Ein Beitrag zur Losung der T riester Eisenbahnfrage. Auszugsweise Mittheilung des vora Werksdirector S. Rieger am 19. September 1896 za Neumarktl in Oberkrain gebaltenen Vortrages. Samstag, den 19. September, hielt Herr Werksdirector S. Rieger, der im heurigen Fruhjahre eine Broschure, behandelnd die Be- strebungen zur Erlangung einer Balin nacli Neumarktl, die mit der Triester Babnfrage zu- meist zusammenfallen, veriiffentlichte, einen Vortrag liber den derzeitigen Stand der Triester Eisenbahnfrage, der all- gemein bekannt zu werden insofern verdient, als in demselben neuo und, wie wir glauben, der Beachtung sehr werte Gesichtspunkte iiber die zweckmassigste Losung dieser viel um- strittenen Frage beriibrt und des naheren, unter Vorfiihrung neuer, im heurigen Sommer durch- gefiibrter Aufnalnnen, bebandelt werden. Der Vortragende gedachte der vielen Be- muhungen, die in den letzten 25 Jahren von verschiedenen Seiten zugunsten der Losung der Triester Babnfrage unternommen wurden, und bespracb liierauf die einzelnen in Betracht kommenden Tračen, die Kosten und Kiirzungen derselben. Besonderes Interesse erregten die Zahlen, ivelche der Vortragende in Beziehung tzteres anfiibrte. Darnach sollen: .) der Bau der Linie Lack-Divacca als ksionsbahn einen Kostenaufivand von Millionen Gulden erfordern und eine egkiirzung von nur llTarif-km bringen, dass hier ein Tarif-km Wegkiirzung mit einem Kostenaufwande von liber 1 • 6 Millionen Gulden erkauft werden miisste; 2. ) das Kostenerfordernis der Wocheiner Linie 3 2 Millionen bei einer Wegkiirzung von 47 Tarif-k m betragen, und zwar dies unter der Annahme, dass die Abzweigung von der ■ Station Assling der bestehenden Staats- bahnstrecke Laibacli-Tarvis aus erfolge, ein Tarif-km Wegkiirzung sich also hier auf 0'68 Millionen stellt; 3. )diePredilbahn bei Ausfiihrung des tiefer gelegenen, bei Kaltwasser zwischen Tarvis und Raibl beginnenden Tunnels einen Kostenauf¬ ivand von 31 Millionen erfordern, wahrend sich die Wegkiirzung auf 7 9 Tarif-km stellte, daher 1 Tarif-km Wegkiirzung auf 0 - 39 Mil¬ lionen zu stehen kommt; 4. ) die Loibllinie: a) nacli dem Anfangs der 70 er Jahre auf- genommenen Projecte, das durch die Er- giinzungen der Regierung in den letzten Jahren, insoferne als eine Adhasionsbahn in Betracht kommt, eine nennenswerte Aen- derung niclit erfulir, indem der zwar nur 4'8 km lange, dafiir aber iiber 800 m hoch gelegene Loibltunnel mit der tiefen Sta- tionslage in Neumarktl beibehalten wurde, einen Kostenaufwand von 22 Millionen beanspruchen und eine Wegkiirzung von 5 5 Tarif-km bieten, so dass sich 1 Tarif- km Wegkiirzung auf 0'4 0 Millionen stellt ; h) nach der im heurigen Sommer auf der Krainer Seite iiber Auftrag der Krainer Interessenten vom Oberingenieur L. Ham- mer, auf der Karntner Seite hingegen fiir Rechnung der Karntner Interessenten vom Ingenieur A. Grassi durchgefiihrten Auf- nahmen ein Kostenerfordernis von hoch- stens 1 6 Millionen Gulden betragen und, auf die Station Lees, beziehungstveise den Anschluss an das Wocheinerbahn-Project bezogen, eine Wegkiirzung von 65 Tarif- km geivahren, daher 1 Tarif-km Weg- kiirzung auf 0'24 Millionen Gulden zu stehen kommt; 5. ) die Variante der Loiblbahn, die so- genannte Barnthaler Linie, an Baukosten einen Aufwand von 2 2 Millionen erfordern und eine Wegkiirzung von 64 Tarif-km, gleich- falls auf den Anschluss an die Woclieinerbahn bezogen, geivahren, so dass bei diesem Projecte 1 Tarif-km Wegkiirzung 0 ■ 3 4 Millionen Gulden betrage; 6. ) die Tauernbahn, und zwar die soge- nannte Mallnitzer oder Gastciner Linic, an Bau¬ kosten einen Aufvvand von 30 Millionen Gulden bei Geivahrung von nachstehenden Wegktirzungen erfordern: a) von Villach nach Bischofshofen, bezw. Salzburg, 175 Tarif-km; b) von Villach nach Worgel, bezw. Rosen- heim, 103 Tarif-km; c) von Villach nach Budweis, bezw. Prag, 50 Tarif-km; Ein Tarif-km Wegkurzung stellte sich demnach auf 0'17, 0‘2 9 und 0'60 Millionen Gulden. Ausgehend von diesem Ergebnisse fasste der Vortragende die angefiihrten Linien in drei Gruppen, und zwar in die Gruppe siidlich der Save, in jene zwischen Save und Drau und endlich in jene nordlich der Drau zu- sammen. In die erste Gruppe fallen die Linien: «Lack-Divacca», «Assling-Veldes-Wochein- Gorz» und < Tarvis - Kaltvvasser- Gijrz». Nach der Ansicht des Vortragenden konne der localwirtschaftliche Wert der živci ersten Linien dieser Gruppe im allgemeinen als nicht vvesentlick differicrend bezeiclinet werden, da der grosseren landwirtschaftlichen Be- deutung der Lacker Linie die Wasserkrafte derWochein mit den Veldeser und Wocheiner Seen, das Wocheiner IValdgebiet etc. gegen- iiberstehen. Den geringsten locahvirtschaftlichen Wert besitzt die Predillinie. Dafiir aber stehe die- selbe in ihrem Wert als Durchzugsbalm in erster Reihe; denn sie geivahre die groOte Kiirzung, und zwar 79 Tarif-km gegen 4 7 und 11 der Wockeiner und Lacker Linie. Auch komme ein Tarif-km Wegkiirzung bei der Tredilbahn am billigsten, namlich auf 0 ■ 3 9 Millionen entgegen 0 • 6 8 und 1 • 6 Millionen der Wocheiner, bezvv. Lacker Balin zu stehen, so dass bei vorurtheilsloser Beurtheilung des allgemeinen Wertes der einzelnen Linien zu- gegeben werden muss, dass vom tarifarischen und finanziellen Standpunkte aus die Predil¬ linie von allen drei Projecten den Vorrang verdient. Nachdem aber bei dieser Balingruppe auch strategische Riicksichten in Betracht kommen und die Kriegsverivaltung wieder- holt, und in jiingster Zeit erst ivieder gelegent- lich der diesjiihrigen Tagung der Delegation, gegen die Predillinie sich ausgesprochen hat, so konne ernstlich nur noch das Wockeiner Project in Frage kommen, da die Regierung von dem Ausbau der Lacker Linie wegen der geringen Wegkiirzung, der nahen Lage der Siidbahn, dann des Karstes, iiber ivelchen die- selbe in ilirer letzten Partie fiihrt, insbesondere aber wegen der geringen Leistungsfahigkeit der bestehenden Staatsbahnstrecke *Divacca- Herpelje-Triest», an die sich die Lacker Linie anschliesst, niclits ivissen ivolle. Bei der zweiten Gruppe konne es sich dermalen nach dem Fallenlassen des Seeberg- projeetes nur mehr um die Frage: ob Loibl oder Barnthal, handeln, und da miisse unum- wunden zugegeben werden, dass das bisher vorgelegene Adhasionsbahnproject der Loibl¬ linie mit dem hochgelegenen Tunnel, der tiefen Stationslage in Neumarktl und der dadurch bedingten bedeutenden Entwickelungen im Rosenthale in Karaten und dem Katharina- und Annathale in Krain ungiinstiger als das Barnthalproject sich darstelle, obgleich die local- wirtschaftliche Bedeutung des letzteren jener der Loibllinie ganz unvergleichlich nach- steht; denn die Barnthalerlinie iveiche den beiden Hauptindustrieorten der Karaivankcn: Neumarktl in Krain und Ferlaeh in Karaten, aus, wahrend die Loibllinie diese beiden In- dustriegebiete beruhrt. — Hier wies der Vor¬ tragende darauf hin, dass die localwirtschaft- liche Bedeutung der Loiblbahn bei der am 28. Juli 1890 in Klagenfurt abgehaltenen De- legierten-Conferenz einstimmig anerkannt und SA auch bisher von keiner Seito jemals ernstlich bestritten wurde. Den bier zuniichst in Betracht kommenden Interessenten in Ferlacli jenseits und in Neu- marktl diesseits des Loibls lag es daran, sicb daruber Klarheit zu verschaffen, ob das in seinen Grundlinien scbon vor einem Viertel- jabrhundert entworfene Loiblproject nicht docb geHndert und gunstiger gestaltet werden konne, und zwar dureh Wahl eines tiefer liegenden Tunnels und Hoherlegung der Station Nou- marktl. Das Project der Predilbahn wurde dureh Wabl eines liingeren, tiefer gelegenen Tunnels vieler seiner Bedenken entkleidet, und auch die Barnthallinie verdankt es nur der Walil des tiefliegenden langen Tunnels, dass ihre Ausfiihrung iiberhaupt je ernstlicli in Betracht gezogen wurde. Warum dagegen gerade bei der Loiblbabn der kurze, hochliegende Tunnel, welcber zu einer Zeit projectiert wurde, als man die Fortschritte der heutigen Spreng- technik und Tunnelbaukunst noch nicht kannte und infolge dessen selbst vor den grossten und kiihnsten Entwicklungen nicht zuruckschreckte, beibehalten wurde, bildet allerdings ein un- gelostes Rilthsel. Die Ausfiihrung neuerlicher Studien und Aufnahmen im Gebiele des Loibls erschien ferner auch deshalb ganz besonders geboten, weil die Regierung sowohl im Parla¬ mente als auch Abordnungen gegenuber offen erklarte, die Ausfiihrung der Karawankenbalm wegon der hohen Kosten derzeit nicht weiter in Erwiigung zielien zu konnen, aber dazu bereit zu sein, die Wegkiirzung, welche diese Balm dem Verkehre mit Triest bieten wiirde, dureh tarifarische Massregeln ausgleichen zu vvollen. Daher konne auf eine Karawanken- bahn iiberhaupt nur dann gerechnet werden, wenn es gelinge, dieselbe wesentlicli billiger, als die vorliegenden Projecte lauten, und in Verbindung mit der Forderung der local- wirtschaftlichen Interessen herzustellen. In liingeren Ausfiihrungen theilte der Vortragende alle im Frtihjahre und Sommer unternommenen, die Durchfiihrung der neuer- lichen Studien beziveckenden Schritte in Klagenfurt, Ferlach und Neumarktl mit und bob hervor, dass es gelungen ist, am 25. Juni d. J. in Ferlach ein Consortium fiir den Karntner Theil der Loiblbahn zu bilden, an dessen Spitze der Besitzer der dortigen Gewerke, Herr Alfred Voigt, trat, der auch in der entgegenkommendsten Weise die erforderlichen Geldmittel fiir die Studien und Aufnahmen auf der Karntner Seite bewilligte, welcho Arbeit hierauf dem mit reichen Er- fahrungen ausgestatteten Ingenieur Herrn A. Grassi iibertragen \vurde. Auf der Krainer Seite wurde mit der diesbetreffenden Arbeit Herr Oberingenieur L. Ham m er betraut, dem gleichfalls viel- fache Erfahrungen in der Tracierung und dem Baue sclrvvieriger Bahnen zur Verfiigung stehen. Diese Studien und Aufnahmen erscheinen der Hauptsache nach beendet, und es ergab sicb, dass, sobahl die Station in Neumarktl, welche bisher in einer Seehohe von 498 m projectiert war, nach Feistritz auf 542 m Hohe gelegt werde, die ganze Entwickelung in das Katharinathal entfalle und die Fort- setzung nach Norden stets an der sonnseitigen, bewaldeten Lehne unmittelbar weiter in das Annathal gefiihrt werden konne. Von dieser hoheren Stationslage aus liisst sich die Balin nach Lees sowohl als auch nach Krainburg mit giinstigen Steigungen ausfiihren. Die Kosten beider Linien differiercn wenig, nur ist die Strecke nach Lees um 1 km kiirzer. Der Loibltunnel wurde bedeutend tiefer, und zwar auf der Krainer Seite 691 m und auf der Karntner Seite 613 m hoch projectiert, so dass der Scheitel des Tunnels unter 700 m Seehohe fiillt und von einer Gebirgsbahn eigentlich nicht die Rede sein kann. Allerdings erhiilt der Tunnel hiedureh eine Liinge von 8'4 gegenuber 4'8 km im bisherigen Projecte. Allein trotzdem ist dieser lange Tunnel immer- hin noch um mehr als einen Kilometer kiirzer, als jener des Barnthalprojectes, in welchem die Durchstollung des Gebietes des Hochstuhls einen Tunnel von nahezu 10 km Liinge er- fordert. Auch die grosse Entwickelung im Rosenthale in Karnten entfallt bei der Wahl des tiefer liegenden Tunnels; ebenso vvird dem Klein-Loibl ganz ausgewichen, indem das Tunnelportal tief in die Tscheppa-Schlucht zu liegen kommt. Die Balm ist von Lees bis Klagenfurt durchaus als Adhasionsbahn mit einer Steigung von maximal 25 °/ 00 und Kriimmungshalb- messer von nicht unter 200 m projectiert; sie entspricht daher allen militarischen und betriebs- technischen Anforderungen. Die Bauliinge stellt sich gegeniiber juier des bisherigen Adhasions- bahnprojeetes, unter Wegfall der grossen Bauten bei Neumarktl, im Rosenthale und am Klein- Loibl, um 10 km kiirzer. Hiedureh sowie dureh die bedeutenden, sehr giinstig in unmittel- barer Niihe der beiden Tunnelportale gelegenen Wasserkrafte stellt sich das neue Project der Loiblbahn von Klagenfurt nach Lees im Anschlusse an die Wocheinerbahn bei gleicher Wegkiirzung betrachtlich billiger, als die Balin dureh das Barnthal. Allein selbst bei gleicher Hohe der Kosten und Wegkiirzung miisste die Loiblbahn jener dureh das Barnthal ihrer grossen localvrirt- schafltichen Bedeutung vvegen stets vorgezogen werden; denn dureh die Loiblbahn entfalle die Herstellung besonderer Bahnen nach Neu¬ marktl und Ferlach, beziehungsweise es lasse sich die Einbeziehung der beiden Industrie- orte Neumarktl und Ferlach in das Balinnetz dureh die Ausfiihrung der beiden Zufahrts- strecken nach Neumarktl und Unterloibl als Localbahnen mit der Herstellung der eigent- lichen Loiblbahn in Verbindung bringen, wodurch die Durchzugsbahn um mehr als drei Millionen verbilligt werden konne, indem schliesslich nur mehr die Verbindung der beiden Endpunkte der Zufahrtsstrecken, also eine Auslage von etwa 12 Millionen Gulden zu machen ware, um die Loiblbahn von Klagen¬ furt bis Lees, eventuell auch Krainburg durch- fiihren. Hierauf gieng der Vortragende auf die Besprechung der Projecte der dritten Gruppe, also auf die Tauernbahn iiber und betonte, dass, wenn man die bedeutenden Wegkiirzun- gen bei verhaltnismassig geringen Kosten, welche diese einerseits stark vertheidigte, ander- seits viel angefochtene Bahn biete, vorurtheils- los betrachte, man nicht anders konne, als fiir den Bau derselben sich zu erklaren; denn die mehrfach aufgestellte Behauptung, dass die Tauernbahn nur Siiddeutschland, nicht aber auch Oesterreich, der Industrie Bohmens, den Alpenlandern und dem Hafen von Triest niitzen werde, sei entschieden nicht stichhiiltig und werde dureh die friiher besprochenen Weg- kiirzungen am deutlichsten widerlegt. So ge- wahren beispielsweise die Tauern- und Predil bahn zusammen nach Budiveis eine um 18 Tarif-km grossere Wegkiirzung, als die Wocheiner und Barnthal-Linie, daher man begriindeter Weise doch nicht sagen konne, dass die Tauernbahn nur Siiddeutschland und nicht auch der Industrie Bohmens zugute komme. Allein selbst bei der Ersetzung der Predil- dureh die Wocheiner Bahn bringt die Tauernbahn noch immer 97 Tarif-km, also nur um 14 km weniger Wegkiirzung nach Budweis, als die VVocheiner- und Barnthal¬ linie. Fiir Niederosterreich mit Wien, Miihren, Schlesien und den ostlichen Theil Bohmens ist die Tauernbahn allerdings nicht von Be¬ deutung, daher man, um auch diesen Theilen des Reiches bei Losung der Triester Eisen- bahnfrage gerecht zu werden, trachten miisse, auch die Loiblbahn zu erreichen, was aber nur dann Aussicht auf Vervvirklichung babe, wenn dies moglichst billig und im Anschlusse an die Gruppe siidlich der Save geschehen konne. Der Vortragende kam dann auch auf die von ihm im Friihjahre veroffentlichte Broschiire liber die Bestrebungen zur Erlangung einer Bahn nach Neumarktl zu sprechen und hob hervor, dass er in der Sitzung vom 11. Marž d. J. des seit 27. April 1893 bestehenden Con- sortiums mit der Abfassung einer Petition an das Eisenbahn-Ministerium betraut wurde, in welcher gemass des in der erwiihnten Sitzung einstimmig gefassten Beschlusses um den Aus- bau der Bahn von Krainburg nach Neumarktl gebeten wurde. — Dem Consortium waren eben damals die Kosten und Wegktirzungen der einzelnen Linien noch unbekannt, auch konnte die Mehrheit desselben die Hoffnung noch nicht aufgeben, dass sich endlich und schliesslich doch das alte, seit mehr denn 25 Jahre hindurcli angestrebte, von der Klagen- furter Delegierten-Conferenz am 28. Juli 1890 einstimmig angenommene Project des Ausbaues der Loibl- und Lacker Bahn werde verwirk- lichen lassen. ' Die Abordnung, welehe diese Pet> f _’ 26. Marž Sr. Exeellenz dem Herrn Eis v minister Ritter von Guttenberg reichte, hatte dem erivalinten Beschlusse RJ nung zu tragen und sich strenge an die A fiihrung der Petition zu halten; — sie w darum nicht in der Lage, auf die Frage Sr. Excellenz, ob Neumarktl nicht lieber mehr \vestlich, etwa bei Lees, Anschluss suchen und sich so die unmittelbare Verbindung mit dem allfžilligen Ausbaue der Wocheiner Bahn sichern wolle, eine andere Antwort zu geben, als das Petit in der iiberreichten Petition lautete. In dankenswerter Offenheit legte Se. Ex- cellenz der Herr Eisenbalmminister Ritter von Guttenberg der Abordnung gegenuber die Ansicht der Regierung beziiglich der Losung der Triester Eisenbahnfrage dar, in¬ dem Se. Excellenz erklarte, dass 1. ) von dem Ausbaue der Linie Lack-Divacca wegen der vorher a n - gefiihrten Ursachen Abstand genom- men werden miisse; 2. ) die Vortheile der Barnthaler Linie dureh tarifarische Massregeln auf der bestehenden Staatsbahn- strecke Glandorf-Villach-Tarvis-Ass- 1 in g vrettgemacht werden konnen, da¬ her auch von dem Ausbaue dieser Linie abzusehen sein wird, zumal dieselbe die Erbauung besonderer Bahnen nach Neumarktl und Ferlach nicht entbehrlich mache, also dop- pelte Auslagen erfordere; 3.) der Bau der Tauernbahn ver¬ ni o g e der grossen Kiirzungen, w e 1 c h e dieselbe g e w a h r e, jedenfalls ernst- 1 i c li in E r w ii g u n g z u z i e h e n s e i, u n d dass 4.) in B e z u g der s ii d 1 i c h e n Fort- setzung der Tauernbalin die P r e d i 1 - oder die Wocheiner Linie in Betracbt k o m m e. Diese Erldarung Sr. Excellenz des Herrn Eisenbahnministers Ritter von Guttenberg, die derselbe in ahnlicher Weise aueh im Parla¬ mente und anderen Abordnungen gegeniiber machte, weise auf ein bestimmtes Programm der Regierung hin, das in den Wegkiirzungen und Kosten der einzelnen Linien begriindet erscheine und mit dem man sich wold oder iibel zurcchtfinden miisse. Der Vortragende legte nun dar, dass die bisherige Fruclitlosigkeit der vielen Bemiili- ungen, die Triester Eisenbalmfrage zur Liisung zu bringen, hauptsachlich in der gegenseitigen Bekkmpfung der einzelnen Linien durcli ilire liachsten Anlianger zu suchen sei, und dass es im Interesse der Alpenliinder, des Hafens von Triest und des ganzen Reiches nieht an- gelie, diese gegenseitige Bekiimpfung aucli jetzt noeh dem nun bekanntgevvordenen Programme der Regierung gegeniiber fortzusetzen, man miisse vielmehr bemiiht sein, sich mit demselben bestmogliolist abzufinden und die Regierung in der Durclifiihrung kraftigst unterstiitzen. Vor allem sei die Bekiimpfung der Tauern¬ balin fallen zu lassen, und naclidem die Predil- linie wegen der Einspraclie der Kriegsver- waltung keine Aussicht nuf Verwirklichung babe, liege es auf der Hand, dass man als siidliche Fortsetzung der Tauernlinie nur fiir die Wocheiner Linie, und zwar von der Station Assling aus abzvveigend, einstelien konne, indem die Wegkurzung von 47 Tarif-km nur dann zutrifft, wenn von Assling aus abgezweigt wird. Die Tauern- und Wocbeiner Bahn als l angenommen, erscheint fiir Neu- und Krain, sowie fiirFerlach, Klagenfurt ttelkarnten, Obersteiermarlt, Niederiister- mit Wien, Mahren, Schlesien und das che Bohmen, die Aufgabe, in Absicht auf Erzielung bestmoglichster Vortheile durcli ese Liisung der Triester Eisenbalmfrage, klar gegeben, und zwar gegeben in dem Bestreben, den Ausbau der Loiblbalm im Ansclilusse an die Woebeiner Linie zu erzielen. Die Tauernbalin hat ihre bestimmte Auf¬ gabe, welche die Loiblbahn nie zu ersetzen vermag, ebenso kann die Tauernbahn die Auf¬ gabe der Loiblbabn in keiner Weise erfiillen. Beide Babnen baben eben ihr bestimmtes Verkehrsgebiet. Dagegen ist eine Vereinigung beider Linien binsichtlicb der siidlicben Fort¬ setzung auf die VVocheiner Bahn ohne nennens- werte Beeintrachtigung ihrer besonderen Auf- gaben moglicb. Langere Zeit widmete der Vortragende der Erorterung der Nothwendigkeit, dass nun aucb Neumarktl und Oberkrain iiberhaupt den geiinderten Verbiiltnissen Rechuung tragen, den bisber in Krainburg angestrebten Anscbluss aufgeben und denselben in Lees suchen miissen, um in den Rabmen des vorentwickelten Pro- grammes eingefiigt zu werden. Diese Aenderung sei kein leichtfertiges Aufgeben der bisher angestrebten Verbindung, sondern lediglich eine den geanderten Verhalt- nissen entsprungene unausiveicbliche wirtscbaft- liche Notlmendigkeit. Es gehe eben unter den obwaltenden Verbiiltnissen nicbt an, fiir eine Bahn, der jede Aussicht auf eine weitere Fort¬ setzung nach Siiden und Norden benommen erscheine, Opfer zu bringen. Zudem trage die Verlegung des Anschlusses von Krainburg nach Lees nur der diesfalls von Sr. Excellenz dem Eisenbahnminister Ritter von Guttenberg gegebenen Anregung Rechnung, und man sei Sr. Excellenz sicberlicb zum besondern Danke verpflicbtet, dass er die Interessenten auf das Unzweckmiissige eines Anschlusses in Krain¬ burg rechtzeitig aufmerksam machte. Neu¬ marktl hat infolge des Bezuges von Mineral- kohlen aus Obersteiermark und der Verfrach- tung von Garnen u. dergl. Erzeugnissen nach Bohmen einen grosseren Nord- als Siidverkehr. Es hatte alle Fraeht von und nach dem Norden eine 22 km langere Strecke zu durchlaufen, wenn die Bahn von Neumarktl nach Krain¬ burg statt nach Lees gebaut wiirde. Dasselbe treffe fiir den Siidverkehr Zu , wenn die Wo- cheinerbahn zur Ausfiihrung kame, was eben, wie oben dargethan, die griisste Wahrschein- liohkeit sei. Nach der Mittheilung des Vor- tragenden hat das Eisenbahn-Ministerium der am 26. Marž 1. J. iiberreichten Petition mit Erlass vom 1. Juli d. J., Z. 2880, insoferne stattgegeben, als es sich bereit erklarte, die angestrebte Bahn in das Localbahnenprogramm fiir 1897 dann aufzunehmen, wenn die Ver- handlungen, betreffend die Sicherung der Zeich- nung von Stammactien u. dergl., rechtzeitig zum Abschlusse gelangen. Hiedurch erscheine officiell festgestellt, dass die Regierung die Noth- ivendigkeit der Erbauung einer Bahn nach Neumarktl anerkannt habe und bereit sei, die Ausfiihrung derselben durcli Gewahrung einer entsprechenden Zinsengarantie zu ermoglichen. Wird die Ausfiihrung dieser von der Regierung als nothivendig anerkannten Bahn mit dem Ansclilusse nach Lees statt nach Krainburg vollzogen, so ist damit der Industrie Neumarktls am besten gedient, zugleich aber auch ein Stiick der geplanten Loiblbahn, im Anschlusse an die Wocheiner Bahn, vollfiihrt. Geschiihe dasselbe auch auf der Karat n er Seite durch die Herstellung einer Bahn von Klagenfurt iiber Victring, Maria-Rain, "VVeitzels- dorf bis nach Unterloibl, so wiirde auch im Norden ein Tlieil der Loiblbahn zum Ausbau kommen und es sich schliesslich, um die ganze Loiblbahn fertig zu haben, nur mehr um die Verbindung der beiden Endpunkte handeln. Die Regierung habe sich Abordnungen gegentiber wiederholt dahin ausgesprochen, dass sie die Nothvvendigkeit, der hart be- drangten Industrie des Rosenthales mittelst einer Bahn helfend unter die Arme zu greifen, vollends anerkenne und bereit sei, alle darauf bezughabenden Bestrebungen bestmogliolist zu unterstiitzen, daher es wohl keinem Zweifel unterliegen kiinne, dass die von dem, wie vorher ervvahnt, am 25. Juni d. J. in Ferlach gebildeten Consortium mit aller Energie in Angriff genommenen Arbeiten ebenfalls Erfolg haben werden und auch die dortige Strecke in das Localbahnenprogramm fiir 1897 Auf- nalune finden diirfte. Die Aufnahme der beiden besprochenen Bahnen in das niichstjahrige Localbahnen- Programm der Regierung vorausgesetzt, vviirde sich die Auslage fiir die Losung der Triester Eisenbalmfrage nach dem oben entivickelten Programme wie folgt stellen: 1. ) fiir die Tauernbahn ... 30 Mili. Gulden, 2. ) » » Wocheiner Bahn 32 » » 3. ) » » Verbindung der beiden Endpunkte der als Localbahnen erbau- ten Zufahrtsstrecken zur Loiblbahn .12 » » im ganzen also .... 74 Mili. Gulden. Gewiss eine grosse Summe, allein der Vor¬ tragende halt dafiir, dass dieses Opfer nicht zu gross fiir den osterreichisehen Kaiserstaat sei, um es zu einer die grosse Mehrheit seiner Bewohner vollends befriedigenden Losung der Triester Eisenbalmfrage zu bringen und damit seiner schonen Hafenstadt die Entfaltung neuen Lebens und nachhaltigen Aufschwunges zu ermoglichen. H. Bergmann. Buchruckerei von Ig. v. Kleinmayr & Fed. Bamberg, Laibach 2953 — 96. m \