21 Klaus-Dieter Baumann *2 UDK [81'42:004.738.5]:316.77 Universität Leipzig DOI: 10.4312/linguistica.59.1.21-45 FACHTEXTE-IN-VERNETZUNG ALS INTERDISZIPLINÄRER ZUGANG ZU FACHLICHEN KOMMUNIKATIONSRÄUMEN – EIN NEUES PARADIGMA DER AKTUELLEN FACHKOMMUNIKATIONSFORSCHUNG 1 EINLEITUNG Unter dem Eindruck der seit den 1980er Jahre radikal zunehmenden Bedeutung der digitalen Informations- und Kommunikationsmedien (Internet, World Wide Web, E-Book u. a.) sieht sich die moderne Sprachwissenschaft veranlasst, die bisher do - minante physische Interpretation des Verhältnisses von Sprache und Raum grund - legend zu überdenken (Bonfadelli/Jarren/Siegert 2010). Dabei hat sich ihre Hinwen - dung zur Kategorie des Raumes vor allem seit den 1990er Jahren deutlich verstärkt, obwohl unter dem Eindruck einiger zeitgenössischer Philosophen die Auffassung vertreten wurde, dass die frei kombinierbaren elektronischen Strukturen der Kom - munikation (vgl. computertechnologische Telemedialität, News Groups, Medien- netzwerke u. a.) die direkten Zusammenhänge zwischen Raum und Kommunikation immer unbedeutender werden lassen (Rajewski 2002). So hat z. B. der französische Philosoph Paul Virilio (1986) hervorgehoben, dass die durch die elektronische Re - volution bedingte angebliche „Ortlosigkeit“ der Kommunikation bzw. die „Deter- ritorialisierung“ von Sachverhalten und Prozessen der Realität zu einer „Ästhetik des Verschwindens“ führt (vgl. Virilio 2008: 78). Die auch in anderen Wissenschaf - ten vertretene These von der technologisch bedingten Irrelevanz des Raumes hat schließlich dazu geführt, dass gegenwärtig Wissenschaftsvertreter von unterschied- lichen erkenntnistheoretischen Positionen aus um ein modernes transdisziplinäres Raumkonzept ringen. In der Linguistik macht die seit dem Ende der 1980er Jahre als topologische Wen- de bzw. spatial turn (Weigel 2013) bezeichnete Neuperspektivierung der Katego- rie des Raums deutlich, dass eine interdisziplinär fundierte Konzeptualisierung der vielfältigen Sprache-Kommunikation-Raum-Beziehungen ansteht. Erste methodolo- gisch-methodische Annäherungen an die realen Formen der Sprache-Raum-Relation sind hierbei z. B. die Analyse kartierbarer Räume von Sprachfamilien sowie Dialek- ten usw. durch die Sprachgeografie, Dialektologie bzw. areale Linguistik. Aus unserer Sicht steht der Raumdiskurs bei einer umfassenden Darstellung der Sprache–Kommunikation–Raum–Beziehungen vor folgenden inhaltlichen Herausforderungen: * klaudiebau@aol.com Linguistica_2019_FINAL.indd 21 9.10.2019 8:58:43 22 1. Charakterisierung und Systematisierung der Vielfalt von (physikalischen, terri- torialen, gesellschaftlichen, kulturellen, ethnischen, virtuellen, kybernetischen u. a.) Räumen, Raumvorstellungen, Raumwahrnehmungen bzw. Raumverhält- nissen als Voraussetzung für weiterführende Erkenntnisperspektiven, 2. Darstellung des Untersuchungsgegenstandes „Raum“ aus einer konkreten me- thodologisch-methodischen Perspektive (z. B. materialistisches vs. metaphysi- sches, absolutes vs. relationales, statisches vs. dynamisches bzw. geschlossenes vs. offenes Herangehen) (Läpple 1991: 157ff.), 3. Entwicklung von Strategien der konzeptionellen Bewältigung von Raum durch: a) die Überlagerung physischer Räume durch soziale Räume (Netzwerke), b) den Umgang mit sinnlich nicht wahrnehmbaren aber faktisch vorliegenden räumlichen Ordnungen (Telekommunikation), c) die Bestätigung von Räumlichkeit durch die Präzisierung räumlicher Ord- nungen (Logistik), d) die Ablösung räumlicher durch funktionale Ordnungen (Funktionssysteme) u. a. (Stichweh 2008: 157), 5. Untersuchung der Spezifik der medientechnologisch bedingten Erweiterung des Raumkonzepts (z. B. Welche Räume können sich über welche Medien konstituieren?), 6. Analyse von kulturbezogenen bzw. einzelwissenschaftsspezifischen Raumvor- stellungen (Raum als fachlich gebundenes Institutionalisierungsmuster: Sozial- geografie, Raumsoziologie, Geschichte, Theologie, Kartografie, Architektur, darstellende Künste, Musik, Literatur u. a.), 7. Umsetzung der territorialen, politischen, ökonomischen, ideologischen u. a. Globalisierungserfahrungen auf die Interpretation von Raum: z. B. Raum als Identitätsprinzip, 8. Einsatz von Raum als erkenntnistheoretisches Ordnungsprinzip z. B. bei der Strukturierung sozialer Interaktionsabläufe zwischen den an der Kommunika- tion Beteiligten oder beim Transfer von Datenmengen, 9. kognitionswissenschaftlich fundierte Erweiterung von Raum zum Wissens- konfigurations- bzw. Denkraum (vgl. mental mapping, images bzw. kogniti- ve Landkarten: mentale Repräsentation von Abbildern der Realität; Bedeu - tung räumlicher Metaphern; Raum als Schema zur Erfassung der objektiven Realität; Textsortenspezifik von Denkräumen; Denkraum als dynamische Räumlichkeit; systematische Ausdifferenzierung von Denkräumen) (Hoff- stadt 2009), 10. Konzipierung von Raum als a) Gefüge dynamischer Wechselbeziehungen kom- munikativer Aktivitäten; b) infrastrukturelle Vernetzung globaler und lokaler elektronischer Medienensembles; c) Nutzungsgefüge kulturspezifischen, fach- lichen u. a. Wissens; d) institutionelle Organisation von Kommunikationspart- nern; e) Mehrdimensionalität von Kommunikation; f) Modus der Informations- gewinnung, Informationstransfer und Informationsnutzung; g) Mensch-Com- puter-Mensch Interaktivität u. a. (vgl. dazu Faßler 2001), Linguistica_2019_FINAL.indd 22 9.10.2019 8:58:43 23 11. Umsetzung eines konkreten Methodenpluralismus bei der empirischen Analyse von Raum unter Berücksichtigung strukturell-funktionaler, kommunikativ-ko- gnitiver u. a. Zusammenhänge, 12. Differenzierung der konzeptuellen Verbindungen von (fachlicher) Intertextua- lität und (fachlichem) Kommunikationsraum (Hinwendung zu vielschichtigen (Fach-) Textsortennetzen) und 13. interdisziplinäre Modellierung des komplexen Zusammenhangs zwischen Mensch – (Fach-)Sprache – (Fach-)Kommunikation – (Fach-)Text(sortennet- ze) und Raum (d. h. Raum als Medium, das zwischen den Menschen (Fach-) Kommunikation vermittelt). Im Unterschied zum Fachtext eröffnen Fachtexte-in-Vernetzung einen mehrdi- mensionalen Zugang zur Konstituierung fachlicher Kommunikationsräume. Sie ma- chen unter wissenschaftsstrategischem Aspekt deutlich, dass der Raum eine grund- legende interaktive Existenzweise der Fachkommunikation im Allgemeinen und der Fachtexte-in-Vernetzung im Besonderen darstellt (Baumann 2008: 109ff.). Ein kom- plexes erkenntnistheoretisches Herangehen ermöglicht es, den fachlichen (Kommu- nikations-)Raum als eine Konstellation zu erfassen, die auf konkreten Relationen, Referenzen und/oder Konfigurationen zwischen den kommunikativ-kognitiven De- terminationszusammenhängen der in der Fachkommunikation vorkommenden Fach- textsorten(netzen) beruhen. Die Kategorie des Netzes ist durch ihre begriffliche Anschaulichkeit besonders ge- eignet, um weiterführende Erkenntnisse über die Breite, Tiefe, Dichte und Wechselwir- kungen der raumbildenden Bezüge in der Fachkommunikation zu gewinnen (Döring/ Thielmann 2008). Da Netzwerke die Eigenschaft aufweisen, Zusammenhangsmuster in der Interak- tion der jeweiligen Partner modellieren zu können, entwickeln sie sich häufig zu Stan- dards der Fachkommunikation. 2 DIE KONZEPTE DER FACHLICHEN INTERTEXTUALITÄT UND DES RAUMS 2.1 Anfänge der Intertextualitätsforschung Seit dem Beginn der 1980er Jahre gebührt den beiden Textlinguisten R. de Beaug- rande und W. Dressler (1981: 192ff.) das wissenschaftliche Verdienst, die wech- selseitigen Beziehungen und Abhängigkeiten, die zwischen Texten bestehen, als ein konstitutives Kriterium von (fachlicher) Textualität erkannt zu haben. Sie heben die zentrale Bedeutung der Intertextualität für die Ausprägung von Textsorten folgender- maßen hervor: „Intertextualität ist, ganz allgemein, für die Entwicklung von TEXT- SORTEN als Klassen von Texten mit typischen Mustern von Eigenschaften verant- wortlich…“ (ebd.: 13). Im Weiteren haben R. de Beaugrande und W. Dressler deutlich gemacht, dass das Konzept der Intertextualität unverzichtbar ist, um „die Abhängigkeit zwi- schen Produktion bzw. Rezeption eines gegebenen Textes und dem Wissen der Linguistica_2019_FINAL.indd 23 9.10.2019 8:58:43 24 Kommunikationsteilnehmer über andere Texte“ aufzuzeigen (ebd.: 188 – Hervor- hebung im Zitat – K.-D. B.). Mit diesem über den Gegenstandsbereich der Linguistik hinausgehenden Entwurf haben R. de Beaugrande und W. Dressler der Entwicklung interdisziplinärer Beschrei- bungsansätze im Allgemeinen und der komplexen Betrachtung von Kommunikations- raum im Besonderen den Weg bereitet. 2.2 Typologisierung von Intertextualitätsansätzen Einer der ersten raumorientierten Intertextualitätsansätze hat sich zu Beginn der 1980er Jahre entwickelt. Das Modell der globalen Intertextualität stützt sich dabei auf einen erweiterten, sich selbst reproduzierenden offenen Textbegriff, welcher die Grenzen der Prätexte überschreitet und alle semantischen Strukturen unter den Begriff der Intertext- ualität subsumiert. Nach Auffassung von J. Kristeva (1972: 348) ist jedem Text globale Intertextualität eigen: „…jeder Text baut sich als Mosaik von Zitaten auf, jeder Text ist Absorption und Transformation eines anderen Textes“. Sie schlussfolgert daraus, dass kein Text isoliert zu betrachten ist. Damit konzipiert sie den universalen Intertext, der Räumliches integriert (vgl. Laiko 2004). Auch die translatorische Intertextualität geht offensichtlich von einer Raumdeter- miniertheit kommunikativer Handlungen aus, wobei das Fachtextmusterwissen von der Ausgangs- in die Zielsprache transferiert wird (Baumann 2009a). Das Modul des Räumlichen bezieht sich im Rahmen dieses Ansatzes auf die vom Dolmetscher bzw. Übersetzer vermittelten (teil)äquivalenten/nichtäquivalenten Beziehungen zwischen ausgangs- und zielsprachlichen Fachtext(sort)en sowie den personenvermittelten text- basierten Transfer zwischen mindestens zwei Einzelsprachen. Darüber hinaus integrieren weitere Intertextualitätsmodelle die Perspektive des Räumlichen. Dazu zählen z. B. die: 1. interaktionale Intertextualität, die sich auf das ortsgebundene soziale Wechsel- verhältnis zwischen den erkennenden bzw. kommunizierenden Subjekten der Fachkommunikation und dem in Fachtexten transferierten Wissen bezieht (Bau- mann 1992; 1994; Wichter/Antos 2001); 2. kooperative Intertextualität, die durch (Fach-)Texte auf unmittelbar vorangegan- gene (Fach-)Texte reagiert, wobei nach Auffassung von L. Wilske und W.-D. Krause (1987: 894ff.) „in der Regel das Ganze des vorangegangenen Textexem - plars inhaltlich erfasst und die Textsortenqualität desselben verarbeitet“, d. h. mit einer kooperativen (Fach-)Textsorte geantwortet wird (vgl. Nachricht – Dementi; Aufruf – Stellungnahme; Briefwechsel: Brief – Antwortbrief). Auch bei diesem Intertextualitätskonzept, das entscheidend zur Ausprägung von Fachtext(sort)en- in Vernetzung beiträgt, spielt die räumliche Interaktion zwischen den Produzenten der betreffenden Fachtexte eine herausragende Rolle (Krause 2000: 63ff.); 3. kommunikationssituationsbezogene Intertextualität analysiert den Einfluss der raumdeterminierten sozialen, Tätigkeits- bzw. Umgebungssituation der Kom- munikationspartner auf die Vernetzung von Fachtext(sort)en (Baumann 2001; Müller 2006); Linguistica_2019_FINAL.indd 24 9.10.2019 8:58:43 25 4. textmediale Intertextualität geht den spezifischen Auswirkungen der mündlichen, schriftlichen, elektronischen Kommunikationsmedien auf die Konstituierung räum- lich organisierter Fachtextvernetzungen (Hypertexte) nach (Hufeisen/Marx 2004); 5. bimediale Text-Bild-Intertextualität tritt besonders im Kommunikationsbereich der Werbung auf. Bilder sind bekanntlich oft mehrdeutig. (Fach-)Texte haben die Aufgabe, die Mehrdeutigkeit der Bilder für den Adressaten einzuschränken und die Interpretation zu präzisieren. Die Dimensionen von Text und Bild müs- sen sich aufeinander beziehen und sich ergänzen, um ein integratives Gesamt- verständnis zu erreichen. S.-P. Ballstaedt (1997) unterscheidet drei Arten von raumbezogenen Text-Bild-Beziehungen: a. kongruente Bezüge: Der Text beschreibt, was das Bild zeigt, b. komplementäre Bezüge: Der Text hat Leerstellen, die das Bild ausfüllt (und umgekehrt) sowie c. elaborative Bezüge: Der Text geht über die Bildinhalte hinaus (und umge- kehrt) (Hanna 2003; Takayama-Wichter 2005: 203ff.); 6. kognitionsbezogene Intertextualität untersucht: a. die vielschichtigen Zusammenhänge zwischen kognitiver und kommunika- tiver Tätigkeit – d. h. zwischen Denken, Wissen und den räumlich determi- nierten Interaktionsmustern in der Fachkommunikation – und b. die Bedeutung der bei den Kommunikationspartnern implizit/explizit vor- handenen Fachwissensmuster (vgl. schema/frame/script: Bartlett 1958) für die mehrdimensionale Fachtextvernetzung (Baumann 2001). 7. funktionale, generische, referentielle Intertextualität als differenzierte Zugänge zum vielschichtigen funktionalen und interaktionalen Beziehungsgeflecht, das zwischen entsprechenden Fachtextsorten besteht und konkrete Rückschlüsse auf deren sozial-institutionelles Beziehungsgefüge zulässt (vgl. Steuerbuchhaltung) (Devitt 1991: 337); 8. typologische Intertextualität bezieht sich u. a. auf die Spezifik der Raumbezie- hungen, die zwischen den einzelnen Fachtextexemplaren und den übergreifen- den Fachtextsortenmustern bestehen. Sie manifestiert sich dort, wo die intertex- tuellen Relationen auf funktionalen und strukturellen Übereinstimmungen zwi- schen Fachtexten beruhen, da sie für das Erkennen von Fachtextmustern und die Klassifizierung von Fachtextsorten bedeutsam sind (z. B. Fachtextbauplan von naturwissenschaftlichen Zeitschriftenartikeln: Introduction, Method, Results, Discussion; Standardisierung von Fachtextmustern im Bereich der Technik, sta- bilisierte/ritualisierte Fachtextanfänge, z. B. in der juristischen Fachkommuni- kation) (Petöfi/Olivi 1988; Holthuis 1993: 34); 9. Fachtextsorten-in-Relation als eine Form von Intertextualität existiert nur im Zusammenhang mit einer Trägerfachtextsorte (z. B. Vorwort bei Monografien und Lehrbüchern; wissenschaftliches Werk bei Rezensionen). Die Trägerfach- textsorte kann hingegen auch ohne die Fachtextsorte-in-Relation existieren. Zwischen diesen beiden Fachtextarten besteht folglich ein asymmetrisches Ab- hängigkeitsverhältnis (Timm 1996: 458ff.) und Linguistica_2019_FINAL.indd 25 9.10.2019 8:58:43 26 10. rhetorische Intertextualität, die davon ausgeht, dass die durch Tropen markier- ten raumbezogenen Bezüge der Fachtextvernetzung zur Ausprägung einer be- stimmten (historischen) Atmosphäre beitragen bzw. die soziolektale Vielfalt der Fachkommunikation gestalten (Lachmann 1990). Schließlich sind erste interdisziplinär orientierte Herangehensweisen zu der Er- kenntnis gelangt, dass fachliche Intertextualität ein kommunikativ-kognitives Phäno- men darstellt und auf dieser Grundlage die Produktion und Rezeption von Fachtexten als wissensbasierte Prozesse auch räumlich miteinander verbunden sind, wobei Raum hierbei als ein Modell von Zusammenhängen verstanden wird (Faßler 2008: 192ff.; Jablonski/Rau/Ritzke 1990; Hillert 1990; Baumann 1992, 2001; Rickheit/Strohner 1993; Felix/Habel/Rickheit 1994; Habel/Kanngießer/Rickheit 1996; Preyer/Ulkan/Ul- fig 1997). In diesem Umfeld ist zweifellos ein gewaltiges Erkenntnispotential angelegt, das z. B. die raumbezogenen Aspekte der sprachlichen Exteriorisierung und Interiorisierung fachwissenschaftlicher Kenntnisse und die damit verbundenen Strategien des kommu- nikativen Transfers von mentalen Abbildern der fachlichen Realität ebenso einschließt wie die sprachlichen bzw. nichtsprachlichen Referenzmechanismen der sich konstitu- ierenden Fachtexte, Fachtextsorten bzw. Fachtextsortennetze (Holthuis 1993: 114ff.). Damit rücken vor allem die folgenden zwei Aufgabenkomplexe in den Mittelpunkt entsprechender Untersuchungen: 1. die umfassende Analyse der sprachlichen bzw. nichtsprachlichen Differenzie- rungsmechanismen fachlicher Intertextualität als erster Schritt, um die Struktu- rierung fachkommunikativer Räume detailliert erfassen zu können und 2. die Darstellung von Raum als komplexe Konstituierungsgröße von Fach- text(sort)en-in-Vernetzung. Aus wissenschaftsstrategischer Perspektive führt dieses Herangehen zu einer radi- kalen Erweiterung des fachkommunikativen Untersuchungsbereiches, die sich darin äußert, dass die gegenwärtige Fachsprachenlinguistik beginnt, nicht mehr ausschließ- lich den Fachtext oder die Fachtextsorte als Manifestationen von Kommunikationsräu- men zu betrachten, sondern vor allem Fachtext(sorten)-in-Vernetzung. 3 DIE INTERDISZIPLINÄRE BETRACHTUNG VON FACHLICHEN KOM- MUNIKATIONSRÄUMEN 3.1 Fachtexte als Fachtextsorten-in-Vernetzung Die auf der Grundlage interdisziplinär fundierter Fachtextbeschreibungsmodelle er- folgte methodologisch-methodische Sichtung der fachlichen Intertextualitätsansätze hat gezeigt, dass das Konzept der Fachtextsorten-in-Vernetzung und die Konstituie- rung fachlicher Kommunikationsräume dialektisch miteinander in folgender Hinsicht verbunden sind (Baumann 1992; 1994; 2001): 1. Das Phänomen der Fachtext(sort)en-in-Vernetzung ist ein Hinweis auf die Entste- hung fachlicher Kommunikationsräume, in denen es bekanntlich um den optima- len Transfer fachbezogener Informationen zwischen Fachleuten und Fachleuten Linguistica_2019_FINAL.indd 26 9.10.2019 8:58:43 27 (horizontale Wissensvermittlung) bzw. Fachleuten und Nichtfachleuten (vertikale Wissensvermittlung) geht. Das sich hieraus ergebende dynamische prozessuale Kommunikationsraumverständnis hat weit reichende methodologische Auswir- kungen auf die Auffassung von Fachtexten als Fachtext(sort)en-in-Vernetzung (Baumann 1992: 104ff.; Schweigkofler 2007). 2. Fachtext(sort)en-in-Vernetzung verbinden die Produktion und Rezeption von Fachtexten ebenso miteinander wie den damit verbundenen Aufbau von Fach- wissen, dessen kommunikative Umsetzung und kommunikationsräumliche Verankerung. Ausgehend davon werden folgende methodologische Positionen impliziert, die den fachlichen Kommunikationsraum betreffen: 2.1. Fachtext(sort)en-in-Vernetzung setzen die intensive/extensive Interaktion von mindestens zwei Kommunikationspartnern voraus. 2.2. Fachtext(sort)en-in- Vernetzung stellen das Ergebnis einer Vielzahl inein- ander greifender kommunikativ-kognitiver Prozesse dar. 2.3. Fachtext(sort)en-in-Vernetzung ist Prozess und Resultat zugleich: Sie be- ruhen auf den Prozessen der Instrumentalisierung und Operationalisierung unterschiedlicher Kenntnissysteme, deren vielschichtiges Zusammenwir- ken durch Referenzbezüge hinsichtlich des fachgegenständlichen Inhalts- bezugs, der sprachlichen Form, der kommunikativen Funktion bzw. der räumlichen Dimension der Fachtext(sort)en-in-Vernetzung deutlich wird. 2.4. Die Betrachtung der Fachtext(sort)en-in-Vernetzung impliziert mehrere Untersuchungsrichtungen: 2.4.1. die Analyse strukturell-funktionaler, kommunikativ-kognitiver Bezugsmechanismen der einzelnen Fachtexte („intratextuelle“ Intertextualitätsanalyse), 2.4.2. die Darstellung strukturell-funktionaler, kommunikativ-kognitiver Bezugsmechanismen zwischen Fachtexten einer Fachtextsorte („in- tertextuelle“ Phase der fachlichen Intertextualitätsanalyse) und 2.4.3. die Darlegung strukturell-funktionaler, kommunikativ-kognitiver Bezugsmechanismen zwischen Fachtexten mehrerer Fachtextsorten („Vernetzungsphase“ der fachlichen Intertextualitätsanalyse) (Bau- mann 2001). 3. Sowohl induktiv-empirische Fachtextanalysen (Kalverkämper/Baumann 1996; Baumann/Kalverkämper 2004; Baumann 2009b: 197ff.) als auch neurowissen- schaftliche Untersuchungen von Fachkommunikation (Kochendörfer 1999; Pauen/Roth 2001; Wildgen 2008 u. a.) weisen darauf hin, dass die Fachtext(sort) en-in-Vernetzung das Ergebnis hochkomplexer strukturell-funktionaler, kom- munikativ-kognitiver Prozesse darstellen, die darauf gerichtet sind, das jeweilige Fachwissen in modularisierter Form in die Fachkommunikation zu integrieren. Mit diesem Vorgehen eröffnet sich ein historisch-konkreter Zugang zu den durch die Scientific Community in fachlichen Kommunikationsräumen gespeicherten Fachwissensbeständen. Linguistica_2019_FINAL.indd 27 9.10.2019 8:58:43 28 4. Das Konzept der Fachtext(sort)en-in-Vernetzung setzt bei den Produzenten und Rezipienten von Fachtexten metalinguistische Kenntnisse darüber vo- raus, welche prototypischen Relationsmuster bzw. Vernetzungsregularitä- ten von Fachtext(sort)en in welchen konkreten Handlungsräumen, Wissen- schaftsgebieten und Einzelsprachen tradiert sind (vgl. z. B. Journalismus: referentielle Relationen zwischen der vorangegangenen Fachtextsorte Zei- tungsbericht und der nachfolgenden Fachtextsorte Kommentar, die sich beide auf ein und die selbe Nachricht beziehen) (Beaugrande/Dressler 1981: 13; Kalverkämper 1981). 5. Die vielschichtige Vernetzung von Fachtext(sort)en manifestiert sich in einem komplexen Gesamtprozess sowohl produktiver als auch rezeptiver Phasen, der auf strukturell-funktionalen, kommunikativ-kognitiven, räumlichen und zeit- lichen Mechanismen beruht, die dazu beitragen, einen historisch-konkreten Fachwissensstand als Ergebnis des Gedankenaustausches zwischen fachlich Handelnden sprachlich adäquat im Kommunikationsprozess umzusetzen. Da- bei werden entsprechende Fachdenkstrategien, Fachwissenskontexte und Fach- wissensbestände in fachlichen Kommunikationsräumen miteinander verbunden. Aus dieser Komplexität von Bezügen heraus ergibt sich eine Vielzahl von Be- schreibungsdimensionen fachlicher Kommunikationsräume, die nur auf inter- disziplinärer Grundlage erfolgreich erforscht werden können. Im Weiteren wollen wir die wissenschaftlichen Bezugsebenen des interdiszipli- nären Konzepts der fachlichen Kommunikationsräume in deszendenter Reihenfolge vorstellen. 3.2 DIMENSIONEN DER FACHLICHEN KOMMUNIKATIONSRÄUME 3.2.1 Die Raumdimension der Kultur(en) Infolge der sich seit den 1990er Jahren vollziehenden Globalisierung aller gesellschaft- lichen Beziehungen hat sich die interdisziplinäre Fachsprachenforschung verstärkt der kulturellen Gebundenheit von Fachtext(sort)en-in-Vernetzung zugewandt (Kalverkäm- per 1988; Baumann 2001). So konnte in zahlreichen kontrastiven Fachtextanalysen nachgewiesen werden, dass die Fachkommunikation in konkreten Wissenschaften, Wissenskontexten, Situationen, Interaktionen, Einzelsprachen bzw. zwischen mehre- ren (nicht-) fachlichen Kommunikationsgemeinschaften kulturspezifischen Einflüssen unterliegt, die sich z. B. in Form kulturell determinierter Vernetzungsstrategien von Fachtext(sort)en als fachliche Kommunikationsräume manifestieren (Kalverkämper 1996: 683ff.). In diesem Kontext erweisen sich kulturspezifische Fachtextvernetzungs- standards von großer analytischer Bedeutung. Darunter verstehen wir als Erstes eine komplexe, empirisch fundierte Beschreibungsgröße für die Fachtextkonstitution in einer konkreten Kultur aus dem Blickwinkel einer anderen Kultur (vgl. Clyne 1993: 3–18; Thomas 2000: 231–279; Knapp 2004: 409–430). Als Zweites erfassen wir unter kulturspezifischen Fachtextvernetzungsstandards tradierte dynamische Vertextungsregularitäten von Fachtext(sort)en, denen kulturell Linguistica_2019_FINAL.indd 28 9.10.2019 8:58:44 29 bestimmte Normen und Konventionen bezüglich der Produktion bzw. Rezeption von Fachtext(sort)en zugrunde liegen. Die Nichtbeachtung oder das Überschreiten eines bestimmten Toleranzbereiches von kulturspezifischen Fachtextvernetzungsstandards führt zwangsläufig zu Störungen bei der Konstituierung fachlicher Kommunikations- räume bzw. zum Abbruch des fachlichen Kommunikationsprozesses. Dabei sind kulturspezifische Fachtextvernetzungsstandards als hierarchisch struktu- rierte Phänomene angelegt, die auf empirisch abgesicherten Klassifikationsebenen die Realisierung kultureller Faktoren einbeziehen. Erste empirische Untersuchungen weisen darauf hin, dass es wechselseitige Zusam- menhänge zwischen kulturspezifischen Fachtextvernetzungsstandards einerseits sowie der strukturell-funktionalen bzw. räumlichen Ausprägung/sozialen Qualität/Art der Handlungsorientiertheit von Fachtext(sort)en-in-Vernetzung andererseits gibt (Bau- mann 2008: 109ff.). Weiteren Untersuchungen bleibt es vorbehalten, die raumkonstituierenden Er- kenntnisse über das kulturelle Determinationsgefüge von Fachtext(sorten)netzen zu erweitern. 3.2.2 Die Raumdimension der Sozialität Die Integration der an der Fachkommunikation Beteiligten in ein bestimmtes Gesell- schaftssystem spielt bekanntlich für die Verlaufsqualität und sozio-räumliche Veran- kerung der Fachkommunikation eine Schlüsselrolle. Aus dieser Einsicht ergibt sich das anhaltende Bemühen, die innere Dynamik der historisch konkreten Gesellschaftsstruk- tur in Beziehung zur Struktur und Funktion der Fachkommunikation in verschiede- nen Wissenschaftsbereichen bzw. fachlichen Kommunikationsräumen zu untersuchen (Baumann 1992). So haben vor allem Fachtextanalysen in den 1980er Jahren darauf hingewiesen, dass außer der fachlichen Tätigkeitssituation, in welcher die Kommu- nikationspartner Fachtexte bzw. Fachtextsorten zueinander in Beziehung setzen (vgl. Konstellation der Kommunikationspartner, historisch konkretes Entwicklungsniveau und Entwicklungstempo der betreffenden Fachwissenschaft), auch die soziale Situ- ation (vgl. sozialer Status der Kommunikationspartner, Wertvorstellungen, soziale Normen, Gewohnheiten, Denkmuster der Partner, Bekanntheitsgrad und soziale Nähe bzw. Distanz der Kommunikationspartner) bzw. die Umgebungssituation der beteilig- ten Kommunikationspartner (Qualität der zwischenmenschlichen Beziehungen, Grad der inhaltlichen und sprachlichen Kompetenz der Kommunikationspartner, Alter, Ge- schlecht, Ort u. a.) für interdisziplinäre Vertextungsanalysen unter sozialen Gesichts- punkten aufschlussreich sind (Baumann 1992: 170ff.). Folglich stellen die konkrete Sozialität der Kommunikationspartner sowie der kon- krete soziale Charakter ihrer Beziehungen untereinander erkenntnistheoretisch bedeut- same Faktoren der gesellschaftlichen Determinierung von Fachtext(sort)en-in-Ver- netzung bzw. der Konfiguration von Kommunikationsräumen dar. Aktuelle Untersu- chungen zur sozialen Markiertheit fachlicher Intertextualität bzw. fachlicher Kommu- nikationsräume konzentrieren sich darauf, die Bedeutung nachfolgender Aspekte und Relationen zu klären: Linguistica_2019_FINAL.indd 29 9.10.2019 8:58:44 30 1. das Verhältnis zwischen der sozialen Vernetzung von Gruppen(mitgliedern) [(Nicht-) Fachleute], der Vernetzung von Fachtexten bzw. Fachtextsorten (vgl. z. B. Fachtextsorte Berufs-Bewerbung im Deutschen und Französischen) und der Konstituierung fachlicher Kommunikationsräume (Morello 2006), 2. die Korrelation zwischen verschiedenen Formen der praktischen und theoretischen Zusammenarbeit von (fachintern, interfachlich bzw. fachextern agierenden) Ange- hörigen der Scientific Community, der Ausprägung von mehr oder weniger stabilen sozialen Beziehungsnetzwerken, der Bildung von charakteristischen Fachtext(sort) en-in-Vernetzung bzw. fachlicher Kommunikationsräume (Faßler 2001), 3. die Dynamik des Wechselverhältnisses zwischen Beziehungsnetzwerken der an der Fachkommunikation Beteiligten in den Gesellschafts-, Natur- bzw. Technik- wissenschaften und der Ausprägung spezifischer Fachtext(sorten)netze in kon- kreten fachlichen Kommunikationsräumen (Baumann 2009c, 13–36), 4. die Charakterisierung der Sozialität von Fachleuten und Nichtfachleuten, des gesellschaftlichen Charakters ihrer kommunikativen Beziehungen sowie der Ausbildung fachlicher Intertextualität/fachlicher Kommunikationsräume (Osol- nik Kunc 2006) und 5. die Ermittlung derjenigen sozialen Faktoren, die für die Konventionalisierung von Fachtext(sort)en-in-Vernetzung/fachlichen Kommunikationsräumen signi- fikant sind (Keil 2007). Die hierbei zu erwartenden Analyseergebnisse werden dazu beitragen, die soziale Basis der konkreten Bezüge zwischen Fachtexten bzw. Fachtextsorten und fachlichem Kommunikationsraum genauer zu erfassen. 3.2.3 Die Raumdimension der Situativität Bekanntlich ist jede (mündliche/schriftliche) Fachkommunikation an eine bestimmte externe bzw. interne Situation der Beteiligten gebunden. Während sich die externe Si- tuation auf die Vielzahl der ökonomischen, sozialen, politischen, ideologischen, räum- lichen Determinanten von Kommunikation bezieht (vgl. auch 2. Die Bezugsebene der Sozialität), beschäftigt sich die interne Situation mit der inneren Einstellung, (affektiven/ kognitiven) Verfasstheit, Motivation(sstärke), Quantität und Qualität von individuellen Fachwissensbeständen, dem Urteilsvermögen, den Wertvorstellungen bzw. kognitiven Reaktionen von den an der Fachkommunikation beteiligten Partnern (Knoblauch 2005). Im Mittelpunkt der Situativitätsanalyse steht demzufolge die Frage, in welcher Wei- se die an der Fachkommunikation Beteiligten die Aspekte der konkreten externen Situ- ation durch Elemente der internen Situation reflektieren. Bei der Erörterung der kom- plexen Korrelation zwischen externer und interner Situation können wir uns bereits auf erste Erkenntnisse von Untersuchungen der fachlichen Intertextualität stützen (Bau- mann 2008: 118ff.): So spiegelt sich z. B. der Aspekt der Situativität der an der Fach- kommunikation Beteiligten in solchen Makrostruktureinheiten von Fachtext(sort)en wider, deren Funktion darin besteht, die konkrete Einstellung des Fachtextautors zum antizipierten Vorwissensbestand des Partners in der Fachtextrezeption zu signalisieren. Linguistica_2019_FINAL.indd 30 9.10.2019 8:58:44 31 Zu diesen die innere Einstellung des Fachtextautors vermittelnden intertextuellen Ein- heiten gehören z. B. das für einige Fachtextsorten obligatorische Vorwort (Prolog, Ein- führung), der Aufgabenteil bei didaktisch aufbereiteten Fachtextsorten bzw. die Teil- texte, in denen bestimmte affektive/kognitive Aspekte der Interaktionsbeziehungen der Beteiligten aktualisiert werden (Befehl, Forderung, Anweisung u. a.). Die Faktoren der internen Situation sind für die fachliche Intertextualität besonders dort relevant, wo es – bedingt durch die entsprechenden Erwartungen der Kommunika- tionspartner – um (in Zeit und Raum) verbindlich geregelte Handlungsabläufe und die da- raus folgenden weitgehend konventionalisierten Fachtextvernetzungen geht (Traueran- zeige – Nekrolog von Wissenschaftlern; Auszeichnung – Laudatio von Fachleuten usw.). In weiterführenden Untersuchungen gilt es aufzuzeigen, auf welche Weise die viel- schichtigen Interdependenzen der externen und internen Situation auf die spezifische Ver - netzung von Fachtext(sort)en und fachlichen Kommunikationsräumen Einfluss nehmen. 3.2.4 Die Raumdimension der Intermedialität Die intermedialen Bezüge zwischen schöngeistiger Literatur und Film werden bekannt- lich bereits seit der Entstehung des Mediums Film gegen Ende des 19. Jahrhunderts diskutiert. Allerdings beginnt die gezielte Erörterung des methodologischen Stellen- werts, den intermediale Bezüge für die Erforschung der literarischen Intertextualität einnehmen, erst seit den 1970er Jahren (Rajewski 2002: 29ff.). Schließlich wird Inter- medialität in den 1980er und 1990er Jahren vor allem von Literaturwissenschaftlern und Linguisten als kommunikativ-semiotisches Konzept verstanden, das wesentlich zur intertextuellen Bedeutungskonstituierung beiträgt. In den 1990er Jahren beginnen auch die Vertreter der Fachsprachenforschung die grundlegende methodologisch-methodische Bedeutung der Intermedialität für die in- tegrative Betrachtung der Fachkommunikation zu erkennen (Schröder 1993; Mayer 1998). Empirische fachsprachenlinguistische Untersuchungen weisen darauf hin, dass Fachtexte in den elektronischen Medien aus textstruktureller Sicht enger miteinander verbunden sind als Fachtexte in den Printmedien (Raasch/Kühlwein 1984; Hess-Lüt- tich/Holly/Püschel 1996). Zudem wird deutlich, dass infolge der Intermedialität größe- re Variationsräume für Vernetzungen von Fachtext(sort)en entstehen (Internetportale) (Wiese 2004: 121–127; Opilowski 2005; Ostapenko 2007). Seit einigen Jahren wird die Kategorie des Hypertextes für die interdisziplinäre Be- trachtung der fachlichen Intertextualität bzw. Intermedialität vor allem im Bereich der fachlichen Werbung als viel versprechend angesehen. Unter einem Hypertext ist eine nicht-lineare Organisation von Objekten zu verstehen, deren netzartige Struktur durch logische Verbindungen (Hyperlinks) zwischen Wissenseinheiten (Knoten: z. B. Texte oder Textteile) hergestellt wird. Der Hypertext beruht auf der Anwendung des so ge- nannten Verweis-Knoten-Konzepts 1 (Hufeisen/Marx 2004). 1 Ein Knoten in einem Hypertext ist aus Sicht der Informationswissenschaft die entscheidende Wissenseinheit. Diese fungiert als Anfangs- und Endpunkt jener logischen Verbindungen, welche durch Hyperlinks (Verweis-Knoten-Verbindung) hergestellt werden. Linguistica_2019_FINAL.indd 31 9.10.2019 8:58:44 32 Gegenwärtig besteht in der interdisziplinären Fachsprachenforschung das Desiderat eines die strukturell-funktionale bzw. semiotische Vielfalt intermedialer Bezüge wider- spiegelnden Entwurfs, der sich auf eine repräsentative Anzahl von kommunikations- raumevozierenden Fachtext(sort)en-in-Vernetzung aus verschiedenen Einzelsprachen, Einzelwissenschaften, Handlungszusammenhängen und Medien stützt. Im Kontext intermedialer Bezüge und ihrer Bedeutung für die Konstituierung fachlicher Intertex- tualität ergeben sich mehrere Problemstellungen: 1. Welche erkenntnistheoretischen Beziehungen bestehen zwischen den Phänome- nen der fachlichen Intertextualität und Intermedialität? 2. Welche Analysekategorien sind auch räumlich abgrenz- und handhabbar, um die intermediale Bezugnahme auf die Fachkommunikation adäquat zu erfassen? 3. Gibt es in diesem Zusammenhang Intermedialitätssignale (vgl. z. B. die Erarbeitung von E-Learning Plattformen für den fremdsprachlichen Fachsprachenunterricht)? 4. Wie lassen sich raumevozierende intra- und intermediale Bezüge in Fach- text(sorten)netzen kommunikativ realisieren (z. B. Kopplung von fachlichem Bild und Fachtext) (Kalverkämper 1996: 683ff.; Rajewski 2002: 69ff.)? 5. Wie konstituiert sich eine Fachtext(sorte)-in-Vernetzung in Relation zu anderen medialen (semiotischen) Systemen? 6. Welches methodische Analyseinstrumentarium ist hierfür geeignet? 7. Welche Auswirkungen haben die vielfältigen intermedialen Bezüge (Medien- wechsel/Medienkombination) auf die Funktionalität des fachlichen Informati- onstransfers, die Konstituierung von Fachtext(sort)en-in-Vernetzung bzw. die Konfiguration fachlicher Kommunikationsräume (vgl. z. B. im Kommunikati- onsbereich Medizin die diagnostische Auswertung bildgebender Verfahren und deren kommunikative Umsetzung in Fachtextsortennetzen wie Epikrise, Be- fund, Überweisung usw.)? 8. Inwieweit bestimmen die Auswahl bzw. Vertextung fachlicher Gegenstände und Prozesse der Geistes-, Natur- und Technikwissenschaften die Einbeziehung bestimmter medialer (semiotischer) Systeme in die entsprechenden Fachtexte/ Fachtextsorten/fachlichen Kommunikationsräume? Zweifellos bedarf es noch mehrerer intermedialer Fachkommunikationsanalysen, um das komplexe Verhältnis zwischen fachlicher Intertextualität, Raumbezogenheit bzw. Intermedialität aus interdisziplinärer Sicht befriedigend klären zu können. 3.2.5 Die Raumdimension des Fachdenkens In interdisziplinären Analysen zur fachlichen Intertextualität nimmt die Kategorie des Fachdenkens eine zentrale erkenntnistheoretische Position ein (Baumann 1992: 144ff.), da sie darauf gerichtet ist, die Besonderheiten des Erkenntnisprozesses in einem konkreten fachlich begrenzbaren Bereich der Wirklichkeit systematisch zu er- fassen bzw. zu einem Denkraum zu verorten (Hoffstadt 2009: 5ff.). Das Fachdenken wird somit als ein besonders komplexer kognitiver Prozess verstanden, der auf einem interpretierenden bzw. Ordnung stiftenden Verarbeiten von Informationen beruht Linguistica_2019_FINAL.indd 32 9.10.2019 8:58:44 33 (Vogler 2006, 2008; Keil 2007; Kühn 2007; Baumann 2009b: 197–222; Vogler 2009: 223–256). Bisherige Fachtextanalysen aus verschiedenen Wissenschaften und Einzelsprachen zeigen, dass die konkreten Strategien des Fachdenkens einen geeigneten methodolo- gisch-methodischen Ausgangspunkt für die Betrachtung des Sprachtransfers von be- grifflich fixierten Abbildern der Fachinhalte darstellen (Baumann 2001). Ein um die Aspekte der fachlichen Intertextualität erweitertes Herangehen zielt nunmehr darauf ab, eine Typologie von Strategien des Fachdenkens zu entwickeln, auf deren Grund- lage dann ein System von intertextuellen Regularitäten abgeleitet werden kann, das bei der Umsetzung von Abbildern der fachlichen Realität zwischen Fachtext(sort)en auf- tritt und zur „Verräumlichung“ von Fachwissen beiträgt. Bei diesem ganzheitlichen Vorgehen besteht ein erster Schritt fachlicher Intertex- tualitätsuntersuchungen darin, die Vielfalt der einzelnen Wissenschaftsdisziplinen unter dem Aspekt der kognitiven Operationen, Strategien und Verlaufsqualitäten der geistigen Tätigkeiten zu beschreiben, welche die Art und Weise bestimmen, wie sich die Fachleute in ihren fachlichen Kommunikationsräumen orientieren und aufeinan- der beziehen (Faßler 2001). In einem zweiten Erkenntnisschritt wird die vielschichti- ge kommunikative Umsetzung der fachlichen Denkweise betrachtet, die durch weit- gehend konventionalisierte Vernetzungen von Fachtext(sort)en untersetzt wird. Ein dritter Schwerpunkt richtet sich darauf, die gedanklichen Abbilder der Klassen von Inhalten, mit denen im jeweiligen Fach operiert wird sowie die sich in fachspezifischen Tätigkeitszusammenhängen ergebenden Denkleistungen in eine dialektische Verbin- dung zu bringen und diese dann bis zu deren kommunikativen bzw. semiotischen Ma- nifestation in Fachtext(sorten)vernetzungen und fachlichen Kommunikationsräumen weiter zu verfolgen. Damit bezieht sich dieser letzte Analyseschritt u. a. auf die räumliche Repräsenta- tion von Fachwissen in Fachtext(sorten)netzen (Schäfer 2010). Ein Teil unserer aktuellen Forschungskapazitäten konzentriert sich darauf, fach- liche Intertextualität im Zusammenhang mit der Konstituierung von Fachwissen zu charakterisieren: Zum einen weist die Vernetzung von Fachtext(sort)en auf die ihr zu- grunde liegenden verbundenen Wissensverortungen (Wissenskontexte) hin, zum an- deren wird damit der Weg für die Generierung qualitativ neuen Fachwissens bereitet. 3.2.6 Die Raumdimension des Fachinhalts Interdisziplinäre Fachtextuntersuchungen machen deutlich, dass die wissenschaftliche Differenzierung der fachbezogenen Realität mit einer strukturell-funktionalen Dif- ferenzierung fachlicher Intertextualität verbunden ist (Baumann 1994). Aus wissen- schaftsstrategischer Sicht ist es demzufolge erforderlich, den konkreten Einfluss zu er- mitteln, den der jeweilige fachliche Gegenstand auf die unterschiedlichen Vernetzungs- strategien und -muster von Fachtext(sort)en bzw. Konstituierung von fachspezifischen Kommunikationsräumen ausübt. Unter methodologischen Gesichtspunkten gehen wir in unseren empirischen Ana- lysen von der dialektischen Einheit zwischen Einheitlichkeit und Differenziertheit Linguistica_2019_FINAL.indd 33 9.10.2019 8:58:44 34 der Fachsprache aus (Hoffmann 1984: 53ff; Hoffmann/Kalverkämper/Wiegand 1998, 1999). Sie zielen darauf ab, eine strukturell-funktionale Verwandtschaft von Fachspra- chen aufzuzeigen, die an Wissenschaften mit vergleichbaren Objektbereichen (Natur, Gesellschaft, Denken u. a.) gebunden ist. Im Hinblick auf den Grad der Einheitlichkeit bzw. Differenziertheit der einzelnen Fachwissenschaften und ihrer Fachsprachen werden im Allgemeinen drei Gliederungs- komplexe unterschieden: 1. Fachsprachen der Naturwissenschaften (vgl. exakte und biologische Naturwissenschaften), 2. Fachsprachen der Gesellschaftswissenschaften (Philosophie, Kultur- und So- zialwissenschaften, Politikwissenschaften, Wirtschafts- und Rechtswissenschaf- ten, Sprach- und Kunstwissenschaften, Pädagogik, Ethnologie, Anthropologie u. a.) und 3. Fachsprachen der Technikwissenschaften (Verfahrenstechnik, Medizintechnik, Maschinenbautechnik, Kerntechnik, Biotechnik, Umwelttechnik, Verkehrstech- nik, Bergbautechnik u. a.). Aktuelle wissenschaftstheoretische Darstellungen sind derzeit bemüht, das inhalt- lich-gegenständliche Selbstverständnis der Fächer als inhaltlich spezifischen Kommu- nikationsraum, die Komplexität des Fachdenkens sowie die Differenziertheit der Fach - sprachen in den Natur-, Gesellschafts- und Technikwissenschaften im Verbund heraus- zuarbeiten (Baumann 2009d: 2241–2257). Ein Schwerpunkt dieser komplexen Betrach- tungen ist darauf gerichtet, die erkenntnistheoretischen Grundnormen, Grundwerte und räumlichen Perspektiven des fachbezogenen Handelns systematisch zu dokumentieren. Dabei wird in den Darlegungen vor allem der Frage nachgegangen, wie fachliche Inter- textualität angelegt ist oder sein muss, um die Erkenntnisgewinnung und den Informati- onstransfer in den einzelnen Wissenschafts- und Kommunikationsräumen zu optimieren. Erste komparative Analysen verschiedener Fachtext(sorten)netze aus unterschied- lichen Einzelwissenschaften und Einzelsprachen akzentuieren vor allem drei Determi- nanten, welche die Tragweite der inhaltsbezogenen Ebene bei der Auswahl und Ver- wendung konkreter Vernetzungsmuster von Fachtext(sort)en unterstreichen: a) Der Einfluss der Einzelwissenschaft ist entscheidend, denn intertextuelle raum- evozierende Bezugsmuster von Fachtext(sort)en sind einzelwissenschaftlich determiniert, z. B. auf den Gebieten von Journalismus/Medienwissenschaften: Leitartikel - Kommentar, Nachricht – Dementi sowie in der Medizin: Überwei- sung – Anamnese – Befund – Epikrise u. a. b) Das Verhältnis der an der Fachkommunikation Beteiligten zum Gegenstand be- einflusst die kommunikative Realisierung der fachlichen Intertextualität (z. B. Bildtext in den Fachtext(sort)en der Architektur, Kraftfahrzeugtechnik u. a.), aktiviert bei der konkreten raumbezogenen Umsetzung der fachlichen Intertext- ualität wichtige erkenntnisfördernde Impulse (Rationalität/Emotionalität), wel- che die Auseinandersetzung des Partners mit dem Fachtextinhalt modifizieren (Baumann 2008: 109ff.) und Linguistica_2019_FINAL.indd 34 9.10.2019 8:58:44 35 c) die Korrelation von inhaltlich-gegenständlicher Systematik im Fachtext und den individuellen Leistungsdispositionen der an der Fachkommunikation Be- teiligten bestimmt die kompetente Auswahl der räumlichen Vernetzungsmuster von Fachtext(sort)en (Vorwort, Anmerkungen, Glossar in Fachtexten) (Busch/ Stenschke 2004). 3.2.7 Die Raumdimension der Funktion Nach wie vor stellt die funktionale Typologisierung der Zusammenhänge zwischen Fachtext(sorten)netzen ein Desiderat der interdisziplinären Fachsprachenforschung dar. Dabei wollen wir im Rahmen dieses Analysekontexts unter der Funktion fach- licher Intertextualität die kommunikative Absicht verstehen, die der Produzent von Fachtext(sort)en-in-Vernetzung in konkreten (fachlichen) Räumen des Informations- transfers gegenüber dem/den anvisierten Rezipienten dieser Fachtext(sorten)vernet- zungen verfolgt und kommunikativ umsetzt. Von maßgeblicher Bedeutung für die funktionale Analyse fachlicher Intertextualität ist dabei zweifellos die funktional-kommunikative Betrachtung der zwischen den Fach- text(sort)en bestehenden Vernetzungsbeziehungen. Dabei werden zwei hierarchisch gestufte Untersuchungsebenen unterschieden, die jeweils für die innertextuelle bzw. außertextuelle Dimension der funktionalen Aspekte fachlicher Intertextualität stehen: a) die intratextuelle Perspektive des Kommunikationsraums, die darauf gerichtet ist, die fachtext(sorten)spezifische Zusammensetzung von kommunikativen Äußerungsmustern innerhalb von Fachtext(sort)en aufzuzeigen (z. B. Fach- textsorte „Bedienungsanleitung“ als spezifisches Vernetzungsmuster mit den gedanklich-sprachlichen Operationen Anweisen, Empfehlen, Fordern als typi- sche Fachtextbausteine) (vgl. Konzept der Kommunikationsverfahren: Schmidt 1981 2 ) und – aufbauend darauf – b) die intertextuelle Perspektive des Kommunikationsraums, die dazu beiträgt, dass Fachtextsortenvernetzungsstrategien eruiert werden können, die – im Interesse eines effektiven Fachinformationstransfers – komplexe kommunikative Handlung(styp) en umsetzen (Informieren, Aktivieren, Klären, Kontaktieren) (Schröder 2003). Beide Beschreibungsstufen stellen eine anwendbare Typologisierungsbasis für die Funktionalität von Fachtext(sorten)netzen und fachlichen Kommunikationsräumen dar (Baumann 1992: 104ff.; Heinemann/Heinemann 2002: 188ff.; Adamzik 2004). 3.2.8 Die Raumdimension der Fachtext(sorten)strukturen In Darlegungen zur fachlichen Intertextualität wird zu Recht davon ausgegangen, dass Fachtextvernetzungen als Basiseinheiten der Kommunikationsverortung anzusehen 2 Die genannten geistig-sprachlichen Operationen tragen als Kommunikationsverfahren entscheidend zum Vernetzen von Fachtexten bei, da sie auf Faktoren des Kommunikationsprozesses rekurrieren, die mit der Analyse bzw. Synthese begrifflicher Vorstellungen, dem Aufdecken von Relationen zwischen Elementen und dem Anweisen zukünftigen Handelns zusammenhängen (Michel 1985). Linguistica_2019_FINAL.indd 35 9.10.2019 8:58:44 36 sind (Diatlova 2003). Sie tragen entscheidend dazu bei, die strukturellen Elemente und Relationen unserer (inneren und äußeren) fachlichen Tätigkeiten zusammenhängend widerzuspiegeln (Leont’ev/Leont’ev/Judin 1984: 19ff.). Entsprechende empirische Analysen weisen darauf hin, dass bei der kommunika - tiven Gestaltung des Fachwissenstransfers typische raumevozierende Vernetzungs- regularitäten von Fachtext(sort)en beobachtet werden können (wissenschaftlicher Zeitschriftenartikel – Leserzuschrift; Monografie – Rezension; Stellenausschrei- bung – Bewerbungsschreiben; Gesetzbuch – juristische Urteilsfassung; Vorvertrag – Vertrag; Nachricht – Kommentar; Kundenerhebung – Werbeanzeige – Bestel- lung – Rechnung, Abstract – wissenschaftlicher Zeitschriftenartikel u. a.), die be - kanntlich in struktureller und funktionaler Hinsicht stark normiert sind (Baumann 2005: 32–47). In diesem Zusammenhang darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Kohärenz der Fachtextsortennetze offensichtlich mit fachlogischen Glie- derungsmodellen von Sachproblemen verbunden ist (z. B. bei: Gebrauchsanwei - sung, Kochrezept, medizinische Kasuistik, Grünbuch/Weißbuch in der EU-Politik) (Klauke 1993 u. a.). Fachtext(sorten)strukturelle Vernetzungsregularitäten tragen dazu bei, die Ökono- mie und Präzision des Informationsaustausches zwischen den Kommunikationspart- nern zu gewährleisten. Darüber hinaus sind die konventionalisierten Fachtextverbin- dungen darauf gerichtet, den intertextuellen Fachtextrezeptionsprozess durch erwart- bare Strukturen zu erleichtern, bestimmte Algorithmen zur Inhaltserschließung von Fachtext(sort)en zu etablieren sowie fachliches Handeln im Kommunikationsraum verbindlich zu regeln. Demzufolge besteht ein Desiderat fachtextsortenstruktureller Intertextualitätsanaly- sen darin, die folgenden methodologischen Schwerpunkte systematisch zu analysieren: a) Welches Gefüge von strukturellen Elementen und Relationen trägt zur Vernet- zung von Fachtext(sort)en bei? b) Welche Konsequenzen hat das Konzept der strukturellen Intertextualität für die aktuellen Fachtextklassifikationsmodelle (Krause 2000; Swales 2004)? c) Welche erkenntnistheoretischen Weiterungen impliziert die Hinwendung der in- terdisziplinären Fachsprachenforschung zu Fachtextsortennetzen und fachlichen Kommunikationsräumen (Klein/Fix 1997)? d) Welche Abstufungen von struktureller Intertextualität und Räumlichkeit können an Fachtextsortennetzen unterschieden werden (Hess-Lüttich 1997: 130ff.)? e) Wie verhalten sich Intertextualitäts- bzw. Fachlichkeitsgrade und die Enstehung fachlicher Kommunikationsräume zueinander (Baumann 1994)? f) Welche strukturellen Aspekte sind für die lineare Reihung bzw. hierarchische Vernetzung von Fachtext(sort)en kennzeichnend? g) Welche strukturellen Charakteristika bestehen bei einer Einfachvernetzung bzw. Vielfachvernetzung (Einbettung) von Fachtext(sort)en (Klein 2000: 34ff.; Opi- lowski 2005)? h) Wie werden implizite vs. explizite Bezüge zwischen den linearen bzw. hierar- chischen Zusammenhängen von Fachtext(sort)en realisiert? Linguistica_2019_FINAL.indd 36 9.10.2019 8:58:44 37 i) Inwieweit wird die Entwicklung fachlicher Kommunikationsräume durch Ver- netzungen von Fachtextsorten und konkrete Wissensbestände der an der Kom- munikation Beteiligten beeinflusst (Baumann 2001)? j) Zu welchen methodologischen Veränderungen des Raumkonzepts wird der An- satz der strukturellen Intertextualität von Fachtext(sort)en in der (Angewandten) Linguistik führen? Die nun folgenden – teilweise bereits eingehend untersuchten – Bezugsebenen des interdisziplinären Konzepts fachlicher Intertextualität beziehen sich allesamt auf sprachliche Aspekte der Vernetzung von Fachtext(sort)en: 3.2.9 Die Raumdimension der Syntax und Morphologie Sie umfasst diejenigen syntaktischen bzw. morphologischen Elemente, die sich auf die Vermittlung von Visualität und Perspektive zwischen Fachtexten beziehen. Zu diesen gehören z. B. folgende Kategorien: Tempusfolge, Thematisierung und Rhe- matisierung, Ellipsenbildung, Bedeutungsexpansion und -kondensation, lineare An- ordnung einzelner Textkonstituenten, texteröffnende und -schließende syntaktische Fertigstücke in bestimmten Fachtextsorten (z. B. des Rechts), anaphorische und ka- taphorische Textkonstituenten, Referenzstrukturen (Proformen, Deiktika, Indefinita, Nomina propria und Appellativa) und Prädikationsstrukturen von Fachtexten, die Verschränkung von Fachtext und Bildtext, parataktische und hypotaktische Satzkon- figurationen und Mittel der Satzverflechtungen, Redeformen (Monolog, Dialog, Po- lylog) und Wiedergabe fremder Rede (Zitate) sowie textkonstituierende Funktionen der Wortstellung u. a. 3.2.10 Die Raumdimension des Stils Die stilistische Ebene der fachlichen Intertextualität spielt bei der Gestaltung räumli- cher Vorstellungen in Fachtext(sorten)netzen eine bedeutende konstitutive Rolle. So sind stilistisch relevante Elemente darauf gerichtet, komplexe Kommunikations- räume zwischen den vernetzten Fachtext(sort)en zu gestalten (vgl. z. B. Verwendung von Raum-, Orientierungs- und Bewegungsmetaphern). Repräsentative Untersuchungen haben gezeigt, dass die stilistische Ebene der fachlichen Intertextualität vor allem durch die den Kommunikationsbedingungen adäquate Wahl von Ausdrucksvarianten fachliche Kommunikationsräume aus- zeichnet (Baumann 1992: 47ff.). Durch die Systematisierung und Klassifizierung stilistisch relevanter Erscheinungen konnte nachgewiesen werden, dass spezifische Stilelemente besonders geeignet sind, effizient zur Perspektivierung der Vernet- zungsvielfalt von Fachtext(sort)en beizutragen (z. B. Emphase, Anapher und Paral- lelismus, Antithese, expandierte Metapher, Wiederholung) und somit eine konkrete Stilebene zu realisieren. So trifft der Fachtextproduzent eine Auswahl aus den Stilmitteln, welche ge- eignet sind, eine konkrete Funktion der mehrdimensionalen Fachtextvernetzungen Linguistica_2019_FINAL.indd 37 9.10.2019 8:58:44 38 umzusetzen. Dies betrifft z. B. die Verwendung von Zitaten, die Entfaltung des Fach- textthemas auf der Grundlage einer bestimmten Kompositionsprinzipien folgenden Ge- dankenführung, den Grad der sprachlich expliziten Wiedergabe sachlogischer Zusam- menhänge bzw. die Variation verschiedener lexikalischer Elemente. 3.2.11 Die Raumdimension der Lexik und Semantik Die gegenstandsadäquate Auswahl und Verwendungsweise lexikalisch-semantischer Einheiten in der Fachkommunikation stellen eine grundlegende Dimension der fach- lichen Intertextualität und der Ausprägung fachlicher Kommunikationsräume dar. Die Terminologie als Kern des Fachwortschatzes spiegelt bei der Fachtextvernet- zung eine erkenntnistheoretisch zentrale Rolle (Schippan 1984). Da das terminologi- sche System der Systematik der betreffenden Fachwissenschaft folgt und den höchsten Grad der begrifflichen Abstraktion verkörpert, tragen Termini zur Konstituierung eines sehr hoch fachlichen Kommunikationsraums, einer optimalen Verständigung zwischen den Fachleuten und somit zur lexikalisch-semantischen Fundierung der fachlichen In- tertextualität bei. 3.2.12 Die Raumdimension der Grafik Sie konzentriert sich auf das Layout des Fachtextes, das Schriftbild, die typographi- schen Besonderheiten als Faktoren der Fachtextvernetzung bzw. Verortung von Fach- kommunikation (Vignetten, Initialen, Einrückungen, Kursivierung, Zitate, Verhältnis von Fachtext und Fußnote, Bildtext) (Hübler 2001). 3.2.13 Die Raumdimension der Orthographie Diese Ebene ist erkenntnistheoretisch viel versprechend für eine interdisziplinäre Be- trachtung des Konzepts der fachlichen Intertextualität und des Raums, da sie für die Perspektivierung der schriftlichen Fachkommunikation unerlässlich ist. Sie besitzt den höchsten Grad an gesellschaftlicher Verbindlichkeit und trägt präskriptiven Charakter (Duden 2004). Groß- und Kleinschreibung, Interpunktion u. a. machen so die räum- liche Ordnung der Fachkommunikation sichtbar. 3.2.14 Die Raumdimension der Phonetik und Phonologie Sie bindet jede Form der mündlichen Fachkommunikation an bestimmte Aussprache- regeln bzw. rhythmische Strukturen (z. B. Assonanz, Alliteration, Reimbildung) und trägt somit zur Intertextualität mündlicher Fachtexte bei. 4 SCHLUSS Die vorliegende Betrachtung fachlicher Intertextualität und Kommunikationsräume hat deutlich gemacht, dass sie das Ergebnis eines außerordentlich komplexen Zusam- menspiels unterschiedlicher Bereiche der Fachkommunikation darstellen. Die Spezifik der fachlichen Intertextualität als Zugang zu fachlichen Kommunikationsräumen stützt sich dabei auf ein vielschichtiges Beziehungsgeflecht der aufgezeigten Bezugsebenen: Linguistica_2019_FINAL.indd 38 9.10.2019 8:58:44 39 Fachtexte bzw. Fachtextsorten kristallisieren sich in diesem Zusammenhang als kom- plexe Schnittpunkte vieler Fachtexte und Fachtextsorten heraus. Zukünftigen Untersuchungen bleibt es vorbehalten, das skizzierte interdisziplinäre Modell fachlicher Intertextualität und fachlicher Kommunikationsräume durch empiri- sche Analysen und theoretische Überlegungen auf den einzelnen Bezugsebenen weiter zu untermauern. Literatur ADAMZIK, Kirsten (Hrsg.) (2000) Textsorten: Reflexionen und Analysen. Tübingen: Stauffenburg. ADAMZIK, Kirsten (2004) Textlinguistik: Eine einführende Darstellung. Tübingen: Niemeyer. AGRICOLA, Erhard (1979) Textstruktur, Textanalyse, Informationskern. Leipzig: Verlag Enzyklopädie. BARTLETT, Frederic C. (1958) Thinking: An experimental and social study. London: Allen and Unwin. BALLSTAEDT, Steffen-Peter (1997) Wissensvermittlung: Die Gestaltung von Lern- material. Weinheim: Beltz Psychologische VerlagsUnion. BAUMANN, Klaus-Dieter (1992) Integrative Fachtextlinguistik. 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Zusammenfassung FACHTEXTE-IN-VERNETZUNG ALS INTERDISZIPLINÄRER ZUGANG ZU FACHLICHEN KOMMUNIKATIONSRÄUMEN – EIN NEUES PARADIGMA DER AKTUELLEN FACHKOMMUNIKATIONSFORSCHUNG Die vorliegende Betrachtung von Fachtexten-in-Vernetzung und Kommunikati- onsräumen hat deutlich gemacht, dass zwischen beiden ein außerordentlich komple- xes Zusammenspiel besteht. Die in der Fachkommunikation zu beobachtenden Ver- textungsregularitäten führen zu bestimmten Fachtext(-sort)en in-Vernetzung, die als mehrschichtiger Zugang zu fachlichen Kommunikationsräumen fungieren. Diese be- stehen aus einem vielschichtigen Beziehungsgeflecht von Dimensionen der Kulturen, Sozialität, Situativität, Intermedialität, des Fachdenkens, Fachinhalts, der Funktion, Textstrukturen, Syntax und Morphologie, des Stils, der Lexik und Semantik, der Gra- fik, Orthographie, Phonetik und Phonologie. Zukünftigen Untersuchungen bleibt es vorbehalten, das skizzierte interdisziplinäre Modell der Fachtexte-in-Vernetzung als fachliche Kommunikationsräume durch empi- rische Analysen auf den einzelnen Bezugsebenen weiter zu untermauern. Schlüsselwörter: Fachtexte-in-Vernetzung, Vertextungsregularitäten, Intertextualität, Kommunikationsräume, Dimensionen der Kommunikationsräume Abstract LSP TEXT NETWORKS AS AN INTERDISCIPLINARY APPROACH TO LSP COMMUNICATION SPACES – A NEW PARADIGM FOR THE LATEST LSP COMMUNICATION RESEARCH One focus of interdisciplinary LSP 3 text research lies in illustrating LSP intertextu- ality leading to specific LSP text networks. These are closely linked to the formation 3 LSP – Language For Specific Purposes/Fachsprache. Linguistica_2019_FINAL.indd 44 9.10.2019 8:58:44 45 of specialist communication spaces where (non-)experts interact with each other, ex- changing LSP text networks and coordinating socio-economic activities at different levels of technicality. Communication spaces are necessarily shaped by different factors: culture, soci- ality, situativity, intermediality, thinking style, scientific subject, functionality, text structure, syntax and morphology, style, lexis and semantics, graphics, orthography, phonetics and phonology. Our recent interdisciplinary empirical analyses have provided a number of new in- sights, some of which may prove to be particularly significant for further interdiscipli- nary LSP text networks research. Key words: LSP text networks, text-processing principles, intertextuality communica- tion spaces, dimensions of communication spaces Povzetek STROKOVNA BESEDILA V OMREŽJIH KOT INTERDISCIPLINARNI PRISTOP H KOMUNIKACIJSKIM PROSTOROM STROKE – NOVA PARADIGMA AKTUALNEGA RAZISKOVANJA STROKOVNE KOMUNIKACIJE Obravnava strokovnih besedil v omrežjih ter komunikacijskih prostorov je jasno pokazala, da obstaja med njimi izredno kompleksno prepletanje. Zakonitosti tvorjenja besedil, ki jih je mogoče opazovati v strokovni komunikaciji, vodijo do določenih bese- dilnih vrst v omrežjih, ki delujejo kot večplasten pristop do komunikacijskih prostorov stroke. Te prostore sestavljajo večplastna razmerja med dimenzijami kultur, družbenih okoliščin, situacijskosti, intermedialnosti, strokovnega razmišljanja, strokovnih vsebin, funkcij, besedilnih struktur, skladnje in morfologije, sloga, leksike in semantike, gra- fike, pravopisa, fonetike in fonologije. Skicirani interdisciplinarni model strokovnih besedil v omrežjih bo v prihodnje zagotovo mogoče z empiričnimi analizami na posa- meznih ravninah prikazati kot komunikacijske prostore stroke. Ključne besede: strokovna besedila v omrežjih, zakonitosti tvorjenja besedil, medbe- sedilnost, komunikacijski prostori, dimenzije komunikacijskih prostorov Linguistica_2019_FINAL.indd 45 9.10.2019 8:58:44