311 Tanja Škerlavaj *9 UDK 81'42:316.77 Universität Ljubljana DOI: 10.4312/linguistica.59.1.311-331 DAS KOMMUNIKATIONSPRINZIP DER ORIGINALITÄT IN TEXTEN UND KOMMUNIKATIONSANGEBOTEN: ZUR NUTZUNG KREATIVER STRATEGIEN IM BEREICH VERSCHIEDENER MODALITÄTEN, MEDIALITÄT UND LOKALITÄT 1 EINLEITUNG Um eine erfolgreiche Kommunikation zu ermöglichen, halten sich Kommunikations- teilnehmer an bestimmte Kommunikationsprinzipien, deren zentrale Rolle für die Verständigung als erster der Sprachphilosoph Paul Grice beschrieben hat. Nachdem Grice die grundlegenden Kommunikationsmaximen (Maxime der Quantität, Qualität, Relevanz und Modalität) definiert hatte, entdeckte man, „dass es neben diesen grund- legenden Maximen auch noch andere gibt, die spezifisch sind für bestimmte Kommu- nikationsformen und Texttypen“ (Gloning 2008: 75). So ist beispielsweise das Kom- munikationsprinzip der präzisen Darstellung besonders typisch für wissenschaftliche Texte und das Prinzip der Präsentationsökonomie und Komprimierung z. B. für Thea- ter-Spielpläne oder für gewisse Online-Angebote wie etwa Twitter-Beiträge. In (gedruckten und digitalen) Werbe- und Ankündigungstexten, in Buch- und Film- titeln, Zeitungsschlagzeilen, Glossen, Graffiti-Sprüchen u. a. m. wird aus Gründen der Aufmerksamkeitsgewinnung typischerweise das sogenannte Kommunikationsprinzip der Originalität/Kreativität und Unterhaltsamkeit befolgt. Diese Texte müssen im Ge- gensatz zu Fachtexten „mit einem von vornherein zur Lektüre verpflichteten Leser- kreis“ (Fix 2001: 39) die Aufmerksamkeit des Publikums erst wecken, und das „in einer Welt des Überangebots von Informationen“ (ebd.). Die Verfasser solcher Texte bedienen sich deswegen innovativer sprachlicher und – da wir heutzutage Zeugen einer veränderten „semiotischen Landschaft“ (Stöckl 2004a: 2) sind – auch nicht-sprach- licher Mittel, sie gehen über das Gewohnte hinaus und greifen zu Verfahren, „deren Wesen in der Abweichung, im Bruch kultureller Konventionen besteht“ (Fix 2001: 39). Im vorliegenden Beitrag setze ich mich nach einer kurzen Beschreibung theore- tischer Grundlagen mit dem Kommunikationsprinzip der Originalität in Texten und Kommunikationsangeboten auseinander. Dabei sollen anhand einer exemplarischen Analyse verschiedener Textbeispiele zunächst einige Möglichkeiten des kreativen Handelns im Bereich der Sprache dargestellt werden. Anschließend soll im Beitrag er- forscht werden, inwiefern, wie und zu welchen Zwecken kreative Strategien und inno- vative Darstellungselemente auch im Bereich anderer Modalitäten bzw. semiotischer * tanja.skerlavaj@ff.uni-lj.si Linguistica_2019_FINAL.indd 311 9.10.2019 8:58:57 312 Ressourcen (wie etwa Layout, Bild, Typographie, Farbe) sowie im Bereich der Media- lität und Lokalität dieser kommunikativen Angebote genutzt werden können. 2 THEORETISCHER UMRISS 2.1 Zu Begriffen „Text“, „Texsorte“, „Kommunikationsangebot“ und den Kategorien „Multimodalität“, „Medialität“ und „Lokalität“ Bevor ich mich der Analyse der kreativ eingesetzten Elemente in Texten und multi- modalen Angeboten zuwende, ist ein kurzer Exkurs zur verwendeten Terminologie notwendig. Im vorliegenden Beitrag wird von einer pragmatisch orientierten, d. h. einer funktionalen, handlungsbezogenen bzw. kommunikationsorientierten Textauf- fassung (vgl. Brinker 2005) ausgegangen, wonach Texte als „Werkzeuge der Kom- munikation und als Mittel der Lösung kommunikativer Aufgaben“ (Cheng/Gloning 2017: 14) aufgefasst werden. Da der Gebrauch des analogen Kodes heutzutage auf dem Vormarsch ist (Fix 2001: 45) und nicht-sprachliche Aspekte im Text zunehmend eine bedeutungskonstitutive Rolle übernehmen, wird hier außerdem ein weiterer Textbegriff vertreten, der „alle semiotischen Ebenen umfasst, mit denen durch eine abgrenzbare, funktional bestimmbare Einheit kommunikativ gehandelt wird“ (Dom- ke 2014: 15). Im Beitrag wird also davon ausgegangen, dass Texte multimodal sind und dass verschiedene Modalitäten bzw. semiotische Ressourcen 1 wie etwa Sprache, Bild, Design, Typographie, Farbe usw. gewisse Zwecke erfüllen können – ihnen kann ein kommunikativer Sinn zugesprochen werden (vgl. Bucher 2010: 58f.). Neben der Multimodalität spielen in Texten zudem die Kategorien „Medialität“ und „Lokalität“ eine zentrale Rolle – laut Fix kann man anhand dieser nämlich „die Wahrnehmbar- keit der Texte und das durch sie vermittelte Bedeutungspotenzial“ (Fix 2008a: 344) erfassen. Während unter dem Begriff „Medialität“ verschiedene Mediengattungen (Printmedien, Fernsehen, Internet) und Medienformate (Tageszeitung, Plakat, Web- log) verstanden werden, durch welche Texte vermittelt werden können, bezieht sich die Kategorie „Lokalität“ auf Orte, an denen Texte angebracht sind (vgl. Fix 2008a: 349). 2 Texte samt ihren Funktionen und ihrer Bedeutung werden also durch die tech- nisch-physikalischen Gegebenheiten des Mediums, durch welches sie vermittelt wer- den, sowie durch den Ort, an welchem sie erscheinen, geprägt, was sich auch auf ihre sprachlichen und nicht-sprachlichen Mittel auswirkt. Unter Textsorten 3 werden in Anlehnung an Brinker (2005: 144ff.) (mehr oder weni - ger) „konventionalisierte, musterhafte Realisierungen spezifischer sprachlicher Handlun- gen [verstanden], mit denen bestimmte kommunikative Aufgaben gelöst werden“. Wie 1 Mit „Modalitäten“ sind verschiedene Modi der Kommunikation (Sprache, Bild usw.) gemeint, die über Leistungspotenziale („affordance“) verfügen. Die Begriffe „Modalität“ und „semioti- sche Ressource“ werden hier synonym verwendet. Van Leeuwen weist z. B. auf Folgendes hin: „In social semiotics the term ‚resource‘ is preferred, because it avoids the impression that ‚what a sign stands for‘ is something pre-given, and not affected by its use“ (van Leeuwen 2005: 3). 2 Sandig (2006) spricht auch vom „pragmatischen Ort“ und zählt diesen zur Situation des Textes. 3 Die Termini „Textsorte“ und „Texttyp“ werden im vorliegenden Beitrag als Synonyme betrachtet. Linguistica_2019_FINAL.indd 312 9.10.2019 8:58:57 313 aus dieser Definition ersichtlich, spielen dabei der Musterbegriff und die Eigenschaft des Prototypischen eine wichtige Rolle. Der Musterbegriff sollte „auf alle sprachlichen Ein - heiten bezogen werden, die als „vorgegeben“, „vorformuliert“ bzw. „beispielhaft“ ver- standen werden können“ (Heinemann/Viehweger 1991: 166). Während wir z. B. bei der Rechtschreibung oder beim Satzbau auf Regeln angewiesen sind, haben wir Text- und Stilvorgaben als Muster verinnerlicht, innerhalb derer es „Elemente des Normativen als Handlungsorientierung [gibt], und es gibt Nichtgenormtes, Freiräume, die es individuell zu füllen gilt“ (Fix 2008b: 67). Aus dieser Kombination der Orientierung am Vorgegebe- nen einerseits und neuartigen, kreativen Handlungen andererseits resultiert „eine Vielfalt von Realisierungsvarianten in der Sprachpraxis“ (Cheng/Gloning 2017: 15). Im Laufe der kulturellen Entwicklung treten also auch neue, unkonventionelle Textsorten auf. Schließlich wird der Begriff „kommunikatives Angebot“ hier zum einen als eine Art Oberbegriff für Texte und Textsorten verwendet, zum anderen werden darunter unkonventionelle Textformen wie beispielsweise (auf Schildern angebrachte) ortsge- bundene Texte, aber auch größere kommunikative Einheiten/Konglomerate wie etwa Newsletter verstanden, die aus mehreren (Teil-)Texten bestehen können. Weil solche Kommunikationsangebote multimodal sind, spreche ich zudem an vielen Stellen von „multimodalen Angeboten“. 2.2 Kommunikationsprinzipien Um sich erfolgreich zu verständigen, orientieren sich Kommunikationsteilnehmer bei der Wahl ihrer Mittel an bestimmten Kommunikationsprinzipien, die sich aus dem Zweck des praktischen Zusammenhangs ergeben, in dem die Handlung (das Gespräch oder die schriftliche Kommunikation) stattfindet. Wenn jemand z. B. beim Familien- essen sagt: „Es zieht“ und das Fenster geöffnet ist, dann antworten wir nicht: „Danke für diese Mitteilung“, sondern wir gehen davon aus, dass die Aussage der Person ein bestimmtes kommunikatives Ziel verfolgt – nämlich dass einer darum bittet, das Fens- ter zu schließen. In sozialen Handlungszusammenhängen sind solche Prinzipien häufig konventionell und haben einen normativen Charakter. Für die Art und Weise, wie das übergeordnete Kommunikationsprinzip befolgt wer- den kann, schlug der Sprachphilosoph Paul Grice vier so genannte „Konversations- maximen“ vor, nämlich die Maxime der Quantität (das Prinzip der Informativität), die Maxime der Qualität (das Prinzip der Wahrheit), die Maxime der Relation (das Relevanzprinzip) und die Maxime der Modalität (Prinzipien der Klarheit, Eindeutig- keit, Prägnanz und sequenziellen Ordnung). Neben diesen grundlegenden Maximen gibt es zudem weitere Kommunikationsprinzipien (vgl. Grice 1989: 28), die für be- stimmte Textsorten und Arten von kommunikativen Angeboten Geltung haben. So ist das Prinzip der Aktualität typisch für journalistische Texte wie etwa Nachrichten und Berichte, und das Prinzip der Unterhaltsamkeit für Gespräche am Stammtisch (vgl. Gloning 2008: 75). In bestimmten Textsorten werden solche Prinzipien aufgrund der Kommunikationskonventionen vom Rezipienten erwartet und für üblich gehalten, so dass er mit erhöhter Aufmerksamkeit reagiert, wenn gegen sie (intendiert oder nicht intendiert) verstoßen wird. Linguistica_2019_FINAL.indd 313 9.10.2019 8:58:57 314 Im vorliegenden Beitrag wird von der Annahme ausgegangen, dass in Textsorten mit einer Werbe- und Ankündigungsfunktion sowie in anderen Texten bzw. Textbau- steinen, die aus Gründen der Aufmerksamkeitsgewinnung ständig nach Originalität und Auffälligkeit streben und in denen intendiert von der Norm abgewichen wird, das Kommunikationsprinzip der Kreativität und Unterhaltsamkeit als wichtig gilt. In sol- chen aufmerksamkeitserregenden, oft auf Mehrdeutigkeit basierenden Texten kann aufgrund der großen Vielfalt an Abweichungen und Stilbrüchen – obwohl diese vom Rezipienten grundsätzlich erwartet werden – nicht von „Musterhaftigkeit“ gesprochen werden, denn die Abweichung erfolgt jedes Mal auf eine andere Art und Weise bzw. mit anderen Mitteln (vgl. Škerlavaj 2017: 139). Trotzdem wird im Folgenden versucht, einige Realisierungsmöglichkeiten darzustellen und zu analysieren, die es für die De- monstration von sprachlicher und nicht-sprachlicher Kreativität in Texten und Kom- munikationsangeboten gibt. 3 DAS KOMMUNIKATIONSPRINZIP DER KREATIVITÄT UND ORIGI- NALITÄT IN TEXTEN UND KOMMUNIKATIONSANGEBOTEN: EINE EXEMPLARISCHE ANALYSE 3.1 Der Gebrauch kreativer Strategien im Bereich der Sprache Mit sprachlicher Kreativität auf verschiedenen sprachlichen Ebenen und in unterschied- lichen Textsorten bzw. Kommunikationsbereichen setzten sich in den letzten Jahrzehnten zahlreiche Autoren im deutschsprachigen Raum auseinander (vgl. Dittgen 1989, Sornig 1993, Janich 1999/2013, Fix 2001, 2008b, 2012, Gloning 2008, Ehrhardt 2011 u. a. m.). Im vorliegenden Abschnitt sollen aus Platzgründen nur einige aus einer Vielzahl von möglichen Strategien und Verfahren der sprachlichen Originalität in Texten dargestellt und mit Beispielen aus verschiedenen Bereichen unserer Kommunikation belegt werden. Auf der phonologischen Ebene bedienen sich Autoren von Werbetexten, Posts und Ankündigungen auf sozialen Netzwerken, Zeitungsüberschriften, Buch- und Filmti- teln, Graffiti-Sprüchen, Glossen, Sentenzen, Rapliedern, Theaterkritiken, Laden- und Firmennamen etc. nicht selten innovativer Sprachspiele, die auf Reim, Lautvertau- schung oder -ersetzung (z. B. Leckt schmecker), Homophonie (Gleichklang) oder Ho- moiophonie (ähnlicher Klang) basieren. So lautet der Name des Ladens mit Küchen- utensilien in Nürnberg z. B. cook mal! Erlebniswelt des Kochens (vgl. Abb. 1) 4 . Der witzige Effekt dieser Benennung basiert auf der Homophonie, und zwar des deutschen Imperativs guck (von gucken) und des englischen cook (engl. für ‚kochen‘). Dafür, dass der Ladenname als äußerst innovativ und „gut gelungen“ bezeichnet werden kann, deu- ten der Frame des Kochens, durch welchen der Gebrauch dieser Ausdrücke motiviert ist, und der Sinnzusammenhang zwischen den beiden Bedeutungen hin (vgl. Škerlavaj 2017). Die Benennung kann z. B. folgendermaßen paraphrasiert werden: „Guck mal in unserer Erlebniswelt des Kochens vorbei und koch mal mit!“. Um den „Pfiff“ dieses Ladennamens zu verstehen, wird beim Rezipienten neben dem Allgemeinwissen auch spezifisches Wissen, nämlich das Wissen über die englische Sprache, vorausgesetzt. 4 Die meisten abgebildeten Belege entstammen meiner persönlichen Sammlung (T.Š.). Linguistica_2019_FINAL.indd 314 9.10.2019 8:58:57 315 Abb. 1: Ladenname cook mal! Das Kommunikationsprinzip der sprachlichen Kreativität in Texten kann ferner auf der lexikalischen Ebene und der Ebene der Wortbildung umgesetzt werden. Dies erfolgt z. B. anhand von Wort- oder Silbenvertauschung, -hinzufügung oder -ersetzung, anhand von Wiederholungen, Polysemen, Neubildungen und Okkasionalismen, anhand von fremdsprachlichem Material usw. Während zu Wortersetzungen und dem Gebrauch von fremdsprachlichem Material das oben analysierte Beispiel cook mal! gehört, denn das deutsche Wort guck wird hier durch das englische cook ersetzt, ist ein gutes Beispiel mit Polysemie in der folgenden Werbeschlagzeile für Zigaretten Lucky Strike zu finden: Hier können Sie gleich einen Zug nehmen (vgl. Abb. 2). Das Sprachspiel in dieser Schlagzeile basiert auf der Doppeldeutigkeit des Lexems „Zug“ – dieses wird einmal als Verkehrs- mittel und einmal als ,das Einziehen von Rauch‘ (vgl. Duden Online) verstanden. Das doppeldeutige Sprachspiel ist an die Situation des Werbetextes gut angepasst, denn das Plakat befindet sich über einem Tabak-Shop am Gießener Bahnhof. Abb. 2: Werbeschlagzeile Hier können Sie gleich einen Zug nehmen Linguistica_2019_FINAL.indd 315 9.10.2019 8:58:58 316 Ein ähnliches Beispiel, in dem mit der wörtlichen und übertragenen Bedeutung des Wortes rauchen gespielt wird, ist an mehreren Wänden der Universität Gießen zu fin- den: Hier rauchen nur Köpfe! (vgl. Abb. 3). Der übliche direkte Hinweis „Rauchen verboten“ wird hier durch eine originelle Alternative ersetzt, in welcher eine Variation des Phraseologismus „jemandem raucht der Kopf“ verwendet wird, was so etwas wie ,jemand denkt angestrengt über etwas nach‘ (vgl. Duden Online) bedeutet. Studierende (und Mitarbeitende) werden also auf eine kreative Art und Weise auf das Rauchverbot in den Räumen der Universität hingewiesen – es kommt eine sogenannte Frame-Ver- schiebung vor (vom Frame „Rauchen“ auf den Frame „Universität“ bzw. „Studieren“), denn die bereits konstruierte lexikalische Bedeutung von „rauchen“ wird auf der Basis weiterer Informationen („hier wird studiert“) rekonzeptualisiert (vgl. Ziem 2012: 74). Dabei wird die Verschiebung auf den zweiten, intendiert ausgewählten Frame durch das Hintergrundwissen der Rezipierenden (darüber, dass hier gelernt wird) motiviert; die zu verstehende Bedeutung wird außerdem durch das Bild eines Mannes, dem „der Kopf raucht“, und zusätzlich noch durch das Bild einer durchgestrichenen Zigarette unterstützt. An diesem Beispiel wird deutlich, dass die sprachliche Kreativität in Tex- ten und Kommunikationsangeboten auch anhand phraseologischer Verfahren realisiert werden kann. Abb. 3: Verbotsschild Hier rauchen nur Köpfe! Auf syntaktischer Ebene kann man kreativ und originell vorgehen, indem man z. B. das Spiel mit Aktiv und Passiv verwendet (z. B. Der Unterschied zwischen geliefert ha- ben und geliefert sein ist hauchdünn – vgl. Janich 2013: 206), außerdem sind in Texten Sprachspiele mit Verben, die reflexiv oder nicht reflexiv vorkommen (vgl. ebd.), oder Sprachspiele mit syntaktischer Ambiguität (vgl. Škerlavaj 2017: 60f.) üblich. So kann das Syntagma mit Abstand in dem früher an deutschen Autobahnen oft zu lesenden Satz Sie fahren mit Abstand am besten! (vgl. Abb. 4) z. B. als ein Attribut des Adverbs am besten (,Sie fahren weitaus am bestenʻ) oder als ein selbstständiges Satzglied, eine Mo- dalbestimmung (,Sie fahren am besten, wenn Sie Abstand haltenʻ) verstanden werden. Linguistica_2019_FINAL.indd 316 9.10.2019 8:58:58 317 Abb. 4: Hinweistafel Sie fahren mit Abstand am besten! Um den Leser durch Abweichung vom Gewohnten zu überraschen und ihn dadurch zum Nach- und Weiterdenken zu verleiten, werden in Texten oft auch rhetorische Figu- ren verwendet. So werden im folgenden Post auf der Facebook-Seite des Stadttheaters Gießen, in dem die Theatervorstellung Die Affäre Rue de Lourcine angekündigt wird, mehrere rhetorische Fragen benutzt: Kennt ihr das, wenn man morgens aufwacht und sich fragt, wer der fremde Mann im Bett neben einem ist? Warum man solche Kopfschmerzen hat? Und warum man sich partout nicht daran erinnern kann, was man die letzte Nacht alles getrieben hat? […] Schaut doch ausnahmsweise mal den anderen bei der Suche nach der eigenen Erinnerung zu und kommt ganz entspannt heute Abend in DIE AFFÄRE RUE DE LOURCINE […] (Abb. 5). Abb. 5: Facebook-Ankündigung Die Affäre... Linguistica_2019_FINAL.indd 317 9.10.2019 8:58:59 318 Anhand der vielen provokativen rhetorischen Fragen versucht der Textproduzent das Interesse der Leser für die Theateraufführung zu wecken und sie für den Besuch der Vorstellung zu begeistern. Schließlich gehören zu kreativen Verfahren auf der Textebene z. B. Textmustermi- schungen. Nach Gloning/Cheng (2017: 15) handelt es sich bei manchen Texttypen um prototypische Darstellungsformen, bei anderen haben sich jedoch bestimmte Strategien für die kreative Bewältigung dieser Darstellungstraditionen herausgebildet. Als Bei- spiel soll hier die Textsorte „Abo-Heft“ angegeben werden. Diese erfüllt in der Regel die Funktion, über die angebotenen Abonnements zu informieren. Im Abo-Heft des Stadttheaters Gießen steht jedoch die werbende Funktion stark im Vordergrund und auch die stilistisch-formulativen Grundelemente (vgl. Fix 2008b: 68) könnten einem Werbetext zugeordnet werden: Aus rund 50 Produktionen das richtige Programm auszusuchen, ist gar nicht so einfach. Abonnenten haben es leichter: Wir stellen für alle, die nicht die Qual der Wahl, dafür aber ihren sicheren Sitzplatz haben möchten, die Vorstellungen zusammen. Sich nie wieder um Karten kümmern, keine Aufführung verpassen und noch dazu 40% gegenüber einer Einzelkarte sparen – bei unserer großen Abo- Vielfalt ist für jeden Geschmack, jeden Terminkalender und jeden Geldbeutel etwas dabei! (Abb. 6) Abb. 6: Textmustermischung: Abo-Heft Linguistica_2019_FINAL.indd 318 9.10.2019 8:58:59 319 Die stilistisch-formulativen Grundelemente des vorliegenden Abo-Heftes, die auf das Textmuster „Werbetext“ verweisen, sind u. a. die folgenden: alltagssprachliche Lexik (gar nicht so einfach, für jeden Geldbeutel etwas dabei sein), häufige Verwendung von Adjektiven (das richtige Programm, ihren sicheren Sitzplatz), innovative Komposita (Abo-Vielfalt, Abo-Gen) sowie Homoiophonie (Gießen genießen) und rhetorische Fra- ge (Haben Sie das Abo-Gen?) in Überschriften (vgl. Abb. 6). Das Kommunikations- prinzip der Originalität und Unterhaltsamkeit wird hier also durch das Mischen zweier Textmuster, nämlich das eines Informationstextes und das eines Werbetextes realisiert. 3.2 Der Gebrauch kreativer Strategien im Bereich weiterer Modalitäten: Lay- out, Bild, Typographie und Farbe Dass in Texten und Kommunikationsangeboten mit aufmerksamkeitserregender Funktion oft von der sprachlichen Norm abgewichen wird, ist unumstritten. Im Fol- genden soll jedoch der Frage nachgegangen werden, inwiefern, auf welche Art und Weise und zu welchen Zwecken das Kommunikationsprinzip der Originalität und Unterhaltsamkeit auch anhand der Verwendung anderer Zeichenmodalitäten bzw. semiotischer Ressourcen wie etwa des Layouts, Bildes sowie der Typographie und Farbe umgesetzt werden kann. Die räumliche Anordnung auf der Sehfläche (z. B. auf einem Flyer, einem Plakat oder einem Bildschirm) kann als eine semiotische Ressource genutzt werden. Das bedeutet, dass die Platzierung bestimmter thematisch-formaler Bausteine in Texten und Kommunikationsangeboten einen kommunikativen Sinn aufweisen kann. Die optische Erscheinungsform und das Layout werden normalerweise nicht nur für de- korativ-ästhetische Zwecke gebraucht, sondern intentional in einer bestimmten Art und Weise gestaltet. Während der Gebrauch eines gewissen Layouts oft z. B. einer besseren Übersichtlichkeit dient oder dem Rezipienten bei einer leichteren Orientie- rung und „Navigierung“ zwischen den Inhalten in einem Kommunikationsangebot verhilft, werden ungewöhnliche und kreative Layouts normalerweise mit dem Zweck des Andersseins und des Auffallens genutzt. Wenn beispielsweise Stellensuchende sich mit einem in einem ungewöhnlichen Layout gestalteten Curriculum Vitae (vgl. Abb. 7) um eine Stelle bewerben, werden sie aufgrund der Originalität ihrer Bewer- bung dem Arbeitgeber länger in Erinnerung bleiben oder sogar sein Interesse für das Kennenlernen wecken. Aufgrund der rasanten technischen Entwicklung der letzten Jahrzehnte und der damit verbundenen veränderten sozialen und kommunikativen Bedürfnisse kommt Bildern in Kommunikationsangeboten eine zentrale Rolle zu (vgl. Stöckl 2004a: 2). Diese können in multimodalen Angeboten zur Durchführung verschiedener kom- munikativer Handlungen wie etwa Veranschaulichen, Beweisen, Belegen usw. ein- gesetzt werden. Vor allem in Werbetexten und anderen originellen Angeboten, in welchen das Interesse für ihren Inhalt erst geweckt werden muss, wird nicht selten gerade im Bereich des Bildes bzw. der Text-Bild-Beziehungen von der Norm abge- wichen und kreativ gehandelt. Ein typisches Beispiel aus der Text-Bild-Forschung ist René Magrittes Bild einer Pfeife mit dem Text Ceci n‘est pas une pipe (,Dies ist keine Linguistica_2019_FINAL.indd 319 9.10.2019 8:58:59 320 Pfeifeʻ). Hierbei stehen der sprachliche und der bildliche Teil in einer Relation der Kontradiktion; es handelt sich um eine bewusst eingesetzte Abweichung, die der De- monstration von Originalität und Unterhaltsamkeit dient und einen witzigen Effekt zum Ziel hat. Des Weiteren können Bilder in abweichenden Texten zum Verstehen des sprachlichen Teils verhelfen (vgl. Abb. 3), manchmal ergeben sich Sprachspiele sogar erst durch den Zusammenhang von Text und Bild. So entsteht die sprachliche Mehrdeutigkeit in der Werbeschlagzeile Der trinkt nichts, der muss noch fahren (vgl. Abb. 8) aufgrund des Bildes des Autos Mini Cooper – dieses ermöglicht nämlich die zweite, zu entschlüsselnde Bedeutung der Schlagzeile vom niedrigen Benzinver- brauch. Der Leser muss die Pointe der Werbeschlagzeile aus Kombination der beiden bedeutungstragenden Modalitäten erst entschlüsseln, was im optimalen Fall zu einem „Aha!-Effekt“ führt. Hier zeigt sich, dass aufgrund der spielerisch genutzten, durch Bilder bedingten Mehrdeutigkeit solchen Texten auch eine erkenntnisgenerierende Funktion zukommt. 5 5 Mehr zur Funktion des Bildes in mehrdeutigen Werbetexten siehe in Škerlavaj 2014. Abb. 7: Kreatives Layout: Lebenslauf Linguistica_2019_FINAL.indd 320 9.10.2019 8:59:01 321 Abb. 8: Kreativität in Text und Bild: Werbung Darüber hinaus kann das Kreativitätsprinzip im Bereich des Visuellen zum Ausdruck kommen, indem der sprachliche Teil des Textes (z. B. ein Wort oder eine Silbe) durch ein Bild, eine Zahl oder ein anderes nicht-sprachliches Symbol ersetzt wird, wie etwa in 1sam (für einsam), 2felsfrei (für zweifelsfrei), *** himmel (für Sternenhimmel) oder ♥lich (für herzlich; vgl. auch Abb. 10). Solche Kombinationen von sprachlichen und nicht-sprach- lichen Zeichen kommen oft in Texten mit aufmerksamkeitserregender Funktion, vor al- lem aber in medienbedingten Sms- und Chat-Schreiben vor. In letzteren ist der Gebrauch von nicht-sprachlichen Zeichen unter anderem durch den beschränkten Zeichenvorrat, die umständliche Tastatureingabe und den Unterhaltungscharakter motiviert. In Texten und Kommunikationsangeboten kann ferner die Ressource „Typogra- phie“ 6 spielerisch genutzt werden. Mit der Verwendung bestimmter Schriftarten wer- den oft bestimmte Assoziationen und emotionale Werte verbunden (vgl. Stöckl 2004b: 25): Während z. B. handschriftenähnliche Schriften verwendet werden, um Persönlich- keit und Individualität auszudrücken, kann der Gebrauch klassischer Schriftarten mit Serifen beispielsweise an bestimmte Literaturepochen erinnern. Um die Aufmerksam- keit des Lesers zu lenken, warb McDonald‘s für „griechische Wochen“ eine Zeit lang 6 Der hier verwendete Typographie-Begriff bezieht sich auf die Gestaltungsdimensionen wie Schriftart, -größe und -schnitt, aber auch Zeichen- und Wortabstand, Zeilenabstand und Schrift- mischungen. Die von Stöckl (2004b: 12) sogenannte „Makrotypographie“ (Organisation von Text und Textteilen) wurde in diesem Beitrag unter dem Stichwort „Layout“ behandelt. Linguistica_2019_FINAL.indd 321 9.10.2019 8:59:01 322 mit Elementen der griechischen Schrift, die beim Leser bestimmte Assoziationen in Bezug auf Griechenland (und griechisches Essen) auslösten (vgl. Janich 2013: 249). Weitere typographische Mittel, anhand welcher in Texten kreativ gehandelt werden kann, sind intendierte Verwendung von Groß- oder Kleinbuchstaben, graphische Seg- mentierung, Fettdruck usw. So wird in der Ritter Sport-Werbung, die mit einer Homo- phonie für die Schokolade mit Macadamia wirbt (vgl. Abb. 9), das Wort Macadamia nicht nur anders (mit einem „J“) geschrieben, sondern auch graphisch segmentiert. Die beabsichtigte Schreibung mit Bindestrich (Macadami-Ja!) weist also noch zusätzlich auf die Doppeldeutigkeit der Werbung hin; die Schlagzeile kann etwa folgendermaßen paraphrasiert werden: „Sag ,Ja!‘ zu der Schokolade mit Macadamia“. 7 Abb. 9: Kreativität in Typographie: Werbung Schließlich ist Farbe eine Zeichenmodalität, die ein eigenständiges Leistungspo- tenzial hat und in Texten und kommunikativen Angeboten zu ganz unterschiedlichen Zwecken genutzt werden kann: Durch die Kontinuität einer bestimmten Farbe kann z. B. die Kohärenz im Text signalisiert werden (Kress/van Leeuwen 2002, 349), die Farbnavigation kann als Hilfsmittel bei der Orientierung der Rezipienten im virtuellen Raum dienen und nicht zuletzt können durch Farbe bestimmte Textteile oder Elemente in kommunikativen Angeboten visuell hervorgehoben werden. Während die rhetori- sche Frage in der Überschrift Haben Sie das Abo-Gen? im Abo-Heft des Stadttheaters Gießen (vgl. Abb. 6) großgeschrieben und fettgedruckt ist und der witzige Effekt des Appells an potenzielle Theaterbesucher somit typographisch unterstützt wird, wird auf die Homoiophonie der zweiteiligen Überschrift Stadttheater Gießen genießen durch die Verwendung von Farbe hingewiesen. Dabei ist der senkrechte Teil (Stadttheater Gießen) in Hellblau und der waagerechte Teil (genießen) in Dunkelblau gesetzt, was die Aufmerksamkeit des Lesers auf genießen (und somit auf das Sprachspiel) lenkt (vgl. ebd.). Ähnlich wird im Hinweis Sie fahren mit Abstand am besten (vgl. Abb. 4) das Wort Abstand in Rot gesetzt und somit farbig vom Rest des Textes abgehoben, was noch zusätzlich auf die Doppeldeutigkeit des Satzes hindeutet. Aus den oben dargestellten Beispielen geht also hervor, dass die Kommunikations- maxime der Kreativität und Originalität durch die Nutzung verschiedener semiotischer Ressourcen in einem multimodalen Kommunikationsangebot realisiert werden kann. 7 Mehr zum Gebrauch der Typographie in normabweichenden Überschriften siehe in Škerlavaj (2015). Linguistica_2019_FINAL.indd 322 9.10.2019 8:59:01 323 3.3 Der Gebrauch kreativer Strategien im Bereich der Medialität Nach Bucher/Gloning/Lehnen (2010: 19) können Texte und Kommunikationsange- bote durch verschiedene Mediengattungen (z. B. Printmedien, Hörfunk, Fernsehen, Internet usw.) und Medienformate (z. B. Tageszeitung, Heft, Broschüre, Flyer, Pla- kat, Weblog, Chat usw.) vermittelt werden. Dabei können gewisse Medienformate für unterschiedliche Nutzungsweisen funktionalisiert werden – eine solche Funktion ist es unter anderem, die Leser anhand des Unerwarteten zu überraschen und ihre Aufmerksamkeit in der großen Konkurrenz mit anderen Wahrnehmungsangeboten auf das eigene Angebot zu lenken. Dies kann im Bereich der Medialität erfolgen, indem in einem Kommunikationsan- gebot z. B. verschiedene Medien gemischt werden oder indem ein gewisser Text durch ein Medienformat vermittelt wird, auf welchem wir diesen Text normalerweise nicht erwarten. So wünscht das Gießener Restaurant Aspendos seinen Gästen auf einem un- gewöhnlichen Textträger 8 , einer Serviette, einen guten Appetit und heißt sie herzlich willkommen (vgl. Abb. 10). Dabei trägt zu dem Originalitätsprinzip zusätzlich noch das Bild des Herzens bei, das die Silbe herz in herzlich ersetzt. Weitere Beispiele für innovative Nutzung von Medienformaten im Gastronomie-Bereich sind Speisekarten, die etwa auf Schallplatten oder in Formularform (zum Ausfüllen und Ankreuzen) ab- gedruckt sind oder Informationen zu den einzelnen Speisen sogar auf einem Tablet (mit interaktiven Möglichkeiten) liefern. 9 Abb. 10: Kreatives Medienformat: Serviette 8 In diesem Beitrag werden „institutionalisierte Textträger“ (Fix 2008a: 349) und Medienformate (wie etwa Buch, Zeitung, Postkarte etc.) gleichgesetzt und – anders als in Fix 2008a – nicht der Kategorie „Lokalität“, sondern der Kategorie „Medialität“ zugeordnet. 9 Während digitale Speisekarten fraglos zu innovativen Nutzungen von Medien gehören, ist ihre primäre Funktion zugleich auch eine andere – nämlich eine praktische. Linguistica_2019_FINAL.indd 323 9.10.2019 8:59:01 324 Ein weiterer Bereich, in dem aufgrund des ständigen Bestrebens nach Originalität und Auffälligkeit mit ungewöhnlichen Medienformaten „gespielt“ wird, ist der Bereich der Werbung. Während Werbetexte in der Regel in Form von Werbeanzeigen in Zeitungen, Zeitschriften oder im Internet, Werbespots im Fernsehen oder online, Werbeplakaten auf Plakatwänden oder Werbeflyern vorhanden sind, wirbt beispielsweise das Schauspiel Leip - zig für seine Theaterstücke unter anderem auf eine ganz innovative Art und Weise. So wird für viele Vorstellungen auf Postkarten geworben (vgl. Abb. 11), und die Werbung für die Spielzeit 2014/15 mit dem Motto Zeiten des Aufruhrs befand sich sogar auf einer Streich- holzschachtel und erzielte somit einen witzigen bzw. überraschenden Effekt (vgl. Abb. 12). Abb. 11: Kreatives Medienformat: Postkarte Abb. 12: Kreatives Medienformat: Streichholzschachtel Linguistica_2019_FINAL.indd 324 9.10.2019 8:59:01 325 Laut Fix können Texte – wenn sie auf einem ungewöhnlichen Textträger erscheinen oder in einen anderen „Raum“ gestellt werden – sogar ihren Textsortencharakter än- dern. So erhält z. B. eine Packungsbeilage, die in eine Gedichtsammlung, d. h. in einen „Kunstraum“, gestellt wird, den Charakter eines Kunsttextes, nämlich eines (postmo- dernen) Gedichtes (vgl. Fix 2008a: 351). Die oben dargestellten Beispiele zeigen, dass man in Texten und Kommunikationsan- geboten auch im Bereich der Mediennutzung und der Nutzung verschiedener „Räume“ (wie etwa „digital“, „physisch“, „künstlerisch“ usw.) kreativ und originell handeln kann. 3.4 Der Gebrauch kreativer Strategien im Bereich der Lokalität Bei der Beschreibung des Kommunikationsprinzips der Kreativität in Texten und mul- timodalen Angeboten soll die Kategorie „Lokalität“ nicht unberücksichtigt bleiben, denn der Publikationsort der Texte übernimmt nicht selten eine zentrale Rolle bei der Erfassung von Textbedeutung und -funktion. Die Orte, an welchen Kommunikations- angebote wie etwa Werbeplakate, Orts- und Straßenschilder oder Graffiti erscheinen, bestimmen das kommunikative Potential dieser Texte mit und lenken die Rezeption der Vorbeigehenden. Viele Texte und Kommunikationsangebote sind sogar an gewisse Orte gebunden, sie eröffnen ganz bestimmte Handlungsräume und wären an anderen Orten in ihrer spezifischen Funktion nicht verstehbar bzw. würden intendiert eine an- dere – die Aufmerksamkeit und Interesse aktivierende – Funktion erfüllen. Wenn man einen Text „in einer ungewohnten Umgebung vorfindet“ (Fix 2008a: 350), liest man ihn nämlich anders. Im vorliegenden Abschnitt soll somit auf einige Beispiele ein- gegangen werden, in denen im Bereich der Lokalität vom Üblichen abgewichen und kreativ gehandelt wird. Die Kategorie „Lokalität“ ist hier allerdings – anders als bei Fix (2008a) – nicht auf alle „institutionalisierten Textträger“ (wie etwa Packungsbeilage, Buchklappen usw.) zu beziehen, vielmehr ist sie in einem spatialen Sinn zu verstehen. Ortsgebundene Texte erfüllen nach Auer (2010) verschiedene Funktionen wie etwa „einen Ort benennen und charakterisieren“, „Angaben zum Gebrauch eines Ortes ma- chen“, „über einen Ort informieren“, „Wege weisen“ usw. 10 Zu der ersten Möglichkeit des Abweichens im Bereich der Lokalität gehören Beispiele, in denen z. B. Vorbei- gehende einen Buchstaben/eine Silbe/ein Wort im Text ersetzen, auslassen oder hinzu- fügen oder andere abweichende (z. B. typographische) Mittel benutzen und somit – bei unveränderten Textfunktion – die Bedeutung des Textes und zugleich den Namen oder die Funktion des Ortes, an welchem sich der Text befindet, ändern. Solche Umbenen- nungen erfolgen normalerweise nicht durch ursprüngliche Textproduzenten, sondern 10 Solche ortsgebundenen Texte weisen nach Hennig (2010) unter anderem spezifische grammatische Charakteristika (wie etwa das Fehlen verbaler Finitheit) auf, die sich mit dem Vorhandensein des situativen Kontextes, in welchen diese Texte eingebettet sind, erklären lassen. Laut Hennig handelt es sich im Fall solcher Texte also um ein „plurisemiotisches“ Funktionieren von Grammatik. Gram - matische Abweichungen in ortsgebundenen Texten (wie etwa „Den Rasen nicht betreten!“ anstatt „Bitte, betreten Sie nicht den Rasen!“) sind allerdings keine Beispiele der sprachlichen Kreativität, vielmehr gehören solche grammatischen Konstruktionen zu sprachökonomischen Formulierungen, die laut Auer (2010: 288) als „randgrammatisch“ bezeichnet werden können. Linguistica_2019_FINAL.indd 325 9.10.2019 8:59:01 326 durch Vorbeigehende, deswegen befinden sich solche Beispiele, ähnlich wie Graffi - ti, „an der Nahtstelle von Subkultur und Öffentlichkeit“ (Neumann 1991: 16). Solche Betextungen erfüllen jedoch in der Regel keine Protest-Funktion, sondern erzielen z. B. durch die Änderung des Ortsnamen einen lustigen und überraschenden Effekt. So bekommt der Text Notausgang auf dem Hinweisschild in der Abb. 13 durch die Aus- lassung des Buchstaben „t“ eine andere Bedeutung (No Ausgang) und der Ort scheinbar eine vollkommen andere Funktion. Auch hier setzt die Interpretation der zu entschlüs- selnden Bedeutung Englischkenntnisse voraus. 11 Abb. 13: Hinweisschild No Ausgang Die zweite Möglichkeit, wie man im Bereich der Lokalität abweichen kann, ist durch die Stellung eines Textes (z. B. eines Orts- oder Straßenschildes, eines Verkehrszeichens usw.) an einen anderen Ort. Während Schilder mit einem weißen „P“ auf blauer Unterlage normalerweise Parkplätze bezeichnen, sorgt ein solches Schild an einem Getränkestand, mit dem Zusatztext Parken Sie hier Ihren Mann und Sie können ungestört Ihre Einkäufe erledigen (vgl. Abb. 14), für die Unterhaltung der Passanten in einer Einkaufsmeile. Abb. 14: Hinweisschild Parken Sie hier Ihren Mann... 11 Obwohl im Fall solcher Beispiele eigentlich anhand von verschiedenen semiotischen Ressourcen wie etwa Sprache, Typographie usw. vom Üblichen abgewichen wird, werden diese im Kapitel zur Lokalität behandelt, denn das kreative Handeln trägt in diesem Fall zu einem veränderten Verstehen des Ortes bei. Linguistica_2019_FINAL.indd 326 9.10.2019 8:59:02 327 Schließlich kann im Bereich der Lokalität kreativ gehandelt werden, indem ver- schiedene Zimmer oder Orte in einem Haus mit lustigen Schildern und Sprüchen (wie etwa Klingel kaputt! Bitte laut „ding dong“ rufen! Oder: Vorsicht! Meine Eltern woh- nen noch bei mir!) betextet werden. Solche Kommunikationsangebote informieren auf eine kreative und witzige Art und Weise über den Ort oder machen Angaben zu dessen Gebrauch und erregen somit die Aufmerksamkeit der Gäste. 4 SCHLUSSBEMERKUNGEN Zwecks einer besseren Verständigung befolgen Kommunikationsteilnehmer gewisse Kommunikationsprinzipien, die in sozialen Kontexten einen normativen Charakter haben, sie sind kulturgeprägt und nicht selten textsortenspezifisch. So hat in Werbe- und Ankündigungstexten, Buch- und Filmtiteln, Zeitungsschlagzeilen, Glossen, Graffi- ti-Sprüchen und ähnlichen Texten oft das Kommunikationsprinzip der Kreativität/Ori- ginalität und Unterhaltsamkeit Geltung. In solchen Kommunikationsangeboten wird von der Norm abgewichen, um die Aufmerksamkeit der Leser neu zu wecken, sie zu unterhalten, neugierig zu machen und zum Weiterlesen anzuregen. Die Abweichungen in solchen Sachtexten sind allerdings keine Besonderheiten „um ihrer selbst willen oder um der Ästhetik willen“ (Dittgen 1989: 10), wie dies z. B. in der poetischen Sprache der Fall ist, sondern sind vielmehr funktional ausgerichtet. So sollen die Rezipienten anhand von kreativ eingesetzten Elementen in ihrer Entscheidung für den Kauf eines bestimmten Produktes, die Nutzung einer Dienstleistung, den Besuch einer Veranstal- tung oder die Auswahl einer Speise beeinflusst werden oder z. B. auf eine innovative Art und Weise über einen Ort und dessen Gebrauch informiert werden. Diese Funktionen können zum einen anhand innovativer sprachlicher Mittel und Strategien erfüllt werden. Dazu gehören unter anderem zahlreiche Sprachspiele auf phonologischer, lexikalischer, phraseologischer und syntaktischer Ebene, verschiedene rhetorische Figuren und Textmustermischungen. Zum anderen kann man – dies wurde in der Sprachwissenschaft bis dato kaum systematisch untersucht – im Bereich weiterer semiotischer Ressourcen wie etwa des Layouts, Bildes, der Typographie und Farbe, aber auch in den semiotischen Bereichen der Medialität und Lokalität kreativ handeln. Im Beitrag wurde somit gezeigt, dass das kommunikative Prinzip der Originalität und Unterhaltsamkeit auf gesamte multimodale Kommunikationsangebote samt dem Medium, durch welches sie vermittelt werden, und dem Ort, an welchem sie erschei- nen, und nicht nur auf ihre Sprache zu beziehen ist. Literatur Primärliteratur Programmheft des Stadttheaters Gießen (Abb. 6), 2017/18, Stadttheater Gießen GmbH. Postkarte des Schauspiels Leipzig (Abb. 11), 2016/17, Schauspiel Leipzig. Streichholzschachtel für „Zeiten des Aufruhrs“ (Abb. 12), 2014/15, Schauspiel Leipzig. Linguistica_2019_FINAL.indd 327 9.10.2019 8:59:02 328 Sekundärliteratur AUER, Peter (2010) „Sprachliche Landschaften. 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Linguistica_2019_FINAL.indd 329 9.10.2019 8:59:02 330 Zusammenfassung DAS KOMMUNIKATIONSPRINZIP DER ORIGINALITÄT IN TEXTEN UND KOMMUNIKATIONSANGEBOTEN: ZUR NUTZUNG KREATIVER STRA- TEGIEN IM BEREICH VERSCHIEDENER MODALITÄTEN, MEDIALITÄT UND LOKALITÄT Zwecks einer besseren Verständigung befolgen Kommunikationsteilnehmer ge- wisse Kommunikationsprinzipien, die in sozialen Kontexten einen normativen Cha- rakter haben, sie sind kulturgeprägt und textsortenspezifisch. So ist beispielsweise für wissenschaftliche Texte das Kommunikationsprinzip der präzisen Darstellung und für Theater-Spielpläne oder Twitter-Beiträge das Prinzip der Präsentationsökonomie und Komprimierung besonders typisch. In Texten, die aus Gründen der Aufmerksamkeits- gewinnung oft von der Norm abweichen, hat typischerweise das Kommunikations- prinzip der Kreativität und Originalität Geltung. Die Verfasser solcher Texte bedienen sich innovativer sprachlicher und nicht-sprachlicher Mittel, mit denen sie über das Ge- wohnte hinausgehen und oft gegen die „Regeln“ verstoßen. Der Beitrag verfolgt zwei Ziele: Zum einen sollen anhand einer exemplarischen Analyse verschiedener Textbei- spiele einige Möglichkeiten des kreativen Handelns im Bereich der Sprache dargestellt werden. Zum anderen soll im Beitrag erforscht werden, inwiefern, auf welche Art und Weise und zu welchen Zwecken kreative Strategien und innovative Darstellungsele- mente auch im Bereich anderer Modalitäten bzw. semiotischer Ressourcen (wie etwa Layout, Bild, Typographie, Farbe) sowie in den Bereichen der Medialität und Lokalität dieser kommunikativen Angebote genutzt werden können. Schlüsselwörter: Kommunikationsprinzipien, Kreativität und Originalität, Multimo- dalität, Medialität, Lokalität Abstract COMMUNICATION PRINCIPLE OF ORIGINALITY IN TEXTS AND OTHER WRITTEN COMMUNICATION FORMS: THE USE OF CREATIVE STRATEGIES IN THE FIELD OF VARIOUS MODALITIES, MEDIALITY AND LOCALITY In order to optimize communication the agents involved follow certain commu- nication principles which are characteristic of social situations of a normative char- acter and are culturally marked and genre-specific. Thus, authors of academic papers typically follow the communication principle of precise description, whereas in theatre programmes or Twitter posts the principle of language economy is observed. In texts that deviate from the norms in order to attract the reader’s attention, the communication principle of creativity and originality typically applies. The authors of such texts make use of several linguistic and non-linguistic means with which they often go beyond what is typical and break the “conventions”. In this article, some aspects of linguistic Linguistica_2019_FINAL.indd 330 9.10.2019 8:59:02 331 creativity are explored on the basis of textual material. The aim of the article is also to examine whether, in what way and for what purpose creative strategies can be applied in text production using other modalities or semiotic resources (such as mediality and locality of text layout, image, typography and colour) as well as by exploiting the me- diality and locality of texts. Keywords: communication principles, creativity and originality, multimodality, me- diality, locality Povzetek KOMUNIKACIJSKO NAČELO IZVIRNOSTI V BESEDILIH IN OSTALIH PISNIH KOMUNIKACIJSKIH OBLIKAH: RABA KREATIVNIH STRATEGIJ NA PODROČJU RAZLIČNIH MODALITET, MEDIALNOSTI IN LOKALNOSTI. Zaradi boljšega sporazumevanja se udeleženci v komunikaciji držijo določenih ko- munikacijskih načel, ki imajo v socialnih kontekstih normativni značaj, so kulturno zaznamovana in značilna za določene besedilne vrste. Tako je npr. za znanstvena be- sedila značilno komunikacijsko načelo natančnega prikazovanja, za gledališki program ali prispevke na Twitterju pa načelo gospodarnosti posredovanja informacij. V besedi- lih, ki zaradi vzbujanja pozornosti pogosto odstopajo od norm, se uveljavlja komunika- cijsko načelo kreativnosti in originalnosti. Pisci takšnih besedil se poslužujejo različnih jezikovnih in nejezikovnih sredstev, s katerimi presegajo meje običajnega in pogosto kršijo „pravila“. Cilj prispevka je na podlagi analize različnih primerov besedil prika- zati nekatere možnosti kreativnega ravnanja na področju jezika. Hkrati se prispevek posveča vprašanju, na kakšen način in s kakšnim namenom pisci besedil uporabljajo kreativne strategije in inovativne elemente tudi na področju drugih modalitet oz. semi- otičnih virov (kot so npr. layout, slika, tipografija, barva) ter na področjih medialnosti in lokalnosti besedil. Ključne besede: komunikacijska načela, kreativnost in originalnost, multimodalnost, medialnost, lokalnost Linguistica_2019_FINAL.indd 331 9.10.2019 8:59:02