RN3NUWNNUVA Nr Kunst, Wissenschaft und geselliges Leben. Redigirt von Leopold Kordefch. ^ 33. Montag am II . April Ä844. Von dieser Zeitschrift erscheinen wöchentlich zwei Nummern, jedes Mal ein halber Bogen, und allmonatlich ein in Wien von Meisterhand in Kupfer gestochenes kolorirtes Costumebild, illyrische Volkstrachten in Doppelfigur enthaltcnd, in Grosiquart. Der Preis des Blatte« ist in Laibach ganz­jährig 6, halbjährig 3 fl. Durch die k. k. Post unter Louuert mit portofreier Zusendung ganzjährig 8, halbjährig 4 fi. C. M,< und wird halbjährig uorausbezahlt. Alle l. k. Postämter nehmen Pränumeration »n. I n Laibach pränumcrirt man beim Verleger »m Raon, Nr. I9N, im erste» Stocke. Mein Glück. 2^l s ich zum Dasein auferwachte. Gab mir Natur ein fühlend Herz; Doch statt der zarten Muttersorge Gab sie zur Amme mir den Schmerz. Er weilte treu an meiner Seite, Lr führte mich in's Leben ei». Und lies der Freude zarte Keime, I n meinem Herzen nicht gedeih'». — Nenn mir ei» Freudenstern erglommen. Hat bald ein Sturm den Glanz gebleicht — Und was mir sonst «och lieb geworden. Ich lernt's entbehren schnell und leicht. D'rauf kam die Lieb' mit ihren Gaben, Den Thräncn und der Himmelslust, — Und druckte mir, dem Freudelosen, Den Pfeil der Sehnsucht in die Brust. — Die Liebe glich der Frühlingsrose, An Düfte«, wie »» Wonnen reich: Doch bei des Sturmes rauhem Toben Ward Lieb' und Rose welk und bleich. Und so mit freudelecrcm Herzen, Die tiefe Wunde in der Brust, Sah ich mit glühendem Verlangen Der Menschen Glück, der Mensche« Lust! — Ich hoffte stet« »uf sch'on're Tage, Doch blieb mein Sehnen ungestillt, — Nur mit dem Schmerz erwacht zuweilen Der Jugendliebe Zaubcrbild. D'rum ist er mir jetzt lieb geworden. Zieht die Erinn'rung durch die Brust: Und also ward mein Schmerz — mein Lebe», Mein Leiden wurde meine Lust. — Moriz Siegelist. Die Töpfer z« Stein. Klinische Sage von »,». Rudolph Puff. n der Schenke „ zum Fuchs« in Laibach ging es munter und fröhlich her. Die Humpen klangen zusammen, die Würfel kollerten am Tische, auf welchem Goldstücke auftauchten und verschwan­ den, je nachdem es Fortuna's Laune war, damit zu schal­ten. Kaiserliche Werber hatten ihr Quartier aufgeschlagen, und manches Muttersöhnchen, nachdem es den letzten Dreier verlor, gelobte mit Trunk, Handschlag und nassen Augen, unter dem Schatten der Standarte Wunder gegen die Türken zu verrichten. I n bescheidener Ecke labten sich die drei Töpfer von Stein, in brüderlicher Eintracht sich gelo­bend, Freud' und Leid zu theilen, sich nie zu trennen, und nach Jahresfrist frei und offen hinzutreten vor die stolze Meisterstochter, um den entscheidenden Ausspruch zu erwar­ten. Mark o hatte die Zither bei Seite geschoben, denn es däuchte ihm unschicklich, vor den stattlichen Herren in Helm und Koller sein Liedchen zum Besten zu geben. Na ­tal i sah sehnsüchtig auf die Fluth und Ebbe der verspielten Gelder, während Micha oft genug die Faust ballte, wenn er in den Anspielungen der Kriegsleute oft die Worte! „Stubenhocker," „Landtölpel" auf sich zu deuten glaubte. Der Wein versäumte nicht, seine Wirkung zu thun; nach einiger Zeit faßte Natal i das Herz, näher zu treten zu den Spielenden. Bald entwickelte er seine Sparpfennige aus der Tasche, und eh' eine Stunde verging, war ein Haufe Goldstücke, so viel als er in seinen kühnsten Trgu­men nie zu wünschen gewagt, in sein Ränzelchen gewan­dert. Fluchend maßen die Reiter, kampfgebräunte Wallonen, den glücklichen Burschen, der unter dem Vorwande, bes­sern Wein zu bestellen, sich aus der Herberge schlich und, seine Goldfüchse im Gürtel, den Soldaten und seinen Ge­fährten ein weiteres Valet zu sagen unterließ. Schuftensöhne eines schuftigen Landes! knirschte ein bärtiger Waibel, und schlug mit der Eisenfaust auf den Tisch, daß Krüge und Humpen in voller Eintracht unter einander kollerten. Das sollt' ihr mir nicht zum zweiten Male sagen! tobte Micha und entblößte den nervigen Arm. Werft mir den Klotz aus der Stube! lachte der Wai­bel. — Ich will euch zeigen, wie man einen Klotz knetet! schrie der Töpfer und ergriff den Kriegsmann, eh' er sich's versah, an der Brust. Aber ein Dutzend Fäuste bezwangen im N u den Rauflustigen, dem es wahrlich nicht gut gegan­ R3» gen wäre, hätte nicht der Waibel mit Kennerblicken seine nervigen Glieder gemustert und mit einem zur rechten Zeit hingeworfenen: Laßt ihn, scheint mir ein wackerer Bursche; Schade, daß er nicht, statt den schmutzigen Spuren des Handwerkes, Stolpen und Schienen, statt der ecklen Mütze nicht den Helm trägt! die Aufgebrachten beschwichtigt. Er könnte Offizier werden, fuhr er fort, wie vornehmer Leute Kind, und statt Töpfen für Satans Großmutters Gänsefett ein tüchtiges Roß tummeln! Meint ihr? jubelte Micha durch Schmeichelei und Hoffnung schnell versöhnt. Her mit dem größten Kruge, ich gehöre euch mit Leib und Seele. Stoßt an auf gut krainisch, daß kein Tropfen verschüttet wird, ein Reiters­mann will ich werden, wie keiner von euch, und kehre ich heim, so sollen, statt Näpfe und Schüsseln, Türkenköpf zu Dutzenden um meine Wände hängen. Na du, Markez, setze deinen trübseligen Weg allein fort, an dir ist jede Hoffnung verloren, aber mein Wort darauf, bei meiner Hochzeit sollst du singen und spielen, und für jedes Lied einen Krug Wein, und für jeden zierlichen Reim auf die Augen meiner Braut eine Speckwurst erhalten! — Der Jüngling, der so schnell seiner Gefährten los ge­worden, schnürte sein Bündelchen, und sich zum ersten Ma l in seinem Leben so recht einsam und verlassen fühlend, zog er die wälsche Heerstraße weiter. Die kahlen Höhen des Karstes, der wüste Ruf der Windsbraut sagten seinem See­lenschmerze besser zu, als die bunten Gruppen der Wande­rer, mit denen er nur so viel verkehrte, als nothwendig war, sich durch Gesang und Zitherspiel sein dürftiges Leben zu fristen. Nach manchem mühevollem Wandertage erreichte er Capo d' Istria. Ein gutmüthiger Grieche nahm ihn in seine Barke auf und versprach, ihn gegen ein geringes Entgeld nach Venedig, dem erträumten Ziele seiner Wün­sche, zu bringen. Die Neuheit des Schifferlebens, das wirre Regen und Bewegen drängten Liebe und Sehnsucht in den tiefen Busen zurück. Nur wenn das Auge auf Ro­salka's verwelkten Strauß, seinen Talisman, sein kost­barstes Gut, fiel, umflorte sich das Auge mit Thränen. Reich an Erwartung, arm an Hoffnung bestieg er das SHiff. Lustig blähten sich die Segel, lockend umspielten die grünen Wellen den Kiel, und bald sanken die Berge Istrien's, wie graue Nebelgebilde, vor den Blicken. Nun entfaltete der Grieche ein Leben ganz anderer Art; die ver­borgenen Waffen wurden auf das Verdeck geschafft, die früher harmlosen Seeleute warfen die Masken ab, und er. klärten mit trockenem Hohne dem überraschten Jünglinge, daß er am Bord der Piraten-Brigantine „Iachya", daß das Ziel der Fahrt nicht Venedig, sondern Syra, für ihn aber nur die freie Wahl sei, mit ihnen gemeinsame Sache zu treiben oder nach der Ausschiffung als Sclave verkauft zu werden. Kraftlos senkte Mark o das Haupt, nur dem Himmel allein seine Rettung empfehlend. (Beschluß folgt.) Der Maler und sein Kind. Eine Skizze aus der Wirklichkeit. Von Fr. Fischbacher. (Beschluß,) Mehrere Wochen waren seit der Beerdigung Betty' s verflossen. Groß war noch Hammon's Schmerz über den erlittenen Verlust, aber er tobte nicht mehr so wüthend in ihm: Georg fing allmälich seine Beschäftigung wieder an. Er hatte ja für eine Tochter zu sorgen, für die Tochter seines verklärten Weibes. »Mary, « sprach er zu dem Dienstmädchen, »du wirst Mutterstelle an der Kleinen vertreten, so wie früher sie, die wir beweinen, mütterlich für dich gesorgt hat." »Was in meinen Kräften steht, Herr, werde ich ge­wiß thun." Beide schluchzten und über Betty's gewölbte Rosenwange rollten kleine Thränchen herab. Mar y nahm sich der kleinen Hauswirthschaft thätig an und sorgte zärtlich für ihre kleine Pflegebefohlene, diesie schwe­sterlich liebte. Eines Tages befandensich beide im Hofraume, wo Mar y die Wäsche besorgte, bei welcher Beschäftigung ihr das Weib eines dürftigen Schneiders zu helfen pflegte. Die kleine Bett y genoß der erfrischenden Kühle eines Ra­sens und spielte mit ihrer Puppe. Mary mußte sich entfernen. Sie konnte sich theils auf die Schneiderin, theils auf die folgsame Kleine selbst verlassen. Als Mar y zurückgekehrt war, bemerkte sie, daß weder die Schneiderin noch Bett y da sei. Auf ihre Frage in der Wohnung des Schneiders erschrack auch die Inwohnerin, die nach ihrer Aussage nur einen Augenblick hindurch in der Wohnung gewesen. I n der größten Hast flog Mar y Treppe auf, Treppe ab, suchte im ganzen Hause, rief mit lauter Stimme nach Betty; aber von der kleinen Betty war nichts zu sehen und zu hören. Das unglückliche Dienstmädchen stürzte auf die Straße, drückte sich durch das wogende Menschenge­wühl der alten City, lief wie wahnsinnig durch einige Gas­sen und sank endlich ganz erschöpft zu Boden. Der Maler, welcher inzwischen nach Hause gekommen war, hörte, was geschehen war. „Wie? mein Kind verloren? Gott!" — Todtenblässe überzog sein Gesicht, er wankte mechanisch auf die Straße. Mitleidige Menschen hatten die ohnmächtige Mar y zu sich gebracht und da sie des Gehens unfähig war, in ihre Wohnung getragen. Hier erst erwachte sie vollends aus der Betäubung ihres Schmerzes. Gegen Morgen kehrte auch Hammon zurück, wie es schien, beruhigter. Jemand tröstete ihn dadurch, daß er ihm rieth, den Verlust des Kindes in die öffentlichen Blät­ter einrücken zu lassen. Mary , einer Leiche ähnlich, stürzte zu seinen Füßen und rief: »Fluchet mir Undankbaren, die Euer Kind so wenig bewachte, daß es verloren gehen konnte." »Unglückliche, welchen Schmerz hast du mir bereitet! Doch, ich will dir keine Vorwürfe machen, du hast sie ja geliebt und in deinem Gesichte ist dein Herzenleid gezeichnet. Stehe auf und hilf mir mein Kind suchen." R3R Schon waren Monate seit dem Unglückstage verflossen, von Bett y jedoch war nirgends eine Spur zu finden. Eines Tages erinnerte sich Mary , in dem Hause öfters einen Mann in einer bunten Jacke gesehen zu haben, der ihr wegen seines widerlichen Aussehens aufgefallen; es schien ihr, als wäre er auch an jenem Tage im Hause gewesen, wo Bett y in Verlust gerieth. „Das ist des Kindes Räuber," rief der Maler. „Ich muß ihn aufsuchen, und sollte ich die drei Königreiche durch­wandern." Er verkaufte alles, was er besaß, nur das Bild „die Mutter mit dem Kinde" behielt er. Es war ja ein theurer Ueberrest seiner glücklichen Tage und sollte sein Ge­fährte bleiben bis zum Tode. Seit Hammon's Abreise von London waren drei volle Jahre verflossen. Ein angenehmer Maimorgen versam­melte dichte Scharen von Menschen in London's Straßen, die nach Old-Bayley führen. Die Menge scheint jedoch mehr gerührt als neugierig, und in sichtbarer Bewegung harrt Alles des heutigen Ausspruches der Jury. Vor den Assisen steht Georg Hammon, eines ver­übten Mordes beschuldigt. Der Angeklagte bekennt die That mit dem Beisatze, sein Gewissen spreche ihn frei. Der Richter ruft: „S o merket auf! Eure Mitbürger, Eure Pairs werden Euch richten. Gott sei mit Euch." Der Schreiber verlies/t die Anklageakte, der öffentliche Ankläger hält seinen Vortrag und schließt so: „Geschworne! mit Rührung erkennen wir es an! Nie ist ein Fall vorge­kommen, der dringender Eure Nachsicht in Anspruch nimmt, als der des unglücklichen Hammon. Doch überlaßt es unserm gnädigen Könige, die Strafe zu mildern, ja sie ganz zu erlassen. Eure Pflicht ist es, das „Schuldig" über den Mann zu sprechen, damit Iedermänniglich es er­fahre, wie Niemand das Recht habe, selbst Gerechtigkeit zu üben." Der Richter fragte den Angeklagten, ob er noch etwas zu sagen habe, und dieser nimmt das Wort: „ Mylord und Ih r Herren! Mi t Freude lege ich, der ich nie im Leben wegen des geringsten Vergehens vor Gericht gestanden, meine Ehre und mein Leben in Eure Hände. Es sind jetzt drei Jahre, da verlor ich ein Kind, ein kaum vierjähriges Mädchen, das einzige Pfand eines lieben Weibes, einer Heiligen, die jetzt im Himmel ist; ich verlor es — es starb nicht, wie seine Mutter in meinen Armen; ich verlor es; es ward mir gestohlen; und es war so gut, so schon, mein Alles auf dieser Welt! Mylord und Ihr Herren! von dem, was in mir vorging, sage ich nichts. Mein kleines Besitz­tu m ging für Ankündigungen, für fruchtlose Nachforschung gen auf: ich verkaufte meine Meubeln, meine Gemälde, Al­les. Drei Jahre lang durchzog ich jede Stadt, jeden klei­nen Flecken in diesen drei Königreichen; überall suchte ich mein Kind, nirgends fand ich eine Spur von ihm. So oft ich mir durch Portraitmalen so viel verdient hatte, daß ich wieder Ankündigungen einrücken lassen konnte, kam ich hierher nach London zurück. Da — an einem Freitage, am verflossenen 14. April, ging ich durch Smithfield und be­merkte mitten auf dem Markte eine Truppe Luftspringer. Ein Kind stand auf dem Kopfe und drehte sich im Kreise herum. Ein Strahl aus der Seele der Mutter muß die meinige durchzuckt haben, daß ich es so wieder erkannte. Ja , es war mein armes Kind! Seine Mutter wäre ihm zugelaufen, hätte es in die Arme geschlossen; aber ich — ich stürzte mich auf den — auf den Menschen — und — ich weiß nicht, wie es zuging, wie ich schwacher, sanfter Mann das konnte — ich riß ihn nieder an seinen bunten Lappen, ich stieß ihn gegen den Boden — ich brachte ihn um!" — „ Wohl hat es mich nachher gereut, aber im Augenblicke selbst that es mir nur leid, daß ich ihn nur ein Mal um­bringenkonnte." Der Richter: „Dies sind keine christlichen Gesinnungen, obwohl natürlich und begreiflich. Wie sollen Gott und die Geschwornen Euch vergeben, wenn Ih r selbst nicht vergebt?" DerMaler: „Ich weiß nicht, was Ihr, My­lord und die Geschwornen, über mich verhängen, aber das fühle ich: Gott hat mir vergeben. Ih r wisset nicht — ich wußte es selbst nicht, was der — der Mensch mir gethan. Gute Leute brachten das Kind zu mir in's Gefängniß; aber es war nicht nur nicht mehr so hübsch wie sonst — ich hörte es fluchen, ich fand es verkrüppelt in Elend und Ver­derbniß, und es kannte mich nicht mehr!— Es kannte mich nicht mehr — wißt ihr, was das heißt? Er hat mir das Lächeln meines Kindes, er hat mir seine Seele gestohlen, der Elende!" Die versammelten Geschworenen sprachen nach einer nur augenblicklichen Berathung ihr — „Nicht schuldig." Dem Maler mußte man ein Geleite nach Hause geben, sonst hätten ihn die anwesenden Weiber im Triumphe da­vongetragen. Gin Meisterwerk Raphael's in würdigen Händen. I n einem kleinen französischen Dorfe Tilloy soll vor Kurzem ein herrliches Bild von dem umsterblichen Raphael durch einen merkwürdigen Zufall entdeckt worden sein. Der Prediger des Ortes, welcher die Glieder seiner Gemeinde häusig in ihren Häusern besucht, hatte in der Hütte eines armen Arbeiters eine Madonna gesehen, deren Ausdruck ihn besonders angesprochen. Da die Kirche des Ortes von allem Schmucke entblößt war, kam dem Priester der Ge­danke, daß das mit einer dicken Kruste von Staub bedeckte Bild des Arbeiters, wenn es gereinigt wäre, ein passendes Altarblatt abgeben könnte. Der Besitzer der Madonna war nicht wenig erfreut, das für ihn vollkommen unnütze Bild für die Summe von Z Franks, welche der Prediger ihm bot, losschlagen zu können. Nachdem der Handel abge­schlossen war, ließ der Prediger das erstandene Altarblatt abwaschen und in der Kirche aufstellen. — Acht Tage später tritt ein Fremder, dessen Accent den Engländer an­kündigte, in das Zimmer des Predigers und bietet ihm für das Altarblatt 6000 Franks. Der Besitzer des ohne sein Wissen so werthvollen Bildes sieht den Fremden erstaunt an, hütet sich aber wohl, dessen Anerbietungen anzunehmen, obgleich der sich ihm darstellende Käufer bis zu 20.000 Fr. hinaufgeht. Dessenungeachtet beschloß der Prediger, der ohne Absicht einen armen Bauer seiner Gemeinde zur Ver­ K33 äußerung eines wahren Schatzes bewogen hatte, jenen um Nach zu fragen, und ihm die Verfügung über das Bild als freies Eigenthum zu überlassen. Was entscheidet jedoch der arme Mann, dem sich auf unverhoffte Weise die Aussicht zu einem in seiner Lage großen Vermögen darbietet? Er erklärt, daß der Ertrag seiner Arbeit ihm genüge, und daß er den Erlös des Bildes zum Wiederaufbau der fast zur Ruine herabgesunkenen Kirche und zur Unterstützung der Armen der Gemeinde verwendet zu sehen wünsche. Der Prediger verkauft nun das merkwürdige Bild für 25.000 Franks an den Engländer; an der Stelle der verfallenen Kirche erhebt sich ein elegantes Gotteshaus, und es gibt in der Gemeinde von Tilloy heute keinen Bettler mehr. Man sieht, daß ein Meisterwerk des unsterblichen Malers sich nicht in würdigeren Händen, als in denen des armen Arbeiters und des Predigers von Tilloy hätte befinden können. Feuilleton des Mannigfaltigen. (Wirkung des Kohlenpulvers auf Gartenerde.) Zu einer Zeit, wo man die Gärten zu bebauen anfängt, dürfte Gar­tenfreunde die Notiz interessircn, daß gesiebtes Kohlenpulver von Fichten oder Tannen, mit Erde vermischt, auf eine ganz ausge­zeichnete Weise auf das Gedeihen der Pflanzen, namentlich der tropischen, einwirke. Das Grün wird tiefer und dunkler, die Blätter größer, die Vlumen zahlreicher und die Vegetationsperiode länger dauernd. Kränkliche Pflanzen, die deutlich abnahmen, wur­den wieder gesund und bekamen neues Leben. Selbst wenn man die Oberfläche des Erdbeetes mit Kohlenpulver bestreut, zeigt sich eine vortheilhafte Wirkung. Nachricht. Wir «eigen hiermit an, daß der uns lieb gewordene physikalische Künstler, HerrIuliu« Laschott, heuteLaibach verlassen habe und nach Triest »bgereiN sei. Diese unvermuthete und plötzliche Abreise des Herrn Laschott erscheint nur durch den Umstand motivirt, daß die so eben angekommene durchreisende Mignon-SängergesellschaftVianesi auf unserm Theatersich produzirt, mit der aber Herr Laschott darum nicht abwechselnd Vorstellungen geben kann, weil die jedesmalige Aufstellung und Wegräumung seines ausgezeichnet großen und' reichen Apparates zu viel Zeit und Mühe Erfordern würde. Er »erlaßt uns mit dem Versprechen, in wenigen Woche» »uf seiner abermaligen Durchreise, in» dem er seine» Plan, durchItolicn nach Frankreich zu reisen abgeändert, uns noch mit einigen Vorstellungen zu erfreuen. Wir wunschen ihm herzlichst überall eine freundliche Aufnahme und rufen dem Scheidende« zu: Du hast die ersten Sträußchen uns gespendet. Als wieder Du begrüßt Dein Heimatland, Und Deiner Kunst ward Beifall hier verschwendet. Wie ihn nicht bald vor Dir ein Künstler fand. Weil Du gestreuet uns die ersten Blüthen ' Des holden Lenze«, der nun wieder jung. So wollen wir auch Dir ein Blümchen bieten Vis wir uns seh'n - es heißt: Erinnerung! - Leopold Kordesch. Wiener Gisenbahubriefe. Von A. <5. Näsle. Unsere sämmtlichen Journale berichteten über den in der Nacht vom 29. auf den 3». v. M . verübten Vandalismus an der Statue des öffentlichen Brunnen« auf dem hohen Markte, aber alle brachten «an« verschiedene An» gaben. Jetzt, wo Alle« genau erhoben ist, laßt sich auch Alles genau erzählen. Ich »heile das Factum hier mit, und erzähle Alle«, wie ich es «us guter Quelle weiß. — Jene Statue ist eine der schönsten und merkwürdigsten von Wien, und als Alterthum vom höchsten Wertne anelkannt. Dieselbe wurde im Jahre i«32 errichtet. Sie stellt einen auf vier corinthischen Säulen gestützte» Tempel vor, in welchem sich die heil, Zungfrau mit dem heil. Joseph und dem hohen Priester befinden, der eben die Trauung verrichtet. Bei jeder Säule steht ei« Genius, und oben schwebt der heil. Geist in Gestalt einer Taube, mit vergoldeten Strahlen umgeben. Das Ganze ist von Marmor; die Hauptfiguren und der Tempel find von Fischer von Erlach angefertigct. und haben den Beifall der Kenner; die Genien sind von Conradin i und stehen nicht in besonderem Werthc. Recht« und, link« sind Springbrunnen mit marmornen Becken. Diese« Monument war übrigens sehr reichlich mit Verzierungen versehen, die au« Messing und Kupfer verfertigt waren. Volle 212 Jahre trotzte diese« schone Denkmal allen Stürmen und Ungewittern blieb sogar bei dem Bombardement Wien« durch die Franzosen verschont, und sollte noch ferner eine Zierde diese« schonen und belebten Platzes bleiben. Was alle Stürme und eine feindliche Belagerung verschonten, erlag dem uerwege» nen Unternehmen frecher Gauner. I n der Nacht des 29. v. M . wurden alle messingenen und kupfernen Verzierungen mit geeigneten Instrumenten gcwalt» sam losgebrochen und entwendet, und demsteinernen Monumente großer Schg» den beigebracht. Großen Vorschub zu diesem höchst strafbaren Unternehmen leistete eine innerhalb der Einzäunung des Monuments liegende Leiter, welche täglich beim Anzünden der in der Nähe dieser Statue befindlichen Gaslater» nen in Anwendung kam. Was diese« Verbrechen bi« in'« Unendliche potcn» zirt, ist die unbegreifliche Keckheit, mit welcher es verübt wurde, da doch kaum fünfzig Schritte von jener Stelle, wo der Raub begangen wurde, sich das sogenannte Schrannengcbäude befindet, wo fortwährend ein starte« Dctachemcnt der Polizei Wache hält. Der Umsicht und Energie unserer Be» hörden ist e« gelungen, die Thäter ausfindig «u machen und der verdienten Strafe zuzuführen. E« waren deren »cht, worunter sich auch zwei Juden befinden sollen. Um eben diese Zeit erstreckte eine ganze Gaunergesellschaft ihre Thäligkeit darauf, in den Vorstädten die kupfernen Wasserableitungsroh. ren von den Dachrinnen zu stehlen, und es sind derlei höchst auffallende Die» bcrcien in den Vorstädten: Leopoldssadt, Wieden und Landstraße zu gleicher Zeit verübt worden. Auch diese Gesellschaft ist bereu« eingezogen und un» schädlich gemacht. Aber trotz der energischen Strenge unserer Behörden fallen fast täglich Dinge vor, die auf da« Vorhandensein einer großen Masse lieber» lichen und verworfenen Gesindel« schließen lassen. Besonder« unglücklich ist der Polizcibezirk Wieden, wo eine einzige verrufene Kneipe den Zusammen» fluß der verrufensten Subjekte bildete. I n der Nähe diese« Hauses wurde erst vor einigen Tagen eine Weibsperson von einigen Vagabunden dergestalt mißhandelt, daß sie ohne Zeichen des Lebens auf dem Platze liegen blieb. Man sagt, Eifersucht sei die Ursache einer so grausamen Mißhandlung gewe» sen. Die Thäter sind bereits der Behörde übergeben, und werden eremplo» risch bestraft werde«. — Wie man sagt, wird die Hinrichtung eines jungen Menschen, der einen Weinhändler erwordete, demnächst vor sich gehen. Am ll. d. M. fand das feierliche Leichenbegängnis Sr. Durchlaucht des Prinzen von Hohenzollern, Feldmarschall«, k. k. wir«, geh. Rathi und Kämmerer«, Obersten der deutschen Garde und Inhaber« de« k. k. Chevaux» leger««Regiments Nr. 2, bei großem Noltsandrange Statt. Prinz Hohen» zollern hat das seltene Alter von 90 Jahren erreicht, und war schon im Jahre 1799 Brigadier in Bologna. Die Leichenfeierlichkeit war eine der großartigsten seit dem Tode Sr. Majestät des hochstseligen Kaisers Franz. Die Leiche wurde in der Mctropolitankirche bei St. Stephan um l Uhr Mit. tags eingesegnet und von d» im feierlichen Zuge über den Graben und Kohl» markt, und ausnahmsweise durch die k. k. Burg von der gesammten Gene, ralität Wien«, dem Offizier«Corp« und den Garden bi« an die Mariahilfer» straße begleitet. Auf dem Moci« zwischen dem Franzens- und Schottenthore waren 24 Kanonen — durchaus zwölfpfündige« Geschütz — aufgestellt, welche abwe