L a i b a ch e r. W o ch e n b l a tt zum Nußen und Vergnügen. N" 22. Freytag den 2.Iun y. '8 l Z. Antwort des Varschalls Marmont auf die Vorschläge, die ihm von Canlincourt, inVonaparte's Namen, gemacht worden waren. Ä)?ßin Herr! Bonapartt, nachdem er wich mit Schmähungen überhäuft hat, machte Sie zuln Vermittler der Vorschlags, die er mir thun zu müssen glaubt. Er gedenkt, mich durch Besprechungen und Schmeicheleien wieoer an sich zu locken. Ich habe viel zu viel erfahren, wie er Verachtung und Gunst zu verbinyen weiß , «m üb?r seine letzt? B)thschaft zu erstaunen. Da Sie beauftragt find, chm meine Antwort kund zu thun, so will ichIH-n n mit Fve-müth>^keit meine Gesinnungen zu erkennen geben, dannt derjenige, den Sie Ihren Herrn nennen, sich künftig die Müh^ spare, neue Versuche bei mir zu machen. Sie wissen, mein Herr, mit welcher Ergebenheit ich Bonaparte'n gedient habe, so lange sein Geschick mit dem Geschicke Frankreichs verknüpft war. Seit Wehreren Jahren konnte ich mir weder die Ungerechtigkeit seiner Unternehmungen, noch das Ausschweifende seiner Plane, weder seine Herrschsucht, noch seine Verbrechen verhehlen; aber er war nun einmal das Haupt des Staates; und sei- ' ne Siege, so strafbar sie mir auch vorkamen, schienen mir für das Vaterland dennoch Niederlagen vorzuzichen, welche, indem sie die Anfälle seiner Wuth vermehrten, Frankreich unter das Joch der Fremdlinge stürzen konnten." „Bonaparte selbst kann die Wichtigkeit der Dienste nicht laugnen, die ich der Armee geleistet habe; es hat nie in meinem Charakter gelegen, mit meinen Waffenthaten zu prahlen; allein ich darf es wohl sagen, daß einige Tage dcs Ruhms meinen Namen vielleicht der Geschichte überliefern werden. Eine durch die auffallendsten Unglücksfälle gebüßte Verwegenheit führte alle europäischen Hcere ins Herz von Frankreich. Ich hielt, wenn gleich mit ungleichen Streitkräften, die Angriffe der Macht aus, die mir gegenüber stand. Buonaparte's Unvorsichtigkeit hatte Paris ohne, Ver-^ theidigung gelassen; ich eilte um die Haupt, . stadt zu decken." „Ich traf mit meinem Corps in dem Augenblicke ein. wo eine Armee von 120.00« Mann auf sie losstürzts; es war um die erste Stadt der Welt geschehen; die Tapferkeit der Nationalgarden hatte die Sieger nur gereiyt, als der Farst von Schwarzenberg und Grafv. Nessclrode mir erklärten, daß die Stadt durch eine Capitula-Non gerettet weiden könnte. Ich unterhandelte zuerst für das Heil einer Million Menschen; fpätevhin hatte ich das Gllick, für das Heil von ganz Frankreich in Unterhandlungen zu treten. Die verbündeten Souveräne waren von einem gerechten Rachgefählo beseelt; fie opferten es dem Wunsche, einen reineren Ruhm als den der Eroberungen zu erwerben. Sie gaben mir zu erkennen, daß, wenn der Tyrann der Wüt einmal gestürzt wäre, ihr Groll ver-_ löschen würde. Da wagte ich es, einen forschenden Blick auf die geheimen Gedanken der Souveräns zuwerfen. Ich wagte es zu sag n , daß es eine in ganz Frankreich bedauerte Familie gebe, die Jahrhunderte reinen Ruhmes empfehlen, deren Namen sich alle an Erinnerungen von Glück und Wohlstand knüpfen, und deren Name von einem Ende Frankreichs zum andern ertönen würde, sobald ihn nur ein einziger Mund ausgesprochen hätte; ich sah aus der Antwort, die ich erhielt,, daß ich nicht mit unseren Feinden, sondern mit unseren Befreiern capitulirt hatte. Nun begieng ich einen ungeheuern Fehler, den einzigen, den ich, mir vorzuwerfen habe; .ich hatte die Schwachheit, Buonaparte'n die Schaltung des Lebens zu versichern; ich bewog seine Feinde zu diesem feierlichen Versprechen, und opferte so das In, tereffe meines Vaterlandes einem nicht ganz verlöschten Gefühle alter Freundschaft. DrH ist das einzige Unrecht, was mir mein Gewissen vorwirft. Frankreich erkannte dann in Ludwig XVll!. seinen Vater, seinen Erretter. Ludwig hat Frankreich vor den gewöhnlichen Folgen einer Erobttung bewahrt. Die. Eroberung gab bsn Milchten das Recht, ein Land zu theilen, das ihnen seit 20 Jahren alle ihre Reichthümer, ihren Wohlstand entriß, Ludwig's Namen hat sie besänftigt; bei diesem geheiligten Namen legten sie die Waffen nieder; so hat also Ludwig, ohne Waffen- ohne Soldaten, einzig mit der Macht bekleidet, welche Tugend und dasU^bergewicht einer rcchtmäßigenGewalt verleihen, von dem bewaffneten Europa den außerordentlichsten Frieden erobert, den die Geschichte auszuweisen hat." ,,Ich Habs mich ohne Rückhalt der Vertheidigung des wahren Monarchen gewidmet; ich habe ihn in seinem Glücke geehrt, ich werde ihm in seinem Unglücke treu bleiben, und sollte es auch so lange dauern, als ich glaube, daß es schnell vorübergehen wird, so werde ich mein Leben an seiner Seite beschließen, glücklich, meinen letzten Blutstropfen für seine Erhaltung stießen zu sehen. Dieß, mein H^rr, ist meine Rechtfertigung , dieß sind , meine Gesinnungen ; Sie wissen am besten,^ ob die Regierung Ludwigs die Triebfedern davon schwächen konnte; jene R giernng, in ihrer Kurze so wundervoll, jene Regierung, der Gegenstand unserer Bewunderung , unserer Liebe, unserer Thränen, der Schrecken und die Verzweiflung des Tyrannen, wird für diejenigen die zur Rückkehr der Bourbon's beitragen werden, und gegen die strafbaren Anhänger des Usurpators bei der Nachwelt zeugen. Ich muß Ihnen, mein Herr, mit der ganzen Freimüthigkeit meines Charakcers sagen, ich habe weder den Bnfall Bonaparte's, noch den Ihrigen, noch den von Leuten, die Ihnen gleichen, gesucht oder erwartet; allerdings war ich verwundert, von dem Ingendgesährten des unglücklichen Herzogs von Enghien den Vonvurf anhören zu müssen^ daß ich Bonaparte verlassen habe; ich entschuldige den Ihrthum derjenigen, die diesen blutdürstigen Helden vor der Regierung Ludwig XVlll. bewunderten, abn- ich glaube bloß dem Urtheil dorGeschich-t' vorzugreifen, wenn ich jeden der Verachtung U'!d der Verwünschung preisgcbe, der den König verlassen hat, um sich an Buonaparte anzuschließen." „Ich erkläre Ihnen, mein Herr, daß , bl? ftigni Feinde des Vaterlandes'in mei-l nen Augen des Mitleides und der Verzeih-' ung unwürdig sind , und halte dafür, daß , die Nation sie, um einer ewigen Schande zu entgehen, für immer aus ihrem Schoo-ße ausstoßen müsse. Sie schen, mein Herr, aus der freimüthigen Aeußerung meiner Grundsätze, ob Buonaparte noch daran denken darf, mich zu verführen. Saa.cn ' Sie dem M^der des Herzogs von Eng-hien und Pichegru's, fngen Sie dem . Gtörer der Ruhe von ganz Europa, sa-' gen Sie demjenigen, der Frankreich in Blut und Thränen gestürzt hat, sagen Sie dem Ve.letzcr des Völkerrechts und aller T-actate, sagen Sie dem Meineidigen , dem treulosesten, und strafwürdig-i sten aller Menschen, daß der, Eid, den ich ! meinem Könige geleistet habe, in wenigen ^ Tagen mit dcm Blute der Verräther be-^ siegelt ftyn wird ; daß nichts mehr gemein ist zwischen mir und dem Verfolger meines Vaterlandes ; daß mein Arm bald die Fahne der Lilien bis in die Hauptstadt tragen wird; daß msin ganzes Leben fortan dazu geweiht ist, die getreuen und die verführten Unterthanen um die weiße Fahne zu sammeln; verkündigen Sie ihm von mir und von ganz Europa , daß das von Meuchelmördern vergossene Blut auf ihre Haupter zurückfallen, und der Tag der Rache bald erscheinen werde." «»-----»------«M— Bemerkungen über die Lage in Frankreich. Allen Privatnachrichten aus Paris zu-!olge scheint es sicher, daß sich Bonapar- te bereits in großer Verlegenheit wegen des von ihm angenommenen Systems befindet. Zur Beförderung seines Unternehmens hatte er die Jakobiner nöthig ; und er hat sie auch noch jetzt nöthig, um seinen Ein-fiuß auf das Volk nicht auf einmahl zu verlieren. Sie fangen aber an , ihn zu ge-niren; die Jakobiner ncmlich hab.'N ihn schon seit langer Zoit errathen ; sie wissen, daß er bereits aufMittel^sinnt, sich ihrer zu entledigen. Offenbar hat der Kampf seinen Anfang genommen, und die Iaco-biner haben schon überall die Oberhand, besonders in den Angelegenheiten der Po-lizey und des Innern. Die Französischen Journale melden, daß man auf allen Theatern die Gesänge von 1793 anstimmt. Einen solchen El folg hatte die Revolutions-parthcy bisher noch nie erhalten können. Vor fünfzehn Monaten näherte sich Bonaparte, als er von den Alliinen fo schr gedrängt wurde und seine Sachen aufs schlechteste standen, für einen Augenblick den Jakobinern. Es war zu dieser Zeit, daß er beym Zurückkommen von einem jener Spazierritte, die er auf den Rath derselben nach den Vorstädten St. Antoi-ne und St. Marceau machte, um den Pöbel zu gewinnen, und wie seine Hosieu-te diese lächerliche Popularität tadelten, ihnen die Antwort ertheilte: „Meine Herren , Sie mögen sagen was Sie wollen: es gibt eben keinen Adel, als in der Kanaille der Vorstädte, und keine Kanaille als in dem Adel, den ich geschaffen habe." Zu eben der. Zeit erboten sich die Jakobiner ihn zu retten, verlangten aber, daß er ihnen die dießsälligen MiMl überließe. Man wollte nun das Volk, so wie jetzt, durch revolutionäre Maßregeln in Bewegung bringen. Man forderte von Bonaparte, daß er überall die Bluthymnen: ^ji'.ns ens»N8cW la pati'ie, — veM<»N5 su 8a-Im lle I'Lmpire und ca iva singen lassen mochte. Man machte'ihm noch andere, nicht weniger ausschweifende Vorschläge. Bonaparte sah aber die Schlinge und brach die Unterhandlung ab. Er wollte sich lie-. ber dem Schicksal der Schlachten, die ihm ein'ge mögliche Rettungsaussicht, als den Jakobinern, die, wie er glaubte, ihm gar keine solche Aussicht gaben, überlassen. Sein rasender Ehrgeitz und besondere Umstände haben ihn jetzt bewogen, sich von neuem den Jakobinern zu überliefern. Die Gefahren aber , die er vor fünfzehn Monathen voraussah, sind fortdauernd dieselben. Damahls sagte er, es könne gar kein Verhältniß zwischen den demagogischen Grundsätzen von i^Z und den Grundsätzen der Monarchie, zwischen Klubs von Rasenden und einem regelmäßigen Ministerium , zwischen einem öffentlichen Wohlfahrtsausschuß und einem Kaiser, zwischen Revolutionstribunalen und der Herrschaft der Gesetze statt sindcn. Alles dieses gesieht er sich auch noch jetzt, aber was soll er machen? Er rechnet auf die Soldaten, 4lM die Jakobiner auszurotten, und sieht nicht, daß sie die A'-mee jakobinisn-en. Da er sie am i3. Brumaire betrog?«, da er keines der Versprechen gehalten hat, welches er ihnen gegeben, damit sie ihn bey diese:Revolution unterstützen sollten, so sind fie auf ihrer Huth ; sie traucn ihm nicht, beobachten ihn , und in eincm Augenblick, wo er es am wenigsten erwartet, wird er genöthigt werden die Republick zu prokla-puren. Aus Gnade wird man ihn auf ei-N'ge Zeit die erst: Magistratsperson derselben seyn lassen. Die Masse der Nation, die znit der einen Parthey so wenig etwas ge-znein hat, als mit der andern, und die das Dpfer von beyden ist, wird die Zwietracht ihrer Unterdrücker benutzen , das oli-garchische Joch abschütteln und sich ihrem rechtmäßigen Könige mit Enthusiasmus «vieder in die Arme werfen Die Macht der Umstände würde unfehlbar in Frank-njch, selbst ohne den fremden Krieg, ei- ne solche Veränderung herbeyführen. Dtt Einmarsch der alliirten Armeen auf das Französische Gebiet, wodurch die Nation einen Stützpunkt erhält, wird diese große Entwicklung nu- beschleunigen, die flir die Ruhe der Welt so nöthig ist." »» <» » Die Rache des Dichters. Der älteste deutsche Epigrammatist, Friedrich von Logau, war em begüterter schlcsischer Eoelmann zurZütdes dreißig jährigen Krieges. Schlesien war mit Lieferungen und Einquartierungen hart mit? genommen; doch tröstete man sich, wie das gewöhnlich ist, unter der Last des Kne^ ges von Zcit zu Z it mtt günstigen Nach' richten. Die Schweden und die Franzo^ scn waren damals die Verheerer von D>!utscl)^ land. Nun kam nicht selten eine Nach-richr, man habc, die Schwaden aufs Haupt gcscl.lagen; man tröstete sich auch eine W-il^ damit; doch bald hörte man wieder von Vo.schritten der nemlichen Schwedens die man vor Kurzem für vernichtet gehal^ ten. Ein anderes Mal hatte man, den Gerüchten zu Folge, die F.anzoscn auf das Haupt geschlagen ; aber nicht lange» so erschienen diese Franzosen dennoch neu erdings im Fclde. Logau, der auf seinen Gütern schon viel von den durch und vorüberziehenden Truppen erlitten hatte, ward endlich ungeduldig, und schrieb: Man hat den Feind aufs Haupt geschlagen; Doch Fuß hat Haupt davon getragen. Man schlag ihn , rath' ich, aus den Fuß/ Damit er liegen bleiben muß.