borgetragen vom Anton Aloys Wolf Fürstbischöfe von Laibach in der Stadtpfarrkirche St. Jacob zu Laibach am so- April 1826 bey dem feyerlichen Bittgänge, womit das Jubiläum für die Provinzialhauptstadt Laibach, und für die ganze DiözeS dieses Rahmens eröffnet wurde. Kostet 6 kr. C. zum Besten des Armeninstitu r e s zu Gedruckt bey Joseph Sassenberg. - -° -/-Ä - m r.' e; r: s I, k! 7 L s H. ': - k» 7) - >- - ' 7. . . ' V L :: - ' . 7 V . ' ' - -", 1l v /X- M 7,z <.. 4 - v U l^SEILI Wir ermahnen euch, daß ihr die Gnade Gottes nicht vergebens empfanget; denn er spricht; ich habe dich in der Gnadcnzeit erhöret, und habe dir am Tage des Heils geholfen. Siehe! itzt ist die Gnadenzeir, itzt sind die Tage des Heils. 2. Kor. VI. i. 2. (§0 redete der heilige Apostel Paul mit den ersten Christen von der allgemeinen Gnade ihrer Bekeh¬ rung, und ich bediene mich heute dieser Worte, um euch meine Lieben! zu ermuntern, daß ihr die besondere Gnade, welche ißt die Kirche durch die Ankündigung des Jubiläums allen Gläubigen an- biethet, ebenfalls nicht vergebens empfangen, son¬ dern euch zu Nüßen machen möget. Schon das verflossene Jahr hatte der heilige Vater zum Jubeljahre für die ganze katholische Christenheit jedoch dergestalt bestimmt, daß der¬ jenige, der des damit angekündigten vollkommenen Ablasses theilhaft werden wollte, persönlich nach Rom kommen, und dort die Bedingungen erfüllen mußte, welche zur Gewinnung des Jubelablasses festgesetzt waren. Nachdem aber einerseits nur die wenigsten Christen vorzüglich der entferntem Gegenden in der Lage sind, so weite Reisen zu unternehmen, andererseits aber die Kirche als eine gute Mutter für alle ihr anhängigen Kinder eine gleiche Sorg¬ falt hat, so hat sich der heilige Vater Leo xn, die¬ ses vereheliche Oberhaupt der Kirche, bewogen ge¬ funden, dieses allgemeine Jubiläum, nachdem dessen Feyer zu Nom im vorigen Jahre beendigt A2 4 ward, für das itzt lauferrde Jahr 1826 auf alle Länder und Orte der christlichen Welt dergestalt zu erstrecken, daß der im vorigen Jahre nur allein in Rom zu gewinnende Jubelablaß in dem gegen¬ wärtigen Jahre überall durch sechs von den Bi¬ schöfen zu bestimmende Monathe von allen recht¬ gläubigen Christen unter gewissen Bedingungen eben so gewonnen werden kann, wie er im vorigen Jahre in Rom gewonnen werden konnte. Diese Jubiläumsfeyer, welche im Laibacher Bisthume von heute angefangen durch sechs Mo¬ nathe dauern wird, beginnen wir heute mit die¬ sen: feyerlichen Bittgänge, auf welchem ihr mich begleitet, um vereint den göttlichen Beystand zur würdigen Feyer dieser heiligen Zeit anzurufen; und nach Verlauf von sechs Monathe» werden wir mit Gottes Beystande sie ebenfalls mit einem feyerlichen Bittgänge beendigen, um abermal ver¬ eint Gott für alle jene Gnaden zu danken, die er uns in seiner unendlichen Erbarmung in dieser heiligen Zeit wird zufließen lassen. Diese Feyer ist so selten, und so wichtig, daß ich mir das Vergnügen nicht versagen konnte, heute selbst zu euch zu sprechen, um euch in ge¬ drängter Kürze die katholische Lehre von dem Ablasse vorzutragen, die Bedingungen aber etwas umständlicher zu erklären, unter denen ihr wäh¬ rend dieser sechs Monathe des nun von der Kirche allgemein angebothenen Jubelablaffes rheilhaft werden könnet. Schenket meinem Vortrage eure gewohnte Aufmerksamkeit. 5 28enn der Münder seine Vergehungen, durch die Gnade des Herl. Geistes erleuchtet, lebhaft erkennt; wenn es ihn aus Liebe zu Gott schmerzt, sie begangen zu haben; wenn erste mit reumüthi- gem Herzen vor dem Priester bekennt und beichtet: so werden ihm nach der Lehre der katholischen Kirche durch die Lossprechung des Priesters die Sünden, das ist, dieSchuld und diedadurch verdiente ewige Strafe nachgelassen; aber der Sünder wird da¬ durch nicht von aller Strafe befreyet; dem ver¬ letzten Gesetze, der Gerechtigkeit Gottes muß Genugthuung geleistet; das Unrecht, das der Ma¬ jestät Gottes durch den Ungehorsam angethan wurde, muß getilgt, und durch zeitliche Strafen, die entweder Gott selbst über den bereits ver¬ söhnten Sünder verhängt, oder die ihm die Kirche, oder er selbst sich auferlegt, in diesem oder in dem zukünftigen Leben abgebüßt werden; in diesem Leben durch geduldige Ertragung so mancher Lei¬ den , die als Folge und Strafe der Sünden uns treffen, und durch getreue Verrichtung der frey- willig übernommenen, oder von der Kirche uns auferlegten Buß' und Genuglhuungswerke; im künftigen Leben aber durch die Peinen des Fegfeuers. Daß Gott selbst solche aussühnende Strafen über die Menschen verhänge, auch nachdem er ihnen Vergebung der Sündu; und der ewigen Strafe bereits angedeihen ließ, dieses lehrt die heilige Schrift. Nachdem unsere Stammüttern im Paradiese den begangenen Ungehorsam eingesehen und be¬ reuet hatten, verzieh ihnen Gott denselben, sah ihnen die Schuld, und die ewige Strafe nach, und zeigte ihnen voll Erbarmung in einer tröst- 6 bollen Zukunst -en Erlöser, der die Sünde til¬ gen wird; allein die zeitlichen Strafen hatte ihnen Gott nicht nachgesehen, sie blieben für immer ausgeschlossen aus dem Paradiese, im Schweiße ihres Angesichtes mußten sie ihr Brot gewinnen, mit Mühseligkeiten aller Art hatten sie ihr gan¬ zes Leben hindurch zu kämpfen, und endlich er¬ wartete sie der Tod mit allen seinen Schrecken. Das Volk Israel in der Wüste hatte Ab- götterey getrieben, späterhin gegen Gott seinen Herrn gemurrt. Beydes verzieh Gott; aber die zeitliche Strafe blieb, denn er sprach: 4. Buch Moses Xiv. s3. Keiner von denen, die von mir verächtlich geredet haben, soll das Land sehen, welches ich ihren Vätern versprochen habe. Mo¬ ses selbst erhielt zwar die Vergebung seines Mi߬ trauens, er mußre aber frühersterben, und konnte Chanaan nur von ferne sehen. 4. B uch Moses XXVII. 12. 14. Dem reumüthigen Könige David hatte Gott sein Vergehen mit dem Weibe eines seiner getreue¬ sten Diener, so wie den an ihm begangenen Mord verziehen, aber gleichzeitig mußte ihm der Prophet Nathan als zeitliche Strafe für diese Sünde den Tod seines geliebten Kindes ankündigen. s. Buch der Könige xii. 12 —14. und dieser mit Gott bereits versöhnte König mußte nicht nur den Tod dieses Kindes, sondern noch andere Drangsalen, den Aufruhr eines andern Sohnes, XV. 10. die Seuche seines Volkes, xxiv. 15. erleben. Der Weltapostel Paul, der die Kirche Gottes feindselig verfolgt hatte, war bereits erleuchtet, und bekehrt, als Gott von ihm sagte, ich will 7 ihm zeigen, was er alles für meinen Nahmen zu ertragen hat. Apostelgeschichte n 16. Von dieser Wahrheit, daß der Sünder ohne alle zeitliche Strafe nicht durchkommen soll, wa¬ ren alle wahren Büßer des alten und neuen Te¬ stamentes so sehr überzeugt, daß sie sich nach Kräften bemühten, die bcy Gott noch rückständigen aus- sühnenden zeitlichen Strafen abzubüßen, und deshalb die Sünden an sich selbst zu züchtigen. Wer denkt hier nicht an Moses und David? Wer denkt nicht an den heil. Paulus, der nicht aufhörte, seinen Leib unter das Zoch der Leiden zu beugen ? i. Cor. H 27. Wer denkt nicht an die Apostel, welche unablässig Buße und Abtödtung predigten, und uns wiederholt versicherten, daß, wenn wir mit Shristus verherrlicht werden wollen, wir auch mit ihm leiden müssen? Nöm. VIII. 17. Für was anderes, als für unsere Sünden, welche auch die Ursache seiner Leiden waren? und fühlt denn nicht jeder Christ, auch nachdem er durch die Taufe in den Stand der Unschuld zurückqesetzt worden ist, noch die Folgen der Erbsünde an seinem Leibe? wie kann er also nur denken, daß er für seine eigenen Sünden ohne alle zeitliche Strafe davon komme ? Darum legte auch die katholische Kirche seit ihrer ersten Gründung dem Sünder im Sakra¬ mente der Buße entweder vor oder nach der Los¬ sprechung angemessene Bußübungen auf. Im An¬ fänge der Kirche waren diese Kirchenstrafen fehr strenge. Sie legte Sündern, vorzüglich wenn sie sich öffentlich vergangen harten, auch öffentliche Ausübungen auf. Sie behandelte die gröber» Sünder als ahgeschnittene Zweige der Kirchenge- 3 meinschaft, welche an dem öffentlichen Gottes, dienfte keinen Antheil nehmen durften, und welche, wenn sie in der Folge in die Kirchengemeinschaft wieder ausgenommen wurden, zwar an dem öffent¬ lichen Unterrichte, nicht aber auch an dem heil. Abendmahls Antheil nahmen. Nur nach einer lan¬ gen und strengen Prüfung, die manchmal eine kür¬ zere Zeit, bald aber auch fünf, bald zehn, und auch mehrere Jahre dauern konnte, war es ihnen wieder gegönnt, zum ganzen Gottesdienste, somit auch zum heil. Adendmahle zugelassen zu werden. Die Ursachen, aus welchen Gott auch über be¬ reits versöhnte Sünder noch zeitliche Strafen verhängt, und aus welchen auch die Kirche selbst gegen reumüthige Sünder einen so heiligen und strengen Ernst beobachtet, sind wichtig und weise; denn eben diese zeitlichen Strafen sollen zur dau¬ erhaften Besserung des Sünders beytragen, und ihn Vor dem leichtsinnigen Rückfälle in dieselben bewahren; durch sie soll der verblendete Sünder die Sünde von ihrer verderblichen Seite kennen lernen, die Vorliebe für die,Sünde soll zerstört, und durch die zeitliche Demükhiguna des Sünders das durch dessen Sünden gegebene A rgerniß ge¬ schwächt werden. Gleichwie aber Jesus, als er noch auf Erden wandelte, nicht selten nebst den Sünden auch die zeitlichen Strafen den Sündern erließ, wie dem Gichtbrüchigen, Matth, n 2. den man auf ei¬ nem Bette zu ihm brachte; der Büßerinn, Luc. VH. 48. die ihm zu Füssen lag, und seine Füsse salbte; demehebrecherischen Weibe, Joan. VM. 11, welches man steinigen wollte; eben so hat er auch derKirchedieGewaltgegeben, nichtuur die Schuld 9 der Sünden, und die ewige Strafe derselben, sondern auch die zeitlichen Strafen nachzulassen, die schweren Buß-und Genugthuungswerke, die dem Sünder zur Aussöhnung mit der göttlichen Ge¬ rechtigkeit entweder auferlegt wurden, oder aufer¬ legt werden sollten, zu mildern,und alles das auf¬ zuheben , was den Himmel verschließen kann. Joan. XVII. r8. LL. XX. 21. 23. Matth. XVI. L9. XVIII. 18. Wenn nun die Kirche sah, daß die dem Sün¬ der auferlegten zeitlichen Strafen heilsam auf den Sünder wirkten, daß er sich über seine Sünden wahrhaft betrübte, und ernstlich bekehrte, oder daß zu grosse Traurigkeit seine Seele befiel, so ließ sie Kraft der von Jesu Christo erhaltenen Gewalt dem Sünder, um ihn auf dem Wege der Besserung zu ermuthigen, einen Theil der zeit¬ lichen Strafen, die ihm auferlegt waren, oder die er verdient hätte, daß sie ihm auferlegt worden wären, nach, daß ist, sie ertheilte ihm einen Ablaß , indem sie hoffen zu können glaubte, daß auch die Erbarmung Gottes dem Sünder wegen seiner Buße, und wegen des einstimmigen Flehens der Kirche Verzeihung angedeihen lasse. Die Kirche that dieses Kraft der von Jesu Christo erhaltenen Gewalt; sie that es nach dem Beyspiele des heil. Apostels Paulus, der den Blut¬ schänder zu Korinth aus der Kirchengemeinde aus- schlvß, nachher aber ihm in Rücksicht seiner Reue, und Betrübniß auf die Fürbitte der ganzen Korin¬ thischen Kirchengemeinde, Nachsicht, Ablaß, er¬ theilte, damit/wie sich der Apostel ausdrückte, er nicht unter dem Uebermaße seiner Traurigkeit erliege. 2. Kor. n.7. L0 Wenn dann die Kirche in -er Folge wegen der zunehmenden Schwäche und Lauigkeit der Gläubigen sich genöthiget sah, von dieser ersten Strenge vorzüglich in Hinsicht der öffentlichen Kirchenstrafen abzuweichen, so hat sie doch nie aufgehört, den ursprünglichen strengen Bußgeist von dem Sünder zu fodern, und sie bewilligt bey all ihrer Milde die Lossprechung dennoch nie, ohne bald schwerere, bald leichtere Werke der Genug- thuung dem Sünder aufzulegen, und ihn zu Verpflichten, die Sünde auch noch selbst an sich zu strafen; darum hat auch der Kirchenrath von Trient feyerlich entschieden, Less. XlV oap. m, daß dieGenugthuung alsMaterie einen wesentlichen Bestandtheil des heiligen Sakraments der Buße ausmacht. Diese von den ersten Zeiten des Christenthums bis auf unsere Tage bestandene Uebung der Kirche setzt den allgemeinen Glauben voraus, daß, wenn uns auch die Schuld, und die ewige Strafe der Sünde nachgelassen ist, wir doch noch eine zeitli¬ che Buße dafür verrichten müssen; und ruft uns denn nicht der Heiland, indem er uns zur Nach¬ folge ermuntert, selbst zu? Wer zu mir kommen will, der nehme sein Kreuz auf sich. Matth, xvi. L4. Was ist das anders, als daß wir für unsere Sünden zeitliche Strafen ausstehen müs¬ sen , wie es sein Wille war, daß sie an seiner heiligsten Person gestraft worden sind. Ohnehin haben auch die größten Buß-und Genugthuunqswerke, die uns für unsere Sünden von der Kirche auferlegt werden, oder die wir uns selbst auferlegen, nur durch Jesum Christum einen Werth, indem wir überhaupt aus uns selbst nichts IL Gutes vermögen, Joannes xv. 5. folglich auch würdige Früchte -er Buße nicht anders bringen, und aus unfern schwachen Bußübungen einen Erfolg nicht anders erwarten können, als nur in Vereinigung mit dem, der sich selbst als ein un¬ endlich verdienstliches Opfer seinem himmlischen Vater für unsere Sünden dargebracht hat. Sv wie aber die Kirche nicht aufhört, den ursprünglichen strengen Bußgeist von dem Sün¬ der zu fodern, so ist sie auch noch itzt, wie ehedem bereit, dem büßenden Sünder zu helfen, und sei¬ ner Schwachheit durch Ertheilung des Ablasses zu Hülfe zu kommen: indem sie ihm nicht etwa allein die Kirchenstrafen, sondern überhaupt die bey Gott noch rückständigen zeitlichen Strafen, die der versöhnte Sünder in diesem, oder in /enem Leben noch auszustehen hätte, in Rücksicht des unendlichen Werthes der überschwenglichen Ge- nugthuung Jesu Christi 1. Joan. H- 2. zum Theile oder ganz erläßt, und so aus den un¬ endlichen Verdiensten des Heilandesdas ergänzt, was dem versöhnten Sünder zur völligen Genugthuung noch mangelt; ohne jedoch den Sün¬ der von der Pflicht der Genugthuung zu entbinden, die als ein wesentlicher Beftandtheil des Sakra¬ ments der Buße dem Sünder wohl erleichtert, aber nicht nachgesehen werden kann. Es können aber auch di- Verdienste der aller- seligsten Jungfrau Maria, und der Heiligen von den unendlichen Verdiensten Jesu Christi, aus de¬ nen sie ihren Ursprung und Wirksamkeit haben, nicht wohl getrennt werden, und eben wegen der Gemein¬ schaft, in-er wir mit den Heiligen stehen, wegen der L2 Liebe , die sie für lms haben, glauben wir, daß auch ihre Verdienste in Vereinigung mit den unendli¬ chen Verdiensten unseres Erlösers uns nützlich seyn, und als Ersatz der zeitlichen Strafen, die wir für unsere Sünden verdienen, für uns von der Kirche Gott dargebrachr, und so uns zu Guten angewendet werden können. Wenn nun die Kirche einem durch einen höher» Grad von Reue, durch ein ernstliches Bestreben Gott für die begangenen Sünden genug zu thun, und durch musterhafte Beweise einer reinen Liebe gegen Gott sich auszeichnenden Sünder alle die zeitlichen hier oder jenseits noch zu erleidenden Strafen, die sie ihm vermög der ihr zustehenden Gewalt nachzusehen vermag, nachläßt, und ihm eine vollkommene Begnadigung, eine vollständige Aussöhnung mit Gott durch die Verdienste Jesu Cbrifti ertbeilt, so nennen wir dieses einen vollkommenen Ablaß, und derjenige, der ihn erlangt, wird nicht nur von jenen zeitli¬ chen Strafen frey, welche er seiner Sünden wegen auf dieser Erde leiden sollte, sondern er hat auch nach diesem Leben eine weitere Strafe, oder Rei¬ nigung ebenso wenig zu dulden, als der reuvolle Mitgekreuzigte, welchem Jesus zum Lohne seines Glaubens, seines Vertrauens, und seiner Geduld die trostvolle Versicherung gab: Heute noch wirst du mit mir im Paradiese seyn. L u c. xxm. 43. Liese Uebung der Kirche hat der Kirchenrath von Trient feyerlich anerkannt, indem er erklär¬ te, 8688. xxv. daß die Gewalt Ablässe zu erthei- len, der Kirche von Jesus Christus verliehen ist, und daß der für das christliche Volk höchst heil¬ same, und von mehrern Kirchenversammlungm 13 feyerlich bewährte Gebrauch der Ablässe in der Kirche beyzubehalten sey. Saget mir nun meine Lieben! ob durch die sogeftaltige Gewinnung des Ablasses das Leben des versöhnten Sünders nicht unendlich erleichtert, obseinGemüth nicht mit einem himmlischen Tro¬ ste, mit einer seligen Hoffnung erfüllt werden müsse? und wenn auch dieser Ausspruch der Kirche, daß ihm alle vor Gott noch rückständigen zeitlichen Strafen nachgelassen sind, den Sünder nicht auch von den traurigen Folgen befreyt, welche schon die Sünde der ersten Menschen über uns herbeygeführt hat, und welche sich der Mensch so oft auch durch die eigenen Sünden zuzieht, so hören sie doch eben wegen dieses Ausspruches der Kirche, eben wegen dieses erhaltenen vollkommenen Ablasses auf, für uns Strafen zu seyn, und werden durch eine beson¬ dere Theilnahme an den Verdiensten Jesu Christi, wenn wir sie im Geiste der Buße ertragen, sogar in gute, verdienstliche Werke verwandelt, für welche wir in der bessern Ewigkeit einen unvergänglichen Lohn zu erwarten haben. Urtheilet nun daraus, ob es um den Ablaß der katholischen Kirche nicht etwas Großes und überaus Wohlthätiges sey? Es werden zwar, wie ihr sehet, durch ihn weder Sünden, noch ewige Strafen nachgelassen; die Kirche weiset vielmehr den Sünder zuerst zum Sakramente der Buße, wo er die Nachlassung von beyden findet; dann aber vollendet sie seine Rechtfertigung mit der Nachlassung der zeitlichen Strafen, mit der Er- theilung des Ablasses, und gewährt so Frieden und Ruhe des Gewissens demjenigen, der, obgleich er ernstlich bemüht ist, eine der Menge, und Größe seiner Sünden angemessene Buße zu thun, doch r4 in der steten Besorgniß lebt, daß das, was er gethan hat, weit geringer und weniger sey, als Das, was er der göttlichen Gerechtigkeit noch schuldig ist. Einen solchen vollkommenen Ablaß biethet nun die Kirche, durch ihr verehrliches Oberhaupt, Lurch den heil. Vater der ganzen katholischen Christenheit dergestalt an, daß er im Laibacher Bisthume von heute angefangen durch sechs Mo- nathe unter gewissen Bedingungen, die ich später erklären werde, von jedem katholischen Christen gewonnen werden kann. Einen solchen allgemein angebothenen, mit gewissen Feyerlickkeiten und Vorzügen begleiteten vollkommenen Ablaß nennen wir das Jubiläum, oder den Jub elablaß, und die Zeit, die zur Gewinnung desselben fest¬ gesetzt ist, nennen wir das Jubeljahr. Damit ihr aber ja nicht in den Wahn verfallet, als wolle uns die Kirche durch diese sechs Monathe mittelst des Jubiläums von der Verbindlichkeit entheben, Golt für unsere Sün¬ den genug zu thun, und damit ihr euch vollkom¬ men überzeuget, daß es im Sinne und Geiste der Kirche liege, nur jenen den Ablaß zu be¬ willigen, die es für ihre Pflicht erkennen, ihrer¬ seits der göttlichen Gerechtigkeit eine solche Ge- nugthuung zu leisten, wie sie der menschlichen Schwachheit nur immer angemessen ist, so lasset uns die Bedingungen hören, unter welchen die Kirche durch ihr Oberhaupt während dieser Ju¬ belzeit den vollkommenen Ablaß allen Rechtgläu¬ bigen anbiethet. 15 ^Sn seinem an die ganze katholische Christen¬ heit gerichteten Sendschreiben erklärt der heilige Vater, daß man, um den Jubelablaß zu gewin¬ nen, wahrend der Jubiläumszeit s, seine Sünden reumüthig beichten, und nach erhaltener Lossprechung das heilige Abend¬ mahl würdig empfangen, dann b, vier vom Bischöfe bestimmte Kirchen durch »6 Tage, wenigstens einmahl am Tage besuchen, und darin die vorgeschriebenen Gebethe mit An¬ dacht verrichten müsse. Die erste Bedingung zur Gewinnung des Jubelablasses ist also der würdige Empfang des Bußsakramentes. Der Jubelablaß, die vollkom¬ mene Nachlassung aller zeitlichen Strafen kann erst dann Statt haben, wenn die Sünden und ewigen Strafen bereits nachgelassen sind, und da dieses nur im Sakramente der Buße geschieht, so muß der Gewinnung des Jubelablasses eine vollständige reuvolle Beicht nach allen Erfoder- nissen vorausgehen; um aber diese ablegen zu kön¬ nen, ist vor allem die Selbstprüfung notwendig. Fanget daher meine Lieben, diese Jubiläums- feyer mit einer genauen und strengen Selbstprü¬ fung an, blicket in euer Inneres, und bittet Gott, daß er euch die Geheimnisse eueres Herzens entdecke, euch durch seine Gnade Erkenntniß eue¬ rer Sünden gebe. Suchet mit brennender Lampe alle Winkel Jerusalems durch, d. i. traget die Fackel des Glaubens in die düstersten Schlupf¬ winkel eueres Herzens, und suchet alles auf, was da¬ rin dem Gesetze Gottes zuwider seyn kann. Indem ich euch zu dieser Selbstprüfung ermun¬ tere, meine ich nicht nur jene groben Sünden »6 und Laster, welche das frechefte Gewissen kaum ertragen kann, und die sich dem forschenden Auge Des Menschen ohnehin selbst darftellen; ich rede auch nicht bloß von den Sünden der Unterlassung und des Standes, welche sich täglich hänfen, und das Verderben fo vieler Seelen verursachen; ich rede auch nicht bloß von den Gewohnheitssün¬ den , deren sich der Mensch, da er sie häufig begeht, leicht erinnert: sondern ich rede hier auch von den kleinem Sünden, welche der Wachsamkeit des Sünders leicht entgehen, über die man gewöhn¬ lich gar nicht ernstlich zu denken pflegt, die aber doch an Ende den sittlichen Zustand des Men¬ schen verschlimmern. Suchet auch diese kleinen Mackeln eures Her¬ zens zu entdecken, und wenn ihr euern sittlichen Zustand so ganz genau werdet durchgeforscht ha¬ ben , dann verweilet bey der Betrachtung dessel¬ ben; und wenn ihr den Abgrund, dem ihr durch die Sünde entgegen gehet, recht lebhaft werdet eingesehen haben, dann bittet Gott, der euch zur Erkenntniß eurer Sünden führte, daß er euch auch Reue über dieselben einflöße, damit ihr sie beweinen, abbüßen, und euch künftig vor densel¬ ben hüthen möget. Mit diesen Gesinnungen der Reue, und mit dem ernstlichen Vorsätze ein neues Leben zu füh¬ ren, tretet dann zum Beichtstühle, entdecket dort dem Priester mit einem aufrichtigen, demüthigen und schmerzlichen Bekenntnisse alle eure Fehler, entlediget euch vor ihm alles dessen, was der Ge¬ rechtigkeit und Heiligkeit Gottes an euch mi߬ fällt , tretet hin mit einer innigen und wahren Zerknirschung des Herzens, mit einem inbrünsti¬ gen Verlangen durch Bußübungen Gort dem Herrn nach allen Kräften in etterm Leben genug zu thun. L7 Möge» noch so schwere Bürde» euere Herzen drücken, mögen Manche »och so lange dem Beichtstühle sich nicht genähert haben, o so lasset euch doch itzt nicht abschrecken, benützet diese Zeit des Heils, und tretet getrost vor die Beichtva¬ ter. Sie werden euch liebreich empfangen, sie werden Oe! in die Wunde» eueres Herzens gießen, sie werden euch aufrichten, und euch, wenn sie Reue an euch merken, mit Gott wieder versöh¬ nen. Sie haben in dieser Zeit größere Vollmach¬ ten , und können während der sechs Jubilaums- Monathe fast ohne Beschränkung auch von Sünden lossprechen, die sonst dem heiligen Vater, oder den Bischöfen Vorbehalten sind; entdecket ihnen daher ohne Scheu alles, was euch drückt , aber suchet euch Beichtväter, zu denen ihr Vertrauen habet, die um euer Seelenheil besorgt euch nicht bloß anhören, sondern euch auch mit Aufrich¬ tigkeit und Liebe die Wege andeuten werden, welche ihr wandeln müßt, um das ewige Heil zu erringen. Habet ihr die priesterliche Lossprechung erhal¬ ten, so Lenket daran, das Gebeth und die sonsti¬ gen Bußübungen bald und genau zu verrichten, Die euch der Beichtvater Zur Genugtuung auf¬ erlegt hat. Thuet es mit DemUth, und mit dem festen Vertrauen, daß Gott euch helfen werde, das Werk euerer Bekehrung zu bollführen; ver¬ gesset aber auch auf dasjenige nicht, was euch der Priester sonst noch gesagt, wovor er euch gewär¬ mt, wozu er euch ermahnet, was er euch vorge¬ schrieben hat, und vollziehet auch dieses mit Ge¬ nauigkeit und Ergebenheit. 18 Es wird euch zwar Kampf kosten, dem Ver¬ führer, wie es der Beichtvater euch vorschrieb, zu entsagen; aber es ist der schöne Kamps der Tu¬ gend, bleibt daher standhaft. ES wird Ueber- windung brauchen, die nächste Gelegenheit zur Sünde zu meiden; aber nichts soll euch zu schwer seyn, wenn es euch vor dem Rückfalle bewahret. Es wird euch schwer anthun, die Zunge im Zaume zu halten, besonders, wenn sie früher ge¬ wohnt war, sich an den Mitmenschen zu wetzen, ihre Ehre und Ansehen schonungslos zu zerfleischen; allein, dem es mit der Besserung Ernst ist, der vermag auch seine Zunge zu bändigen. Es wer¬ den demjenigen, der seinen Mitmenschen beschä¬ digte, verschiedene Vorwände einfallen, um sich dem Schadenersätze zu entziehen, den ihm der Beichtvater, und das eigene Gewissen auferlegte; aber fort mit allen Vorwänden, wo es sich um Gerechtigkeit, um Pflichterfüllung bandelt; denn was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, an seiner Seele aber Schaden lei¬ det. Matth, xvi. 26. Darum trachtet überhaupt alles standhaft in Ausübung zu bringen, was euch euer Gewiffensrath wird anempfohlen oder auferlegt haben; beson¬ ders aber bemühet euch, wahrend dieser JubiläumS- feyer die Uibungen des Gebethes, das Lesen guter Erbauungsbücher, ein arbeitsames Leben, Massig¬ keit in Speise und Trank, Mässigkeit selbst im Genüsse erlaubter Vergnügungen, einen eingezo- genen erbaulichen Lebenswandel, fleißigen Besuch des öffentlichen Gottesdienstes, andächtiges An- Horen des göttlichen Wortes euch zur Ge¬ wohnheit zu machen. Zwar werdet ihr oft *9 Entschlossenheit und Kraft bedürfen, aber lasset nicht nach, und führet aus, was ihr angefangen habet. Ihr habet dem Priester, oder vielmehr Je¬ su Christo das Wort, der Besserung gegeben, werdet also nicht wortbrüchig, und ermüdet nicht in dem seligsten aller Geschäfte, das die herrlich¬ sten Früchte bringen wird. Ihr habt ja schon gehört, daß die Kirche hey der Spendung der Ablässe keineswegs den Sinn habe, unfern Bußeifer zu schwächen, durch welchen wir uns mit der von unfern Sünden beleidigten Gerechtigkeit Gottes auszuföhnen be¬ mühen; sie will vielmehr diesem Bußeifer nur zu Hülfe kommen, und indem sie durch das Ju¬ biläum einen vollkommenen Ablaß der ganzen katholischen Christenheit anbiethet, will sie diesen Bußeifer allenthalben rege machen, und den g e- sammten Christenkörper zum gemeinsa¬ men Streben bewegen, Büße über unsere Sün¬ den zu thun, und im Geiste der Einheit heilige und demüthige Gebethe vor Gott auszugießen. Sie will, daß die herrschenden Laster, die den Christennahmen schänden, Ungerechtigkeit, Wol¬ lust , Haß und feindseliges Wesen, Eitelkeit und Hoffart des Lebens, dieses wahre Heidenthum unter den Christen, durch gemeinsames Zu¬ sammenwirken, durch gegenseitige Erbauung der Gläubigen während der Jubiläums-Zeit aus¬ getilgt werden; und sie muffen ausgetilgt wer¬ den, wenn uns Sünde und Strafe erlassen werden soll. Diese Austilgung kann aber nur durch Beicht und Buße geschehen, und nur denjenigen, die sich jm Sakramente der Buße von ihren B2 LV Sünden gereinigt/ dort den Nachlaß der Schuld und der ewigen Strafe erlangt haben, sichert die Kirche/ um sie auf dem Wege der Besserung zu ermurhi- gen/ den Nachlaß aller zeitlichen Strafen zu, bre sie für ihre Sünden hier oder jenseits noch zu leiden gehabt hätten. Sehet, das ist die erste und Grundbedingung zur Gewinnung des vollkommenen Jubelablaffes. Durch die Ankündigung des Jubiläums soll die Buße nicht netftrnt, oder überflüssig gemacht werden, sondern sie soll durch das gemeinsame Streben aller Cbristgläubigen/ sich des Ablasses theilhaft zu machen , befördert, beschleunigt, und vervollkommnet werden; das ist Sinn und Geist der Kirche, nach deren Lehre sich über das gemeinsame Geberh, und über das ver¬ einigte gute Bestreben der Christen, wegen des heiligen Verbandes der Gläubigen, wegen der Gemeinschaft der Heiligen die Gnade des gött¬ lichen Geistes über die einzelnen Glieder des Chri¬ stenkörpers reichlicher ergießt. Matth- XVIH. ry. so. Von diesem Geiste der Kirche beseelt, von inniger Reue über euere Sünden, und von dem lebhaften Verlangen durchdrungen, Hülfe und Kraft gegen de» fernem Andrang der Sünde zu finden, tretet dann, wenn ihr die priesterliche Lossprechung erhalten habet, zum Asche des Herrn. Dieses himmlische Vsot wird euere durch die Sün¬ de gebeugten Herzen neu beleben, mit Muth und Kraft zur Ausführung euerer guten Vorsätze erfüllen; es wird euch gegen die Anregungen der bösen Begierlichkeit, gegen die Anlockungen so vieler böier Beyspiele, gegen die so häufigen Ge¬ legenheiten , und Gefahren der Sünde stärken. LL Ueberhaupt ist es schon an sich selbst nothwendig, daß derjenige, der an dem unendlichen Schatze der Verdienste, des Leidens und des Todes un¬ seres Heilandes Antheil zu nehmen, und nicht nur Nachlaß der Sünden, und der ewigen Strafe, sondern auch der zeitlichen Strafen zu erlangen wünscht, sich innigst mit Jesus Christus ver¬ einige; darum gehört der würdige Empfang des heiligen Abendmahles nach der Anordnung der Kirche mit zur Feyer des Jubelfestes. Wenn der Christ aber auch alles, was ihm auferleg r wurde, gethan bar, so muß er sich doch noch immer als einen unnützen Knecht betrach¬ ten; Luk. XVii. 10. wenn seine Buße noch so inbrünstig gewesen, so soll er sich doch noch allemal als einen Sünder ansehen, der seinem Gott noch gar viel abzuzahlen, hat, und er soll eben dar¬ um nicht aufhöre», Buße zu thun. Dieß ist der eigentliche Geist der Buße, der dem Men¬ schen unabläßig seine begangenen Fehltritte vor Augen hält, und ihn mit der Erinnerung an dieselben demüthiget; und dieser Bußgeist äu¬ ßert sich vorzüglich durch das Gebeth, durch Abbruch, Abtödtung und Almosengeben. Darum besteht die zweyte Bedingung, wel¬ che die Kirche wie gewöhnlich auch dermal zur Gewinnung des Jubelablaffes gesetzt hat, im Kirchenbesuche und im Ge beth e. Die Kirche schreibt nähmlich vor, daß derjenige, der ihn ge¬ winnen will, nach reumürhig abgelegter Beicht, und nach würdig empfangenem heiligen Abendmahls die vier vom Bischöfe dazu bestimmten Kirchen an fünfzehn aufeinander folgenden oder unterbro¬ chenen Tagen, wenigstens einmal am Tage , und L 2 zwar alle vier, besuchen, und darin für die Erhö¬ hung der heiligen katholischen Kirche, für Die Aus¬ rottung der Ketzereyen, für die Eintracht der christ¬ lichen Regenten , für das Heil und die Ruhe des christlichen Volkes fromm und andächtig bethen soll. In Laibach habe ich für diesen fünfzehn- rnahligen Besuch, dm ihr während der sechs Jubiläumsmonathe sehr leicht verrichten könnet, nebst der bereits von dem heil. Vater dießfalls angedeutetm Domkirche St. Niklas, auch noch diese Sradtpfarrkirche des heil. Jacobs, dann die Vorstadtpfarrkirchen Maria Verkündigung, und St. Peter gewählt; auf dem Lande aber habe ich alle Pfarr- und Kuratkirchen dazu bestimmt, die Bestimmung der drey Nebcnkirchen jedoch den Ortsseelsorgern überlassen; wobey ich noch bemer¬ ken muß, daß es zur Gewinnung des Jubelab¬ lasses einerlei) sey, ob jemand in Laibach, oder in einer Landpfarre dir hiezu bestimmten vier Kirchen besucht, daß aber sowohl hier als in den kandpfarreu der allenthalben angevrdnete heutige Bittgang, mit dem wir die Jubiläumsfeyer er¬ öffnen , so wie derjenige, mit dem wir sie nach sechs Monathen beschließen werden, in den fünf- zehnmahligen Kirchenbesuch nicht eingerechnet wer¬ de ; weil wir heute erst den göttlichen Beystand zur würdigen Feyer der Jubiläumszeitanrufen, mit dem letzten Bittgänge aber Gott für die während dieser heiligen Zeit empfangenen Gnaden danken werden. Für diesen Kirchenbesuch werdet ihr sehr an¬ gemessene deutsche Gebethbücher in den hieror- tigen Buchhandlungen finden; auch für diejeni¬ gen, die bloß des krai nischen Lesens kündig 23 sind, ist durch die Auflage eines passenden Er- Hauungsbuches in dieser Sprache gesorgt worden; diejenigen aber, die entweder des Lesens unkundig/ oder nicht in der Lage sind / sich diese Bücher zu verschaffen/mögen in jeder Kirche fünf Vater unser/ fünf Gegrüßet feyft du Maria und den G l a ub e n bethen. Allen jedoch muß ich die Worte der päpst¬ lichen Bulle in Erinnerung bringen, welche/in¬ dem sie uns zur Gewinnung des Ablasses den Besuch der vier Kirchen, und das Bethen in denselben auferlegt, sich ausdrücklich dahin aus¬ spricht, daß diese Gebethe mit frommen Sinne, mit Andacht vor Gort ausgegossen werden sollen, und zwar nicht für zeitliche Güter, son¬ dern für das ewige Heil der Menschen, welches abhängt von der Erkenntniß der Wahrheit, von der Ausrottung der Jrrthümer, von der Aus¬ breitung der Kirche Gottes, welch alles eben durch die Eintracht der christlichen Regenten sehr befördert werden kann, daher uns denn die Kirche auch für diese zu bethen besonders empfiehlt. Sehet daraus meine Lieben! wie ihr diese Kirchen besuchen, wie und um was ihr darin bethen sollet. Sehet daraus, daß das kalte Ge- beth, wenn ihr es bloß mit den Lippen aus einem Gebethbuche nachsprechet, oder auswendig hersa¬ get , nicht das ist, was die Kirche will, daß auch das heiße Flehen um bloß zeitliche Güter nicht das ist, was Gott gefallen kann. Aus frommen, von Gortes Gegenwart durchdrungenen Herzen soll euer Gebeth hervorströmen, soll sich in Fülle der Andacht ausgießen vor Gott und nicht um Rkichthum, Weltehre, oder vergängliche Sinnen- L4 lust flehen; sondern besuchen sollet ihr diese Tem¬ pel des Herrn, um Gott in hinein Hause an- zubethen, um sich da mit den Verdiensten und Bitten der Heiligen, zu deren Andenken sie er¬ richtet sind, mit den Verdiensten und Bitten der allerseligsten Jungfrau, und der übrigen Auser- wählten Gottes zu vereinigen, um in Vereini¬ gung mit ihnen Gott um Erkenntniß, Bereuung und Nachlassung euerer Sünden, um die Abwen¬ dung der durch die Sünde verdienten Strafen, und Bedrängnisse mit Andacht und Inbrunst, mir reumüthigem Herzen und festem Vertrauen zu bitten. Besuchen sollet ihr diese Gotteshäuser mit der Gemüthsftimmung des Sünders, der im Tempel zu Jerusalem bethete. Luk.xvin. iz. »4. Christus giebt ihm das Zeugniß, daß sein Gebeth erhöret wurde, weil er sich demüthigte, sich aus Demuth für unwürdig hielt, vor Gott zu er¬ scheinen , und in dem Bekenntnisse seiner Sünden sich nicht getraute, seine Blicke gegen den Himmel zu erheben. Er zieht die göttlichen Gnadenblicke auf sich, weil er sich im Ernste über seine Sün¬ den betrübte- Er erlangt von Gott Vergebung, Hülfe und Trost, weil er reumüthig an die Brust klopfte, sich für strafwürdig und elend erkannte. Mit solchen Gesinnungen besuchet also die Kirchen, mit solchen Gesinnungen verrichtet euere Gebethe in denselben; verrichtet sie aber nicht bloß für euch, sondern verrichtet sie insbesondere auch für die Erhöhung der h-iligen katholischen Kirche, bethet für den heil. Vater, das Oberhaupt der¬ selben, bcthet für die Bischöfe, Priester und Seelsorger, daß sie die Gläubigen durch Lehre 25 und Beyspiel zum ewige» Leben gehörig anleiten, und mit ihnen einst selig werden mögen; bethet für unfern allerbesten Kaiser, daß Gott, der ihn erst jüngsthin nach dem inbrünstigsten Gebethe seiner Völker aus großer Gefahr errettet hat, von ihm, und der ganzen kaiserlichen Familie jedes Uebel hindanhalte, daß er ihn noch lange, recht lange erhalte, damit er durch feine fromme, milde und gerechte Regierung das Wohl seiner ihn innigst liebenden Völker noch recht lange zu be¬ fördern vermöge; bethet um den Sieg der Wahr¬ heit über Jrrrhum, um Ausrottung der Irrleh¬ ren, und insbesondere um Erstickung des gegen¬ wärtigen bösen Zeitgeistes, der allem, was heilig ist, entgegen strebt; bethet um die Eintracht der christlichen Regenten, die eben zur Erstickung dieses Zeitgeistes, zur Verherrlichung der chrifd lichen Kirche, zur Erhaltung des Friedens gar so notwendig ist; bethet für alle euere Mitbrü¬ der und bittet Gott, daß er die Erkenntniß, Be- reuung und Nachlassung der Sünden und Strafen nicht nur euch, sondern allen anged-ihen lasse; bethet endlich um das Heil und den Frieden des gesummten christlichen Volkes; denn wir alle haben einen Vater, welcher will, daß alle zur Erk-nnt- niß der Wahrheit gelangen und selig werden; ei¬ nen Mittler, der sich für alle geopfert hat, und einen heiligen Geist, welcher Liebe, Frieden und ewiges Leben in alle Menschcnhcrzen ausgießen möchte; darum muß auch unser Gcbeth alle um¬ fassen, und zunächst auf die besagten geistlichen Güter gerichtet seyn. Dieß sind nun die Bedingungen, unter de¬ nen euch dw Kirche den Jubelablaß anbiethet; §6 erfüllet sie nach eueren Kräften, Met redlicher¬ weise alles, was ihr könnet, um desselben theil- haft zu werden, und erwartet dann ruhig den Erfolg von der Erbarmung Gottes, welcher allein den verborgenen Zustand euerer Seelen kennt. Da indessen der Mensch niemals versichert seyn kann, ob seine Buße eine wahre Buße ge¬ wesen , ob er des Ablasses des Jubelfestes theil- haft geworden ist, so kann der Mensch in dieser Unsicherheit wohl nichts Besseres thun, als daß er den durch die päpstliche Bulle auferlegten, gar nicht beschwerlichen Andachtsübungen des Kirchen¬ besuchs und des Gebethes vorzüglich während der Jubiläumszeit noch andere gute Werke beyzuge- sellen sich bemüht. In der besagten Bulle geschieht zwar! keine ausdrückliche Erwähnung, daß man zur Gewin¬ nung des Jubelablasses auch fasten und Almv- sengeben müßte; allein beydes geht, wie schon ge¬ sagt wurde, gleichsam von sich selbst aus dem wahren Bußgeiste hervor, und es liegt auch ganz im Geiste unserer heiligen Kirche, das Fasten und das Almosengeben mit dem Gebethe immer zu¬ sammen zu stellen, vermög jener Worte der heil. Schrift:Tob. xn. 8. Das Gebeth ist gut mit Fasten und Almosengeben. Darum wird derjenige, der vom wahren Bußgeiste, und von einem lebhaften Verlangen nach dem Jubelablasse durchdrungen ist, gewiß nicht unterlassen, sich während der Jubilaums- dauer mit einer reuvollen und demüthigen Ge¬ sinnung manchmal ein freywilliges Fasten aufzule- gcn, er wird aber auch dakey bedenken, daß das Fa¬ sten, wenn es Gott gefällig seyn soll, mit der Abtöd- 27 tung unserer Sinnlichkeit/ mit dem Versagen so mancher erlaubter Vergnügungen, und mirSelbft- vcrläugnung verbunden seyn müsse. Ebenso wird er sich auch daran erinnern, was von dem Al¬ mosen: Tob. m. 9» geschrieben steht, daß cs vom Tode erlöset, daß es die Sünde reinigt, uns Barmherzigkeit und ewiges Leben finden macht. Darum wird er nach seinem Vermögen die Armen unterstützen, und wenn seine Glücks¬ umstände so ungünstig find, daß er nichts, oder nur wenig geben kann, so wird er sich des Hellers der Wittwe: Luk. xxi. s. 4. und des aus Liebe zu Jesus Christus dargereichten Glases frischen Wassers: Mark. ix. 40. erinnern, welche kleinen Ga¬ ben der Heiland am letzten Gerichtstage so hoch anschlagen zu wollen verspricht. Ich hege meine Lieben! zu euerem Neligions- eifer das volle Vertrauen, daß ihr den Auf¬ forderungendes heil. Vaters durch fleißigen Besuch der Kirchen, durch andächtige darin verrichtete Gebethe sorgfältig entsprechen, daß ihr diesen anbefohlenen Andachtsübungen zur desto sicherer» Gewinnung des Jubelablaffes auch noch andere freywillige gute Werke beyfügen werdet. Die große Teilnahme, die ihr an dieser Jubiläums- feyer schon itzt zeiget, die Andacht, mit der ihr mich so zahlreich hieher begleitet habet, der stille und heilige Ernst, mit dem ihr meine Worte vernehmet, berechtigen mich zu dieser schönen Hoffnung; allein vergesset bey diesen Andachts- Übungen nur die erste, die Hauptbedingung nicht; denn das große Gedränge von tausend und tausend Menschen, die in diesem Jubeljahre von einer Kirche zur andern strömmen werden, das Wogen s3 und Treiben nach -en Tempeln Gottes vom frühen Morgen bis zum späten Abende, womit so man¬ cher Tag der Jubelzeit zuqebracht werden wird, ist, so erbaulich, so herzerhebend und so heilsam es immerhin bleibt, doch sicher nicht das Wesent¬ liche von dem, was die Kirche durch die An¬ kündigung des Jubiläums will; darum gestattet sie auch, daß der Kirchenbesuch denjenigen, die ihn zu verrichten gehindert sind, ganz oder zum Theile nachgesehen, und daß ihnen statt desselben zur Gewinnung des Ablasses andere gute Werke, die sie zu verrichten im Stande sind, durch die Beichtväter auferlegt werden; allein das Wich¬ tigste alles Wichtigen, was die Kirche zur Gewin¬ nung des Ablasses Niemanden nachsieht, Nie¬ manden nachsehen kann, was sie von allen unbe¬ dingt fodert, unbedingt fodern muß, und was die eigentliche Frucht der Jubelfeyer seyn soll, ist Besserung, ist Bekehrung, und so bleibt denn die erste Bedingung zur Gewinnung des Ablasses doch immer die Buße. Werdet ihr nicht einen heiligen Unwillen gegen euere Schwachheit und Ohnmacht, gegen euere Sünden und Laster hegen , werdet ihr euere Unwürdigkeit nicht empfinden, den ernstlichen Entschluß nicht fassen, euererseits alles, was ihr nur könnet, zu thun, um die Gerechtigkeit Got¬ tes zu besänftigen, ihm alles, was nur immer in eucrn Kräften ist, aufzuvpfcrn, von dem Joche der Buße, soviel ihr nur immer tragen könnet, auf euch zu nehmen, so könnet ihr nicht hoffen, des Jubelablasses theilhaft zu werden; denn ich wiederhohle es noch einmabl: ohne wahre Er- kemttniß, ohne reuvolles Bekenntnis; der Sün- 29 den ist kein Nachlaß der Sünden. Ohne ernst¬ liche Wegwendung und Lssreißung des Herzens von der Sünde, vhne ernstliche Hinwendung des Gemüthes zu Gott ist kein Nachlaß der Sünden. Ohne den ernsten allumfassenden Vorsatz, die Sünde als Las größte Uebel zu hassen, als den gefährlichsten Feind Zu bekämpfen, und das heilige Gesetz Gottes treu und vollständig Zu erfüllen, ist kein Nachlaß der Sünden. Ohne Versöhnlich¬ keit, die dem Beleidiger entgegen kommt, dem Schuldner nachsieht, und den Feind umarmt, ist kein Nachlaß der Sünden. Ohne Aufhebung der Sündenfolgen, ohne Zurückstellung des frem¬ den Gutes, ohne Ergänzung der fremden Ehre, ohne Vergütung des gemachten Schadens, soweit dieses alles m unfern Kräften liegt, ist kein Nach¬ laß der Sünden. Ohne den göttlichen Ernst, die Felsen der bösen Gewohnheit zu brechen, und jedem vermeidlichen Anlasse zur Sünde aus dem Wege zu gehen, ist kein Nachlaß der Sünden. Ohne den überwiegenden Muth zu wachen und zu bethen, damit wir im Kampfs der Sünde nicht müde werden, ist kein Nachlaß der Sünden. Ohne Nachlaß der Sünden aber giebt es keinen Nachlaß der ewigen Strafe, und folglich auch keinen Ablaß, keinen Nachlaß der Zeitlichen Strafen. Nachdem nun die Sünde dasjenige Uebel ist, welches allein uns an der Gewinnung Les Jubelablasses hindern kann, so lasset uns heute mit vereinigtem Gebethe den göttlichen Beystand anrufen, daß wir während dieser heiligen Zeit die Sünde mit Erfolg bekämpfen, und uns dersel¬ ben ganz entledigen möchten; Lasset uns diese Jubiläumsfeyer unter Gottes Beystande mit dem 3» ernstlichen Bestreben beginnen, unsere Sünden zu erkennen, zu bereuen, für dieselben nach un¬ fern Kräften genug zu thun, und ein neues sündenfreyes Leben zu führen; lasset uns hier an dieser heiligen Statte gemeinschaftlich den Vor¬ satz fassen, dieses Bestreben während der Jubilä¬ umszeit durchzuführen; lasset uns auch in den übrigen Kirchen, die wir noch heute besuchen wer¬ den, diesen Vorsatz recht lebhaft erneuern. Die Zeit, deren Feyer wir heute beginnen, wird ja heilig genannt; heilig muß sie also begonnen, heilig zugebracht, und alles sorgfältig hindan- gehalten werden, was sie entheiligen könnte. Groß und wichtig ist das Geschäft, zu dem wir uns entschließen, noch größer und wichtiger aber wir- der Erfolg seyn, wenn wir es stand¬ haft durchführen. Wo aber sollen wir diese Stand¬ haftigkeit, wo Muth und Kraft zu diesem wich¬ tigen Geschäfte suchen ? Wo anders als bey Gott dem Vater der Lichter, von welchem jede gute Gabe herabkömmt. Jac. i 17. Darum fallet nieder hier vor Gott dem allerheiligften und all¬ mächtigen, und bittet ihn vereint mit mir, daß er sich über uns arme Sünder erbarme, uns unser Innerstes aufthue, daß er die vor uns verborgenen Tiefen unseres eigenen Herzens mit der Fackel seines Wortes beleuchte, daß er. uns unfern Seelenzustand in seiner ganzen Sträflich¬ keit erkennen, und unser Gewissen rege mache, daß er wahre innige Reue über unsere Sünden in uns erwecke, uns zur Wahl eines ehrwürdi¬ gen Gewissensrathes bestimme, dessen warnende und belehrende Stimme auf uns wirken lasse, 3r Md endlich uns mit seiner unvermögenden Gna¬ de unterstütze, daß wir den unerschütterlichen Vorsatz der Besserung fassen, von demselben nie abweichen, sondern auf dem begonnenen We¬ ge de r Buße standhaft beharren, und so aller jener Gnaden tbeilhaft werden, die die gute Mutter Kirche uns sündigen Menschen in dieser heiligen Zeit so großmüthig anbiethet. Amen.