Die Freunde. Ein Origmal Schauspiel in vier Aufzügen von F, W. Ziegler, Leipzig, bei Voß und Comp. 7 9 Personen. Graf Torstenson vonOrtala, Gene^ ral der Schweden. Adolph von T o r st e n so n, Schwedischer Obrister. E richvon G u t l e ben, Schwedischer Haupte mann. Mariane, seine Fran. Frau Markalt, ihre Mutter. Spor, ein alter Schwedischer Soldat. Die Handlung geht im Vorzimmer vor, dauert die Lange eines Tages, und fallt in die Zeiten des westphälischen Friedens. Kleidung, General Torstens»». Gelbe Beine kleider und Kolket von Leder, Oberrock von Pure sMrrolhem Sammet, mit goldenen Borden und Franzen. Kahlen Kopf mit wenig grauen runden Haaren, ganz weißen Kncbelbart, kiez fe Narbe über die Stirne, schwarz sammetne Mütze unter dem Hut mit Federn. Pelzstiefel. Seraphinen Orden. Der Sabel hangt am Ban/ delier von rothcm Leder. Scherpe weiß und purpurrolh gethcilt. Im Anfang hat er einen großen grünen Mantel mit silbernen Bördelt um. Adolph, O Srist. Gelbe Beinkleider und Kollct von Leder, kurze Stiefel, Sporen» Oöerrock von dunkelblauem Tuch mit silbernen Borden, blau und weiß getheilte Scherpe. Kurze blonde Haare, kleinen Knebelbart, Sä/ bei an schwarz ledernem Bandelier, Erich Erich, Hauptmann. Gelbe Beinklei¬ der und Kostet von Leder. Obcrrock von licht¬ blauem Tuch-, göld'cnen Börden. Weiß und lichtblaue Schcrpc, kurze blonde Haare, stär¬ keren Knebelbart. Die Scherpe weiß und lichtblau aetheilt. Spor. Wie der - Hauptmann nur von schlechterem Stof, und abgetragen. Mutrer. Grünes, zeugeues Kleid mit silbernen Spitzen , nach der Zeichnung. Mariane. Wie die Mutter, nur ist dir Farbe ihres Kleides jugendlicher. Sie trägt noch Korallen von Bernstein um die Hande und einen Bund Schlüssel an der Seite. Ecstcr Erster Aufzug. Erster Auftritt. ^in großes gelbliches Zimmer; in der Tiefe hängen zwei Eemahl- de, welche den vonGustav Adolph erfochtenen Sieg bei Leipzig, und seinen Angrif auf das Wal- lensteinische Lager bei Nürnberg verstellen; zwischen beiden hangt das Bildniß des Martin Luther« Ganz links in der Tiefe ist ein Fenster mit runden Scheiben, durch welches man sehr beschrankt eine gebürgige Gegend, und ein A Land- Landsiadchen sieht. Rechts in dcr Tiefe ist eine Glast hü re, wo man in den Garten sicht. Auf den Seitenflügeln hangt Gustav Adolphs und Herzogs Bernhard von Weimar Vildniß. Rechts an den Seitenflügeln ist eine Thü- re, die ins Haus, links eine, die in das Innere des Hanfes führt. Die Tische sind mit vielfarbigen Ivo llen en Teppichen behangen, das Ganze zeigt Wohlstand und Rein¬ lichkeit. Erich. Spor. Spor. (geht mürrisch mit einer Flinte gegen die Lhüre.) Erich. Du weichst mir aus. Wohin Spor? Spor. Meine Galle auslassen. Erich. An wem? Spor, (indem er geht.) An einem Hasen. Erich. Bleib. Spsr. Spor, (bleibt unwillig stehen.) Erich. Du bleibst nicht gerne? Spor. Nein. Ich bleibe, weil ich muß. Erich. D» bist wunderlich. Spor. Sie mehr als wunderlich. Erich. Was hab' ich dir gethan ? Spor, (brummend.) Gestern war mein Geburtstag. Der kommt nur einmal des Jahrs. Erich. Da hast du recht; denn man wird nur einmal gebohrcn. Spor. Jeder Mensch fcyert so einen Tag. Ich bin sechzig Jahr alt. Feyerre ihn gewiß zum letzten Mahle. — Es rhut weh. — Las¬ sen Sie mich einen Hasen schießen. Erich. Du bist böse auf mich? Rede erst, dann geh. Spor. Nein, lassen Sie mich erst überden Hasen, dann legt sich meine Galle, (geht.) Erich. Spor, du bist alt, hast schwere Blessuren, geh nicht unversöhnt von deinem Freund! Spor. Ja! Hernach kommen Sie einem so — aber dießmal werd' ich nicht weich; denn waS Sl 2 zu 4 zu hakt ist, das ist zu hart. Sie habe» viel für mich gcthan, ich verdiene cS freilich nicht. Erich. Kann ich für dich zu viel thun? Hast du mir nicht in der Bataille bei Leipzig das Leben gerettet? Spor, Das war nicht ich, das war ein anderer. Erich. Hieb dich der feindliche Reuter, von dem du mich befreytest, nicht in den Kopf? Spor. Dafür schoß ich ihn vom Gaul. Erich. Trugst du mich nicht ganz ohn¬ mächtig aus der Schlacht? Spor. Daß Sie sich das nicht wollen aus- reden — - Erich. Fand ich dich nicht den andern Tag neben mir im Lazarcth tödlich an der Wunde krank, die du, um mir das Leben zu retten, erhieltest? — Ich gcnaß bald, und besuchte dich nachher täglich. Spor. Und nannten mich Kamerad, und wie ich immer schlechter wurde, und der Wundarzt Ihnen sagte: — Er muß sterben, da dreheten Sie sich um und weinten. Die¬ se 5 se Thranen werd' ich nie vergessen; es wa¬ ren schöne, große Thränen. Erich. Nun also, Kamerad, was hab'ich dir gestern gerhan? Spor, (brummend.) Mich so zu behan¬ deln. Erich. Ich will dir cs abbitten. Nun, Alter, rede! Spor. Cs hat mir sehr weh gethan. — Ein betrunkener Mensch ist doch sonst weiter nichts, als — ein betrunkener Mensch. Erich. Es war dir gestern nicht wohl. Spor. Nicht wohl! Da steckt wieder was dahinter. Erich. Nein, gewiß nicht. . Spor. Ich war betrunken, aber nicht so arg — und Sie thaten mir den Schimpf und die Schande an, zogen mich aus, und legten mich ins Bett, und das vor den Hansleuten. Soll das einen alten Soldaten nicht kranken? Waren Sie diese Nacht nicht zweimal in meiner Kammer, um zu sehen, ob der alte lie¬ derliche Kerl nicht krank geworden sey? — Soll mich das nicht schmerzen? Kann ich denn A z da- 6 dafür, daß mein Kopf von vielen Blessuren schwach ist? Hab' ich in meinem Dienste was versäumt? Hab' ich nicht den großen Haus¬ hund geprügelt, weil er nach der Frau Haupt- mamiin geschnappt hat? Erich. Alles! Du hast deine Dienste pünkt¬ lich versehen. Spsr. Nun also! So mußten Sie mich nicht vor den Hausleuten so beschimpfen. Die Leute haben so keinen Respekt vor mir, und wenn ich sie in Reih und Glied erhalten will, so lachen sie den alten Invaliden auö. Und gar das Frauenvolk, daS gehorcht gar nicht, wenn man nicht seine graden Glieder hat, und sie in der Zucht erhalten kann. War es also recht, mich zu prostituiren? Erich. Nein, Freund! Ich sehe es ein, ich habe gefehlt, sehr gefehlt, und ich werde es wieder gut machen. Aber, Spor, jetzt ver- gieb deinem Freund, und geh nicht auf die Jagd. Spor. (schjeßt die Flinte an der Thüre gegen den Garten los, kehrt zurück, drückt Trich die Hand.) Herr Hauptmann! Ich bleibe zu Hause, (geht.) Erich. Erich. Wir sind also versöhnt? Spor. Ganz. Reden Sie nicht mehr da¬ von. Erich. Gut! Hast dn die Sachen aus der Stadt geholt? Spor. Die neue Kinderwäsche? Freilich. Eine große Schachtel voll. Soll ich sie der Fran Hauptmannin geben? Erich. Ich schrieb mit verstellter Hand die Adresse an sie darauf. Wenn ich mit mei¬ ner Fran und ihrer Mutter bei dem Früh¬ mahl bin, so bringst du die Schachtel, und sagst zu meiner Frau, ein Fremder, ein Of¬ fizier, der hier dnrchgereist sey — habe die Schachtel an sie abgegeben. Spor. Das ist ja nicht wahr? Erich. Es ist ein Scherz, der Niemand schadet. Spor. Scherz! Nun gut. Aber das sag' ich Ihnen, wenn mich die Frauen einen Lüg¬ ner nennen, so werd' ich toll. Erich. Und schießest wieder einen Hasen. Spor. Sehen Sie! Da fangen Sie nun schon wieder an. A 4 Erich. 8 Erich. Sey nur ruhig, und thue, was ich dir befehle. Spor. Das will ich, aber kein Wort mehr vom Hasen. Erich. Nein, nein l Spor. Und mich nicht mehr ausziehen, wenn — Erich. Geh nur. Spor. Und von der Bataille bei Leipzig kein Wort mehr. Erich. Du hast mir doch daö Leben ge¬ rettet. Spor. Das war nicht ich, das war ein anderer. Erich. Sag mir doch, warum laugnest du das? Spor. Weil es sich nicht schickt, daß der Hauptmann dem Gemeinen was schuldig ist/ und es prostituirt Sie vor den Hausleuten. —- Erich. Daß ich in Lebensgefahr war? Spor. Daß ich Sie rettete. Es schickt sich nicht, daß Sie mir was schuldig sind. Alles, was Sie an mir thun, das müssen die Hausleute für Wohlthat halten; dafür erken¬ ne y ne ich es auch, und dafür danke ich. Ich will Ihnen Dank schuldig seyn. Sie nicht mir. (nb.) Erich. Braver, lieber Alter! Seynoch so wunderlich, ich habe mehr Geduld, als du Launen, Zweiter Auftritt. Erich. Mariane. Mar. Lieber Erich! Ich hörte einen Schuß fallen — Erich. Spor wollte auf die Jagd; da ich ihm aber nöthigere Arbeit gab, so schoß er aus Vorsicht das Gewehr aus. Mar. Der alte Haudegen muß immer schie¬ ßen oder trinken. Erich. Seinen gestrigen Rausch mußt Du ihm verzeihen; es war sein Geburtstag, und er hat im Dienste des Königs mehr Wunden bekommen, als der König Schlachten lieferte — Sein Kopf ist schwach. Mar. Er rettete Dir das Leben. Was kann er thnn, das ich ihm nicht verzeihe? Dn A 5 solltest IS Mest ihm gar keine Beschäftigung geben; er soll essen, trinken und schlafen. Erich. Da fände er sich beleidigt, Er hat die Oberaufsicht über die Diensileute; diese ihm nehmen, heißt ihn beleidigen. Aber Du bist doch nicht erschrocken? Schrecke» könnte Dir jetzt sehr schädlich seyn. Mar. O, schweig doch! Jetzt soll mir auch alles schaden. Erich. Ja, mein Kind! Du mußt sehr vor¬ sichtig seyn! (freundschaftlich.) Willst Du? lrNar. (zärtlich.) Ob ich will? Habe ich denn einen andern Willen, als den Deinigen? Aber Du mußt mir auch eure Bitte gewähren. Erich. Gerne! Sehr gerne. Was willst Du, »nein Kind? Mar. Sag meiner Mutter noch nichts, (verschämt.) Verstehst du mich? Erich. Aber, liebes Kind, warum willst Du deiner Mutter verschweigen, was ihr so viele Freude, und Dich in ihren Augen ehrwürdig machen muß? Mar. Ein junges Weib will aber nicht ehr- tvürdig seyn. Ich gar, ich bin zufrieden, wenn ir wenn du mich liebenswürdig findest. Erich? Du hast mir dein Wort schon gegeben — Erich. Und werde es halten; ich sage ihr nichts. Dritter Austritt. Vorige, Mutter, Spor, ein Hauß- diener. (Tragen eine» Tisch, worauf eine Schaale mit einer Biersuppe steht; sie setzen solche hin/ »nd gehen.) Mut. Guten Morgen, meine Kinder! Erich, (ihr entgegen.) Wie haben Sie ge¬ schlafen? Mar. (Mt sie.) Guten Morgen, liebe Mutter! Mut. Kommt zum Frühmahl! Mar. Und Sie haben mir meine Arbeit genommen, und sich schon wieder geplagt. Mm. Kann man die Freude, für seine Kin¬ der zu sorgen, eine Plage nennen? Nun, setzt euch, Kinder! (Sie rÄ (Sie setzen sich indessen; Mariane legt aber bald den Löffel hin.) Mut. (bemerkt es.) Nun Du ißt ja nicht; Du bist krank. Mar. Gesund, vollkommen gesund. Mir fehlt gar nichts! Erich. Ja, ja! Sie macht es, wie mein verstorbener Freund! Mar. Adolph? Erich. Der war blcßirt und wußte es nicht; als man es ihm sagte, wurde er noch böße. Der edle Mann! Ach! wenn der noch lebte, dann wäre dieses Dorf mir ein Paradieß. Mar. An diesem Wunsche sehe ich, daß Dir noch was fehlt. Erich. Ja! Ein Freund — mein Adolph! Das kann Dich nicht kranken. Mar. Auch nicht frenen; denn Du sagst es zu oft, daß er Dir fehlt. Mut. Wenn Adolph lebte, hatte Dein Mann nichts mehr zu wünschen. Wer nach Jahren noch immer um den verlvhrnen Freund trauert, der ist ein edler Mann, und wohl dem Weibe, die einen solchen Mann besitzt. Mar. .M Mar. Ich scherze auch. Mut. Du verirrst Dich, um eine Schwach; heit zu verbergen. — Bey Empfindungen kann meine Tochter nicht scherzen. Erich. Das thut meine Mariane auch nicht — Adolph war als Knabe, wie Sie mir sagen, ja ihr Spielgenosse; Sie würde sich so sehr freuen, als ich, wenn Adolph leb¬ te und zurück käme. Mar. (für sich) O Gott! Erich. Daß ich Mariane mein nenne, —- Alles danke ich ihm. Nie werd' ich den Tag vergessen, an dem ich ihn und die Armee ver¬ ließ — Schwer verwundet, unfähig, zu die¬ nen , verlassen selbst von meinen Blutsver¬ wandten, drang er mir ein Vermögen von 40, ovo Rthlr. auf. Ich konnte dem Freunde das himmlische Vergnügen, mir zu helfen, mick- glücklich gemacht zu haben, nicht rauben. Ich nahm es an, denn ich sah, es machte ihn glücklich. Mut. So,glaube ich, handeln wahreFrcunde- Erich. r» Erich- Er ist dahin, und nur die Liebe, nur Mariane kann mir seinen Verlust er¬ setzen — Mar, (jst bei diesem Gespräche sehr bewegt.) Mut, Ich glaube, nur wenige sind einer solchen Freundschaft fähig, und wer sie fühlt -- Erich. Kann nie unglücklich seyn. Leide ich, so tröstet mich der Freund, und ich leide weniger; trist ihn ein seltnes Glück, so genie¬ ße ich cs mit. Bei allen Fallen des Lebens ist für den Gewinn, der einen Freund, wie Adolph, har. Mur. Er war in seinem Knabenalter fast täglich mir seinem Lehrer bey uns. Maria¬ ne war seine treue Gespielin. Sein Vater rief ihn schon in früher Jugend zu der Armee — Wie alt warst Du damals? Mar. Dreizehn Jahre, liebe Mutter. Mut. Bei Lützen blieb er? Erich. Wo der gekrönte Mensch, der edle Gusraph Adolph, für Deutschlands Frey- heit fiel. An diesen. Tage verlohr die Welt den größte» König, ich auch noch den besten Freund. Mar. i5 Mar. (mit scheuem Trne.) Sprach er nie von uns? Erich. Nein! Wie hätte er es sollen, ich kannte Sie ja da noch nicht. Mar- Er hatte hier doch viele Bekannte. Erich. Er sprach von keinem. Mar. War er, wie Du, damals auch ein Weiberfeind? Hatte er keine Geliebte? Erich. Er sprach einigemal von einem Mäd¬ chen, das er zu lieben schien. Ich ftug nie nach dem Nahmen, denn ich fürchtete, die Liebe könnte mir den Freund einst rauben. Ja, ich gestehe es — (lächelnd ) nie sah ich cs gerne, wenn er mit einem Weibe sprach. Stets wurde ich unruhig und betrübt. Das sah er bald, und die Besorgniß, mich zu kran¬ ken, hieß ihn schweigen. Mein Wunsch war, mit ihm als Freund zu leben und zu sterben; die Liebe kannte ich damals noch nicht — Er ist dahin — Mut. Wer weiß, mein Sohn. Er kann ja auch gefangen seyn. Erich. i6 Erich. Sein Stand, sein Nähme, wie könnte es verschwiegen bleiben? Es sind ja schon drey Jahre. Und sein Vater — Mut. Auch der weiß nichts? Erich. Vor zwei Jahren sprach ich ihn. Meine erste Frage war nach seinem Sohne? Mut. Und seine Antwort? Erich. Waren Thrancn. Als ich weiter reden wollte, gerieth er in eine solche Wuth, Laß er mir drohte. Er liebte ihn unanssprech- lich, und ich wollte seinen Schmerz nicht we¬ cken. Mut. Und doch kann Adolph noch leben. Mir ist's, als wäre er nicht rod >— als kä¬ me er einst wieder. Vierter Auftritt. Vorige. Spor. Spor. Herr Hauptmann! Der Dorfrichter laßt Sie freundlich grüßen. Er selbst kann nicht gleich kommen, weil sich sein Pferd verfangen hat. Wenn sein Noß besser ich so will er selbst kommen, um den Handel wegen des Waldes zu schlies- schliessen. Dlesen Brief bringt er Ihnen aus der Stadt mit. (ab.) Erich. Gieb! (erbricht den Brief.) Von wem? Ach, lebt der noch? (ließt) Der arme Mann! Ihm soll geholfen werden. Mar. Von wem ist dieser Brief? Erich. Von einem alten Kriegskameraden, (liestund lächelt) Dem folgt seine Laune ins Grab, (stutzt.) Was? Hört doch! (liest.) „Man will mit des Teufels Gewalt haben, der junge Adolph Torsiensohn sey von den Toden wieder anferstandcn. Er soll nicht getödtet, son¬ dern schwer verwundet in kaiserliche Gefan¬ genschaft gcrathen scyn. Aber wer wird ein Mahrchen glauben!,, — Mar. (äusserst unruhig.) Mut. Lieber Sohn! Wenn er doch noch lebte. Erich. Ach, Mariane, wenn erlebte« (fallend.) Doch wer wird ein Mahrchen glau¬ ben. Er ist tod, denn jede Nachforschung bei Freunden und Feinden war vergeblich. Mut. Wenn er aber doch lebte, und so Mvcrmuthet auf einmal vor uns stünde. Mar- (steht sehr unruhig auf.) B Fünf- rZ Fünfter Auftritt. Vorige. Spor. Spor, (hat cine große Schachtel, die er hin- stellt.) Frau Hauptmanni» ! Ich — Ein Fremder ist hier durchgegangen gcritterf — nein, ich glaube gefahren. Ja, richtig, gefah¬ ren — der hat die Schachtel an Sie abge¬ geben. Mar. ( stutzt.) Ein Fremder? Wie sah er ans? Spor. Wie — wie ein Hauptmann. Mar. Jung? Alt? Spor. Nicht alt. Blonde Haare, groß. Mar. (ängstlich.) Groß! An mich2 Spor. An die ehemalige Jungfer Markalt, jetzige Hauptmannin von Gutleben. Mar. Was soll das? Was wollt' er da¬ mit? Spor. Das weiß ich nicht, aber der Herr schien es gut zu meinen. Mar. Weiß er seinen Nahmen nicht? Spor. O ja! Er heißt — ich glaube -- er -9 ei- sagte — Nein! (ärgerlich.) Er kennt Sie schon lange, sagte er. Mar. Schon lange! (ßfnct die Schachtet und lchrept.) Erich. Was ist Dir? kindisch! Mut. Was ist das? (eilt zu der Schachtel.) Kinderwäsche. Non wem glaubst du, daß es seyn könnte? — (betrachtet sie.) Mar. Ich weiß cs nicht. Erich. Es ist ein Scherz! Du hattest mir verkochen, cs Deiner Mutter zu sagen, daß sie Enkel sehen wird. . Mut, Wie Mariane? Meine Mariane! Spor. Diel Lärm um was alltägliches. (Ab.) Erich. Nun, liebes Kind! Mar. ( gefaßter.) Du hast nicht Wort ge¬ halten — Mut. Dafür danke ich ihm! Du böses, kiebes Kind! Mir die Freude zu mißgönnen — mir, die ich so arm an Freuden bin. Du bist erschrocken. Wart', ich will dir nieder- schlagendes Pulver hohlen. Mar, Ist nicht nöthig, liebe Mutter! B s Mut. 20 Mut. Ja! ja! liebes Kind, das versteh' ich bester, (eilt ab.) Mar. Die Mutter sorgt sich umsonst — ich bin nicht erschrocken! (den Blick von ihm wendend.) Wovor sollte ich erschrecken? Erich. Vor jede Kleinigkeit. Mar. (sieht ihn lächelnd an.) Dir ist wohl jetzt ganz leicht, daß Du das Geheimnist vom Herzen hast? Erich. Vergieb, mein Kind! Mar. Ja! ja! Ein Mann und schweigen — Nur Weiber sind verschwiegen. Erich. Das glaube ich gerne. Doch mir würde meine Mariane nichts verschweigen? Mar. Ja? Doch Erich! Erich. Nein, nein! Das glaube ich nicht. Liebe und Freundschaft dulden kein Geheim? nist. Mar. (räumt den Tisch zusammen, doch je. neu, worauf die Schachtel steht, nicht.) Ich glaus be es wohl, (sie will den Tisch wegtragen.) Erich. Pünktliche Mittheilung der Ge¬ danken und, Ideen, anzuzeigen jeden Schritt Sech- 2t Sechster Auftritt. Mutter. Mariane. Erich» Mm. (miteinem Glas, besorgt.) Kind, Ms hebst Du da? Willst Du den Tisch gleich ste¬ hen lassen. (schiebt fl- aus den großen Stuhl.) Da trink! Noch ein wenig- So! Mar. Ich danke, liebe Mutter, aber es war unnöthig. Mm. Das weiß ich besser, (tiefsinnig.') Ach! Wie sich doch die Menschen andern. Vor ein und zwanzig Jahren war ich in Deiner Lage, Dir an Geist und Körper gleich. Ich finde von jener Zeit an mir auch keine Spur, doch ich sehe mich ganz in meinem Kinde wie¬ der; in Dir lebe ich wieder auf. Bleib sitzen, (betrachtet sie mit mütterlichem Wohlgefallen.) Du nimmst Dich jetzt recht ehrwürdig in dem Grosvater Stuhl aus. Erich, (ihr streichelnd) Freilich, so ehrwür¬ dig, so betagt, wie Jemand, der sich für eine Schachtel voll Wasche fürchter. Schäme dicht Eine Soldaten Frau und Schrecken. B I- Sie' 22 Siebenter Auftritt. Vorige. Spor. Gpsr. Der Dorfschulz ist da wegen des Waldes, den Sie kaufen wollen. (Spor trägt den Tisch liiit dem'Aeschirre weg:) Erich. Gut! Ich komme gleich. Lebewohl, du kleine, scheue Taube. Mut. Wollen Sie den Wald doch kaufen? Erich. Er ist schdn so gut als gekauft, (küßt sie.) Adieu Mariane! Adieu, liebe Mutter, (ab.) Mur. Sag mir doch, mein Kind! Was setzte Dich so in Schrecken? Mar. Nichts — wenn — Mut. Spors Beschreibung des Ueberhrin- gcrs spannte Deine Aufmerksamkeit. — Mar. Nein. — Ich glaube. Sie irren sich. Atein Mann — Mut. Bemerkte es nicht; denn er ist ein Manu, sieht ans Kleinigkeiten nicht, Vie mir wichtig scheinen. Mariane, es gieug was in Deiner Seele vor — ich kann es nicht be- schrei- 2Z schreiben, nicht erklären'— aber es wär et-' was — Mar. Sie sind zu besorgt Mut. Dieser Vorwurf zeigt,, daß ich als Mutter meine Pflicht erfülle, ( setzt sich zu ihr' mit schmeichelndem Tvne.) Und nicht wahr, Mariane, ich war Dir immer eine gute Mutter? Mar. Gewiß die beste. Mut. Ich habe Dich nie hart, nie strenge behandelt, stets gedeihen, wo ich befehlen konnte; d'cnn ich wollre Dei« Vertrauen nicht, verlieren. Mar. Mein Herz erkennt Ihre Güte, ' Mut. Deine Vergehungen , selbst Deine Fehler verbarg ich Jedermann, und nie hab' ich Dich beschämt, 'oder Dein Vertrauen mi߬ braucht. Mar. (mit steigender Aufmerksamkeit.)Das hatte eine Mutter, wie Sie, nie thun können. Mut. Also bin ich so glücklich, noch Dem ganzes Vertrauen zu besitzen? Mar. (schüchtern.) Ja. V 4 24 Mur. Ja? (gekränkt.) Ja, meine Toch¬ ter? Wohl dem, der Freude an seinen Kin¬ dern erlebt; er hat den Himmel Hier auf Er¬ den. — Ja, meine Tochter? Mar. (ganz weg.) Ja. Mut. (nach einer Panse.) Ich erlebe keine. — (Pause.) Zwar gehörst Du jetzt ganz Dei¬ nem Manne an — er ist Dir mehr als ich, ihn liebst Du mehr, als mich; Du kannst mich verlassen, und mit ihm ziehen; ich würde frei¬ lich weinen, aber doch laut rufen: Ich habe eine brave Tochter, sie hangt dem Manne an, und erfüllt ihre Pflicht. Aber ich würde ver¬ zweifeln, könntest Du Dich ohne ThrÄren auS meinen Armen reißen. Mariane, Du bist Weib; Du kannst ohne mich leben, aber ich bin bald fünfzig Jahre alt — ich kann nicht ohne Dich leben. Ich habe zwanzig Jahre ge¬ litten; sieh, meine Haare werden grau! Ma¬ riane! Laß mich mit Freuden sterben, da ich in Jammer und Elend lebte» Tochter! GieS der Mutter Dein Vertrauen. Mar- ( jn beständiger heftiger Bewegung. ) Ich - Mut. 25 Mut. ..Freundin ! Gieb der Freundin Dein Vertrauen! Nicht die Schachtel, der Frem¬ de, der Fremde, der sie nach Deiner Mei¬ nung brachte, machte, daß Du bebtest. Ma¬ riane! In Dir schlummert ein Vergehen. Wenn ich irre, so eile in die Arme Deiner angstvollen Mutter. Sieh, ich breite sie nach meiner schuldlosen Tochter 'aus. . Mar. (stürzt zu ihren Füssen.) Mutter! Mut. (springt auf, mit Entsetzen.) Zu mei¬ nen Füssen! Wehe mir ! Mein Kind drückt ein Verbrechen. Mar. (mit festem Tone und zuversichtlichem Blicke.) Nein, Mutter! kein Verbrechen. Mut. ( plötzliche Aenderung im Ton und Miene.) Kein Verbrechen! Mariane, sag' es noch ein¬ mal mit diesem Tone, mit diesem Blicke. Kein Verbrechen? Mar. Beim Himmel! Mutter, kein Ver¬ brechen. Mut. So komm' in meine Arme! Mar. (springt auf und eilt in ihre Arme.) Mutter! B Z Mut. 26' Mm. Manam! (Pause.) Vergieb , Mein Kind, ich habe Dich gekrankt! Verzeih 5 Mar. Nicht ich — Sie haben zu verzei¬ hen. MM. (stutzt.) Wie! doch?' Mar. Der Fremde — MM. Wer ist der Fremde, den Du zu scheuen, zu fürchten hast? Mar. Verzeihung, Mutter! Es ist — Adolph! Mm. Der Freund Deines Mannes? Mar. Ja. Dhn! Werden Sie mir ver¬ zeihen? . Mut. Hat er Dich geliebt? Mar. Ja. Mm. Und Du ihn? - Mar. Ich hab' es geglaubt. Mut- Hast Du es ihm auch gesagt? Mar. Ja. Mm. Unglückliche! Was hast Du gethan? Mar. Gefehlt, so sehr ein Mädchen feh¬ len kann, die eine gute Mutter hat — doch Adolph ist ja tod. Mut. -7. Mut- Er. erlebte Deinen Undank nicht? Wohl, ihmk.. Mar. Vergebung dem Weibe für das Ver¬ gehen ihrer Kinderjahre. Mut. Erst laß hören, wie Du strafbar bist, und ob ich Dir meine Achtung, nicht entziehen muß. ' " Mar. Rem, Mutter! Der bi» ich noch im¬ mer würdig.. Adolph war taglichbei uns. Sie Misten selbst,, mit welcher Eintracht und kindi¬ schen Zärtlichkeit wir spielten, und oft bedau¬ erte er, daß ich nicht seine Schwester sey. Diesem Uebel ist leicht abzuhelfen, sagt ich ihm einst, als er mit Lebensgefahr mir men; kleines Hündchen aus dem Wasser höhlte, das ich für verlohrcn hielt. Adolph- sagte ich, ich hin nun deine Schwester- und du mein Bru¬ der. Unbeschreiblich war seine Freude; doch beschlossen, wir, cs Ihnen und seinem Lehrer nicht zu sagen; warum ? kann ich mir kaum jetzt erklären. Er mußte bald darauf mit seinem Lehrer nach Stockholm. Als Kind verließ er mich mit Thranen, als Jüngling kehrte er frölicher Zurück. Zcperlich sprach er nun von Liebe, 28 Liebe, und ich hörte ihn gerne au, und schwur ihm ewige Treue. Aber, liebe Mutter, nun weiß ich erst, was Liebe ist; ich liebte ihn nicht. — Es war ein eigenes, ein kindisches Ge¬ fühl, aber es war nicht Liebe. Mut. Weiter, Mariane! Mar. Sein Vater rief ihn bald darauf «ach Deutschland zu der Armee, und er bat mich, ihm zu schreiben. Er war heftig be¬ trübt , ja der Verzweiflung nahe. Ich fühl¬ te nicht , was er empfand , denn ich konnte ihn trösten, und litt nichts. Das erste Jahr erhielt ich siebe« Briefe, das zweite Jahr nur einen, und dann seit drei Jahren keinen mehr. Mut. Hast Du diese Briefe beantwortet? Mar. Die meisten , weil sie mir so zärtlich schienen, und ich Mitleid mit ihm hatte. Mut. Wie und durch welche Mittel er¬ hieltest Du die Briefe? Mar. Durch die Frau seines Lehrers. Mut. So lohnte die Frau mir meine Lie¬ be; doch sie war ja nicht mein Kind! (Pause.) Wenn Adolph noch lebte. O Gott! Mar- 29 Mar. Er schrieb mir ja seit drei Jahren nicht. Nm. Ans Deutschland Briefe zu erhal¬ ten, ist das in diesen Zeiten so leicht, wo al¬ les in Waffen ist? Und ist die Fran nicht seit drei Jahren rod? Wie konnte sie Dir Briefe bringen? Mar. Aber mein Mann. — Mut. Halt ihn für tod? Unbesonnene! Bei ihm sieht Traurigkeit ihn tod- — Du hofft, Du glaubst es, weil — O! ich zime für Deinen Mann. — Mar. (furchtsam.) Soll ich ihm mein Ver- hältniß mit Adolph jetzt entdecken? Mut. Spates, abgedrungencs Vertrauen ist kein Vertrauen. Erspare ihm ein Gefühl, LaS dem Gatten, wie der Mutter gleich schmerzlich ist. Wenn Du erlaubst, daß ich Dir noch rächen darf — Nur. (gedrückt.) Mutter! Nm. So rache ich Dir, eS ihm nie zu sa¬ gen. Er würde es sich auch nicht verzeihen, den toden Freund beraubt zu haben. Er wür- Zo würde Dich weniger lieben, da Da seinen Freund vergessen konntest. Mar. Ich liebte ihn, ehe ich cs wußte, er sey Adolphs Freund. Mur. Und wenn dann noch die Möglich¬ keit in ihm erwachte, daß Adolph leben könn¬ te — wenn der Brief — Sag' cS ihm nie. Mar. Wie Sie befehlen, 'liebe Mutter. < Pause.) Mur. Was will dieser Blick? Mar. Fragen, ob Sie mir verzeihen? Mut. (mit runerdrückter Kränkung.) Ich bin Mutter. Mar. Nicht Mangel an Vertrauen hieß mich schweigen. Mur. Ich will es glauben. Mar. Und verzeihen? Mut, (wendet sich so» ihr.) Ich bin Mut¬ ter ! Mar. Nein, liebe Mutter! So laß ich Sie nicht. Habe ich Sie so sehr beleidigt, daß Sie mir nicht verzeihen können? Mut. Dl« wirst Mutter werden. Wenn Du.Dich einst mit Deinem Kinde in meiner Lage Zi Lage findest, dann wirst Du fühlen, was ich jetzt leide, da ich sehe, daß ich für alle meine Plagen, für. alle meine . Sorge, für meine ganze Liebe mir nicht einmal Dein Ver¬ trauen erwerben konnte. Wie manche Nacht brachte ich an Deinem Krankenlager zu. Ich schlief nicht; denn ich sah Dich leiden. Bei jedem schnelleren Schlag Deiner Pulse erstarr¬ ten die meinen; bei jedem Zucken Deiner Glieder sah Dich mein Mutterherz schon mit dem To¬ de ringen. Acngstlich faltete ich meine Han¬ de; mit leisen Tritten, mit gebrochenen Knieen wankte sch zu dem Bilde des Ewigen hin, bebend warf ich mich vor ihm nieder, und mein ganzes Gebet waren diese Worte : Herr aller Menschen, sey barmherzig! Rau¬ be mir die Freude meines Alters nicht! Er! Er war gnädig. Mein Kind war undank¬ bar. Mar. (zu ihren Füssen.) Mutter! Mm. Mein Kind war undankbar! Mar. (fällt mit dem Haupte ;u ihren Füssen.) Ich ertrage es nicht, Mut. Z2 Mut. (sie erblickend.) Unglückliche.'(besorgt) Was thnstDn? (mütterlich.) Steh auf! Ich verzeihe Dirja, (hebt sie auf) So was kau» Dir schaden. Mar. Ach! ich weiß es wohl. Bloß dar- um verzeihen Sie mir jetzt. Achter Austritt. Erich und Vorige. Erich- Nun, meine Theure, er ist ge¬ kauft. Der Wiesel Wald ist mein; Dein wollt ich sagen, denn er war Dir ja das Lieb¬ ste in dieser ganzen Gegend, und grunzt so schön an's Haus. Er erhalt einen andern Namen, und Du sollst seine Parhin seyn. Nun, welchen Namen soll der Wald führen? Mar. (mit Mggewandtkm Blicke.) Den meinigen. Erich. Nein, meine Theure! Der Dank¬ barkeit der Freundschaft ist er geweiht. Er heiße Adolphs Wald. Bei der hohen Eiche an der Quelle will ich dem Andenken meines Freundes ein Denkmal setzen lasten, Und dort wollen 33 wolle» wir die schönsten Tage unsers Lebens feyern. Mar. (bei Seite.) OGott! Erich. Du seufzest? —- Deine Augen sind roth geweint! Was ist geschehen? Nm. (veri gen.) Nichts, mein Sohn — Ihre Freundschaft für Adolph — Erich. Nun? Nut. (verlegen.) Wenn Sie doch nicht weiter forschten. Erich. (betrachtet sie.) Mariane! Deine Züge sind ganz verstellt. Um des Himmels» willen — Mut. ES ist nichts — Erich. Mariane, rede — Du zitterst; Dein Blick flieht den meinigen. Mar. Ich! Ach, mein Erich! Erich. Wenn ich Dein bin, so gieb mir, was mir in jedem Sinne gehört — Ver¬ trauen. Mut. Mein Sohn! Mar. Fordere cs nicht — Erich, (stutzt.) Nicht? (Pause. Mutter, Mariane ßud verlegen.) C Erich. 34 Erich, (sanft.) Mein Herz kann von dem Deinigen nicht nnede! denken. Ein Ver¬ brechen zu begehen, bist Du nicht fähig, und wie schön ist ein Weib, das an der Brust Ih¬ res Mannes über eine Schwachheit zu errö- then hat. Komm an mein Herz — es kann verzeihen. Mar. (eilt an seine Brust.) Erich. (drückt sie an sich.) Meine liebe! Mar. (wendet Len Blick zu ihrer Mutter.) Mutter! Mur. (mit einem Blicke, der nicht beistimmt.) Folge Deinem Herzen. Erich. Ja diesem. Rede. Mar. Ja ja! Ich will dem Herzen folgen, wie ich es immer that. Erich! Ich habe Dich getauscht. Ich habe ihn geliebt. Erich, (mit starkem Ausdruck.) Wen? Mar. Er liebte mich — Erich. (noch gespannter.) Wer? Mar. Adolph. Erich. A — d- Mar. Gott! Die Lippen erstarren, die mir verzeihen sollen. Erich. 35 Erich, (kalt.) Sie erstarren. (Er sieht st¬ an, wendet den Blick auf die Mutter.) Mut. Dieser vorwurfsvolle Blick trift mich nicht — sie verschwieg es auch mir. Wollte Gott, sie wäre ewig stumm geblieben! Erich. Wollte Gott! (er wirft sich in einen Stuhl, erschrocken.) Der Brief! Wenn ier leb¬ te! Adolph! Adolph! Ich habe Dich beraubt, verrarhen. Mar. (nähert sich ihm.) Erich! Erich. Flieh mich jetzt. Ich weiß jetzt, daß Du Laß mich fort. Dein Blick ist mir nicht mehr willkommen, ich fürchte ihn und mich (eilt ab) selbst. Mar. (will nach.) Mut. Bleib! Biethc seinem Schmerz und Grimm jetzt nicht die Stirne. Deine Leiden rühren ihn jetzt nicht, (eilt ihm nach.) Mav. Meine Leiden rühren ihn jetzt nicht! (fällt in einen Stuhl.) O Himmel! Wenn du ein Vergehen so schrecklich strafst, was bleibt dir für das Laster übrig? Ende des ersten Aufzugs. C » Zwei- 56 Zweiter Aufzug- Erster Auftritt. Mariane. Mutter. Mariane sitzt weinend noch in dem Stuhle. Mit- (tritt ein.) Mariane! Mar. Wo ist mein Mann? Mut. Noch im Garten! Bleib, Mariane. Er ist noch nicht in der Lage, daß Du mit ihm reden kannst. Mit. Mutter! Bin ich denn eine Verbre¬ cherin ? Mur. Ich entschuldige Deine That. Mar. Aber Er, Er nicht? Lassen Sie mich zu ihm! Mur. Mut. Nein, mein Kind! Jetzt kannst Du ihm nicht willkommen seyn. Es gicbt Fälle, wo eine kluge Frau amsig ihren Mann ver¬ meiden muß. Adolphs Schatten sicht zwi¬ schen Dir und Deinem Manne, dringe Dich ihm nicht auf. Mar. Wie unglücklich bin ich! Mut. Du kannst noch unglücklicher werden. Mar. Noch unglücklicher? Mut. Wenn — doch nein; so schwer wird Dich der Himmel ja nicht strafen. Adolph ist tsd. Hüte Dich, mein Kind, Adolphs Namen je vor Deinem Manne zu nennen. Du weißt, wie zart und fein er fühlt. Ver¬ dopple Deine Sorgfalt, Deine Zärtlichkeit mit weiser Mäßigung für ihn; biethe alles auf, ihn zu zerstreuen. Mir scheint, er baut der Freundschaft Tempel und Altäre, aber die Liebe eines Weibes weiß er nicht zu schätzen. Mar. Das habe ich oft gefühlt, und dar¬ um war ich nie ganz glücklich. Nun weiß er — Ach! Warum ließen Sie mich cs ihm sagen? C z Mm. 38 Mut. Sollte ich daS Vertrauen stöhren, das Du für ihn in dem Augenblicke fühltest? Soll die Mutter dem Gatten ihres Kindes rauben, was ihm gehört, und darf ich dar¬ nach streben. Dir mehr zu seyn, als er? Mein Recht an Dich hab' ich ihm übertragen. Ihm, nicht mir bist Du Gehorsam und Vertrauen schuldig. Rathen darf und will ich Dir. Entsage also jetzt jenen reinen Freuden, die Dir seine fröhliche Laune und sein geselliges Vertrauen gab; mache Dich gefaßt auf finste¬ re Mienen, auf traurige Launen — ja auf Unwillen. Mar. Werde ich arme das ertragen können? Wird diese Last mich nicht erdrücken? Mut. Du trägst sie nur eine kurze Zeit. Er wird Vater. In diesem theuren Augen¬ blick, wo er für Dein Leben zittern muß, söhnt er sich mit Dir aus, und der Schatten seines Freundes verschwindet an der Wiege. Vatergefühl macht selbst Tyrannen menschlich, und führt den größten Schwärmer zur ein¬ förmige» Natur zurück. Vis dahin sey sanft und dulde. Mar. 39 Mar. Ich will gerne leiden, wenn er nur- glücklich ist. Mut. Ich sehe ihn kommen. Geh, entfer¬ ne Dich. Mar. Fliehen soll ich seinen Blick? Mur. Um heiterer ihn zu sehen. Bleib in der Nahe. Mar. Kann er mich strafen, da ich um seinetwillen sündigte? Ich gab mir ja mein Herz nicht selbst, (ab.) Zweiter Austritt. Mutter. Erich. Mm. (-geht ihm entgegen.) Wollen Sie mich jetzt hören, lieber Sohn? Erich. Vergeben Sie, wenn ich Sie im Garten nicht so empfieng — Mut. Ich kam zu früh. Haben Sie mich noch in Verdacht, daß ich es wußte? Erich. Nein, nein! Sie k-rinten cs nicht wissen. Sie fühlen, was ich Adolph schul¬ dig bin. Sie hatten Mich sein Heiligthum nicht entweihen lassen. C 4 Mut. 40 Mut. Auch mir verschwieg eS die Undank¬ bare. Erich. Sie that nicht wohl daran. Mut. Nur nicht wohl? So schonend denk' ich nicht von ihr. Erich. Sie sah, sie hörte, mit welchem Herzen ich an Adolph Hieng ; wie ich denke, wie ich fühle, wie werrh mir alles ist, was ihm einst - angehörte, und doch konnte sie — («schweigt.) Ach! Freude, Ruhe, Zu¬ friedenheit, alles, was mir ihre Liebe gab, kann sie mir nicht mehr geben; denn ich weiß nun, daß ich es raube — und wem ? Mut. Ihrem Freunde. Erich. Ja meinem seltenen Freunde. Mein Glück, mein Vermögen, alles hab' ich von ihm; zum Loh» raubt' ich ihm Maria- nens Herz. Mut. Sie thaten es unwissend! Erich. Jetzt aber weiß ich es, was kann, was sollte ich thun? Ich liebe mein Verbre¬ chen; denn ich liebe sie. Mut. Das kann sie nicht entehren, und Sie vergessen, daß Adolph nicht mehr lebt. Erich. ir Erich. Tod ist er in der Welt, in meinem Herzen lebt er noch. Mut. Fern sey es von mir Mariane zu verteidigen; aber wie, wenn Adolph sterbend Sie gebethen hatte, seinen Platz in Maria- nens Herz einznnehmen, hatten Sie des Sterbenden Bitte nicht erfüllt? Erich. Ja, beim Himmel, ja! Mut. Wer konnte nach Adolph Marianen glücklich machen? Nur Adolphs. Freund! Erich. Diese Wendung ist sehr fein, und Zeigt mir ganz die gute Mutter— aber nichts kann mich beruhigen; ich bin nicht glücklich mehr. Sie selbst wird mich an Adolph stets erinnern, und mein unbedingtes Vertrauen hat sic nun verkehren. Mut. Ihr Vertrauen verkehren? ( Pause.) Ich verstehe Sie! Wer Adolph vergessen konn¬ te, ist seines Freundes Liebe auch nicht werth. So meinen Sie es doch? (Pause.) Sie schweigen? Erich. Verzeihen Sie — iNur. Ich will mehr thun; ich will schwei¬ gen. Lieber Sohn! Sie sind noch nicht ge- C 5 ftsit, 42 faßt, und haben das verschiedene Gewicht ! Ih¬ rer Pflichten noch nicht geprüft. Sie sind Gatte, werden Vater, und lieben nur die Toden! Mein guter Sohn! Wer edel handelt, kennt das verschiedene Gewicht seiner Pflich¬ ten, und wer weise fern will, der muß nicht schwärmen. Erich. Sie haben recht, aber diese Schwa¬ che ist meine Tugend, und ich schwärme nur für die Tugend und für ihn. Mut. Und Ihr schwaches Weib bleibt trost¬ los auf dem Wege stehen, über dem Sie nach Adolph fliegen. Man liebt, man ehrt den toden Freund doch nicht auf Kosten derer, die noch leben? Erich. Er ist nicht tod für mich. Mut. Doch Sie sind tod für Ihre Frau. Es sey — Ich lebe für mein Kind; denn ihr Verbrechen ist nur Liebe. Verlassen ist sie nicht, so lang ich lebe. Ein Kind hört auf als Kind zu fühlen, und Kinderliebe schwa¬ chen Jahre; doch Mnltertreue dauert bis an das Grab, und Mutterliebe verlöscht nur mir dem Augenlicht. Erich. SZ Erich, "ich, liebe Mutter! Lassen Sie mir Zeit; gönnen Sie mir Ruhe. Noch ist diese Lage mir zu neu. Geduld mit mir, ist alles- was ich wünsche. Ach, Mutter! Nochwag- te ich cs nicht, zu denken; Der Brief! — Wenn er noch lebte? Mm. Dann war'es übel, (seufzt.) Wenn er lebte! Erich. Ich sollt' es wünschen, und muß cS fürchten. Ich kann nie mehr glücklich seyn! Mur. Quälen Sie sich nicht mit dem Un¬ wahrscheinlichen; bekämpfen Sie erst das, was wirklich ist. Erich. Wohl! Ich will wie ein Mann mich fassen, aber haben Sie Geduld und Trost für mich. Mut. DaS will ich gern. Doch jetzt muß ich an meine Arbeit gehen, (sie geht.) Es ist nicht gut, daß Sie so ganz allein sind. Soll ich Ihnen Jemand senden? Erich. Nein. Mut. (sicht ihn an, geht, kehrt aber wieder um) Mariane ist betrübt — Sic weint so bitter¬ lich. Erich. 44 Erich. Trösten Sie sie doch! Mut. Ich? — Sie war ein Kind, als sie Adolph liebte, als Mädchen wähnte sie sich von ihm vergessen. Da kamen Sie in unser Hans, und brachten die Nachricht von sei¬ nem Tode mit. Sic vergaß Adolph, und lieb¬ te den kranken halbtodcn Erich um seines Un¬ glücks, um der Schmerzen willen, die er an seinen Wunden duldete. Sie bereitete Ihnen mit eigener Hand die Speisen, reiclM Ihnen ämsig die Arzney, ließ mich, ihre Mutter, oft hülflos, um ihren kranken Freund zu pfle¬ gen; wachte manche Nacht mit mir an Ih¬ rem Sterbelager, und flehte Gott innig nm Ihre Genesung an. Sie weint und leidet jetzt — schuldig oder nicht — sic leidet. Wer soll sie trösten — Sie oder ich l Erich. Ich, meine Mutter, ich. Mut. Kann mein Trost ihr Linderung ge¬ ben, da sic mich hülflos ließ, umihrenFreund zu retten? Wer kann sie trösten? Erich. Ich, gute Mutter I Nut. Mein thcurcr Sohu! (umarmt ihn, nach einer Pause feyerlich.) Gatte, verzeihe ihr um um der Liebe Wille», die sie Dir weiht. Vater! Die Natur ist stärker, als verfeinerte Gefühle, und das Lallen eines Sohnes dringt mächtiger ins Herz, als eines Freundes Wort. Ver¬ giß, was nicht mehr ist; umfange mit vol¬ lem Herzen das, was kommt, und ehre die Natur. (Sie geht an die Thüre, woran Maria, ne steht, und deutet ihr/ vorzugehen.) Dritter Austritt. Mariane. Erich. Mar. (tritt gleich ein und betrachtet ihn.) Erich! Erich. (Hört eS nicht.) Wenn er noch lebte! Mar. (für sich.,) Er spricht von ihm — (seufzt.) Erich, (ficht sich um.) Wer seufzt? Du, mein Kind! Sey nicht betrübt und komm zu mir. Mar. Schüchtern nah' ich mich jetzt Dir. Erich! Vcrgieb! Erich. Was hast Du denn gesündigt, daß ich Dir vergeben soll? (geht zu ihr.) Du ver¬ schwiegst 4ü schwiegst mir Deine erste Liebe, weil Du mich liebtest. Du wußtest nur zu gut, daß ich Dich nie würde geliebt haben, hatt' ich ge¬ wußt — ES sey! — Er ist vergessen. Du bist mein — freilich ist der vergessen mein Freund, ganz cs würdig eines Engels Liebe. Mar. Ich fühle diesen Vorwurf — daß ich ihn vergaß, vermindert meinen Werth in Dei¬ nen Augen. Erich. Nein, Liebe — Du irrest. Mar. Ich irre nicht — daS Eebieth der Freundschaft hast Du ausgemessen, aber die Gefühle eines WcibcS hast Du nie entziffert — Ich habe Adolph nie geliebt, und dieses Herz besaß er nie. Erich. Nie? Erkläre Dich. Mar. Ich kannte ihn als Kind, und er war mir als Jüngling angenehm, weil wir als Kinder uns zärtlich liebten. — Biegsam, sanft und zart, ganz einem Weibe ähnlich, konnte ich ihn »licht lieben; denn mein weibli¬ ches Gefühl vermißte in ihn, das feste, das männliche, wovon das Weib in Leiden und Gefahren Hülfe host. Er war nicht Mann, und 47 und meine Weichheit fand keinen Widerstand. - Seine Thranen stossen leicht, darum rührte» sie mich nicht; ich war über ihn hinaus, wie konnte ich ihn lieben! Was er, und ich selbst, für Gegenliebe hielt, waren bei mir kleine Reste des kindischen Vertrauens. Sehnsucht ihn zu sehen, fühlte ich nie, und ihn zu ent¬ behren war mir leicht. — Ich sehe. Du ver¬ siehst mich nicht. Erich. Doch, doch. Ich fühle — ich glaube Dir. Hast Du von ihm Briefe? Mar. (schüchtern.) Ja. Erich. Gieb sie mir. Mar. (sicht ihn an.) Jetzt? (Pause.) (Bit¬ tend. ) Nichr jetzt, mein Erich! ( mit schmei¬ chelndem Tone.) Versteh mich recht. Nicht jetzt. Erich, (wendet sein Gesicht von ihr.) Du hast recht. Mir waren diese Briefe weit mehr, unendlich mehr, als Dir. — Ich will sie-nie. Mariane, das, was Du für Adolph fühltest, war wenig. Ich glaube — es war nicht Lie¬ be. Ich bin mit Weibcrherzen nicht bekannt, und kann nicht begreifen, warum das Dei¬ nige 48 ni'ge an ihm kalt vorübergieng, und mich er¬ wählte. Ich will das ehren, was ich nicht kenne. — Thu' es auch. Mar. Gerne, gerne. Ich will knieend an dem Altäre der Freundschaft liegen, um für meine Liebe einen sanften Blick von Dir mir zu erbetteln. Mein Vergehen war, daß ich Adolphs Liebe Dir verschwieg; doch ich be¬ reue mein Vergehen nicht. — Hatte ich es nicht begangen, nie wärest Du mein gewor¬ den, und ohne Dich konnte ich nicht leben. Ich weiß, Du kannst nicht lieben, wie mein Herz es wünscht, und ich will setzt nicht for¬ dern , was Du nie geben kannst. Laß mich Deine Freundin scpn. Erich. Kannst Du werden, was Du bist? Ich liebe Dich — aber — Mariane, ich muß offen scyn. Mit Schmerz und Wehmuth seh' ich Dich jetzt an. Sieh, ich fasse zit» ternd Deine Hand, und meine Lippen beben, wenn ich mit Dir von Liebe reden will. -- Mir ist cs, als stünde Adolph zwischen uns, und riefmit mit sanfter Stimme zu: Ich leide gern, wenn Du nur glücklich bist! So wür¬ de 49 de er reden, sv für mich sterben. Du weißt nicht, wie mächtig die Freundschaft in edlen Seelen wirkt. Großmüthig würde er Dir um meinetwillen entsagen, aber glaubst Du, daß ich das überleben könnte? Mar. Die Liebe thut nicht weniger für deS Geliebten Ruhe und Glück — darum, mein Freund — ich will von Dir scheiden. (sich zu, sammennehmend.) Sieh, es ist nicht gut, daß ich jetzt um Dich bin. Ich liebe Dich mit ganzer Seele, und sehe, daß Du nur dank¬ bar bist. Jetzt konnte ich das wenige noch verliehren, was ich besitze. Reise, geh nach Deutschland, erheitre Dein Gemüth an frem¬ den Gegenständen, und wenn Du hörst, daß ich Mutter bin—dann (mit Thräncn) komm nur auf eine kurze Zeit zurück, und sccgne — das Wesen, das ich mit Schmerz — Mut. (hat in der Entfernung alles gehört, und tritt plötzlich hinzu.) Halt ein, mein Kind! Dn bist nicht wahr! Kommen Sie, mein Sohn! Enden Sie ein Gespräch, das zu nichts führt. Und Du, mein Kind, fasse Dich, dann komm zu uns. (führt Erich fort, D der 52 der aber mit einer höflichen Bewegung flch non ihr entfernt, und in den Garten geht.) Mar. Fasse Dich! Kann ich mich fassen? Vierter Auftritt. General. Einige Diener- Mariane. Gen. (zu den Bedienten, die ihn tragen, er ßcigt vom Tragleder herab.) Halt, Bursche! Laßt mich nicht da so allein stehen, wie einen alten Meilenzeiger am Hohlweg. Ich weiß jg nicht gewiß, ob ich recht bin. Mar. Mein Herr! In wem wollen Sie? Gen. Vergeben Sie, schöne Jungfrau.' Wohnt hier — Mar. Frau Markalt? Ja. Gen. Und sind Sie Ihre Tochter! Mar. Ja. Gen. Jetzt, Bursche, könnt ihr gehen. Ich habe meinen Mann gefunden. Geht, lauft -— und kriecht nicht wie die Schnecken. Stel¬ len Sie sich da nur gegenüber, schönes Kind, Ang in Aug, so sehe ich gerne Freunde und Feinde — (betrachtet sie mit immer zunehmen¬ dem 5r Lem Wohlgefallen.) Ter Blick ist traurig, aber vifen und gut. Kennen Sie mich? Mar. Nein. Gen. Aber, daß Sie begierig sind, mich kennen zu lernen, darauf schwöre ich. Wie alt sind Sic? Mar. Zwanzig Jahre. Gen. Das rechte Alter für einen Ehestands? Rekruten. Wo sind Sir gebohrcn? Mar. An der Schwedischen Granze. Gen. Also keine Schwedin? Mar. Nein. Gen. Eine Deutsche. Thut nichts; wer-> dcn doch im Feuer stehen. Wer war Ihr Va¬ ter ? Mar. Ein Deutscher, der sich nach Schwe¬ den flüchtete und starb. Gen. (beiSeite.) Alles, wie er es wir sagte. — Ihre Mutter lebt doch noch? Mar. Ja! Darf ich fragen? Gen. Wer ich bin? Nein, das dürfen Sie nicht — denn ich bin hier Inkognito, um Sie ein wenig auszuhohlen. Aber ich hielt nie viel aufs Inkognito seyn; denn es hat mir D s rin.- 52 einmal zu viel gekostet, und ich weide es hier kurz machen. Doch, liebes Kind, ich will höflich seyn, und Ihnen einen Stuhl anbie- then, weil ich selbst nicht langer stehen kann, (er setzt sich.) Mit einigen Fragen bin ich fer¬ tig. Kennen Sie das vierte Geboth? Mar. Mein Herr — Ja; denn ich liebe und verehre meine Mutter. Gen. DaS ist gut und schön! Hat Sie Ihre Mutter auch gelehrt, daß ein Weib dem Manne Gehorsam in billigen Dingen, nnd Vertrauen in allen Fallen schuldig ist? Mar. O ja! Nur bitte ich —> Gen. Daß eine Frau Geduld mit den Lau¬ nen Ihres Mannes haben muß? Daß eine gute Hausfrau und Mutter zu seyn des Wei¬ bes schönster Schmuck ist? Mar. Das sah ich an meiner Mutter, da¬ für liebe und verehre ich sie. Gen. Werden Sie auch so den Schwieger¬ vater lieben, wenn er so brav ist, wie Ihre Mutter? Mar. Gewiß — aber mein Herr — ich habe keinen. Gen. 53 Gen. Sollen einen haben, sollen einen ha¬ ben, so wahr ich Torsienson — Mar. (springterschrocken auf.) Torftenson! Gen. Der Nähme ist elektrisch! Mar. Sie waren — Gen. Ich heiße nicht Torstenson. Ich bin nicht der, der einen braven Sohn hat, einen Sohn, der Sie einst liebte, einen Sohn, der mehr werth ist, als ich einst galt. — Ich bin nur dieses braven Sohnes Vetter. Mar. Er ist ja tod. Een. (mit freudigem Tone.) Ja, er ist tod —tod, wie ein vernünftiger Mensch tod ist. Mar. Diese Reden — Gen. Dieser junge Torstenson hat ein Te¬ stament hinterlassen, worinnen er eine gewiße Jungfrau Mariane Markalt, die er sehr ge¬ liebt haben muß, reichlich bedacht hat. — Es ist eine starke Summe — auch Schmuck. Mar. (gerührt.) Nein, nein! Ich will nichts, was mich an ihn erinnern kann. Gen. So sehr lieben Sie ihn noch? Mar. (mit leisem verlegenen Tone.) Ja — als — Gen. D 3 Gen. Sie brauchen darüber nicht zu erre¬ ichen , obgleich die Weiber nichts schöner klei¬ det, als Schaamröthe. Ich liebe ihn auch. Ich liebe ihn eher, als Sie, und wenn ich denke, daß er red ist, so möchte ich vor Freu¬ de meinen. Mar. Mein Herr! (gespannt.) Ich weiß nicht, was — - Gen. Sie aus mir machen sollen? Einen alten General. Mar. (erschrickt.) -Sie sind mehr. ' Gen. Recht', mein Kind ! Ein glücklicher Water ist mehr, als ein aber General, und ich bin Adolphs Vater — Adolph — Mar. (schrecklich.) Lebt? Gen. Lebt meine Tochter. Mar. Acht (sinkt ohnmächtig nieder.) Gen. Mädchen! Kind! Meine Tochter! Er !cbt und wird Dein; denn Du liebst ihn ge¬ wiß, und bist schon darum seiner werth. Steh doch auf. (beugt sich zu ihr) Was Teu¬ fel! Sie ist wie tvd — heda! Ist Nieman- da? Hoi.a! Fünf- Z» Fünfter Auftritt» Vorige. Muttes Mut. Wasgiebts? Gott! (zu ihrer Loch« ter hi».) Gen. Geschwind, Fran! Wasser, Geister! Mut. Mariane! Um Gotteswillen! WaS ist vorgegangcn? Wer sind Sic? Gen. Erst geholfen, dann gefragt. Was¬ ser! Frau! Wasser! Mut. Sie ist tod! Gen. Tod! Warum nicht gar! Das ist ge¬ wiß die Mutter. Mur. Ja. Ich bin Ihre Mutter, und wist wissen — Gen. Sehen Sie, sie erhöhst sich schon» Heben wir sie nur von der Erde auf. (Sie he«, bcn sie auf, und setzen sie auf einen Stuhl.) Mut. Wie ist Dir, mein Kind? Mar.( deutet mit dem Blick auf den General.) Er lebt. Mut, (den General ansehend.) Wer? Gen. Mein Sohn. Ich bin der Genera! Torstcnson. (wirft den Mantel ad.) D 4 Mut» 56 Mut. Adolphs Vater? Mar. Adolph lebt! Mut. Er lebt! Gen. Ja, Mütterchen, sr lebt, und wird gleich frisch und gesund da seyn, und ich bin hier als sein Freywerber. Mur. Gott l Wenn — Herr General! Adolph lebt? Gen. Ja, ja! Erlebt für Dich, Mütter¬ chen! Für Sic, für mich, und für die ganze Welt. Mut. (in großer Angst.) Kommen Sie mit mir, Herr General! Meine Tochter—ist krank. Gen. Will sie schon gesund machen. Mein Rezept ist kurz, und was ich verschreibe, wird nicht bitter schmecken, es heißt: Adolph und Vaterseegen. Ja, mein Kind! Deine Ohnmacht ist der größte Beweis Deiner Liebe, und stimmt ganz mit den Briefen zusammen, die Du ihm, mit Seufzern beladen, zur Ar¬ mee schicktest. Mar. Ich war damals — Gen, 57 Gen. Ja, mein Kind! Du schreibst schön und ehrlich, aber zu schwärmerisch; daS taugt in der Ehe nicht. Halbe Ladung, lie¬ bes Kind, sonst geht das Pulver aus; das Krachen hat ein Ende und der Feind wirft das Zentrum. Nm. Sie war damals vierzehn Jahr alt. Gen. Und da giebts Feuer im Herzen, Feuer in Adern, Feuer im Dintenfaß, und da wird gefeuert! Nun Gott seegnc euer Feu¬ ern. In einer halben Stunde ist er da, denn er wollte Sie aus Zärtlichkeit nicht überra¬ schen, und ich Sie erst kennen lernen. Jetzt kenne ich Sie, liebes Kind — billige seine Liebe, und in ein paar Tagen ist Hochzeit. Mut. Wie! Herr General! Ich erkenne die Ehre — Gen. Es ist von dem Glücke unsrer Kinder die Rede, und da bleibt die Ehre bey der Ba¬ gage. Mein Sohn liebt Ihre Tochter, Sie ihn, das weiß ich, das sah ich. Ich bin cS zufrieden. Sic doch auch? Nut. (im höchsten Grade verwirrt.) Er hat sie als Kind gekannt. D Z Gen. 55 Gen. (dringend.) Cy was! Er liebt sie, will nur sie, nur mit ihr durch das Leben wandern. Ich bin es zufrieden, Sie auch? Mut. Ihr Stand — Ihre Ahnen — der Staat hat ein Recht, zu fordern — Gen. Sittliche Eheleute, gute Kinderzucht, ruhige Bürger; mehr will er nicht, mehr for¬ dert er nicht. Ich bin cs zufrieden, und Sie müssen zufrieden sepn, oder ich heurathe Sie noch obendrein. Mut. Wenn sie sich noch lieben — " Mar. O Gott! Gcn. Er sagt Za, Sie wurde ohnmächtig, wir sagen Za — In ein Paar Lagen ist Hoch¬ zeit. Mut. Sie sind so schnell. Sie eilen. Gcn. Das ist meine Weife, damit schlug ich überall die Feinde. Wo man mich nicht vermuthcte, da war ich, und wo man mich suchte, da war ich gewesen. Wer eilt, ver¬ säumt nichts. Aber so wahr ich kein Frey- beutcr bin, Ihr seyd ja nicht fröhlich? Mur. Ihr Sohn lebt und wir sollten nicht fröhlich seyn? Mar. 5Y Nav. Aber ft plötzlich, ft unerwartet — Gen. Jaja, das'begreif'ich. Nun, ich sihc/Jhrsehd gMe,fühleudeLeute. Ich bin nicht in Feindesland, und darum, Mütter¬ chen, geben Sie mir ein Frühstück, und nur auf ein halbes Stündchen ein Ruhebett. Ich kann weder stehen, gehe», noch sitzen, ss tobt es in meinen Füssen. Dann Men Sie hören, wie wunderbar Gott mir zu einem Sohn und dem lieben Mädchen zu einem Man¬ ne verhalf, (faßt sie unter den Arm.) Sie müssen mich führen, denn der obere Thcil ist für den untern viel zu geschwind. — Nun, liebes Kind, gehst Du nicht mit? Mar. Ich werde folgen, Herr General! Gen. General! Das ist ein Tircl für die Welt — Vater! dringt an's Herz. Ich möch¬ te von allen Ehristenkindem - Vater scyu. Ich bin euer Vater, und nicht euer General. Für die Welt hab' ich gelebt, nun will ich für's Herz leben, und ihr sollt sehen, daß der Va¬ ter T.orsienftn ein alter pndelnäm'schcr Kerl ist. (Mutter führt ihn ad.) Ls Mac. (mit dem ganzen zurückgehaltene» Aus, truche des Schreckens und Schmerzens.) Er lebt — er lebt! — Ich bin verlohren. (.sinkt in einen Stuhl.) Sechster Austritt. Mariane. Erich. Erich. Was ist das? An der Thürc ein Tragsessel mit Pferden, Leute, Bagage — Und — Mariane — was ist Dir? Mar. Erich — ach Erich! Erich. Welch ein Schmerz stürmt in Dei¬ ner Brust? Mar. Nun bin ich das elendeste aller Wesen! Erich. Warum? Mac. Ad — Ach ! Noch einmahl, Erich, drücke Dein armes Weib an Deine Brust, (eilt in sejne Arme.) Erich, (empfangt sie zärtlich.) Mein Kind! Ich wiederrufe, was ich vorhin sagte — Ich werde für Dich leben und ihn vergessen. Mar ür Mar. (verzweifelt.) Das kannst Du nicht — Adolphs Vater ist hier. Erich. Hier! (auf das höchste gespannt) Was will er? Mar. Uns verderben — Adolph lebt. Erich, (wie von einem elektrischen Schlage ge, troffen ) Lebt! (nach einer Pause läßt die äußer, sie Spannung der Muskeln nach/ seine Glieder zittern / mit starrem Blicke und konvulsivischen Lächeln.) Adolph lebt! (kalter Ton) LaS ist gut! Mar. Erich! Mann meines HerzenS! Nein — 8reund meiner Seele! Wie ist Dir? Erich. Ent. Mar. Rede, weine, erleichtere Deinen Schmerz durch Worte oder Thranen. Erich. Wozu? Ich bin ruhig. Mar. Diese schreckliche Ruhe kann mich zur Wittwe machen. Erich, (schwer seufzend) Ach, wärest Du es doch schon. Sie- Siebenter Auftritt. Vorige. Mutter. Mut. (eilig.) Sic wissen — Ja, ich sehe — Sie wissen es sehen. Erich. Ja ich weiß es schvn. Mar. Mutter! Mutter! Mur. Um deSHimmelswilleu! ruhig Kin¬ der — »och muß es ein Ceheimniß bleiben — dem Hausgesinde will ich es verbietheu — Faßt euch — Gleich darf eS Adolph nicht erfahren. Erich. Ihn täuschen, ihn betrügen? — Mut. Befiehlt die Norhwcndigkeit — Soll ihn der schnelle Wechsel von höchster Freude zu Dem höchsten Schmerz rödten? Sie kennen ihn — Faßt euch! (sie will abgehen, Spor tritt aber ein; sie giebt ihm sehr eilfertig Befehle, und hört zugleich die folgende Unterredung an. Mau sieht an Spors Betragen , daß sie ihm alles sagt. Er äußert Erstaunen, Verwunderung und Mißbil¬ ligung. Wenn sie vertritt, geht Spor ab.) Erich, (bitter.) Betrügen! Nun ja! Wen man bestohlen hat, den kann man auch be¬ trügen. trügen. Nicht wahr, Mariane! Was geht uns Adolph an? Mar. (weinend.) Mache mich immer zum Ziel Deines innern Grimms; mit Spott und Vorwürfen stürme auf mein leidendes Herz; ich will eS ja willig dulden. Erich. Wir sind vermahlt, was will et machen? Mar. Fahre fort in diesem Tone. Erich. Ich habe von ihm ein schönes Wer« mögen — wir können glücklich leben. Sein Herz mag brechen, was kümmert cs uns. Nicht wahr? Mar. Erich! Mein Mann! Erich. Dein Mann, ja das bin ich, ob mit Ehre oder Schande? Das gilt gleich! Mar. Wie, Erich! Erich. Wenn er Dir nicht gutwillig ent¬ sagen will, so verschließen wir ihm das Haus; und wenn er mich einen Undankbaren nennt, so lachen wir — Nicht wahr (glühend) der Kluge denkt auf sich, und kümmert sich um keines Freundes Leiden nicht? Mar. Ja! Du hast recht. Sieh auch nicht auf meine Leiden, nicht auf die namen¬ lose Angst, die ich nm Deinetwillen fühle. Achte meine Thranen nicht, sie fließen nur für Dich, und der lalle Voden nimmt sie wil¬ lig auf. Erich. Was ich leide und leiden werde, verzeih ich Dir. Was Du an Adolph ausge- übt, sein Unglück kann ich Dir nicht verzei¬ hen. Mm. (tritt vor, mit Ernst und Festigkeit.) Nicht? Es sey! Mein Kind! Deinen Mann hast Du verlohren, weil Du ihn zu sehr lieb¬ test. Die Murrer bleibt Dir noch. So arm, wie er uns fand, wollen wir auch von ihm scheiden. Von Thüre zu Thüre betteln, ist besser, als an seiner Tafel schwelgen. Besser ist es, Du wirst bey fremden, rohen Menschen Mutter, als bey diesen kultivirten Freunde». Jene würden Dich in Deiner Lage schonen, und Mitleid mit dem Wesen haben, was kaum Leben hat, da diese Dich zertreten. Mar. Sie kranken ihn. Erich. Daö verdien' ich nicht. Mut. Mut. Spor! Ja »nein Herr! Noch Heu- re geh' ich mit ihr fort. Spor! Ihre Freund¬ schaft mag bewundern, wer da will; ich ehre die Natur, und ihre Stimme gilt mir mehr, als die weisen Sprüche eines Cicero. Spor, (tritt ein.) Mut. Bestelle er gleich einen Wagen bis in das nächste Stadchen. Geschwind! Spor, (ab.) Erich. Wie, Sie wollen? — Mm. Ja! Ich will. Sie soll kein Opfer Ihrer Freundschaft werden. Mar. Gott! Erich, (muthlos) Sie ist mein. Ich bin ihr Mann. Mit welchem Recht? Mut. Recht? Ich habe sie gebohrcn; ich gab ihr daS Leben. Ich sehe sic jetzt von ih¬ rem Manne verlassen und gcmifihandelt. Er hat sein Recht verlohrcn, und meines erhalt wieder seine ganze Kraft. Mutterrccht ver¬ rührt sich nicht. Das Leben, was ich dem Staate gab, bin ich mir und dem Staate zu erhalten schuldig. Ich habe sie gebohrcn, tür sie gewacht, gesorgt, geweint. — Sic E haben bü haben nur i» ihren Annen sich gefreut. Mein Recht ist größer, als das Ihrige. Mit Schmerz und Lebensgefahr habe ich cö er¬ kauft , und keine Macht auf Erden soll mir es rauben. Komm! Ich befehl'eS Dir. Mar- Mutter! Er ist unglücklich! Er leidet ja! Ich kann ihn unmöglich verlassen. Mut. Wie? Ist Deine Schwache für ihn so groß, daß seine Mißhandlungen Dirwcr- ther sind, als meine mütterliche Liebe und meine bange Zärtlichkeit? Mar. Verzeihung, Mutter! Ich folge nicht. Mag er mich kranken, mag er mich mißhandeln, ich liebe ihn. Mich jetzt von ihm trennen, ist unmöglich. Die Natur hat mich mit ihm vereint; sie ruft mir mit lauter Stimme zu: Raube deinem Kinde seinen Va¬ ter nicht! Ich weiß es wohl, er liebt seinen Freund mehr, als mich — Er kann mich ent¬ behren, aber ich ihn nicht. Mut. Mein thenres Kind! Erich. 5 (stürzt zu ihre» Füssen) Nein, Mariane! Das kann ich nicht. (mit Innigkeit) So viel Güte und Liebe wiegt ja die Freund- ' - schäft schäft auf. Adolph mag' kommen, und mich in Deinen Armen roden, mir alles nehmen, was er mir gab! Ich will für Dich arbeiten — ich will — Mutter! Verzeihung. Ich weiß mich nicht zu fassen, aber rauben Sie mir Marianen nicht. Mm. Jetzt finde ich den Gatten meiner Tochter wieder. Nun wohl! Ich will für Sie handeln, bis Sie Ihrer jetzigen Schwä¬ che übcrdrüßig sind. Sie müssen und dürfen nun das Vermögen von Adolph nicht behal¬ ten. Erich. Nein! Wenn er erfahrt — ich nM ihn bitten, daß er es nimmt — Ach, Mut¬ ter ! Ich fürchte — Mm. Was? Erich. Daß Adolph großnrüthig mikDer- giebt, daß er ewig elend ist.— Und die Welt, ( mit Nachdruck) O! Die Welt, die nicht ganz zu überzeugen ist, wird mich doch treulos und niederträchtig nennen. Mm. Das muß Sie trösten, daß Sie es nicht sind. C 2 Erich, H8 Erich. Und Adolphs Vater! — Der Ge¬ neral —! Mm. Diesen fürchte ich mehr, als seinen Sohn. Seine Liebe zu Adolph ist so bren¬ nend, so ungesiümm. Er hat mich über¬ rascht — Ich will cs hernach versuchen, ob man ohne Gefahr für Sie es ihm eher, als dem Sohne entdecken kann. Gehen Sie zu ihm, ich habe hier noch vieles zu besorgen. Gehen Sie. Erich. Mariane! Wenn er kömmt, ver¬ fahre sanft mit ihm. Brich ihm nicht gleich bas Herz. Mm. Gehen Sie nur. (Trich geht ab.) Mar. Ach, liebe Mutter! Er scheint jetzt ruhiger. MM. Ja, er scheint, was er hoffentlich ksch wieder werden wird. Ach- 6, Achter Austritt. Vorige. Spor. Gleich darauf Adolph. Spor, (ruftzur Thüreherein.) Er kömmt- Mar. Gott! Mm- Fasse Dich um des Himmclswillen! Da ist er schon. Ad. (tritt ein) Mariane! Mar. (schreit) Ach! Ad. Mariane! Mutter! Jetzt ' — O Gott! Ich kann — nicht reden — Mein Herz — meine Brust — ( bricht in Thräne» aus) O, welch'nie gefühlte Seligkeit! Mar. Sieleben! Ad. O Gott! Tode mich nicht in diesem Augenblick — ich wüßte sonst den Abstand zwischen dieser Erde und deinem Himmel nicht! Mariane! Der Traum meiner Jugend — er wird erfüllt. Wo ist mein Vater? Mitt. In jenem Zimmer. Ad. Mutter! Jetzt darf ich Sie so nem neu. Mariane! Freundin meiner Jugend! Seele meines Lebens! Wer leiht mir Worte, E 3 n« 70 MN es ihr zu sagen, tvie ich sie liebe, was ich jetzt fühle! — Keusch und heilig liebte ich Dich, wie Verklarte lieben. Meine Sinne schweigen auch noch jetzt. Meine Seele ver¬ liert sich in der Deinigen, (legt sein Haupt auf ihre Achsel) und ein Hauch von Dir raubt mir alle Körperkrast. Mar. Sie leben! (imüg) O, könnte ich Sie glücklich machen. 2d- Ich bin es schon. Mehr Wonne könnte ich nicht ertragen. Ich weiß. Sie lieben wich. Alles, was die Sittsamkeit dem Mädchen zu sagen erlaubt, stand ja in Ihren Briefen. Mar. Sie schrieben mir drei Jahre nicht. Ad. Ich war gefangen, und schreiben ward mir untersagt. O, ich litte mehr, als Sie, Mariane! Nichts von der zu wissen, die man liebt — doch weg mit dem Vergan¬ genen. Ich habe Sie ja wieder! Was sind überstandene Leiden gegen die Wonne, Ma¬ riane mein zu nennen! Wo ist mein Vater? Neun- 'r Neunter Auftritt. Vorige. General. Gen. (mit dem höchste» Grade der Freude) Der ist schon da. Von mm an nie mehr weit von seinem Sohne, (umarmt ihn heftig) Sieh, ich bin stark und kräftig wie ein Jüng¬ ling — das Herz hüpft mir vor Freude — ich mochte singen, jubeln, weinen, lachen — Ad. Nun Vater? Gen. Du hast recht, Sohn! — Sie ist ein Engel! Ihr erster Blick gewann mein Herz, und bei dem zweiten nannte ich sie schon Tochter. Nimm sie mit meinem Ste¬ gen. Sie liebt Dich mit ganzer Seele, denn sie stürzte ohnmächtig zu meinen Füssen hin, M sie hörte, daß Du noch lebst. Ad. (stürzt zu ihren Füssen) Aus Liebe und Dankbarkeit weih' ich Dir mein Leben. ( hängt «uf Ihrer Hand) Gen. Mütterchen! Unsere letzte Arbeit ist, das Paar zu scegnen. (nimmt sie bei der Hand, und führt sie zu Adolph und Mariane») Eltern, die ihre Kinder gut erzogen, und glücklich ver- E 4 Heu- heurathet haben, denen ist der Ted nicht bit¬ ter, wir finden ihn gewiß einst süß. (nimmt Adolphs.Hach, und logt sie in MarianenS Hand, mit Feierlichkeit und tiefem Gefühl.) Herr aller Wesen! Blicke huldvoll auf dies Paar herab. Sieh gnädig auf einen Greis hernieder, der ohne Zittern nicht wehr seine Hande falten kann! Du weißt, was Väterliche ist! Du weißt, wie ich diesen liebe; mit welcher Angst ich ihn auf den schweren Weg des Ruhms führte; wie ich in der Todesgefahr der Schlacht nur für sein Leben zitterte. Du weißt, daß ich mitten unter dem Donner der Kanonen laut zu dir betete: Herr! Laß den Kelch vorüber gehen; befiehl dem Würgengel, meines Sohnes zu schonen- (stürzt auf die Km'ee.) Du hast mein Geber erhört! Er lebt!, Bewahre ihn ferner vor allem, was deins Weisheit nicht als gut erkennt; denn er ist fromm und tugendhaft, und ehrt die grauen - Haare seines Vaters! (Alle weinen ) 2d. (küßt ihm sein kahles Haupt) Vater! Mar. -Nar- Ich kann es nicht ertragen! Gen. (will aufstchm) Seht, ich bin alt, nnd rang »n Gebete mir Gott für euch — Jczt bi» ich matt nnd schwach. (Sie helft» ihm.) Mut. Wie ehre ich einen solchen Vater! Ad. (führt den General zu einem Stuhl) Väterliche überwältigt Mannerlraft. Gen. Ja, Adolph! Du hast recht; darum, seegnc ich Euch, obwohl mit schwacher Stim¬ me; doch — (macht eine Bewegung mit der Hand, als wollte er sie sccgncn.) Mur. (ängstlich und schnell, um eS zu hindern) Auch Erich von Entlehen, Ihr Freund, ist hier. Ad. Erich! Hier? Wo? Wo ist er? Hier! O Vater! Mariane! Mutter! Ich erliege dieser Freude, dieser Wonne. Hin zu ihm; denn wer sein Glück genießen will, der rhcile cS mit guten Menschen, mit seinem Freunde. Gen. (umarmt ihn) Dn bist mein Sohn! Wo ist Dein Freund? Hinzu ihm! Er neh¬ me Thcil an unserem Glücke, an meinem See- E 5 Mr 74 gen; denn wahrlich, der kann nicht sagen: Ich bin ein Mensch, dem die belohnte Tu¬ gend keine Wonne, und die leidende keine Thräne aus dem Auge preßt. Mar. (bei Seite. ) O Gott! . Mut. Welch eine Lage! " im Gehe».) Der Vorhang fallt schnell. Dritter Dritter Aufzug. Erster Austritt. General. Mutter. Gen. Nun! Hier sind wir allein, reden Sie! Mut. (einleitend.) Sie werden es verzei¬ hen. Ihre Eilfertigkeit — Meine Tochter — Ihr Sohn ist — Ich bin besorgt — (verle¬ gen. ) (Leit. Das ist natürlich — es kommt alles so unerwartet, und Sie sind Mutter. Aber nun, waS sind Sie besorgt? Mut. Um das Glück meines KindeS — Ihr Sohn — Geir. Mein Sohn! Hören Sie, Mütter¬ chen, diese Vcsorgniß könnte mich verdrießen. 76 Ist mein Sohn nicht ein braver Mann, ein verdienstvoller Soldat!? Mm. Daran zweifeln, hieße,Sieber leidigen. Gen. Und ist er nicht ein hübscher Mann! Mur. Auch da§. Gen. Ist er nicht reicb? Nut. Nur zu reich für meine Tochter. Gen. Au reich! Kann mau auch, zu reich ftyn? Nut. O ja! Neichthum crzeugtForderun- gcn, und bleiben diese unbefriedigt — Stren¬ ge, und Strenge macht kein Weib glücklich. Er hat alles, sie hat nichts. Er giebt Wohl¬ stand , dafür fordern meist die Manner von den Weibern mehr Gefälligkeit und Liebe, als sie selbst geben. Gen- Mein Sohn ist ein ehrlicher Mann, der nicht einmal weiß, wie reich er ist. Er zählt nicht sein Geld, und vergißt selbst daö Gute, mas er ausübte. Sie sind wunderlich. Mei» Sohn liebt Ihre Tochter — und — und wer von meinem Adolph übel denkt, der greift mir ans Herz. Mut. Mut. Sic werden heftig —- Gen. Daö werd' ich nicht. Vor Jähzorn hüte ich mich. Aber mein Sohn ist ein Eh¬ renmann, ein braver Mann. Das Zeugniß giebt ihm ganz Schweden, und so kann es ihm sein Vater auch geben. Mut. Herr General! — Gen. Nein, Mütterchen! Fallen Sie mir nicht in die Flanke; wer meines Sohnes Lob nicht hören kann, der ist — Mut. Ich schätze nnd liebe Ihren Sohn. Gen. Sie sind ein braves Weib, das sehe ich; aber Sie haben für Ihr Kind nichts zu besorgen. Die Hochzeit wird still und feyer- lich; wenig Menschen, ein Paar christliche Fiedler, das ist genug; denn das Herzliche leidet kein Geräusch. Mut. Wollen Sie mich hören ? Gen. Kein Wort mehr. Sie sind zu be¬ denklich, zu langsam. Ich liebe das rasche, das schnelle; mit Galopp kommt man vor¬ wärts. Mm. (migsiiich.) Sie sind zu rasch, be¬ denken nicht — Gen. Was bedenken? Mut. Daß das Geschehene nicht zu an¬ dern ist, und — daß ein Wort die Ewigkeit umfaßet. Gen. Das Wort heißt? Mut. Ehe! Gen. («ach einer Pause) Waren Sie glück¬ lich verhcnrathet? Mur. Sehr unglücklich. Gen. Jetzt kann ich es mir erklären. Lieb¬ ten Sie Ihren Mann? Mut. Mit ganzer Seele. Gen. Und er? Mur. Liebte mich nicht — war undank¬ bar und — mißhandelte mich. - Gen. Schurke! Verzeihen Sie. Mut. Ich war glücklich, und wurde durch ihn — eleud — und doch meinen Seegen über ihn. Gen. Sie denken groß. Mur. Menschlich! — Leiden, Thrane» gaben mir Erfahrung. Ehrwürdig sicht sie mir zur Seite, und wer mich nicht hören will. 79 der weiß nicht, wie viel Thranen die Erfahrung einem Weibe kostet. Gen. Ich will hören, Mütterchen! Ich kenne Sie schon durch meinen Sohn; weiß alles. Eine Fran, wie Sie, verdient Len Glauben eines Mannes. Reden Sie! Mm. Versprechen Sie mir Geduld und Kalte. Gen. Kalte? Wo soll ich Kalte hcrnehmen? In Feuer wurde ich gcbohren, in Feuer lebte ich, in Feuer gehe ich auch aus der Welt. Geduld und Kalte! Diese Grönländischen Tu¬ genden kenne ich nicht — aber reden Sie, ich will hören. Mm. Ich kenne Ihren Sohn als Kind — Sie nicht. Ich sah ihn, wie die Natur ihn schuf, ganz roh und ohne Form. Ich sah sein Herz und seine Seele sich entfalten. Er liebt meine Tochter, (verlegen) Sie liebte ihn, aber sie waren Kinder. Er sprach mit ihr von Ehe. Als Mann will er vielleicht hal¬ ten, was er als Rind versprach. — Sie sollten — Gen. Was sollte ich? Mur. Nut. Seine Vermählung noch verschieben — ihn erst durch erfundene Hindernisse, durch Entfernung prüfen. Gen. Durch Hindernisse, durch Entfer¬ nung prüfen? Habe ich denn seine Liebe nicht geprüft? Sind sechs Jahre Trennung für ei¬ nen Verliebten eine kurze Entfernung, und , siebenzehn Bataillen kein Hinderniß? Glau¬ ben Sie, ich weiß seine Liebe erst seit gestern? — Er entdeckte sie mir schon, als er zu der Armee kam — Ich hoffte damals auch, er¬ würbe sie vergessen ; denn ein Mädchen vom Stande wäre mir doch lieber gewesen. Her¬ nach hielt ich ihn für tobt, bis er «ach ge¬ schlossenem Frieden seine Freyheit erhielt. Sei¬ ne Liebe ist bewährt; was kann ich als ein .guter Vater ihr entgegensetzen — Er liebt sie nach sechsjähriger Trennung noch! Mut. Er liebt auch seinen Freund, Hier wohnt die Gefahr. Gen. Welche? Mut. Er bringt meiner Tochter ein ge theiltcs Herz. Er liebt seinen Freund, wie sie. Gen. 8i Gen- Den Hauptmann wie Mariane? Das glaube ich nicht. Mut. Er fragt jetzt mehr nach seinem Freunde; die Sehnsucht, ihn zu sehen, macht, daß er auch sie vergießt. Gen. Mütterchen! Das heiße ich Grübeln suchen. Mut. Fühlen! Gen. (ärgerlich.) Sie ist ihm ja jetzt ge¬ wiß; sie hat er, den Freund noch nicht. Mut. Sie ist ihm gewiß, sie hat er. Das ist das Unglück aller Ehen. Ruhiger Besitz schwächt der Liebe Freuden, und Gewißheit ist ihr Grab. So ist es mit der Freundschaft, mit einem Freunde nicht. Gen. Das ist mir zu gesucht, das versteh' ich nicht. Ich bin überzeugt, daß er sie liebt, daß er keins andere lieben, mit keiner andern glücklich seyn kann. Mm. Aber wie — wenn er sie nun tod ge¬ funden hätte? Gen. Sie sind wunderlich. Tod ist tod! Mur. Oder wenn sie nun einen andern liebte? F Gen. 82 Gen. Das thut sie aber nicht — sie war beinahe ein Kind des Todes, als sie hörte, daß er noch lebt; das war Freude; das war Liebe. Mut. Oder wenn sie ein anderer liebte, und ich sie diesem andern schon versprochen hatte? Gen. (feurig.) Einem andern schon ver¬ sprochen? Blitz und Donner! Sie dürfen sie Niemanden versprochen haben. Nur der Tod soll sie ihm nehmen. Ich möchte den sehen, der es wagte, meinen Sohn unglück¬ lich zu machen, ihm das Weib zu nehmen, das sich sein Herz gewählt hat, und das ihn liebt. Ich würde ihn — Mut. (erschrocken.) Was? Gen. Erst sagen Hier, Freund, hast du Geld — suche dir eine andere. Ich wür¬ de ihn auf den Knieen bitten, daß er abstün¬ de. Ich würde ihm sagen — Freund —- hohl dich der Teufel! — Er liebt sie, sie liebt ihn — Geh! Gieng er aber dann nicht, so würde ich ihm sagen: Geh, oder ich spal¬ te 8o te dir den Kopf. Für meinen Sohn lebe und sterbe ich. Mut. (bei Seite.) O Gott! (laut.) Herr General, ich habe — Gen. Sie Niemanden versprochen? Das glaube ich auch — Aber was machen Sie mir denn für Wolfsgruben vor, wo ich mir meinem Vaterherzcu hineinpurzeln muß. Al¬ so diese Sache ist abgcthan, und Ihre müt¬ terliche Vesorguiß zieht in die Winterquartie¬ re. An Proviant wird es unfern Herzen nicht fehlen; dafür bürgt mir die Tugend un¬ serer Kinder. Mut. Nur noch eine Beforgniß. Gen. (ungeduldig.) Noch eine. Mut. Ihr Sohn ist adelicher Geburth. Gen. Mich erhob die Königin Christina sür meinen Dienst in den Grafcnstand. Mut. Meine Tochter ist eine Bürgerin. Gen. Wird sie ein braves Weib, eine ehr¬ würdige Mutter, die dem Staate wieder bra¬ ve Mütter und nützliche Diener bildet, so adelt sie sich selbst. Mut. Aber — Gen. F 2 84 Gen. Sehen Sie, liebes Mütterchen, die Welt ist ein Schauspielhaus, in dem sich alle Stande versammeln. Jeder will sehen, und gesehen werden. Wenn ich nun eine Stufe höher stehe, und erblicke einen verdienst¬ vollen Bürger, der nicht gesehen wird, und ich reiche ihm freundlich die Hand, und stelle ihn neben mir, was wird er für mich fühlen? Mut. Wahre Ehrfurcht, wahre Liebe. Gen. So mache es der wahre Adel mit dem verdienstvollen Bürger, so der redliche Bürger mit dem amsigcn Bauer. Das Land, wo Hand in Hand die verschiedenen Stande zum allgemeinen Veste» friedlich wirken, das hat die edelsten Menschen, da wohnt Zufrie¬ denheit und Seegen. Für den Staat giebt es nur Eine Tugend: 5ür ihn thätig zu seyn, zu leiden und zu sterben, und wer cs am weitesten in dieser Tugend bringt, der ist der beste Bürger. In einigen Tagen ist Hochzeit. Mut. (bei Seite.) Meine Hosuung! (laut.) Herr General, das kann nicht seyn — Meine 85 Meine Tochter ist ans der Insel Rügen ge- bohrcn — der Taufschein — Gen. Daß sie gcbohrcn ist, daran wird kein Mensch zweifeln, und daß Sie sie haben raufe» lassen, darauf will ich schwören. Zweiter Auftritt. Vorige. Erich. Gen. Haha!—Herr Hauptmann! Sind Sie meines Sohnes Freund? Erich. Herr General! Ja, ich bin sein Freund. Gen. Warum laufen Sie denn weg, wenn er kommt — Es scheint mir, als waren Sie nicht begierig, ihn zu sehen, und er ist doch Ihr wahrer Freund. Erich. Und mein wshlthater! Ich nahm von ihm, weil es ihn freuete; aber er gab, und war glücklicher, als ich. Gen. Da haben Sie recht. Der Geber ist der Glückliche! Aber verlassen Sie sich darauf; mein Sohn ist dankbar; oder er hat es schon F 3 ver- gesscn, daß Sie sein Schuldner sind. Gleich soll er bei Ihnen scyn. Mütterchen! ES bleibt dabei. Sic (zu demHauxtnianne) sind Braut¬ führer, und wenn die Lcyeru und Schalmeien sich hören lassen, so werfe ich meine Pelzstie¬ fel weg, und tanze mit der Braut den Eh- »entauz. (ab.', Mut. Mit dem ist nichts zu machen, und Mariane must eö Adolph jetzt gleich entde¬ cken, denn Sie haben nicht den Muth dazu. Erich. Nein. Mut. ES ihm länger verschweigen, wäre unedel, und frommt uns nichts. Mariane ist so ängstlich um Sie. Erich. Und Adolph? Mm. Frug oft nach Ihnen. Mariane — Erich. Hat sie ihn gut empfangen? Sie eilte doch voll Freude in seine Arme? Mut. SieempfiengJhren Freund so, daß er nichts ahnen kann. Erich. Erfüllte Liebe und die Freude, sie wieder zu sehen, sein ganzes Wesen? Mm, Seit er weiß, daß Sie hier sind, 87 beschäftigt' ihn Mariane nicht mehr so sehr. Mer sie leidet desto mehr. Erich. Er wird kommen! Ich biti nun ge¬ faßt, ihn an mein Herz zu drucken. Mut. DaS für Ihre Frau nun wenig fühlt. Erich. Ich liebe sie. Aber der betrogene Freund wird leiden. Mut. wird leiden — sie leidet schon. Erich. Auch ich. Mut. Wir alle, ich für alle. Doch ich werde nie vergessen, daß der erste sanfte Trost dem kranken schwachen Weibe, der Schuldi¬ gen gehört. Schrecklich habe ich mich ge* tauscht, als ich glaubte, ei» seltner Freund werde auch ein seltner Gatte. Erich, (der durch die ganze Szene immer nach der Thüre ficht) Er kommt! Das ist er. Ich kenne seine Stimme. Mut. Fassung, lieber Sohn!(ab.) Deik- S 4 88 Dritter Auftritt. Erich. Adolph. Ad. (stürzt in seine Arme) Erich! Mei» Erich! Erich, (bleibt stehen, doch breitet er seine Arme nach ihm aus.) Ad. Erich! Du sagst ja nichts? Erich. Ich fühle. Ad. Auch ich! Wohl; laß u»S schweigen; wir verstehen uns doch. Erich. Du lebst? Ad. In Wonne und Entzücken, (umarmt ihn) Ich habe Dich. Erich. Nicht sie? Ad. Nicht sie? Mit diesem Vück. Jch habe Dich und sie. Erich. Ja, Freund! Ich bin Dein mit ganzer Seele. Ad. Du bist meines Lebens beste Stütze; in Dir liebe ich auch sie. Erich. Adolph! Was ich Dir bin, höre ich auf, zu seyn. Ad, Durch Mariane? Erich- 89 Erich. Ja! Durch sie. Die Sonne Dei¬ ner Freundschaft wird mich nicht mehr er¬ wärmen; ihre Strahlen werden Weiüerreize brechen — Ich — Ad. Jetzt versteh' ich Dich. Du hast dem Anscheine nach ganz Recht. Erich! Ich ha¬ be Dich, den Freund, gerauscht! Erich. Du! Mich? Womit? Ad. Ich liebte, als ich mit Dir den Bund der Freundschaft schloß, und verschwieg es Dir. Erich. Das ist kein Verbrechen. Du siehst rein unv verklart vor mir. Ad. Nein! Unedel, niedrig denkt der Freund, der vor seinem Freunde ein Geheim¬ nis hat, und es vor ihm zu verbergen sucht. Erich, (betäubt) Ja, Du hast Recht. Ad. Ich selbst würde mich verachten, wenn ich nicht bloß um Deinetwillen meine Liebe Dir verbarg. Fürchtetest Du nicht immer, daß Liebe uns einst trennen würde ? Wie un¬ wichtig, wie gefährlich für den Ruhm des Mannes schildertest Du mir die Weibcrlicbe. Ich wollte Dich nicht kranken. Dir nicht sa- F 5 Scn r yo gen: Freund! Du irrest! Liebe erzeugt jede große Tugend, und auS ihrem weichen Bo¬ den keimt jede große That- Liebe macht auch zur Freundschaft fähiger. Erich. Nein, nein! Das glaube nicht. Weiberlicbe macht unsre Herzen eng und klein; lähmt unsere Kraft. Wir denken nur auf unsere Seeligkcit, und sind bei der Mensch¬ heit Thränen kalt, wenn die Geliebte uns nicht lächelte. Selbstsüchtig duldet die Liebe nm sich die edlere, solide Freundschaft nicht. Ad- Nein, Erich! Hatte ich Mariane nicht in hohem Grade geliebt, nie wär' ich im höch¬ sten Grad Dein Freund geworden. Liebe und Freundschaft sind zwei gleich gestimmte Sai¬ ten, deren Töne sanft ineinander Halle», und deren Harmonie die Menschheit glücklich macht. Marianen hast Du Deinen Freund zu danken. Sie gab mich Dir. Erich. Sie wird nehmen, waS sie gab. Ad. Das wird, will und kann sie nicht. Du wohnst, wie ich höre, hier schon ein gan¬ zes Jahr, Du mußt sie kennen.—.wie lern¬ test Du sie kennen? Erich. yr Erich, (der cs falsch beutet) Ich war trank, und wollte nach Stockholm. Meine Wun¬ den brachen wieder auf, und ich wurde so schlecht, daß ich in diesem Dorfe liegen blei¬ ben mußte. Mutter und Tochter hörten es- Mitleid führte Sie zu mir. Sie nahmen mich zu sich. Durch der Mutter, noch mehr durch Mariancns Pflege genas ich. Ad. Sieh, Bruder! Das Schickst! selbst hatte sie bestimmt, meinen Freund mir zu er¬ halten, uns Zu vereinigen. Erich. Sie kannte mich kaum als Deinen Freund. Ad. Desto edler, desto rühmlicher, und doch kannst Du fürchten, daß ein so edles Weib unsere Freundschaft schwachen könne/ Glaube mir, so, wie sie mir heiße Liebe giebt, so wird sie Dir mit reinem, vollen Herzen ihre sanfte Freundschaft weihen. Sie wird mit Freuden sehen, daß ich auch in Dir lebe, und Dich nicht beneiden. Ich kenne sie; ich sah, wie ihre Gefühle sich entwickelten, und wie an§ ihrer Seele jede schöne Tugend keimre. M die Natur sie bildete, erwählte sie, nm üppig 92 üppig ihre ganze Zauberkraft zu zeigen, ihre schönste Form — Der Vorsehung gefiel dies Ideal des höchsten Schönen, und sie hauchte ihr eine Engel — Seele ein. Erich, (der seinen Blick nicht von ihm wandte) Du liebst sie wohl recht sehr? Ad- Deine Freundschaft ist die Stütze meines Lebens, Mariane meine Sccligkcit. Erich. Deine Seelicst'eit! Ad. Nie kam ihr Bild aus meiner Seele, und meine Phantasie mahlte es mir so ans, wie ich es jetzt fand. Erich. Adolph! — Warum schriebst Du ihr nicht? Ad. Wie konnte ich? (mit geheimmßvvllem Vertrauen) Dir kann ich es jetzt sagen! Mein Vater wurde bei dem Ausbruche des Krieges unter fremdem Nahmen in die kaiserl. Staa¬ ten gesandt, die Protestanten zu gewinnen, ihre Hofnung zu beleben. Es wurde entdeckt, und er entkam nur mit dem Leben. Seinen Sohn hatte man in Händen, und man warf ihn in eine wohlverwahrte Festung; und reden und schreiben ward zu gestatten meinem War- 93 Wärter streng 'verbothen. Bestechen konnte ich ihn nicht; denn ich war tief in Ungarn, und von allem Gelde entblößt. Erich. Dir fehlte eS an Gelde, indeß ich durch Dich reichlich hatte, und von dem Dei¬ nigen schwelgte. Ad. Nach zwey Jahren ließ man mir mit jedem Tage meine Befrcyung hoffen; doch sie erfolgte erst nach dem Friedensschlüße. Erich, (knirschend) Das Schicksal hatte eS so beschlossen. Ad. Was ist Dir? Du bist mehr, als be¬ trübt. Erich! Du wendest Dich von mir; ich bin Dir fremd geworden; es scheint, als liebtest Du mich weniger. Erich. Veym Himmel! Nie liebreich Dich sosehr, als jetzt. Ad. Beweise es mir. Erich. Womit? Ad. Hohle Mariane. Lege meine Hand in die ihrige, nnd seegne unS mit froher Miene. Erich. Wie? Adolph! — Ich sollte — (ängstlich und gepreßt) Adolph! Kannst Du denn ohne sie nicht glücklich seyn? Ad. 94 2ld. Nicht leben lind nicht glücklich seytt. .Erich! Wäre mir Deine Kalte^gcgeu Weiber nicht bekannt — ich würde — Erich. (erschrocken ) Was? Ad. Glauben müssen, daß Du sie liebst. Erich, (noch mehr erschrocken) Wie, Adolph? Ad. Nein, nein! Ich glaube cs nicht. Du mußt wissen, daß ich sie liebe, und bist zu sehr mein Freund, um Dir meine Seeligkeit auch nur zu wünschen. Auch achtest Du ja Weiberlicbe nicht; darum erkläre mir, waS Dich so martert? Erich. Deine Freundschaft ängstigt mich— sie preßt das Herz — O Adolph! — Du wirst mich noch hassen und verachten, (geht eiligst ab.) Vier- 95 Vierter Austritt- Mariane begegnet ihm. Vorige. Erich., (führt sie vor) Hier ist sie. Sie kann Dir sagen, wie ich Dich liebe — Sie mag Dir sagen, was ich fühle — Ich kann nicht reden, (hei Seite) Ich kann den Fnu- denbechcr ihm nicht von den Lippen reißen, und rufen: Es ist Gift! Ad. Liebe Mariane! Ein Herz, wi e Ihres, ist stets wahr und offen. Sie kennen meinen Freund. Ist er nicht meiner Liebe und Freund¬ schaft werth. Mar. So werth, daß ich fürchte, ich bin ihm das nicht, was er mir ist. Ad. Ich weiß, er liebt mich; er steht, daß Ihr Herz und Hand das höchste Ziel meiner 'schönsten Wünsche sind, das ich nun erreicht habe, und doch—erklären Sie mir das: Er ist nicht glücklich. Mar. Er kannesnicht scyn! Er ist zu sehr Ähr Frennd. Ad, 96 Ab. Der Freund freut sich über seines Freundes Glück; er that es sonst. Warum weint er jetzt? Erich, (betäubt) Sey glücklich ! Ad. Ich sehe Dich leiden, wie kann ich glücklich sinn'? Fürchtest Du, daß Mariane Dir meine Liebe rauben wird? Theilcn wird sie mein Herz mit Dir. Mar. Doch glücklich preise ich nicht das Weib, das mit einem Herzen voll Liebe ge¬ gen solche Freundschaft kämpft. Sic fordern meine .Hand! Wenn ich sie Ihnen reiche , ver¬ zweifelt ja der Freund. Er kennt die Liebe nicht, weiß nicht, wie Weiber fühlen, lei¬ den — und — ich bin zu beklagen, 2d. (gespannt) Mariane! — Ich — Mar, Sie sind mir noch, was Sie mir waren! (mit Angst und Verwirrung) Ich — bin Ihnen viel, aber nicht alles. Sie lieben Ihren Freund, wie mich. Was Sie ihm geben, wird mir geraubt. Vesser ist es für Sie, wenn — (stockt) Ad. (starrt sie an) Werin? Mar, (ringt die Hände) O Gott! Erich. 97 Erich, (für sich) Schott rocht! Morde ihn! A-. Wenn! Ha! Ich soll nicht glücklich seytt! Mar. Können Sie cs sevn, wenn ich- und Erich leiden? Drei Menschen sind der Vere Zweiflnng nahe! Wahrheit kann sie retten, (entschlossen) Ich will sic sagen. Sehen Sie Ihren Freund an; er sieht, er hört nicht mehr. Würden Sie meine Hand annchmen, wenn cS eine heilige Gewißheit wäre, daß die Srun» de unserer Trauung die letzte seines Leben- wäre? Ad. Nein! Max. Großer, edler Mann! Würden Sie mich nicht hassen, wenn ich für Sie nicht mehr, als für ihn empfände? Ad. (ahnend) Großer Gott! Mar. Werden Sie mich nicht verfluchen, wenn ich ihn liebte? Ad. (schreyend) Mariane! Ich bin ein Mensch! Mar. Gott starke und erhalte Sie! — Ich liebe ihn! V Ad, 98 Äd. Ihn! Weh mir! Mar. Adolph! Barmherzigkeit! (sinkt vor ihm auf die Kniee.) Ich bin mir ihm vermahlt; ich bin Weib und Mutter! (sinkt ganz zusammen.) Ad. Mutter! ( greift pfeilschnell nach dem Säbel) Ha, Verrather! Erich, (sicht es nicht, eilt ängstlich zu Maria¬ ne» und hebt sie auf) Mariane! Meine Ma¬ riane! Ad. Meine Mariane! (iMden Säbel wie¬ der in die Scheide fallen; nach einer Pause) Bist Du mit ihm glücklich? Erich, (der es nicht hört) Mariane! Mar. (matt) Erich! Ad. Wie sie ihn lieben muß! Fünfter Auftritt» Vorige. Mutter. Mm. Gott! Mein Kind! (sie faßt sie, und schleppt sie fort. Mariane, die nicht ohnmächtiz war, blickt auf beide) Sie werden sie noch ermorden, (ab mit ihr. Beide stehen einander gegen über, sehen sich nach den verschiedenen Lm- pfin- 99 pfiudungeii ihrer kage ohue-kotpetlichc Bewegung an; nach einer langen Panse) Ad. Sie liebl Dich wohl recht sihr? Eriche (den Blick auf den Boden.) Ja. AL. Und Du? Bist Du mir ihr glücklich? Erich. Ich war eS. Ad. (ohne sich ihm zu naher») Du sollst cs wieder werden. (gehr.) Erich, (schreist auf) Wohin? Ad. (kalt) Meinen Vater von hier zu ent¬ fernen suchen; denn ich zittere für Dich, wenn er erfahrt, das; Dn— Genug — (geht.) Erich, (tritt ihm vor/heftig) Du willst mich jetzt verlassen? Ad. Dir Deine Ruhe wieder zu geben; Euch mein Vermögen zu verschreiben; denn mm bedarf ich nichts mehr. Erich, (wird immer heftiger/ mid wchmüthtt ger) Nimm erst das zurück, was Du mir gabst. Nun kann ich Dein Schuldner nicht mehr sevu — Hier ist in Papiren, was ich noch davon besitze. Ad. Womit verdien' ich das? Erich. Begreife eS doch. Ich kann Dir G 2 nicht lQ0 nicht schuldig sehn. Nimm, und vermindere dadurch meine Schuld. 2d. Wer -Weib und Kinder hat, bedarf Vermögen. Behalte, waSDu hast. Erich. Nein! Sage ich. Ad. (geht.) Ich bin gekrankt genug, Erich, (hall ihn ängstlich, doch sanft bei dem Arm.) Fordere erst Gcungthuung! Rache Dich, dann geh. Zieh! Ad. Gegen meines Vaterlandes Feinde, gegen meine Freunde zieh ich kein Schwert. Behalte, was Du hast, und wenn Dir Maria¬ ne thcner ist, so nimm um ihrentwillcn an, was ich Dir noch reiche. Meine Rache ist — Dir zu verzechen. Erich. So rachen sich nicht Menschen. Diese tiefe Erniedrigung ertrag' ich nicht. Zieh! Wer großmnthig seinem Zartfühlenden Beleidiger verzeiht, ihn mitWohlthaten über¬ häuft, wenn er sich rachen kann, der rächt sich grausam und unmenschlich. Ad- Ich übe blos eine Tugend aus, di» Du mich lehrtest. Erich. IVI Erich. M kusch ! Wie klein, wie erbärm¬ lich, wie verächtlich machst Du mich. Stol¬ zer! Der handelt ja nicht groß, der seine Große deni gefallenen Bruder fühlen laßt. Ad. Ich thue cs. Tröste Dich damit! (will gehen.) Erich, (ängstlich) Nein, Adolph! Nein! So lasse ich Dich nicht. Ich verfluche ein Leben, das ich verachten muß. (Erzieht. Bit¬ tend.) Lieber Adolph! Du mußt Dich mit mir schlagen. Nur Dein zischender Sabel, nur mein sirvhmcndcö Blut kann mir den an Dich verlohnten Adel meiner Seele wieder geben. 2d. Rasender! Ich soll nach einem Leben streben, für dessen Erhaltung ich einst zn Eon so innig betete? Erich, (wirftihm die Papire hin — weinend) Nimm, Uebermüthigcr, Dein Geld! Du sollst nicht mit Deiner Großmuth prahlen, und auf den Trümmern meiner Ehre Dir ei¬ nen Tempel bauen können. Es ist Dein Plan, mich zu erniedrigen, und das innere Gefühl meiner Schande ist Dein wohldnrchdachtcs G z Werk. ! IO2 Wer?. Sing'-nicht Jnbcllieder, es soll Dir nicht gelingen. ") Ad. Ich sehe. Du willst mich reizen, daß ich durch eine unedle Rache Dir ähnlich wer- den soll. Du mißgönnst mir "den traurigen Triumph — besser zn seyn, als Du. Erich, (init Thränen) Dein Edelmuth, und Deine Herzendgüte erniedrigt mich, und raubt mir alle Freuden, die Liebe und Natur mir geben rönnen. Bestrafe mich, wenn ich in Marianens Arme nicht verzweifeln soll. Aus Barmherzigkeit zieh Deinen Sabel. Laß Dich herab zu mir. Erniedrige Deine edle Seele, und ziehe die meinige aus dem Staub, ' in den Du sie geworfen hast, (bittend) Gieb mir den iuncrn Frieden meiner Seele wieder. Mache, daß ich mich nicht verachten muß. Ad. Das sollst Du nicht. Wohlan! Es scyIch soll mich wie eine gemeine Seele ra¬ chen, um Deine Tyat zu adeln? ES soll ge¬ schehen! Ich opfere Dir auch das göttliche Bc- *) Der Schauspieler wird vvnr Dichter gewarnt, keine drohende Bewegung gegen Adolph zu Machen, I0Z Bcwußtfcyu auf—ich habe dem, der mich vernichtete — vergeben! Wenn Dein Blut meinen Sabel färbt; nach der leichtesten Wunde, kannst Du ruhig seyn; dann bin ich Dir gleich, und das »rillst Du doch nur. Jezt komm! Erich, (läßt den Sabel fallen) Nur» kann ich nicht. Ad. Nimm Deinen Sabel; ich erfülle Deinen Wunsch. Erich. Ich »rill Dir das Vewußtseyn Dei¬ nes EdclmuthS nicht rauben. Ad. Nimm, sag' ich. Ich »reiß, Du bist nicht feig. Ich fordere als Edelmann, und nach Soldatensittcjezt Genugthuung. Nimm, oder ich haue »rie ein Mörder auf Dich zu.^ Erich. Das thust Du nicht. Ad. Ja, Betrüger! Mich fangt, cs an nach Deinem Blute zu dürsten. Erich. Nach meinem Blute? Du lügst. Aber diese Lüge sagt mir, daß Du mich doch noch liebst. Ad. Du tauschest Dich. Nimm Deinen Sabel! G 4 Exich. 104 Erich. O Nein, nein! Du hast mir wie ein Gott vergeben; daS allein kann Dich trö¬ sten ; dies Gefühl ersetzt Dir das Verlohrne. Darum stecke Deinen Sabel ein, oder ich flie¬ he, wie ein Feiger. Mein Blut soll die wei¬ ße Farbe Deiner schönen Tugend nicht befle¬ cken. 2d. Nimm, oder — Sechster Auftritt. Vorige. Mariane. LNar. Adolph! (schreiend ) Barmherzigkeit! (zu seine» Füssen.) Ich bin die Schuldige — Mied müssen Sie ermorden. — Er ist, wie Sie, von mir betrogen. Wenn sein Blut Ih¬ re Rache sättigen, Ihre Leiden vermindern kann, in meinen Adern rollt anch das scinige; unter meinem Herzen finden Sic sein zweites Leben. Alle Freuden, die er als Mann, als Vetter, als GrciZ zu hoffen hat, morden Sie ni dem Wesen, daS ihm das Leben dankt. Ich meyne eS gut mit Ihnen , ich zeige Ihrem rach- 125 rachgierigen Herzen ja den wahre» Weg, um ihn auf ewig zu vernichten. Lrick. Nun verzeihe ich Dir, dast Du ihn nicht liebtest! Ich sehe, Du kennst ihn nicht. Mar. (sicht auf zu Erich) Ein Weib, das den sanften Schlagen seines HerzenS felgt, und tugendhaft den liebt, der edel denkt, hat um Verzeihung Niemand anzuflehen- Euer Be¬ tragen, eure Strenge gegen mich, laßt mich erst erkennen, daß ich nicht se schuldig bin, als ich eö glaubte. Ein sterbender Weiser blickt mit Lächeln auf die Schwachen seiner Mensch¬ heit hin; ft auch ich auf die Verirrung mei¬ ner Kinderjahre. Ich wußte nicht, was Lie¬ be war, als Sie nut mir von Liebe sprachen. Zum fühlen, nicht zum denken, wird das Weib gebohren und erzogen, und wer mich dafür strafen will, daß ich in früher Jugend nut Ihnen von Liebe und Heurath sprach, der handelt ungerecht. Ihnen reifte Bildung früher den Verstand, und der Urstoff aller Wesen gab Ihnen LNanncrkraft. Sie har¬ ren meiner Liebe entsagen, oder mich nicht G 5 ver- zoü verlassen sollen, und seit drei Jahren erhielt ich keinen Brief. Ad. Mariane! Noch habe ich Sie mit kei¬ nen! Worte, mit keiner Miene angcklagt. Mar. Aber er, er ist in Ihren Augen der Schuldige! Er soll für das Verbrechen büßen, das ich an ihm begrenzt Krank, elend lernte ich ihn kennen, und der große Dulder litt lä¬ chelnd für den König und das Vaterland. Die¬ ser edle Biedersinn erwarb ihm meine Achtung, und seine Leiden, die Todesgefahr, in der er¬ lange schwebte, meine Liebe. Meiner War¬ tung, meiner Pflege, glaubte er, sey er daS Leben schuldig, und seine Dankbarkeit gieng bald in Liebe über, die er mir gestand, und die ich mit frohem Herzen erwiedcrte. Er liebte mich; ich war schon seine Braut, als ich hörte, er sey Ihr Freund. Ich sah, wie werth, wie heilig ihm jede Kleinigkeit von Ihnen ist, und — schwieg. Ad. Wie! Er wußte nicht — ? Mar. Sv wahr mir der Himmel gnädig ftyn soll! Er wußte bis heute nichts. Ad. IO- Ad. Erwußke mchtS? (last den Sabel fallen) Du hast :nich also nicht betrogen nnd vcrra- then, bist noch meines Herzens nnd meiner Liebe werth — und wolltest mich zu Dei¬ nem Mörder machen? Grausamer! Dlos um Dick zu beruhigen, wollt' ich Dich in dem Au¬ genblicke oerwunden, da ich Dir meine Thra- nen und sanfte Worle Halle weihen sollen. Du warft rein und schuldlos, und wolltest mich zum Verbrecher machen. Womit hab' ich das verdient? Erich. Schuldig oder nicht. Ich habe alle Freuden Dir geraubt, die Du von ihrer Liebe hofftest. Ad. (nach einer kurzen Pause) Liebt ich sie denn nur uni meinetwillen? Hältst Du mich sür so klein, daß ich durch Mariancus Liebe bloS meine Seeligkcit vermehren wollte? Ich liebte sie um ihrentwillcn. Sie glücklich zu wachen, war meiner Liebe höchster Eigennutz, rmd meines HcrzcnS schönstes Ideal. — Es ist erreicht durch Dich — ich höre ans, zu lie¬ ben. Sic ist glücklich, meine Liebe ist erhört! Mein soZ Mein Freund ist durch sie glücklich! Mehr ha¬ be ich nicht zu wünschen. Erich. Du schwärmst. Ad. Nein, nein! Ich fühle in diesem Au¬ genblicke, daß ich den gesunkenen Glauben an Menschen - Tugend retten kann. — ES seil ge¬ schehen! Es giebt ja eine Tugend, die hier und dort nicht aufBclohnung hofft — ich will sie üben, (ergreift ihre Hände) Gott stegne euch, so wie ich. (freudig) Lebt glücklich l So glück¬ lich, als ich cs wünsche! (Adolph und Mariane sinken einander aus Schmerz in die Arme.) L! Welche nie gefühlte Freude genieße ich jetzt. Ich verschweige in diesem Augenblicke die gan¬ ze Summe meines Glücks, und verprasse meine ganze Seeligkeit. Nach diesem Augen¬ blicke fordere ich keine Freude mehr — und mein Genuß ist: Unempfindlichkeit und Rälte. Und dech ist der Herr aller Wesen gegen mich nicht ungerecht; denn das Insekt, dessen Le¬ benslange der Sonne Auf - und Niedergang begranzt, hat soviel Wonne, als dcrMcnsch, der viele Lebensjahre zahlt. Mar. Ebler Mann! Erich. Erich. Ich ertrage Deine Leiden nicht. Ad. So will ich enden, da ich sehe, daß Ihr euch auf meine Freuden nicht versieht. Verbergt eure Liebe meinem Vater noch. Lebt wohl! Siebenter Austritt. Vorige. Mutter. Gleich darauf der General. Mut. Der General — Ihr Vater — ist erwacht, (erblickt die Gewehre.) Gott! Hebt auf! Ich fürchte ihn. (Sie heben die Säbel schnell auf/ die Mutter das von Erich hjngeworftne Papir.) 2ld. Geduld! Ich muß mich fassen —da ist er schon! Noch darf er es nicht wissen. Ach- I IQ Achter Auftritt. Vorige. General. Gen. Nun, da send Ihr ja alle! Ich glau¬ be, Ihr ließt mich bis an den jüngsten Tag schlafen. Aber Adolph! Was fehlt Dir? Äd. (fast sich zuerst) Mir, mein Vater? Was kann einem Glücklichen fehlen? Ich bin — nur feyerlich gestimmt. Gen. (hat sie alle mit Bedenklichkeit betrachtet) Warum? Adolph, rede offenherzig! Ad. (verlegen, wie alle) Mein Vater! Gen. Dir ist etwas. Sohn meines Her¬ zens! Fordere alles, waS Du willst. Ad. Diese Güte — Gen- Vakcrgcfühl ist nicht Güte! WaS kann Dir scyn? Du hast Freund, Vater und Geliebte, und der Tag der Hochzcir ist nicht fern. Ad. Eben daS. (faßt sich und erschrickt.) Gen. Eben das? Mut. Ich erwarte noch einige Freunde, den Tag zu feuern. Ibr Sohn meint — Gen. III Gen. Mütterchen! Was mein Sohn meint, höre ich lieber von ihm, als von einem an¬ dern. Nun? Ad. Mariane sah mich lange nicht — Ich bin ihr etwas fremd geworden — Sie liebt mich noch — Doch vielleicht nicht so, wie — ich eS wünschte. Gen. Mariane! Liebe HcrzenStochter! (rührend) Liebe ihn doch, wie er es wünscht. Sieh, ich bin ein alter, kranker Mann. Ich habe drey Jahre nm ihn geweint, und lebe mir noch in ihm. Mache ihn glücklich! Sieh diesen Diamant. Ich erhielt ihn von dem großen Gnstav Adolph; er ist mir thcncr; aber Dir will ich ihn geben(dringt ihr den Ring auf.) mache ihn glücklich! Einem alten Manne zu Liebe werde einmahl roth, und sage cs ihm hier vor uns allen ganz laut, daß Du ihn recht herzlich liebst. Nar- (wir cine MaschienchSic wissen,Adolph, — wie ich Sie liebe. Ad. (gezwungen) V Freund! Beneide nicht wein Glück - - Sie iicbt mich! Gcir» n Gen. Freund ! Beneide ! Bliß und Don¬ ner ! Mar. (eilt ängstlich auf de» General zu) Herr General! (beugt steh über seine Hand) Mein Vater! Gen. (den Hauptmann scharf aufthcnd) Bin ich das? Willst Du mich dazu machen? Ad. Nun bin ich ganz ruhig. Gen. Daß sie Dich liebt, das weiß ich, aber — Hier, Adolph! Nimm Dein Weib und geh. Ich muß hier erwaS berichtigen- (zu der Mutter) Sie bleiben, wenn ich bitten darf— (Mariane, Adolph gehen furchtsam fort, der Haupt¬ mann folgt.) Herr Hauptmann! Gehen Sie auch wieder mit? Erich. Ich gehe in den Garten. Gen. (steht ihm mißtrauisch nach.) Sagen Sic mir, wie lang kennen Sie den Haupt¬ mann schon? Mm. Ueber ein Jahr. Gen. Wie gefallt er Ihnen? Mut. Ganz wohl. Gen. Wie sieht es mit seinem Herzen ans? Mut. Er ist ein Mann von Ehre. Gen. riz Gen. Und er lebt von? Mut. (schwer) Bon dem Vermögen, was ihm Ihr Sohn gab. Gen. Sie hatten vorhin so viel Bedenklich¬ keit — jetzt habe ich eine. Sagen Sie mir, wenn Sie die Wahl hatten, sich einen Schwie¬ gersohn zu wählen, wem würden Sie den Vorzug geben, ihm oder meinem Sohn? Mut. (mit Wahrheit) Ihrem Sohn l Gen. (umarmt sie) Ich danke, liebes Müt¬ terchen! Ich habe mich geirrt. Kommen Sie. Ja, mein Adolph ist ein Ehrenmann! (jhx schmeichelnd.) Und Sie sind ein braves Weib, Der Vorhang fallt. H4 Vierter Aufzug. Erster Auftritt. Mutter. Adolph, treten ein. 2ld. Warum suchen Sie mich von ihm und ihr zu entfernen? Glauben Sie, daß ich ihr Glück nicht ertragen kann. Es macht mir wahrlich keinen Kummer. Mur. Dann waren Sie kein Mensch! Nichts gewahrt Ersatz für verlohruc Liebe und für herzliche Gefühle. Sie wollen fröhlich scheinen, und kämpfen gewaltig mit dem in¬ ner» Schmerz, daß er nicht stürmend über seine Schranken treten soll, DaS muß Ihnen schad» HZ schädlich werden, und ein so edles Leben soll Krankheit nicht verkürzen. Ad. Sie irren. Ich leide nicht; ich habe aufgehört, zu leidest. Mut- Jeder Schmerz muß tobend sich ei¬ nen Ausbruch bahnen; erst nach dem Sturm folgt Ruhe in der Seele eines Menschen, wie auf dem Meere. Ad. ( gepreßt) Wenn ich sie glücklich sehe, kann ich denn trauern? Sie lieben sich, und ich genieße ja ihre Freuden mit. Mein Wunsch ist, daß sie sich ewig lieben. Mut. Diese Große ist nicht wahr; denn sie ist nicht menschlich. Was zu früh ge- bvhren wird, lebt kränklich oder stirbt. Nach Thranen folgt Ruhe, die Gefährtin jeder Größe. Ad. Thranen! Ziemen sie dem Mann? Mur. Ja, mein Sohn! Wenn ein Krieger weint, so gewinnt er alle Herzen, und adelt seinen Stand. Mensch zu seyn, entehrt ja nicht. Ad. Ich kann nicht weinen. Freilich ist mein Arhem kurz und meine Brust beklemmt, H A aber nü aber -— (sitiszend) sic war für ihn bestimmt; sie lieben sich! (wendet sein Gesicht »en ihr, das sich schmerzlich verzieht) Ich leide nichts. Mut. Sie wenden Ihren Blick von mir, Herr Obrist! Warum von mir? Ich habe sie Ihnen nicht geraubt. Ad. O nein! Diese Güte — Mut. Sic haben keinen Freund, an des¬ sen Brust Sie weinen können, und kein Mann kann Sie so begreifen, als ich. Die unglück¬ lichen verstehen sich! Oefnen Sie Ihr Herz! Sie verbergen großmüthig selbst vor Ihrem Vater diesen Kummer. Ihre Mutter verkeh¬ ren Sie sehr früh. — Adolph! Ich möchte so gern Ihre Mutter sepn. —- Nennen Sie mich Mutter. Ad. ( Er lehnt sich über ihre Hand. Weicher.) Mutter! Meine Mutter! Mm. Sohn! (zärtlich) Komm und klage Deiner Mutter Deine Leiden. Weine an dem Busen eines Weibes, das Thranen so gerne trocknet. (Sie riegelt die beiden Thüren schnell zu) Dein Vater, Dein Freund, Mariane, kein Mensch sieht Deine Thranen fließen, Ma¬ riane "7 NMiL ist für Dich dahin! Umfasse die weiten Gränzcn seines Glücks-und .Deiner Leiden, Weine um das Verlchrnc, wenn Du den Verlust ertragen willst. Ad. Ich habe keine Thrancn. Mariane starb in meinem Herzen; es ist verschiessen, wie ein Grab. Kalt und sühlloS blicke ich in die Welt, und finde meine verlosirne Hoffnung in keinem Wesen wieder. Als Kind lebte ich an ihrer Seite; wir wandelten Hand in Hand durch das junge Leben hin. Alle meine Sin¬ ne schwiegen, und nur die Seele horchte auf den Wohlklang ihrer Stimme. Die Men¬ schen lieben nicht, die fühlen, daß sie Men¬ schen sind! — Ich fühlte es nie! Sie sehen, sie hören, war alles, was ich wünschte. Sie lohnte mich für meinen Fleiß; sie war so aut! — Ach! Ja das waren meine golde¬ ne Zeiten. O Mutter! Diese kommen nie¬ mals wieder, (luichtinThräaenaus) und das Verlohnte ersetzt mir keine Ewigkeit — (ver¬ birgt scin Gesicht ans ihre Schulter.) Mariane! Mm. Gott scy Dank! Lhränen! (Pause. ) 2d. (weinr laut.) H 3 Mur. HZ Mut. (ihre Hand auf seinem Kopp- Weine, mein Sohn! Mannerthranen sind heilig und ehren das Weib, auf dessen Brust sie fallen. Ad. (ohne sich ausimichten) Sagen Sie ihm nicht, daß ich so leide. Mein Geheim- niß sind Thranen; er preßt sie mir auZ den Augen, das darf er nicht erfahren. Mut. Wer für andere leidet, und diesen seine Leiden noch zu verbergen sucht, den müssen Engel trösten. Ad. Trost! Wo soll ich ihn finden? Wenn die letzte Stunde meines Lebens schlagt, dann endet sich mein Jammer. Ach! Ich wün¬ sche mir den Tod- Mm. Das dürfen Sie nicht. Dieser Kleiumnrh sieht Ihnen auch nicht ähnlich, und mit der Zeit heilt sich die Wunde, die Sie für unheilbar halten. Wer leidet, der werde sich selbst fremd, vergesse sich ganz und lebe nur für andere. Die arbeitsame kleine Biene sey von nun an Ihre Lehrerin. Sie sucht rastlos und amsig den Honig in vie¬ len Blnmen auf, und tragt ihn in den Korb. Wer immer thatig ist, kann nicht unglücklich seyn. seyn, und wer viele gute Werke übt, der er¬ füllt des Menschen schönste Pflichten, nnd sammclt für die Ewigkeit. Ad. Ja, liebe Mutter! Sie haben Recht. Mir ahnet es; in dieser Gegend blüht mir ein Paradies, (feurig) Aemsi'g will ich mir gu¬ te Thaten pflanzen, und unter ihrem Schat¬ ten fühlen, daß Wohlrhatigkcit, wie die Liebe, des Himmels schönste Gabe ist. Fort will ich aus Schweden. Wer Elende finden. Unglückli¬ chen helfen will, der blicke au den Horizont: Da, wo die Kriegesflamme lodert, und der Donner des Geschützes rollt, da ist der Him¬ mel zu verdienen. Mut. Dieser Entschluß ist eines Mannes würdig. Nur besänftigen Sie jetzt erst Ih¬ ren Vater. Ihr Freund hat alles von seiner Soldatcuhitze und seinem Vater — Herzen zu befürchten. 2td. Sie haben recht. Er ist ein guter, edler Mann; aber ich fürchte — Sie kennen ihn nicht, so wie ich. Liebe zu mir kann ihn zu allem bringen — Ich will mit ihm reden. H 4 Mut. !20 Mtt. Gut, mein Schn! Doch ehe Sie scheiden — Mariane wünscht — Ad (fturig) WaS, weine Mutter? Mut. Sic will mit dem Freund ihrer Ju¬ gend reden — allein reden. Ad. Sic wünscht eS — es mag mir from¬ men oder nicht — ihr Wille ist mir Gesetz. Nur. Ich will sie Ihnen senden. Mein Sohn ! Edler Mann ß (sie will reden) Ach! (faßt sich) Ich bin so bewegt. Gott! War¬ um sind die guten Menschen doch stets ein Opfer ihrer Güte und Vortreslichkeit! (ab.) Ad. Sie will mich sprechen! Was soll ich sagen ? (Fast sich schnell, zieht ein Blatt Papir miS seiner Brieftasche.) Jetzt ist der Augen¬ blick dazu. Zweiter Auftritt. Mariane. Adolph. Mar. Sie haben meinen Wunsch erfüllt. Wir können jetzt nngestöhrt mit einander re¬ den. Ihr Vater schreibt in dem obcrn Zim¬ mer, I2r mer, und Erich sucht mich nicht ans; demr sein Herz vermißt mich nicht. Ad. (lächelnd) Er glaubt, er muß mich scheuen, darum flicht er Sie; mein Anblick niacht ihn betrübt, darum muß ich fert. Mar. (etwas erschrocken.) Sie wellen fort^ Vergessen Sie das Wicderkemmcn nicht. Ad. Wir scheiden! Mar. Aber nicht auf ewig? ( dringend ) Versprechen Sie mir das; ich kam. Sie dar¬ um zu bitten. Ad. Sie fordern viel. Mar- Adolph! Wenn mein Gefühl mich nicht tauscht! Wenn ich Ihre Liebe recht ver¬ stehe ! — Sie könnten bei nnS bleiben. Ad. Sie begreifen meine Liebe, das sehe ich jetzt. Ich liebte nicht, wie Manner lieben. Nie hiengen meine Sinne an Ihren Reizen, und meiner Liede zärtlichster Genuß war, wenn ich Sie schon und edel handeln sich. Nie sehnten sich meine Lippen nach den Ihri¬ gen, und selbst alb wir schieden, wünschte ich mir nichts, als in diesen Augen eine Thra- H 5 ne 122 ne zu erblicken: ich suh sie fallen, und war der glücklichste. Mar. Wie ich Sie damals liebte, liebe ich Sie noch, und Sie bleiben diesem Her¬ zen ewig theuer, auch wenn Sie von mir scheiden. Erich, (tritt auf die Bühne, und hört die letz¬ te Liede; er bleibt stehen.) Ad. So habe ich ja nichts verlohren. Sie lieben mich noch? O! sagen Sie mir cö noch einmal, und ich bin wieder so fröhlich, als ich war. Erich, (indem er leise gegen die Gartenthüre rugeht.) Seine letzte frohe Stunde! Sie ist mir heilig! (ab.) Mar. Nein! Sie haben nichts verlohrcn. Ja! Prüfen Sie sich recht, wie ich es that, und Sie werden finden, daß wir uns beide täuschten. Blicken wir doch zurück in jene Zeilen, wo wir mit kindischem Vertrauen uns oft srugen — 2d. Es waren" unsere goldene Zeiten; die kommen niemals wieder! Mar. I2Z Mar. Sie sind noch da, Adolph! Nicht die Zeiten, der Gegenstand hat sich geändert. Ms Kinder weinten wir um einen toden Vo¬ gel; jetzt betrachten wir der Menschheit Lei¬ den, helfen, wo wir können, und leidend», wo wir nicht helfen können. Wir fühlen jetzt mehr, nur daß wir es nicht wissen. Wir denken eft zu viel; denn wer genießen will, der muß nicht grübeln. Adolph! Denken Sie nicht so viel, und bleiben Sie bey «ns. 2id. Nein, Mariane! Das kann nicht seyn. Mar. Hier bey uns würden Sie sich ver¬ stehen lernen, und Heilung finden. Erich liebt mich als Mensch — als Mann! An sei¬ ner Liebe würden Sie lernen, daß Ihre Liebe zu mir nicht Liebe war, und daß wir uns beyde tauschten. Ad. (gekränkt) Sie wollen mir etwas neh¬ men, was ich nicht entbehren kann. Sie wollen meine Liebe mir verdächtig machen, daß ich an sie nicht glauben soll, (empfindlich) Es sey! Ich liebte nicht. Mar. Wer sich unglücklich finden will, und stets an sein Unglück denkt, der wirdcs gewiß. 124 gewiß. Sie denke!,, grübeln über Ihre La- gc — aber ich fühle sie. Der Verstand des ManneS ninß erst zergliedern, was des Wei¬ tes Scharfsinn schnell umfaßt, uns was ihr Gefühl noch schneller zu entziffern weiß. Sie werden es einst, wie ich, begreifen, daß wir uns nicht liebten. Ad. (kalt) Ich glaube selbst, Sic habe» recht. Mar. (bemerkt seine Empfindlichkeit; tvill re¬ den, bricht aber ab. Mit Graste und Mitleid) Sic bleiben also dabey, daß Sie reisen? 2d. Auf eine kurze Zeit. Mar. Ich scheine unklug und eigennützig, da ich Sie zu bleiben bitte, aber ich bin es nicht. Einen Mann, wie Sie, heilt die Ent¬ fernung nicht, denn sie gicbr Ihrer Phantasie ein zu weites Feld. Nur in der Nahe wird man seinen Jrrthum inne, und wer mit Au¬ gen sicht, den kann die erhitzte Einbildung nicht tauschen. Ad. Nein, Mariane—ichmußfort. Mei¬ nen Vater zu entfernen — Mar. 125 Mar. Woran erinnern Sic mich jetzt? Er behandelt Ihren Freund so kalt — mißt ihn— verfolgt ihn so argwöhnisch mit den Augen. 2d. Kann ich ihü nicht beruhigen, so müs¬ sen Sie mit Erich fort, nm seiner ersten Hitze zu entgehen. Haben Sie die Güte, senden Sie mir meinen Vater. Mar. ES soll geschehen. Und mm? Ad. Verlassen Sie sich ans mich! Mar. Sonst haben Sie.der nichts zu sa« gen, die so strafbar scheint? Ad. Sie sind cs nicht. Sie trösten, hieße Sie für schuldig halten. Doch wir sehen uns jetzt vielleicht zum letztenmal allein; ich bin Ihnen so viel schuldig. Mar. Sie mir? Ad. Ja, Mariane! Alles, was die Welt an mir gut und edel findet; all das Ente, rvas ich andern rhar; den Seegcn, den ich dafür ernte, verdank' ich Marianen. Mar. Sie dichten mir Verdienste an, um sich und mich zu quälen- Grausamer Freund! Ad. 126 Ad. Mir gab das Schicksal im Ucbcrsiuß. (gulmüthig) Mariane! Im Fall ich sterben sollte; ich habe leine Erbe» — die Tugend scy mein Erbe. Nehmen Sie. Mar. Iiemr eS der Tugend, die Armuth zu berauben? Kann ich nehmen, da ich nichts geben kann? Äd. Sie können nehmen; denn ich weiß. Sie nehmen nur für die Dürftigen, (giebt cs ihr hin.) Mar. Adolph! Ad. Des sterbenden Freundes Bitte erfüllt man sonst ohne Weigerung. Mariane! Soll ich an Ihrer Freundschaft zweifeln? Mar. (bricht in Thräncii aus) Nein, kran¬ ker, armer Freund! ( sie nimmt das Papir. ) Ad. Gehen Sie, Mariane — Rufen Sie mir meinen Vater. Gehen Sie. Mar. Sie weisen mich von sich? Ad. (reicht ihr mit abgewandtcm Gesichte die Hand.) Leben Sie wohl! Mar. Auf ewig? Ad. (weinend.) Nein. Mar. 127 Mar. Ich und Erich sind nicht glücklich, wenn wir Nichtwissen, wie es unserm Freund ergeht. 2d. Ich werde schreiben, Mar. Oft? Ad. Ja. Mar. Ich wollte Sie trösten, Sie beru¬ higen — Ad. Ihre Güte macht mein Uebel schlim¬ mer. Mar. (drückt ihm die Hand") So leben Sie denn wohl, Freund meiner Jugend! Mein See- gcn geleite Sie! (Minit Schmerz ab.) Ad. Ihr Scegen geleitet mich, (er fällt »ach einer Pause in einen Stuhl.) So verlassen gu¬ te Seelen ihre Hülle — Ihr Seegen ruht auf mir — Ich werde wieder ruhig werden, (Lr fällt in riefe Gedanken.) Drik- 228 Dritter Auftritt. Adolph. General. Gen. Da bin ich, Adolph. Was willst Du? Ad. Ihnen für Ihre Güte und Liebe dan¬ ken, (greift nach der Hand) Gen. Dem Kinde reichte ich meine Hand zum Kuß, dem Obrisicn gehört ein Hände¬ druck, dem guten Sohn ein Kuß. (küßt ihn.) Nicht alle Kinder sind undankbar, über wel¬ che die Eltern sich beklagen; denn der Sohn wird des Vaters- Freund, wenn er selbst Söhne zeugen kann. Jedem Alter seine Rech¬ te. Der Vater handelt thöricht, der von dem Mgnnenoch Knaben Unterwürfigkeit verlangt., Ein Vogel, der sich selbst sein Futter sucht, gehört nicht mehr ins Nesi. Darum, mein lieber Freund, was willst Du ? Ad. Von meinem Schicksal, von der Zu¬ kunft mit Ihnen reden. Gen. Recht, mein Sohn! Ich weiß, du wünschest nicht meinen Tod, aber er ist nicht mehr ferne. Meine Seele ist noch stark —- ich ! 2Y ich fühle lebhaft «ud feurig, wie ein Jung- ling; aber der Körper seknndirc die Seels uicdt. Ich bin in Waffen grau und alt ge¬ worden, und hörte dreißig Jahre nichts als Kartaunen brummen, und mein Podagra vertobre mir den Schlaf von mancher Nacht. Das macht am Ende matt. Es wandeln mich oft Schwächen an, die einer Ohnmacht ähnlich sind. Einmal muß es scyn, ob ich gleich jczt noch gerne leben möchte; denn das Leben ist nur durch Dich wieder lieb geworden; denn Du bist das einzige, was ich von vie¬ len rettete. Aber ich füge mich früh oder spät in seinen Willen, und wohin ich komme, da werde ich gut empfangen, Ad- Vater! Gm. Sieh, Adolph! Ich besitze durch mei¬ nes Königs Gnade ein großes Vermögen. Ich nahm stets davon, griff mit beiden Hän¬ den in die Taschen, und gab den Armen, und doch hat sich mein Vermögen stets ver¬ mehrt; denn Gottes Seegen war die Asseku¬ ranz. Du bist mein Erbe. Hier ist mein Testament, und hier, Adolph, die Geschichte I meines IZQ mcincs Lebens. Nach nicinem Tede kannst Dn sie lesen; dann wirst Du erst begreifen, warum ich mc recht fröhlich war. Ad - Reden Sie doch jetzt. Gen. Von seinem Unglück reden ist nicht gut, zeigt auch eine kleine Seele an. Mit ,nir leiden seli kein Mensch, mit mir freuen kann sich ein Jeder. Da! Ad. Vater! Nichts mehr! Ich bitte Sie. Gen. Nein, mein Sohn! Lerne entbeh¬ ren. Mache Dich bekannt mit dem Gedan¬ ken, daß wir scheiden müssen. Ich will nicht, daß Du an meinem Sterbelager heulen, und Deine Hande ringen sollst. Ich sterbe als Kommandirendcr in Uniform, Du siehst als Subalterner zu, und lernst von mir, daß -er Tod nicht bitter ist — Ich freue mich dann aufs Wiedersehen; daS sollst Du auch. Ster¬ ben heißt, verreisen, und wer ein gutes Ge¬ wissen hat, der fährt in Gottes Manien zu. Ich lasse Dir Haus und Hof zurück, einen guten Namen, ein gutes Herz, ein braves Weib dazu, und reife ohne Sorgen. Hier nimm, und nun laß hören, was Du willst. Ad. 2d. Wie lanu ich jetzt ven mir reden. Jetzt! Gen. Warum nicht, mein Sohn! Ich bin ja von mir fertig. Also rede; denn ich sehe, cs ist Dir was. (betrachtetihn) Mein Sohn ! Mein Adolph! Höre mich an! Mir scheint. Du bist ein wenig überspannt. Du fährst immer mit vollen Segeln; gicb acht, daß Dich nicht em Sturmwind einmal zu weit von dem Ufer der glücklichen Natur entfernt. Mir scheint. Du forderst von Menschen mehr, als sie geben können. Ad. (wehmüthig) Ich fordere ja gar nichts mehr. Gen. Du strengst Dich so an, um Dich als Freund zu zeigen; Dein Freund benagt sich freilich auch sehr sonderbar. Auch in Deiner Liebe vermisse ich jetzt das Wahre, das Herzliche. Ad. Nein, mein Vater, das scheint nur so. Gen. Adolph! Was soll ich von Dir den¬ ken! Du bist Deinem laug gehoften Glück so I 2 nahe, nahe, daß Du' nur darnach greifen darfst, und Du streckst die Hande nicht aus? Ad. Man muß das Gefundene erst prüfen, vb es für uns auch taugt, und ob man es mit Recht behalten kann. Gen. Cs hat ja keinen Eigenthümer. 2ld. Fühlen Sie denn nicht, daß — Ma- riancns Mutter nicht fröhlich ist? Gen. Wahr ist es! Ein Schwiegersohn wie Du würde manchem Weibe das eitle Mutter Herz verwirren, und ihrer Eitelkeit gewaltig schmeicheln. Aber Marianenö Mut¬ ter ist kein gewöhnliches Weib. Sie fallt dem Glück nicht lärmend in die Arme; sie heißt es bloß willkommen. Ad. Und Mariane? — Gen. Glaubt, eine Braut."müsse züchtig thun. Ad. Wahre Liebe ziert sich nicht; sie giebt und nimmt. Gen. Aufs nehmen wird sie sich schon ver¬ stehen. Ad. lZZ Ad. Ach! Sie war ganz anders vor sechs Jahren. Mir scheint, ich bin ihr fremd ge¬ worden. Gen. Sie wird schon wieder bekannter mit Dir werden. Ad. Mein Vater! Ich liebe Marianen mehr, als sie mich. Gen. Das ist gut, das muß so seyn;denn des Mannes Liebe nimmt nach der Hochzeit ab, und des Weibes Liebe gewöhnlich zu; dann steht die Wage gleich. Ad. (verlegen) Ich bin — verstimmt. Gen. Das sehe ich; Du bist auch nicht offen; Du überlegst erst, was Du sagen willst, und ziehst die Worte so. Ad- Wie gerne möcht' ich freyer reden, wenn ich nicht fürchten müßte — Gen. Fürchten? Bin ich denn hier Kom- mandirender? Und scheust Du den Vater, so rede mit Deinem Freunde; glaube mir, er sagt deni Vater nichts. Du hast keinen al¬ tern, keinen bessern Freund, als mich; denn meine Freundschaft (nimmt ihn bei der Hand) ist so alt, wie Du. Als Du gcboh- Z Z rcn IZ4 reu wurdest, schriest Du aus volle» Kräften; da eilte Dein Freund voll Zärtlichkeit zu Dir hin, den» (lächelnd) Dein Vater glaubte, man thate Dir weh. Du sahst mich so dank¬ bar lächelnd an, und dieses Lächeln sagte mir: Dir ist ein guter Sohn, und für dein Lllrer ein Freund gebohren, auf den du dich verlassen kannst. Ich bin jetzt siebcnzig Jahr alt. Mein Haar ist weiß, meine Nerven schwach; ich fühle eS, daß ich dem Kindischen schon naher komme; jetzt bedarf ich einen Freund — Wo ist mein Freund? Ad. Hier! (knieet bei ihm nieder.) Gen. Freund! Wie kann ich mich aufDich verlassen, wenn Du Dein Vertrauen mir ent¬ ziehst. Rede. Ad. Verschieben Sic meine Vermahlung mit Marianen. Gen. (stuzt) Warum? (steht auf) Freund! Fragen Sie nicht weiter. -6en. Halt! Was Dn da sagst, gebt mehr den Vater an. ES ist von Deinem künftigen Wohl iZ5 Wohl und Wch die Rede, und dabei bleibe kein Vatcrherz neutral. Warum? Ad. (ängstlich) Ich liebe sie nicht mehr. Gen. Pfui! Tische mir keine Lüge auf. Ich kenne Deine Liebe.; die kommt und gehr nicht wie ein Fieber. Freund! Laß mich doch in meinem Sterbejahre nicht glauben, daß ich Dein Lächeln falsch verstand. Ad. Nein, Vater! Sie verstanden es nicht falsch — Auf einige Wochen nur — WaS ich thue, muß ich thun — Die Mutter — Mein Freund — Sie wissen nicht — Gen. Mutter! Freund! (springt auf) Blitz und Donner! Schon versprochen, sagte sic! — Er gehr herum wie ein Mrdammrer! Geh, ruf ihn. Ad. Wen? Gen. Den Hauptmann. Er soll mir sa¬ gen, was Dir fehlt! Blitz und Donner! Wenn er —> Ad. Was? Sie glauben — Gen. Daß er, daß die Mutter — daß Du hier Deinem Freund ein Opfer schlachten willst. I 4 2,d. rz6 Ad. Uebereilen Sie sich nicht. Nickt Erich, Nicht die Mutter — kein Mensch bestimmt mich zu der Bitte, die Hochzeit zu verschie¬ ben. Mäßigen Sie Ihre Heftigkeit; sie macht mich für Ihr Leben bange. Gen. Ja! Gut! (Er geht auf und nieder; mau sieht, daß er einen Entschluß faßt.) Nun gut! Der Vater soll sich beruhigen, und ein Freund dringt sich nicht auf. (Sieht ih» eine Zeit lang au) Adolph! Du kennst die Men¬ schen nicht — Ein Ehrgeiziger liebt seinen Wohlthätcr nicht. Er sieht Dich mit finstern Blicken an. Ad. Der Hauptmann? Das ist Laune. Gen. Er vermeidet meinen Blick. Wenn andere fröhlich sind, so kriecht er in sich selbst zurück. Ad. (verlegen) Das ist Karakter. Gen. Karakter? Nun so bewahre mich Gott vor ihm. Ich halte auf den Menschen nichts, der da finster und verschlossen ist, wo andere fröhlich sind. Solche Menschen su¬ chen die Schwachen ihrer Bruder zu ergrün¬ den; sic benutzen den Augenblick, wo Freu¬ de rZ7 de nufere Herzen öffnet. Solche Menschen mcyneu cs nie gut mit unS. Sonst war ich ihm um Deinetwillen gut, jetzt nicht mehr: denn — Genug! Laß mich allein. Ad. Erlauben Sie mir, daß ich bleiben darf? Gen. Ich werde folgen. Ad. (indemer geht) O Gott'. Erich muß von hier fort, (geht,ohne Sxor zu sehen, ab.) I 5 Vierttk rZ8 Vierter Auftritt. Spor. General. Spor. (Milkt Adolph, und deutet ihm, in de» Garten zu kommen.) Gen. (sicht cS.) Was willst Du? Was hast Du dem Obersten zu sagen? Spor, (verlegen) Nichts, Herr General! Gen. Da geht was vor. — Komm näher! Spor, (tritt vor) Gen. (setzt sich an den Tisch, worauf die Schachtel sieht, die er nach und nach unwissend bis an den Rand des Tisches schiebt.) Wie heißt du? Spor. Spor. Gen. Was bist du? Spor. Ein Krüppel. Gen. Hoho! Mit Ehren? Spor. Ich war in neun Bataillen. Gen. Viel Bleßurcn? Spor. Ich habe sie noch nicht gezahlt. Gen. Du dienst jetzt? Spor. Bei dem Hauptmann. Geir. 139 Gen. Mit ihm ins Haus gekommen? Spor. Ja. Gen. Hu! Visi du verschwiegen? Spor. Ja! In und außer dem Dienst. Gen. Aber du weißt doch noch, was Ge¬ horsam ist? Spor. Ja! Doch halten Sie zu Gnaden, Herr General! Ich stehe jetzt nicht mehr un¬ ter der Fahne, und cs fallt mir zu Zeiten ein, über Recht und Unrecht nachzudenken. Gen. Du hast recht, Alter! Ich versiehe dich. (Pause.) Ist dein Hauptmann verheu- rathet? Spsr. (schwer) Nein. Gen. Aber er will heurathen? Spor, (geschwinder) Das glaube ich nicht. Gen. (heftiger) Oder ist er schon verhen- rarhet? Spor, (etwas brummend) Das weiß ich nicht. Gen. Was weißt du denn? Spor. Wenig. Gen. Und daS wenige, was du weißt, das sagst du nicht? Spor. Spor. (trocken) Nein. Gen. Weil man es dir verbothen hat? Spor. (eben so) Ja- Gen. -Ja! Was hat man dir verbothen? (Die Schachtel fällt jetzt durch die heftige Bewe¬ gung herab.) Spor. Verdammt! Gen. Heb auf! Spor, (hebt sie »erlege»auf, und will sie auf eine plumpe Manier verstecken.) Gen. Warum versteckst du die Schachtel? Bleib! Eicb her! Spor, (brummt aus Angst.) Warum, Herr General? Gen. (reißt sie ihm weg, erblickt die Adresse und ließt ) An die ehemalige Jungfrau, Ma¬ riane Markalt, jetzige Hauptmanni» von Gut¬ leben. Ha! Blitz, Donner und Wetter! Be¬ trogen, verrathen und verkauft. Geh, ruf ihn her — Nein, noch nicht! — Rede, al¬ ter Bursche! Seit wann ist er mit der treuen Schäferin vermahlt? Spor. Ichl Spor. Verrathen hatte ich es nicht — Aber La der Herr General cs wissen — Seit einem halben Jahr. Gen. Verheurathet! Ha, du edler Freund! Du thcurer, dankbarer Freund! (zu Spor) Der elende Bube schmeichelt sich erst mit schö¬ nen Sittensprüchen bei ihm ein, gewinnt sein Herz durch ungeheuchelte Redlichkeit, nimmt ein Geschenk von vierzigtanscnd Reichstha¬ lern mit dankbaren Thrancn, an, geht dann hieher, buhlt um das Mädchen, und stiehlt mit ihr seines Wohlrhatcrs ganze Secligkeit. Spor. Ich habe mir es schon gedacht, Herr General; das ist schlecht von dem Haupt¬ mann — ich hatte es nicht geglaubt. Sein Brod wird mir jetzt nicht mehr schmecken. Gen. (tobtfort) Der Elende! Armer, armer Adolph — Berheurathet! Der Ver¬ ruchte ! Spor. Freilich haben sie ihn überredet. Gen. Die Weiber? Spor. Freilich. Gen. WaS ist das Weib? Nun ist alles Lüge! Alles! Wie ist sie nach Schweden gc- kcm- 142 kommen?:Wer ist sie? Wer war ihr Mann? Rede, oder! Spor. Sie hatten einen alten Bedienten, der ist jetzt tod; der wußte cs. Die Alte, sag¬ te er, sey ans Tcutschland flüchtig geworden. Nicht der Religion wegen, sondern — ES fleckt gar viel dahinter, sagte er oft zu mir. Gen. Ich will eö schon erfahren — ES soll heraus, daS ganze Bubenstück! Ich will sie alle entlarven, und* dann dm Gesetzen übergeben. Fünf- -^43 Fünfter Auftritt. Vorige. Erich. Gen. Ha! Herr Hauptmann! Nur na¬ her — immer naher. Manner, wie Sic, muß man genau betrachten. Erich. Herr General! Ich kann Ihren Blick ertragen. Gen. Ja! So haben Sie /s schon sehr weit gebracht. Erich. Inwas, Herr General? Gen. In Ihrer edlen Kunst, sich Freun¬ de zu erwerben. . Erich. So weit als es die Ehre erlaubt. Gen. Die Ehre! WaS fühlen Sie bei die¬ sem Wort? Erich. Ich sehe, Sie sind unterrichtet, aber — Gen. (läßt ihn nie ausreden) Ja! Schamlo¬ ser Mann! Ich weiß alles. Erich. Alles? Das glaube ich nicht. Gen. 144 Gen. Sie -si Ihr Weib. Erich. Wellen Sie mich hören — Gen. Kein Wert. Er liebt Mariane; r:nd Sie — Sic!! Verstehen Sie das Sie? Sie nahmen sie ihm. Er ist elend; Er, dem Sie se vieles danken! Schändlicher! Was fühlen Sie bei seinen Leiden? Erich, (kalt) Daß Sie der Vater meines Freundes sind, aber —- Gen. Daß ich es bin, das sollt Ihr noch fühlen- Erich. Ich werde eS erwarten. Gen. Schweigen Sie. Erich, (zu Spor) Ruf den Obersten. Er wird Ihnen sagen, daß ich — Spor. ( dessen Angst immer zunimmt.) Gen. Nein! Er soll bleiben. Wenn man einen Bosewicht entlarvt, so muß man Zeu¬ gen haben. Erich. Geduld, verlaß mich nicht. Sie hören — Gen. 145 " Gen. Er ist Ihr Freund, Ihr Wohlthater und — Sie trinken hier auf seinen Unter¬ gang. Erich. H'örcn Sie mich — Sie mißhan¬ deln mich unschuldig, denn — Gen. Sind Sie mit ihr vermahlt? Erich. Ich langnc eö nicht; aber ich wu߬ te — Gen. Nun dann, Mensch! Weg mit dei¬ nem Blick von einem ehrlichen Mann; wirf ihn zur Erde, und danke ihr, daß sie dich noch tragt. Erich. OGott! Gen. Er ist ein Gott der Guten, der Red¬ lichen! Dich kennt er nicht. Erich. Herr General, mäßigen Sie sich! Ich diente, wie Sie, dem König mit demDe- M. Ich bin Mensch. Reizen Sie mich nicht! Gen. Drohe nicht! Den Degen muß man Dir nehmen. K Erich. Erich. Um Gotteswillen! Ich habe Muth — Gen. Wie jeder Straßenrauber. Erich, (heftig) Ich muß fort. Spor, (läuft hier ab.) Gen. (hält ihn) Nicht von der Stelle. Erich. Herr General! Ich ehre Ihr Alter und Ihre grauen Haare. Aber ich bin Sol¬ dat, wie Sie; Beschimpfungen darf ich nicht dulden. Gen. So hattest Du nicht schimpflich han¬ del» sollen. Erich. Gott! Laß mich eS nicht vergessen, daß er Adolphs Vater ist. Gen. Bube! Ich will es nicht seyn, bis ich Dich gezüchtigt habe» Erich, (schreycnd aus Wuth) Herr Gene¬ ral! Ich bin Soloat und Edelmann! Gen. Soldat! DaS Kollet hangt an einer Schandsaulc, so lange Du es trägst, denn es kann keinen Schurken ehrlich machen. Erich- r-i? Erich, (zieht ga«; äusser sich) Schurke! Ge- Iiugthnung! Gen. ( zieht) Komm her! Mein Dege» soll Dich wieder ehrlich machen. (Der. General haut zuerst.) Sechster Auftritt. Vorige Adolph.. Ad. Vater! Erich! (fälltErich in die Arme) Gegen meinen Vater? Erich, (wie rasend macht er sich los) Komm, alter Prahler! Ad. Beschimpfe meinen Vater nicht! Erich, (immer gegen den General) Genug- thuung! Ad. Von einem alten schwachen Manne! Von meinem Vater? Erich. Ein Schurke weicht mir jetzt anS! Gcnugthuung! Ad. (Ans Schmerz und Muth mit weinender Stimme.) Komm, Rasender! Ich will sie Dir K 2 geben. 143 geben, (springt in die Mitte, und zieht -en Sä» -cl gegen Erich-) Gen. (besorgt) Fort mein Sohn! Ad. Nun gelte cs Leben oder Tod. Mein Vater ist beschimpft. Gen. (schreiend) Adolph! Zurück! Here Hauptmann! Den Sabel weg! Sie sind Ar¬ restant. Zurück mein Sohn! Erich, (läßt den Säbel betärrbt fallen.) Ad. Mich kannst Du ermorden! Ich ver¬ zeihe Dir, aber gegen meinen Vater vergeh Dich ferner mit keinem Wort, oder — Erich. Ich weiß nicht, was ich that. 149 Siebenter Auftritt. Mutter. Mariane. Vorige. Eilen beide herzu. S p o r. Gen. Das sollst Dir jetzt erfahren, und dafür schrecklich büßen. (Mutter und Tochter sehend.) Ha! Da ist ja das ganze Komplott. Kommt und seht ihn an. Ihr habt ihn elend gemacht, getauscht, betrogen und verra- then. Aber Ihr sollt meiner Rache nicht ent» gehen. Ich übergebe Euch der Regierung und den Gesetzen. - Ad. Mein Vater ! Gen. Eure Ranke sollen an den Tag, so wahr ich ehrlich bin. Mui. Ränke? (mit Würde) Herr Gene¬ ral, Ranke schmieden war nie meine Sachs. Geir. Nie? Warum wurden Sie aus Tcutschland flüchtig? Mur. (erschrickt heftig) Ich? Flüchtig! Gen. Ja, Sie! Wie heißen Sie? Wie ka¬ men Sie nach Schweden? Nut. (ganz weg) O Gott! Ich bin vcr- rathen!!! K Z Erich, 'IZ? Erich. Verrathen! Mutter'. Was soll ich Lenken? Ad. Verrathen'. Mar. Was ist das! (Alle wende» den Blick auf sic.) Gen. Sie entlarven sich ja selbst! Von was lebten Sie bis jetzt? Vermuthlich vom Betrug? Denn wer mich betrügen kann, der hat kein Gewissen mehr, und kein Gefühl von Ehre. Ad. Vater! Gen. Wer war Ihr Mann? Reden Sie. Eure Verbrechen sollen an den Tag; denn ich will für Adolphs Leiden, für seine Thränen Rache haben. Erich, (zu der Mutter) Mutter! Verthei- digen Sie doch Ihre Ehre! Ad. Was soll ich denken? Mar. Mutter! Reden Sie doch. Mut. (mit Schmerz, aber doch mit edlem Bex wufitseyii.) Ja, ich will reden. Gen. Und beweisen, was Sie sagen, wenn Sie der verdienten Strafe entgehen wollen. Mut. rzi Mut. Mich züchtige der Himmel — viel- ,leichr für meiner Dacer Misscthat > über mensch¬ liche Strafen bin ich erhaben, (zu dem General) Sie zu beschämen, Ihrer blinden Rache zu entgehen, meine Ehre zu retten, und meinen Kindern den Glauben an meine Tugend zu erhalten, will ich reden. Unglücklich bin ich, nicht lasterhaft. Markalt ist ein angenom¬ mener Nähme. (Alle in der äussersten Spannung.) Gen. Sie heissen? — Reden Sie! War¬ um verschweigen Sie Ihren Nahmen? Mut. Das sollen Sie hören. Ich bin aus Mahren gebürtig, von altem Adel. Gen. Ihr Name? Mur. Von Schlaga. Gen. (fährt zusammen) Schlaga!!! und vermahlten sich? Mut. Den ersten May 162Z. inBrünn mit einem Schweden, der sich Holdstem nannte. Gen. Hol — hol — (der Mund bleibt ihm essen; die Mundmuskclii zittern, und der untere Kiefer bewegt sich fort, alä ob er spreche.) K 4 . Äd.. IZ2 Ad. Um GotteZwillen Hülfe! Erich. Herr General! ( zugleich. Mut. (starrt ihn wie fühllos an) Was ist das? (Alle den Blick auf ihn.) Ad. Helft! Helft! Es rührt ihn ja der Schlag. Gen. (fällt auf einen Haufen zusammen.) Mar. (läuft zu dem Tisch und öfnet dieLade.) Ad. (knieet zu dem General) Erich. (ergreift den Puls.) s Mut. (bleibt unbeweglich in ihrer Stellung) Ad. Helft! Rettet! Hier ist mein Vermö¬ gen, (wirst das Testament hin) wer ihn rettet. Erich- Ich finde keinen Puls. Mar. (mit einer Flasche Spiritus) Hier! (bespritzt ihn.) Erich. Lauf zu dem Wundarzt; es hat ihn ein Schlagfluß gerührt; man muß ihm eine Ader öffnen. Spor, (läuftab) Gleich. Ad. (knieet betend bei ihm.) Erich, (hält ihm den Geist unter die Rase, »Md reibt ihm die Schläfe.) Geir. 153 Gen. (bewegt sich; er sucht »n't schwachen Be- wcgnugen die Mutter; cr bleibt mit dem Blick lau¬ ge auf ihr ruhcu — daun sucht cr Marianen) DaS ist Ihre Tochter? Mut. (wie oben) Ja! GcU- ( siehr Mariane» a» ) Gott! —Das ist gut! Helft! (Sie helfe» ihm aufsiehe», und setze» ihn auf eine» Stuhl) Adolph! Lies dis Ge¬ schichte meines Lebens. 2ld. (bei ihm ) Mein Vater! Gen. Erbrich! — Da fang an! Mut. ( wie rerlohren) Herr Gene — Sic sind — (ihn scharf «»sehend) Gott! Wer sind Sie? Gen. Hedwig! LieS, wer ich bin! Mut. Hedwig! Mein Name! Großer Gott! Her! (Sie nimmt Adolph das Papir und ließt schnell.) Ich verheurathete mich zum zwei¬ tenmal in Mahren. Die Sicherheit meines Lebens, die Ehre meines Königs, die so ge¬ nau mit meinen geheimen Geschäften verbun¬ den war, erforderten es, daß ich mich auch unter dem angenommenen Namen vermahlte, weinen wahren selbst meiner Gemahlin vcr- schweigen mußte. Die Hcfuung, durch Sie Vater rZ4 Vater zu werden, war nicht mehr bloße Hof- mmg, als ich in Budweis die Nachricht er¬ hielt, daß ich vcrrathen, und daß mein Le¬ ben und die Ehre meines Königs nur durch eine schleunige Flucht zu retten sey. Ich floh, ohne eine Minute zu vcrliehren. Sobald ich äusser Gefahr war, sandte ich meinen treue¬ sten Diener, den einzigen, der von meiner ge¬ heimen Reise wußte, nach Brünn — Aber alle Mühe, alle Nachforschungen waren durch fünf Jahre vergebens. Als ich im siebenten Jahre die Stadt Brünn belagerte, war mein dringendstes Geschäft, nach ihr zu forschen. — Ich erfuhr, sie sey im Gefängniß gestor¬ ben. Sie war aus dem Geschlechte der Schlaga, und ich war den ersten May 1628 in Brünn mit ihr vermahlt als Herr von Hold¬ stem. iVlut. (Mitimmer steigender Spannung schreit sie jetzt schrecklich auf) Großer Gott! Sie wären? — Gen. (der immer mit Lhranen sie und die Tochter betrachtet) Holdstern! Dein unschul¬ diger Gemahl! Mur. *55 Mut. (stürzt an seinen Hals) Ach Hold¬ sten»! Du! Gen. Adolph! Mariane ist Deine Schwester! Ad. Erich. > Schwester! Mar. 2ld. Ich danke Gott! 7 Erich. Adolph! Bruder! ) (Kurzen sich», die Arme.) Mar. Nun verstehe ich meine und Ihre Liebe. Die Stimme der Natur, des Bluts hielten wir für Liebe. Erich. Ach! Nun bin ich glücklich. Ad. Schwester! Mar. Wir waren es, und wußten es nicht. Gen. (zu der Mutter, die er bis jetzt nicht ans den Armen ließ.) Fast sterbend find' ich Dich wieder. Mut. Ich kann mich nicht crhohlen. Ich hielt Dich für niederträchtig. Man glaubte, ich sch mit Dir verstanden; ich mußte flie¬ hen. Ich verfluchte Deinen und meinen Na¬ men -5ü nien. Nicht um Dich zu suchen, floh ich nach Schweden, und gebühr Dir an der Grunze — Mariane. LNar. Vater! (bei ihm.) Mein Vater ! Gen. Kommt alle her zu mir! (zu Erich) Erich , mein Sohn! (reich: ihm die Hand) Adolph! Mariane! Nun hab'ich drei Kinder, und mein theures Weib — Ach, warum mir »och ein paar Lebcnsstnndcn! Nehmt alle den Scegen eines glücklichen Vaters und dankt ' Gott, daß er die seinigen so lenkt, daß sie nach jedem .überstandenen Leiden immer laut rufen müssen: Wir danken Dir! Du bist ein weiser, guter Gott, und weißt, was Menschen frommt, und ihnen nützlich ist. (Die Mutter steht bei ihm. Erich, Adolph, Mariane kniecn; indem er sie ftegnet, fallt Lex Vorhang.) Eride.