zu viel, fo find die Folgen zu heftigen Bewegungen, Reizungen, Coiigeftiunen .dedelben, und iiinner iftdannwenigftens jene Harmonie auf gehoben, die der Grundpfeiler des gefunden Lebens ill. — Diefe^ gleichförnüge Vertheilung der Kraft wird bewkkt, vorzüglich durch gleichförmige Uebung und Gebrauch jedes Theils, jedes Organs unfers Körpers, durch körperliche Bewegung, fchickli-che gymnaftifche Uebungen, laue Bäder und Heiben des Körpers. Zweytens mufs den Organen, oder der Materie des Körpers ein gehöriger Grad von Feßigkeit und Abhärtung gegeben werden, aber nicht bis zum Grade der wirklichen Steifigkeit und Härte, die dem Leben mehr nachtheilig als beförderlich feyn würde. Diefe Abhärtung, von der hier die Rede ift, ift zweyfach; Vermehrte Bindung und Cohäüon der Beftandtheile, und und alfo pliyfifclie Fcftigkelt der Fafer, und dann Abh'ärtang des Gefühls gegen nachtlieilige und krankmachende Eindrücke. Die gehörige Feftlgkeit und Cohä-fionskraft der FaCer (daffelbe, was die Aerzte Ton, S-pannkrnft nennen) wirkt auf folgende Art zur Verlängerung des Lebens: , / Einmal, indem dadurch die Bindung unfrer Beflandtheile vermehrt wird, können fie durch den Lebenspro-zefs felbfl nicht fo fchnell aufgerieben, zerfezt und getrennt Werden, folglich gefcliieht der Wechfel der Beftandtheile nicht fo rapide, ihr Erfatz braucht nicht fo oft zu erfolgen, und das ganze irlten-five Lebeu ift langfamer, welches irnmef ein Gewinn für die Extenfioh und Dauer deffelben ift. — Zar bellern Erläuterung will ich nur an das Leben des Kindes und des Mannes erinnerti/ Bey jenem ift die phyfifche Cohäfiouskrati., cLe JTe« U ftigkeit der Fafer, weit geringer, die Bindung der Beftandtlieile alfo fchwacher imd lockrer, es reibt ficli daher weit fchneller auf, der Wechfel feiner Beftandtheile ift weit rapider,' es mufs weit öfter und weit mehr elTen, weit öfter und mehr fchlafen, " um das Ver-lohrne zu erfetzen, der ganze Blutumlauf gefchieht weit gelchwinder, genug, das intenlive Leben, die Selbftconfum-tion ift ftärker, als bey dem Manne, der feftere FaJern hat. Ferner, indem dadurch die wahre Stärke der Organe erft bewirkt wird. Lebenskraft allein giebt noch Jceine Stärke. Es mufs erft ein gehöriger Grad der einfachen Cohäfionskraft lieh mit der Lebenskraft verbinden, 'wenn das eiiiftehen foil, was wir Stärke des Organs und fo auch des Ganzen nennen. — Auch diefs erhellet am -deutlichften aus dem Vergleich des Kindes mit dem Manne. Das Kind ift weit reicher an Lebenskraft, Rdzfähigkeit, Bildungstrieb, Reproducrionskraft, als der Mann, und dennoch hat diefer lebensreiche Körper weniger Stärke^ als der des Mannes, blos weil dieCohälion der Fafern beym Kinde noch fchwach und locker ift. Endlich, indem die zu grofse,krink-liche oder unregelniäfsige Reizbarkeit, Empfindlichkeit und ganze Erregbarkeit der Fafer, durch eine gehörige Beymi-fchung der Cohäfionskraft, regulirt, ge-mäfsigt und in gehörigen Schranken und Richtungen erhalten wird; wodurch alfo die zu ftarke Reizung und Kraftcon-fumtion beym Leben felbft gemindert, folglich die Extenfion und Dauer de» Lebens vermehrt, auch zugleich der Vortheil erreicht wird, dafs äuflere und nachtheilige Reize weniger fchnell und heftig wirken. Auch fcheint durch eine ftärkero Cohäfion felbft dieCapacität der Materie ftir Lebenskraft erhöht, wenigfteus eine ü 2 feftere Bindung der Lebenskraft mit der Materie bewirkt zu werde«. Die Mittel, wodurch diefe vermehrte Fefti_i;keit und CohäGon der Fa-fer bewiikt wird, find: 1. Uebuttg und Gebrauch der Muskelkraft und Fafer, fowohl der willkühr-lichen, durch freywillige Muekularbe-JW'egung, als auch der unwillkührlichen, 2. E. der des Magens und Darnikanals, durch angemefsne Reize z. E, etwas feüe und harte Speifen, der Blutgefäfse, durch etwas ftiitiulirende Nahrungsmittel. Bey jeder Bewegung einer Fafer gefchieht Zufammenziehung derfelben, d. h. die Beltandtheile nähein fich einander, und gefcliieht diefs Öfter, fo wird dadurch ihre Cohäfioii oder Ton felbft vermelirt. Nur nmfs man fich gar fehr hüten, den Reiz nicht zu ftark werden ižu laffen, weil er lonft die Confumtion zu fehr vermehren und dadurch fchaden würde. 2. Der Genufs gelatinöfer, bindender, eilenhaltiger Nahrungsmittel, welche diefe Kraft vermehren, uhd die Vermeidung zu vieler wäfsrigterSubftanzen, die fie mindern. 3. Mäfsige Beförderung der Aus-dünftung^ dorcli Reiben, Bewegung 4- Külile Temperatur der Luft und des ganzen Verhallens. Ein Haupt-punctl Ohnerachtet Kalte kein pofitives Siärkungsniittel der Lebenskraft ift, fo vermehrt und ftärkt fie doch die todt© Cohäfions- oder Spannkraft, mid vermeidet felbft die zu Harke Aeuflerung und Erfchöpfung der lebendigen Kraft, und kann auf foldie "Weile ein grofses negatives Stärkungsmittel der Lebenskraft felbft werden. Warme hingegen fchwächt, tlieils durch ErfthlafFung der Cohäfion, theils durch. Erfchöpfung der Le Denskraft. Doch wiederhole ich bey nllew die-fen Mitteln, Kälte, felter fubftantieller .Nahrung, Bewegung u. f. w. dafs man fie nie zu weit treiben darf, damit nicht ftatt der gehörigen Feftigkeit eine zu grofse Steifigkeit und Rigidität der Fafer entftehe. Die Abhärtung des Gefühls gegen Krankheitsurfachen wird am befl-en dadurch bewirkt, wenn man fich an man-cherley folche Eindrücke und fchnelle Abwechfelungen gewöhnt." Das dritte ift: Man vermindere oder mafsige die Lebensconfuvition , damit keine zu fchnelle Aufreihmig der Kräfte und Organe erfolge. Die ganze Lebensoperation (wie fchon oben gezeigt worden) ilt Handlung, AeulTerung der Lebenslcraft, und folglich unvermeidlich mit Confumtion und Erfchöpfung diefer Kraft verbunden. Diefs ift nicht blos der Fall bey den willkülu-liclien, fondern auch tin-willkührliclien Verrichtungen, nicht blos bey den äuITern, fondem auchbey den innern Lebensgefchäften, denn fic werden auch durch befiandigen Reiz und Reaction unterhaken. Beyde alfo dürfen nicht übermäfsig an^eftrengt werden, wenn wir unire ConTumtion verzögern wollen. Ich rechne daliin vorzüglich folgende Reizungen und Kraftäuflerungen: 1. Anftrengung des Herzens- und Blutfyftenis und zu anlialtendeBefchleu-Btigung der Circulation, z. E, durch zu reizende hitzige Nahrungsmittel, .AfFe-cten, fieberhafte Krankheiten. Starke Wein- und Branlweintrinker, leiden-fchaftliche Menfchen, haben, beftändig einen gereizten fchnellen Puls, und erhalten fich in einem beftändigen künlt-lichen Fieber, wodurch fie fich eben fo gut abzehren und aufreiben, als wenn es ein wirltliclies Fieber wäre. 8. Zu Itarke oder anhaltende An-ftrengung der Denkltraft (was darunter zu verftehen fey, wird in der Folge deutlicher werden,) wodurch nicht allein Lebenskraft erfchöpft, fondern fie auch zugleich dem Magen und Verdau-unesfyfteni entzögen, folglich auch zugleich das wichtigfte B-eftaurationsmittel verdorben wird. 5. Zu häufige und zu ftarke Reizung und Befriedigung des Gefchlechts-triebs. Es wirkt fail: eben fo und gfeich-verderblich auf Befchleunieung der Le-bensconfumtion, als die Anftrengungen l^er Denkkraft, 4. Zu heftige und anhaltend fortge-fezte Muskularbewegung. Doch gehört dazu fchon äuflerfler Excefs, wenn ße fchaden foil. 5, Alleftarke, oder anhaltend dauernde Excretionen, z. E. Schweifse, Diarrhöen, Katkarrhe, Hüften, Blut» fiiiffe u. d. gl. Sie erfchöpfen nicht nur die Kraft, fondern audi die .Materie, und deleripriren diefelbe, 6. Alle zu heftig oder zu anhaltend auf uns wirkende Reize, wodurch immer auch Kraft erfchöpft wird. Je reizvoller das Lehen, defto fchneller ver-Itrömt es. Dahin gehören zu ftarke oder zu anhaltende Reizungen der Sinneswerkzeuge und Gefiihlsorgane, Af-fecten, Uebermaas in Wein, Brant-wein, Gewürzen, haut - gout. Selbfl: öftre Ueberladungen des Magens gehören hieher, um fo mehr, da fie gewöhn-» lieh auch noch die Nothwendigkeit erregen, Abführungs- oder Brechmittel zu nehmen, welches auch als Schwächung nachtheilig ift, 7. Krankheiten mit fehr vei'mehr-ter Reizung, befonders fieberhafte. 8. Wärme, wenn fie zu ftark und zu anhaltend auf uns wirkt; daher zu "Warmes Verhalten von Jugend auf eins der gröfsten Befchleunigungsniittel der Confumtxon und Verkürz ungsmittel des Lebens ift, 9. Endlich gehört felbft ein zu hoher Grad von Reizfähigkeit (Irritabilität und Senfibilität) der Fafer unter diefe Rubrik. Je gröfser diefe ift, defto leichter kann jeder, auch der kleinfte, Reiz, eine heftige Reizung, Kraftäufferung und folglich Krafterfchöpfung erregen. Ein Menfch, der diefe fehlerhafte Eigen fčhaf t hat, empfindet eine Menge Eindrücke, die auf gewöhnliche Men-fchen gar keine Wirkung haben, und wird von allen, auch den gewölinlich-ften, Lebensreizen, doppelt afEcirt; fein Leben iJft alfo intenfiv unendlich ftärker, aber die Lebensconfumtion mufs auch doppelt fo fchnell gefchehen. Alles folglich, was die Reizfähi^keit foyviahl moralifch als phyfifch zu fehr erhöhen kann, gehört zu den BefchJemiigungs-mitteln der Confumtion. Viertens^ die Reßaurmtiön der verlolimen Kräfte und Materien mufs leicht und gut gefchehen. Dazu gehört: 1. Gefundheit, Gangbarkeit und TJiätigkeit der Organe, durch welche die neuen reftaurirenden Theile in uns eingehen follen; ße ill: zum Theil unaufhörlich und permanent, wie durch die Lungen, zum Theil periodifch, wie durch den Magen. Es gehören hieher, die Lungen, die Haut, und der Magen und DarmkanaL Diefe Organe müflen durchaus geiund, gangbar und thätig feyn, wenn eine gute ReJftauration gefchehen foil, und find daher für Verlängerung des Lebens höchft wichtig. 9> Gefundheit, Thätigkeit und Gangbarkeit der unzähligen Gefälse, durch welche die in uns aufgenommenen Beßandtheile uns aflimilirt, verähnlicht, vervollkommnet und veredlet werden mülTen. Diefs ift zuerft und vorzüglich das Gefcliäft des abforbirenden (lympha-tifclien) Syftems, und feiner unzäliligen Drüfeii, und denn auch des Blut- oder Circulationsfyfteins, wo die organifche Veredlung vollendet wird. Ich halte daher das abforbii'ende Syfiem für eins der Hauptorgane, der Reftauration. — Hierauf muls vorzüglich in der Kindheit gefehen werden, denn die erfte Nahrung in der zarteften Kindlieit, die Behandlung in dem erften Jahre des Lebens, beftiminen am meiften denZuftand diefes Syftems, und gar häufig wird dier fer gleich im Anfange durch unkräftige, verdorbene, kleifterige Nahrung und Unreinlichkeit verdorben, und dadurch eine der wefentlichften Grundlagen des kürzern Lebens gelegt. 3. Gefunder Zuftand derNalirungs-mittel und Materien, aus denen wir uns reftauriren. Speifen und Getränke müf-fen rein (frey von verdorbenen Theilen), mit gehörigem Nahrungsprinzip verfe- . 3^7 hen,' gehörig rcTzeud, (denn auch ihr Reiz ill zur gehörigen Verdauung und ganzen Lebensoperation nölhig), aber auch mit einem gehörigen Anlheil von WafTer oder Flülligen verbunden feyn. Diefs leztre ift befonders ein wichtiger und oft überfehener Umftand. Wafi'er, wenn es auch nicht felbft Nahrung ift", (obgleich auch diefs durch das Beyfpiel vonFifchen, Wunnern u. f. w., die man lange Zeit durch blofses WalTer nährte, feiir wahrfcheinlich wird), ift wenig-ftens zum Gefchäft der PLeftauration und Ernährung unentbehrlich, einmal, AVeil es das Vehikel für die eigentliche Nah-rongsftoffe feyn mufs, wenn fie aus dem Darmkanal in alle Puncte des Körpers gehörig vertheilt weiden follen, und dann, weil eben diefes Vehikel auch zur gehörigen Abfonderung mid Ausleerung des Verdorbenen, folglich zur Reinigung des Körpers, ganz unentbeiir-•tichiffr r ■0 4- Gefunder und fchicklicher Zu-ftand der Luft, in der und yon der wir leben. Die Luft ift unfer eigentliches Element, und auf doppelte Art ein hpchftwichtiges Reftaurationsmittel des Lebens: erftens, indem fie ims unaufhörlich zwey der geiftigften und unent-belirlichlten Lebensbeftandtheile (Sauer-ftofF und WarmeßofF) mittheilt, und dann, indem fie das wichtigfte Vehikel ift, uns die verdorbenen Beftandtheile zu entziehen und in fich aufzunehmen. Sie itt das vorzügliclifte Medium für die-fen beitändigen Umtaufch der feinern Beftandtheile. iDer bey weitem beträcht-lichfte und wichtigfte Theil unlrer Ab-fondermigen und Ausleerungen ift gasförmig d. h. die Materie mufs in Dunft verwandelt werden, um ausgeftoflfen zu werden. Dahin gehören alle Abfonde-rungen unfrer äuflern Oberfläche, der Haut und der Lungen. Diefe Verdün-ftiing hängt nun nicht blos von deft^rafP* und Gangbarkeit der aushaulhenden G^ fäfse, fondern auch von der Befchaliei^ iieit der Luft ab, die fie aufnimmt. Je mehr diefe fchoil mit Beftalidtheilen überladen ift, defto weniger kann fie neue StofFe aufnehmen, (daher hemmt feuchte Lxift die Ausdünftung). - Hieraus ergiebt fich folgende Beftimmung: Die Luft, in der wir leben, mufs einen hinlänglichen Antheil Sauerftoifgas (Lebensluft) enthalten, doch nicht^zu viel, weil fie fonft zu ftark reizen und die Le-bensconfumtion befchleunigen wüi-de, und fie mufs fo wenig wie möglich fremde Beftandtheile in fich aufgelöfet enthalten, alio nicht feucht, nicht durch erdigte, vegetabiHfche oder animalifche StofFe verunreinigt feyn; *) ihre Temperatur darf nicht zu warm mid nicht Man ficht > wie feLr man, bey Beftimmung der Vei'doibenheit der Luft, anrein« und faturirte Luft unteifcheiden foUte, was gewöhnlich nicht gefchicht. Die Verdorbenheit der Luft kann entweder in einem .zu geringen Antlieii Sauer» ßoffgds, alCo in der chemifchen Mifchnng liegen, und diefe könnte man unrain* Luft nennen (im Gegenfatz der rdinen, Ltbeasluft), Od«r fi« kann \ ~ ,1 zn kalt feyn, (denn erßeres evfcliöpft die Kraft und erfchlafft, leztres macht die Fafer zu fteif und rigide), und rie'nmfs weder in der Temperatur, noch in der Mifchung, noch in dem Druck,' zu fchnellen Abwechfelungcn unterworfen feyn, denn es ift eins der durch Erfa-rung am meiften- beftätigten Gefetze, dafs Gleichförmigkeit der Luit und des Clima die Länge des Lebens ungemein begünfirigt.- l . ; ■ - ; 5. Freye Wege und wirkTame Organe für die Abfonderungen und'Ausleerungen der verdorbenen Bellandtlielle. Unfer Leben befteht im befländigeil Wechfel der ßeftandtheile. ' Werden die abgenuzten vind unbrauchbaren nicht immer abgefondert und ausgeftofsen, fö ift es unmöglich, dafs wir die neueil und frifchen in der gehörigen Menge .1' ' uns dntct fremde in ihr aufgenotnmene Befiandtheil« Terdoi'ben t»yn, unii dufs küonte faturina Luft IieiiTeo, ... uns zueignen, und, was noch übler ift, der neue Erfatz verliert durch die Bey-mifchung der zurückgehaltenen und verdorbenen feine Reinheit, und erhält felbft wieder den Character der Verdorbenheit, (Daher die fogenannte Schärfe, Verfchleimung, Unreinigkeit, Verderb-nifs der Säfte, oder vielmehr der ganzen Materie). Die Reltauration wird alfo durch fchlechte Abfonderungen auf doppelte Art gehindert, theils in der Quantität, theils in der Qualität. Die Organe, auf denen diefe Abfonderung und Reinigung des Körpers hauptfächlich beruht, find: die Haut, das wichtigfte (denn man hat berechnet, dafs zwey Drittheil der abgenuzten Beftandtheile durch die unmerkliche Hautausdünftung verfliegen), die Niereii, der Dannkanal^ die Lungen. 6. Angenehme und mäfsig genofsne Sinnesreize. Es gehört, wie oben gezeigt, zu den Vorzügen der menfchli-chen Organifation und feiner höherA X auch phyfifchen Vollkoinpienlieit, - d^Cs er für geiftigere Eindrücke uiid dercH Veredlung empfänglich ift, und dafs diele einen ungleich gröfsern EinfluXs auf den phyfifchen Lebenszuftand haben, als bey den Thieren, Es eröfnet fleh ihm dadurch eine neue Fieftaura-tionsquelle, die dem Thiere fehlt, die GenülTe und Reize angenehmer unci nicht zu weit getriebner Sinnlichkeit. ■ . (I .. ■ ■ • Angenehme Seelenftimmung, fro^ he und mäfsige AfFecten, neue, unterhaltende, grofse Ideen, ihre Schöpfung, Darfteilung und ilir Umtaufch. Auchdie-fe höhern, dem Menfchen äusfchliefslich eigtien» Freuden, gehören ziur obigen Rubrik der Lebensverlängerungsmittel. Hofiimig, Liebe, Fieude, find daher fo beglückende AfFecten, und kein ge-wifleres und allgemeineres Erhaltungs^ nüttel des Lebens und der Gefundheit giebt es wohl, als Heiterkeit, Frohßnn des Geniüths. Diefe Seelenftimmmig erhält die LebensJtraft in gehöriger gleicliförmiger Regbärkeit, befördert Digeftion urid Circulation, und vorzüglich das Gefchäft der tuimerkliclien Haut-ausdühftung wird durch nichts fo fchön unterhalten. Glücklich find daher die Menfchen auch phyßfch, denen der Himmel das Talent einer immer zufriedenen und heitern Seele verliehen hat, oder die fich durch Geifteskultur und moralifche Bildung diefelbe ver-fchafFt haben! Sie haben den fchönften und reinften LebensbalTam in fich mbft! n. y Diefe vorgetragenen Satze" enthalten den allgemeinen Plaii und die Grundregeln einer jeden veiiiünftigen Lebens-Verläiigerung- Doch gilt auch hiervon, was von jeder' diätetifchen und medizi-jiifchen Regel gilt, dafs lie bey der Anwendung felbft Rückficht auf ^ den fpe-ciellen Fall verlangen, und dadurch ihre genauere Beftimmung und Modification ^erhalten muffen. X 3 Vorzüglich finds folgende Umßän-de, die bay der Anwendung in Betracht zu ziehen find. I Die verfchiediie Conftitution des Subjects in Abficht auf die einfachen Be-ftandtheile uiid Fafern. Je trockner, feiler und rigider von Natur -der körperliche Zuftand ift, defto weniger brauchen die Mittel der zweyten Indication (einer fchicklichen Abhärtung) angeweru-det zu werden; je mehr von Natu*-Schlaffheit das Eigenthum der Fafer ift^ defto nielir. Ferner, das verfchiedene angeborne Teinperameiit (woninter ich immer den verl'chiedenen Grad der Reizfähigkeit und Dar Verhältnifs zur Seelenkraft verftehe). Je mehr das Subject zum pJdeginatifchen Temperament gehört, defto mehr, defto ftärkere Reize fiiid anwendbar. Ein Grad von Reizung, der bey einem fanguinifchen Aufreibung und Erfchöpfung bewirken würde, ift hier WoWthRtig, notliwendig ztiin gehörigen Grade der Lebensoperaüon, ein Mittel der Reftauration. Eben io das inelaii' c/ioZi/c/ie Temperament: es verlangt auch mehr Reiz, aber angenehmisrn, abwech-fehidern und nicht zu heftigen. Je mehr aber das fangidnifche Temperament herrfcht, defto vorlichtiger und mäfsi-ger müITen alle, fowohl phyfifche als öioralifche, Reize angewendet werden, und noch mehr erfodert das cholerifche Temperament hierinne Aufmerkfamkeit, wo oft fchon der kleinfte Reiz die hef-tigfte Kraftanftrengung und Erfchöpfung hervorbringen kann. Ferner, die PerioJen des Lehens. Das Kind, der junge Menfch hat ungleich mehr Lebenskraft, Reizfähigkeit lockerere Bindung, fchnellern Wechfel der ' Beftandtheile. Hier mufs weit weniger Reiz gegeben werden, weil fchon ein , geringer R.eiz flarke Reaction eiTegt; hier ift verhältnifsmäfsig mehr auf Reftauration und Abhärtung zu fehen. Im Alter liingegen ift alles, was Reiz heilst. im Mrkern Grade anwendbar. Hier ift das Reltanration, was in der Kindheit Confumtion gewefen leyu würde. Milch ift Wein für Kinder; Wein ift Milch für Alte, Auch erfodert das Alter, wegen der damit verbundenen gröfsern Rigidität, nicht Vermehrung derfelben, durch die zweyte Indication, fondern «her Verminderung durch erweichende, anfeuchtende Dinge: Fleifchbrül-ben, kräftige Suppen, laue Bäder. Endlich macht auch das Clima eini« gen XJnterfchied. Je füdlicher es ift, defto gröfser ift die Reizfähigkeit, defto ftärker die beftändige i^eizung, defto rapider der Lebensftrom, und defto kürzer die Dauer. Hiei- ift folglich gar jfehr darauf zu fehen, dafs durch zu ftar-ke Reize diefe Krafterfchöpfong nicht noch mehr belclxleunigt werde. Im nördlichen Clima hingegen, w^o die kühlere Temperatur an fich fchon die Kraft mehr concentrirt und zufammenhält, ift diefs weniger zu fürchten. - - " ---■ - f - , -r, . ,r r, , ; . .. .. ;- ' . -i^i ■■ II. ■ n. Pr actifc her T h eil. ( c (1 ip- i ■ - , . - • / -^ * ■ * 4 I ch komme nun zu dem tviclitigften Theil' der Abhandlung, der practifchen Kunft, das Lehen zu verlängern. Nun crft kann, ich Ihnen mit Grund und mit l^eherzeugung diejenigen Mittel bekannt machen, wodurch allein, aber auch gewifsv Verlängerung des Lebens möglich ift. — Sind'fie gleich nicht fo fpeciös, prahlerifch und geheim«ifsvoll, als die gewöhnlich fo genannten, fo haben fie doch den Vorzug, dafs fie überall und ohne Koften zu haben find, ja zum Theil fchon in uns ffelbft liegen, dafs fie mit Vernunft uaid Erfarung vollkommen übereinftimmen, und nicht blos Länge, fondeni auch Brauchbarkeit des Lebens erhalten. Genug, fie verdienen, Hcich meiner Meynung, den'Nahmen Univerfalmittel melir^ als alle jene Char-lataneneen. / Wir find beftändig von Freunden, und Feinden des Lebens umgeben. Wer es mit den Freunden des Lebens hält, wird alt; wer hingegen die Feinde vorzieht, verkürzt fein Leben. I^nn wäre zwar wohl von jedem vernünftigen Menfchen zu erwarten, dafs er die er-ftern vorziehen und die leztem von fich felbft fchon vermeiden würde, aber das fcklimmfte ift, dafs diefe Lebensfeinde nicht alle öfFentlich und bekannt find, fondern zum Theil ganz ins Geheim und unmerklich ihr Wefen treiben, dafs einige derfelben fogai-' die Maske der heften Lebensfreunde vornehmen und fchwehr zu erkennen find, ja dafs mehrere fogar in uns felbft liegen. . v*. • ■ ' Das Hauptfächliche der Kunft, lange zvL leben, wird alfo vor allen Dingen darinne beftehen, daTs \vir Freunde und Feinde in diefer Ab ficht gehörig unter-fcheiden und leztere vermeiden lernen; oder mit andern Worten, die Kunft der .Lebensverlängerung zerfällt in 2 Theile: a. Vermeidung der Feinde und Ver« kürzungsmittel des Lebeiis. jj. ^p^enntniTs und Gebrauch, der Ver» längerwngsmittel. . - Ii I. Abfclinitt. ■•I Verkürziingsmittel des Lebens. acli den obenbeftimmten und einzigen Prinzipien, worauf Lebensdauer berulit, wird es uns nicht fchwer feyn, hier im Allffemeinen zu beltinimei;!^. ^^ wie vielerley Art das Leben verkürzt werden kann. , Alles das mufs es nelirnlich verkür»-zeii, was 1. Entweder die Summe der Lebenskraft an fich vermindert. 2. Oder was den Organen des Lebens ihre Dauer und Brauchbarkeit iiimiiit, , 3, Oder was die Lebensconfamtion unixer felbft befchleunigt. r ' 4. Oder was die Reftauration hindert. Alle LebensverkürzendeH Mittel laf-fen fich unter diefe vier Klaffen bringen, und wir haben nun auch einen Maasftab, ihren mehr oder Aveniger nachtheiligen Einflufs zu beurtheilen und zu Ichatzen. Je mehr nehmlich von diefen vier Ei-genfchaften fich in einer Sache'vereini-gen, defto gefahrlicher und feindfeliger ift fie für unfre Lebensdauer, je weni-^ ger, defto weniger ift fie gefährlich. — Ja, es giebt gemifchte Wefen» welche gleichfani zwey Seiten, eine freund-fchafiliclie und eine feindliche, haben; die z. B. eine von den genannten Eigen-fchaften belitzen, aber zugleich überwiegend gute und wohlthätige. Diel© könnten eine eigne ClalTe formieren. — Aber, Avir wollen lie hier, nach ihi-er überwiegenden Qualität, entweder zu den freundfchaftlichen oder den feind-feligen Wefen rechnen. Noch ein wichtiger Unterfchied exiftirt unter den Lebensverkürzuiigs-raitteln. Einige wirken langfam, fuc-celTive, oft fehr unvermerkt. Andere hingegen gewaltfam und fchnell, und man könnte fie eher Unterbrechungsmittel des Lehens nennen. Daliin gehören ge-wilTe Krankheiten,, und die eigentlich lo genannten gewaltfamen Todesarien. Gewölmlich füichtet man die leztern weit mehr, weil lie mehr in die Augen, fallend und fchreckhafter wirken;- aber ich verfichere, dafs fie im Gxunde weit' Y weniger gefährlich findi als jene fchlei-chenden Feinde, denn lie find fo offenbar, dafs man fich weit eher vor ihnen in Acht nehmen kann, als vor den lez-tern, welche ihr deftruirendes Gefchäft im Verborgenen treiben, iind uns alle Tage etwas von unferni Leben ftehlen, wovon wir gar nichts merken, aber def-fen Sunnne fich am Ende fchrecklicli hoch belaufen kann^ l Auch mufs ich hier im voraus die traurig« Bemerkung machen, dafs fich leider unfre Lebensfeinde in neuern Zeiten fürchterlich vermehrt haben, und dafs der Grad von Luxus,.«Cultur, Verfeinerung und Unnatur, worinne wir jezt leben, der unfer intenfives Leben fo beträchtlich exaltirt, auch die Dauer deflelben in eben dem Verhaltnifs verkürzt. — Wir werden bey genauer Un-terfuchung finden, dafs man es gleich-fam darauf angelegt und raffinirt zu haben fcheint, fich gegenfeitig, heimlich tuid unvermerkt, und oft auf die artigfte Weife von der Welt, das Leben zu nelimen. — Es gehört eben deswegen ^ezt ungleich mehr Vorficht und. Aufmerkfamkeit dazu, fich da£ür_in Sicherheit zu Hellen. 1-, I. l)ie i- Die fchwäciiliehe Erziehung. K.ein gewi(Teres Mittel giebts, .deii Le-£ bensfaden eines G«fchöpfs gleich vom , Anfang an recht kurz und vergänglich^ anzulegen, als wexin man ihm in deir: erften Lebensjahren, die noch als eine fortdauernde Generation, und Entwicklung anzufehen find, eine recht warme, zärtliche und weichliche Erziehung giebt, d. h. es vor jedem rauhen Lüftchen bewahrt, es wt'nigftens ein Jahr lang in Federn und Wärmflafchen begräbt, und einem Küchlein gleich, in einem wahren Brütezuftand erjiäit, auci» r dabey nichts verfaumt , es überrnäfsig mit Naljrungsiuittehi auszutopfen und durch KafFee, Chocolade, Wein, Gewürze mad ähnliche Dinge, die für ein Kind nichts anders als Gift find, über-mäTsig zu reizen, feine ganze Lebens-thätigkeit zu ftark zu reizen. Dadurch wird nun die innere Confumtion gleich Ton Anfang an fo befchleunigt, das in-tenfive Leben fo frühzeitig exaltirt, die Organe fo fchwach, zart und empfindlich gemacht, dafs man mit voller Ge-wifsheit behaupten kann: durch eine zweyjährige Behandlung von diefer Art kann eine angeborne Lebensfähigkeit von 60 Jahren,' recht gut auf die Hälfte, ja, wie die Erfarung leider zur Gnüge zeigt, auf noch viel weniger herunter gebracht werden, die Übeln Zufälle und Krankheiten nicht gerechnet, die noch auITerdem dadurch hervorgebracht werden. Durch nichts wird die zu frühe Entwicklung unfrer Organe und Kräfte fo fehr befchlevmigt, als durch eine fol-che Treibhauserziehung, und wir haben oben gefehen, welches genaue Verliält-nifs zwifclien der fclinelleVn oder lang-famem Entwicklung und der längern oder kürzern Dauer des ganzen Lebens exiftirt. Schnelle Reifung zieht immer auch fchnelle Deftruction nach fich. *) Gewifs hierinn liegt ein Hauptgrund der fo entlezlichen Sterblichkeit der Rinder. Aber die Menfchen fallen nie auf die ilmen am näclilten liegenden Urfachen, mad nehmen lieber die allerungereimte-ften an, um fich nur dabey zu beruhigen und nichts zu thun zu haben. ') Eins der merltwGrdigften Beyfpiele von Ueberei« lung der Nittur war König Ludwig II. von ün-gam. Et ward zu fl'ühzeitig geboren , fo, daf» er noch gar keine Haut batt«, im aten Jahra wurde ei' gekrönt, im loten fuccedirte er, im l4ten hatte er fchon roUkommnen Barr, un liten Tei-mählte er fich, im igten hatte er graue iiiiui'e, und im 2ocen blieb er bey Moluut. Y 2 n. Ansfchwelfungen in der Liebe — Ver-fchwendung der Zeugungskraft — Onanie, fowohl phyßfche als moralifche. Von allen Lebensyerkürzungsmitteln kenne ich keins, was fo zerftölirend wirkte, und fo vollkorurnen alle Žigen-fchaften der Lebensverkürzung in fich -vereinigte, als diefes. Kein andres begreift fo vollkommen alle vier Requifi-ten derLebensverkürzung, die wir oben feftgefezt haben, in fich als diefes, und man kann diefe traurige Ausfchweifung, als den concentrirteften Prozefs der Le- bensvefkürzuTig betracliteiii. —^ ich will diefs fogleich beweifen: Die erße Yevkürziingsatt w?r: Ter-Miindemiig der Lebenskviift felbft. Was icanji aber wohl melir die Summe der Lebenskraft iii uns vermipdern j als die "Verlclmendung desjenigen Saftes, der diefelbe in der coucenirirtefiea Gefialt enthält, der den erften ,]Lebensfunlceri für ein neues Gefchöpf, und den gröfsr ten B alfam für unfer eignes Blut in lieh falst?. Die zweyte Art von Verkürzung begeht in Verminderung der nöthigen Fe-' ftigkeiit und ElafticLtät der Fafern undf Organe. Es ifi: bekannt, dafs nichts fo fehr fie fchlafF, mürbe und vergänglich^ machen kann, als eben diefe Ausfchwei-' fung. Das dritte^ die fchnellere Confum-tion des Lebens, kann woiil durch nichts fo felir befördert werden, als durch eine s Handlung-, tvelclici wie "mr aus den. Beyfpielen der ganzen Natur fehen, der Jiöchfte Grad von Lebensaclivität, voii intenfivem Leben ift, und welche, wie oben gezeigt worden, bey manchen Gie-fchöpfen fogleich der Befchlufs ihres ganzen Lebens ilt. Und endlich die gehörige Reftaura-tion wird eben dadurch aufferordentlich gehindert, weil theils dadurch die nö-thige Kuhe, und das Gleichgewicht, das zur Wiedererfetzung des Verlohrnen gehört, gehindert, und den Organen die dazu nöthige Kraft geraubt wird; befon-ders aber, weil diefe Debaucheri eine ganz eigenthümliche fchwächende Wirkung auf den Magen und die Lungen haben, und alfo eben die Hauptquellen ünfrer Reftauration dadurch ganz fpezi-" £lch austrocknen. ( Hierzu kommt nun noch die Gefahr, eins der fchrecklichften Gifte, das viene-xifchc, bey diefer Gelegenheit einzufau- gen, "wovor niemaijd.ficlter ift, aufr fer der Ehe Umgang mit dem weibliclieii Gefclileclit hat. — Eine Vergiftung, die uns nicht nur das Leben verkürz-en, fondern es auch peinlich, unglücklich und yerabfcheuungswerth machen kann, wovon ich hernach bey č.tn Gilten mehi^ fagen werde. Endlich müffen wir noch viele Ne-bennachtheile bedenken, die mit diefen Ausrchweifungeri verbunden find, und unter welche vorzüglich die Schwächung der Denkkraft gehöit. Es fcheint, dafs diefe beyden Organe, die Seelenorgano (Gehirn) und Zeugungsorgane, fo wie die beyden Verrichtiuigen, die^i Denkens land der 'Zeugung (das eine ift geiftige, das andre phyfifche Schöpfung) fehr genau mit einander verbunden find, und beyde den veredeltften und fublimirte-Jften Theil der Lebenskraft verbrauchen. Wir finden daher, dafs beyde mit einander alterniren, und einander gegenfeitig ableiteii. Je mehr wir die Deaikkraft an- ftrengeji, defto weniger lebt unfie Zeii-gungskraft; je mehr wir die Zeiigungs-kräfte reizen und ihre Säfte verfchwenden, defto mehr verliert die Seele an jDenkkraft, Energie, Scharffinn, Gedächtnils. Nichts in der Welt kann fo fehr und fo unwiderbringlich die fchön-ften Geiftesgaben abftünipfeii, als dief© Ausfchweifung. Man kann hier .vielleicht fragen.: was heiföt zu ui«/ üi dem Genufs der pliyfifchen Liebe? Ich antworte, wenn' man fie zu frühzeitig (ehe man noch felbft. völlig ausgebildet ift, beym weiblichen vor dem löten, beym männli-' chen vor dem soften JalWe) geniefst, wenn man diefen Genufs zu oft und zu ftark wiederhohlet (welches man daraus erkennen kann, wenn nachher Müdigkeit, Verdroflenheit, fchlechter Appetit, erfolgt), wenn man durch öftern Wechfel der Gegenftände, oder gar durch künftliche Reize von Gewürzen, hitzigen Getränken u. d. gl. immer neue Reizpng erregt und die Kräfte über-fpaiint, wenn man nach ßarken Ermüdungen des Körpers, oder in der Verdauung diefe Kraftanßrengung, inaclit, und um alles mit einem Worte zu umfallen, wenn man die pliyfifche Liebe aufTer der Ehe geniefst, denn nur durch eheliche Verbindung (die den Reiz dess Wechfels ausichlielst und den phyfi-fchen Tkrieb höhern moralifchen Zwe-ji^ cken unterwirft) kann diefer Trieb auch phyfifch geheiligt, d. h- unXcliädlich und heiifam gemacht w,erden. Alles oben gefagte gilt von der^C>«a-nie in einem ganz .vorzüglichen Grade. Denn hier vermehrt das Ei^wungene, das Unnatürliche des Lafters,, die An-ftrengung und die damit verbundene Schwächmig ganz aufferordentlicli^ und CS ift diels ein neuer JB^leg zu dem oben i. angeführten Grundfatz,. dafs die I^aiur nichts fürchterlicher rächt, als das, ]wo man lieh an ihr felblt verfündigt. — Weim es Todfünden giebt, Xo find es zuveiiäflig die Sünden gegen die Natur, — Es ift wirklich höchft merlcwürdig, dafs eine Auslcliweifung, die lieh an und für fich ganz gleich fclieint, in ihren Folgen dennoch fo verfchieflen ift, ^ je nachdem fie auf eine natürUche oder un-natüiliche Art verrichtet wiid, und da ich felbft vernünftige Menfchen kenne, die fich von diefem Unterfchied nicht recht überzeugen können, fo ift es hier wohl ein fchicklicher Ort, den Unterfchied etwas auseinander zu fetzen, warum Onanie,, bey beyden Gefchi|clii-tern, fo unendlich melir fclaadet, als der -naturgemäfse Beyfchlaf. Schrecklich ift das Gepräge, was die Natur einem fol-chen Sünder aufdmcktl Er ift eine verwelkte Rofe, ein in der Blüthe verdorrter Baum, eine wandelnde Leiche. Alles Feuer und Leben wird durch diefes Ihamme Lafter getödtet, und es bleibt nichts als Krattlofigkeit, Unthätigkeit, TodtenblälTe, V«rwelken des Körpers und Niedergefchlagenheit der Seele zurück. Daß Auge verliert feinen Glanz und feine Stärke, der Augapfel fällt ein, die Gelichtszüge fallen in dasLängliclite, das fcliöne jugendliche Anfehen ver-fcliwindct, eine blafsgelbe bleyartige Farbe bedeckt das Geficht; ' Der ganze Körper wird krankhaft, empfindlich, die Muskelkräfte verlieren fich, der Schlaf bringt keine Erholung, jede Bewegung wird fauer, die Fülse wollen den Körper nicht mehr tragen, die Hände zittern, es entftehen Schmerzen in alle^i Gliedern, die Sinnwerkzeuge ver-lielifen ihre Kraft, alle Munterkeit vergeht. Sie reden wenig, und gleichfam nur gezwungen; alle,vorige Lebhaftigkeit des G eiltes ift erftickt. Knaben, die Genie und Witz hatten, werden mittel-mäfsige oder gar Dummköpfe; die Seele verliert den Gefchmack an allen guten und erhabnen Gedanken; die Einbildungskraft ift gänzlich verdorben. Jeder Anblickeines weiblichen Gegenftan-des erregt in ihnen Begierden, Angft, Reuq, ißpfchämung und Verziweitlung an der Heilung des Uebels macht den peinlichen Zuftand vollkommen. Das ■ganze Leben eines folchen Menfchen ift eine Reihe von .geheimen Vorwürfen, ipeinigenden Gefühlen innerer felbftver-ichuldeter Schwäche, Unentfchlofl'en-heit, Lebensüberdrufs, mid es ift kein Wunder, wenn endlich AnAvandlungen zumSelbftihord entftehen, zu denen kein Menfch mehr aufgelegt ifl , als dei;-Ona-nift. Das fchreckliche Gefühl des lebendigen Todes macht endlich den völligen Tod wünfchensWerth. Die^er-fchwendung deflen, was Leben giebt, erregt aiii meiften den Ekel und Ueber-druls des Lebens, tind die eigne Art von Selbflmord,' par depib, die unfern Zeiten eigen ift. Uebeidiefs üt die Verdauungskraft dahin, Flatulenz und Magenkrämpfe plagen unaufhörlich, das Blut wird verdorben, die Bruft verfehl eim t, es entftehen Ausf^hläge vmd Gefchwühre in der Haut, Vertrocknmig und Abzehrung des ganzen Körpers, Epilepfie, Lungenfaclit, fclileieliend Fieber, Oliiimačliteii '""und ein frülier ' Tod. rt: Es giebt noch, ähe Art Onanie, die ich die viomüjehe Onanie nennen möchte, welche ohne alle körperliche Un-keufchheit möglich ift, aber dennoch entfezlich erfchöpft. , Ich verßehe darunter die Anfüllung und Erhitzung der Phantafie mit lauter ichlüpfrigen und wollüftigen Bildern, , und eine zur Ge-wohnJieit geword6|ne fehlerhafte Richtung derfelben. Es kann diefs Uebel zulezt wahre (jemülhskranldieit werden, die Phantafie / Avird ^-öllig verdorben und heherrfcht nun die ganze Seele, nichts interelTirt einen fiT>lchen Men-fchen>, als was auf jene; Gegenftände Bezug hat, der geringfte Eindruck aber, diefer fezt ihn fogleich in allge- meine Spannung und Erhitzang, „feine ganze Exiltenz wird ein fortdauerndes Reizfieber, was um fo mehr fchwä<;lit, ■> je mein- es immer Reizung ohne Befriedigung ift. — Man findet diefen Zu-ftand vorzüglicli bey WollüJtlingen die ficli endlich z\yar zur körperlichen Keufchheit bekehren, aber fich durch diele geiltige Wolluft zu entfchädigen fuchen, ohne zu bedenken, dafs fie in ihren Ff)lgen nicht viel weniger fchädlich ift — ferner im religiöfen Coelibat, wo diefe Geiftesonanie fogar den Mantel der brünftigen Andacht annehmen und fich hinter heilige Entzückungen verftecken kann, und endlich /auch bey ledigen Perfonen des andern Gelchlechts, die durch Romanen und ähnliche Unterhaltungen ilirer Phan-tafie jene Richtung und Verderbnifs gegeben haben, die fich bey ihnen oft unter den modifchen Namen Empfindfam-keit verfteckt, imd bey aller äuftern Strenge und Zucht, oft iaa hmem gewaltig ausfeilweifen. Diefs ffey genužf von den traurigen Folgen diefer Debauchen, die fie niclit allein aufs Verkürzung, foridem auch auf Verbitterung de» Lebens haben. 1 III. üefa-ermäfsige. Anfirengung der Seelcn-kräfte^ Aber nicht bios die körperliclien Debauchen, fondern auch die geiftigen haben diefe Folgen, und es ift merk-wiurdig, dafs übertiiebne Anltrengung der SeelenJcräfte und alfo VerfchweH-dung der dazu nöthigen Lebenskraft, fafl: eben folche Wirkuiigen auf ^ie Ge-fundheit und Lebensdauer hat, als die VerfchWendung;, der Generationskräfte: Verluft der Verdauungskraft, Misn)uth, Niedergefchlagenheit, N ervenfchwäche, Abzelirung, fiühzeitiger Tod. Doch Doch Icommts" auch tierbey gar fehl" auf die Verfchiedenheit der Natur und der Anlage an» und natürlich mufs der, der von Natur eine kräftigere und wirkfameve Seelenorganifation hat, weniger von diefer Anftrengung leiden, als der,^ wo diefe fehlt. — Daher werden folclie am meiften davon angegriffen, die bey mittelmäfsigen Geiftesanlagen es mit Gewalt erzwingen wollen; daher feil wacht diejenige Geiftesanflrengung am meiften, die wir uns wider Willen, und ohne Luft an der Sache zu haben, geben. Es ift erzwungene Spannung, Es fragt fich nun ab er: waslieifstEx-cefs in den Geifresanltreiigungen? Diefs ift eben fo wenig im allgemeinen zube-ftimmen, als das zuviel im Elfen und Trinken, weil alles von dem verfcliied-nen Maas und Anlage der Denkkraft abhängt, mid diefe eben fo verfchieden ift, als die Verdauungskraft. So kann etwas für diefen Anftrengung Werden, - Z was es für eiiien andern, mit mehr Seelenkraft begabten, gar nicht ift. Auch machen die Uniltände, unter welchen die-fes Gefchäft verrichtet wird, einen we-fentlichen Unterfchied. Hier alfo noch einige nähere Beltimmungen, was man unter Excefs oder Debauche im Denk-gefch'aft zu verjftehen habe. ' 1. Wenn man die Uebung des Körpers zu fehr dabey vernachlj^ffigt. Jede ungleiche Uebmig unfrer Ki-äfte fchadet, und fo gewift; es ift, dafs man ficli unendlich mellr fchwächt, wenn man blos denkend, mit Vernachraifigung körperlichen Bewegung, lebt, eben fo gewifs ift es, dafs derjenige viel mehr und mit weniger IS achtheil für feine Gefundheit geiftig arbeiten kann, der immer zwischen durch dem Körper eine angemefsue Uebung giebt. 2. Wenn man zu anhaltend übet den nelmxlichen Gegeiiftand nachdenke Es gilt: hier das nelimllche Gefetz, was bey der Muskelbewegung Statt findet. Wenn man den Arm immer in derfelben Bichtung bewegt, fo ift man in einer Vierlelftunde müder, als w.enn man zwey Stunden lang .verfchiedene Arten von Bewegung damit gemacht hätte. Eben fo mit den Geiftesgefchaften, Es erfchöpft nichts mehr als das beftändigo Einerley in dem Gegenftand nnd der Bichtung der Denkkraft, und Boe^iaave erzählt von fich felbft, dafs er, nachdem er einige Tage und Nächte immer über den nehmliclien Gegenftand nachgedacht hatte, plözUch in einen folchen Zuftand von Ermattung und Abfpannung verfallen wäre, dafs ei" eine geraume Zeit in «inem gefühllofen und todtenähnliciien Zuftand gelegen habe. Ein fchicklicher Wechfel der Gegenftände ift daher die «rfte Regel, um ohne Schaden der Ge« fundheit zu ftudiren, }a, uni felbft in der Mafse mehr zu arbeiten. Ich kenne grofse uud tiefe Denker, Matiiemati* Z 1» ker und Pliiloföplien, die in einem hohen Aller noch munter und vergnügt leben; aber ich weifs auch, dafs dielelben von jeher fich dielen Wechfel zum Gei'etz gemacht haben, und ihre Zeit immer Zwilchen jienen abftracten Arbeiten und zwifchen der Leetüre angenehmer Dichter, Reifebefchreibungen, hiftorifcher und naturgelchichtlicher Werke theii-ten. Auch ift es felbft in diefem Betracht »fo. gut, wenn man immer das practifche mit dem fpeculativen Leben verbindet» 3. Wenn man gar zu abftracte^ und fchwehre Gegenftände bearbeitet, z. E. Probleme der höhern Mathematik, und Metaphyfiki Das Object macht einen gewaltigen Unterfchied. Je abftracter es ift, ie mehr es den Menfchen nothigt, fich ganz, von der Sinneswelt loszuziehen, und fein Geißiges, abgefondert vohi Körper, gleichfam rein zu ifoliren, (gewifs einer der uiinatürlichften Zu- ■'■i-l itande^ die es geben -kann), defto fch wachender Und anftrengender ift es. Eine halbe.Stunde folcher Abftraetion err. »■ fchöpft mehr, als öin ganzer-Tag Ueber--fetzm^igs^rbeit. Aber auch hier ift viel ^ r^ati^es;.. , Mancher ift ' dazu geboren, er hat die Kraft und die befondere Gei-Jftesftiminung, die diefe Arbeiten erfor-dernr^ da ■'hiiigegen manchem beydes ,-fehlt, und er es dennoch erzwingen will. Es icheint mir Mir foiideibar, , dafs man bey Hebung einer körperlichen I^aft immer erft feine Kr'afLe mlterfucht, ob fie nicht für diefelben zu fchwehr ift, u;nd hingegen bey geiftigen Laften nicht auch die Geifteskr'afte zu Rathe zieht, ob ße ihnen gewachfen find. Wie man-clien habe ich dadurch unglücklich und kränklich werden fehen, dafs er die Tiefen derPliilofophie ergründen zu müfTen glaubte, ohne einen philofopliifchen Kopf zu haben! ' Mufs denn jeder Menfcli ein Pliilofoph yo^i Pxofeflion feyn, wie es jezt Mode zu werden fclieint? Mir fclieint es vielmehr, dafs dazu eine böfondere Anlage der Organi-fation nöthig ift, und nur diefen Auserwälilten mag es überladen bleiben, die Grundtiefen der 'Philofo-phie auszufpüren und zu entwickeln;; wir andern wollen uns damit begnügen, plülofoplxifch. zu iiaudeln und zu leben. 4. Auch hnlte ichs für Excefs, wenn man immer producirend, und niclit auch mit unter concipirend arbeiteti. JVlan kann alle Geiftesarbeit in Mwey Klad'en theilen, die fchaffende^ die aus fich felbft herausfpinnt und neue Ideen erzeugt, und die empfangend^c oder palEve, die blos fi-emde Ideen aufnimmt und geniefst, z. E. das Lefen oder Anhören andrer. Erftere ift ungleich an-ftrengender und erfehöpfender, und man füllte fie daher immer mit der andern abwechfeln laßen. Wenn man zu-frühzeitig in der Kindheit denGeift anzuftrengen anfängt, Jiier iß (chon eine kleine Anftrengung höchft fchädlich. Vor dem riebenlen Jahre ift alle Kopfarbeit ein unnatürlicher Zuitand, ifnd von eben den übleij Folgen fürs Körperliche, als die Onanie^ 6. Wenn man invita Minerva ftudiit:, d. h. über Gegenftände, die man ungern, und nicht con ainore treibt. Je melir Luft bey der Geiftesarbeit ift, defto weniger fchadet die Anftrengung. Daher ift bey der des Studiums fo viel Vorficht nötliig, ob es uns auch recht •und paffend ift, und wehe dem, WQ diefs nicht ig Fall ift. 7. Wenn man die Seelenanftren-gung durch künftliche Reize erweckt oder verftärkt mxd verlang« r.. TVlau bedient fich am gewöhnlichften des Weins, des Kaffees oder des Tabaks dazu, uj'.d obgleich diefe künfilichen DenkJiülfeu \ überhaupt nicht zu billigen find, Tü'eil fie immer doppelte Erfchöpf'ung bewirken; fo raufs nian doch leiäei; geliehen, dafs fie in jetzigen Zeiten, wo die Geillesarbeit nicht von Laune, foiidern Zeit und Stunden abhängt, nicht ganz zu entbeluen find, und dann möchte eine Taffe Kaffee, oder eine Pfeife oder Prife Tabak noch am erträglichften Xeyn. Aber man hüte fich ja vor dem Mis-btauch,. weil fie dann den Schaden der G eißesanftrengung unglaublich erhöhen. 1 8- Wenn man in der Verdauungszeit den Kopf anftrengt. Hier fchadet man doppelt* man fchwacht fich mehr, denn es gehört da mehr Anftrengung zum Denken, iind man hindert zugleich das wichtige Gefcliäfte der Verdauung. Wenn man die Zeit des Schlafs damit ausfüllt. Eine der Lebensnachi. theiligtlen Gewohnheiten, wovon "beym Schlafe ausfüiirlicher. lO. Wenn man dns Studiren mit nachtheiligen äufTereii Uniltändeir verbindet; und da find zi.wey die vorzüg-lichfteli, die oft mehr Aniheil an den üblen Folgen des Nachdenkens haben, als das Denken felblt^ das zufammen gehruinrnte «Sitzen und die eitigefchlofsne Stubenluft. Man gewöhne üch daher liegend, oder ftehend, oder gehend, oder auch auf ieixiem hölzernen Bock . I - ■ ,. rej^tend, ferner Jiicht inimer in Stuben, fondern auch im Freyen zu ftudiren, und man wird weit "Veniger von den fogenannten Gelehrtenkrankheiten lei- 1 ■ j - N den. Wahrlich, die alten Philofophen dachten wohl eben fö viel, als die neuern Gelehrten, und litten dennoch niuht an Hypq^chbhdrien, Jlamörrhoiden u. dgl, Pie einzig^'Urliiche lag darinn, weil He mehr anibulieretid od^t liegend, und in freyer Luft medilirteir, iveil fie nicht KafFee titid Tabak dazu brauch ten, ' und weil fie die Uebung und Kultur des Körpers nicht dabey ver-gals en. i V!« jf ' ■ : ~ i I'^f ■ t i- ■ ' -■{^ ■ff if 'fj'l • i' ■ ' IV, Krankheiten — deren -unvernünftige jBeliandlung gewaltfame Todesarten — Trieb zum Selbftmord. Fürchterlich ift diefes Heer heimlicher und öfFentlLcher Lebensfeiade in neuem Zeiten angewachl'en. Wenn mau fich. denkt, wie wenig ein Naturmenfch auf den Südfeeinfeln von Kranklieiten weifs, und dagegen nun ein europäifches pa-thologifches Conijpiendiam hält, wo ß© Hegimenter und Cöiiipagnien weife auf-luarfehiren, und ihre Zahl fich auf viele Taufende beläuft, io erfchrickt mm da-» vorV'Avfe chll'ch Lüxiis, Sittenverderb-iiifs, tSiiiiatürliclie Lebensart und Aus-fchv<'6ifrittgen niöglicii worden ift. Viele, ja wirklict}. die meiften diefer KranT<-heiteif,^ find uiifre eigne Schuld, uräd immer werden noch neue durch unfre. eigne Schuld erzeugt. Andere'find in die Welt gekommen, mail weifs nicht wie, und waren ebenfalls der alten Welt ganz unbekannt. Diefs find gerAde 'die ^ödlicliften und hartnäckiffteilV Blattern, Mafern, die Luftfeuche. iJnd auch diefe find in fo fern unfere Schuld, dafs ivir fie ohne älle Gegenanitalten fortwirken und würgen ialTen, da es doch ermefen ift, , dafs wir durch einigen Gebrauch ünirer Vernmift und der hierüber gefammleten Erfarangskennt-nifTe fie recht gut' wieder von unfern Grenzen entferneil könitten, fo wie. fie uns iütgeführt wörd-6ö ;find. : - ■) Die "ineiftien ' Krankheiten' wirken ientweder' als-^' geVV^aMtei^ ^Todesärten, als Unterbrechungsmittel der Lebens- operation, (<«yieiE. Schlag- und Sticlc-flufs) oder alsUangfanie Verkürzungsmittel, indem fie entweder ganz unheilbar find, oder, wenn ße auch geheilt werden, dennoch (einen fölchen Verluft von Lebenskraft,oder eine folche Schwächung und; Defi:ructi«n edler Organe iiinterlafl'en j i daüst der auf diefe Weife angegrifFne Körper nicht mehr das Ziel erreichen kann, was ihm eigentlich befbimmt warv?ii ■ Ii Folgende kurze Uebetficht, die aus einer Menge Mortälitatstab^llfen zulai-ii-mengezogen ift, Wiird es Ihnen am deut-lichften machen, Avie ungeheuer der Verluft ift, den die Menichheit jezt durch Krankheiten leidet. Gefezt, es ^rden jezt lOGO Men-fchen geboren v fo fterben daron 24. gleich in der Geburt felbft; "das Gelihaft des Zahnens nimmt ihrer 50 mit; Con-vulfionen und andre Kinderjtrankheiten in den erftcn 2 Jaliren, 277; die Blat- tei;n, die bekanntlich zum allerwexiig-ften de« lote^i Meiifchen tüdten v reiben ihrer 8o bis go auf, die JViafei'Ja ,10. Sind es VVeibsperfoiieti, fo fterben davon 8 im Kindbett. ScJiwindfucht, Aus^ zehrung und Bruflkrankheiteii (in England wenigftens) tödten igo. Andere hitzige Fieber 150. SchlagflüflTe 12, die Wafferfucht 41. Alio kann man von 1000 Menfchen nur 78 annehmen, wel* che am Alter, oder vielmehr im Aller, fterben, demi auch da wird der gröfsere Theil noch durch zufällige Uffacheii weggerafft. Genug, es ergiebt fich hieraus, dafs immer ^ vor der Zeit und durch Zufall umkommen., I.' ■ tr Hier mufs ich noch einer neuen fchrecklichen und auf unmittelbare De-ftruction des Lebens abzweckenden Krankheit gedenken: des Triebs zum Selhfiinord. Diefer unnatürliche, ehedem blos durch traurige Nothwendigkeit und heroifchen Entfchlufs mögliche Zu- I , a - ftand, ift ježt eine Kxanklieit geworden. die in der Blütlie der Jalire, unter den glücklicliften Umftänden, blos aas Ekel lind Ueberdrufs des Lebens, den entfez-liclien und unwiderftehliclienTrieb hervorbringen kann, fich felbft zu vernichten. *) Es giebt jezt wirklich Menfchen, bey denen jede Quelle von Lebensge^ülil und Lebensglück fo vertrocknet, jed^r Keim von Thätigkeit und Genufs fo ab-geftorben ift, dafs fie nichts fo abge-fchmackt, ekel und fade finden, als das Leben, dafs fie gar keinen Berührungs-punct mehr mit der fie umgebenden Welt haben, und dafs ihnen endlich das Leben zu einer fo drückenden Laft ^vird, dafs fie dem Wunfche gar nicht widerfte-lien können, fich deffen zu entledigen. Und diefeMenfchen find faft inimer diejenigen, welche durch zu frühzeitige Ausfchweifung, durch eine zu frülizei- tige Verfchwendung jener balfamifchen ) In Jahren flartin in Xori/ofr am Sfetbfimoid gerade nocli einmaji fo vi»! MenfcLeni als ua SeitenfteoheBi Lebensfäfte, die unfer ^ eignes Leben würzeil follen, fich erfcliöpft luid lebensarm gemacht haben. Ift es nicht^aliir-lich, dafs ein folcher Unglücklicher deu Tod ohne Bewufstfeyn' dem mit Be-» wufstfeyn (und das ift fein Leben) vorsieht? Aber der Schaden diefer an fich felbft fchon jezt viel häufigem und gefährlichem Feinde wird dadurch unendlich vermehrt,— dafs man fie zum Theil ganz widerfinnig behandelt, und überhaupt die Medizin zu fehr mifs-braucht. Zur widerfinnigen Behandlung rechne ich folgendes: Wenn man, trožs aller Beweife ilires Schadens, dennoch die Urfache der Kranklieit immer fortwirken läfst, z. E, man bemerkt fich^bar, dafs das Weintrinken, oder eine zu leichte Kleidung, oder das Nachtwachen uns die Krankheiten erzeugt, und dennochfezt man es fort. Ferner: Wenii man man die Krankheit ganz verkenrit, lind gar nicht füt Krankheit gelten lalFen will, wodurch oft eine unbedeutende Krank-4ieit in eine fehr gefahrliche verwandelt wird. Und liier kann ich nicht umhin, eine Vernachläfligting insbefondere zu erwähnen, ^die gewifs unzählichen Men-fchen das Leben koftet: die Vernachläfligting dei- Katarrhe oder des Hrißens. Man hält fie gewöhnlich für nothwen-dige und zumTheil nützliche Üebel, und inan hat Recht, wenn der Katarrh Aifiäfsig ift und nicht zu lange dauert. Aber man vergefTe doch nie, dafs jeder 'Katarrh eine Kranklieit ift, und gar leicht in Lungenentzündung, oder, was lioch häufiger gefchieht, inLungerifucht und Auszehrung übergehen kann; und ich fage nicht zu viel, wenn' ich behaupte, dafs die Hälfte aller Lungen-fuchten aus fölchen vernachlä'ffigten Ka-ta;rrhen entfteht. Diefs gefchieht, wenn er zu lange dauert,- oder wenn er tviderßnnig behandelt wird, und ich Aa gründe hierattf folgende zwey Regeln^ dip / . bey jedem Bruftkatanh heilig beobach^ ' I tet werden follten: Man feh© keinem Ka^; tarrhalhuften länger als 14 Tage geduU tig zu; dauert er länger, fo mufs er als_ Kxanklieit betrachtet und durch einen Arzt behandelt werden. Zweytens, maii. vermeide bey jedem Katarrh heftige; Erhitzung, Erkältung upd den Genufis des Weins und andrer hitzigen Getränke undSpeilen. Auch ift es ^me nur gar zu gewöhnliche widerfinnige Behandlung idew Kranklieiten, dal's man gar oft, theils aus Unwiffenheit und Vorurtheü, theilft aus misverftandener Zärtlichkeit, gerade das Gegentheil von dem thut, wa? man eigentlich thun follte. Dahin gehört, dafs man den Kranken zum Ellen nöthigt, wenn er keinen Appetit hat, dafs man bey fieberhaften Krankheiten Bier, W«in, Kaffee, Fleifchbyühen und andre hitzige luid nälirende Dinge , ge- ■ (• • niefsen läfst, wodurch das geliiidefte Fieber in ein hitziges verwandelt werden kann, dafs man, fobald ein Kranker Fieber und den damit verbundenen Fr oft klagt, ihn in Betten vergräbt, Fen-ller und Thüren verfehliefst, und die Luft des Zimmers mögliclilt erliizt, auch dafs man nicht für gehörige Ptein-lichkeit in der Krankenftube forgt, die Luft nicht erneuert, die Abfonderungen und Ausleerungen deat Kranken nicht genug entfernt. Diefe unvernünftige diätetifche ißehandlung tödtet weit mehr Menfchen, als die Krankheit felbft, und hauptfächlich ift fie die Urfache, Avar-unj auf dem Lande fo mancher gefundo und ftarke Menfch ein Raub des Todes wird, warum da die Krankheiten fo leicht eine bösartige BefchafFenheit annehmen, warum z, E. die Blattern da im Winter meift bösartiger fmd, als im Sommer, weil man da die Fenßer und Tliüren verfehliefst, und durch Einheizen eine fürchtcrliche Glut im Zimmer Aa Ä erhält, welches im Sommer unterbleibt. Und endlich rechne ich dahin, wenn man keinen Arzt oder ihn nicht recht braucht, die Medizin unrichtig anwendet j *zu Pfufehern i'eine Zuflucht nimmt, geheime Mittel und UniverfaU arineyeii gebraucht^ u. d. gl. mehr, wovon ich bey dem 'Vernünftigen Gebrauch , der Medizin mehr fagen werde. Audi die geiualifatnen Todesarten raffen eine Menge Menfcheu weg, und leider haben au^h hierinn die neuen Zeiten grofseProgrelTen gemacht. Nicht nur der gröfsre Unternehmungsgeifi, die häufigem Seereifen, der ausgebrei-tetere Handel vervielfältigt folche Fälle, rondern man hat auch leider Erfindungerl gemacht, um den Endzweck der Verkürzung auf eine unglaublich fchtielle und raffinirte Art zu erreichen. Ich will liier nur an die Erfindung des Schiefspiävers, uiid mehrerer neuen Gifte, der Aqua foJJ^na^ der Succeßions-pulver II, f. w. erinnern. Die Kunft zu tpdten ift ja eine eigne höhere Wiffen-l'chaft geworden. • "" f la: " r^ illT. - i ' - ■ ~ ^ a ijn/ ii 'K - ■ ,....(„ V; Unreine Luft das Zufammenwohncn der Menfchen in grofsen Städten. Eines der gröfsten Verkürzungsmittel des menfclilichen Lebens ift: das Zu-fämmenwohnen der Menfchen iit grofsen Städten. Fürchterlich ift das Ueberge-wicht, das die Mortalität derfelben iu den Todtenliften hat. Li Wien, Berlin, Paris, London und Amflerdam, Itirbt der 2ofi:e bis 25fte MenTch, wälirend dafs rund herum , auf dem Lande, nur der softe oder /jofte Itirbt. Ronffeau hat vollkommen recht, wenn er lagt: der Meufch ift im ter allen Thier en am we- iiigften dazu gemaclit, in ^ofsenHaUf fen ziifanimen zu leben. Sein Athem ill tödlich für feine Mitgefchöpfe, und diefs gilt eben fowohl im' eigentlichen als im figürlichen Sinn. Eie Feuchtigkeit, oder, wie inans gewöhnlich nennt, die Dicklieit der Luft ifts nicht allein, was fie fo fchädlich macht, fondern die Animalifation, die fie durch fo viele auf einander gehäufte Menfchen bekommt. Man kann höchftens viermal die nehmliehe Luft einathmen, fo wird fie durch den Menfchen felbft aus dem fchönfteii Erhaltungsmittel des Lebens in das töd-lichfte Gift verwandelt. Nun denke man fich die Luft an einem fo ungeheuren Orte; hier ift es phyfifch unmöglich, dafs einer, der in der Mitte wohnt, ei-;iTen Athemzug von Luft thun follte, die nicht fchon kurz vorher in der Lunge eines andern verweilt hätte. Diefs giebt eine allgemeine fchleichende Vergiftung, die nothwendig die Lebensdauer im Ganzen verkürzen mufs, — Wer es alfo kann, meide den Aulenthalt in grofseji Städten; fie findofTneGraber derMenfcli-Jieit, lind zwar nicht allein im phyfi-fclien, fondern auch im moralifchen Sinn. Selbft in mittlem Städten, wo yielleicht die Stralfen etwas enge find, fuche man immer lieber eine Wohnung an der Auflenfeite derSta^t, und wenig-ftens/ift es Pflicht, alle Tage eine halbe oder ganze Stunde lan^, die Stadtatmosphäre ganz zu verlafTen, in der einzigen Abficht, um einmal reine Luft zu ttinken. — Mehr davon in dem Kapitel von Vergiftungen. ■ft-. VL Unmäfsigkeit im ElFen und Trinlten — die raffinirte Kpclikiinft — die geiftigen Getränke, Das erXte, was in Abficht der Diät lebensverkürzend wirken kann, ift; Uii-uiäfsigkeitj Das zu viel EfTen und Trin-' ken I'chadet auf dreyfache Art dem Leben, Es ftrengt die Verdaunngskräfte uninäfsig an, und fchwächt fie dadurch. Es hindert die Verdauung, weil bey eir ner folchen Menge nicht alles gehörig verarbeitet werden kann, und es erzeugen fich Krnditäten im Darmkanal und f ciüechte Säfte.^ Es vermehrt auch un- verliältnifsmäfsig die BlutmöJige, und beichleunigt dadurch Circulation und Leben; und überdiefs entfleht dadurch fo oft Indigeflion und das ßedürfnifs ausleerende Mittel zu nelxnien, welches abermals fchwacht. Zu viel ejfen heifstj AVenn man fo lange ifst, bis nianiücht mehr kann, und die nachfolgenden Zeichen fiifd, wenn man Schwehre und Vollheit des Ma-gf-ns, Gälinen, Aufftofsen, Schläfrigkeit, Dumpflieit des Kopfs verfpürt. Die alte JRegel bleibt alfo immer v noch wahr: Man höre auf zu effen, wenn man noch etwas eflen könnte, JDie zu rafflnirte Kochhujiß gehört ebenfalls hieher. — Leider mufs ich diefe Freundin unfers Gaumens hier als die gröfste Feindin unfers Lebens, als ■ eine der verderblichftea Erfindungen zu Abkürzung deffelben, anklagen, und zwar auf-folgcnde Art:. . N 1. Bekanntlich beßeht dier Haupt« IcunftgrifF derfelben darinn, alles piquant und reizend zu • machen. Alle Nahrungsmittel beliehen alfo, nach die-fer Zurichtung, zur Hälfte aus reizenden erliitzendenSubftanzen, und anftatt alfo durchs ElTen das, was der natürliche Zweck ilt, Ernährung und Wiedererfe-tzung, zu erreichen, vermehrt man viel mehr durch den Reiz die innre Confum-tion und thut wirklich gerade das Ge» gentheiL Nach einer folchen Mahlzeit hat man immer ein künfiiiches Fieber, und bey folchen Menfchen heifst e$ mit fVecht: conjwnendo conjuiniinur. \ 2. Das fchlimmfte dafs man durch diefe Kochkunft verleitet wird, immer zu viel zu effen. Sie %veifs lieh den Gaumen fo zum Freunde zu machen, dafs alle Gegenvorftellungen des Magens unifonft find; und, weil der Gaumen immer auf eine neue angenehipe Art gekitzelt wird, fo bekommt der Magen wohl drey und viermal mehr zu tliu», aJe er eigentlich beftreiten kann. Dsnn es ift ■ein fehr gewöhnlicher Fehler, dafs man den Gaumen^ppetit nicht vom Magenappetit unterfcheidet, und das für Ma-geuappetit hält, was eigentlich nur Gaumenkitzel ift, und eben diefe Verwech-felung wird durch nichts nielu" begün-frigt, als durch diefe ralEnirte JCachkunft. Per Menfch verliert dadurch am Ende eine der giöfsten Schutz wehren feiner Gefundheit, die Ei^enfchaft z^l wiffen, wenn er genug hat. ' " g. Eine Hauptinaxime diefer Kunfl befteht endlich darinne, dtirch die über-häufteften und unnatürlichften .ZuCam-nieufetzungqn ganz neue: Schtipfungen und neue jReize hervorzubringen. Und daraus eutfteht, »dafs Dinge, welche, jedes, für fich, äufferß ujifchuldig und unfchädlicli wären, nun duixh die ^Verbindung g^nz. neue und nachtheilige Sigenfchaften. b)?koin£nen, $auer und füfs z. 3;. fc1iadet, v jedes einzeln genom-jnen^ jiichts; hingegen zugleich genof- fen kann es fchädlich werden. Eyer, Milch, Rätter,. Mehl, find, jedes für lieh genoffen, fehf Verdauliche Subltan- ^ zen; abier man fetze fie znlainmen, und mache einen recht fetten und fefteu Pfannkuchen daraus, und man wird ein fehr fchwehr verdauliches Product erkalten; Man kann es als Grundfatz annehmen: je žufamniengefezter eirte Speife ift, defto fchwehrer ift fie zu ver- -dauen, und was noch fchlimmer ift, defto fchlechter werden die Säfte, die daraus bereitet werde«. 4- Noch ein Haupttriiiinpf der neuem Kochkutift ift die Kunft, Nahrun gs-faft in der concentrh'teften Geftalt in den Körper zu bringen. Da hat man Cojz-fovnhes-. Jus, Coidüs. Man hats dahin gebracht, durch Auspreflen und' Einko-di«n, die Kraft von mehrern Pfunden Rindfleifch, Kapaunen und Märksknochen in den kleinen Raum von einer Gelee oder Suppie zu concentriren. Da glaubt'man nuto etwas gi-ofses getliän zu haben, weun man auf diele Weife, oluie, den Zälmen die Mühe des Kauens und dem Magen die Mülie des Arbeitens gemacht zu haben, eine folche Ellenz von Nahrungsfaft gleich auf einmal ins Blut fchickt. Dasheifst, ftellt man fich vor, fich im Gallop reftauriren, und es 'ift das Lieblingsfyftem derer, die lieh im Gallop conlümiren. Aber man täufcht fich gewaltig, denn Einmal: Man kann die Einrichtungen der Natur nie ohne Schaden über-fpringen. Nicht ohne Urfache ift die Einrichtung getroffen, dafs der Magen nur eine gewifle Menge fallen kann; ein mehreres würde fürs Ganze zu viel feyn. Jeder Körper kann nur eine verhältnifs-Tnäfsige Menge Nahrung faden, und diefe Kapacitat des Ganzen Jfteht immer mit der Kapazität ties Magens im Ver-hältnifs. — Hierbey täufcht man nun die Natur; man umgeht, wenn ich fageii darf, die erfte Inftanz, uaid führt, durch eine Art von Schleichhandel, drey* vier- ( mal mehr Nährung iu den Körper, als er zu faflen im Stande ift. Die Folge davon ift, dafs eine beftändige Ueber-ft^llmjig aller Gefäfse entlieht, und diefe fiört immer das Gleichgewicht und alio Gefuudlieit und Leben. Ferner: Nicht ohne Urfache hat die Natur die Einrichtung gemacht, dafs die Speifen in etwas gröberer Geftalt genoffen werden müITen. Der Nutzen diefer Einrichtung ift, dafs fie erft beym Kauen im Munde macerirt und mit Speichel jVermifcht, ferner dafs fie länger im Magen aufgehalten werden, da durch ihren Reiz den Magen zu mehrerer Reaction ermuntern, folglich weit befl'er affimilirt und in unfre Natur umgewandelt werden. Und hierauf beruht eigentlich wahre Reftauration; denn eine Speife kann nur alsdenn erft in unfer Wefen übergehen und uns wirklich nüzlich werden, wenn fie zuvor durch die Kräfte des Magens unfrer Natur Ixo- tnogener and alirilicli gemacht "Wörden ift. ' Indem man alfo diefe erfte Tnftanz übergeht, fchafFt man SÄfte in den Körper ^ die, weil fie nicht hinlänglich affi-« milirt find, auch nicht eine gute Reftaü-ration bewirken ■ können j roriderii -viel«, -mehr alš fremdeTheile als Reize wirkeni -und mehr zut ConftinitioH älä zur Re* ßauratiöft difenen. Ich glänbe daher, es iff Ceht'eih» letichtif^nd, dafs äiite Ktmft, welche di^ wahre' RöftauVatioii hindert, uns mit unverdauten rohen Säften anfüllt, und die innre Confumtion vermehrt, nicht als eine Freundin unfei's Lebens anzufehen ift, fondern miter den w^fentlicliften F^indten delTelbön einen flatz verdient. Man follte glauben, fi6 fey erfunden, lim aus den herrlichften Gaben Gottes . ein fchleichendes Gift zu bereiten. • . ■■ ^ ^ --st^i . - - .■ . , i. Endlich Endlich geliören unter diefe Klaffe von Verkürzuiigsmitteln vorzüglich,noch die Zubereitungen fpirituöfer Getränke^ die alle, fie mögen Namen haben wiaße wollen j Lebensverkürzend lind. Es ift flüfliges Feuer, was hier der Meilfch trinkt; fie befchletmigen die Lebenscon* fumtiou auf eine fürchterliche Art, und machen das Leben im eigentlichÄeil Sijia zu einem Verbreiiiitiiigsprozefs; Es fey genug zu bemferken, dafs bey wilden Nationen der Zeitpunct der Einfülirüng des Branntweins iminer das iDatuiu ihref kürzern Lebensdauer War. Bb VII !t.el)ensverkützendß See],«n RimmungeJi ufiJ Zieidenfchaften — üble Eaune all* zugrofse Gefchäftigkeit, . » fd Einen vorzügliclien Rang unter' den Yerkürzungsmitteln des Lebens behaupten gewijfe Seelenßimrnungen und Gewohnheiten, die feindlich auf das'Leben wirken, Traurigkeit, Kummer, Ver" drufs^' Furcht, Anglt, Kleinmuth, hauptfächlich Neid und Mifsg^milt. Sie alle erfcliöpfen die feinften Lebenskräfte, ftöhren befonders die Verdauung und AIEiniilaUon> fchwächej^ di« . 3Ö? Kraft des Herzens und hindern auf diefe Art das v/iditige Gefchäft der Reftaura-tion. Die erften, die traurigen AfFecten, wirken indefs doch nur negativ zur^Verkürzung. Hingegen diefe, Neid und Mifsgunft, haben zugleich pofitive Todbringende Eigenfchaften. Nicht blos. entziehen fie dem Körper feine Lebens-jkrMte,' fohdern indem fie unaufhörlich die Galle fchärfen, bereiten fie beftän* dig ein fchleiehendes Gift, und vermehren durch den Allgemeinen GaUenreiz ^ die Selbftaufreibung entfezlicli, daher das Emblem vollkommen pafst: der Neid frifst fich felbft auf. , Hieher gehört auch jene fehr böfe Seelenkrankheit, die unter dem Namen der iihlen Laune bekannt ift. Nichts ver«i mag fo fehr die Blüthe des Lebens zu verwelken, jedem Genufs und jeder Freude den Eingang žu verfperren, und den fchönen Lebensftr-om in einen flehenden Sumpf zu verwandeln, als diefe böfe Gewohnheit Ich rathe jedem, £b a \ dem fein Leben lieb irf, fie als ein tödliches Gift zu fliehen, und nie aufkommen zu lallen. *Auch die Furcht verdient liier einen vorzüglichen Platz. Sie gehört ebenfalls unter die böfen Gewohnheiten der Seele, denn man kann lie fich nach Belieben an-und abgewöhnen. Ein Engländer {Walter) ^ der die Reife mit An Jon um die Welt gemacht hatte, fprach einft mit dem jungen Ber^ henhoutj und da dieffer das Wort Furcht erwähnte, fo fiel Walter mit Heftigkeit ein: Fi, ß done, c'efi une pajjion indigne, et au dejjous de la dignite de Vhonnne. Und gewifs, lie ill eine der allerüaanftändig-ßen Leidenfchaften, die den Menfchen eben fo fehr erniedrigt und degradirt, als ihn das Entgegengefezte, der Muth, exaltiren und über die menfchliche Natur erheben kann. Furcht raubt Kraft, Ueberlegung, Verftand, Entfchh ffen^« heit, genug, alle Vorzüge des meflXoIi-'^ lichen Gelltes, nnd es follte einer der erfreu Grundrätze der Erziehung feyn, dem Menfchen die Furcht abzugewöhnen. Und leider thut man gewöhnlich gerade dasGegentheil! Wir wollen nur zwey der gewöhnlichften Arten von Furcht nehraenj die Furcht vor Gewit-terii und die vqr Gefpenftern. JQun.wcr diefe beyden hat^ der mag nur auf die Ruhe des Lebens Yerjijicht thun. Die Zeit der Nacht, welc^^e fo weife durch Dunkelheit zur lüften Ruhezeit geftem-pelt wurde, ift für ihn das Si^al der peinlichften Unruhe, Wenn andre ruhigen Schlaf geniefsen, horcht er mit Z.ittern und Zagen auf jeden Laut, fchwizt unaufhörlich Angftfchweifs, und iff früh müder, als er fich niedergelegt hat. Die erfreuliche Zeit des Sommers ift für ihn eine Periode der .Angft und des Schreckens, und jeder fchöne Tag führt bey ihm zugleich die Idee von Gewitter und ,alfo ^tawge . JEnvarto ' rqitficli. ' -i. 6 ' . ! . ^ . . ' '' . "l'^---Man kann leicht ^abnehmen, wichen nachtheiligen Eii^flufs folche bc-fländige Angft auf die Dauer des Lebens haben mufs. Furcht ift ein beftandiger Kiampf; fie fchnürt alle kleine Gefäfso zufammen, die ganze Haut wird kalt, blafs, und die Ausdünftung völlig gehemmt, Alles Blut fammlet fich in den innern gröfsern Gefäfsen, der Pulsfchlag itockt, das Herz wird überfüllt und kann fich nicht frey bewegen. Alfo da» ■wichtige Gefchaft der Circulation wird ' gpftöhrt. Die Verdauung wird.eben fo fehr unterbrochen, es entftehen krampfhafte Durchfälle. AUe Muskelkraft wird gelähmt, er will laufen und kann nicht, ^allgemeines Zittern entlieht, der A them ift kurz und beklommen. Genug, alle Wirkungen, die ein tödliches fehleichendes Gift haben kann, und alfo eben die i^olge^für Verkräzmig des^Lebens. Es ill mir tuim öglich, hier eine Eii gcnfchaft unfrer Zeiten zu über^^lien," die uns gewifs eineij feliönen Theil unfrer Lel|)enstage raubt, nehmlicli jene unglückliche Ficlgefcliäftißhcit (Poly-' pr'aginofyne), die üch. jezt eines grofsen; Tiieils des niejifehlichen Gefclilechts be» inäclitigt hat. Jenes unaufhörliche innre Treiben und Streben n^ch neuen Unter--nehmungen, Arbeiten, Planen, Per. Genius,Seculi bringt es mit fich, daf« Selbftdenlten, Thätigkeit, Speculation | nen^ IVeformationen, Menfchen ' weit natürlicher find, als fonft, und alle. ihnen beywolmenden Kräfte fich weit, lebhafter regen; der Luxus kommt dazu, (^er durch feine immer vervielfältigten ißedürfnifle, immer neue Anßrengungen, 4er Kräfte, immer neue Ujiternehmiyi»^ gen nöthig macht. Daraus entfteht nun jene unaufhörliche Regfamkeit, die endlich alle Empfänglichkeit für innere Ruhe und Seelenfrieden zerftöhrt, den Menfcheu nie zu, dem^ Grade von Na<;hlafs und Abfpannuiig kommen läfst,. der zu feiner Erholung unum-gänglicli nöfchig ilt, und feine Selbft-confumtiQx^ auf eine fchreckliche Art be-fclileunigt, VIII. Furcht vor dem Tode, K-eine Furcht macht unglücklicher, al? x die Furcht vor dem Tode, Si^ fürchtet " etwas, was ganz unvermeidlich ift, und wovor wir keinen Augenblick ficher feyri können; fie geniefst jede. Freude mit Angft und Zittern; fi^ verbietet (ich alt les, weil alles ein Vehikel dea-Tqdes Werden kann, und fo über diefer ewigen Beforgnifs, das Leben S!u yerlieiren, verliert fie es wirklich, Keiner,\:der den Tod fürchtete, hat ein hohes Alter er-t reicht. Liehe das Leheii und Fürchte den Tod iTnh"' ■ ■ ^ ■ rl I nicht, das ilt das Gefez und die Propheten, die einzige walire Seelenftimmung, um glücklich und alt zu werden, l^enn auch auf das Glück des Lehens mag der nur Verzicht tliuu, der den Tod fürch* tet. Kein Genufs ift bey ihm yeiP) imc -Ii f ' mer mifcht fich jeue l'odesidee mit ein,' er y^t beftändig wie einer, der verfolgt wird, der Feind fizt ihm immer auf den Ferien. Und d^mioch giebt tbs fo un-z^lige Menfclien, die diefa'^Gemüths- . kranklxeit nicht los werden können.! Für diefe will ich hier einige Regeln an- ■<; geben, die, wenn fie auch gleich keine y metaphyfifche Tiefe haben foUten, ick doch als recht gute Hausmittel gegen die Todesfurcht empfehlen kann, ' die ich ^s Erfarung als fehr wirkfam ksune: ^-^ i.^Man mache fich mi^ dem Gedaii-, i an den^od recht bekapnt. Nur d.er,. ij^^^ mpine^n Augeiji^gJi^^ die-, L- Fem^ fo oft recht nahe und foKsrzt in die Äugen gVfehen hat, , dafß er ilim durch lange .Gewohnheit , endlich gleichgülrig wird.y fehr täufchen fich die, die in derEiitfer-j^ung des Gedankens an den Tod diefs Mittel gegen die Todesfurcht zu findeil ^laubefl! Ehe fie fichs verfehen, mitten in der lachendften Freude wird der Gedanke überrafclien, und fie deft o .fürchterlicher erfchüttem, je mehr^pr ihn eil fremd; ift- Genug, ich kann nur .^den f^r glücklich erklären, der es dahin gebracht hat, mitten im Freudengenufs ficli den Tod zu denken, ohne dadurch geftöhrt zu werdei^j und man glaube mir es auf meine Erfarung, dafs man durch öftere Bekanntmachung mit diefer Idee und durch Mildermig ihre Vorftel-lungsart darinn zulezt zu einer aull'eror-.dentlichen Gleichgültigkeit bringen kann. Man^fehe doch d^ Soldaten, die Matrofen , die Bergleute an.^ Wo findet inan glücklichere und luftigere^ Jmr jede Freüde- empfänglichere Menfclien ? - Und warumWeil fie dureh^ die beftgaidige Nähe des Todes ilm verachte» gelernt haben. Wer den Tod nicht mehr fürchtet, der allein ill frey, es ift nichts inehr, was ihn fefleln, änglHgen oder unglücklich machen könnte. Seine Seele füllt fich mit hohem uijerfchütterlichen Mu-the, der felbfl: die Lebenskraft ftärkt,-und dadurch felbft ein politives Mittel wird, ilm m «?iitfgrnen. ' 'Noch hat diefe Qewohnheit einen nicht unwichtigen Nebennutaen^ Sie ift auch ein vprtrefljclies IJausinittel tu-gendh^t und reqhtfghaöen iau bleiben. Bey jedem ziweifeUx^ten Fall, bey jeder Frage, ob etwas rg^ht oder unrecht fey, denke man ßch nur gleich an die lezte Stunde des J^ebens hin, und frage lieh : würdeft du da fo oder fo handeln, würdeft du da wüiifchen, fo oder fo gehandelt zu haben?i^ Eine Freude, ein Le-bensgMufš;^ wobey man ruhig ah den Tod dehkeii kann,^ ift gewifs uiifchuldig. Ift'niail ge'geri ^aufgebracht oder mis^nftig, oder bfeköiühit man Luft fich wegen einer ari^tHkii'^n Beleidigüng Izü raclieii, — nur an jene Stunde gedacht, und an das Verhälinifs, was dort entliehen wird4 und ich Itehe dafür, dajfe jene misgünftigen lOjder menfchenfeindliGhen Ideen fogleich verfchwirtden werden. Die Urfache ift, weil durch diefe Ver-fetzung des Schauplatzes alle jenen kleinlichen und felbftfüchtigen Rückfichten aufgehoben werden, die uns. fo gewölip-lich beftimmenj alles bekommt mit ei-nemmale feinen wahren Gefichtspunct,, fein wahres Verhältnifs, die Täufchung fell windet, das WefentÜche bleibt. ' 2. Mancher fürchtet Weit X'S'eaiger den Tod als die Operation des Sterbens. Da macht man ficli die allerfoiiderbäfften Begriffe von der lezten Todesnoth, der gewaltfamen Trennung der Seele von ihrem Körper u^ dg!._jnehr. Abet diefs alles ift völlig ttngegründet Ge-wifs hat noch kein Menfch das Sterben felbft empfanden, und eben fö bevstifst-los, wie wir ins Leben treten ^ eben fo treten wii" wieder heraus. Anfang und Ende fliefsen liier wieder zufannnen. Mieine Bcweife find folgende: ZueiTt kann der Mcnfch keine Empfindung vom Sterben haben, denn Sterben heifst nickts anders als die Lebenskraft verlieren, und diefe ifis eben, wodurch die Seele ihren Körper empfindet; in dem-felben Verhältnifs alfo, als fich die Lebenskraftverliert, verliert fich auch die Empfindungskraft urfd daš Bewüfstfeyn; mid wir können das Leben nicht verlieren, ohne zugleich oder noch eher (denn es gehören dazu zartere Or^gane) auch das GefüJil des Lebens zu verlieren. Und dann lehrt es auch die Erfarmig. Alle die, welche den erften Grad des Todes erlitten und wieder zum Lieben zurückgerufen wurden, verfichern ein-ftimmig, dafs (ie nichts vom Sterben gefühlt haben, fpndern in Ohnmacht, in Bewufstlofigkeit verfunken find. — Man laffe fich nicht durch die Zuckungen, das Piöcheln, die fcheinbare Todes-angft irre machen, die man bey man-dien Sterbenden fieht. Diefe Zufälle find nur ärigßlich fur den Zufdiauer, nicHt für den Sterbenden^ der davon nichts empfindet.'^" Es wäre eben fo, als wenli , man aus den fürcliterlichen Zuckungen eines Epileptifchen feine irineföl Gefühle fchliefsen wollte. Er wieiti nichts von allein dem , was uns fo vie^ Angft machte- - ' g. Man denke ficli das Leben ImmeF als das» was es ift, als einen Älitt^zu-' firand, (der noch nicht felbft Zweck, fon-dem nur Mittel zum Zweck ift ^ wie di$ taufendfachen Unvollkommenheilen def-felben hinlänglich,beweifen,) als eine Periode der Entwicklung und v ori)erei-tung, als ein Fragment unfrer ExiHenz," durch das wir blos zu andern Perioden übergehen vmd reifen follen. Kann uns denn der Gedanke wohl fclirecklich I , i- I •• , Xeyn, diefen Uebergang wirklich zu machen» aus diefem Mittelzüftänd"^®^ ktfž" diefer rätlifelhaften, zweifelsvplleü, nie ganz befriedigenden Exifteiiz^ zii ft andern heraus j&u treten? G^a und furchtlos können %vir «ns dann wieder dem liöliern ^'"efen uberlalTen, was uns eben fo, ohne unfer Zuthun, auf diefen Schauplatz fezte, und von ihm die fernere Leitung unfefs Schickfals erwarten. 4. Auch wird der Gedanke an die Vöraüsgegangeiien die Todesfurcht fehr mildern, au den Cirkel der Lieben» die unferm Herzen nahe Waren und eS noch immer find»-und die uns gleichfam aus jenem dunkeln Laude freundlich zuwinken. r 3 IX. MiiJIiggang •— Unthätigkeit — Lange ' ■ '"Weilet ''■ " Aber audi das entgegengefezte, der Nichtgebrauch unlVer Kräfte, kann Lebensverkürzend werden, \yeil dadurch, gar leicht Unbrauchbarkeit der Organe, Stockung, mangelnde Reinigung der Säfte, und fchlerhte Reßauration ent-fteht. Es ift die erfte und unwandelbar-üe Beßimmung des Menfchen, ira Schweifs feines Angefichts fein Brod zu effen. Und auch phyfifcii beftätigt die Erfarung diefcn SatÄ votlkonjineu: Wer C c ij'st oline zu arbeUen, dem bekommt es nicht. Wenn nidit immer ein geKöriges Verhältnils zwildien der Reftaura-tioii und Selbftaufreibuug bleibt, fo iü es unmöglich, dals Gefundheit und langes Leben beftehen kann. Werfen wir einen Blick auf die Erfarung, fo Huden wir, dafs kein einzigerMülliggänger ein hohes Alter erreicht hat, fond'ern die ausgezeichneten Alten durchaus Men-fchen von einer kuITerft thätigen Lebensart gewefen waren. Aber' nicht blos der körperliche, fohdern auch der Seelenmüfliggang fcha-det, und ich komme hier auf ein Lebensverkürzungsmittel, was man hier ^yol nicht erwarten I'ollte, weil es dem Schein nach uns die Zeit fo grauf/im lang .macht, die lange Weile. — Lallen Sie uns die phyfifcaen Wirkungen derfelbeii etwas genauer durchgehen, und Sie werden fehen, dafs diefei unbehagliche Seelenzultand keineswegs gleichgültig» fonderu von fehr wichtigen Folgen für N unfer Körperliches ift. Was benierken wir an einem Menfchen,^der lange Weile hat? Er fängt an zu gähnen; diefs verräth fclion einen gehinderten Durchgang des Bluts durch die Lungen. Folglich leidet die Kraft des Herzens und der 6ciafse, und ilt zu trag. — Dauert das Uebel länger, fo entftehen zulezt wol-Congeftianen und Stockungen des Bluts. Die Verdauungswerkzeuge werden ebenr falls zur Schwäche uiid zur Tragheijt umgeftimint, es entßeht' Mattigkeit, Schwehrmuth, Blähuiigen, hypochon-drifche Stimmung. Genug, alle Functionen werden dadurch gefchwächt, und in Unordnung gebracht, und ich glaube alfo mit Recht behaupten zu können, dafs einZuftand, der die wichtig-ßen Gefchäfte des Körpers üölirt, die edelften Kräfte fchwächt, Lebensverkürzend ift. I Sowol in phyfifcher als morali-fchesr Rüdkficht ift lange.Weile ein fchr Cc a gefölirUcher Züftaitd, Weilar^) erzälih das BByfpel eines Kindes^ welches voh fehr armen Eltern erzeugt war, die ihr Brod mit Tagelohn verdienen mufsteö. Das SchickM diefes Kindes alfo, vou feiner Geburt an, war lange Weile., Anfangs li efsen es die Eltern allein in feiner -Wiege liegen, wo es feine Zeit damit z\b-brachte, feine Hände und Fiifse anzufe-hen. i)a es gröfser wurde, wurde es jederzeit in einen Hühnerftall einge-fperrt, wo es nur durch ein Loch ein wenig herausfehen konnte. Was walf die Folge? Das Kind blieb bis in fein erwachfenes Alter dumm und blöde, hatte keinen Verftand, und konnte Itaum fprechen., Ja, ihre Wirkungen find noch ärger. Bey einem inelancholifchen Tempera- 1 •) tn einem Wsrkei dai gewifs eine Menge feinet MitbrÖdet überleben Wird, and aUcK liier die gi-öfste Empfehlung T«idient; WaikariU iPhitc-\ fopM/chtr 4rih ment lcatin Langevreile allein endlich zum Selbftmorde fahren. Ein trockner Schriftfteller hatte ein. fehr weitläuftiges Werk vom Selbfbnord gefchrieben. Er begegnete einft einem andern Engländer, der alle Zeichen des gröfsten Tieffinns an (Ich üag. Wo wollen Sie hin, ipein Freund? fagte der Autor. — Nach der Themfe, um mich zu erfäufen. — O, fo bitte ich Sie, erwiderte der Autor, gehen Sie nur noch diefsmal wieder nach Haufe und lefenSie erft mein Werk über den Selbftmord. — Gott foil mich feewabre'n, antwortete jener, eben das DUrchlefeji diefes verwünfcht langweiligen Buchs hat mir einen fo entfezli» chen Verdrufs erweck,t, dafs ich nun feit •. 1 entfchlolTen bin, mich zu erfäufen. Aber, was in aller Welt ift das Mittel gegen die lange Weile, höre ich fragen; üe begleitet uns'auf den Ball, ins Schau« fpielliaus, an den Theetifch, auf die Promenade, genug, nirgends mehr kaim man fich vor ihr retten? — Sehr wphr, ^ltes diefs hilft niclits. Es giebt nur ein einziges, aber;^freylich nicht he-* liebtet, Mittel dagegen, und das ift; Beftimtnte Berufsarbät» 4O7 , ■T i X. Ueberfpannte Einbildungskraft — Krank-Keitseinbildiing — Empfin-deley. D ie Pliaritafie ward mis zrn* Würze des Lebens geigeben, aber, fo wenig die plxyfifche Würze tägliclie Nahrung werden darf, eben fo wenig darf das geiftige Lebeii diefe Seelenwürze mishrancben. Zwar exaltirl man dadurch fein Lebensgefühl, aber man befchleunigl auch das ■ intenßve Leljeri und die tiel)ensauf'rei4ü bung, und hindert dieilefiauration, wieJ das fclxoiT die Magerkeit folchet Leute von feuriger Imagination beweift, üe-berdiefs disponirt man dadurch den Kölker zn plözlichen und gewaltfamen Revolutionen, die Lebensgefährlich, werden können, weil bey überfpannter Imagination ein kleiner Funken 'die ge-wfiltigfte Explofion bewirken kann. Wer alfo lange zu lebe» wünfcht, der J.affe diefe Seelen kraft nie zu fehr di^ Oberherrfchaft gewinnen, und nie einen fortdauernd exaltirten Zuftand bewirken; fondern er benutze fie dazu, wozu fie uns gegeben ward, denfchöneri Augenblicken des Lebens einen noch höhern Glanz zu geben, die fchaalen und unfchmackhaften zu würzen und die traurigen zu erlieitern, i Befonders kann fie dem Leben fehr nachtheilig werden, wenn fie gewüTe Richtungen nimmt, die durch ihre.Ne- benwirlc«ngen doppelt fchadcÄ, und da Ichcinen mir zwey vorzüglich, gefälir-lieh; die Kranhhcuseinhildung und die 'Evvpßndcley, . p Die erfl^ere Imaginationskranldieit ifi hauptfächlich ein Eigentlium der Hy-pochondriften, kann aber auch bey Hichtärzten dadurch erzeugt werden,' wenn ße zuviel medizinifche Schriften; lefen, die fie denn, nicht wie der Arzt, auf die Kunft, fondern auf ihre eigne' Perfon anwenden, und aus Mangel liin-reichender KenntnilTe fehr leicht irrig deuten (ein neuer Grund, ndi vor diefer Lectüre zu hüten). Ich habe erftaunli-ohe Beyfpiele davon gefehen ; nicht allein Leute, die fich bey völlig geraden Nafenfeftiglich eiiibildeten, fchief« Na-fen zu haben, die lieh bey eij^em fehr fchmäphtigen Baucli nicht von der Idea abbringen liefseh, die Wafferfucht im höchften Grade zu haben u. dgl,, fondern iph habe eine Dame gefehen, die man nur in it einiger Aufmerklkmlcejt nach einem örtlichen zu fragen btauch- te, um ihn auch fogleich zu erregen; ich fragte nach^Kopfwehj und es eilt-ftand, nach Kräji;pfen in dem Arm, nach Schluchlen, und die Krämpfe und der Scliluchfen waren auf der Steile da, Tulpius erzählt das Beyfpiel eines Menfchen, der durch das Lel'en vieler inedizinifchen und chirurgischen Bücher wahniinnig wurde, Monro fah einen Menfchen, der unter Boerhnave Medizin ftudirte, ujid Hypochondrie dabey War. So oft er einer Vorlefüng des Boerhaai^^e beygewehnt hatte, bildete er ficl^ allemal ein, auch die Krankheit zu haben, die vorgetlra^-gen worden war. Auf diefe Art war er der beftändige lebendigeCommentar der Kränkheitslehrc, und er hatte kaum die Hälfte diefes angreifenden mcdiaini- fchen Gui(fas durchgemacht, als er im äufTerften Giade , elend mid abgekehrt • Avar, und die£s Studitun ganz aufgeben mufste. -:- Ja man hat logar ein Bey» fpiel, dafs ßch einer einbildete, wirklich geftorben zu feyn, und faft darüber verhujagert wäre, wenn ihn nicht ein Freund, der ßch auch tod ftellte, überredet h&tte, dafs es auch in der andern . Welt Sitt0 wäre, ßch täglich fatt m eilen, Der Schaden diefer Krankheitßein« hildungen liegt nicht allein darinn, dafs dadurch ewige Furcht und Angft unterhalten und manche Kranklieit wirklich dadurch erzeugt wird, weil man (ich einbildet, Ue zu haben, fondern auch, dafs nun das unnütze und wideifinnigfte Mediziniren gar kein Ende nimmt, wel» ches den Körper oft fchneller aufreibt, als die Kxaiiklieit felbft, wem» ße da wäre. 413 • - ... - rj . - . - , • Nitht Weniger fcLadtich die «weyte Krankheit der Einbildungskraft» 61e Enrpfindelcy, die romanhafte Denk* art, die traurige Schwärmerey. Es iÄ ganz einerley, ob man die traurigen Begebenheiten felbfi: erlebt, oder durch Romanen und Enipfindeley fich fo lebhaft inacht, dafs man eben das niedier-fchlagende Gefühl davon hat. Ja es ift in fo fern noch nachtheiliger^ - weil es dort ein natürlicjier ŽnftandV hier aber ein erkünftelter und älfo deftö än^ei-fenderer Affect ift. Wir haben gefehen, wie äufserft fchädlich Tranngkeit für alle Lebenskraft und Bewegung ifti Man kann alfo leicht denken, wie d^-ftruirend eine folche Seelenftimmung feyn mufs, die beftändigen Trilbfinn z;um Gefährten des Lebens niacht, die fo^ar die reinften Freuden mit Thrä-iierx und herzbrechenden'* Empfindungen ' wafchef' T/odtung aller EneVgie^^^älW^frohen iVIuthsl Gß-Wifs, ein Paar Jahre in einem fr ch^n HersierisžWange zugebracht; können das Leben um ein anfehnliches ver-- kürzen^ • i ' rJ ^ • ... If- ; ■ - ; fte m-.HKm'y.^.. .r -..iL;- r; ... 'T. -löi XI. Gifte fowohl phyfifche als comaoiiile. Wir verliehen darunter alle die Sub-Itanzen, die fclion in geringer Menge fehr naclitlieilige oder zerftörende Wir-IcuBgen in dem inenrdilichen Körper hervorbringen können. Es giebt deren fehr viele in der Natur, undvonnian-nichfaltiger Art; einige wirken heftig, andere fchleichend, einige fchnell, andere langfam, einige von auHen, andere vön innen, einige lichtbar, andere unfichtbar, und es ift nicht zu leugnen, dafs fie unter die allgemeinften und gefahrlichüen Feinde des Lebens gehören. - I ■ C, Ich halte es daher für felir noth-vvendig und für einen wefentlichen Theil der allgemeinen Bildung und Kultur des Menfchen, dafs ein jeder diefe Gifte erkennen und vermeiden lerne, weil man fonft durch blofse UnwifTenheit undUn-achtfainkeit unzählichen Vergiftungen ausgefezt ift. Das Thier hat Inftinki, um die Gifte zu erkennen und zu fliehen, der Menfch Vernunft und Erfaruiig; aber noch wird diefe bey Aveitem nicljt allgemein genug über diefen Gegenfiand benuzt. Diefs ift hier mein Zweck, fol-che allgemeine KenntnifTe und Begriffe mitzutheilen, die Jeder Menfch zur Vermeidung diefer Lebensfeinde zu wiflen nöthig hat. Es iß ein fehr nachlheillges Vorur-theil, dafs man nur das gewöhnlich für Gift hält, was durch den Mund in uns aufgenommen wird. IDurph alle, fowohl äuEferliche als innerliche Flächen und Theile unfers Körpers können wii" veigiftet werden; in fo fern lie alle Ner- und einl'augend© Gefäfse haben; alfo durch Mund und Magen, durch den Maftdarm, durch di« ganze Oberfläche der Haut, die Nafenhöhle, die Ohren, die Gefchlechtstheile, die Lunge (durch Hülfe der Luft). Der Untcr-fchied liegt blos darinne, dafs die Wirkung in manchen Theilen langfanier, in manchen fchneller erfolgt, auch dafs manche Gifte vorzüglich auf diefen, andre auf j^nen Theil wirken. Ich theile alle Gifte in zwey Klaflei^ Aie phyfijdhen und 6.ie contagiöftn, welche leztern fich dadurch unterfclieiden, dafs fie ßch immer in einem lebenden Körper^erzeugen, und die Kraft befitzen, in einem andern das nämliche Gift hervorzubringen. ' Unter den phyjifchen ift die Kennt-nifs folgender vorzüglich nöthig: t)a& ^rfenikt Öpennent^ unter dem Namen Kattengift am meijften bekannt, > ■• S, das daff heftig^e unter allen „Giften. E^ tpdtet in den kleinften übieii (5Gran find Jjinreicliend) unter den graufaniftea Schmerzen, vuidXehr fchnell. Unzählig fuid^die Fälle, wo fich Menfdien dadurch den graufamfien Tod gaben, und zwar weit niehr aus Unwifleuheit und Leichtfinn, als aiis Ablicht. Ich glaube dalier, es wäre weit belTer, diefes fchreckliclie Gift ganz aus der menfchli-chen Gefelll'chaft zu verbannen, insbei fondei-e da es von fo wenig Nutzen ift, der-.ixch im Pubiikum faft lediglich auf Todtun^ der Äläufe und Ratten eiu- Ichrähkt. WeniErßens follte es Ichlech- „iisf t^?' tendings bey keinem Materialilten und Würzki-änier, in keinem Laden, wo .n'Tsx' ' Zucker, Kaifee und andere Confumtibi-lien vorräthig lind, verkauft werden. Bis daliin halte ichs wenigßens für Pfliclu, auf einige Arten auftnerkfam zu machen, wodurch ArfenikVergiftung fehr leicht möglich Avird^ und fchon oft geJihehenift, und dafür zu warneili Eine der häufigften üt die Abficht, Mäule un4 ' D d andre Tliiere damit zu tödteij. Wenn man bedenkt, wie vjele Menfclien fclion durch folches Gift ums Leben gekommen find» das man Mäufen beftimmt hatte, fo follte man doch am Ende diefe Gewohnheit ganz unterlalTen. Man glaube nicht," dafs grofse Vorficht dabey allen Schäden uimioglich mache. Die gröfste Vorficht ift diefs nicht ganz zu verhüten im Stande. So weifs ich ein Beyfpieli wo eine im Keller flehende frifche Milch durch Mäufe vergiftet wiurde, die vorher Rattengift gen offen» und hierauf von diefer Milch gefoffen hatten. Weit bell er ifts, fich zu diefera Behuf der Krähenaugen (Nux Vomica) zu bedienen, die dem Menfchen weit weniger fchädlich und den Thieren äuf-ferft giftig find. Eine andre weniger bemerkte Vergiftungsart mit Arfenik ift die durch arfenikalLfche Mahlerfarben. Mahler von Profeflxon wiffen fich dagegen fchon mehr zu fcliützen; aber Dilettanten und Kinder follten beym Gebrauch folcher Farben fehr vorfichtig feyn, und atn wenigften die üble Gewohnheit annehmen, die Pinfel durch den Mund zu ziehen. Eben fo gefährlich find Spielfachen, mit arfenikalifchen Farben bemahlt, welches durchaus nicht geftattet werden follte. Noch rathe ich • čndlich, fich für einer ArfenikVergiftung . 2U hüten , welche Quackfalber und herumziehende Charlatans ausüben. Sie verkaufen häufig Tropfen wider das Jcalte Fieber, die nichts anders als Arfenik enthalten, und die zwar das Fieber oft "auf der Stelle heilen, aber hinterdrein Auszehrung und tödliche Folgen erregen. Man hüte fich ums Himmels willen für folchen Arcanen. y O Ein nicht weniger furchtbares Gift ift das Bley. Es ilt in fo fern Tielleicht noch furchtbarer, als Arfenik, weil es langfamer und fehl eichen der wirkt, fich nicht fogleich durch heftige Wirkungen zu erkennen giebt, und weil man dadurch fchon völlig vergiftet feyn kann, ehe inajti es ßoch Weif«, dafs inaiiveir-Dd ss giftet ifl-. Hier alfo bcfqnders find ge-wifTe Vergiftungsarten möglich, die ein grofser Theil des Publikums gar nicht bemerkt, und auf die ich hier aufmerk-fam machen mufs. Die erfte ift, Wenn man täglich. etwas Bley mit Speifen und Getränken zu fich nimmt, Ib können zulezt, oft erft nach Jahi eu, die fürch-terliclien Zufalle einer unheilbaren Bley-Vergiftung ausbrechen; Diefs gefchieht, wenn man die Spellen in zinnernen, viel Bley enthaltenden Gefchirren, oder auch in folchen, die fehr fchlecht'gla-furt find, kothen läfst, oder wenn man mit Bley verfälfchten Wein trinkt (welches durch die Hahnemannfche Weinprobe am beften zu entdecken ift). — jEine andre Art Von fehr gewöhnlicher Bley Vergiftung ift das Schminken mit Bleykalchen, bleyifchen WafchwafTprn u. dgl. Alle Schminken find fchädlich» aber am meiften die Aveill'en, weil fie faft alle Bleykalch enthalten und die Bleytheilclien durch die Haut eben fo gut wie durch den Magen in uns kom- men können. Endlich ifl: auch die B1 ey-vergiftung von frifch mitBleyweifs oder Oelfirnifs gemahlten Zimmern nicht zu vergelTen. Wer diefe zu bald bewohnt, der kann das Gift vorzüglich feiner Lunge mittheilen und engbrüftig auch hectifch werden. Ueberhaupt find die Zeichen und Wirkungen der Bleyverg^f-tung diefe: Kolikfchmerzen, Trockenheit und hartnäckige Verftopfung des\ Stuhlgangs, Lähmung der Ai'me, auch wohl derFüfse, endlich gänzliche Vertrocknung des Körpers und der Tod durch Abzehrung. \ Hieher gehören ferner die Ouechfil-bčr- Spiefsglas- und Kupferzuhereitungen, welche alle als fchädliche Gifte zu be-ti-achten find, uild wobey befonders für dem Kochen in kupfernen Gefthirren zu warnen ift. Selbft die meiften Mittelfalze, wenn fie in zu ftarker Menge auf einmal und nicht hinlänglich in WafCer aufgelöCet genommen werden, können als Gifte wirken. Es find mir einige Beyfpiele Vorgekoninien,'wo zwey, drey Lotli Salpeter oder Alaun, den man ftatt Glauberfalz auf einmal nahm, alle Zufälle einer lieftigen Vergiftung erregten, die nur mit Mühe gedämpft werden konnten, D as Pflanzenreich enthält eine Menge Gifte, die theils betäubend tödten (als Opium, Belladonna), tlieils durch Schärfe, Entzündung und Brand (als Mezereum, Euphorbium), Sehr häufig wird auch hier durch Unwiflenheit gefehlt. Unzählig find die Beyfpiele, wo man ftatt Körbel Cicuca zum Sallat, ftatt Paftinakwurzeln Bil fenkraut wurzeln I _ , zum Gemüfse, ftatt efsbarer Schwämme giftige, oder die Beeren von der Toll-r kirfche, vom Seidelbaft u. dgl, genofs, und fich dadurch den Tod zuzog. Es follte alfo durchaus in den Schulen einem jeden Menfchen der nöthige Unterricht über die in feiner Gegend wach-fenden Giftpflanzen mitgetheilt werden, 'und, da mir iiier der Raum verbietet, fie einzeln durchzugehen, fo will ich hier eii9~Buch empfehlen, woraus man diefe Kenntnifs am beften und voUkom-jnenften erhält. *) Die in Teutfdiland gefährliclißen Giftpflanzen, deren Kennlnifs und Vermeidung am nöthigften ift, find: Toll-•kirfche (Bdladonna), Schierling (Cicuta}, Bilsenkraut (Ilyofcyarnus), Eifenhüt^ lein {Aconitum)^ der rothe Fingerhut (Digitalis), Nachtfchatten (Solanuiii), -Wolfskirfche (Efula), das Tollkorn (Lo-iiii?n teinulentuTn), Kellerholz (Dap/inc), mehrere Arten Ranunculus, der giftige Lattich (Lnctuca virofa), der Kiifchlori-beer (Laurocerafus). Auch die bittern . Mandeln gehören hieher „ welche nach den neueilen Erfarungen ein äulTerft tödliches Gift enthalten,- das dem Gift des Kirfchlorbeers nichts nachgiebt. ') Hallt toutfche Giftpflanzin zur Verliütnng trauriger Vorfälle, mit iilum. Kiipf, e Band«, 3te Auflage. Selbft die Luft Ic^nn vergiftet feyn, in der wir leben, und fo können wir entweder Iclinell oder fchleichend ge-tÖdet werden. Ich rechne dahin vor, allen das Gift, was wir felblt der Luft durchs Leben und Athemholen mittheilen. Lebende pefchöpfe zehren in einer gewiflen Quantität Luft den reinen Stoff oder die Lebensloft auf, und tliei-len ihr dafür unreine' und nicht zum Atlimen taugliche StofEe mit. Ift eine gi'ofse Menge Meufchen in einen kleinen Raum eingelchlollen, fo kann es bald tödlich werden. *) Ift der Raum gröfser, und die Menge kleiner, fo ift es zwar nicht tödlich, aber dennoch fchädlich. Man vermeide daher üerter, wo folche unverhaltnifsnial'sige Menfchenmafien zufammengeprefst find, vorzüglich wenn i fie nicht genug Höhe oder Luftzugang Wie daj fchreckliche Beyrpicl in-Calcuita zeigte. Wo ia der fcliwarzeu Hole von i46£ii£;iäiidei'n in kaum j2 Stunden, T)los diireh Veigiftung Jet Luft. 123 getpdet wuiden. S. Zimmernumn Von Eifiiinng. ii'lt von auITen haben. Am haufigften ift diefs in Schaufpielliäufern der Fall. Eins der ficherften Kennzeichen diefer Luftvergiftung iff: wenn die Lichter niciit hell mehr brennen wollen, oder wohl gar hie und da -von felblt ausgehen. In eben dem Verhaltnifs wird fie auch zum Leben untauglich, denn Feuer und Leben brauchen einerley Theile aus der Litft zu ihi-er Erhaltung. Wer fein Wohn- oder Schlafzimmer beftändig feft verfchlüDen halt, der übt eine ähnlich© langfame Vergiftung an fich aus. Auf älinliche Art kann die Luft vergiftet werden, wenn eine grofse Menge Lichter zugleich in einem eingefchlofsnen Zimmer brennen. Eben fo, wenn man glühende Kohlen in eine eiiigelchlolsne Kammer fezt, und dabey einfchläft, wodurch fchovi öfter der Tod erfolgte. Auch, wenn man des Nachts fehr viele Pflanzen und Gewächle in einem eingefchlofsnen Zimmer bey fich hat, fo erleidet die Luft eine ähnliche« Art von Vergiftung, da hingegen diefelben Pflanzen bey Tage tlnd im Sonnenfcliein die Lu£t gefüiider machen. Nicht weniger ift die Ausdünftung faulicliter Subftanzen das zu tliun fähig. Sogar die ftarlc riechenden Ausdünftungen der Blumen können der Luft in einem eingefchlofs-nen Zimmer fchädliche, ja tödliche Ei-genfchaften mittheilen, daher es nie zu ratlien ift, Itark riechende Blumen, Orangen , Narciffen, Rofen u. f, w. in dife gchlafkammer zu ftellen. Aber weit wichtiger und furchtbarer noch fcheint mir die Klaffe der cour tagiöfen Gifte, zu der ich nun komme, und ich erbitte mir hierbey die gröfste Aufmerkfapnkeit, Von jenen phyfifchen Giften bekommt man wohl noch allenfalls Unterricht, man hat Bücher dar-iiber, man kennt lind flieht fie. Ganz anders mit A.e\\ contagiöfen ^ man hat ihnen gieiplifam, als unvermeidlichen und notliwepdigen Uebeln, das Bürgerrecht gemattet, man kennt fie gar nicht als trifte, londern nur von Sexten der Krank- lieiten, die fie erregen, rhan vergiftet und Avird -vergiftet, und treibt diefen fürchterlichen Taufchhandel täglich und ilündlich, ohne dafs ein Menfch dabey weifs oder denkt, was er thut. Die pliyfifclien Gifte find, wie fichs gehört, dein Polizeygefetze unterworfen, der Staat forgt für ihre Verwalufung und ,Einfchränkung, und man betrachtet und behandelt den, der fie einem aiiidern wif-fentlich beybringt, als einen Verbrecher; xim die contagiöfen hingegen bekümmert ficli keine Polizey, kein Gefetz, Tie wü-then ungeftöhrt unter *ins fort, der Mann vergiftet die Frau, de?r Sohn den Vater, und kein Menfch fragt darnach. — Die phyßfchen Gifte endlich fchaden doch nur dem Individuum, das fie ficli beybringt, hingegen die contagiöfen befitzen die befondere Kraft, fich in jedem lebenden Wefen zu reproduzieren und ins Unendliche zu erzeugen, fie fchaden alfo nicht blos dem Vergifteten, fondern machen ihn nun wieder ?;u einer neuen Giftquelle, wodurch ganze Orte \und Gegenden vergiftet werden können. Ich könnte hier die traurigftwi Bey-fpiele anführen, vonMenfchen, dieblos durch ünwiflenheit auf folche Weife vergiftet wurden, von andern, die andere, oft: ihre nächften Freunde, vergifteten, blos vsreil fie diefe Arten der Gifte und ihrer Mittheilung nicht kannten. Ich halte diele Kenn tnifs für fo noth wendig und für noch fo fehr im Publicum mangelnd, dafs ich mit Vergnügen diefe Gelegenlitüt ergreife, etwas ünterrich-tendes darubei: zu fagen. Contagiöfe Gifte heifsen diejenigen, die (ich nie anders als in einem lebenden thierifchon Körper erzeugen und die Kraft befilzen, wenn'fie einem andern mitgetheilt werden, fich'in dem-felben zu reproduzirenund die nehra-liche Verderb nil's und Krankheit hervorzubringen , die der erfte hatte. Jede ThierIdaffe hat ilire eignen, die auf an- dere nicht ^Tirken. So hat das Men-fchengel'chlecht die feinigen, welche den Thieren nichts anhaben, z. E. das venerifche Gift, das Pochengift etc., die^ Thiere hingegen die ihrigen, die nicht auf den Menfchen wirken, z. E. das Horiwiehjeuchen^ift, das Rozgift bey Pferden. Nvu- eins ift mir bekannt, was Xhieren und Menfchen eigen ift, das Wuthgift: . Mau nennt fie auch Anfte-ckungsgifte, Contagien, Miastiien. Ein fehr merkwürdigerUnterfchied unter ihnen ift der-, dafs lieh inančhe nie wieder von neuen, ohne äulTere Anfte-cküng, erzeugen, wie z. E. das veileri-fche Giftj das Blattergift, das Mafern-gift, dasPeftgift, das^Ausfatzgift, andere hingegen können immer noch von neuen, ohne Anfteckung, blos durch gewifle im thierilchen Körper entftehen-de Veränderungen und VerderbnilTe her-voi-gfebracht werden , z. B. das Kräzgift, das Fäulnifsgift, das Schwind fuchtsgift u. f. Vf. Man hat daher fchon oft ge- fragt: wie wohl die Gifte der erftern KläfTe entftandeu feyn mögen? und es ilt fcliwelir diefe Frage zu beant\voj.-ten; indefs erlaubt uns die Analogie der lez-^ O tern KlafTe anzunehmen, dafs fie auch zuerft im menfchlichen Körper erzeugt worden find, aber durch eine fo feltne Konkurrenz innrer und äufsrer Umftän-de, dafs Jahrtaufende dazu gehören, ehe fo etwas wieder möglich ift. Es folgt aber auch hiei-aUS, dafs diefe Gifte, da fie immer, um fortzudauern, in einem lebenden Körper reproduzirt werden niüflen, auch wieder aufhören können, fobald ihnen durch Zufall oder dürcli abfichtliche Anflalten diefe Gelegenheit benommen wird, fich wieder zu erzeu-» gen (ein tröftlicher Gedanke, auf dem die Ausrottung oder wenigftens Verwei-fung derfelben aus manchen Gegenden; beruht, und von deflen Wahrheit uns einige folche Gifte überzeugen, welche fonft fehr gewöhnlich unter uns waren, aber jezt durch weife Anftalten unter den cultivirtea Nationen ausgerottet find, z. E. dasTeftgift, das Ausfatzgift). Aber eben fo gegründet ift auch die Folge , dafs durch eine neue Konkurrenz , ungewöhnlicher Uniftände undVerderb-nifle im thierifchen Körper, auch noch ganz neue Gifte der Art hervorgebracht werden können, von denen die Welt bisher nichts wufste. Es gehört aber zur Wirkung aller diefer Giftarten nicht blos (wie bey andern) die Miltheilung oder Anfteckung von. auffen, fondern auch eine gewiß e Difpofition oder Empfänglichkeit des Körpers, fie aufzunehmen. Daher das merkwürdige Phänomen, dafs manche Menfchen fehr leicht, manche fehr fchwehr, manche gar niciat vergiftet werden können, ja daß3 manche diefer Gifte nur einmal auf uns wirken können* weil durch eine Vergiftung die ganze fernere Empfänglichkeit dafür auf immer aufgehoben wird, wie wir folches.bey dem Blattern- und Mafern-gift wahrnehme». Dife Mittlieilung feroft kanu zwar fcheinbav auf leiir niannigfaitige Ai t ge-fclieheii,. aber iuiaiev reduzirt lie llch auf den einfaeiien CJruiidfatz: Es gehört durchaus umnittelbare Beriilnuitg des Gifts fclhft datcu, wenn es'fuh.rnitlheilen folL Nur iTiufs niäu dief^ recht verfte-lieü. Diele unmittelbare Berührung des Gifts kann fowohl an dem Körper, des Kränken, als auch an einem andern Körper gefchehen, mit dem fich -das Gift verbunden oder an dem es fich angehängt hat, z. E. abgefonderte Theile des Kranken, Ausleerungs'fafle, Kleidung, Me übles u. dgl. Nur äufferft weaige Gifte diefer .Art haben die Eigenfchaft, fich auch in der; Luft aufzulöfen, z. E. das Blattergift, Maferngift, Faulfiebergift, aber diefe Luflauflörung bleibt nur in der Nähe des Kranken giftig, oder, mit andern Wctrten, nur die nahe Atmosphäre des Kranken ift anfleckend. Wird fie aber durch melir zudringende Luft vetmifcht rand verdünnt, fo geht es ihr wie jeder Giftauüöi'ung, (z. E. Sublimat) mat) fie hört am Ende auf giftig zu wirken, d.h. in die Eutferiiuug kann das Gift durch Luft nicht fortgetrage« werden. Meine Abficht ift hier vorzüglich, das nichtmedizinifche Publikum in den Stand zu fetzen, diefe Gifte zu vermeiden , oder doch (was gewifs jedem gutdenkenden nicht gleichgültig ieyn-kann) fie, wenn man vergiftet ift, wenigftens nicht andern mitzutheilen. Ich werde daher zuei-ft einige allgemeine Regeln angeben, wie ma ii lieh vor Anfteckung überhaupt Ii ehern kann, und denn die, bey uns am haufigften vorkommenden Gifte der Art einzeln durchgehen, und ihre Erkenntnifs mid Verhütung be-ftimmen. Die befl^en Mittel, wodurch fich der Menfch überhaupt für Anlteckungeu von jeder Art fchützen kann, beftehea in folgenden laegeln: \ 1, Man beobachte die gröfste Piein-liclikeit, denn durch die äulTere Oberfläche werden uns die meiflen Gifte die-f'er Art niitgetheilt, und es ift erwiefeu, dafs fchon wirklich jnitgetheilte Gifte durchReinigungen wieder entfernt werden konnten, ehe lie noch uns wirklich eigen wurden. Ich rechne dahin, das öftre Wafchen, Baden, Ausfpülen des Mundes, Kämmen, den öftern Wechfel der Wäfche, Kleider, Betten. k 2. Man forge für reine Luft im Zimmer, für öftern Genufs der freyen Luft» und mache fich fleifsig körperliche Bewegung. Dadurch erhält man die Aus-dünftung und die Lebenskraft der Haut, und je thätiger diefe ift, defto weniger hat man von äufsrer Anfteckung zu furchten. 5. Man" erhalte guten _Muth und Heiterkeit der Seele.» Diefe Gemüths-ftimmung erhält am beften die gegen. wirkende Kraft des Körpers, freye Aus-« diiliftiing und den Trieli der Säfte nach auflen, wodurch gar felir die Aufnahme der Contagien gehindert wird. Diefe Hegel ift befonders bey herrfchendeii Faulhebergiften zu empfehlen, daher dann auch ein gut Glas Wein fo nüz;-lich ift. 4. Man vermeide alle nähere Berüh-/ rung mit Menfchen, die man nicht, auch von Seiten iJires Phyfifchen, ganz genau kennt; vorzüglich die Berülirung mit Theilen, die gar keine oder eine , äufferft feine Oberhaut haben, z. E. verwundete Stellen, Lippen, Bruft Warzen, Zeugungstheile, als wodurch die Ein-faugung am fchnellften gefcliehen kann. Aber auch die Berührung folcher Sub- ftanzen gehört hieher, die noch Theile oder Ausleerungen von Menfchen feit kurzen erhalten haben können, z. E. der eben von andern gebrauchten Trinkgläfer, Hemden, Unterkleider, Handlchulie, Tabakspfeifen, Secrete u. dergl. Ee s \ 5. Wenn anfteckende Krankheiten an einem Orte herrfclien, fo empfehle ich lehr die Regel, nie nüohtern auszugehen, weil man nüchtern am leichte-ften von ,anfl'en eiiifaugt, fondern immer er ft etwas zu geriiefl'en, auch, wenn .man es gewohnt ift, vorher eine Pfeife Tabak zu rauchen. ( * Nun zur Betrachtung der bey uns vorkommenden einzelnen Anßeckungs'' I. Das venerifche GiftTraurig ift dasLoos der neuern Zeiten, in denen dief'es Gift erft bekannt utid verbreitet worden ift, und traurig das Gefühl, was den Menfchenfreund bey Betrachtung delTelben und feiner Fortfchritte befällt! Was find alle, auch die tödlichften Gifte, in Abßcht aiif die Menfchheit im Ganzen, gegen das vfenerifclie? Diefs allein vergiftet die Quellen des Lebens felbfl:, verbittert den füfseften Genufs der Liebe, töd- tet und verdirbt 'die Menfclienfaat fclipn im Werden und wirkt alfo ^ 'f • felbft auf die künftige Generation, fchleicht ficli felbft in die Zirkel fl iiier häusliclier Glückfeligkeit ein, trennt Kinder von Eltern, Gatten von Galten, und löfet die heiligften Bande der Menfchheit. Dazu kommt nocli, dafs «s zu den fclileiclienden Giften gehört, , und ficli gar nicht immer gleich durch heftige und Aufmerkfamkeit erregende Zufälle verräth. Man kann fdion völlig vergiftet feyn, ohne es felbft zu wifTen, woher die üble Folge entfteht, dafs man es gewöhnlich erft i-echt allgemein und tief einwurzeln läfsfc, ehe man die nöthigen Mittel dagegen anwendet, und auch wohl noch andere vergiftet, ohne es zu wollen oder zu AvifTen. Eben deswegen kann man auch oft nicht einmal ganz gewifs feyn, ob man völlig liergeftellt ift oder nicht, und mufs oft l'ein ganzes L^en in diefer tödlichen Ungewifsheit zubringen. Und ift es deiua zu feiner ganzen Höhe gelangt. ■ ■ vv, welche abfcheuliclic Zerflöhrungen richtet es im nienfcb lichen Körper an 1 Die fcheuslichflen Gefchwühre bedecken den ' ' ganzen Körper, die Knochen werden zernagt, ganze Theile ßerben ab, Nafon-und Gaumenknochen gehen verloren, und mit ihnen Wohlgeftalt und Sprache; die peinlichften Schmerzen im innern •Mark der Knochen foltern den Unglücklichen, befonders des Nachts, und verwandeln die Zeit der Ruhe in die quaal-volllle Tortur. Genug, das venerifche Gift vereint alles,, -vy^is nur ein Gift peinliches, ekel' haftes, langwieriges mid füxchterliches haben kann, und mit diefem Gifte trei-^ ben wir Scherz, belegen es mit dem artigen gefälligen Namen der Galanteriekrankheiten, tändeln damit, wie mit JIu%n und Schnupfen, und verfäumen fögar, lowohl im Ganzen als im Einzelnen, die fcliicklichen^ülfsmittel zur rechten Zeit dagegen , anzuwenden? Niemand denkt daran, den unauiliörli- chen Fortfcliritten dieter fcHleicliendeii' PeJft Einhält zu tliun, und mein Herz blutet mir, wenn icli fehe, wie dasXonft fo blühende und robufte Landvolk, der eigentliche Kern für die Erhaltung einer ^kräftigen Menfchheit, auch in unl'ern ■ Gegenden, wo es bisher noch den Namen dieles Giftes nicht kannte, fchon anfängt, duixh die Mittheilung der Städte davon angegriffen zu werden; wen*n ich Städte fehe, wo es noch vor 20 Jahren eine Seltexaheit war, und jezt fchon allgemein geworden ifi, und andere, von denen es erwiefen ift, dafs zwey Drittheil der Einwohner venerifch lind; — wenn ich in die Zukunft blicke, und bey fernerer ungeflöhrten Fortwir-kurig des Gifts es unvermeidlich finde, dafs nicht zulezt alles, auch die ehrbar-fteii Familien (durch Kindermägde, Ammen etc.), davon angefteckt werden, — wenn ich die traurigften Beyfpiele vor ' mir fehe (wie ich deren noch ganz kürzlich-erlebt habe), wie die littlichlten, ehrbarflen und ordentlicliftenMenfchen, ~ öline AusfchAveifiing und olme es zü wilTen, davon angefteckt, und felbft dife Hütten derUnfchuld, olineVerrdiuldenj davon lieimgefucht werden können ! Es ift die liöclilte Zeit, diefem urai ficli greifenden Verderben Einhalt zu thun, und ich fehe dazu kein ander Mittel, als Soi'gfalt für mehrere Sittlichkeit (beibnders der liöhern Stände), eine gute Gefundlieitspolizey und allgemeinere Aufklärung des Volks über die Natur des Gifts, feine Gefahren und be-fonders feine Erkenntnifs- und Verhü-tungsmiltel. Das erftere niülTen w ir weifen Obrigkeiten überlalTen (denen diefer Gegenftand gewifs nicht länger 'mehr gleichgültig leyn wii'd); das lez-tere will ich durch gegenwärtigen Unterricht zu bewirken fachen. Zuerft die Erkenntnifs^ittel' der Vergiftung: 1. Wenn man kürzlich eine ander© Perfoji, oder eine Sache, die animalifche Theile entlialten Icann, genau berührt hat, und zwar mit zarten, wenig oder keine Oberixaut liabenden l'heileil. 2. Wenn man nun längere oder kürzere Zeit darnach (gewöhnlich, binnen 4 Wochen), an dierem Orte eines oder mehrere von folgenden Uebeln bemerkt: Kleine Gefellwühre, die aber fpeckigt ausfeilen und nicht heilen wollen, oder Warzen und kleine Fleifch-auswüclife, oder Entzündung, oder ein AusfluCs von Schleim (wenn es ein Schleim abfondernder Theil ift), auch AnCchweilungen, Schmerzen und \ex zu einer allgemeinen Höflichkeitsbezeugung zu machen, und fchrecklich ift niirs, Avenn ich fehe, wie artige ICinder auf den Strafsen -von jedem Vorübergehenden geherzt Averdeo. Diefs folltc man durchaus nicht geftatten. , v, . 5. Man fchlafe bey niemanden, den man nicjit genau kennt. ^ , , 4. Man ziehe kein Hemd, kein Unterkleid an, bediene fich keines Betts, das kurz vorher eine andre Perfon gebraucht hat, die man nicht genau kennt. Daher mufs man iii Gafthöfen entweder unter feinen Augen die Betten -weifs üTjerzielien laffen;; oder fich ganz ange-iogen nur aben darauf legen. 5. Man nehme nichts in den Mund, was kurz voi-her ein andrer im Munde hatte, z. E. Tabakspfeifen, Blafeinftru-mente; auch Trinkgefchirre, LöiFel u. f. w. gehören dazu. *) 6. Man vermeide auf Abtritten forg-faltig die Berührung der Gegend mit den Zeugungstheilen, wo vielleicht kurz zuvor ein andrer vergifteter fäfs. Eben fo viel Vorficht ift bey dem Gebrauch piablikei" KlyftierrÖhren, und andrer InItrumente nöthig. 7. Sehr wichtig und grofser Auf-oierkfamkeit Werth ift die Mittheilung Man follte nie fclion .gebrauclita Tabakspfeifen in den Mitnd jielimeK, befonders an Orten , wo ' das veneiifche Uebel häufig ifl. Noch vor kurzem hatte ich üble venerifche Gefchwühre in den« Munde zii behandeln, die bloi von «inw folcl^en Tabakspfeife.entftaaden war«a. durch die Erüfte, Eine venerifclieAmnie kann das. Kind, und eben fo ein veneri-fches Kind die Amme vergiften. Wie forgfällig follte alfo jede Amme, vorzüglich in grofsen Städten., erft unterfucht werden. Stoll fand einft von vierzig, die fich zu einem Ammendienft angeboten hatten, nur «nf unverdächtig und ficher. ■— Aber auch die Weiber, die man zum Ausfaugen der Milch an njan-ohen Orlen braucht, find nicht gleicla-giiltig. Sind lie venerifch, fo können fie diefs Gift der, welche fie ausfaugen, mittheilen, und man hat Beyfpiele, dafs eine folche Eerfon eine Menge recht-fchafFne Mütter infizirt hat. 8. Bey allen Gefchäften des Accou-chements ift grofse Vorficht nötliig, nicht allein für den Accoucheur, der, wenn er eine kleine Wunde an den Händen hat, fehr leicht von einer veneri-fchen Geb'älirerin angefteckt werden kann, fondern auch für die Gebährende, denn auch lie kann bey diefem Gefghäft infizirt wei-deii, wenn die Hebannne vencrii'clie Gefcliwiilire an den Händen hat. 2. Das 'Blattern- und Maferngiß. Beyde (jifte zeiclinen fiGÜ dadurch aus, dafs fie allemal eine fieberlialie Krankheit und einenHautausfchlag, jene von eiternden Pufteln und diefe von kleinen rothen Flecken, erregen, und nur eimnal in dem nehnilichen Subject als Gift wirken können. Man kann diefe Gifte felu: gut vermeiden, wenn man die Berührung des Gifts vermeidet, alfo entweder die Berührung des Kranken Tind-feiner abge-fonderten Theile, oder lolcher Dinge, die er angerührt hatte, oder feiner nahen Atmosphäre. Denn, dafs das Blattergift in die Entfemr^ng durch Luft fortgetragen werden und anftecken könne , find längft widerlegte Fabeln. — Es ift folglich unwiderleglich gewifs, dafs beyde Krankheiten nicht den Menfchen notliwendig find, dafs man fie rermei-den, und, wenn diefs allgemein ge-fcliielit, völlig ausrotten kann, (was auch fclion einzelne Länder ausgrefülirt p haben). Da aber zu diefer allgemeinen Wohlthat, Ib lange man noch nicht, allgemein davon überzeugt ift uiid felbft Aerzte noch hie und da dagegen find, noch keine Hofnung iR , fo bleibt uns nichts anders übrig, als das Gift; was Avir nun leider, unter den jetzigen Üni-ßänden, als ein nothwendiges Uebel betrachten müffen, mögliclift milde und unfch'adlich zu machen, und dazu giebt es, nach allen Erfarungen, Icein anderes Mittel, als die künftliche Mittheiliing, die Inoculation. 3» Daš Kräzgift, Ich verftehe darunter den Stoff, der fich von einem Kräzigen auf den Gefunden fortpflanzen und ihm die Kräze mittheilen kann; ob er belebt oder unbelebt fey, ift liier nicht der Ort zu ent-fcheideii, thut aiicli nichts zur Sache. Diefes Gift theilt fich nur durch wii. mittelbare und zwar genaue B^rührungj nie durch die Atiuosphäre, mit. Mail kann es alfo fehir leiclit. vermeideiij wenu man die Berülirung kräzi&er Pew fönen, oder foJcher Dinge, die fie an fidi getragen habeii, vermeidet. Haupt] achlich aber kann die giölste Reinlicli-keit in Kleidung und Luft, und öfteres Watchen und Baden diele Krankheit verhüten, daher man fie bey reinlichen Menfchen und vornehmern Ständen weit Idliier findelj. Ift man aber genö-' thigt, mit folchen Patienten zu leben,' und alfo nicht ganz fichei'' die Beruh-'' rung zu vermeideri', fo empfehle ic1i( öfteres Wafchen der Hände und des Gefichts mit WalTer, worinnisn in ii' Pfund 2 Loth Kochfalz und | Loth Salpeter aufgelöfet wordeii, als ein fehit: kräftiges Präfervativmittel. Das Faulfiebei-gift, Es kann (ich bey jedem Faulfieber, M''ehn es' heftig wird, erzeugen, und fich ^ dann dann nicht blos durchs Bei-iiiiren, fondern auch durch die nahe Atmosphäre des Kranken miltheilen. Man vermeide daher die Annäherung folcher Kranken, wenn man kann. Iffc das aber nicht möglich, Ib beobachte man folgendes. Man verfchlucke den Speichel nicht, fo lange man bey dem Kranken ift, man fielle fich nicht fo, dafs man den Athem delTelben auffängt, man berühre iha nicht, man gehe nicht in Pelzen oder dicken wollnen Kleidern zu ihm (weil dartnn das Anfteckungsgift am meiften haftet), man wechfele die Kleidung, wafche, fpüle fich den Mund aus, fo-tald man von dem Kranken kommt, auch ift es fehr zuträglich, fo lange man da ift, immer einen Schwamm mitWein-elfig vor Mund undNafe z.u halten, oder Tabak zu rauchen. Diefes Gift wird aber melftentheil« crft durch Unwiffenheit und Vorurtheil der Menfchen erzeugt, und man kann aus jedem einfachen Fieber ein fauÜie- F£ k ber machen, wovon ich hier zur Warnung noch etwas lagen niufs. Am ge-wöhulichften und gemffeften gefchiekt diel's, wenn man recht viele Kranke zut faniruenlegt (daher in Lazarethen, Ge^-fängniflen \ajid Schiffen werden die mi-bedeutendften Fieber leicht Faullieber), wenn man die Luft im Krankenzimmer nicht erneuert, wenn man den Kranken recht in Federbetten einfcharrt und das Zimmer recht heizt, wenn man ihn gleich, vom Anfang an Kraftbrühen, Wein, Branntwein, Fleiich zu genief« fert giebt, wenn man den Kranken nicht umkleidet und reinlich hält, und weniv man die; innertt Reinigungsmittel oder die baldiges HüUe eines vernünftigen Arztes verfäumt* Durch alles diefs kann ein jedes Fieber au einem Faulfieber gemacht werden, oder, welches eben das üt^ das Fäulnifsgift in einer Kvankenftube erzeugt werden, womit alsdenn ^ft ganze Slädte vergiftet wer-, den. 5. Das Wuthgift. Diefs erzeugt fich bey Menfchen und Thiereii, welche die Wuth oder Wan'erfcheae liaberi^ Es ilt vorzüglich dem Speichel beygemifcht j und kann nie durch die Lüft, nicht einmal dtürch blofse Berührung üiitgetheilt werden, fonderri es gehört immet dazu, dafs es entweder in eine Wünde (z. E« beyrtl Bifs) oder auf Theile mit fehf zarter Epidermis (z. K Lippen j Genitalien), gebracht Vi^erde. Man kanii es daher di^rch Vermeidung diefer Applicätionen fehf gut vermeideil. Vorzüglich aber find drey Regelt! dabey zu empfehleUi Mau halte kfeiile unnützen Hunde, deui!, jö mehr defeil exiftiteUj defto häufiget kann diefes Gift erzeugt Werdet^ Man gebe ihnen immer genug zu trinken, lalle fic den Gefchlechtslrieb befriedigen, und nicht zu Ichnell aus Hitze in Kalte oder umgekehrt fich begeben^ Man be^» obachte und feparire jeden Hund vvohl, der mit einemmale anfängt nicht zu fau-fen, ein ganz ungewöhnliches ßelrageli Ff a anzuneliiilen, Telnen Hettn iiiclit zu kennen, heifer zu bellen, und man gehe jedem, der verdächtig ausfitht, av^s dei^ Wege. *) ,, Die Wirkung diefes furchtbaren Gifts ift, dafs man nach längerer oder kürzerer Zeit auch die Wuth und Waf-iferfcheu bekommt, und daran unter den fchrecklichften Coavulfionen ftirbt. Es ift daher ein grofses Glück, dafs mau durch häufige Erfarungen die Entdie-ckung gemacht hat, dafs diefes Gift, wenn es auch fchon durch einen Bifs mitgetheilt ili, dennoch lauge in der Stelle der Mittheilung liegen bleiben kann, ehe ea eingefaugt und fo dem ganzen Körper mitgetheilt wird. IV'ian kann fich alfo felbft nach der Vergiftung davon befreyen, und die WialTerfcheu Die auffallendßen Kennzeichen eines tollen Hundt fihd : Er läfst Oliien und Schwanz hängen, hat triefende Augen und läuft gerade vor fich liin «nit gefenltem Haupte.. Man findet eine fehr UefFende Abbildung in Hahnemanitf Freund der Gesundheit, i. Stiieh zuverlaflig verhüten, wenn man nur folgende Mittel T^rauclit: die Wunde rinlfs gleich mit Salzwaffeir ausgewa^ I'chen, fodann gefchröpft, und das Ein-» fchneiden imd Ausfaugen fo oft wiederholt werden, bis gar kein Blut mehr Ixerauskommt. Hierauf wird fie mit dorn glühenden Eilen oder Schiefspulver ausgebrennt, und dann 7 bis 8 Wochen in Itavker Eiterung erhalten. Innerlich wird die Belladonna, als das bewährte-fie Mittel, genommen, wozu aber der llalh eines Arztes nöthig ift, 6- Einige, mehr zufällige Gifte, Es giebt noch einige Anfteckungs-gifte, die nicht allemal, fondern nur ^unter gewiffen Umftänden, bey manchen Krankheiten entftehen. Diefe Kranklieiten find; der Scorbut, der Krebs, das Scharlachfieber, der Kopfgrind, die Ruhr, die Lungenfucht, di© Gicht, der heberhafte Friefel, Diefe ■KrankheiLeii find keineswegs immer an-iteckend, aber fie können es werden wenn fie einen Tjolien Grad von Bössar-tigkeit erreiclien, oder ein fdulichler Zu-ftanci (ich damit verbindet, Und denn ift alfo immer Vorlicht zu empfehlen, und wenigftens der genaue Unignng mit folchen Kranken d. h» Zufammemvohnen, Zufanmienfclilafen, das Tragen Uxrer Kleider u. dgl. zu vermeiden. -vf J XII. ■ Das Alter — Frühzeitige Inoculation deJTelben. I^as unvermeidliclifte aller Lebensver-küvzungsmittel! Jener fclileicliende Dieb, wie es Shakes-pear nennt, jene unvermeidliche Folge des Lebens felbft. Penn durch den Lebensprozefs felbft rriüflen nach und nach unfre Fafern trockner und unbrauchbarer, die Säfte fciiärfer und weniger, die Gefäfse ver-fchrumpft, und die Organe unbrauchbarer werden, und die Erde endlich überiiaud nehmen, welche unler iicher-ftes DeRrtrcliomniiltel ift. Al[o ganz verhiitet kann es nicht werden. Die Frage ift nur: Sieht es nicliL iu unfrer Gewalt, es frülier oder 4515 ^ ) r.vi'M fpater liertey «u rufen? IThd diefs ill denn leider nur zu gewifs. Die neuei Iten Zeiten liefern uns erftaunliche Bey-fpiele von der Möglichkeit j das Alter fmhzeitig zu bewirken, und iiberllaupt die Perioden des Lebens weit fchneiler auf einander folgen zu lallen. Wir fe-hen jezt (in grofsen Städten befonders) Menfdien, welche im 8ten Jahre mannbar find, im iCien ohngefahr den höcli-fien Punct ihrer niöglichften Vollkommenheit erreicht haben, im soften fchon mit allen den Schwächlichkeiten kämpfen, die ein Beweifs find, dafe es wi^ der Bergein geht, und im soften das vollkonimne Bild eines abgelebten Greifes darfl eilen, Runzeln, Trockenheit und Steifigkeit der Gelenke, Krümmung des Rückgrads, Mangel an Selikraft und Gedäclitnifs, graue Haare und zitternde Stimme. Ich habe wirklicli einen fol-chen künftlichen Alten, der noch nidit 40 J ahre alt war, fecir 11, nn d n i cht ■ n i tr die Haare ganz gTau, fondern auch die Rippenknorpel, die fonfi: nur im hoch- ften Altet' knöchern werden., ganz verknöchert gefunden. I Man kann alfo wirklich die Bc-Ichleunigung der Entwicldungsperioden und des Alters, die im heifsen Clinia natürlich gefchieht, auch in unferjn Clim^ durch die Kunft iiaclimacheu, s Hier alfo ein Paar Worte von der Kunft fich das Alter in der Jugend zu inoculiren. Es kommt alles blos darauf an, ' die Lebenskräfte und Säfte recht bald los zu werden, und den Faferw bald möglich^ den Grad von Härte, Steifigkeit und Unbieglämkeit zu vere fchafFen, der das Alter karacterifirt Die zuverläffigften Mittel, diefg aufs vollkommenfte zu en-eichen, find folgende. Es iß: oft fehr gut, folche Vor-fchriften zuwiflen, um das Gegentheil deflo eher thun zu können. Und fo enthalten fie zugleich das Il€ze|)t »vl einer recht lange daurenden Jugend. Man braucht fich nui,- in allen Stücken ganz pntgegeugefezt zu betragen. Alfo . 1. Man fuclie die Mannbarkeit durch alle phylifche nnd moralilche JCünIteleyen bald möglichft zu (entwickeln, und verschwende die Zeugungskräfte fo ptofus als möglich. . 2, Man fange, recht frühzeitig an, fich die ftärkften Strapazen zuzuinuthen^ JForqirte Courievritte von mehrern Tagen, anhaltendes Tanzen, durchwachte Niichte und Abkürzung allejrlluhe werden dazu die beften Uienfte thun. Man erreicht dadvirch eine doppelte Abfjcht, einmal die Lebensla-äfle recht fehnell zu erfchöpfen, und dann die Fafeni recht "bald hart und fpröde zu machen. 5. Man trinke recht fleifig Wein mid. Liqueurs, Eins der Hauptmittel um den ICÖTppr auszutrocjenen und ;5Ut fanimen m runzeln, 4. Alle Arten von heftigen Leiden» fcliaften werden eben die Wirkung than, und die Kraft der lützigen Ge» tränke yerftärken, 5, Hauptfächlich GlndKuniiner, Sor» jgen und Furcjit aunerordeniliph ge» fchickt» den Karacter des Alters recht bald herbey zxx führen, Man hat Bey.. fpiele, dafs Menfčhen in einer Tracht, welche fie unter dem hpchltenGrad yon Furcht und Seelenangft zugebracht hatten, graue Haare bekonijliea hatten, 'rrr. Nun fpllte man freylich glauben, ps gehörten auch \virklichfc Veranlairiingen da^u, folche AfFecten rege zu machen; abier es giebt Menfchen, welche die Kunft meifterhaft verftehen, wenn ihnen dasSchiokfal keinen Kvimrner macht, ficli felblt welchen «n machen, alles in ßinem dunkeln i-icht zu felitn, jeidefl? Menfchen etwas Uebels zuzutrauen, nnd ill jeder unbedeutenden Begebenheit reichen Stoff zu Sorgen und AengfÜich» keit zu finden, I 6. Und zulezt geliört hieher dns zu weit getriebene oder wenigfieiac. falfch verflandene Syftem der Abliärtung durch Kälte, häufige kalte und lange fortgefezte Bäder in EiswafTer u. £ w. Es kami nichts gelchickter leyn, den Karacter des Alters zu bewirken, als eben diefs. Aber nicht genug, dafs man jezt fclion in einer Zeit zum Aker. gelaugt, wo unfre Vorfahren noch Jünglinge waren, man ift leider noch weiter gekommen. Man hat ibgar die Kauft erfunden , die Kinder fchon als Greifse auf die Welt kommen zu lalTen. Ich habe einigemal folche Ei'fcheinungen gefe-lien; runzelicht, mit den markirteften Geficfitszügen des Alters treten fie auf den Schauplatz diefer Welt, und nach Paar Wochen, die fie untei" Wim-ineni vuid Elend zugebracht haben, fce-icliliefsen fie ihr Greifsenleben, odev vielmehr fie fingen es mit dem Befehl als an. Ich ziehe den Vorhang über diefe fchrecklichen Producte der ausfchwei' fenden Lebensart der Eltern, die mir gerade fo vorkommen, als die Sünden der Eltern perfonifizirt. rS I I IL Abfclmitt. Veirlaiigeniiigsmittel des Lebens. 1. Gute fhyfifche Herkunfti ^^enii wk auf die Gtundlagen zutürk« bUckeri^ auf deüeii langes Lebeil bei uht^ üiid aüf die Eigenfciiafterl, welche dazu gehöi-eii ^ fo feheii wif leicht ein, dafs eS dabey vorzüglich darauf ankotimien intifs, äuö Wekher MafTe \vif formirt -WTlfdeil j Welcher Aillheil . voll Lebenskraft, uris gleich bey der ßittitehung zii Theii wurddj und ob da der Griuid zn einer dauerliaften öder fchwäclilichen Coiiflitution, zu einem gefunden oder kranken Bau der Lebensorgane gelegt wurde. Alles dieles hangt aUvöri dem Gefundlieitszufland Uiifrer Eltern, und von dem wichtigen Pmict der erften Gründung unfrer Exiftenz, und in die-feni Sinne von guter Geburt zu feyn, ift etwas, was man jedem Menicheh wün-fchen follte. Es gehört gewöhnlich zu den unerkannten aber grölsten "Wohl-thaten und ilt ein LebensverlängerüngS-mittel, was zwar nicht in unlrer Gewalt fleht uns zu geben, was wir aber im Stande und verpflichtet find, andern niitzutheilen. Es kommt hierbey auf drey Puncte an; auf den Gefmidheitszufiand der EI-tprn, den Augenblick der'Zeugung, und den Zeitraum der Sehwangerfcliaft 1. Der Gefundheitsxußand ^ der Lebensfond der Eltern. — Wiö wichtig dtefer ift, ficht man Ichon daraus, dals es ganze Familien gegeben hat, in denen das Altwerdeii ein Famllieuprivilegium war, z. B. die Familie des oben erwähnten Parrs ^ in welclier nicht nur der ajjs^ gezeichnete, Ibndern auch fein Valir und leine Kinder ein ungewöhnliches Alter erreichten. In dem hohen Alter der Eltern liegt ein wichtiger Grund, es aacli zu erreichen. Schon diel's Ipllte ein kräftiges Motiv leyn, für jeden, der ein ft Kinder zeugen will, feine Lehens-krafle möglichft zu fclionen und zu coii-ferviren. Wir find ja der Abdruck unf-rer Eltern, nicht blos in Abficht auf die allgemeine Form imd Textur, fondeim auch in Rückficht befondrer Schwächen und Fehler einzelner. Eingewryde. Selbft Anlagen zu Krankheiten, die ihren Grund in der Bildung und Conftitution haben, können dadurch mitgetheilt weiden, z. B. Gicht, SteinbefchWehrden, Schwindfucht, Hämorrhoiden. Insbe-fondre hat mich häufige Erfarung überzeugt, dafs grofse Schwächung der Zeugungskräfte durch venerifche Debauchen (vielleicht felbft ein. modifiziites venerifches Gift) den Kindern eine eigen- ^eritliümliGlie Schwäche des tDrüfeii- und lymphatifcheri Syfteins mittheilt, -vrelclie dann in die rogeiiahhteri Sktbfelri ausartet, und Verariläflüng giebti dafs diefe Kfatikheit oft fchon in den erften Mbna-teit des Lebehs , Ja feibit bey det Geburt fdhou fetfclieint. — Auch ift ein zu junges bder zu hohes Lebensalter derElterni der Lebehsi'äi3ge und Stärke der Kinder hachtheilig. i.> lief Augenblick iäer Zeiigüng. — Tiel VvichtigerŠ als man gewöhBÜch ^glaubt^ und für das gaiize Leben eines Oefdhö'pfs ehtlclleidend: Soivöhl auf das Mbi:a:iiföhe des künftigen Merifchen, t^vbrüber ich auf Freund Triftrams Wariduhvgefcllichte vei-vs-^eife) als auch auf das Phyfifche, hat diefei: Aügehblick . gfe\i'ifs deii gröfsiei» Eifaflufš; Hier wird "der^rfle Keim des künftigen Wefenö ^e-AVe^cktj die erfte belebende Kraft ihm nütgeiheilt. Wie fehr mufs hier diei ■Vdllkoninlehheit öder Ünvollkdhiiheh- helt des Pröducts durch die iuehrer« ........ oder wörilgere Kraft, deii voll kom riinen oder unvollkommneri, gefunden oder kränklichen Zuftaiid der wirkenden Ur-facheri beftimmt werden? Wäre es nicht zu wünfchen^ dafs Eltern diefer Beiner^ kling einige Aüfinerkfamkeit. widnieLen; utid nie vei-gai'seil, dals diefer Augenblick von der liöcliflen Wichtigkeit, und der Moment einer Schöpfung fey, und dafs nicht ohne Urfache die Natur die höchfte Exaltation unfers ganzen Wefens damit verbunden habe? So fchwehr es ift, hierüber Erfaruiigsrätze zu fdininT-len, fo find mir doch einige,ganz uur leugbaie Beyfpiele bekannt, Sto Kinderj die iii dtem Zeitpmict der Trunkenheit erzeugt wutden, Zeitlebens llapid und blödfinnig blieben. Was nun das Ex-» trem im hohen Grade bewirken kana, das können die Miltelftufeii im gerin-gerh thun,. und warum follte man nrin nicht atinehmen können, daffe ein Wielen, in dem Zeitpunct ütbler Laune, oder einer körperiicheii Indil'poihioii oder fori ft einer Nervenverßimiliung ieržetigt; Zeitlebens eiliige kleirie Flecken davon • an fich ttagen kann? Dalxet der ge-•vvölihlich I'o anfFallende Voi-zug der Kinder der Liebe für den Kindern der Pflicht. Ich iblite daher glauben^ es fey fehr wiclitig, auch im Eheftand diefeni Mo-inent iiiimer nur einen folch&nZeilpunct zu widnie\i, wo das Gefölii gefammleter Kräfte, feuriger Liebe und eines frohen forgenfreyen Gemüths von beyden Seiten dazu, aufruft (ein neuer Grund gegen den zu häufigen öder erzSvungeneii öder mechanifch-pflichtniäfigen Genufi der ehelichen Liebe); 5, D et- Zeitraum Her Scjavaiigeri fcJiafi. — Ohrieracht der Vater ohn-ftreiiig die erfte Quelle ift; aus tvelcher das künftige Wefen den erften Lebenshauch , die erite Ervveckuhg bekoinniti fo ill doch nicht zu leugnen, dafš die fernere Entwicklang, die MafTe und der lijehr materielle Antheil, blos von der Mutter herri||-!:. .,(||jPiefs iß der Acker,-^ 1#g 2 äüs welchem das Saameiikoriil'eine Säfte jSiehti und die künftige Konllitution, eigehtiiclie Gehalt des Gefchüpfs, Hiüfs haüptfäfclüicll deil Karacter des We-fens erhalten^ von dem es I'o lange einen Beftandtheil ausmachte i aus dfelTeu FleifcK. und Blut es wirklich züfarhmen-g6f«zt ift. Ferner nicht blos die Konllitution det Miitter, fondern auch alle Sndre vörtlieilliafte oder liachlheilige Eiiiwirkurigen während des Zeitraums der Schwaiigerfchäft, ihlineii von grofsem Einflufs auf die galize Bildving und das Leben des neuen Gel'diöpfs feyii. Diefs ifts nun auch i ^Vas die Erfarung Ifehrt. Der Gefundheitszuriaiid des Menfchen, die Diehrere oder wehigereFfcfligkeil der konftitution,- -richtet lieh haiiptlaehlifeh nach detii Zuftahd der Mutter, weit melir, als iiäch dem des Vaters. Vonjsi^ ilem ichitächlichen Vater kann inmier iioch ein ziemlich röhnlies Kind erzeugt weisen i wenn ftar die Mutter eiiien recht gelandeii iUid ^kiäi^en Körper / Jiat. Der StofF des Vaters wird in ihr. ' —^ gleichfani veredelt. Hingegen der ftärk--Xte Mann wird von einer kränklichem Lebensarmen Frz^u nie kräftige und ge-I'unde Kinder erhalten. ' Was nun femer die Befchützung des werdenden Geichöpfs für allen Ge» fahren und nachtheiligen Einwirkungen belrifFt, fo finden wir hier abermals einen Beweil's der göttlichften Weisheit bey der hier getrofFnen Einrichtving. PilJieracht der i^nigften Verhiiidung Zwilchen Mutter und Frucht, ohnevacht diefe wirklich fall ein Jahr l^ng ein Theil del leiben ill, und alle Nalirung und Säfte mit ihr theilt, fo ift fie dennoch nicht nur für n^echapifchen Verletzungen durch ihre Lage xind ihr Schwimmen im Wülfer gelichert, fondern auch für nioj^lifchen und Nerveneindrücken dadurch , dal's keine unmittelbare Ner-venverbindang zwifchen Mutter und K.iad ifl. Man hat fogar häufige Bey> fpiele, dafs die Mutter ftajrb und daß Kind blieb am Leben. — Selbft eine'ge-vviflelmniunitiit von KraTi1yichtigften and feinften Ausbildungen der Neryen-'Utld Seelenorgane, die Entwicklungen der B-eIpirationswerkz«üge, iVIi-fsl«^"" larbewegung, der Zahjie, der Knochen, der Spracliorgane und aller übrigen Tlieile, fowohl in Anficht der Form als Slructur, Man kann alio leicht abnehmen^ von welchem eyftauplichen Ein-jlufs auf die Vollkomn?enheit und Dauer des ganzen L.ebe^is es leyii mülTe, unter ■^velrj^eii Uniftäi^den dieler fortgefezte Bildungs- und Eiitwicklungsprozels ge-Ichieht, ob hindernde, ftö^^rende und Ichwächende, od^r befchleunigende ^in-llülTe ^arauf wirken. ZuverlalUg kann hier fchon der Grund zu einer langfa-inern oder gefcliwijider« Confuuition, zu einem mehr oder weniger (refahren ii\43ge,|"ezteu Körper gel^t werden. Alle Regeln und Beftimmupgfsn bey der phyfifcheii Behandlnng diel'er Perior de lalTen fich auf f^lg^nde Grundfätze reduziren. ' 1. Alle Organe, vo.rzü^lich die,, auf denen Gelundheit und Dauer de? phyfi« fchen fowq^il als geifligen Leb.ejis zu-nächft beruht, inünVu gehörig organi-fiitj geiibt,. vuid zu dem nioglichlten Grad von Vollkomirienheit gebracht werifen. Dahin rechne ich den Mogeit^ die Lunge, die Haut', das Herz und Ge-fnfsfyftetn:, aüch die Sinneswerkzeuge. Eüie gelüride Luhge gründet man am befteii durch teihe freye Luft, uiid in dei? Folge durch Sptechen; Öingenj Laufen. iEiii gefunder Magen durch gefitn-dei gut Verdatiiiche, nahthafte^ aber nicht zu ftarke, reizeüde bdeir gevt'üxztd Koft. iiiie gefunde Haut durch l\ein-iichkeiti Wai'chen, Badeii; reiiie Liiftj wfeder zu warliie nöch zu kahe l'eiiipe-tind in der Folge Bewegung, die Kraft des Herzens ühd der GeFäfse dbrcH alle die obigen Mittel, befonders ge-fun'de Nahluilgi tmd in der Folge kör-petličhe Bewegühg. Die füccellive Erit-\vicldüüg der ^iiyfifcheit lind geiftigeti Kräfte m ufs gehörig unterftuzt, uöd weder gehindert hoch žti fehr befördert -Sverdeh. Immer nnifs auf gleichförmige Vertheilulig der lebendigen Kräfte gefeheri werden, denn Harmonie und Ebehmaas der BeWegun- gen i ift diö Grundlage clei- iSetunclheit tmcl des Lebens. Hiex-zu dient im An-fniige djls Baden tuid die f'rfeye, Luft, in der Fölge körperliclie Bewegung. 5. Das KnihicheitsgefuM d. h. die fimpfäriclichlceit für Kraiilcheitsürfaclieii inufs äbgeliartet lind abgeUumpft werden, älfö das Gfefülil fur Kalle, Hitze lind iii der Fofeie fur kVfeine Ünördnuri-geri tiiid Strapäzeh. üadtirch erlangt' inan zweyerley Vbrtheil, die Lebeiis-donfüraüön wird, durcli die gen)äfsigf6' Lmpfjiidliclikeit gemindert j iind die ^(öhtuiiiT derfelberi diirclx Krärildleitefl •Vi'ird Tei-niUfcf. 4; Alle Ürfach eil üild jCieiiiie zu Kranldieiten im Korper felbl); müfFeli Entfernt tilid vermieden V/erden^ . z. Schleimanliäilfringen, Verfiöpftmgen des' Geüröfses; Erzeugüjlg voil: Sciiiii-fen;' Feillei-; die dnrdi änfTetlicheh Drtick lind Verletzungen, zu feftfe Binden, ün-reinlichkeit ete. entlteiien köiiiiteß-- 6. I-etjetskräft an ficll nlnfs ini-ixiei" gejiörig genährt und geiläi.kt. werden, jC^^azu das grüfste MiLiel, friichei reine Luft,) rfnd btifojiders iiiufs die Heilkraft der Natur gleich von Anfang an unterftüzt werden, weil fie das gröfs-te Mittel ift, \vas in uns felhft gelegt ■wurde, um Krankhpiisurfacheh Unwirfci fani zu machen. Diels gefcliielit liaupti fächlich. dadurch, dafs man den Kötper nicht gleich von Anfang an zu fehr än künflliche Hülfen gewöhnt, v.eil man fonlt die Natur fcj) verwöhnt, dafs fie ßcli immer auf fremde Hülfe verlÜfst, und am Ende ganz die Kraft verliert, lieh l'elblt zu helfen; , 6. Die ganze Operation des Lebens und der Lebensconfumlion niufs ton Anfang an iaicht in,zu grofse Thäligkeit gefezt, fondfcrn in einem IVlittelton er7 halten werden^ wodurch fürs ganze Leben der Ton zum laugfani und alio lange leben augege_bexi vveitien kann. Žfcir Erfüllung diefer Ideeii^dien^ foigeikle ^feiiafacUe Mittel i;»weiche nach meiner Einficlit. daä Haiipifiiciiliciife dei pliyfifölieii Erziehung ausmaclieiii, i' ut ir tnüÜeu hierbey zwey Pfet^ödcn tniferlciieiden;. ........: - •.' ( Ä) I)ie erfte Periode:, bis zii ^de des žw(2ytfeii Jahrs; Hier fiiid fo des die Haujitpünete: i' L Die Nahrung mulš gut ^ber deiii iärit'li Altfef aligemelleh l'eyri; alfo leicht verdaulich, mehr flüifig als felti- frifcli ünd güfundi nahrhaftj; aber nicht zu . ftaik, rei/eild oder crliilzend; Die Natur giebt unä liieHnh .die befle Atileitung felbil, inderii fie iVKW) für dth anfangenden Menfchefi be-Itiuinde. Milch kat alle die ärigegehiien feigeilfcliafleii im TÖllltömmerifien Gra-tie., lie iff voller Nahrüngsfiotfy aber niildei öhiie Kelz uiid Efhitzürig ^iiiisli-fend, fie hält das Mittel ZAiifchen Thier-ünd Pflanžeunaihriiiig, verbindet' alfo die Vortheile der le/.tern (weiiigerzil reizen.. als Fieifch)," init dfeil Vortlieilen der der Fleifclinalirung (durch die Bearbeitung ein les lebenden tliiterifclien Körpers tifas Icltou verälinlicht zu feyn und leichter den Karacter unfrer Natur aufzunehmen), fieilt mit einem Worte ganz auf die BefchafFenheit des kindlichen Körpers berechnet. Der kindliche Körper lebt nehmlich weit fchneller, als der erwachfene Menich, und wechfelt die Beftandtheile iÖftrfer, überdiefs braucht er die Nah-iriing nicht blos zur Erhaltung fondern auch zum beftandigen Wachsthuni, welches im ganzen Leben nicht fo fchnell gefchieht, als in dem erften Jahre, er bedarf folglich viel und concentrirte Nahrung; i aber er hat fchwacheVeTdäumigs-kräfte und vermag noch nicht fefte odef feiher-Natur nach heterogene (z;. ve-getabilifche) Nahmlig zu verarbeite« und in feine'Natur zu verwandeln ; feine Nahrung muls daher flüflig und fchon aninialifirt, d, h. durch ei« anderes lebendes thierifches GefchÖpf ihm vorgearbeitet und feiner Niiftir genähert feyn? Hb er iiat aber auch ,eiwen fejir liohe^^ ijrad von Pieizbarkeit midEmpliuclliqlilveit, So dafs ein kleiner lleiz, den eiiiEvwachr feiier kaum empfindet, lii^r fdipn eiu küiiiftliches Fieber oder gar Krämpfe und Žuckuligen hervorbringen kaini, die Nahrung des Kindes niufs alXb milde feyn und in dem gehörigen VerhälLnil's zur Reizbarkeit ftehen. Ich halte es daher für eins der erfien Gefetze der Natur, und ein Hauptbegründungsmittel eines langen und gefunden Lebens: das Kind ,trinke das erße jähr hindurch feiner Mutter, oder eijw gefunden Amme Mildh. Man ift in neuern Zeiten in manche Abweichungen von diefem wichtigen Naturgefez gefallen, die gewifs hochß nachtheilige Einflülfe auf die Dauer und Gefundheit des Lebens haben, und dief ich deshalb hier rügen mufs. Man hat Kinder durch blofse vege-tabilifche Schleime, HaferJGchleimu.dgl. nähren und aufziehen wollen. J3iel's mag zuweilen, bey befondern Fällen, zwifclieri durch iiüzlicli feyn, aber zur alleinigen 'Nahrung ifi: es gewifs Ichiid-lich, denn es nährt liicht genug, und, ■Was das fchlimmlte ift^ es animalifiit Üiöh nicht genug und behält noch einen Theil des fauren vegetabilifchen Kara-cters auch im Koi-per des Kindes; daher entftehen durch folche Nahrung fchwächlichev magere, unaufhörlich mit Säure, Blähungen, Schleim geplagte Rinder,' verftopfte Drüfen, Skrolrel-krankheit. Noch Ichlimmer ift die Gewohnheit, Kinder durch Mehlbrey zu nähren, denn diefe Nahrung hat aulTer dem Nachthei-Id derblos vegetabilifchen Koft (derVer-fäurung) auch noch die Folge, die zarten Milch gefäfse und Gekröfsdrüfsen zu ver-ftopfen, und den gewilTen Grund zu Skrofeln, Darrfucht oder Lungenfucht zu legen. Aridere wählen nun, um diefen zu entgehen, auch zum Theil aus Anglo-manie, Fleifchnahrung für die Kinder, geben ihnen auch wohl Wein« H h a Bier u. dgl. . Und diei'es Vorurtheil verdient beroiiders gerügt zu werden, Aveil es immer mehr Anhänger gewinnt, mit der jezt beliebten excitirenden Methode zufammentrifFt, und das Nachtheilige felbft von Aerzten nicht inuner gehörig eingefehen wird. Denn, fagt man, das Fleifch Itärkt, und diei's ill gerade, was ein Kind braucht. Aber meine Gründe dagegen find folgende: Es mufs immer ein gewin"es Verhältnifs leyn zwLfchen dem Nährenden und dem zu nährenden, zwifchen dem Reiz und der Pieizfäliig-keit. Je gröfser die Reizfähigkeit ift, defto ftäiker kann auch ein kleiner Reiz wirken, je fchwächer jene, defto fchwä-cher ifi: die Wirkung des Reizes. Nuii verhält fich aber diefe Reizfähigkeit im menfchlichen Leben in immer abnehmender Proportion. In der erften Periode des Lebens ift fie am ftärkften, denn von Jahr zu Jalir fcliAvächer, bi^ he im Alter gar erlöfcht. Man kann folglich fagen, dafs Milch in Abficht ihrer reizenden und ßärkenden Kraft in eben dem Verhältnifs zum Kinde ßeht, als Fleifcli zu dem Efwachfeneti, und Wein zu dem alten abgelebten Menfchen. Giebt man aber einem Kinde frülizeitig Fleifclinalirung, fo giebt man ihm einen Reiz, der dem Reiz des Weins bey Er-■»vachlenen gleich ift, der ihm viel zu flark, und von der Natur auch gar nicht beflimmt ift. Die Folgen find: man erregt und unterhält bey dem Kinde ein künftliches Fieber, befchleunigt Circulation des Bluts, vermehrte Wärme, und bewirkt einen beftändig zu heftigen entzündlichen Ziifällen geneigten Zuftand. Ein folches Kind fleht zwar blühend und wohlgenährt aus, aber die geringfte Veranlaffung kann ein hisftiges Aufwallen des Bluts erregein, und kommts mm vollends zur Zahnarbeit oder Blattern und andern Fiebern, wo der Trieb des Bluts fo fchon heftig zum Kopfe fteigt, fo kann man feft darauf rechnen, dafs Entzündungsfieber, Zuckungen, Schlag-flüITe entftehen. Die meiften Menfchen glauben, man könne nur an Schwäche Herben, aber man kann iauck an zu viel Stärke mid Pieizung fteiben, und dazu kann ein unvernünftiger Gebraucli reizender Mittel führen. Ferner, dureln folche ftarke Nahrung der Kinder 'be* fchleunigt man von Anfang an ihre Le-i bensoperatiou und Confumtion, man fezt alle Syfteme und Organe in eine viel zu ftarke Tliätigkeit, man giebt gleich von Anfang den Ton zu einem regern aber auch gefchwindern Leben an , und in der Meynung recht zu ftärken, legt man wirklich den Grund: zu einem küf-zern Leben. Ueberdiefs müfs mdn nicht vergeflenj dafs eine folche frühzeitige Fleifchnahrung die Entwicklungsge-fchäfte des Zalinens und in dei^ Folere O auch der Mannbarkeit viel zu fehr be-fchleunigt (ein Hauptverkürzungsmittel des Lebens), und felbft auf den Karacter einen üblen Einflofs hat. ' 'Alle fleifch-» freflende Menfcheii und Thiere find lief* tiger, graufamcr, leidenfchafilicher, da liingegen die vegetabilifche Koft iminei' mehr zur Sanftmutli und Humauiiät fiilirt. Ich habe diefs in der Erfarung gar oft beflätigt gefunden. Kinder die zu fi-uli und zu viel Fleifchkoft bekamen, wurden immer kräftige j aber lei-denfchaftliche, heftige, brutale Men-felien, und ich zweifle, dafs eine folche Anlage fowohl diefe Menfchen als dis Welt beglückt.. Es giebt allerdings Fälle, -vto Fleifchkoft auch fchon frühzeitig nüzlich feyn kann, nehmlich bey fchon fchwacheia, ohne Muttermilch er-'!' 2ognen, an Säure leidenden Subjecten, aber denn ift fie Arzney, und mufs vom Arzt erft beftimnit und verordnet werden. . Was ich vom Fleifch gefagt habe, gilt auch noch mehr vom Wein, KofFee, €liokolade, Gewürze u. dgl. Und es bleibt daher eine fehr wichtige Regel der phyfifchen Kinderzucht: Das Kind foil im erften halben Jahre gar kein Fleifch, keine Fleifchbrühe, kein Bier, keinen . KofFee genielTen, fondern blos Muttermilch. Erft im zweyten halben Jahre kann leichte Bouillonfuppe verftattet Averden; aber wirkliches Fleifch in Subftanr nur erft, wenn die Zahne durch find, aUb zu Ende des zweyten Jahree. Wenn nun aber unüberwindliche Hindernifle des Selbftftillens eintreten (weiche in unfern Zeiten leider nicht feiten find, wie z. ß. Kränklichkeit, fchwindfüchtige Anlage, NervenXchwache der Mutter, I wobey das Kind melir Verluß als Gewinn für feine Lebensdauer haben würde), und wenn auch keine gefunde Amme zu haben ift, dann tritt die traurige Nothwendigkeit ein, das Kind künitlich aufzuziehen, und ob gleich diefe Methode immer für die Ge-fundheit und Lebensdauer etwas nach-theiHges hat, fo kann man fie doch um vieles unfchädlicher machen, wenn man folgendes beobachtet; Man lafle er-ftens, doch wenigftens wo möglich, das Kind die erften 14 Tage bis 4 Wochen, an feiner Mutter Bruft trinken. Man glaubt nicht, wie viel Werth diefs in der ei-ften Periode hat. Dann gebe man zum Erfatz der Muttermilch am bellen Zie- gen-« oder Efelinnenmilch, aber iiriraer unmittelbar nach dem Ausmelken und noch warm von Lebenswarme. Noch fehöner wäre es, die Milch von dem Kiude unmittelbar aus dem Tlüere fau-geii zu lalTen. Ift auch diefs nicht möglich, fo gebe man eine Milchung von der Hälfte Kuhmilch und WalTer, immer lauwarm, und wenigftens einmal täglich frifche Milch. Eine wichtige Bemerkung ift hierbey, dafs man nicht die Milch wärmen oder warm itellen mufs (denn ße nimmt Tonft gleich einen fäuer-lichen Karacter an), fondem das Waffer, das. man jedesmal beym Gebrauch erft dazu mifcht. Bey diefer Icünftlichen Ernährung ift es nun nöthig, fchon früher Suppen von lilein geriebnen Zwie-bak, Gries, klar geftolsnen Sago oder Saleb, mit halb Milch und WaflTer gekocht, zu geben, auch leichte nicht fette. Bouillon, EyerwalTer (ein Eydotter in ein Nöfel,Waller zerrührt und mit etwas Zucker vermifcht). Auch find Kartoffeln in den erften zwey Jahren fchädlich. So wenig ich lie überhaupt für ungefand halte,., fo find fiedoch zuverlälligfiii'' ei^ iien fo zarten Magen noch zu X'chwelir zu yerdauen, denn fie enthalten eineu lehr zähen Schleim, ■ ' rh II. Man lafTe das Kind, von clfcr dritten Woche an (im Somm er eher v im Winter fpäter), täglich freye Luft'ge4 nielTen, und fetze diefs ununterbrochen^ ohne fich durch Witterung abhalten zu ' lallen, fort. Kinder und Pflanzen find fich dar* inne vollkommen gleich. Man gebe iüi nen die reichlichiieilSrahrung, 'Wärme u. f. £ aber man entziehe, ihnen Luft und Licht, und fie werden welle und bleicll werden, zurückbleiben, und zuiezt ganz abfterben. Der Genufs rfeiuef^ frever Luft und der darinn befindlicliGU belebenden Befiandtheile, ift eine eben fo nothwendige ja noch unentbehrlichere Nahtiaag zu Erhaltung des. Lebens, Als Effen und Trinken. Ich weifs ICiin-der j die blofs deswegen die Schwäch^ licliJceit Wid die blaffe Farbe ihr ganzes' ' , • 4SI I Leben hindurch nidit los wurden, weil jie in den erften Jahren als Stubenpflanzen waren erzogen worden, da hingegen diefer i tägliche Genufs derfelben, das tägliche Luftbad, das einzige Mittel ifti blühende Farbe, Kraft und Energie dem werdenden Wefen auf fein ganzes Leben mitzutlieilen. Auch ift der Voi-tlieil fehr wichtig, dafs man dadurch einen wichtigen Theil der pathologi-fclien Abhärtung bewirkt, und in der Folge Veränderungen der Kälte und Wärrae, der Witterung u. dgl. recht gut ertragen lernt. ! Am nüzlicliften ifts, wenn das Kind die freye Luft in einem mit Gras und Bäumen bewachfenen und von den Wohnungen etwas entfernten Orte gcriiefst. Der Liiftgenufs in den Strafsen einer Stadt ift weit Aveniger hsilfam, in. Man v/afche täglich den ganzen Körper des Kindes mit frifch gefchöpften kalten WalTer. Diefe Regel ift unent' behrlich zur Reinigung und Belebung der Haut, zur Stärls^ung des gaaizen venryftems und zur Gründung eines gefunden und langen Lfebens. Das Walchen wird von der Geburt an täglich vorgenonimen, nur in den erfien Wochen mit lauem Wafler, aber dann mit kaltem, und zwar, weichesein fe'hrw«-fenlliclier Umftand ift, mit, fnfch aus der Quelle oder dem Brunnen gefchöpf» ten Waller, Denn auch das gemeine Waller hat gelftige Beftandtlieile (fixe Luft), die verloren gehen, wenn es eijie Zeitlang offen fteht, und die ihm doch vorzügliche Harkende Kraft mittheileB. Doch mufs diefes W'afchen gefclimiid gefchehen und hinterdrein der- Körper gleich abgerieben werden. Denn das langfame Benetzen erkaltet, aber dais fchnelle Abreiben erwärmt. Auch darf es nicht gleich gefchehen, wenn das Kind aus dem Bett kommt, und überhaupt nicht, wenn es ausdünftet. IV. Man bade das Kind alle Wochen ein- oder zweymal in'lauem Wa(Ter (die Temperatur frifch gemolkener Milch, 24 — 2$ Grad Reaum. Therm.). Diei'es herrliche Mittel vereinigt eine l'olche Menge anfferordeiitlicher Kiafle, und ifl zugleich dem kindlichen Alter To angemeiren, dafs ich es ein wahres Arcanum zur phyfilcjien Vervoll-komninung und Ausbildung des werdenden Menfchen nennen möchte. Pieini-gung und Belebung der Haut, freye aber doch nicht befchleunigte Entwicklung der Kräfte und Organe, gleichförmige Circulation, harmonifche Zufam-menwirkung des Ganzen (die Grundlage der Gelundheit), Stärkuiag des Nerven-fyfteins, Mäfsigung der zu grofsen Reiz-» fähigkeit der Fafer und der zu fchnellen Lebensconfunition, Reinigkeit der Säfte, diefs find feine Wirkungen, und ich kann mit Ueberzeugung behaupten, dafs ich kein Hülfs-mittel der phyfifchen Erziehung kenne, was fo vollkommen alle Erfordeiiiill'e zu Gründung eines laugen und gefunden Lebens in lieh vereinigte, als diefes. Das Bad mufs nicht ganz aus gekochtem Walfer beftehen, fondern aus frifcli von der Quelle gefchöpften. KU dem mau noch ib viel warmes, als zur lauen Temperatur nötbig ift, hinZu-giefst. Im Sommer ift das Wafler am rdiönften, was durch die Sonnenftralen erwärmt ift. Die Dauer des Bads iri dieler Periode des Lebens ift | Stimdc, in der Folge länger. Nie mufs es in deu erllen Stmiden nach dem Elfen gelche-lien. V. Man vermeide ja ein gar zu warmes Verhalten; alfo warme Stube, warme Federbetten, zu warme Kleidung u. f. w. Ein zu warmes Verhalten vermehrt ausnehmend die ReizfaliigMt und aUo die fchnellere Lebensconi'uin^ tion, fchwächt und erfchlafFtdieFafer,beV fchleunigt die Entwicklungen, fchwäclit und lälimt die Haut, difponirt eu be* ftändigen Schweifsen und macht daij durch ewigen Erkältungen ausgefegt; Insbefondere halte ichs für fehr wichtig; Ajisraiiilielicr findet- man Jie AiiWenilup^ Mittel bcy Kindern nbgcIianJelt in meineti H^ vierkungen tihei' die Inoculatiöh'und vei-fdiieitne KiniUrkranhJieiten, Lsipzig > bejr Göfcheu, ' 4ie Kinder von Anfang an zu gewöhnen, wf Matrazen von Pferdfehaaven, Spreu .o4er ]Mpos zu I'clilafen. • Sie nelifiien nie «iiüe zu grpise Wärme an, haben mehr Jtdafti/ität und verhüten eine zu grofsa Weichlichkeit, nöthigen auch das Kind fie nicht nachgeben) gerade ausge-Ibc-ckt zu liegen, wodurch lie das Ver-wachi'en verhüten, und fiehern für dem zu fiühzeitigen Erwachen des Ge-lehlechtstriebs. :,i I. , ■ - i. VI. iJie Kleidung fey Welt, liir-geuds drückend, von keinem zu warmen und die Ausdünflung zurücldiaUeiJ-den Material, (z< E. Pelz), Ibndern von eiiuem, was man oft erneuern oder wa-fchenkann , am bellen baunnvollne, im ftrfengen Winter leichte wollne Zeuge, Man entfei'iie alle feften Binden, fteife 3clmürleiber, enge 6chuhe u.dgl., ile können den Grund zu Krankheiten legen , die in der Folge das Leben verliür-zen. Der Kopf mufs von der vierten bis achten Woche an (diefs beltiiumt die Jalires^eit) unbedftckt getragen w'ei^ den. VII. Man beobachte die aufTerfte Keinlickeit, d. h. man wechfele täglich das Hemde, wöchentlich die KleMung, monatlich die Betten, entferne üble Ausdünftangen (vorzüglich nicht viel Menfchen in der Kinder/tube, k6in Trocknen der Wäfche, ktiiie alte Wä-Iche). Reinlichkeit ift das halbe Lebeti für Kinder; je reinlicher fie gehalied werden, dello befler gedeihen und blühen fie. Durch bloffe Reinlichkeit, bey felir mäfsiger Nahrung, können fie Iii kurzer Zeit ftark, frifch und munter ge» macht werden, da fie hingegen ohne Reinlichkeit, bey der reichlichftenNali-rung elend und fchwächlich werden. Diels ift die unerkannte Urfadie, wät-um manches Kind verdirbt und Verwelkt, man weifs nidit woher. Umgebildete Leute glauben dann oft, es mülTe behext feyn, oder die MitelTer haben. Aber die Unreinlichkeit allein ift der feindfelige Dämon, der es befizt, und der der ^s. auQh ficher am Ei;idej^erzehren wird. ■ Die %ioeyte periode, voin, Ende des , zweyteix bis zum zwölften, yier-zehuden Jahre. Hier empfehle t,idj ich folgendes: : I. Man l)eol)achte die Gefetze der Reinlichkeit, des kalten Wafchens, des B^ens, der leichten Bekleidung, des Lebens in freyer Luft, eben fo fort, wie gefagt worden. u , II. Die Piätfey nicht zu ausgefucht, |ekünftelt oder^zultrenge. JVIan thut am beßen, die Kinder in diefer Periode eine gehörige Mifchung von Fleifch undVege-tabjlien geniefsen zu lallen, und fie an alles zu gewöhnen, nur nicht zu viel und ^icht zu oft. j, Man fey verlichert, wenn nian die übrigen Puncte der phylifchen Erziehmig, körperliche Bewegung,, Reinlichkeit u. 1". w. imr recht in Ausübung bringt, fo brauciit es gar keine delicate ftrenge Diät, um gefunde Kinder zuhaben.; Man fehe doch nur die Bauerokinder an, die bey eiaier eben nicht Ii inedizinifclieii Biat gefuad und flavk find. Aber freylich dari" man es nicht maciien, wie man es mit fo vielen Din« ' gen gemacht hat; etwa blos Bau^rnkoft geben, und dabey weiche Fed^rbellen, Stubenfitzen, Miilliggang beybehalten (fo wie maA auch wohl das kalte Baden gebraucht hat) aber übjrigens die warmen Stuben, warmen Federbetten u. f, w. forgfältig beybehalten hat). Ich kann nicht genug wiederholen, was ich fchon irgendwo einmal gefagt habe: Ein Hauptfiück guter Erzielmng iCt^ einei-ky; Ton zu beobachten, und keine kontra? ßirende Behandlungsweifen zu vereinir gen. Sehr gut ift es, wenn man ihnen viermal, zu beftimmten Zeilen, zu effeii reicht, und diefe Ordnung beftimmt ber obachtet. Das einzige, was Kinder nicht bekommen dürfen, find Gewürze» Kafr fee, okolade. Haut gout, Hefeiir Fett- nnd Z>. ckergebacknes, grobeMehJ-fpeifen, Käfe. Zum Getränk ilt nichlf belTer, als reines frifches WafTer. Nur an folchen Orten, wo die Natur reines (Jtiellwaffer vei-fagt hat, lafT© iclis gelten, Rinder an Biei* zu gewöhnen. 'III. Körperliche Muskularbewegnng ttitt nuh als ein Hauptftück der phyfi-IHien Erziehung ein. Man lalTe das Kind den gröfsten Theil des Tages iÄ körperlichen Bewegungen, in gymna-ftifchen Spielen aller Art'zubririgen, Und zwar in freyer Luff, Wo fie am nüzlich-Ilen find. Diefs ftärkt unglauhlidr» giebt dem Körper eigne Thätigkeit, gleichförmige Vertheilung der Kräfte nnd Säfte, und verhütet am ficherften die Fehler des Wuehfes und der Ausbildung. ' ' ■ IVi Man fti'enge die Seelenkräfte nicht zu frühzeitig zum Lernen an. Es ift ein grofses Vorurtheil, dafs man damit nicht bald genug anfangen könne. Allerdings kann man zu bald anfangen, wenn man den Zeitpimct wählt, wo noch die Natur mit Ausbildung der körperlichen Kräfte und Organe befchäftigt ift', und alle Kraft dazu nöthig hat, und diefs ift bis zum iiebenten Jalxre. Nö-li 2 thigt man da fchon Kinder zum Stuben-fitzen und Lernen, To entzieht man ihrem Körper den edelften Theil der'Kräfte, der nun zum Denkgefchäft confu-mirt mrd, und es entfteht unausbleiblich Zurückbleiben im Wachsthum, un-vollkommne Ausbildung der Glieder, Schwache der Müskülartheile, fchlechle Verdauungi fchlechte Säfte, Skrofeln, ein Uebiergewicht des Nervenfyftems in deri ganzeil Mafehihe, welches Zeillebens durch Nervenübel, Hypochondrie ü. dgl. läftig wird. Doch kommt hiei-bey auch viel auf die Verlchiedenheit des Subjects und feiiie gröfsere oder geringere Geifteslebhaftigkeit all, aber ich bitte lehr, gerade das Gegentheil von dem zu thün, was man gewöhnlich thut. Ifi: das; Kind fehr frühzeitig zum Denken und Lernen aufgelegt, fo füllte man, an-flatt ein folches, wie gewöhnlichdelto mehr anzuftrengen, es vielraelit-fpäter zum Lernen anhalten, denn jene früli-zeitige Reife ift mehreinheils fchon Krankheit, wenigllens ein uimatüiiiclier ■ f1 nen ypvdorbniju Sohulluft herrijhrion/i>'-worinne man die Kinder diefsi Gelchaft^^il-l treiben läfst. WenigÜt^ns wird dadwrch' die Sehwüchung veidoppelt. Ich bin viUljg überzeugt, dafs es weit weniger ^ fchaden würde,,, ■ wenn man die Kinder ikre Dejukübun^ge-ii, bey:gt>ler Jaliveszeit, im Freyen hallen iitfse, und hier hat njari zugleich das Biu-Ii der IS'a tur bey der iiand, welches-gcwifs, vorausgcfezt clafs der Lehrer dariain zu lefen ver-ftelit, den Kindern zum erften Unterricht weit angenielsner und unterhaltender ift, als alle gedruckte und ge-fchriebne Bacher. In diele Periode gehört nun auch noch ein für die phyfifche Erziehung äufTerft wichtiger Punct: däe Verhütung der Onanie, oder beJOfer: die F'crhütung des zu frühzeitigen Enuachens des Ge^ fchlechtstriehs. Und da diefes Uebel unter die gewifleften und füi-chterlichften Verkürzmigs- und Verkünimerungsmit-tel des Lebens gehört (wie oben gezeigt worden), fo ift es meine Pilicht, hier etwas ausführlicher von den Mitteln dagegen zu reden. Ich bin fehr £eft überzeugt, dafs diefs Uebel äufferß häufig und eins der wichtigften' Anliegen der Menfcliheit ift, aber auch, dafs, avo es einmal eingerilTen und zur Gewohnheit worden, es fehr fchwehr zu heben ift; dafs man alfo ja nicht träunien darf, in einzelnen Specificis und Kurarten die Hülfe dagegen zu finden, die gewöhn- lieh zü fpät kommen, 'fondern,. dafs die r Hauiptföcliie daraTif ankommt j die Onanie zu verhüten, und dafs diefe I. Künfi , und folglich dafs ganze Geheim-» nils darinn bölteht': die zu frühzeitige Entwicklung und Reizung, des Gefddechts-triebs zu verhindern. Diefs ift eigentlich die Ki-aiikheit, • an welcher gegenwärtig 1 die Menfchheit laborirt, und wovon die Onanie mir , erft eine Folge ifti Diefe Krankheit kann fchon im fieben-ten, achten Jahre da feyn, wenn gleich dieOnanie felbft noch fehlt. Aber fie zu tohüten ift es freylieh nö-fhig; fchon van der erlten Kindheit ah feine. Maas- 'l -rBgelii 'dagegen zu irehmen -'^'uiid nicht einzelne Puncte, fondefh das Ganzfe der Erziehung darauf hin zu richten. «•> .0 iN ach meiner Einficht uiiä Erfarung find folgendes ;(wenn fie vollkommen angeweiidet werden) zuverläflige Mittel ^egen diefe Peft der Jugend, h:^ li^'Man gebe vom Anfange an keine za reizende, ftarke, nahrhafte Diät. Freylich denkt mancher nicjit, wenn er feinem Kinde recht bald Fleifcli, Wein, KaiFee u. dgl. giebt, dafs er es dadteh «um Kandidaten der Onanie maelit Aber fo ift es. Diele zu frühzeitige Rei* Zungen befchleunigen (wie ich fchon oben gezeigt habe) diefe Entwicklungen. Insbefondere ift es fchädlich, Abends Fleifch, harte Eyer, Gewürze oder blähende Dinge, z. E. Kai tofFeln, welche gar felir dahin wirken, geniefseii zu laT-fen, desgleichen zu nahe vor Schlafengehen, 2. Das fchon erwähnte tägliche kalte Wafchen , der Genul's der freyen Luft, die leichte Bekleidung befonders der Gefclilechtsill eile. Warme eiigfi Hofen waren fchon oft das Treibhaus diefer zu frühzeitigen Enlwicklung, und fehr gut ifts dalier, in den evften Jalirea einen unteji offnen Fiock und gar keine Hofen tragen, zu laneu. 3. Man lalFe nie auf Federn^ fondern nur aulMalralzen frhlafen, Abends, nach einer tüchtigen Bewegung, aJI'o recht luüde, zu Bett gehen und früh, fo-me die Kinder munter werden, fie aufftehen. Diefer Zeitpunct des Fanl-^ lenzens früh im Bette, zwifchen Sclila-fen und Wachen, hefonders unter einer warmen Federdecke, ill: eine der häufig-vl^ ften Verführungen ^ur Onanie_,__und darf diwchaus nicht geftattet werden. 4. Man gebe täglich hinlängliche Muskularbewegung, fo dafs der natürliche Kraftvorrath durch die Be-wegmigSnmskeln verarbeitet und abgeleitet werde. Denn wenn freylich ein folches armes Kind den gailzeri Tag fizt, und in einem körperlich-palliven Zuftande erhalten wird, ift es da wohl ein Wunder, Avenn die Kräfte,' die üch doch äudern wollen und müfl'en, jene unnatürliche Richtung nehmen? Man lafl'e ein Kind, einen jiingen Mien-■' feilen, durch Laufen, Springen u. dgl^ täglich feine Kräfte bis zur Ermildüng im Freyen ausarbeiten, ülid ich fieli« ^ dafür, dafs ihm keine Onanie einfalle« Avird. . Sie iit das Eigeiitiiiffii der ruztni. den EiKieuung, der Peiifionsanriallen, uii4.Se3bulklößer, .wo die,J3ewegung, zii lialben Stunden z ugeineflen Ayird, , M 5. Man Hrenge die Denk.- unci Emt pfmdungskraft nicht zu früh,/?nicht zu fahr an. Je mehr man diefe Organe ver^ ^ feinert und vervollkommfi defto empfänglicher v/ird auch desfilör^per für Onanie. ; ; 6. Insbefondere verhüte;; man alle Ileden, Schriften luid Gfiljegei^heiteii, die diefe Ideen ixi ßewegnng ifetzeu, oder nur auf diele Theil^'läu&ncrltfam machen kofunen,,, Ableitung davon auf alle mögliche Weife ill nptliig»;: aber nicht die von einigen empfohlne Methode, fie.dnrch 'di^ Erklärung ihres Nutzens und Gebrauchs dem,^. Kinde erft recht iirtereflant und wichtig zu machen. Gewifs, je njehr man die Aufmerkfani-keit dahine iltet ,, deftq eher k;ann n>aii a u€k eiiMii, A^fiiz - dafelbft erwecken (denn innere Aiifmja-kl'aml^ejt siuf einen Punct [innere Berührung] ift eben fo gut Reiz als äuflere Berüluamg); und ich halte,es daher mit den Alten, einem Kinde vor menden Jahren aus einem raulien fclilecliten Clima in ein milderes fehr viel zur Verlängerung des Lebens bey-trägt, eben fo audi der Uebergang aus einenx Mühevollen Leben iii ein beque« nieres und angenehmeres. t.i.-.' 41t - ■■'i-- ■in IV. IT. Enthaltfaml * Aber, wird.mancher fragen, wie ift es Hiöglich, bey einem gefunden nnd "Wolil genährten Körper, bey unfrer Denk* undLebensAveife, ^Intllal!;^a^Tlkf■it bis'zum vier oder fünf und zvvanzigften Xahre, genug, bis zur Zeit der Ehe, beobachten? *) — Dafs es möglich ift Noch itnmev tiHunit ficU mancher die fchlimm. ften phyfifclie Folgen, die die Eiuhnltlanikoit haben mülsie, j4ber ich kann nicht oltr giiiiiig daran erinnern, dafs diefe Säfte nicht'bins zur , Allsleerung fondern am mciftan z4ii'. Wiederci«-^ . fangnng ins Bhit uikJ^ zti unfrer eignen Slärkuiig belümmt lind. Und hier kann ich nicht uiuei-lalTen auf eine Einrichtung autrnerkf,im'zu ina- ^ chen , die ailoh in diefeni SUjck unfre rilffralirthe Fieyhnit ficllert nnd diiher ein ausPchUelslicliM EigenXi'.urti dies; .ftlcnfcheris ift, I^h meyne die vpu Zeit zu Zeit erfolgenden natürlichen Enllo-diimnEen doier Pafle, die th'eils zur Hervorbrin- V s i, - - ~ enng, tlieiis'zur Eviiahruhg der'Fvucirt beftiniibt Ciad' lPoll'utiönes hnctui^nae bcym' mäiinlichor, ' 1 JVfen/irwa beyiB weiblichen; ßefchJachteJ), Der . Mellich fplli^^vyar beftändig fähig žur Fortyilan. ^ zung , aber nie dazu thi'erifch gezwungen feyn, nnd diefs tevyii'krti diefe inVr''bey'PtfehfclVen exi> fiirendeTi' SatWili'ciiVft ■ Ablß ße' entziehen - 'den'- Meiireheil dtd -,Stlav-erey deS blos thierifcLen weifs icli ausErfarnng, und könnte hier mehrere brave Männer anführen, die iliren jungfräulichen Bräuten, auch ihre männliche Jungfraufchaft zur Mitgabe brachten. Aber es gehört dazu ein feller Vorfatz, fefter Karacter und eine gewiffe Richtung und Stimmung der Denk- und Lebensweife, die freylich Gefchleclitstriebs, fetzen ihn in Stand denfelben felbft Mioi'alifchen Gefetzsn und RückRcIiten nn-teiiuordnen , iiiid retten anch in dii.-fera Veihält-nifs feiile moralifche Freyheit. Der IMenfcb bey-derley Gefclilechts ifl dndtiicb für de« phyfifclicn Schaden, den die Nicbtbefriedignii» des Ge-fchlechtstriebj erregen könnte, gclichert, es «xiftirt nun keine unwiderflehliche blos thierii fche Nothwendigkeit delTelben, niid der Menfch. behält auch hier (wenn er fich nicht felbft fcjion durch EU grofas- Pisiziing des Tridjs diefes Vorzugs verluftig gemacht hat) , feinen freyen Willen ihn zu eifiillen oder nicht, 'je nachdem es höhere moralifche Rückfichten erfordern. Ein neuer grofsar Beweifs, dafs fciion die phyfifche Natur dej Menfcheu'auf feine iioheie irtgvalifche VollkoiTinienlieit berecluietjWar, und dafs differ Zweck eine feiner uiixertrcnnliclifien und vve-feutiichflen Eigcnfchefien ifi t nicht die gewöhnliche ill. Man erlaube mir hier, zuifi Beften meüier jüngem Mitbürger, einige der bev\^ähfteßeu Mittel z,uV Enthaltfamkeit und zur Vermeidung der miehelichen Liebe aul'zur führen, deren Kraft, Kenlehheit durch die gefahrlichften Jugendzeiten. Idndurcli zn erhalten, ich aus Erfarung kenne: 1. Man lebe mäfsig und vermeide den Geiiufs nahrhafter viel Blut machender oder reizender Dinge; z..E;'viel Flfifchlcoft, Ii)yer, Chokolade, Wein, Gewürze. 2- Man mache fich täglich ßarke körperliche Bewegung^ bis zur Ermü-düng, damit die Kräfte und Säfte, verarbeitet, und die.Reize . voa den Ge-fchlechtstheilen abgeleitet werden. Genug; ijl den zwey'Worten: Fafie un^ Arbeite, liegt ein grofser Talismann gegen die Anfechtungen 4iefes Dämons. 5. Man beföhäftige den Geift, und zwar mit mehr emßhaften abßracten Gegenftänden, die ihn Von, derSinnUcli-keit ableiten, v ^ - ,li 'f-JlidüloCI c^J" ' 4'/M^^^ alles, was die Phantafie erhitzen, und ihr die Richtung auf Wolluft geben könnte, z. E. fchlüpfriche Unterhaltungen, das Lefen Liebevoller und woUüItiger Gedidite und Romane (wie mr denn leider fo viele haben, die blos gemacht zu feyn I'clieinen, die Phantafie junger Leute zu erhitzen, und deinen Vertafler blos auf den äfthetiichen auch wohl numerären Werth zu fehen fcheinen, ohne den un-erlezlichen Schaden zu bereclmen, den fie der Moi-alildt und der Unlchuld dadurch ztd^ägen), auch den Umgang mit verführerilchen Weibsperfonen, manche Arten von Tänzen u. dgl. 5. -Man denke fich immer die Gefahren und Folgen der Ausl'chweifujng recht lebhalt. Erft die moraliichen. Welcher Menfch von nur einigem Gefülil und GewilTen wird es über fich erhalten können, der Verfülirer der erften Unfchuld oder der ehelichen Treue zu feyn? Wird ihn nicht Zeitlebens der peinigende Vorwurf folt^n, im erlten Falle die Blume im Aufblühen geliro-cLen, und ein liocli uiifcliuldiges Ge-fcliöpf auf ihr ganzes Leben phyfifch und moralifch unglücklich gemacht zu haben; deden nun folgende Vergehuii-gen, Liederlichkeit und Verwoifenheit ganz auf ihn, als den erlten Urheber, refultiven; öder im zweiten Falle die eheliche und häusliche Glückfeeligkeit einer ganzen Familie geüöhrt und vergiftet zu haben, ein Verbrechen, das nach feinem moralifchen Gewicht ab-fcheulicher ift, als Raub und Mordbren-nerey'? Denn was ift bürgerliches Ei-genthnm gegen das Herzenseigenthum der Ehe, Avas ift Piaub der Güter gegen den Raub der Tilgend, der moralifchen Glücltleeligkeit? Es bleibt alfo nichts übrig, als fich mit feilen und der Wol-luTt geweibeten Dirnen abzugeben; aber welche Erniedrigung des Karacters, welcher Verl u ft des wahren Ehrgefühls ift damit verbunden? Auch ifts erwiefen, dafs iiiihts fo fehr den Sijin für liühe und edle Gefühle abftuujpft, Kraft und Fertigkeit des G elft es nimmt, und das ganze Wefen erfclilafFt, als diefe Ausfeh wei fangen dei-Wüllafr. — Beirach-ten wir nun die phyfit'chen Folgen des aulferelieliclien Gehuffös, fo find die nicht welliger traurig, denn hier ift man niemals für venerifcher Anfteckuii^ ficher. Kein Stand, Icein Alter, iceirie fcheinbare Gefundheit fchüzt uns dafür. Nur gar zu jeichtfihnig geht maii jezt gewöhnlich über diefeh t'ünct wejg, feit-dem die gröfsre Allgerheinheit desUieb'els uad der Einflufs unwiflehder Äerzte diefe Vergiftung fo gleichgültig igemacht haben, als Hufteri und Schnupfen. Aber Avir wollen es einmal in feiner wahren Geftalt betrachten, was es heifst, venerifch vei-giftet zu feyri, und ich glaube, jeder vernünftige und wohldenkende Men fch wild es mir zngfeben, dafs es unter die gröfsten Unglücksfälle gehört, die einen Menfclien betreffen können. Denn erftens find die Wirkungen dlefes Giftes in dem Körper immer fehr fchwächend luid angreifend, oft auch fürchterlich zerftöhrend,^'j fo dafs tödliche Folgen entftehen, > oder anth' i Gäö-jTienund Nafenbeine -verloren geheii» und ein foleher Menfch auf immer fein6 Schmach zm~Schau trägt.. i Fernerv dfe ganze Medizin hat kein völlig entlchei-dendes Zeichen y ob die /i; venerifche Krankhf:it völlig gehoben und das Vene-rifche Gif t gänzlich in einem Körper gedämpft fey, oder nicht. Hierinn ftini' men die gröfsten Aerzte überein. Dtte Gift kann fich wirklich einige Zeitlaiig fo verftecken und modihzuren, dafs inän glaubt völlig geheilt zu feyn, ohiic däl^ es ift. Daraus entftehen nun zwöyerley üble Folgen, einmal, dafs man gar leicht etwas venerifches im Körper behält , welches denn unter verfchieden'^n G eflalten bis ins Älter lün beläftigtv und öinen fiechen Körper bewirkt, öder dafs man, welches fait ebenfo fchliräni ift^i fich immer einbildet nocli'venerifch 2u feyn, jeden kleinen Zufall davon hei-M-tet, und mit diefer fürchtierliclieü Un^ie-wifsheit fein Leben hinqüält. Ich habe ' von IfÖH. tüefer „leztern Art die trauirigften JBeyfpjeie gefeslien. Es braucht nur noch jetvyas: Hypochondrie hinzazukominen, ^fo.wird diefer.Gedanke ein fchrecklicher Slagegeiftn der Ruhe* iZufriedenheit, gitttoifEutfclilüfl'e, auf immer von uns weeXcheucht, Ueberdiefs liegt felblt iii der Ktir diefer Krankheit etwas fehr ab-» fchreckendes. Das einzige Gegengift des veilerifcheii . Giftes ;ift QaeckfiUier^ «Jfo ein Gift von einer andern Art, Und eifle .recht durchdringende Queckfilber-^r (fq Tvie fie bey einem hohen Grade Kr^kheit nöthig ift) ift nichts anders ajs, eing künfdicke ^uechfilbervergif» tmgi um dadurch die venerifcheVergif-twig aufzuheben. Aber gar oft bleiben tii^ Üatt der venerifchen Uebel die Fol-gfÜTi des QueckJilbergifts» Die Haar« fallen ausj die Zälme verderben ^ die Nerven bleiben fchAvachj die Lunge Wird angegriffen tj. dergl tiielin Abet noch eiäe Folgej die gewifs für eineil fülilenden Menfchen das gröfste Gewicht hat j ift die, dafs ein jeder, der lieh ve« hl nerifch arifteckeii I'afst, diefes Gift nicht bios für ficli aufninuiit, l'oxidern es in fich auch wieder reproducirt, und alfo auch für andre, ja für die Menfchheil: eine Giftquelle wird. Er giebt feinen Körper zum Refervoir, zum Treibhaus diefes fclleusliclien Gifts her, und wird dadurch ein Erhaller- deflelben für die ganze Welt, denn es ift ei wiefen, dafs fich diefes Gift nur Hm Menfchen von neuen erzeugt; und dafs es fogleich ausgerottet feyn würde, wenn lieh keine Menfchen mehr dazu hergäben, um es zu reproduziren. 6. Noch ein Motiv, deffen Kraft, wie ich weifs, bey gutgearttten Menfchen fehr grofs ift: Man denke an leine künftige -Geliebte und Gattin, und an die Pflichten, die man ihr fchuldig ift. Kennt man lie fchon, delio befler. Aber auch olme fie zu kennen, kann der Gedanke an die, der wir einft unfre Hand geben wollen, von der wir Treue, Tugend und fefte Anhänglichkeit erwarten, ein grofser Beweggrund zujr eignen Ent- liaitfamkeit und Reinheit feyn. Wir müffen , wenn wir einft ganz glücklich feyn wollen, für fie, fey fie auch nur noch Ideal, fchön im voraus Achtung em]^finden, ihr Treue uri d Liebe geloben und halten, und uns'ihrer würdig machen. Wie kann der eine tugendhafte und rechtlchafFne Gattin verlangen, der fich vorher in allen Wöllüften herumgewälzt und dadurch entehrt hat? Wie kann er einft mit reinem und wahrem Herzen lieben, wie kann et Treue geloben und halten, wenn er fich nicht yom Anfang an an diefe reinen und erhabenen Empfindungen gewöhnt, fori-dern fie zur thierifchen Wolluft erraie-drigt hat ? 7. Noch kann ich eine Regel nicht übergehen, die von grofser Wichtigkeit ift: Man vermeide die erfte Ausfchwei-fung der Art. Keine Ausfchweifung zieht fo gewifs die folgenden nach fich, als diefe. Wer noch nie bis zu dem höch-ften Grad der Vertraulichkeit mit dem andern Gefchlecht kam, der hat l'choa • LI 2 darinn eüien grofsien Schjjd der Txigend. Scliainhaftlgkeit, Schü^hteniiieit» ein gewilTes innres Cefülil vpn Ujareclitthuii^ genug, alle die zarten ilnijifindunge«, die den EegrifF der Jungfräulichkeit ausmachen ^ werden ihn immer noch, auch bey fehr grofser Verfülirmag, zurück-fchrecken.; Aber eine einzige U eher tretung vernichtet fie alle u^widerbring-lieh. Dazu kommt noch, dafs der erfte Genufs oft erß das Bedürfnifs dazu erregt ^ .Und den erften Keim jenes noch fchlafejiden Triebs erweckt,, Xo Wjie jedei; Sinn ,erft, durch Kultur zum vollkorum-Hea Sinn wird. Es ift in diefem Betracli^ jiicht blos die phyfif'che, fondern auch die moralifche Jungfraufchaft etwas fehr jVeeÜes .^ünd ein heilige? Gut, das beyde Gefchleciater forgfaltig bewahren folltep. Aber ebe^ fo:gewifs iß es,, .^afs ein einziger Fall iliinreicht, um uns diefielljci nicht blos phyfifch fondern. auch ruou-lifch .rauben, und wer einmal gefallen ift» der wixd Eijv^riäiiig öfuer Genug, nra auf «n^erii Itauplfatzs Äurück üu kommfen? Multa tulit, fecitqae pner, fudauit et iJfit Abfünmt veneie et vino«. In Riefen Worten liegt wirklick daa Wefentliclie der Kunft, fich iu der Jugend Kraft und Lebensdauer zu verfch^fFen, Arbeit, Anfirengung und Vermeidung der phyßfdien Liebe Uiid des Weijali Twd die ^Iau5t^tüeke^ Ich brauche nur an das vorherge«! Tagte zu erinnern, — Glücklich alfo der, der die Kunft befizt, diele Kräfte zufcho-« nen. Er befizt darinne nicht nur das Geheiranifs, feinem eignen Leben mehr Länge und Energie zu gehen, fondern auch, wenn nun der rechte Zeitpunct kommt, Leben andern Gelchöpfen mit-, zutheilen, das Glück ehelicher Liebe ganz zu genieffen, und feine gefpaarte Kraft und Gefundheit in glückliclien Kindern verdoppelt zu fehen; da binge-gen der Entnerv te, aufler derVerküizung feines eignen Lebens, auch noch die bittre Kränkung erlebt, in feinen elenden Kindern feine eigne Sclimach immer reproduzirt zu finden. Solch ein über-fchwenglicher Lohn wartet deffen, der Kraft genug hat, eiii Paar Jahre enthalt-fam zu feyn. Ich kenne wenig Tugenden, die fchon hier auf Erden fo reichlich und ausgezeichnet belohnt ^vürden. Ueberdiefs hat fie noch den Vorzug, daCs fie, indem fie zu einem glücklichen Eheftand gefchickt macht, zu einem neuen Erhaltungsniittel des Lebens verhilft. V. Glücklicher Eheftandi Es ift eins der fphädlicliften und fal-fcheften.Vol'urtlieile, dai's die Ehe eine blos politifche und conventionelle Er-hndung' fey. Sie .ilt vielniehr eine der wefentlichften Beftiiiuimngen des Men-fchen, fowohl fürs Einzelne, als fürs Ganze, und ein unentbehrlicher Theil der Erziehung des Menlehengefchlechts. Ich verftehe unter Ehe eine fefte, heilige Verbindung zweyer Perfonen von ver^ fcliiedeneuj Gefchlecht zur gegenfeitigen Unterftützung, zur Kindererzeugung und Erziehung. Und in diefer innigen,, auf fo wichtige Zwecke gegründeten Verbindung liegt, nach meiner Mey-iiung, der. Hauptgrund häuslicher und öffentlicher Glückfeligkeit. Denn ein» raal ift Jie mientbehiiicli zur morali-fqhen Vervollkomnumng des Menlclieu; durch diefe innige Veikettung leines Welens mit einem andern, feines In« terefles niit einem a;idei"n wird der Egoismus, der gefähvUchfte Feind aller Tugend, am heften überwrniden, dep Menlch immer mehr zur Humwiität, und aum Mitgefülil für andere geführt, uxid feiner wahren moralifchen Vered-« lung genähert. Sein Weib, feinei Kin« der knüpfen ihn an die übrige Menlch« }ieit und an das Wohl des Ganzen mit unauflöslichen Banden, fein Herz wird durch die füllen Gefühle ehelicher und kindlicher Zärtlichkeit immer gen'ähSrt und erwärmt, und für jener alles tödtsU'' den Kälte gefchüzt,. die. fieh Xb'leicht ei» nes ifolirt lebenden Menföhen bemäelik-l%t, und eben diefe Itifsen Vaterförgen legen ihm Pflichten auf, die feinen Ver^ fiand an Ordnung, Arbeit und Yernüiif-tige JLebensweife gewöhnen, ' Der Ge-fchlechtsfrieb wipd dadttirch veredelt, ' und aus einem fliierifclien Iriftinct in eins der edelfttin moralifchen Motive ixmgefchafFen, die heftigen Leidenfchafi ten, bölfen Launen, üble Gewohnheiten werden dadurch am heften getilgt. Hieraus entfpringt nun aber ein äufferft beglückender Einflufs aufs Ganze und auf dps öffentliche Wohl, fo dafs ich mit völliger Ueberzeugung behaupte? (rlück^ lichs Ehen find die ivichtigßen Grundfeßen des Staats und der öffentlichen Ruhe iin4 ^ Qlückfeligkeiti Ein Unvereheligter bleibt ' inimer mehrEgoift, unabhängig, wiftät, ^on felbftlüchtigen Launen und Leiden« fchaften beherrfcht, weniger fürMenlch« licit, für Vaterland und Staat als für fleh fielbft interelTirt; das falfche Gefühl der Freyheit hat fleh feiner bemächtigt, denn eben diefs hielt ihn voht Heyra^ then ab , und \^ird durch den ehelofen Stand noch genährt, Was kann wohl mehr zu Neuerungen, Volksbewegun-" gen, Revolutionen disponiren, als die Zunahme der ehelofen Staatsbürger? Wie ganz anders ift diefs mit dem Verv heyratlieten? Die in der Ehe nothweii-dige Abhängigkeit von der andern Hälfte gewöhnt unaufhörlich auch an die Abhängigkeit vom Gefez, die Sorgen für Frau und Kind binden ari Arbeitfamkeit und Ordnung im Leben, durch feine Kinder iß: der Mann an den Staat feft geknüpft, das Wohl, das Intereffe des Staats wjvd dadurch fein eignes, oder, Q& Bacq ausdrückt, wer verheyrathet ift und Kinde?: hat, der hat dem Staate Geifseln gegeben, er ift obligat, nur er ift wajiirer Staatsbürger, wahrer Patriot. Aber was noch mehr ift, nicht blos das Gliick 4pr gegenwärtigen fondern auch der zukünftigen Generation wird da-durc|i gegr^det, denn nur die eheliche Verbindung erzieht dem Staate gute, |ittliche, an Ordnung und Bürgerpflicht von Jugend an gewöhnte Bürger. Man glaübe doch ja nicht, dafs der Staat diefe Bildung, 4iefe Erziehung erfetzen kann, die die weife Natur mit dem Vater- und Mut ter herzen verknüpft hat! Ach der Staat ift eine fchlechte Mutter! Ich habe fchon oben gezeigt, was die unfeelige Operation, das Pjropagationsgefciiäft fporadifcJi (nach der bey Hunden vind andern yieh beliebten Weife) zii treiben, und dann die Jünder auf püentlicbe Kor ften in Findelliäufern zi; erzieiieu, für traurige Folgen aufs Phylilclie hat, und eben fo ift es mit dem Sittlichen, Es ifi: eine ausgemachte \Vahrheit, je mehr ein Staat uneheliche Kinder hat, defto mehr hat er Keime der Korruption, delto mehr Saat zu Jtünftigen Unruhen und Revolutionen. Uiid doch kann es Regenten geben, die, durqh ffilfcbe Fi? uaiizvorL'piegelungen verfülirt, glauben können, die eheliche Verbindung könne dem Sta,ate fchädlich werden, der ehe-lofe Stand mache treue. Diener, gute Biirger und dergleichen mehr. O ihr Grofseh diefer AVeit, wollt ihr die Ruhe eurer Staaten lichern, wollt ihr walires Glück im Einzelnen und im Ganzen verbreiten, fo befördert, ehrt uii4 »nter-ftüzt die Ehen; -betrachtet jede Ehe als eine Pflaiizfchule' guter Staatsbürger, jede gute häuslich glücTcKchlö Fa'milie als ein Untferpfahd d'er öfFi^ntlichfeiilluhe und eurer Thronen! * ^^ ' . Man verzeilie diefe Dlgrefiion meinem Herzen, das keine Gelögeriheit v'or>-b'ey laffen Icaiin, das Göttliche und Wohlthätige einer Einrichtiing zii zeigen, die ofFenbat in der fittlicheri itnd phyfifclien Natur 'des Menfch^h gegiiin-det ift, und die noch von fo vielen jezt verkannt und fallcli beurtheilt' wird, Joh kehre jezt nieinem Hauptzweck zurück, den wohlthätigen Einflufs des Eheftands auf das phyfifche Wohl des Merifehen zu zeigen. Mit Recht verdient er unter den Verlängerungsmitteln des Löbens einen Pia?. ^ Meine Grün-dei find folgende; j, Dtr Eheftand ift das einzige Mit^ telunv dem Gefčhlcchtstrieb Ordnung und Beltimmung zu geben. Er fchü^t eben fo fehr für fchwächendfer Ver-IdnVehdung; als für unnatürlicher und kältender Zurückhaltung, So fehr ich der Enthaltfeuaikeit'in' der Jugend das Wprl; geredet und yberz€ugt bin, dafs fie unexatj^ehrlich ztira glückliclien und langen Leben iftj fo bin icli doch eben fo felir überzeugt», dafs manjiliche JaJxre kommen^ Wo es eben fo nachtheilig wärCj jenen natül-lichen Xrieb ge-"vyaltfain zu unterdrücken j als ihn da zu befriedigien, wo es noch nicht Zeit ift. — Es bleibt doch zuin Theil, wenigftens iQ Abficht. auf, die grobem Theile, eine Excretiojij und, was das wichtigfte ift«, durch Völlig unterlafsnen Gebrauch die^ fer Orga,ne «yeranlaffpn wir natürlich» dafs ir^met weniger Generationsföfte da abgefondert und präparirt, folglich auch ^raer, weniger ins Blut reforbiit werden j utid wir erleiden am Ende dadurch felbft eineil Verluft. Und fchon das all» gemeine , G.efez der Harmonie erfodert es. Keiüe :^aft 4ii uns darf , ganž mient^» >yickelt,i)ieibenj jede JiiUfs .ai^gemellen geübt .-Vy^rden. — CoUus modicus exckaip nimius (}ebiiitaL ■ .\-> : 2i & m'^sigt ünd ieguiirt deii Gie» nufsi , Eben das i was deii WoÜüliliaig vom Eheftand abfciireckt; 'dlaš Ehietliey, ift fehr lieillam und nothw-'eridig; denn es verhütet die durch ewige Abweclife-lu«g der Gegenllände immer erheuerte und defto IchAviichendere Reizung. ' Es verhält fich wie die einfathe Nährung zur coniponirten und Ichwelgerifchen; nur jene giebt Mälsigkeit und laiigeÄ Leben. ^ 5. Die Erfarung fagt uns: Alle, die ein ausgezeichnet hohes Alter erreichten, luaren verheyrathct. 4. Der Eheftaiid gewährt die reini fte, gleichförmigfte, am wenigfteh aufreibende Freude, die häusliche: Sie ift zuverläffig diejenige, die der phyfifthöll und moralil'cheiT Geluridheit am ahge-nieffenften ift, und das Genmth am ge-wiileften in jenem glücklichen Mittelton erhalten kann, der zui' Verlängerung des Lebtens der vortheilhaft^fte ift. Er temperirt fowohl die übisrfpannten und Ichwäi-merifchen Hofnungen und Plane, als die eben fo übertriebnen BeforgnilTe. Alles wird durch die Mittheilung eines zweyten Wefens, durch die innige Verbindung uufrer Exiftenz mit einer andern gemildert und gemäfsigt, Dazu nun die zarte Wai*tung und Pflege, die kein andres Verhältnifs in der Welt für die Dauer To verAchem kann, als das ehe-liclie Band, der Himmel aitf Erden, der in dem Belitz gefunder und wohlerzogener Kinder liegt, die wirkliche Verjüngung, die ihr Umgang uns gewalirt, wovon der Sojährige Coniaro uns ein fo rührendes Bild gemacht hat, und man \Yird nicht mehr daran zweifeln. Wir gehen fall durch eben diö Veränderungen aus der Welt, als wir hineinkommen; die beyden Extremen des Lebens berühren fich wieder. Als Kinder fangen wir an, als Kinder hören wir auf. Wir kehren zulezt in den nehmlichen fchwachen undhülflofen Zuftand zurück, wie im Anfange. Man mufs uns heben, tragen, Nahrung verfchafreu und reichen. Wir bedürfen nun felbfl wieder Eltern, und — welche weife Einrichtung? — wir finden fie weder in uh- fern Kindern, die Xich nun freuen, einen ■[flieil derWoliltliaten er wiedern zu können, die wir ihnen erzeigteui Die Kin-» der ttelen nun gleiclilam in die Stelle der Ekern, fo wie unüe Scliwadie uns in den Stand der Kinder veliezt. ^ Der HageJiolz hingegell macht fich diefet Weifen Einrichtung felbfl: X'erluftig. Wie ein ausgeltorbner Stamm fleht er einfam und verlaflen da, und fucht vergebens durch gedungene Hülfe fich die Stütze und Sorgfalt zu verfchaffen, die nur das Werk des Naturtriebs und Naturbauds feyn kann» Wirke tb viel dU Willfi, <äü Wiifi doch tiWig allein flehen, fils an das All die NitUr (dich» die Gevriiügej, knüpft. .i.-.ftS: // ■ ..-'^i-tf, i, i, kJ ^ " Der SčhiaE 'is;,;;^;.)- ■ I j" . . i Jell hate gezeigt, dafs der Schlaf feillg di?r weiieftert Veranftaltüngen der iSTätur ^ den heitälldigeri reifseiiden Stroin fer Leliensconfumtioii zu beliimintea Zeiten aufzuhalteil und zu rriafsigeiii Er giebt gleiclifanl die Stationen für uhfre phyflfche und rnoralifche Exiftenzj und. wir erhalten dadurch die Glüclcfe-ligkeitj alle Tagfe Von iieueiii gebohren zu werden , und jeden Moi'geil durch einen Zuftaild von Nichtfeyll in eiit neues erfrifchtes Lieben iiberžugeheni.' Ohne diefen beftändigeli Wechfel, öhnö diefe beftändige EtneUeruiigj wie eket ülid unfchmackhaft Würde uns iiiclifi bald das Leben, uiid wie abgetragen ttrt« M m fer geiftiges und pliyfifclies, Gefühl feynl Mit Recht fagt daher der gröfste Philo-foph unfrer Zeiten: Nehmt deinMenfchen Hofnuug, und Schlaf, und er iß das un-glücklichfte Gefchöpf auf Erden. Wie unweife handelt alfo derjenige, der dadurch, dafs er lieh den Schlaf übermäfsig abbricht, feine Exiftenz zu verlängern' glaubt! Er wird feinen Zweck weder iw noch extenßv erreichen. Zwar mehr Stunden wird er mit ofnen Augen zubringen, aber nie wird er das Leben im eigentlichen Sinn des Worts, nie jene Frifchlieit und Energie des Gei-ftes genifefsen, die die unausbleibliche Folge jedes gefunden und hinreichenden Schlafs ift, und die allem, was wir treiben und thun, ein ähnliches Gepräge aufdrückt. Aber nicht blos fürs intenfive Leben, fondern auch fürs extenfive, für die Dauer und Erhaltung deflelben ift gehöriger Schlaf ein hauptfächliches Mittel. Nichts befchleunigt unfre Confumtion fo fehr, nichts reibt fo vor der Zeit auf und macht alt, nls Mangel deflelben. Die phyfilchen Wirkungen des Schlafs find: Retardation aller Lebensbewegungen, Sammlung der Kraft undWieder-erfetzung des den Tag über verlohren gegangnen, (hier gefchieht hauptfachlich die Reftauration und Ernährung) und Abfonderung des unnützen und fchädlichen. Es ift gleichfam die tägliche Crifis, wo alle Secretionen am ruhigften mid vollkommenften gefche-hen. Fortgefeztes Wachen verbindet alfo alle Lebensdeftruirenden Eigenfchaften, unaufliörliche Verfchwendung der Lebenskraft, Abreibung der Organe, Be-fchleunigung der Confunition und Verhinderung der Reftauration. Aber man glaube nicht, dafs deswegen ein zu lange fortgefezter Schlaf das befte Erhaltmigsndttel des Lebens, fey. Zu langes Schlafen häuft zu viel über-flüIFige und fchädliehe Säfte an, macht die Organe zu fchlaff jand unbrauchbar, Mm a und kann auf diefe Art ebenfalls das Leben verkürzen. Genug, niemand follte unter 6 und niemand über 8 Stunden fclilafen. Diefs kann als eine allgemeine Regel gelten. Um ferner gefund und mliig zu fchlafen, und die ganze Abficlit des Schlafs' zu erreichen, empfehle ich folgende Puncte: 1. Der Ort des Sclilafens mufs ftill und dunkel leyn. Je weniger aufsre finnliche Reize auf uns wirken, deflo vollkommner kann die Seele ruhen. — Man fieht hieraus, | wie ' zweckwidrig die Gewohnheit ijft, ein Nachtlicht zU brennen. . 2. Man mufs immer bedeilken, dafs das Sclüafzimmer der Ort ift, in dem man den gröfsten Theil feines Lebens zubringt; wenigftens bleibt man gewifs an keinem Ort in einer Sifiuation fo lange. Aeufserlt Avichtig ift es daher, an diefem Orte eine gef unde mid reine Luft zu erhalten. Das Schlafzimmer muls alfo geräumig und koch, am Tage nicht bewohnt,' auch nicht geheizt feyn, und die Fenfter beftandig ofFen erh^ten Vierden auffer des Nachts. 3. Man effe Abends nur wenig, und nur kalte Speifen, und immer einige Stunden vor Schlafen. Ein Hauptmittel, um rullig zu fchlafen, imd froh zu erwachen. 4- Man liege ohne allen Zwang und Druck fall: ganz horizontal im Bett, nur den Kopf ausgenommen, ' der etwas erhöht feyn mufs. Nichts ift fchädlicher, als halb fitzend im Betf zu liegen, der Körper macht da immer einen Winkel, die Circulation im Untierleibe Avird er-fchwehrt, auch das Rückgrad immer fort gedrückt, daher ein Hauptzweck des Schlafs, freyer und ungehinderter Blutumlauf, dadurch verfehlt, ja iii der Kindheit und Jugend Verwachfung luid Buckel oft durch diefe Gewohnheit erzeugt wird. 5. Alle Sorgen und Tageslallen müf-fen mit den Kleidern abgelegt werden ; keine darf^ mit zu Bette gehen. Man kann liierinn .durch Gewohnheit er-ftaunlich viel über lieh erhalten. Ich kenne keine üblere Gewohnheit als die, im Bett zu ftudiren und mit dem Buche einzufchlafen. Man fezt dadurch die Seele in Thätigkeit, gerade in dem Zeilpuiict, wo alles darauf ankommt, fie völlig ruhen zu lalTen, und es ill natürlich, dals nun diefe aufgeweckten Ideen die ganze Nacht hindurch im Kopfe herunifpuken, und inmier fortbearbeitet werden. Es ift nicht genug, phyfifch zu fchlafen, auch der gei-ftigeMenfch mufs fchlafen, Ein folcher Schlaf ift eben fo unzureichend, als d^er cntgegengefezte Fall, wenn blos unfer Geiftiges aber nicht unfer Körperliches fchläft; z. E das Schlafen in einem er-fchütternden Wagen, auf Reifen. 6. Hierbey mufs ich noeh eines be-fondern Uroftandes erwähnen. Es glaubt nehmlich mancher, es fey völlig einer-ley, ivenn man diefe 7 Stunden fchliefe, ob des Tags oder des Nachts. Man über-läfst fich alfo Abends fo lange wie uiög- N lieh feiner Lufl: zum Studiren oder zum Vergnügen, und glaubt es völlig beyzu-bringen, wenn man die Stunden in den Vormittag hinein fchläft, die man der Mitternacht nahm. Aber ich mufs jeden, dem feine Gefundheit lieb ift, bitten , fich für diefem verführerifchen Irrthum zu hüten. Es ift zuverlälTig nicht einerley, 7 Stunden am Tage oder 7 Stunden des Nachts zu fchlafen, und a. Stunden Abends vor Mitternacht durch-fchlafen, find für den Körper mehr Werth, als 4. Stunden am Tage, Meine Gründe find folgende: Die 24ftündige Periode, welche durch die regelmäfsige Umdrehung un-fers Erdkörpers auch allen feinen Bewohnern mitgetheilt wird, zeichnet fich befonders in der phyfifchen Oeconomie des Menfchen aus. In allen Krankheiten äuffert fich diefe regelmäfsige Periode, und alle andre fo wunderbar pünct-lichen Termine in unfrer phyfifchen Ge-fchichte, werden im Grunde durch diefe einzelne 24ftündige Periode beftimnat. Sie iftgleiclifam dieEmlieituiifrernatüi»-« liehen Cliroiiologie. — Nun benieiken wir, je melir ficli diefe Periode mit dem ßclilufs des Tages ihvem Ende nähert, Öefto rpiehr befchleunigt fich der Puls-JCchlag, und es enlßeht ein iw'irklich fieberhafter Zuitand, das l'ogenannte^iCTzcZ-fieher, welches jeder Menfch hat. Höchft-wahrfcheinlich trägt der Zutritt des neuen Chylus ins Blut etwas dazu bey. Doch ifls nicht die einzige Urfache, denn Avir findens auch bey Ki'anken, die jaichts genielšen, Mehr noch hat ficher die Abwefenheit der Sonne, und die da;, piit verbundene Revolution in der Atmosphäre Antheil. Ebep diefes kleine Fieber ift die Urfache, warum Nerven-fchwache Menfchen fich Abends ge-fchickter zur Arbeit fiilüen, als am Tage. Sie müden erft einen, küiiftlichen Reiz haben, üni thätig zu werden, dasAbend-fieber erfezt Mer die Stelle des Weins, Abey man lieht leicht, dafs diefs fchon ein unnatürlicher Zuftand ift, Die Folge Öeffelben ift, -yvie bey jedem einfachen Fieber, Müdigkeit, Schlaf und Crifis durch die Ausdünftuug, welche im Schlafe gefchieht. Man kapn daher mit Piecht fageii; Jeder Menfch hat alle Nacht feine critifche Ausdünftung, bey manchen jnehr, bey manchen weniger merklich, wodurch das, was den Tag über unnützes oder fchädliches einge-fchluckt oder in uns erzeugt wurde, ah-gefcliieden und entfernt wird. Diefe tägliche Crifis ift jedem Menfchen nöthig und zu feiner Erhaltung äuITerJl Unentbehrlich; der rechte Zeitpunct der-« falben ift der, wo d^s Fieber feinen höchften Grad erreicht hat, das ift, der Zeitpunct, WQ die Sonne gerade in Zenith unter uns fteht, alfo die Mitternacht. Was thut nun der, der diefer Stimme der Natur, die in diefem Zeiti punct zur Rulie ruft, nicht gehorcht, der vielmehr di^fes Fiebej, welches d?is ^ Mittel zur Abfonderung und Reinigung u^ifrer Säfte werden follte, zu vermehrter Thätigkeit uiad Anftrengung beuuzt? Er Iföhrt die ganze wichtige Crife, ver-fäiinit den critifchen Zeitpunct, und, gefezt er legt fich nun auch gegen Morgen nieder, fo kann er doch nun Iclilechterdings nicht die ganze wohlthäj tige Wirkung des Schlafs in diefer Abficht erhalten, denn der critifche Zeitpunct ift vorbey. Er wird nie eine voll-kommne Crife, fondern immer nur unvollkommene habfu, undAerzte wiflen, was diefes fagen will. Sein Körper wird alfo nie vollkommen gereinigt. — Wie deutlich zeigen uns diefs die Kränklichkeiten, die rhevmatifchen Befchw.ehr-den, die gefchwollnen Füfse, die unausbleiblich Folgen folcher Lucubra-tionen fmdl Ferner, die Augen werden bey diefer Gewohnheit weit ftärker angegriffen, denn man arbeitet da den ganzen Sommer bey Lichte, welches der, der den Morgen benuzt, gar nicht nö-thig hat. Und endlich verlieren die, welche die Nacht zur Arbeit und den Morgen zum Schlaf anwenden, gerade die fchön-fte und fchicklichfte Zeit zur Arbeit. — Nach jedem Schlafe find wir, im eigent-lichften Verftande des Worts, verjüngt, wir find früh allemal gröl'ser, als Abends, wir haben früh weit melir Weichheit, Biegfamkeit, Kräfte und Säfte, genug, mehr den Karacter der Jugend, fo wie hingegen Abends mehr Trockenheit, Sprödigkeit, Erfchöpfung, alfo der Karacter des Alters herricht. Man kann daher jeden Tag als einen kleinen Abrifs des menfchlichen Lebens anfehen, der Morgen die Jugend, der Mittag das männüche Alter, der Abend das Alter. Wer wollte nun nicht lieber die Jugend des Tags zu feiner Arbeit benutzen, anftatt erft Abends, im Zeit-punct des Alters und der Erfehö-pfung, feine Arbeiten anzufangen? — Früh fieht die ganze Natur am reizend-ften und frifcheften aus, auch 4er menfchliche Geifi: ift früh in jfeiner gröfsten Reinheit, Energie und Frifch-Jieit; noch ift er nicht, Avie des Abends, durch die mancherley Eindrücke des Tags, durch Gefchäfte und Verdriefs-lichkeiten getrübt und fich unähnlich gemacht, noch ift er es mehr felbft, originell, und in feiner ur-fprün glichen Kraft. Diefs ift der Zeit-punct neuer Geiftesfchöpfungen, reiner Begriffe Anfchauungen und grofger Gedanken. Nie geniefst der Menfch das Gefühl feines eignen Dafeyns fo rein und voUkommen, als an einem fchönen Morgen; . wer diefen Zeitpunct ver-fäumtj der verfäumt die Jugend feines Lebensl Alle, die ein hohes Alter erreichten, liebten das Frühauffteheii, und J. Wesley, der Stifter einer eignen methodi-ftifchen Secte, ein origineller und merkwürdiger Mann, war fo fehr von der Nothwendigkeit diefer Gewohnheit iiberzeugt ,. dafs e^s zu einem Religions- pun et machte früli aufzuftehen, ufid wurde dabey 88 Jalir alt. Sein Motto, was ich hier als eine ächte Lebensmaxime empfehlen will, war: Early to bed^ and early arije Makes the rnan healthy wealthy and ioife. (Früli zu Bett und früh wieder auf, macht den Menfcheu gefund, weife und reich.) VIL Körperliclie Bewegung. Vi^enn ich das Phyfifche des Menfchen betrachte, fagt der grofse Friednc/z, fo kommt es mir vor, als hätte uns die Natur mehr zu Poftillions, als zu fitzenden Gelehrten gefchafFen. Und gewifs, ohn-eracht der Ausdruck etwas ftark ift, fo hat er doch viel Wahres. Der Menfch ift und bleibt ein Mittelgefchöpf, das immer zwilchen Thier und Engel fchwankt, und fo fehrer feiner höhern Beftimmung untreu werden würde, wenn er blos Thier bliebe, eben fo fehr verfündigt er fich an feiner jetzigen, wenn er blos Geift feyn» blos denken und empfinden will. Er mufs durchaus die thierifchen und geiJftigen Kräfte iii gleichem Grade üben, wenn er feine Be-ftimmung vollkommen erreichen will, und belbnders ift diefs in Abficht der Dauer feines Lebens von der äulTerften Wichtigkeit. Harmonie der Bewegungen ift die Hauptgrundlage, worauf Ge-fundheit, gleichförmige Reftauration und Dauer des Körpers berulit, und diefe kann fchlechterdings nicht ftatt finden, wenn wir blos denken und fitzen. Der Trieb zur körperlichen Bewegung ift dem Menfchen eben fo natürlich, wie der Trieb zum Elfen und Trinken. Man fehe ein Kind an: Stille fitzen ift ihm die gröfste Pein. Und gewifs die Gabe, Tage lang zu fitzen und nicht mehr den geringften Trieb zur Bewegung zu fühlen, ift fchon ein wahrhaft unnatürlicher und kranker Zuftand. Die Erfa-rung lehrt, dafs diejenigen Menfchen am älteften wurden, welche anhaltende und ftarke Bewegung und zwar in freyer Luft hatten. Ich halte es daher für eine unumgänglich nöthige Bedingung zum lan^^exi Leben, fleh täglich wenigfieiis eine Stunde Bewegung im Freyen 2.u mächen-. Die gei'undelte Zeit ill vor dem Efleitj oder 3 — 4 Stunden nachließ Eben in diefer AbPicht lind mit unter angefteilte kleine Reifen und Excura fionen, Reiten ^ mäfsiges Tanzen und andi'e gymnaftifclie Uebungeli fo fehr nüzlich, *) und es wäre fehr zu wün-fchpn, dafs wir hierinn den Alten mein: nachahmten, welche diefe fo Avichtigen Hülfen der Gefundheit kunftmäfig behandelten, und fich durch keine äuffeni Verhältnine abhalten lieffen, fie zu benutzen. Am nüzlichflen find fie, wenn nicht blos der Leib, ibndern auch die Seele zugleich mit bewegt und erweckt wird. Daher mufs auch eine Pi-ome-» nadej Es ill liierfiber öin cla/Kfciies und untrer Natiod Eine machendes Büch nachzulefen: Guthsmuth Gymnaftic, auch delTen nächftens herauskom-ttlehde Spiele zur Uebuvg uiid Erholung des Kür' - per s und Ceißes fiir di» Jugend, iiade, welche ihrer Ahficht ganz ent-fprechen foil, nicht allein, -wo möglich in einer unterhaltenden fchönen Gegend und nach einem gewiflen Ziel, angeftellt werden. Nn VIII. Genufs der freyen Luft — mafsige TemI ^ peratur der Wärme. mufs fich durchaus den Genufs einer reinen freyen Luft als eine eben fo notliwendige Nahrung uiiferes Wefens denken, wie ElTen und Trinken. Reine Luft ift eben fo gewifs das gröfste Erhaltungs- und Stärkungsmittel un-fers Lebens, als eingefchlofsne ver-dorbne Luft das feinite und tödlichfte Gift ift. Hieraus fliefsen folgende practifclie Lebensregeln: .1. Man lafTe keinen Tag hingehen, ohne aufferhalb der Stadt freye reine Luft genoITen zu haben. Man fehe das Spazierengehen ja nicht blos als Bewegung an, fondern vorzüglich als den Genufs der reinßen Lebensnahrung, -wel- eher befonders Menfclien, die in Zimmern zu wohnen pflegen, ganz unentbehrlich ift. AulTer diefein Nutzen wird man auch noch den liaben, dafs mai^ fich durch diefen täglichen Luftg^enufs beftäiidig in Bekanntfchaft und Familiarität mit der freyen Luft erhält. Und dadurch fichert man fich für einem der gröfsten Uebel der jetzigen Menfchheit, der zu grofsen Empfindlichkeit gegen alle Eindrücke und Veränderungen der JVitte^ rung, i^s ift eine der ergiebigften Quellen von Kranldieiten, und dafür ift kein anderes Mittel, als fich durch täglichen Umgang mit der freyen Luft vertraut zu erhalten. Und endlich wird man durch diefe Gewohnheit unendlichen Vortheil für die Augen erhalten, denn es ift gewifs, dafs eine Haupturfache unfrer Augen-fchwäche und Kurzfichtigkeit die vier Wände find, in denen wir von Kindlieit auf wohnen und leben, und wodurch endlich das Auge ganz die Kraft verliert, den Fücus entfernter Gegenftände gehö-!N n 2 irig zu forlniren. Der belle Beweifs ift, dafs diefe Augenfchwäche nur in Städten, und nicht auf dem Lande gefunden wird. 2. Man fuche immer Wo möglich hoch zu wolinen. Wer feine Gefundheit lieb hat, füllte, in Städten weuigftens, laicht par terra Vvohnen. Man öfne fleifig die Fenlten Windöfen oder Kamine find die belten Reinigungsmittel der Stubenatmosphäre. Man fchlafe nicht da, wo man den ganzen Tag Wohnt, und die Fenfter der Schlafkammer müITen den ganzen Tag offen ftehen» Noch mufs ich eine für die Le-» bensverlängerung wichtige Erinnerung beyfügerlj die Luft, iai der man lebt, immer iii einer nur niäfsigen Temperatur der Wärme zu erhaltfen. Es ift weit belTer, in einer zu kühlen j als zu heifleii Luft zu leben, denn Hitze befchleunigt den Lebensftrom aufferordentlich. Wie diefs fchorl das kürzere JLebea der Bewohner heilTer Gegenden beweifst, und viele Men^ fchen erkünftelii fich ein folches Clima durch ilire lieiflen Stuben. Die Temperatur der Luft im Zimmer follte ja^^ über 16 Grad Reamn- fteigen. IX. Das Land- und Gartenleben. Glücklicli ift der, dem das Loos fiel, der mütterlichen Erde nahe und treu zu bleiben, und in dem unmittelbaren Umgang mit der Natur feine Freude, feine Arbeit und feine Beftimmung zu finden! Er ift an der wahren Quelle der ewigen Jugend, Gefundheit und Glückfeeligkeit, Leib und Seele bleiben in der fchönften Harmonie und in dem heften Wolilfeyu; Einfachheit, Frohfinn, Unfchuld, Zufriedenheitbegleiten ihn durchs Leben, und er erreicht das höchfte Ziel des Lebens, delTen es in diefer Organifalion fähig ift. Ich kann mich nicht enthal- \ ten, das, was Herder fo fchöii davon fagt, hier einzufclialten. Mir gefället des Fieimdes Entfchlufs, der, dem Ktr- ker der Mauern Entronnen, fich fein Tuscuium erwählt. ' .Warum tliürmtea Uijiiiiiige wir die gehatienen Felfen? Zu fürchtffn etwa ihren fchnellen Sturz? ' Oder iln5 zu verbann des Himmels glänzenden Anblick? Zu rauben uns einander felbß die Luft? Anders lebte voreinit in freyer und fröhlicher Ün- fchuld. Von folcher Thorheit fern, die i'nnge Welt Auf dem Lande, Da blühen unfchuldige Freudšn. Sie füllen Mit immer neuer Wohllult unfre Brnft. Da fchaut niun den Hinunel. Da raubt kein Nachbar den Tag uns. Apoll aus frifchen klaren Quellen beut Trank des Genius uns. O kennten die Menfchcn ilu' ' Glilck nur! Gewifs in finllie Städte baig es nicht Unfre Mutter Natur, nicht hinter Scldüfler und Riegel; Für alle bliihts auf o/Fner freyer Flur. . Wers nicht fachte, fands Wer reich ift ohne Procente, Geniefst. Sein Schatz ilt, wdS^die Erde beut Hi«r rinnend* Bach • fein Silbtr, Es fteigcc in jVehien I Sein GolJ empor, und hcht an Bätunen ihm. Dunkel ini Laube verhüllt fingt feine Kapelle. Da klaget, Fi'olilockt und fireltet feiner Sänger Chor. Anders klagt in der Stadt der gsfaiiecns traurig« • Vogel; Ein Sklave, der ihm feine Körnchen lireut, Glaubt, er finge dein Jlerrn, Mit jedem Tone T»r. wünfcht er Den Wüterich, der ilim feine Freyheit fiahl, . Aüf dem Ljuide beglückt die Natur; ihr Affe, di« Kunfi, darf Nur furchtfam dort und züclitig ßch ihr nahn; ^chau hier disfen Pallaß, die grünß Laube. Gs- wölbet Vom wenig dichten Zweigen birgt fie dich. Wie den Perfemionarcji fein Haus ron Zedern, «nd fchenkt dir. Was jenen flieht, gefunden fiifsen Schlaf, Grofse Städte find gvofseLafien, Dar eij:;nen Freuden Beraubet, hafcht nach fremden Freuden naan, Alles in ihnen ifi gemahlt, Gelichter und Wände, Gebehrden , Worte, telbft das arme Herz. >' Alles in ihnefj ift vou kollbaren Holz und von J\fanmov, Von Holr und Maimor felbfi auch Herr and Frau. O Landesaimath', o wie büi du reich! [ Wenn »nun hrtngert', fo jJit »an flork, jegUcb» Jiihizeif An manpichfaltiger Ejquickung d« Froh gewählt. Oer P^lpg wild Tafel, 4ss ^itneni« Blatt wird Ein reiner Teller für die fchöne Frucht, Hiinlich«! Holz dein Kmg. dein Wein djq «rtii« fchende Quelle, Die frey von Giften dü" Gefundheit ßrömt, Cad mit fanfteni Ger^iifch zum Schlaf dich Udtr« IndelTen Hoch über dir die Levch' in Wolken fingt, IStelgend auf und ^ind Tchiefi^ div nU) M den Fufsen In ihr geliebtes Heines Fmchenneft» 111 der That, wenn man das Ideal eines zur Gefxmdheit und Longävität fülirenden Lebens nach theoretifchen Grundfdtzen entwerfen wollte, man würde auf das nehmliche zurüclckom» inen, was uns das Bild des Landlebens darftellt, Nirgends' vereinigen fich alle Erfordernifle fo vollkommen als hiei', nirgends wirkt alles um und in dem Menfchen auf den Zweck, Erhaltung der Gefundheit und des Lebens, hin, als Mer. Der Genuf^ einer reinen gefun«- den Luft, einfacher Und frugaler Koft, tägliche ftarke Bewegung im Freyeu, eine beft'immte Ordnung in allen Lebe nsgefchäf ten, del" fchöne Blick in die reine Natur, und die Stinimung von innrer Ruhe, Heiterkeit und Frohfinn, die fich dadurch über unfern Geift verbreitet, — welche Quellen von Lebene-reftaurationl Dazu kommt noch, dafs das Landleben ganz vorzüglich dem Ge-iniithe denjenigen Ton zu geben vermag; welcher dem Leidenfehaftlichen, Ueber-fpannten . und Excentrifchen entgegen ift , um fo nxehr, da es uns auch dem Gewühl, den Frictionen und Korruptionen der Städte entzieht, die jenen Lei-denfchaften Nahrung geben könnten. Es erhält folglich von innen und von auflen Gemüthsrühe und Gleichmuth, der fo lehr Lebenserhaltend ift; es giebt zwar Freuden, Hofnungen, GenülTe in Menge», aber alle ohne Heftigkeit, ohneLeiden-fchaft, temperirt durch den fanften Ton der Natur. — Kein Wunder folglich, dafs uns die Erfarung die Beyfpiele des - s höcliften Alters nur in diefer Lebensweile finden läl'st. Es ift iraurig, dafs diefe Lebensart, die urfprüngliclifte und natürlichfte des Menfchen, jezt von fo vielen gering ge-fchäzt wird, fo dafs felbft der glückliche Landmann es kaum erwarten kann, bis fein Sohn ein fludirter Taugenichts ift, und das Misverhältnifs zwifchen Städter und Landmann immer gröfser zu werden fcheint, Gewifs, es ftünde beller um die Glückleeligkeit der einzelnen Individuen und des Ganzen, wenn ficli, ein grofser Theil der jezt gangbaren Fe-dermelTer und Papierfcheeren in Sicheln 'und Pflugfchaare, und der jezt mit fchreibender Handarbeit befchäf:igteu Finger in pflügende und ackernde Hände verwandelte. Es ift ja das erfte bey fo vielen auch nur Handarbeit, aber die leztre ift nüzlicher. Und wenn ich nicht fehr irre, fo werden wir endlich, auch durch politifclie Verhältnille genö-thigt, wieder dahin- zurückkommen. Der Menfch wiid ßch der Mutter JJatut und Erde wieder' melir nUliem inülfen, von der er fich in allem Sinn m lehr entfernt liat, Treylich können wir .nicht alle Landleute von ProfelTipn feyn, Aber» wiefclipn wäre es, wenn aueliGelehrte, Gefchiiftsinänner, Kopfarbeiter, ihre Exiftenz in beyderley Arten von Befchäf-tigung theilten, wenn fie den Alten dar»-jnne nachahmten, die, troz ihrer philo-fophifchen oder Staatsgefchäfte, es nicht unter ihrer Würde hielten, zwifchen durch ficU g^z dem Landleben zu widf men, nnd in^ eigentlichften Verftande yu ruftiziren, Gewifs, alle ^ie fo trauf rigen Folgen des Atzenden Lebens und der Kopfanftrengung würden wegfallen, wenjx ein folcher Mann täglich einige Stunden, oder alle Jahre einige Monate den Späten und die Hacke zur Hand nähme, und fein Feld oder feinen Garten bearbeitete (denn freylich nicht die gewöhnliche Ari auf dem Lande zu leben , die meiftentheils nichts weiter heilst, als Bücher und Sorgen mit liin- aus zu nehmen, und, anftatt im Zimmer, nun im Freyen zu lefen, zu denken und zu fchreiben, — kann jenen Zweck erfüllen). Solche FiUflicatiönexi würden daö Gleichgewicht zwirdien Geift und Körper wieder herftellen, was der Schreibtil'ch fo öft aufliebt, fifc würden durch Verbindung der di-ey grolsen Panazeen, körperlicher Bewegung, freyer Luft und Gemütllsäufhei-terung, alle Jahre eine Verjüngung und Reftauration bewirken, die der Lebensdauer und dein Lebensglück von unglaublichen Nutzen feyn würde. Jh, icli glaube nicht Zu viel z Li lagen, Wenn icli Von diel'er Gewohnheit aulTer dem phy-fil'chen Nützen auch manchen geiJtigen und moralifchen verfpteche. ÜerHirn-gefpinnfte und Hypothefen der Študi^-ftuben würden zuverläffig wenigei: Wehden, man würde nicht mein' fo häufig die ganze Welt blos in feinei' Perfoft oder in feinen vier" Wanden m haben glauben und fie auf diefera I'ufse behandeln, und der ganze Geift Würde öieju' Wahrheit, Gefundheit» Wärme und Naturfmii bekoiiuiieii, Eigeiifchaflen, die die Griechifchen und Röniifchen Philol'ophen fo lehr auszeichnen, und die fie, nach meiner Meynung, gröfs-tenlheils diefer Gewohnheit und dem forld a uernden Umgang mit der Natur zu danken haben. Aber deswegen füllte man die gröfste Sorge tragen, den'el — lebendig tod bleiben. Diefs verhütet man am bellen, wenn man fich nie zu fehr und nie zu lange von der Natur entfernt, fich, fo oft es feyn kann, der künftlichen und abftracten W"elt entzieht, und alle Sinne den wohlthätigen EinflülTen der Natur öfnet, wenn man von Jugend auf Freude und Gefclimack an dem Studium der Naturwiffenrdiaft zu erlangen fucht (fclion bey der Erziehung lollte darauf FiückricM genommen werden), und feine Phantafie durch Uie fchönen Nachahmungen der Mahlerey und durch die Herzerhebenden Darftellungen der Dichter der Natur, eines Zachariae, Thoinpfon, Gesner, Matthijon Vi. L dafür erwärmt. X. Reifen. Ich kann unmöglich, unterlaffen, diefem herrlichen Genufs des Lebens eine eigne Stelle zu widmen, und ihn auch zur Verlängerung deffelben zu empfehlen. Die fortgefezte Bewegung, . die Veränderung der Gegenftände, die damit verbundene Aufheiterung desGemüths, der Genufs einer freyen immer veränderten Luft, wirken zauberifch auf den Men-fchen, und vermögen unglaublich viel zu Erneuerung und Verjüngung des Lebens. Es ifi: wahr, die Lebensconfum-tion kann dabey etwas vermehrt werden, aber diefs wird reichlich durch die vermehrte Reftauration erfezt, die theils in Abficht des K,örperUchea durch die er- jrnim munterte und g^eftärlcte "Verdauung, tlieils geiftig durch den Wechfel angenehmer Eindrücke und dieVergefTenheit feiner felbfl bewirkt wird. Denen vorzüglich, welche ihr Beruf zum Sitzen ncithigt, die anhaltend mit abfhacten Gegenltänclen oder drückenden Berufsarbeiten befchaftigt find; deren Gemülh ill GefühlloFigkeit, Tiübfinn oder hypo-chondrirdie Verftimmung verfunken ift, oder denen, w^as wohl das fchlimmfte Von allen ift, keine häusliche Glückfee-ligkeit zu,Theil wurde, — diefen empfehle ich diel'es grol'se Hülfsmittel. Aber gar viele benutzen es nicht fo, dafs es diefe heilfamen Wirkungen hat. Und es wird hier nicht undienlich feyn, einige der wichtigften Kegeln mitzu-theilen, wie man reifen mufs, um es für Gefuudheit ujid Leben heilfam zu' inachen. 1. Am gefundeften und zweckmäfig-ften find die Reifen zu Fufs und noch beller ,zu Pferde. ]Siur wenn man O o fchw'äclilicli ill, öder in ftarlce Totitert rfiäelit, ift das Fahren rathfam. 2. Beyin !Falireii ift es felir hdlfami im Wagen immer die Lage zu verändern^ bald zu Btzeh, "bald zu liegen u. f. f.^ da-durcli Veriiütet man am teften die IS) acli-tlieile des anhaltendfen Falii-ehs, die am meiften dalieri entftehen, wenn die Er-fdiütterung immer einerley rdchlung nimmt. 3. Die Natur vertragt keine fclinel-Teri Sprünge. Es ilt deshalb niemändj der anhaltendes Btzendes Leben gewöhnt war, anzurathen, Jticli davon fchnell auf eine rafche ftark erfciiüttern^ de Reiie zu begeben. Es Würde ungei fähr daffelbe feyhi als wenii jemand, der Waffer zd trin-ken gewohnt ilt, plözlith anfangen wollte, Wein zu trinken; —^ Man mache daher den tJebergang lang-fam j uiid fange mit mäfsigen Bewegung gen an. 4. Ueberhaüpt dürfen Reifeii j die Vetläilgferung des Lebens tind der Ge.; fundlieit zum Zweck haben j nie Stra^ paže \terden, ^^'elclies aber nür nach der Veifciiiedeiilieit der Naturen und Kon-ItilliLidneu beriinirtit werden kann. Di-ey bis vier Meileii des Tags ^ Und alle drey vier Tage ieineh oder -einige Rafttagej niöchteii etwa der allgemeinlte Maasftab teyh. Voizüglicli vermeid^ man das Reileri bey Nacht, das durch SLÖhrüng der nötliigeh Erliolurigi durch. Uiiter-drücküng der Ausdünftung, und dürcü üligeflinde Luft immer fehr naclitbeilig ift. Mail kanh fich am Tage döppelt ip viel zumutlieiij v^^enn maii nur dies ^STaclitruhe relpectirt; 5. Mari glaube ja riiclit, dafs mait auf Reifeii defto iinrnäfsiger feyn könne; Žvvai- iii der Wähl der Speiieri und Getränke braucht raaii nicht ängftlich zii feyili üitd eä ift am beften, in jedeni Lande die da gewöliiilidie Diät zü füli-rerl. Aber nie überlade riian ficli. Deiiii Während der Bewegvthg ift die Kraft deš Körpers z a fehl" getheilt, aiš dafs man dem Mageil zu viel bieten diirfie; und ftie ße^Yegu;ng feibft wird dadujrch raiih- ÜO 2 famer. Insbefönclere darf man In hitzigen Speifen und Geiräiiken (was doch auf Reifen fo gewöhnlich ift) nicht zu viel thnn. Denn das Reifen an fitli wirkt fchori als Reiz, und wir hraucheil daher eigentlich weniger reizende Sjpei-fen und Getränke, als im ruhigen Zu-ftande. Sonft entftehen gar leicht Üe-berreizungen^ Erhitzungen, jßlutkonge-ftionen u. dgl. Am beflen iE es; auf Reifen lieber oft aber wenig auf einmal zu geniefsen^ mehr zu trinken als zu elTen, und Nahrungsmittel zu wählen, die leicht verdaulich, und dennoch Itark nährend, nicht erhitzend, und nicht leicht žu verfälfchen find. Daher es aiif dem Lande und in fchlechten Wivths-häufern am ficherlten ift^ Milch, Ever, gut ausgebacknes Brod, frifch gekochtes oder gebratenes Fleifch und Oblt zu ge-niefsen. Am meiften warne ich für den Weinen, die man in folchen Häufern bekommt. Beffer ift Wad er, zu delTen Verbeflerung man Citrone, oder Cilro* nenzucker (Paftilles aü (Jitro?i) oder ei* neu guten Liquor bey ficli ftihren kann, wovon man etwas zum Walter mifcht. Ift es fauliclitriechend, fo dient dasKoh-lenpulver. *) 6. Man vermeide die übermäfsige Anftren^ung und Verfcliwendung der Kräfte. Es ift zwar im allgemeinen eben fo fcliwelir das rechte Maas der Bewegung anzugeben, als das rechte Maas im Diets iß eine tiev grörsten und \yoLltlrätigften Er-JiiiiJungen der iiauevn Zeit, die wir Ilm. Lowiz in Petersburg verdanken. Alles noch fo fauhie-eilende iind fclimcckende Waffer kann nirtn auf folgende Weife in wenig Miauten völlig von fei. iien< faulicliten Geruch und Gefchmack bcfreyeii, und zu guten Trinkwafler machen: Man nimmt Kohlen, die eben geglüht haben, pulvert lie fein, . und mifcht unter ein Nofel WalTer etwa einen Efslüffel diefes Pillvers, rührt es um , und läfst es einige Minuten flehen. Hierauf läfst man es durch Fliefspapier 'Liugfam in ein anderes Glafs laufen, in welchem es ftch ohne Farbe, Geruch und Gefchmack, aifo völlig roin und zum Trinken tauglich, fammlen wird. ,Man kann auch dio Kohlen, gleich nach dem Glüheti gepulvert und in wohl verlioplte Gläfer gefüllt^ mit auf die Reifs nehmen , uud lange confeivireu. Effeii und Trinken. Aber die Natur hat .uns da einen felir guten Wegvyeifer gegeben ^ das Gefülil der Ermüdung, welches liier eben fo bedeutend iit, als das (pefühl der Sättigung beym Eß'en und Trinken. Müdigkeit ilt nichts anders, als der Zuruf der !Natur, dafs uni'erVor-ratli von Kräften erfcliöpft ilt, und, wer müde ift, der i'oll ruhen. Aber freyliclx kann auch hier die Natur verwöhnt werden, und wir fiUüen endlich ebe\i fo wenig das Müdefeyn, als der beftändige Sclilenimer das Sattfeyn, befonders fvenn man durch reizende und erhitzende Speifen und Getiänl<.e die ^Nerven fpannt. Doch giebt es dann andre Anzeigen, die uns fagen, dafs wir das Maas übfrfchritten haben, und auf diefe bitte ich genau zu merken. "^Ven^ man anfängt mismuthig und verdrofTen zu werden, wenn mau fchläfrig ift uud oft gähnt, und dennoch der i^^laf, auch bey einiger P^uhe, nicht koini^nen -vrill, wenn der Appetit Jpch verliert, \vemi bey der. geringfien Bewegung ein Klo- jpfen der Adern, Erhitzung, aucli wohl Zittern entftelit, wenn der Mund trocken oder gar bitter >vird, >— dann ift es ^lolie Zeit, Ruhe und ]Erholano; zu fu-(chen, wenn man eine Krankheit vermeiden -^ill, die denn fchoia im Entfte-Iien itt. » 7. Auf Reifen kann die unmerkliche Ausdünftung leicht geftöhrt werden, und Erkältung ift eine Hauptquelle der ^ranl^eiten, die da vorkommen. Es ift daher ratloTam allen fchnellen Uebergang aus Hitze vind K^te^ vnd umgekehrt, rneiden, und, wer eine fchon empfindliche Haut hat, thut am heften, auf Reifen ein Hemde von dtüineii Flanell au tragen, 3. Reinlichkeit ift auf Reifen doppelt nöthig,und daher das öftre Wafchen des ganzen Körpers mit ftifdien WalTer fehr au empfehlen, welches auch zur Vermii' ^"^ng der Müdigkeit viel bey-irägt. 9. Im Winter oder im feuchten kalten CUraia wiyd maji ficli immer eher ßarke Bewegung zumutlien lf ''che Empfindlichkeit d^rfelben, wodurch es denn kommt, dafs er jede kleine Veränderung der W^itterung, jedes Zuglüftgen auf eine höcliTt unangenehme Weife in feinem Inneyn bemerkt, und zulezt ein wahres Barometer wird. Man nennt diefs die rheymatifche Conßitu-lion, die hauptfächlich in der mangelnden Hautftärk^ ilire^a Grund hat," Auch eiilfteht daher die Neigung zum Schwitzen, die ebenfalls ein ganz unuatüili-cher Zuftand ift, und uns beltändigen Erkältungen und Kiänldichkeiten aus-fezt Ueberdiefs ift fie ein Hauptmittel, um das Gleichgewicht in den Kräften und Bewegungen unfers Körpers Ordnung zu halten. Je thätiger und olFner die Haut ift, defto fieherej: ift de^Menfch für Anhäufungen und Krankheiten in den Lunge», Darmkanal und ganzen Unterleib, defto weniger Neigung zu den ßaßrifchen (galUcht^n und fclileiniich-ten) Fiebern, zur Hypochondrie, Gicht, Lurigenfucht, Kathnphen und Hüinor-rhoiden. Eine Haupturfache, dafs diefe Krankheiten jezt bey uns fo eingerifTen find, liegt dai .nne, dafs wir unfre Haut nicht mehr durch Bäd^r mid andre Mittel reinigen und ftärken. Die Haut ift ferner eins der wich-tigften Reftanrationsmittel unfers Körpers, wodurch uns aus der Luft eine Menge feiner und geiftigerBeftaudtiieile zugeführt werden foil en. Ohne gefunde Haut ift daher keine Völlige Reftaurä-tion, ein Haaptpiihzip des langen Lehens, niöglichi Unreinlichkeit deterio-rirt den Menfchen phyfifch und inora-lifch. Auch ift nicht zu vergelTen, dafs die Haut das Hauplovgan dei* Criieri j d. h. der Naturhülfe in Krankheiten, ift, und dafs ein Menfch mit feiner offnen und, gehörig belebten Haut weit fichrer feyn kann, bey Vörkomniendisn Kriankheiten leichter und vollkommner geheilt zu werden^ jafich oftj öhneArzney^ felbft durch ill helfen. i)ais ein folclteS Organ ein Grundpfeiler der Gefundheit und des Lebens fey , wird nun wolil niemand leugnen» und es ift daher in der That unbegreiflich , wie man in den neuern Zeiten, und gerade bey den Yernünftigern und aufgekläi-tern Völkern j daffelbe und feine gehörige Kultur fo ganz hat vernach-läfligen können. ]a, anftatt das minde-fte dafür zu thun, finden wir vielmehr, dafö niaii Yötl Kindlieit auf aÜes gleich^ faui darauf anlegt, die Haut zu vierflo-pfeil, zu ierfclilafFeal und zu lälimeri. Bey weiter! die melurisftenMtenfdien em-pßndeii äuffer deiii Öade der lieiligeii Tavife iii ihrem gaiizen LeLeii die Wolil-that des Badelis niclit wieder^ die Haut \^^i•d durch dteri täglichen Sch\teifs uiid Sdütiuz imhier mehr Verftopft, durch warriie Bekleidungen, Pelzwerk, Fßder-hetten u. 1. W. erfehlafFt und gefdiwächt, durda eirigefclilofsne Luft uiid fitzendes t,ebeh gelähmt^ und ich glaube ohne alle tJebertreibuiig beliaüpten zu können^ flafs bey den nieifteii Mehfdien üiifrer Ge'gendeii die Haut zur Hälfte verftopft ünd uhthätig feyi Mart erlaube mir, hier auf eiiie In-tonfequenz aiufmerldarh zii rnacheri, die üur daš vor lieh hat, dafs fle iiichi die eiiizige der Art im menfchlichen Leben ift. Bey Pferden ünd aindern Thie-fen ift der gemeinite Mann überzeügtj dafs gehörige Ilautkultar ganz iment-liehrliciizu ihrem Wohlfeyn und Leberi fey. Deir kneciit verfäumt Schlaf tind alles, um lein Pferd gehörig ftriegelni fchwenimeu lind teinigeii zu können. Wird daš Thier mager tmd fchWachi fö ift es der erite Gedanke, ob maii vielleicht in der Haütbelbigung etwas ver-i'äumt und vernachlälligt habe. Bey fei-iieni Kinde aber iind bisy fleh telblt, fallt ihm diefer eirifathe Gedanke nie ein. Wird diefs fchwach und elend, zfehtt es Geh äb^ bekommt es die fogehaniiten MiteJOfer (alles Folge der Uni-eiillichkeit}^ fo denkt er eher an Behexüiig tiiid am dem Unfinn, als an die wahre Ufiachej uriterlafsrie Hatitreinigung. So vernünftig j fo aufgeklärt find wir bejr Thieren; warum nun nicht auch bey Menfcheix? Die Regeln, die ich žiif Erhaltühg der Reinigkeit und eines gefarideii lebendigen Zuftandes der Haut zu gebeii habe, find feht leicht und einfache und können, insbel'ohdere wenn lie von Ju-geiid auf befolgt Werden, ais grofse Vejf- längfievungsmittel des Lebens betrachtet werden: 1. Man entferne foi-grältig alles, Was unfer Körper als fchädlicli und ver-doiben von ficli abgelondort hat. Diefs gefchieht, wenn man öfters (wers haben kann täglich) die Wafche wechfelt, die Betten, wenigfiens die Ueberzüge oft umändert, und fich daher lieber der Ma-trazen bedient, die weniger Unreinig-Iceit annehmen, und die Luft des Wohnzimmers hauptfächlich des Schlafzimmers immer erneuert. 2. Man walche fich täglich mit frl-fchem Waffer den ganzen Körper, uud Teibe zugleich die Haut ftark, wodurdl ße atin'erordentlicli viel Leben und Gangbarkeit erhält. ' 5- Man bade Jahr aus Jahr ein alle Wochen wenigfiens einmal in laiieli Wader, wožu fehr nüzlich noch eine Abkochung von 5 — 6 Loth Seife geni ifcht werden kann. Wollte Gott, dafs die Badehäufer an allen Orten wieder in Gang gefezt würden, damit auch der unbe- unbegüterte Theil des Volks diefe Wohl-tliat geniefsew Jc,önnte, fo wie er fie in den vorigen Jahrhunderten überall ge-nofs, und dadurch gefund und ftark wurde 1 *) j rr *) Wir Ii.-iben noch übtrall Badehi'ufer und Badsr, ' "aber blös als Rudera jener löblichen Gewohnheit, Ihre BeniKzung ift Jnrch eine unbegreifliche In-j' «lolenz der'Menrchen ganz abgekomHien. Ehe-jlj inalils glnaya .alle,Sonnabende Badfcrprozeflionenj mit kUjigenden Becken durch.,die;Strafsen, uni^ ans Baden zu erinnern, und. der im Schmnz ar> Leitende'Handwerker wufch'nun iiii'Bado jene' ünreinigkeitfen.voii Xiclii die er-jezt gewöhnlich Zeitlebensjnüt fich trägt. Es ipllt^p,. jeder Ort einf Eadeliaus qd«r Flof« im FhtlT^ fiü.%den Sonimer| und ein andres für den Winter haben. Nur be;^ " ' ■ öbachte män Vey' jedem' Bade die l(egel, nie Bey Tollem Magen, alfo nüchtcin oder 4. Stunden nach dem.EfleH, . auch nie mit erhizteni Körper ins Bad zu,gehen, im killilen Fjtlvfswafler nie über eiilcViertelftunde, im lauen Wjafler nie über drcy Vierlelftundeii zu , bleiben ' die Eikältung büym Ileraus^elipn zu verhüten ^(we-lches ara bo-fcn dadiirc^i gefchieht, wenn niaii gleich beyn» IleräusTteigeo «inen jQanelhicn Schlalipck über- Ich känn-liier niclit tiVöllin, des Seebads zu erwäliiien, das durch feine 'reifende und eindringende Kraft untör deli IVIitteln zur Hautkuhur-obeii aii fteht, und gewifs eins der erften Bedürfniffe der jetzigen Generation erfüllt, die Haut zu öfnen, und das ganze Organ und dadurch das ganze Nefvenfyftem neu zu beleben. Es hat diefesBad zwey grofse Vorzüge,, einmal dafs es (ohngeachtet feiner grofsen Heilkräfte itf Kranklieiten) dennöch 'als das riatiirgemafsefte HüH's-mittel, aücTi^bloSi zur Erhaltung und Be-feftigung der Gefujndheit, von Gefunden benuzti \yerden kann,' ''was bey einer Menge aridexn Bädern nichj:^^ der Fall ift, die einem Gefunden fchaden. Es ift da.. .,;3 rtr ■ " cH ■ ' sieht}, ^ und nach' dem Bade hey trocLnei' war-intr^'WSt«erürtg eins mäf-'ige-^Bevi'egiing zu ma-cheri', '''bey'kühler und'feilcht!ei'Witteiting aber f eine Sttihde lang lÄi tväi'itien žinimer zu hleiben. Mehi' da'^on''findet'Itidh' iA' Miihen gemeinnützigen Auffätzen, Lei-ptig hey &öfclien, unter dem Kapiteji: Erinnerung «n dli Badir^ mit wie mit der Leibesbewegung, fie kann unheilbare Krankheiten kuriren, und dennoch kann fie auch der Gefünde-fte zu Erhaltung feiner Gefundheit brauchen. Der andre Vorzug aber ifl: der ganz unbefchreibliche grofse und herrliche Anblick der See, der damit verbunden ift, und der auf einen nicht daran gewöhnten eine Wirkung thut, welche eine gänzliche Ümftimmung und wohlthätige Exaltation des Nervenfy-" ftems und Gemüths hervorbringen kann. Ich bin überzeugt, dafs die phyfifchen Wirkungen des Mittels durch diefen Seeleneindruck auderordentlich unter-ftüzt werdeii fflüITen, und dafs z< B. eine liypochondrifche oder an Nerven leidende Perfon fchon das Wohnen an der See und die damit verbmidrien herrlichen Scliaufpiele des Auf- üiid Untergehens der Sonne, des Sturms u. f. w. halb kuriren können. Ich würde in gleicher Abficht einen Kontinentsbewohner die Reife ins Seebad, und eitlem Küßenbe« Pp 2 woliner die. Reife in die j^lpen latlieii; denn beydes find, dünkt mich, die gröfsten Standpimcte der Natur. Dank daher dem erhabenen und Menfchen beglückenden Fürlten, der in Dohr ahn bey Roßock Teufchland das erfte Seebad fchenkte, un,d dem würdigen Arzt Vogel ^ der daffelbe fo treJllich und zwec^tmafsig einrichtete, und durch feine Gegenwart die Heilfauikeit defl'el-ben erhöht. trage Kleidungen, die die IJaut iiicht fchwächen, und die ausdüu-Itenden ^aterien leicht durchgehen laf-fen. Ich kemie nichts verderblicheres in diefem Sinne, als das Trägei^ der Pelze._ Es feil wacht durch die übergfofse Wärme ajasnehmend die Haut, befördert nicht Ausdünftung, fondern Schweifs, und läfst doch die verdmiftendenTheile, wegen des Leders, nicht hindurchgehen. Die Folge aftj dafs ßch ein beftändigeg Dunftbad zwifchen der Haut und dem Pelze erzeugt, luid, dafs,ein grofser Theil der unreinen Materien uns wieder zurückgegeben und wieder eingefogen wird. Weit befTer ift das Englilche Pelzzeug, welches dieVortlieile des Pel-zeš und doch nicht (weil es kein Leder hat) die Naclitheiie der Unreinlichkeit und der eingel'clilofsnen Hitze hat. Aber alle diefe zu 'wannen wollnen Bedeckungen auf blofser Haut, find nur bey lehr gpofser Kälte, oder bey l'chon fchwächlichen und zu Rheumatismen geneigten Naturen zu empfehlen. In der Kindheit und Jugend und bey übrigens gefunden Körper ift es am beften, unmittelbar auf der Haut eine Bekleidung von Leinwand oder Bamuwolle zu tragen, und darüber im Sommer ein eben folches, im Winter ein wollnes, Ueberkleid. 5. Man mache fich fleifsig körperliche Bewegung, denn diefs ift das gröfs-te Beförderungsmittel der mimerklichen Ausdünnung. 6. Man vermeide folche Speifen, die die Ausdünftung Ijemraen, und nicht gut perXpix'ireii. Dahin gehören alles Fett, SchweinefleiX'cli, Gänfe. fleifch, grobe unausgebackne Mehlfpei fen, Kftfe. XIL' Gute Diät und Mäfsiglceit im ElTen und , . Trinken — Erhaltung der Zähne. D ar Begriff der guten Diät ifl: etwas re-latif; wir fehen, dafs gerade die Men-Xchen die ältellen wurden, die gewifs keine ausgefuchte ängftliche Diät hielten , aber die fparfam lebten, und es ift eben ein Vorzug der menfchlichen Natur, dafs lie alle, auch die heterogensten, Nahrungsmittel verarbeiten und fich verähnlichen kann, nicht, wie die .thierifche, auf eine gewiffe Klaffe eiu-gefchränkt ift. Es ift ausgemacht, dafs ein Menfch, der natürlich, mehr im Freyen und in Bewegung lebt, fehr wenig Diätregeln braucht. Unfre künftli-che Diät wird erft durch unfer künftli-ches Leben nothwendig. 6oo i So viel ilT: gewifs, dafs es nicht fo wohl auf die Qualität aber gar fehr auf die Quantität der Nahrungsmittel ankommt, wenn wir auf Verlängerung des Lebens fehen, und Cornaros Beyfpiel giebt uns davon einen erftaunlichen Be-weifs, wie weit ein fonft fchv/ächlicher Menfch dadurch feime Exiftenss verlängern kann. Man kam mit Wahrheit behaupten, dafs der gröfsle Theil der Menlchen viel mehr ifst,' als er nölhig hat, und fchon in der Kindheit wird uns durch das ge-waltfarae Hinunterftopfen und Ueber-futtern der natürliche Sinn genommen, ZUAvifien, wenii Avir fatt lind. Ich Werde alfo liier nur folche allgemeine Piegeln in Abficht aufs Eden und Trinken geben, die allgemeingültig find, und von denen ich überzeugt bin, dals fie wefentlichen Einflufs auf Verlängerung des Lebens haben. 1. Nicht das, waswirelTen, fondern das, was wir verdauen, kommt uns zu gute und gereicht uns zur Nah- rung. -- Fo]glicll/ loer alt werden luül, der effe lan^faiti, denn fehon im Munde HiüflVii' die' Speifen den erften Grad von Verarbeitung und. VeräHnlicliung erleiden. DieČš gefcliieht durch das geliörige Zerkauen und die Vermifchung mit Speichel, welches beydes ich als ein Hauptftück des ganzen Reltaurationsge-fch'dfts betrachte, und daher einen grofsen Werth zur Verlängerung des Lebens darauf lege, um fo mehr, danach meinen Unterfuchungen, alle fehr alt gewordene die Gewohnheit an lieh hat« ten, langfam zu eflen. 2. Es kommt hierbey alfo,fehr vi^l auf gute Zähne an, daher ich die Erhaltung der Zähne mit Recht unter die Lebensverlängernden Mittel zähle. Hier einige Regeln, die gewifs, wenn fie Ton Anfang *an gebraucht werden, die Zähne bis ins hohe Alter feft und uiiver-dorberi erhalten können: Man verbilide immer einen gehörigen Genufs der V^getabilien oder des Brodes mit dem Fleifche, demi das Fleifch bleibt weit leichter zwifchen den Zähnen hängen, fault und greift die Zähiie all, Man wird daher durchgängig finden, dafs die Klaffen vonMen-fchen, die wenig oder gar kein Fleifch geniefsen, Bauern, Landbewohner, immer die heften Zähne haben, ohneracht fie lie faft nie putzjen. Aber eg kann kein befsres Zahnpulver geben, als das Kauen eines Stücks Schwarzen trocknen Brodes, Es ift dajier für die Zähne eine fehr heilXame Gewohnheit, n^ch jeder "Mahlzeit eijcj Brodrindgen lajigfam zu verkauen, ..... Man vermeide jpden plözlich^n Ue-bergang der-Zähne ans einer heiffen in eine kalte Temperatur und umgekehrt. Denn der Ueberzug jedes Zahns ift Glasoder Emailartig, und kann bey jedem folchen fchnellen WechfeV leicht einen Sprung bekommen, in den fich die ver-dorbnen Theile himeinfetzen, und fo den erften Grmid zur Corruption des Innern legen. Es ift daher am heften, nie zu lieifTe oder zu kalte Dinge^in den Mund zu nelimen, am allerwenigften während des Genuffes von etwas lieiHen, z, E, der wannen Suppe, kalt zu trinken. Man kaue keinen Zucker, und vermeide auch Zuckergebacknes, was mit viel zähen loimichten TJieilen ver-mifcht ift. Sobald Juan den erlten angefrefsnen Zahn bemejrkt, fo laffe man ihn gleich heraus nehmen, denn fonft fteckt dierey die übrigen an, . Maji fpüle alle Morgen, insbefon* dere aber nach jeder Mahlzeit die Zähne mit WaCTcr aus, denn dadurch werden die Ueberrefte der Speifen weggenommen, di(5 fo gewöhnlich zwifchen den Zähnen litzen bleiben und denOrund zu ihrem Verderben legen, Mail wird bey gehöriger Beobachtung diefer Regeln feiten ein Zahnpulver npthig haben. SolUen aber die Zähne (wie diefs in der Natur manches Menfchen liegt), geneigt f^n, immer mehr Schmuz (den fogenannten Wein-ftein) anzufetzen, fo empfeWe ich fol- gendes ganz unfchuldige Mittel: i Lotli roUi Sandelholz, ein halbes Loth China, werden duiTerft fein gepülvert und durch ein HaarQeb gelläubt, lodann 6 Tro/-pfen Nelken- und eben fo viel Berga-inotlölil zugemiicht, und damit dieZ'ali-ne des Morgens abgerieben. Ift das Zaimfleil'ch fchwammicht, blutend, fcor-butifch, To fezt man nocji ein halbes Qaent Alaun hinzu. 3. Man hüte fich^a, bey Tifch nicht zu ftudiren, zu lefeii oder den Kopf an-zuftrengen. Diefer Zeitpunct mufs fchlechterdings dem Magen heilig leyn. Es ift die Zeit feines Regiments, und die Seele darf nur in fo fern mit ins Spiel kommen, als nöthig ift, ihn zu unter-ftützen. So ift z. B. das Lachen eins der gröfsten Verdauungsmittel, das ich kenne, und die Gewohnheit unfrer Vorfali-ren, dalTelbe durch Leberreime undLu-ftigmaciier bey Tifche zu erregen, war auf fehr richtige medizinifche Grund-fätze gebaut. — Genug, man fache frohe und muntere GefeUfchaft bey Tifch".zu haben. Was in Freuden tind. Scherz genofl'en wird, das giebt, gewils. auch gutes und leichtes Blut. 4. Man mache fich nie unmittelbar^ nach der Mahlzeit fehr ftarkeBeAyegupg,|. denn diefes ftöhrt die Verdauung r^id AIFnnilation der Nahrungsmittel ,gans!; erflaunlich. Am bellen Stehen oder langfani es Herumgehen. .Die befte Zeit, zur Bewegung ill; vor.Tifch, oder drey Stunden nach dem Eilen. .. ■ ^^ 5. Man elTe nie fo viel, dafs man, den Magen fühlt. Am bellen man höre auf, ehe [man noch überfättigt ift. Und immer mufs die Quantität der Nahrung mit der körperlichen Arbeit in Yerhii|t7. nifs flehen; je weniger Arbeit, deJfto weniger Nahrung. 6. Man halte fich bey der Wahl der. Speifen immer mehr an die Vegetabilie»,. Fleifchfpeifen haben immer mehr Neigung zur Fäulnil's, die Vegetabilien Jiin.., gegen zur Saure und zur VerbeiTerung derFäulnifs, die unfer beftändiger näch- fter Feind ift. Ferner animalilche Spei. .V. • " • • • • fen haben immer mehr reizendes und erhitzendes, hingegen Vegetabilien geben ein kühles mildes Blut, vermindern die innern Bewegungen, die Leibesund Seelenreizbarkeit, und retardiren alfo wirklich die Lebensc'onfmhtiön. Und endlich geben animalifclie Speifen viel mehr Blut und Nahrung, und erfo-dern alfo, wenn fie gut bekommen feilen, weit mehr Arbeit uud körperliche Bewegung; .aulTerdem wird man vollblütig: Sie find alfo in diefer RückJicht gar keine Nahrung für Gelehrte und Leute, die viel fitzen, denn folche Men-fchen brauchen keine fo ftarke Reftaura-tion, wenig Erfatz von Subftanz, fondern nur von den feinern Nahrungsfäf-ten, die zu den Geifiesbefchäftigungen dienen. Am meifteii vermeide man Fleifch im Sommer und wenn Faulfieber gralfiren. — Auch finden wir, dafs nicht die FleifchelTer, fondern die, die von Vegetabilien (Gemüfse, Obft, Körner und Milch) lebten, das liöchlte Alter erreichten. — jBaco erzählt von ei- nem i20jalingeri Manne, der zeitlebensnichts anders als IMilch gen offen h^tte. Die Brarhänen effen, vermöge ihrer Religion', nie etwas anders als Vegetabilien mid isrrei'chen nieifl: ein loojahfigee AU ter. -'f.^Wesley' fing in der Mitte feiiies Lebens ah, gar kein Fleifch, tondern blbs V^e^eiäbili'en zu ^ehieffen, und ward . 88 Jahr alt. ' ' ^ , ' Mäh effe hie viel, '^venig odei" sar kein Fleifch, am heften kalt,*^ • r. • ' ; • '"- j ' 'f und'Giftige Stündeh yor Schlafengehen. '. ' Mari verfaü5rie nicht das nöthige Trinken, Es geicliieht häüfig,, däfs irnaj^^, durHiÜriacht^amkeit' aiif die Erinperun- geri der Nätvir zule^' das Trinkeh garis?' verlernt ,' ifnd iruh gar nicht meKr yoii. der'Natur' ferihnert'wird ^ weldies "eine, Haupturfache der"'Trockenheit, Vesrfto-; pfting dešUriterleiheš, und einer Menge Von KrankheileriIft, ' !die man fo häufig bey Gerehrleh uiid'Iitzenden Frauenzim-* meni findet. Aber man merke: Nicht «nter dem Effen i ft die hefte Zeit zum - 1 0 Trinken, denii dadurch wird der Ma- geiifaft zu felir verdüjnnt und die Krait des Magens gefcliwächt, fondern iiacl;i TiCcIie (etwa eine Stunde uaclijier... ''■ Daš befte Getränk ift Waffe^'y ^efes; ^ewölinUch fo verachtete, ja; ^oi^ pian-, clien £är, fcliädUcii gell alten e,G eträj^^^^ — Ich trap kein Bedei:|ken , ein ero'/ses'Mittel zur Verlängerung des Le-^il&if iiu. , _ . ! .»«D, -f ........- • -J • Dens zu erklaren. Man höre, was der verehrungswürdige G^eis, der Hr. Ge-nefa|-'Chirurgus Th^den lägt, .*) .der lein^ nun melir als 8ojähriges Lehen, haüpträclilich dem tlo^glichen Genufs von 7—8 Quart (20—24, Pfund) fritclien WafTer zufchreibt, den er nun feit melir als 40 Jahren macht. . Er war zwifchen dem^Soiten und .(|often Jährender ärgfte Hypochond'rift,. bisweilen bis zujrtief-fteu Melancholie/' litt an Herzklppfeii, Unyer<^ulichkeiten, und glaubte;^ iiic^t Jiocli qiii halbes Jalir Jeben zu können. Aber von der Zeit ^a», dafs er diefe V'-.' ■ t . - -Va/Ter- *') ,S. iliedffis neue Bc.incjiiijygeii^ Wafferdiät anfing, verloren ficli alle die Zufälle, und er ift in der fpätern Hälfte feines Lebens weit gefünder, als in der frühen, und völlig frey von Hypochondrie. — Aber die Hauptfache ift, es nmk frifcli (d. Ii, aus Quellen, nicht aus olFnen Brunnen, frifch gefchöpft und gehörig verftopfi) feyn, denn jedes BrunnenwalTer hat fo gut, wie die niineraU-fchen, feinen Brunnengeift (fixe Luft) wodurch es eben verdaulich und ftär-kend wird. — Reines und frifches Wafler hat folgende wefentliche Vorzüge, die Ulis gewifs Refpect dafür ein-flöfsen können: Das Element des WalTers ift das gröfste, ja einzige Verdünnungsmittel in der Natur. -— Es ift durch feine Kälte und fixe Luft ein fürirfflliches Stärkungsund BelebungsniIttel für den Magen und die Nerven. — Es ift ein herrliches Galle-uud Fäulnifstilgendes Mittel, wegeu der vielen fixen Luft und der falzigten Beftandtheile, die es enthält. ~ £s be- Qq fordert die Verdauung und alle Abfon-derungen des Körpers. Ohne WaflTer exi-ftirt keiue Excretion. — Da nach den neuern Erfarungen Sauerftoff ein Be-ftandlheil desWaiTers ift, fo trinken wir wirklich neuen Lebensreiz, indem Avir WalTer trinken. Auch kann ich hier unmöglich unter-lalTen, wieder einmal etwas zum Selten der Suppen (der flüfligen Nahrung) zu fagen, nachdem es feit einiger Zeit Mode worden ift, ihnen nichts als Böfes nachzufagen. Ein mäfiger Genufs von Suppen fchadet zuverläflig nicht; es ift fonder-bar, fich davon fo grofseErfchlalFung des Magens zu träumen. Wird denn nicht alles Getränk, wenn wirs auch kalt zu uns nehmen, in wenig Minuten warme Suppe im Magen, und befindet fich denn der Magen nicht den ganzen Tag in der natürlichen Temperatur einer warmen Suppe V Nur hüte man fich, fie heifs oder in zu grofser Menge auf einmal, oder zu wäfTei-igt zu genlelTeii. Aber fie hat auch grofse Vorth eile; Sie eriezt das Getränk, befoiiders bey Gelehrten, Frauenzimmern und alleit denen, welche auiler Tildi wenig oder gar nicht trinken,, und die, wenn fie nun auch das SuppenelTen untei'laffen, viel zu wenig Feuchtigkeit ins Blut bekommen; wobey noch das zu bemerken ift, dafs das FlüITige, in Suppengeftalt ge-noITen, fich weit beffer und fchneller unfern Säften beymifcht, als wenn es kalt und roh getrunken wird. Eben deswegen ift nun auch Suppe ein grofaes Verhütungsmittel der Trockenheit und Rigidität des Körpers, und daher für trockne Naturen und im Alter die befte ^ Art der Nahrung, Je älter der Meiifch wird, defto mehr niufs er von Suppe leben. Ja felbft die Dienfte eines Arz-neymittels vertritt fie. Nach Erkältungen, bey nervigten oder Magenkopfweh, bey Koliken und manchen Arten von Magenkrämpfen, ift warme Suppe Qq a 6i2 ^ das belle Mittel. Audi wird es zum Yu--• weifs des Nutzens und wenigflens der Unfchädlichkeit der Suppen dienen, wenn ich fage, dafs unfre Vorfahren, die gewifs ftarker waren, als wir, und die Bauern, die es noch find, viel Suppe genielTen, und dafs alle alte Leute, die ich kennen gelernt habe, grol'se Freunde der Suppe waren. Der PTein erfreut des Menfchen Herz, aber er ift keineswegs eine Noth-wendigkeit zum langen Leben; denn diejenigen find am älteüen geworden, die ihn nicht tranken. Ja er kann, als ein reizendes, die Lebensconl'umtion befchleunigendes, Mittel, das Leben fehr verkürzen, wenn er zu häufig und in zu grofser Menge getrunken Avird. Wenn er daher nicht fchaden und ein Freund des Lebens w^erden foil, fo mufs man ihn nicht täglich, und nie im Ue-berniaas trinken, je jünger man ift, defto weniger, je älter, defto mehr. Am belitn, wenn man den Wein als Würze dfes Lebens betrachtet und benuzt, und ihn nur auf die Tage der Freude und Erholung, auf die Belebung eines freundfchaftlichen Zirkels rerfpart.!*,^^ ^ XIII. ( Ruhe der Seele — Zufriedenheit — Lc» bensverlöngernde SeelenfHmmungen und Befchäftigungen^ Seelenruhe, Heiterkeit und Zufriedenheit find die Grundlage alles Glücks, aller Gefundheit und des langen Lebens! Frey-lich*wirdman fagen: diefs lind keine Mittel, welche wir uns felbft geben können, fie hängen von äufTernUniftänden ab. — Aber niir fcheint diefs gar nicht fo; denn fonft njüfsten ja die Grofsen und Reichen die zufriedenften und glücklichften und die Arnnen die unglücklichften feyn, wovon doch die Erfaru^ig das Gegentheil zeigt, und es exißirt zuverlällig weit melir Zufriedenheit in der Pürftig- -keit, als in der reichen und begüterten Kl alle. Es giebt alfo Quellen der Zufrieden« heit und Glückfee Ii gkeit, die in uns felbft liegen, und die wir forgfäkig auf-t fuchen und benutzen muffen. Man erlaube mir, einige folcher Hülfsmittel-hier anzugeben, die mir eine ganz einfache Lebensphilofophie empfohlen hat, und die ich blos als Diätregeln, als den guten Rath eines Arztes zur Verlange^ rung des Lebens anzunehmen bitte, 1. Vor allen Dingen bekämpfe man feine Leidenfchaften, EiiiMenfch, der durch Leidenfchaften immer hin und her getiieben wird, befindet fich immer in einem Extrem, in einem exaltirten Zuftand, und kann nie ?;u der rulaigen Stimmung gelangen, die zur Erhaltung des Lebens fo nölhig ift. Er vermehrt dadurch feine innre Lebensconfumtion fürchterlich, und er wird bald aufgerieben feyn. 2. Man gewöhne fich, diefs Leben, nicht als Zweck fondern als Mittel zu immpr höherer Vervonkomninung, nnd vinfere Exiftenz und Schickfale immer, als einer höhern Macht und gröfsern Zwecken untergeordnet zu "betrachten, und man halte diefen Gefichtspunct (den die Alten Vertrauen auf die Vorfehung nannten) in allen Zufällen und Lagen wnerl'chütterlich fell. Man wird da» durch immer den heften Schlüffel haben, fich aus dem Labyrinth des Lebens her--auszufinden, und die gröfsteSchuzwehr gegen alle Angriffe auf unfre Seelenruhe, 3. Man lebe, aher im rechten Sinne, immer nur für den Tag, d. h. man benutze jeden Tag fo, als wenn er der einzige wäre, ohne fich um den morgen-» den Tag zu bekümmern. Unglückliche Blenfchen, die ihr immer nur an das Folgende, Mögliche denkt, und über den Planen und Projecten des Künftigen die Gegenwart verliert! Die Gegenwart ift ja die Mutter der Zukunft, und wer jeden Tag, jede Stunde ganz und voll-komnien, feiner. Beftimnmng geniäl's, benuzt, der kann ficli jeden Abend mit dem unausfprechlich beruhigenden Ge-fiilil niederlegen, dals er nicht allein die-fen Tag wirklich gelebt und leinen Standpnnct ausgefüllt, fondern auch ficher die befte Zukunft gegründet habe. 4- Man fuche (ich über alles fo richtige Begriffe als möglich zu verfchafFen, und man wird finden, dafs die meiften Uebel in der Welt nur durch Misver-ftand, falfches Latereffe oder Ueberei-lung entlleheir, und dafs es nicht fowchl darauf ankommt, toas uns gefchieht, fondern wie wirs nehmen. Wer diefert Glücksfond in ßch hat, der ift von äuf-fern Umft'dnden unabhängig, Wie fchon fagt hiervon Wäshaupt; *„Es bleibt alfo immer wahr, dafs die Weisheit allein die Quelle des Vergnügens, die Thor» heit die Quelle dee Mis Vergnügens ifl-. Es bleibt wahr, dafs awlTer der gänzli" chen ]Ej-gebitng in den Wille^i der Vorficht, aüITer.^dev Ueberžeugung, dafs alles zu unfenu Befteu geordnet fey, nufTei- der Zufriedenheit mit der Welt und der Stelle, die man darinne hat, ^lles Tliorheit fey, welche zum Misver-gimgen führt." *) 5. Man flärke und befeftige fich im-jner mehr iui Glauben, und Vertrauen auf die Meiifchheit, luid in allen den fchöneii daraus fprofTenclen Tugenden, Wohlwollen, Meiifchf'nliebe, Freund-fchaft, Humanität. Man halte jeden Menfchen für gut, bis man durch un-widerfprechlicke Be weife vom Gegen-thcil überzeugt ift, und auch dann müf-fen wir ihn nur als einen irrenden betrachten, der mehr unfer Mitleid, als unfern Hals verdient. Er würde ebenfalls gut feyn, wenn ihn nicht Misver-ftand, Majiget an Erkennlnifs oder fal-fches Iiilerene verführte. Wehe dem Menfchen, delTen Lebensphilbfophie dariiuie befteht, niemand zu trauenj Sein Leben ift ein ewiger Of- und De-fenßvlcrieg, und uro feine Zufriedenheit S, /ipologit tJw Misvergniigenr^ und Heiterkeit ill es gefcliehen. Je mehr man allen um fich lierum wolil will, je in ehr man andere glücklich macht, defto gliicklicher wird man felbft, 6. Zur Zufriedenheit und Seelenruhe ift ein unentbehrliches Erfor-dernifs: Hofnung, Wer hoffen kann, der verlängert feine Exiftenz nicht blos idealildi fondem wirklich phyfifch, durch die Ruhe und Gleichmüthigkeit, welclie Tie geAvährt. — Aber nicht blos Hofnung iniieihalb der engen Grenzen unfrer jetzigen Exiftc'nz, fonderri Hofnung übers Grab hinaus! Nach mei» wer Ueberzeugung ift der Glaube au Un« fterblichkeit das einzige, was uns diefs Leben Averth und die Befqhwehrden def. felben erträglich und leicht machen kann, — Hofnung und Glaube, ihr grof« fen göttlichen Tugenden 1 AVer vermag ohne euch ein Leben zu durchwandeln, das voll von Trug und Täufchung ift, delTen Anfang fowohl als Ende dicko Finfternifs umhüllt, und wo die Gegenwart felbft nur «in Augenblick ift^ der kaum der ZulcnnFt entrann, als ihn awcli fchon die Vergangenheit verfchlingt. Ihr feyd die einzigen Stützen des Wankenden, die gröfsle Erquidcnng des müden Wanderers; wer euch auch nicht aig hphere Tugenden verehrt, der mufs euch doch als unentbehrliche BedürfnilTe dieles Erdenlebens umfalTen, und aus Liebe zu iicli felbft in euch ftark zu werden fuchen, wenn ers nicht aus Liebe zum Unfichtbaren thut, — In diefer Abficht kann man fagen, dafs felblt die Heligion ein Mittel zur Verlängerung des Leben? werden kann, Je mehr fie Bekämpfung der Lei-denfchaften, Selbft Verleugnung und innre Seelenruhe geben und jene ftär-kenden Wahrheiten lebendig machen kagiin, defto melu- ift ße Lebensverlängernd, Auch Freude ift eine der gröfsten Lebenspanaceen. Man glaube doch,, nicht , dafs immer ganz awsgefuchte Gelegenheiten und Glückszufälle dazu nö-thig wären, fie zu erwecken; durch di» ' 62 v eben gefchilderte Seelenftiinmung macht man fich dafür empfänglich, mid dem wird es an Gelegenheit fich zu freuen nie fehlen, der jenen Sinn hat; das Leben lelbft ill: ilim Freude, Doch ver-fäume man niclit, jede Gelegenheit zur Freude aufzufuclien und zu benutzen, die rein und nicht zu, heftig ift. Keine gefündere und Lebensverlängernde Freude giebt es wohl, als die, die wir im häuslichen Glück, im Umgang froher und guter Menfchen, und im Genul's der fchönen Natur finden. Ein Tag auf dem Lande, in heilerer Luft, in einem heitern Freunjdeszirkel zugebracht, ilt zuverläffig ein poli tiveres Lebensyerlän-gerungsmittel, als alle Lebenselixire in der Welt. — Hier darf auch der körperliche Ausbruch der Freude, das Lachen^ Jiicht unerwähnt bleiben. Es ift die ge-fündefte aller Leibesbewegungen (denn es erfchütt_ert Seele und Körper eugleich), befördert Verdauung, Blutumlauf, Aus-dünftung, und ermuntert die Lebtus-kraft in allen Organen. Aber auch höhere Oeißeshefdiäfti-gungen iind Untethaltimgen verdienen hier ihren Platz, vorausgefezt, dafs man die Vorüchtsregeüi dabey beobachtet, die ich obenbey der Warnung für ihrem Misbrauch gegeben habe. Es find diel's höhere Genüfle und Freuden, dem Men-fchen allein eigen, und eine feiner würdige Quelle der Lebensreflauration. Ich rechne vorzüglich dahin angenehme und den Geift füllende Leetüre, das Studium interelTanter Willenfcliaften, die Betrachtung und Erforfchung der Natur und ihrer GeheimnilTe,. die Entdeckung neuer W^ahrheiten durch.Ideencombina-tion, geiftreiche Gefpräche u. dgl. ' - I - f XIV. Wahrheit des Karactexs- wilTeni wie äuflerft tiachtlieilig für die Läiige des Lebens jenes Metier ift. Welches dem Menfchen zum Beruf machte täglich einige Stunden in einem fleh nicht ähnlichen, angenonminen Zu-ftand zu exiftiren — das Äletier" dei* Schaufpieler. Wie mufs es nun Wolil deneii Menfchen gehen, die diefes Metier beftändig treiben, die beftändig die oder jene angenoüirane Rolle auf dem gtofsen Theater der Welt fpielen, die nie das find, was fie fcheinen? Genugj die Menfchen, welche nicht Wahr find, immer in der Verßellujig, im Zwajigj ill (3er Lüge leben. Man findet fie vorzüglich unter den raffinirten und über-cuUivirten Menfchenarlen. Ich kenne keinen unnatürlichem Zuftand. vSclilimni genug ifts fchon, ein Kleidträgen zu niülTen, was nicht für uns gemacht ift, was an allen Orten prefst und drückt, und uns jede Bewegung er-fchwehrt, aber was ift diels gegen das Tragen eines fremden Karactere, gegen einen folchen nioralifchen Zwang, wo Worte, Betragen, AeuITerungen und Handlungen in befländigem Wider-fpruch mit unferm iiniern Gefühle und Willen liehen, wo wir unfre ftärkften natürlichften Triebe unterdrücken und fremde heucheln, und wo wir jeden Nerven, jede Fafer beftändig in Span; nun g erhalten müden, um die Lüge, denn das ift hier unfre ganze Exiftenz, vollftändig zu machen. — Ein folcher unwahrer Zuftand ift nichts anders, als ein beftändigtü- krampfigter Zuflaiid, mid die Folge zeigt es. Eine anhaltende innre Unruhe, Aengftlichkeit,, unor- deiit- dentliclie Circulation und Verdauung, ewige Widerfpi üche auch im Piiyfifclienj fo gut wie im Moralifchen, find die unausbleiblichen Wirkungen. Und am Ejide kommen diefe unglücklichenMen-fchen dahin, dafs fie dielen unnatürlichen Zuftand nicht einmal wieder ablegen können, fonderii dafs er ihnen zur andern Natiu- wird. Sie verlieren ficli endlich felbft,, und können fich nicht wieder finden. — Genug, diel'er unwahre Zuftand unterhält ^k,ulezt ein be-ftändiges Ichleichendes Nerveniieber — innerlicher Reiz und äuf'srer Krampf find die beyden Beltandlheiie delTelben — und To führt er zur JOeftruction und zum Grabe, dem einzigen Orle, wo diefe Unglücklichen hoffen köiiueu die Maske los zu werden, Rf XV. Angenehme und mäfig genofsne Sinnes-iind Gefühls reize. Sie wirken auf doppelte Art zur V^län-gerung des Lebens; Einmal, indem lie tinmittelbar auf die Lebenskraft influi-ren, fie erwecken, erhöhen, verftärken, und dann indem lie die Wirkfamkeit der ganzen Mafchine vermehren, und fo die wichtigftenOrgane derReftauration, die. Verdauungs- Circulations- und Abfon-derungswerkzeuge in regere Thätigkeit fetzen. Es ift daher eine gewiffe Kultur und Verfeinerung unfrer Sinnlichkeit heilfam und nöthig, weil fie uns für diele GenüfTe empfänglicher macht, nur darf fie nicht zu weit getrieben werden, weil foiift kränkliche Empfindlichkeit daraus entftehet. Auch mufs bey der Sinnesreizung felbfi: fehr darauf gefehen werden, dafs fie ein gewiffes Maas nicht überfteige, denn die nehmlichen Ge-«tifTe, die, im mäfigen Grade angewendet, reftauriren, können, ßärker gebraucht, auch confumiren und erfchö-pfen. Alle angenehme Reize, die durch Gefleht, Gehör, Geruch, Gefchmack und Gefühl auf uns wirken können, gehören hieher, und alfo die Freuden der Mufik, Mahlerey, und andrer bildenden Künfte, auch der Dichtkunlt und der Phantafie, indem fie diefe Genüfle erhöhen und wieder erneuern kann. Vor allen aber fcheint mir in gegenwärtiger Rückficht die Mußk den Vorzug zu verdienen,' denn durch keinen Sinneseindruck kann fo fchnell nnä fo unmittelbar auf SLiinn)mig, Ermunterung undRegulirung der Lebensoperation gewirkt werden, als dadurch., Unwillkühr-lich nimmt unfer gauzes Wefen den Ton und Tact an, den die Mufik angiebt, der Puls wird lebhafter oder ruhiger, die Er £ Leidenfchaft geweckt, oder befänftigt, je nachdem es diefe Seelenfpraclie lif..beii will, die ohne Worte, blos durch die Macht des Tons und der Harmonie, unmittelbar auf unferlnnerftes felbft wirkt, und dadurch oft unwiderftelilicher hinreifst, als alle Beredfamkeit. Es wäre zu wünfchen, dafs man einen folchen zweckmäligen, den Umftänden ange-mefsnen Gebrauch der Mufik mehr ftu-dirte imd in Ausübung brächte. XVI. Terliütung und vernünftige Behandlung der Krankheiten — gehöriger Gebrauch der Mediiin und des Arztes^ K^rankheiten gehören, wie oben gezeigt worden, gröfslentheils zu den Lebensverkürzenden Urfaclien und können felbft den Lebensfaden plözlich abreif^n fen. Die Mediziii befcliäftigt ßcli mit Verhütung und Heilung derfelben, und in fo fern ift allerdings die Medizin als ein Hülfsmitlel zur Verlängerung des Lebens zu betrachten und zu benutzen. Aber nur gar zu gewöhnlich wird liier gefehlt. Bald glaubt man, diefe Avolilthätige Kunft nicht genug benutzen zu können, und medizinirt zu viel, bald iciieut man lie zu felir, als etwas luina- türliclies, und inedizinirt zuwenig, bald hat in an irrige Beg^e von Arzt und Arzney und bennzt beyde auf die, uii-reclite Weife, Dazu lind nun in neuem Zeiten eine Menge Populairfchriften ge-. kommen, welche einen Haufen unverdauter medizinifcher Begrifl^ und Notizen im Publikum verbreitet, und dadurch noch mehr Misbrauch der Medizin und grofsen Schaden für die allgemeine Gefundheit verurfacht haben. Wir können nicht alle Aerzte feyn. Die Arzneykunde ift eine fo weitläuftige und fchwehre Wiffenfchaft^ dafs fie durchaus ein tiefes und anhaltendes Studium, ja eine ganz eigne Ausbildung der Sinne und der höhern Seelenkräfte erfo-dert. Einzelne Kurregeln und .Mittel wifTen, heifst noch nicht Arzt feyn, wie fich mancher einbildet. Diefe Kurregeln und Mittel find ja nur die Refuli ate der Medizin, und nur der, der die Verbindung diefer Mittel mit den Urfachen der Krankheit, die ganze Reihe von SchlüITen und Gründen überfieht, wor- aus endlich ganz zulezt die Idee diefes Mittels entfteht, genug, nur der, der diefe Mittel felbft erfinden kann, verdient den Namen eines Arztes. Hieraus erhellt, dafs die Medizin felbft nie ein Eigenthum des gröfsern Publikums werden kajin. Bios der Theil der ArzneywüTen-fchaft, der die Kenntnifs des menfchli-chen Körpers, in fo fern fie jedem Men-fchen zu wilfen nüzlich ift, und die Art und Weife, Krankheiten zu verhüten und Gefundheit, fowolil im einzelnen als ira Ganzen zu erhalten, lehrt, kann und foU ein Theil des allgemeinen Unterrichts und der allgemeinen Aufklärung werden. Aber nie der Theil, welcher fich mit Heilung wirklich ausgebrochner Krankheiten und Anwendung der Mittel be-fchäftigt. Es erhellt diefs fchon aus dem einfachften Begriff von Krankheit und Hülfe. Was heifst denn, ein Arzney-niittel anwenden und dadurch ICrankheit heilen? Nichts anders^ als durch einen ungewohnten Eiiidruck eine ungewöhn- liehe Verändei-ung im meiifdiliclien Körper hervorbringen, wodurch ein anderer unnatürlicher Zuftand, den 'wir Kranklieit nennen, aufgehoben wird. i\lfo Kranklieit i^nd Wirkung der Mittel, beydes find unnatüiliehe Zuftande, und die Axiwendung eines Arzneymittels ift nidi's anders, als die Erregung einer k.'ui'tiiciien Krankheit, um die natürliche i ll hebvu. Diefs fitjit man, wenn ein Gefunder Aizney nimmt, er wird allemal dadurch mehr oder weniger krank gemacht. Die Anwendung eines Arzneymittels ift alfo an und für fich allemal fchädlich, und kann blos dadurch, entfchuldigt und heilfam gemacht werden, wenn dadurch ein im Körper exifti-render krankhafter Zuftand gehoben wird. Diefes Recht, fich pder andere durch Kunft krank zu machen, darf alfo durchaus niemand anders haben, als wer das Verhältnifs der Krankheit zum Mittel recht genau kennt, folglich der Arzt. Aufferdem wird die Folge feyn, entweder dafs vielleicht das Mittel ganz unnötliig war, und man folglich jemand erft krank maclit:, der es noch nicht war, oder dafs das Mittel nicht auf die Krankheit pafst, und folglich der arme Patient nun an zwey Krankheiten leidet, da er vorher nur eine hatte, oder dafs das Mittel wohl gar den kranldiaften Zu-fiand felbft, der fchon da ift, befördei-t und erhöhet. Es ift unendlich befl'er, in Krankheiten gar keijie Arzney nelinien, alsfolche, die nicht palTend ift. Da nun alfo ein Laye nie die Medizin wirklich ausüben darf, fo entfteht die wichtige Frage; Wie kann und mufs Medizin benuzt werden, wenn wir fie als Verlängerungsmittel des Lebens brauchen wollen ? Ich werde mich bemülien, hierüber einige allgemeine Regeln und Beftimmungen anzugeben. Vorerft aber erlaube irian mir, nur ein Paar Worte über einen Theil diefer Unterfuchung zu fagen, der zwar mehr den Arzt intereßirt, aber dennoch zu wichtig ift, um hier übergangen zu werden > nelimlich: Wie verhält ßch überhaupt die practifche Medizin zur Verlängerung des Lebens? Kann man fie unbedingt eüi Verlängerungsinittel des Lebens nennen? Allerdings, in fo fern fie Krankheiten heilt, die uns tödten könnten. Aber nicht immer in andrer Rückßcht, und ich Avill einige Bemerkungen zur Beherzigung meiner Herrn AnitsUrüitr beyfügen, die uns aufm er k-' lam machen können, dafs Herftellung der Gel'undheit und Verlängerung des Lebens nicht immer eins find und dafs es nicht blos darauf ankommt, eine Krankheit zu heilen, fondern auch gar feiir, wie fie geheilt wird. Einmal ift es aus dem obigen gewifs, dafs die Arz-neymittel durch eine künftliche Krankheit wirken. Jede Kranklieit ift mit Heizung, mit Kraftverluft verbunden. Hb nun das Arzneymittel angreifender, als die Krankheit, fo hat man den Kranken zwar . gefund gemacht, aber man hat ihn durch den Prozefs des Gefundmachens mehr gefchwächt, und alfo feiner Lebenslänge melir entzogen, als die Krankheit für ficli getlian haben würde. Diefs ift der Fall, wenn man bey den geringften Vorfällen gleich die hefligfteti und lieroifchften Mittel anwendet. — 'Zweytens, man kann eine Krankheit durch verfchiedene Methoden und Wege , kuriren. Der Unterfchied liegt entweder darinn, dafs man die Krife bald auf diefen bald auf jenen Theil leitet, oder dafs die Krankheit bey der einen Methode fchneller, bey der andern langfamer vergeht. Diefe verfchiedenen Kurarteu können zwar alle zur Gel'undheit füliren, aber in Ablicht auf Verlängerung des Lebens von fehr verfchiedenen Werth feyn. Je melir nehmlich eine Kur der Krankheit Zeit verftattet fort zu dauern, und Kräfte oder Organe zu fchwächen, oder je mehr eine Kur Lebensnöthige Organe angreift, oder die Krankheit dahin leitet, folglich die Lebensreftaura-tion in der Folge hindert (z. E. wenn das fo wichtige Verdauungsfyftem zum Sitz der Kranklieit gemacht, und durch angreifende Mittel gefchwäclit wird), oder endlich je melir die Kur ohne Noth die Lebenskraft im Ganzen verfchwendet, z. E. durch zu verfch\'\'^enderifche Ader-läfTe, zu anhakende Entziehung der Nahrung etc. — defto mehr wird fie den Grund zum langen Leben fchwä-chen, wenn fie auch gleich die gegen-wärlige Krankheit hebt, — Drittens darf man ja nie vergefTen, dafs die Krankheit felbft nüzlich und nölhig feya konnte zur Verlängenang des Lebens. Es giebt fehr viele Krankheiten, welche nichts anders find, als ein ßeftreben der Natur, das aufgehobne Gleichgewicht wieder herzuftellen, oder fehlerhafte Materien auszuleeren, oder Stockungen zu zertheilen. Wenn da nun der Arzt (auf gut Brownifch) weiter nichts that, als blos die gegenwärtige Krankheits-äufferung dämpfen, ohne Rückficht auf diefe Gntfernteru Urfachen u«d Folgen; fo thut er weiter nichts, als er ninnut die thälige Gegenwirkung der Naturkraft weg, wodurch fie die wahre Kranklxeit zu heben fuchte, er dämpft von auffen das Feuer, läfst es aber von innen cleflo heftiger fortbrenneii, er iiälirt den Keim, die materielle Uriaclie des Uebels, der vielleicht durch diefe völlig ausgeführte Bearbeitung der N:i-turkräfte gehoben worden wäre, und macht ihn feiler und unheilbarer. Die Beyfpiele find nur gar zu häufig, dafs Kranke, die ficli nun von ihrem Fieber, ihrer Ruhr u. f. w. völlig geheilt glaubten, hinter drein hectifch wurden, oder in Hypochondrie, Nervenübel u. dgl. verfielen. Niemand wird leugnen, dafs eine folche Kur, wenn fie auch für jezt den Kranken gefund zu machen fcheint, dennoch das Leben felbft fehr verküizen mufs. Ich gehe nun zur Beantwortung deffen über, was blos für den Nichtarzt gehört: Was knnmnnii t)am, um Krankheiten zu verhüten, lind wie foU man die fclion ausgebrocloien behandeln, icie inshe-fondre ^Jrzk iind Arzneykuiift benutzen, im möglichß für Ejhaltiing und VerlUii-gerwig des Lebens dabey zu formen? Zuerfl: von der t^erhütung der Krankheiten. ' Da zur Entftehung jeder Krankheit zweyerley gehört: dieUi^fache, die fie erregt, und dann die Fähigkeit des Körpers, durch diele Urfache afEzirt zu werden, fo gieht es nur zwey Wege, auf denen wir Krankheiten verhüten können; entweder jene Urfachen zu entfernen, oder dem Körper diefe Empfänglichkeit zu benehmen. Hierauf berulit die ganze ruedizinilche Diätetic und eile Präi'ervativmethoüen. Der erft^re Weg, der fonft der gewöhnliche war, ift der uuficherfte, denn fo lange wir uns nicht aus dem bürgerlichen Leben und feinen VerhaltnilTen herausfetzen können, ift es unmöglich, alle Kränklieitsurfachen zu vermeiden, und je mehr man fich ihnen entzieht, , defto mehr wirken fie, wenn fie uns einmal treffen, auf uns, (z. E. Erkältung fchadet niemanden fo fehr, als dem, der fich gewöhnlich recht warm hält). /Weit belTer alfo derzweyte Weg: Man fuche zwar die Krankheits- urfachen, die fich vermeiden lafTen, zu vermeiden, aber an die andern fuche man fich vielmehr zu gewöhnen, und feinen Körper dagegen unempfindlich zu machen. Die vorzüglichften Krankheitsurfa-chen, die man fo viel als möglich vermeiden mufs, find: Unmäi'sigkeit im Effen und Trinken, übermäfsiger Genufs der phyfifchen Liebe, grofse Erhitzung und Erkältung oder Ichneller Uebergang von einem ins andre, Leidenfchaften, heftige Anftrengung des Geiftes, zu viel oder zu w^enig Schlaf, gehemmte Ausleerungen, Gifte. Dabey aber fuche man den Körper gegen diele Urfachen weniger empfindlich zu machen, oder ihn pathologifch abzuhärten, wozu ich folgendes empfehle: Zuerft der tägliche Genufs der freyen Luft. Bey guten und böfen Tagen, bey Regen, Wind oder Schnee, •mufs diefe vortrefliche Gewohnheit fort-gefezt werden, alle Tage, ohne Ausnahme, einige Stunden in der freyen Luft herum zu gehen oder zu reiten. Es trägt unglaublich viel zur Abhärtung und langen Leben bey, vind, wenn es täglich gefchieht, fo Ichadet kein Sturm, kein Schneegellöber mehr; daher es befon-ders denen, die der Gicht und Rheumatismen unterworfen find, zu empfehlen ift. — Ferner, das tägliche Wafchen über den ganzen Leib mit kaltem Waffer. — Ein nicht zu warmes Verhalten. —■ Ein thätiger Zufiand des Körpers. Man lafTe nie einen zu pafliven Zuftand einreiben, Ibndern erhalte fich durch Muskelbewegung, Reiben, gymnaftifche Uebung immer in einer gewifTen Gegenwirkung. Je mehr der Körper palTiv wird, defto empfänglicher ift er für Krankheit. — Endlich eine gewiffeFrey-heit und Zwanglofigkeit in der Lebensart, das heifst, man binde fich nicht zu ängftlich an gewifle Gewohnheiten und Gefetze, fondern laffe einen mäfsigen Spielraum. Wer fich zu ängftlich an eine gewiffe Ordnung und Lebensnorra bindet, fey fie auch noch fo gut, der maclit / maclit lieh fclion dadurch Krankheitsempfänglich, denn er braucht nur einmal davon abzuweichen, was feine andere Natur worden ift, fo kann er krank werden. Auch kann felbft eine kleine Unordnung, durch die kleine Revolution, die'fieim Körper erregt, viel Nutzen zur Reinigung, Eröfnung, Zerthei-lung haben. Und felbfi: fchädliche Dinge verlieren ja viel von ihrer Schädlichkeit, wenn man ßch daran gewöhnt* Folglich zuweilen weniger fchlafen als gewöhnlich, 'zuweilen ein Gläschen. Wein mehr trinken, etwas mehr oder unverdaulichere Dinge geniefTen, lieh einer kleinen Erkältung oder Erhitzung, z. B. durch Tanzen, Reiten u. dgL aus* fetzen, fich mit unter einmal recht tüchtig, bis zur Ermüdung, bewegen, auch wohl zuweilen einen Tag faften, alles diefs find Dinge, die zur Abhärtung des Körpers bey tragenund der Gefundheit gleichfam mehr Weitd geben, indem fie fie einer zu fklavifchen Abhängigkeif von der einförmigen Gewohnheit entzie-S 9 hen, die wir doch nicht allemal £o genau zu beobachten im Staude find. Ein Hauptpunct der Krankheitsverhütung befteht darinn, dafs ein jeder die Krankheitsanlage, die ihm befonders «igen ift, wohl zu erkennen Tuche, um fie entweder auszulöfchen, oder ihr we-nigftens die Gelegenheiten zu entziehen, wodurch fie in Krankheit übergehen könnte. Und hierauf gründet fich die individuelle Diätetik; jeder Menl'ch hat in fo fern feine befondern Diätregeln zu beobachten, in fo fern jeder feine beiom dem Anlagen zu der oder jener Kranfci heit hat. Diefe fpezielle Unterfuchung und Beftimmung iß freylich mehr Sache des Arztes, und ich wollte daher den allgemeinen guten Rath geben, es feile «in jeder fich von einem vernünftigen Arzte darüber prüfen und beftimmen laiTen, welchen Krankheiten er am meinen ausgefezt, und welche Diät ihm am paffendften fey. Hierinne waren die Alten ver^i^ftiger, als wir. Sie benuzten die Medizin und die Aerzt« weit mehr zür BeJftimuiüHg - lllrer diätetifcheri Lebensart, und felblt ihre aftrologifcheni fchiröniatltifchen und ähnliche Forfchun-^eri biezögeh fich im Gruiide häiiptrath^ iidi daräüf^ den moralifcheti und jphy-i ßfclicil'Kälacter eines Menfchen zii be-ftitbmeiij und ihtti derii gehläfs iiüe pat fende Einrichtung feüier Lebensart iind Diät vorztifchreibeii. Gewifs! £s thä-ten vielö beffeir j ihren Arzt däzü zu ges bräiichehj als alle 8 Tage zu ihm zu laus fen und fich ein Bi-eCh- öder Purgieriiiittel vöfi ihm vetfchteiberi zu iaflen: Abfer freylich wüirde dazii ein veriiünfti-gterj einficIitsVöUet und dfenkiendeir Arzt terfofdeirlicli feyn j da hingegen zuia Res zeptfchreiberi jeder Erhpiiiksi: taugt; Mari hättfe abtr auch zugleich eiii fiche-tes Mittel i den wahreii vöri deiri fals fcheri Propheten zU ünterfcheideiii Doch ich mufs auch den ^^ičhtarat, fö viel als es möglich ilt,- in Staüd fetzen, fein Pliyßfchfes ünd feine Kiankhfeitsan-lageri zu beurtheileh; däzii gitobi fol-^ride Mitteh Ss i a' 1. Man untcrfuche die erbliche Anlage. Es giebt gewifle Kranklieitsanla-gen, die uns dnrch die Zeugung mitge-tbeilt werden können, z. E. Gicht, Hä-Uiorrhpiden, Steinbefchwehrdeil,.,Ner-venfchwäche, Lungenfuclit. Waren diefeUebel bey den Eltern eingewurzelt, und zwar fchon damals, als fie uns zeugten, fo ift immer auch die Anlage dazu in uns zu vermuthen. Sie kann jedoch durch eine paflende Diät gehindert werden, nicht zum Ausbruch zu kommen. 2. Die erlte Erziehung kann ICranlc-Jieitsanlagen erzeugt haben, hauptfächlich eine zu warme, wodurch die Anlage zum Schwitzen und eine fchlafFe Haut erzeugt wird, die uns allemal zu rhev-matifchen Krankheiten disponirt. — Zu frühzeitiges Anhalten zum Lernen oder Onanie, giebt Anlage zu Nervenfchwä-che und Nervenkrankheiten. 3. Gewiffe Arten vom Bau und Architectur des Körpers führen ge-wifle Krankheitsanlagen mit lieh. Wer einen langen Ichmäclitigen Körper, einen langen IHinialen Hals, platte Bruft, flügelförraig ausgehende Scliultern hat, wer fchnell in die Höhe gefchoffen ift, der mufs fich ani meiften für der Lun-genfucht hüten, haupträchlich fo lange er noch xinter 30 Jahren ift. — Wer einen kurzen unterfezten Köi-per, und einen grofsen dicken Kopf mit kurzen Hals hat, fo dafs der Kopf recht zwifchen den Schultern zu Hecken fcheint, der hat Anlage zum Schlagflufs, und mufs ■alles meiden, was dazu Gelegenheit geben kann. — Ueberhaupt haben allq ftark verwaehfene Leute mehr oder weniger Anlage zur Lungenfucht undBruft-^ krankheiten, 4. Man unterfuche das Temperament. Ift es fanguinifch oder cholerifch, fo hat man mehr Anläge zu entzündlichen, ift es plilegmatifch oder melan-cholifch, denn mehr zu langwierigen oder Nervenkrankheiten. ^ 5. Auch.da$-|Clinia,,, derin hilft es freylich nicht viel). Üe-' befhäupt wäre jedem j der diefe Anlag« verfpürtj zuratheuj lieber ein Oeko-nom, oder auch wohl ein Jäger oder Soldat zu werden j als ein Gelehrter. —• Sehr nüzlich ift bey diefer Anlagt daš Reiben des Unterleibs. Es kann täglich früh noch im Bette eine Viertelftunde läng mit der flachen Hand oder eineiit wollenen Tuche gefchehenj es befördert Verdauung und Circulation im Untaš leibe i zertheilt Stockungen und Blähun ixer Buhne, fagt von fich felbft, fo oft «r fich während des Laufs feines langen Lebens übel befunden habe, ley er zu Bette gegangen, und habe nichts als Brod vmd WalTer zu fich genommen, vmd diefe Diät habe ihn geHieiniglich von jeder leichten Unp'äfslichkeit be-freyt. Ich habe einen würdigen 8ojäh-rigen Oberften gekannt, der fein ganzes Leben hindurch, bey jeder Unp'äfslichkeit nichts weiter gethan hatte, als falten, Tabakrnuchen und obige Regeln beobachten, und nie Arzney nöthig hatte. 5. Hat man Gelegenheit, einen Arzt zu fragen, fo conl'ultire man den darüber, nicht fowohl um gleich zu mediziniren, als vielmehr um zu wifTen, in welchetti Zuftande man fey. Fehlt aber diefe Gelegenheit, fo ift es weit belTer, blas auf die angegebne negative Weife die Zunahme der Krankheit zu verhindern, als etwas pofitives zu thun oder zu brauchen, was vielleicht fehr fchaden kann. Man halte doch ja kein Arzney-mittel für gleichgültig. Selbfl: Purgir-und Brechmittel können, zur Unzeit gebraucht, fehr fchädlich werden. Will man ja noch das unfchuldigfte in folchen Fällen ^vilfen, fo ifl es i TheelöfFel Cre-•Bior Taxtari, iji ein Glas Waller gerührt, Tt 2 oder folgendes 'Kryjialhuajjer^ Welches gewifs eins der allgemeiniten Mittel in lieberhaf'ten Krankheiten ifl: i Lolh Greinor Tartari wird mit 6 Pfand Waller in einem neuen Topfe fo lange gekoclit, bis das^ulv^f; ganz vergangen, und nun, nachdem es vom Feuer genommen, eine Citrone hineingefchnitten, fodaun,.nack Verfchiedenheit des Gefchmacks, 3 bis G Loth Zucker hinzugethan, und auf Bom teillen gefüllt. Diefs dient zum beltän« digen Getränki .1 6. Gegen den Arzt fey mah völlig aufrichtig, erzähle ihm auch die Ge-^ fchichte vergangner Zeiten, in fo fern fie auf die Kranklieit Bezug haben kann, und vergelte keinen gegenwärtigen Um-fland) vorzüglich in fchriftlichen Rela-tioneni Befonders hüte man fich (was ein fehr gewöhnlicher Fehler ilt) kein Raifonnement in die Erzählung zu milchen, ,qder ihr nach einer vorgefafsten Meynung die oder jene Stellung zu gehen, londern man erzähle nur das, was /innlicli beaierkt wo^denHfl:, To unbe^ fangen %vie nioglich. 7. Man waJale 3iur einen Arzt, zu dem man Zutrauen hat; keinen, der ipiit Arcanen handelt; keinen, der zu ge-i fGhw'utzig oder neugierig ift; keinen, dfer über feine Kollegen oder andrq Aerzte loszielit,;^ und Uire Handlungen eitt Kvveydeutig^ Livie man ffigt, auf Lebei^ wud Tod kuvivit. • I .; j,;.fif 9. .Insbefoiideve meide , man den .^rzt, für deu Geldgeiz oder Ehrgei? das lii^chfte Interefle. bey^ dej; Pvaxis haben. _ Der wahre . A^-zt foil kein anderes In-^ terjeflTe Jiabeav, als Gefundheit und Leben feines Krankeu. , Jedes andere führt ihn vom wahrei^ii Wege ab, »"und kann .für den Kranken die nachtheiligften Folgen haben. Er braucht nur in ij-gend einen Colüüonsfall zu geraihen, vvobey feine Reputation öder fein Beutel • in Gefahr koninit, wenn er etwas žur Erhaltung feines Kranken wagt, und er wird zu-Terlä/Ilg fifebei' den Kranken fterben 1 äffen, als feiiie Reputatiön verlieren. Eben fo gewifö' werden ihn die Kranken nur in dem V6rhältnifs interelTiren, als lie vornehin Ödter reich fiiid. g. Det-befte^ Arzt ift der, der zugleich Freund ift. Gegen ihn ill es am leichteften vertraulich und offenherzig zu feyn. Er kennt und beobachtet uns auch in gefunden Tagen, welches zur nichtigen Behandlung in kranken ungemein viel beyträgt. Er nimmt endlich innigen Antheil an unferra'Zuftand, und wird mit ungleich höherer Thätigkeit . und Aufopferung an Verbelferung delfel-beh arbeiten, als der, " der blos kalter Aržtift. Mah thue alfo alles, ein fol-ches zartes auf Freundfchäftsgefühl beruhendes feaild zwifchen fich und dem Arz;te zu knüpfen und zu erhalten, und ftöre /^^s ja rticht durch Mishandlung, Mistrauen, -Hme;'Stolz und andre Aeuf- fei-ungen, die man ficli To oft, aber allemal mehr zu feinem eignen Scliaden, gegen den Arzt .erlaubt, j .. lo. Sorgfalt) g vermeide man den .Arzt,, der geheim,eMittel verfsrtigt, und damit Handel treibt. Denn er ift ent, weder ein Ignorant, oder ein Betrüger, oder Eigennütziger, dem fein Profit weit . über Leben und Gefundheit andrer gpht. JDenn ift an dem Geheimnifs nichts, fo ^ift wohl kein B^rüger fo Ichändlich, als jdiefer, der die Menfchen nicht blos um jGeld, fondern um Gefundheit und Geld ^zugleich betrijgt; und iß das Geheimnifs -wirklich von Werth und Nutaen für die .Menfchheit, (o ift es ein Eigenthum der -\Vahrheit uiid der Menfchheit,im Gan, zen, und es ift eine ät^IT^rft immoraLi»" (che Jlandlun^g j es derfelben px entzie-Jien; auch verl^üfldigt man ßch zugleich an ^en vielei5']^aTifenden, die das Mittel ^deswegen gar nicht, oder nicht yer-nunftmäfsig , brauchen., können, weil es nicht bekannt v . iüclit a^^ zu ha- •ten, und von cinein vernünftigen Arzt gar niciit anzuwenden ifl. 11. ÜeberTiaupt^felie'triah nirgends fo felir auf Moralität, äls bey der Wahl des Arzt^'.-^'Wo ift fiieAvblil nötliigei^; als hier? Der Merifch, dem man blindlings fein Leben anvertraut, der fclilecliter-, dings kfeiii' Tribunal zuV Beurtheüung feiner Handluri'gen über jSeil hat, als fein 'GewilTeri, der ziir volllcommnen Erfüllung feiiies: Berufs, alles, Vergnügen, Hülle; ja ei^ne Gefundheit und Leben Aufopfern rrtüfs, — weiin diefer Menfch niciM blos nach reinen moralifchen Gründfäl:zen liandelt, wenn er eine fo- ' ■ , r. geiiannte Politik zum Motiv feiner Handlungen!'macht,— dann ift er eiiieir' d^r furehtbarfteii' und '^efaKrlichfteh Meri-fchen ,-'ünd iriaii foüte ihn ärger fliehen, als die Kranklieit. Eih''Arzt, ohAe Mo- ' ralität, ift triebt Mos ein Unding^ er ift "eiri l^-^geheuef 1 ' ■ i, Hat'mari aber einen gefchickten und r^Ktfchafiiien Arzt -gefunden i fo traue man ihm ganz. Diefs beruhigt den Kranken,, und erlMphteijt-dem Arzt lein Heilgefcliäft unendlic^i,,. Manche glauben, je mehr lie Äerzte um fich ver-fainmlen, defto lichrer müfl'e ilmenge« helfen werden. Aber diel's ift ein gewaltiger Irrthum. Ich fpreche hier aus Er|^rung. Ein Arzt ift beffer, als zwey, zwey beffer als drey^ und To fort; in dem Verhältnifs der Menge der Aerate, n|mmt die Wahrfcheinlichkeit der Wie« derherftellung immer mehr ab, und ich ^ glaube, es giebt einen Pun et der ärztlichen Ueberladung, wo die Kurphyfifch unmöglich ift. -pr Kommen ja Fälle vor, die aber in der That feiten find, wo ein gar «u verborgenes oder verwickeltes. Uebel das Urtheil mehrerer erfodeit, l'o rufe, man mehrere zufammen, aber . Iii.- »j- . nur folcKe,, von denen man weifs, dafs fie liarmoniren und billige Menfchen find, abej: auch dann benutze man einen föiphjsn Gonvept nur zur Erkennt-nifs. und Beurtlieilung der^, Krankheit lind, Gründvmg. des Kurplans. Die Aus- ftihirung felbfttibejrlaffe man immer nut einem, zu dem man das meifte Zu-tfäuen hat. " 15. Man beobachte die ßrifen, die "Hülfen lind Wege, die unfre Natur am 'nieiüen liebt, und die fie etwa fchon in vorhergeiienden Zufallen benuzt hat; ob fie mehr durch Schwitzen, oder durch Diarrhoe, oder durchNafenbluten, oder durch den Urin fich zu helfen pflegt. Diefen Weg mufs man auch bey der gegen n artigen Krankheit vorzüglich zu befördern fuchen, und eine folche Notiz ilt für den ÄrztTehr'Wichtig. 14. Reinlichkeit ift bey allen Krankheiten eine unentbehrliche Bedingung; denn durch Unreinlichkeit kann jede Krankheit in eine faulichte und weit ge-fälixlichere verwandelt werden, auch verlündigt man ß"kenntnifs über j ene IchädHclien ^^Potenzen, durch, popu läre Phylik und NaturwifTenfchaft,. .. Dahin gehört die Erkenntnifg d^r Gifte (S, ob en), der Eigfenfcliafteii de^ Blitzes und Xei jier Vermddüng^ des Nachtheils und der Eigeni'chafteri inephitifcher Lu£fjarJ§n, des Frofts u. f. w. Ich müfste ein jeignes Buch fchreiben, wenn ich diefs gehcirig ausführen Iwöllte, aber idi wünfchte fehr, dafs e gefchrieben und in Schulen benuzt würde. , , 3. Man gebe feinem Geift Furcht-lofigkeit,: Stärke und .philofophilchen Gleichmuth, .'Und, iib^,,ihn in Cchneiler Faffung bey unerwarteten EreignifTen. Diefs wird doppelten^-.Nulzen haben. Es wird den phyfiichen Schaden plözli-cher und. errfchütternder Eindrücke verhüten, und uns, b^y. pl^lichen Gefahren rettende Entfchlieffung geben. ........3 a .4. Man Ygrffili^fFe de^ Körper einen gehörigen Grad von pathologifcher Abhärtung, gegen Froft und Hitze, Wech- fei itlerfelben u. dgl. Wer liiit diefen Ei-genicliaften ausgerüfiet ift, det wird in uhzalili^en Fälleli dem ' Töde trotzen können, wo ein andrer unterliegt. * Nun aber die Rettung;'bey fclion ■wdrldich exLftirender Tddfesgefalir! Was ift zu thun, wenn jemand tertrünken, erhängt, erftickt, \^om Blitz getrofFen, vergiftet u. f. w. ift? Hier giebt es Mittel, wodurcli man fclion oft den ganz tod fell einenden glücklich gerettet hat, und diefs ift ein Tlieil der Medizin, den. jeder Menfch verftehen follte, denn jedem kann ein folclier Fall äufftoITen,; und alles kommt auf die Gefchwifidig-' keit der Hülfe an. Bey eiiier fo gefahrlichen Lage ift j eder Äugenblick koftbar; das einfachft^ Mittel, gleich angewendet, kann mehr ausrichten, äls eine halbe' Stunde nachher, die ganke Weisheit eines Aeskulaps. Jeder Menfch, der zuerft hinzu kommt, ' follte es alö Pflicht, anfeilenfogleich" Hülfe anzuwenden, und wohl bedenken, dafs das Leben des Ver- Verunglückten von einer Minute früher oder fpäter abhangen kann. *) Es laflen lieh die gewaltfamen Todesarten, nach ihrer Behandlung, in drey Klaffen theilen. Die erfie KlaJJei Erftickte (erhängte, ertrunkene, in unreiner Luft umgekommene), vom Blitz erfchlagene, in todehgleiche Ohnmacht verfezte, und ihre Behandlung. Hier find folgende» die erlten und wirkfamften Hülfen: 1. Man hefclileunige fo fchriell wie möglich das Herausnehmen aus dem Waffer, das Abfchneiden vom Strick, genug die Entfernung der Todesurfa-che. Diefs ift allein fchon hinreichend, , Es war Jahei' ein fehl-glöcklicher Gedanke des Herrn D. Struve zu Göritz, diefe Rettuqgsniittal ' Sur bequemen CJeberficht in Tabellen zu biingen, die in jeder Scluile, Bauernfclienke und ähnlichea tfTentUchen Oi'ten auFgehiingt feyn rollten. Es ßnd bis jeit drey Noth- und Hidfstafeln errchienen : für Ertrunkene etc. 2. für Vergiftet*, oom tollen Hund gehifsne etc. Hebammentafal. Jed« ko-Aet I gl. 40 Stück I tbir. Uu den Unglücl4HeU?in:?u. rotten,- weain es bald gelchielit, aber darinu wird es.arn,. meift^n verleheii. Fiettuiig^axiftalten hat man nun endlicli wohj an den meiften, Orten, aber man geht gewöhnlieh fo, langfara dabey zu; Werke,, dais man mehr glauben follte, es gehörten diefe, Anftalten zur lezten Ehre, eines Verui> glückten, als zu Rettung leines Lebens», Daher bin ich überzeugt:,, ^dafs bey Er* trunkenen beflere Findanßaltpi oft mehr vrertli waren, als alle Rettungsanßal-ten, *) und wenn man fieht, wie mige-fchickt und unwillig fich die Menfcheii dabey benehmen, was fi^ abfcheuliche ttamturg, das fclion in fo Wianchen pati'lotifclicn Einriclitungen zum Miifter gedient hat, giebt tins adfch liievinh ein iiaoliähiiitirigswüidigcs Bey-fpiel , indem dafelblt diefer Tlieil' der Hülfe zu einer aiilTerordcntlichen Vollkominenheit gebracht ift. Ich empfehle» als das vollkomnienfte; Tva> wir in der Art haben, jedem Arzt, jede* Poli« aey, jedem Men fchenfreund , naclifoleendesBuchs Güntht/r ■ Gefchichta und jetzige Einrichtung der Jlamhürger liettuiigsanßaltcn, m, Kupftrn, Hanf iurg leyBoht, l'^aS, Vorurtheileliioch dabey herrfclien, fo wundert es einen nicht melir, dafs in Teutfchland fo wenig Verunglückte gerettet werden, und ich befchwore hier iälle Obrigkeiten, diefein wichtigften Theil der Rettungsanftah mehr Vollkom-inenheit zu geben, wohin ich auch die Ausrottung der Vorurtheile, der Streitigkeiten über Jurisdiction, die Belohnungen des Findens, und die Beftra-fung jeder muthwilligen Verzögerung rechne. 2, Man entkleide Togleich den Verunglückten, und fuche fo gefchwind Daliiii gellölt die fctäncHlcIie Furcht für Äeni fchimpfliclien nnd unehrlichem j was das Behand' len eiiifis folchen Vel-Unglückten mit lieh führe, dei- teuflifche Aberglauben inanchet Fifcher, jnail dürfe vor Sonneiiiiiitergang einen Enriinko nen nicht ansfifchen , mn dem Fifchfang keinen Schadert zn thnn, oder, es miifle Mancher Fluf» jährlich fein Opfer haben, und dergleichen Mej--«nngen mehr, die unter dem' gemeinen Haufett noch iiumer mehr, alt man. denkt, lisrrfciisn« ÜU 3 und fo allgemein wie möglich Wärme zu erwecken." Wärme ift def erfte und all gem ein ft e Lebensreiz. Das nehmliche Mittel, was die Natur benuzt, um alles Leben zuerft zu wecken, ift auch das gröfste um eine zweyte Wiederbelebung zu bewirken. Das befte dazu ift ein lauwarmes Bad; fehlt diel's, dann das Bedecken mit'warrnen Sand, Afche, oder dicken Deckeil und Betten, mit warmen Steinen an verfchieden^n Orten des Körpers applizirt. Ohne diefs Mittel werden alle andere wenig ausrichten, und es wäre beffer, den Sclieintodten blo« durchdringend zu erwärmen, als ihn, wie fo oft gefchieht, mit Schröpfen, Bürften, Klyftiren u. f. w. herum zu ziehen, und ihn zugleich vor Kähe erflar-ren zu lalTen. 3. Das Einblaf^n der Luft in die Lungen folgt zünächrt in Abficht der ■VVichtigkeit, und kann fo fchön mit der 'Wärme verbunden werden. BefTer ift es freylich, wenn es ii^it reiner dephlo-giftifirter^'Luft, xihd durch Röhre und Bl^febalg gefchieht. Aber in dejr Ge-fcliwindigkeit und um die koftbare Zeit nicht zu verlieren, ift eg genug, wenn der erfte. befte feinen Athem in den Mund des Ungli^cklicben bläft, fo dafs er die Nafe deffejben d^bey ?iubält, und, wenn er bemerkt dafe die Ptippen davon ausgedehnt werden, ^in wenig inne halt, und durch ("inen Gegendruck auf die Gegend des ^ivverciifells, auch durch das gelinde Anziehen eines ntn den Leib gezogenen Handtuches, die Luft wieder austreibt, dann von neuem einbläfet, und diefes küiiflUche Athemholen eiiiige Zeit fortfezt, 4. Man JafTe von Zeit zu Zeit aus einer gewiden Höhe Tropfen von eiskalf ten Waffer oder Wein auf die Herzgrube fallen; diefs hat z.uweilen den erlten Aiiftofs zur Wiederbewegung des Herfens gegeben. 5- Man reibe und bürfte Hände und Fafsfohlen, Unterleib, Rücken, man reize empfindliche Theile des Körpers, Fafsfohlen und Handflächen, durch Ste- chen, Schneiden und Äuftröpfeln voh gefcliniolzenen Siegellak', Nafe und Schlund durch eine hineingebrachte'Fe-der^ oder durch Vorhaben und auf die Zuiige tröpfehi des flüchtigen Salmialc-geifts, die Augen durčh vorgehaltenes Licht, das Gehör (ein am längtten empfindlich bleibender Sinn)j" durch ftar-Jčes Schreyen, oder den Schall einer Trompete, Piftole u, dgl, • 6. Man blafe Luft . oder Tabaksrauch (%vozu zwey auf einander gefezte hörnerne Ta^bakspfeifen dienen können) in den Maftdarm, oder, wenn ein lU' ftrument Jsey der II and ift, fo fpritze man eine. Abkochung, von Tabak, Senf, auch "VValTer, mit Effig- und Wein ver-mifcht,, ein. 7. Sobald man einige Lebenszeichen bemerkt, fo flöfse man einen LüfFel guten Weiri eirif und Wenn der Kranke fchluckt, fo widerhole man diefe öfter. Im Notllf.rtl dient auch Branntwein, mit zwey Drittheil Waffer Vermifcht. \ 8- Bey denen vom Blitž getroffnen i'ft'laüch nocii daš'Erdbad'zu empfehlen. Mdn' legt fi'e e'ntweder mit dem offnen Mu'tlde atif ein frifcli aufgegrabenes •If^^ck Erde, odef ni^l fcharft fie bis aft den Hals in frifcli 'aufgegrabne' Erde, ■j. Wterdew"dike"eih^ačhenMittel, die 'dn Jeder Mifeifricli'Anwenden kann, und 'teihejn in Töde'sg^efällr fchwebenden %lihnerifclien abwenden miifs, bald an-■^te'^fendöt, fo Werden fle mehr lielfen, 'älä eihe halbe Stunde fpätei* der vollflän-tiigfife Kunftappärat, und wenigftens atird dadurch die Zwifchenzeit nicht lirtbien uzt gelalTen, un d das' fcliAvache lleBensfünlcgen ain Vülligeö 'VeWofche« ■gfehindert, ' _'' - ' Žur der Verunglück- ten gehören die Jafrcrn, Gärtnern, Soldaten und Matrofen — Beyfpiele — Wcni-. ger bey Aerzten — Kürzeftes Leben — Ver-fchiedenheit des Alters nach dem Clima. S. 141; VI. Refultate aus den Erfarungen. Eeftlm-murjg des menfchlichen I.ebeiwziels. Unabhängigkeic der Mortalität im Ganzen von» hohen Alter einzelner — Einflufs der Lage, des Clima, d«r Lufttemperatur und Beftnndigkeit auf Lebensdauer — Infein und Halbinfeln — die Alterreichften Lünder in Europa — Nutzen des naturgemäfsen Lebens — Die zwey fchreck-lichlten Extreme der Mortalitat in neuem Zeiten — Lebensverlängernde Kraft des Mitteltons in Allem -- DesEheftandes — DesGefchlechta — Der Thätigkeit ~ Der Frugalität — Der Kultur — Des Landlebens — Auch bey Men-fehen mögliche Verjüngung — Beftimmung des menfchlichen Lebensziels — Abfolute und relative Dauer deffelben -- Tabellen über die leztere. 185, Genauere Unterfncbung des raenfclili-dien Lebens, feiner Hauptraomenie, und des EinflnJTes feiner htihern und intel-lectuellen Vollkommenheit auf die Dauer deffelben. Das raenfchliche Leben ift dss Vollkomfflcnlle, intenfivftarkfle, und auch das IHilgfte aller dhn-liclieu orgaiäfchen Leben -- Wefentlicher Be- 'griff diefes Leb'ens — feine Hauptmomente — ZiigMg von aufTen..... Affimilätibir Imil Aiiima- lilaMoil —! Niitrition und Veredluni( dcr 'orijaiü-..Jfdieii: iMaterie ;—•• SelbfUjonfonuLon ^der KviWte und Organe durchs Leben felbft — Abfciier--jduiig lind^erf^tE«!!? d|r-vtä;bvaui:lttft».i Theile die zujR Leben m^hige^i- ÜrRarjJi .-- .Gcfcbichte des Lebens — Urfachen der lo vorzüjOtcli ian-r '^cn"Leb(^isdaufer"'des Meiifoiieii— Einfllifs^flcr • öhöhern ^öenkkrafäuiid'Vernurift daraliE — Wie ' kommt'es, fdafs bey .denijyieuÄheni wo.dieTa-— higheitüum ImigenLubon-am Haikiteii ill,t dcii. ' ilocii die Moriälitat amigröfsteiiill? Sdte 2lff. VJII. Specielle Griintllagen xind Kenrtzei-rchen der :Lebeasdaiier eiiizelnev MenI 'fdien. 1 Ilaiiptpunete- der Anlage zum krilen Leben — Guter Magen und Verdauuiigsfyftem, gefunde y,ihne — gut otganifirte Brüftnicljt 7.u reizbares Herz .— gute Keftaurations- und.HeiUtrnft der Natur — Gehöriger Grad und Vertheihing •der-Lebenskraft, gutTemper3ine.nt — barmoni-fcber und fehlerfreyer Körperbau — mittlere Befchaffenheit der Textur des'Körpers — kein vorzüglich fchwacher Theil --- Vollkoirimne Or-ganilRt-ion der Zeugunt^skraft — das Bild eines zum langen Ltben beftimmten Menfclien., Iii- IX. Prüfling ,verfchiedener neuer Methoden •zur Verlängerung des Lebens, und Fall- .Inhalt I. Thepreüfcher Theil. I. ScMckfalc, diefer Wiffenfchafu Bey den Egyptleni.und Griechen —Gerocomic — ' Gymnallic — HenTiipp,us. — Zufland derfe]b.en' im Mittdaher — Theophraftiis" Paracelfüs — Affrologifche iNIethode — Talismanns — Thurn-eiffen — Čornaro uncT'feine flrenge Diät —' ö, Transfiifionsmethodc — Baco — St. Germain — Mesmer — Caglioflxo — Graham- Seite 3, IT. Unterfuchung der Lebenskraft und der Lebensdauer überhaupt. Eigenfchaften und Gefetze der Lebenskraft — Begrif£-des Lebens — Lebensconfumtion, un«. zertrennliche Folge der Lebensoperation felbft — Lebensziel — Urfachen der Lebensdauer — Retardation der Lebensconfumtion — Möglich- keit der Lebensverlängerung — Gefchwind und langfam leben — Intenfives und extenfives Le^ ben der Schlaf. H- xvni III. Lebensdauer ^er Pflanzen, Verrdiiedenhelt derftlben EinjHIirlge, aweyi-jährige, vleljalirlpe — Erfaningeii Uber die Um-' flünde, die diefs bestimmen Heftihatc daraus — Anwendung auf die Hauptprinzipieii der Le-bensverlängewing ~ Wiclitiger Einfluö der Zeugung und Kultur auf die JLebenslänge der Pflanzen. ■« . Seite 8(f, IV. Lebensdauer der Thierwelt. Erfarungen von JPflanzenthiereri_ — Würmern Infecten — Metamorphofe, ein wichtiges Le-bensverlängerungsjni^tel — Amphibien —Fifchc . . ~ Vögel .r: SSugthiere Reüiltate ~ Einflufs, der Marinfjarkeit und des Wachsthums auf die Lebenslange — der Vollkommenheit oder Un-vollkommenheic der Organifation — der rapidem oder langfajnern Lebensconfumtion -- der Reftauration. iio« V. Lebenadauer der Menfchen. Erklärung des unglaublich fcheinenden Alters der Patriarchen — das Alter der Welt hat Uei- ' ren Einflufs auf das Lebensalter der Menfchen — Boyfpiele des Alters bey den Juden — Griechen — Körnern — Tabellen des Cenfus unter Vcfpafian — Beyfpiele des hohen Alters bey Kaifei-nKönigen und PabftenFriedrich II. — Bey Eremiten und Klo'flerbrudern — Philofo-phen und Gel.ejirten Schulmännern — iDich- • tern uTid Künftlcrn: — das höchfte Alter , findet "Mi -I JU ij/r-. '■••»■'-.'«p .i'fUlr-'?-...■ n?K-ul4'h»"»/ ' ■: ■ ■ V-J^X... ., ., ' ■:'<•; .Vg 'I ''T:- ' ' Kultu r , ~ 5er geifiigen und körperlichen Kräftp, . ' . '' ■ Ii ' - : * ' ' • \ ■- ■ Nur äuTch Kulti;ir wird d^r TV^frifcIj vollkona men. S o wohl di? geiltige a li^ phyfifche Natur, deffelben ipnfs eiiieif gewiffeu Grad yori Ent\i(iclclung, Verfeir nerung und V^redlpug erjialteji, lYenii er die Vorzüge dejr Menfcliennatur , g^ nieflen fall. pin roher unkultivirteT Menfch ifl: noch gar kein Menl^ch, er ift nur ein Menfchenthier, welches z^wa? die Anlage ^lat, Menfcl^ zu werden, aber, fo lange diefe Anlage durch Kultier n^cht entwickelt ift, w^der im Physichen noch Moralifchen fich über die Klaffe der ^hm gleich ßehendcn Thifre erhebt, X X a Das ganze Werentliclie des^lVTenfclreff ift feine Vervollkomraungsfähigkeit, und alles ift in feiner Organifation darauf berechnet, uiclxts zu feyn, und alles zu werden. Höchftmerkwürdig ift der Einflufs, den die Kultur auch auf die Vervollkom- .... . . - 1/ mung des Fhyfifchen und eben auf Verlängerung des Lebens hat, Gev/öhnlich glaubt jnan, alle Kultur fchwäche und verkürze das phyfifche Leben. Aber diefs giit nur Von '^dem Extrem, der Hyper-kultiir (die den'Menfchen zu fehr verfei^ hert und verzärtelt), diele ift eben fo fchädlich und unnatürlich, als das andere Extrem, die Unliultur (wenn die Anlagen des Menfchen nicht oder zu wehig entwickelt werden); beydes verkürzt das Leben. Sowohl der verzärtelte, zu jßnnlith oder geiftig lebende, Meiifch, als auch der rohe Wilde, erreichen b1ey-de nicht das Ziel des Lebens, deffen der IVlenfch fähig ift. Hingegen ein gehöriger und zVi^eckmafiget Grad von geifti-ger und körperliche^ Kultur, haüptfäcli- lieh die liarmonifclie Ausbildung aller Kräfte, ift, wie fclipn oben gezeigt worden, durchaus erfoderlich, wenn der Menfch auch im Phyfifcheu und in der Lebensdauer die Vorzüge für dem Thier erhalten loll, deren er fähig ift. : Es ift wbhl der Mühe Werth, den Einflufs der wahren Kultur auf Verlängerung des Lebens etwas genauer zn entwickeln, und lie dadurch von der falfchen defto mehr zu unterfcheiden. Sie wirkt folgendergeftalt zum langen Leben: Sie entwickelt die Organe vollkommen; und bewirkt folglich ein reicheres, gfenufsvollferes Leben und eine reichere Köftäutätion. Wie viele Reftaurations-mittiel hat ein Menfch mit gebildetem Geifte j welche dem rohen fehlen I Sie macht die ganze Textur des Körpers etwas zarter und weicher, und ver» mindert alfo ' die zU groft« ^ "Härte, welche der Länge des Lebeils' hiuder-lich iR. iSie fchüzt uns für zerftÖrenden und Lebens verkürzenden Urfachen, die dem Wilden viel von feinem Leben rauben, z. E. Froft, Hitze, WitterungseinflüITe, Hunger, giftige und fch'ädlioheSubltan-zen u. dgl. Sie lehrt uns, Krankkeiten und Gebrechen heilen, und die Kräfte der Natur zur Verbeflerung der Gefundheit anwenden, Sie mäfigt und regulirt daslLeiden-fchaftliche, das blos Thierifche in uns durch Vernunft und moralifche Bildung, lehrt uns Unglück, Beleidigungen u.dgl. gelalTen ertragen, und mäfigt dadurch die züL gewaltfame und heftige Lebens-confumtlon, die uns bald aufreiben würde, ■ 1.1 Sie ■bildet gefelifchaftliche und Staä-tenverbihduiigen, wodurch gegenfeitige Hülfe, Polizey, Gefetze, möglich werden, die mittelbar auch auf Erhaltung des Lebens wirken. Sie lehrt endlich eine Menge Bequemlichkeiten und Erleichterungsmittel des Lebens, die zwar in der Jugend weniger nöthig find, aber defto mehr im Alter zu gute kommen. Die durch Kochkunft verfeinerte Nahrung, die durch künftliche Hülfen erleichterte Be-we^ng, die vollkommnere Erholung und Ruhe u, f. w., find alles Vortheile, wodurch ein kultivirter Menfch fein Leben im Alter weit länger erhalten kann, als ein Menfch im rohen Naturzu-.itande. Hieraus erhellt auch Icbon, welcher Grad und welche Art der Kultur nöthig ift, wenn fie Lebensverlängernd feyn foil. Nur die iil es, die zwar im Phyfi-fchen fowohl, alsGeütigen, diemög- xxn II. Practifcher TlieiK I. Abfchnitt. Verkurr-ungsmitiel des Lebens. t. Die fchwäcliliche Erziehung.., Seite 3J'J» a. Ausfchweifuii?en in der Liebe — Verfchweiulunj ■ der Zeueimgskraft — Onanie, fowohl phyfifche als moralil'che. 540. 3. Uebermäüge Anftren^ng der Seelenkräfte. 35I1. 4.. "Krankheiten — deren unvernünftige Behandlung Rewaltfame Todesarten — Trieb zum Selbft-mord. i'Äj" 5. Unreine Luft — ^as Zufammenwohnen der Men-fchen grofseu Städten. 37t' inimäfsigkeit im Effen und Trinken — die raffi-nirte Kochkunfl; — geiftige Getränke. 377'VI Lebensverkürzende Seelenftimmungen und Lei- '' denfchaften — üble Laune — allzugroCse Ge- ] fchäftigkeit. 8> Furcht vor dem Tod«. s. Müffiggaiig Dnthltigksit — Lange Weile,. S- m- 10. Ueberfpannte EinbUdun^skraft Krgnktejts-einbildung — Empfindeley. 407, 11. Gifte, fowohl pfayfifche als contagiöfe. 4141 O. Das Jdter — friihzeitigf Inocdation deJTelfaen. 453" JI. Abfchnjtt. Verlängerungemittel des X 3. Thätige und arbeitfame Jugend, 510. N^,^Enlialtfamkeit von dem Genufs der phyfifchca • " Liebe in der Jugend und puffer der Ehe, . 5i3> 5- Glücklicher Eheßand. 533- <). Der Schlaf. 545« Körperliche Bewegung. 558« l- Genufs der freyen Luft mafslge Temperatut. d« Wärme. Da^Land- und Gartenleben. Sfö. 10. Reifen. 573- IJ. Reinlichkeit und Hautkultur, 585> 12. Gute Diät und Mäfsigkeit im ElTen und Trinken ~ Erhaltung der Zähne, 559« fj. Ruhe der Seele — Zufriedenheit — Lebensverlängernde SeeJenßunmun^en wid ßefrhüWe""-gen, 14% Wiflirheit dfiS- Kä4-»cters: S. 623. 15. AngeneHme-und-m'dfsig" gehe fsnei Sinnes - und Gefülilsreize, 626. ifi. Verhütun(y und' vewiiinfftge BieKandlung. dfer-.: y:rankheiten -. gehörigei; Gebrauch der Mediiin: und des Arztes. 629, 17. Rettung in fchnellen-Todasgefalirfin, fiSg. 18. Das Alter und feine gehörige Behandlung. tfgj 15. Kultur der geiftigeri und körperlichen Kräfte, 69t /