^<1 ^F/^ ^^^^^Gz Die kaukasische Militärstraßc, der Anban und die Halbinsel Taman. Erinnerungen anö bitter Neisc ^c»n Tiflis nach der Krim. Professor Hr. Karl Koch. Leipzig. Friedrich Hleifchev, Meinen Brüdern Albert u»d Louis Koch i l» Weimar j>l fielie und Freundschaft g c U' i d m e t. Inhalt. Erstes Kapitel. M;che!h, Vic llüc Meliüpolt de? ftrustschc» Volkes Z, >—ül» ?!blcisc von Tiflis, die nmntügliche Ttad<; vl. Kolenatii daö Icufclölnio, Tliargamoft, Niammrater des gnmscke» Volkes; Karthloß; Mzchctlnn,^ die Mcsckier. die 8 Si,'!»,« dcs Thcngamcß n»d die » Völker des k.nikisi-schcn Isthmus; Gvusicn oder Gn'rMi und seinc Bewohner ^ ?>sni>is ^ die neue Knl'l'viicke', V!,chetl!^ Einwanderungen; di« K^lhcdr^Ic ^'^'n »Vijchclh, Zweites Kapitel. Utilc übei dt» si^imm des VebirgcZ nach ßasblk 2, !4l—57, M!)a>,!!nftk.N!^ ^udeii; Dusheth, ?l,l>i>lln; Mtl,i>iM,'K.ir; Mthiulcth >,'de> Bclgland; «ildl'>n>ik>,>n i ?lnigu,i>T>'>'l; Quischctt, ^ Raischaurt »uo sci» Mtte.ni; doitigc Häuser und Ihüimei ci»c Pn">>;c>„»g, scha»crliä,cr Weg. Vc^ctatil'u dcs Kreuze,gcö; die Echtdaftaw^ü-Tchliicht; d>is kaukasisch« Ge> t'iige ,»il 'einen Kcllenqliedcrn; das !crel.V,issin ^ die lüften ^ K^'l'i Drittes Kapitel Versuch zu ein«c C,ft«igung dl« K^bek S, ö6—?!«. >'och»>a! sihewi; ein Gewüt« , ^ogüostischer Bestand, d.'l Tlachcll'«erftranch; eült Schlammlawiiic, Ml)Ndu!ch>iuv; grusische ^limilie H>isl'ck, Ei^clüing kaukasn'ckcr ssürstenst'hnc in Pctevödmg, Veriuch der Visteistn»^ des Kasbek, , !>ei>!>,c,i Orciciiiiglei». der Bei», K.,el'cl; neue Gewitter; Elen, k>i'cke; Moritz 31,'^gner. Vl Viertes Kapitel. Der Dmchlnuch de-i Terel; die ^tasdcl ^.iwine i >iel'gin'!ti scher Befunds Vur,i D.nicl; die Vii>it>irftr.iße; Tl'ag>n>rcn, Räubereien in reu frnhern Zeilen-, baH Hi,n»le!st!^il ^ Bildung des Sekunda» ^edir^cZ, d^»> schir.n^e Gel^ir^c^ ^'ar«! sseo^lwstischer Befund; Di'rfer; Tschimilheu; ^»liüiil in Wladilauk^, Fünftes Kapitel. Die Festung Wladi^ul^^ Geocr.il Nestcll'ff, T,^cts,1^,i, Dl'if »nd Vrlli Nazji^^- Hcldcnmml, dci Tschclschen i (''li.ii.Ulci. Gem.iltc ^ die russische H.im»Mchiu!ig; die dritte vter Ssuxtsl'a-^iine ^ die Veste Wosdwishcnsf, ?Nisl'ie»>ieu und Äiiijli.nicii der W^ildci i Gcchi i Weden i »cue Festuugc» vcihc; die Äcs,,hier und ihre siülieru Kampfe »>i< dc» Nüssen, Gergebili ein ka»k.,sis6>er (U'ivurg; Stv.ißc duvch die ,».U^nd>i. Sechstes Kapitel. Vcr lscherklsfischs «?>,» der Knlwrdli und Ickatclinogial! S. l!7—l3^>. Die Äosakcnpostcn; ihenreö sieiscn iu Nlchüuid, »veiieve Un.iunclimlichteilen i der Karadagl,! der Enmdsl'.i'Kmmu; die K>U>.iid^; Oeschicl'te dcrK^irder; innere ^cstnn^<>Iinie, die «ieppc; W.indevhcuschrcctcn; «in Miu.ireh; »csch. t.nnak; die Qu,i>'antt>i»ei Ietaterinogvad^ der sicundüchc Linicnkosak; Wich> ligkeit laiserlichcr Papiere; lzinsach>?cit der Wolmungen; !i!eise nach den Bädc>», Siebentes Kapitel. s>s, K>,'in.ili, rle ^liue>>U>i»>,'l>cn ^ P.ui>>orek, scl'önc ^a^e de> f.n^nmbcu Büdcr, Ursachen ihrer geringern Frel>»cn^, dcr Maschuk und die übrigen Sergei Vcsckrciduug rcr Umgegend ; die s>1,l.'ttl,i»dische^ol>,'nie i dcr^eschlau; die (tisenqncllen, >Uk,i>ischc W>isscr, Kiolowcdol l'ser s^r Z^uerl'iunneu, lci» Plüte.i» i dev «>!>rus>i der N>i>!,>n, Vll Achtes Kaftitel. ^!>n>i°pol »»d d>, !'0ukalilchs Linie Z, >,,! —XI?, ?l>'>c>sc; die Postwagen; Njcrrstieffoki ^lsx.indirffsl^ Ttauropol^ deutsch,' Ko Ionic daselbst; Ironische i» RusNaud; H,ift gossan disMt»; Al'vcisc v^>,! El,iurl'v^s^ tic Tscl'tlkcytu , Versuch 3cl'^mil?, lic Ts>bork,'s>'cn zn gsirinncn ^ Vic !l ^ioicn ini H>>cssci!, >?lnorvnu!!ss dcr g!i»;c» !l?i,,ic^ Ttlirfe scrsslben. Neuntes Kapitel. Vrisc länl,« vc« Kuban >3. U!^—I^«i, i^c>!-.'llcl>!»tvrfff»i ^ dcr Kudan; ?schcvIlssc»°Uebevf>ilIc^ ric ilr»>>üng!iä'c>l Bc. n'l'bnei; Nogh^icr, Tl1>nslli>ifcit mid Aunnth^lt dc> russischen »Postcn^ Uss>Laba; Sonnenblume»; ÄttMubissc; T!chc>noni>,'iie!i i Ucl'tltrcil'iui^en l>c> Nciscndtn ^ sl'cfal'ren; 3ichelhc!toin>ls!rc^eln ^ ^ef.itcrinodar; ^l'stjuä't^ ,«,N>ick'ia, l>ic S,N'c>rl>ge> ^ Kavakitt'anok; 2chilfw,i!dcr^ Kl'pul^ de, fieunl'-!il1>e Pl'st.nlfse!'e>". ni»n's>,ie Gegend, Zehntes Kapitel. Die lialliinstl Caman und ,!>rt Kchl^uinn'uN^nic 2, I?!5>—2ÄU, ^i,,' Hall'inscl! Akdc,,iö oder das wcis-c Mcel; Ableitung tc>« Wortes Tamau, N>irlnl?,il>ncllcn unl 26)l>immrulk,ine; K.me.iul z Tcmrut; Hauptort Tannin ! Gcschichttickes; DnI>l'iZ dc Mrntpercuz,-; St>al'l,'s Bcschreil'ung der H^lb. inse!; daö I>l?spov>i!iii'chc Neiä^ das aüc ^l'^nagolia; ras neue Pl'au,,. z>l>ri,,; ?lpotl'cfcr Roml'crgcr; ?lch>^niözofföl; ein Scl,l,immrnlkau; Gewin. unng dcv Nap>>tl>,i. Kuuk^l'.^ Xbreisc mil Uelersahl! »ach der Kii»i, Erstes Kapitel. M^chcl!i, die cUlt Metropole dcs gruslschen Volkcs. Än einem schönen Morgen trat ich in Begleitung eines liebenswürdigen Ehepaars meine Rückreise nach der Heimath an. (5s war gerade Sonntag; aber die Mensche» ans den Straßen batten sich nicht sonntäglich geschmückt, sondern gingen in derselben, meist graugelblichen Kleidung, die sie die ganze Woche hindurch an^ebabt nnd vielleicht keinmal abgelegt hatten, noch rnhig neben einander dahin. Der Orientale kennt die Feier des Tonntages nicht in der Weise, wie sie namentlich uns Deutschen eigenthümlich ist; selbst die Nuffen und die vielen andern Fremden haben cs noch nicht dahin gebracht, an dem erste» Tage der Woche in einem andern und bessern Gewände zu erscheinen. Der Drientale vermöchte es aber auch nicht, denn in der Regel ist er keineswegs so wohlhabend, um für doppelte Kleidung sorgen zu können. Ein Gott und ein Rock ist der Grundsatz des gemeinen Mannes im Oriente, gleichviel ob er an die Offenbarung durch Jesus oder an die durch Mohammed glaubt. Ruhig, sagte ich, gingen die Menschen neben einander dahin, denn es war am frühen Morgen, als unser Wage» 1 2 durch die Straßen der frühern Residenz der bisweilen mächtigen Könige Orusiens der Moskan'schen Barriere zufuhr. Man sah den Einwobnern an, daß es nicht lange hcr seyn mochte, wo Morpheus sie noch umschlungen gehalten. Das Geräusch, das Toben und Schreien, was man sonst vernimmt, wenn nur ein Paar Orientalen zusammenkommen, hatte noch nicht begonnen. Wer um diese Zeit ausging, versah irgend ein Geschäft. Man sah am Meisten Granen obne Tsckadri, also unverbüllt, das thönerne Wassergefäß auf der linken Schulter, die schweigend dem na lien Kur zugingen. Desto sonntäglicher war es mn uns, als wir die Stadt hinter uns batten nnd dem freundlichen Tbale der Were zufuhren. Der Kaiser Nikolaus wurde Iner im Jahre 1837 umgeworfen, doch znm Glück ohne alle weitern Folgen. Es war noch nicht so beiß und die Luft deßhalb noch reiner nnd durchsichtiger. Ein prächtiger Himmel hatte sich über nns gewölbt; kein Wölkchen unterbrach die azurne Bläue. Von Norden her webte uns ein kühler Wmd sanft entgegen. Selbst die Weiden. Haselstauden und Tamarisken, die das Ufer des wenige Fuß breiten Baches umsäumten, und das Maulbeergesträuch und l?brist-dorngestrüvv auf den Mergelböhen erschienen an diesem frühen Morgen nicht so verbrannt und gelblich, als es mir Z cl' am Ta^e vorber erschienen war. Vielleicht sah mein Gemüth auch alles freundlicher an. denn ich battc zur Rückkehr in die geliebte Heimatb bereits die ersten Schritte gethan. Die Anwesenheit des Prager Reisenden, Or. Kolenati. in Tiflis und die gemeinsamen Interessen, welche wir als Naturforscher verfolgten, batten uns bestimmt, nock einen 3 gemeinschaftlichen Versuck zur Ersteigung des Kasbek, dos zweit höchsten Verges im Kaukasus, zu machen. Ich fühlte mich um so mehr dazu geneigt, als er dicht an der großen Militärstraße, auf der mich der Weg der Hcimatk wieder zuführte, emporsteigt, und schon der Versuch seiner Besteigung einen schönen Schlußstein meiner Reise machen würde. Das schönste Wetter begünstigte den Anfang unseres Unternehmens und so durften wir um so mehr dem möglichen Erfolge entgegensehen. Herr Filippmff. Professor am Tifliser Gymnasium und unser gemeinschaftlicher freund, leistete uns mit seiner ^rau Gesellschaft; beide waren nus um so werther, als der eine uns in unsern wissenschaftlichen Arbeiten unterstützen wollte, !>rau Filipviseff abcr für geistige und leibliche Bedürfnisse möglichst Tovge trug. Wenn auch die große Militärstraße über den Hankasus beut ;u Tage unendlich mebr Bequemlichkeiten und Annehmlichkeiten darbietet, alo i^rau von Frcigang im Anfange dieses Jahrhunderts fand, so würde ein deutscher Tourist doch bier keineswegs sich sehr befriedigt fühlen. Wie in ganz Rußland, so ist man jenseits des Kaukasnsnoch mehr gezwungen, sich mit den nöthigsten Bedürfnisse» zu versehen, insofern man sich »licht einem möglichen Mangel aussetzen will. Unsere liehenswürdige Begleiterin batte aber schon eine ganze Woche dafür gesorgt, daß wir wenigstens 14 Tage lang mit den nöthigen Treisen und Getränken vcrseben waren. Kolcnati war mit seinem Begleiter, einem Kolonisten aus Elisabcththal, Mick, der sich hauptsächlich mit <>in-sammeln von allerband Gegenständen beschäftigt, bereits schon cinen Tag ftüber von Tislis abgereist, um die nöthigen Vorkehrungen zu treffen; ich l'mgegen hatte mir 1 * vorgenommen, langsamer zu reisen, nm die Umgebungen der großen Militärstraßc noch einmal näher kennen zu lernen, als es bis jetzt gcscbeben war. Wenn man ans dem Tbale der Were herausgekommen ist, fährt man einige Stunden in rein nördlicher Rielitung auf dem rechten Ufer dem Kur entlang nnd zwar zunächst über wellenförmigen Boden nach einer ßbcuc, welebe nach einem darin liegenden Dorfe den Namen Vbenc von Digl'om erl'alten bat. Auf den Höben des erwäbnten wellenförmigen Podens erfreut man sich der berrliebsten Auosicht, indem der riesige Kasbek mit seinem breiten und schneeweißen Doppclbauptc zwiscken den Höben, welebe die Aragua auf beiden Seiten umgeben, berausragt und einem Wächter gleich rulng auf seine Umgebungen scbaut. Zum ersten Male saß ich wiederum in einem bcque» meu Wagen, den man in Rußland sogar mit dem Namen einer Karcte, d. i. einer Kutsche belegt. Und doch würde ich in Deutschland keineswegs mit diesem Fuhrwerke so zufrieden gewesen sevn, als ich es ietzt war, denn eine russische Karetc bietet faum die Pequemlicbkeiten eines sogenannten überdeckten l^lsteiner Wagens, ist jedoch mit einem Federwerk verseben, was mit Unrecbt diesen Name» führt. To batte ich aber in Armenien Monate lang den ganzen Tag auf dem Pferde zugcbraebt und wiederum war ieli in diesem Iabre g^wungen gewesen, mick anf der Reise nach dem lappischen Meere der russische» Postwagen ^Telegen) zu bedienen, alles Dinge, die mich den Werth einer russiscben Karetc erkennen ließen. Auf einer Telege könnte die hartnäckigste Hypochondrie in der That zu Schanden werden. Im Herbste 1«36, als ich von Petersburg kommend 5 zum ersten Male mit einem russischen Feldlager nach Tlflis reiste, brach hier die Achse unseres Wagens; mein BeaM ter war gezwungen, in dem nahen Dighom anderes Fnhr-wcrk zu requirircn. Nach großem Widerstreben erhielten wir endlich zwei schwerfällige Arben (einheimische Wagen) mit Büffeln bespannt, und zogeil an einem Sonntage anf keineswegs sonntagliche Weise in die Residenz der frühern Könige und jetzigen Statthalter des Landes ein, so daß wir, die wir Vagabunden äbnlicher waren als ordentlichen Reisenden, in einem der dortigen Gasthäuser erst nach langem Zandern anfgenommcn wurden. In bessern Zn-ständen zog ich jetzt tt Jahre später aus Tiflis nach der Heimath. Bald waren wir an die Stelle gekommen, wo der nördlichste Anslänfer des Didgori, der Ssathowli, in nordwestlicher Richtung sich bis dicht an das Ufer des Kur vorschiebt und noch eine kurze Strecke diesem bluffe abwärts sich fortsetzt; drüben aber kommeil strahlenförmige Ausläufer des Gebirges von Erzo entgegen nnd zwingen den Fluß, seine bis dabin östliche Richtung zu verlassen und durch eine enge Spalte südlich weiter zu fließen. Auf derselben rechten Seite des Nur fübrt auch die jetzige Militärstraße durch die enge Spalte, nachdem durch die Hand des Menschen Felsen abgetragen worden sind. Es war hier, bevor die Russen festern Fuß gefaßt hatten, eine gefährliche Stelle, wo namentlich Lesghier den Reisenden anflanertcn nnd diesen nicht allein von ibrer Bürde Erleichterung verschafften, sondern sie selbst auch nicht selten ins Gebirge schleppten, nm sie erst nach einem bestimmten Lösegelde wieder frei zu lassen. Die (5ingebornen nennen dchbalb die Stelle Dewiß-Namuchli, d. i. Tcufclskme. y Genau an dcr Umbiegung nimm: der Kur die Aragna auf; da diese genau von Norden kommt, so scheint es, als wenn sie die eigentliche Fortlennng bildete. Im Angcstchtc der grustschen Metropole von M;chctn, die auf dem jenseitigen Ufer des Nur in dem Winkel dieses Flusses nnd dcr Aragua liegt, geht dcr holperige Weg noch über eine Werst den ^luß aufwärts bis zu einer neuen steinernen Brücke, welche auf das ienfeitige Ufer führt. Hier stiegen wir aus. um der klassischen Gegend, auf der ick) mich bereits befand, einige Stunden naberer Aufmerksamkeit ;u widmen. Nicl't weit von der Brücke ergießt üch ein unbcdeu-tender Bach, Karchliß-Zthali, Bach von Karthli genannt, in den Kur. Auf einer Höhe des Ssathowli sieht man noch geringe Reste eines Gemäuers, von dem die Tage geht, daß bicr Kartbloß ,n uralter Zeit sich eine Vurg erbaut und damit den ersten Grundstein zum spätern amusischen loder georgischen» Reiche gelegt habe. Dcr Tage nack war Kartblosi der Tobn des Tbargamoß. von dem der kaukasiscl'e Istl'mus bevölkert ivurde, Tbargamosi wanderte nach der Verwirrung der Sprachen, wo sich die Menschen nach allen Teiten lun zerstreuten, aus. (''r wird ein Urenkel Iapbetli's genannt, denn er war ein Sohn des Tharschiß und der l Veranlassung gegeben, in Betreff der Urgeschichte Grusiens eine Hypothese aufzustellen, die, je mehr ich mir Kenntniß von den transkaukasischen Landern verschafft babe, klarer hervortritt und vielleicht bei noch mehr Studium an Wahrscheinlichkeit gewinnen möchte. Mzchctboß war nämlich ohne Zweifel nicht der Sobn des Karthloß, sondern wohl ei» Häuptling desselben Volkes, zu dem auch Karthlosi gehörte, der aber von Westen, wahrscheinlich aus dem obern Gebiete des Kur oder auch aus dem des Tschoruk, nach l> Tielie mcm« Ncist nack dcm kaukasische,! Istl'mus, 2N, Äap, 253, S, Ich lchnlb ftülier den Name» mch! richtig Vlochctho«, 8 Osten drang und sich die Herrschaft des Karthloß unterwarf. Wahrscheinlich eroberte er die Burg Karthloß, zerstörte sie und erbaute sich in dem günstig gelegenen und bereits mehrmals bezeichneten Winkel eine Stadt, die nach ihm den Namen erhielt. Der Name Mzchcthoß war wohl auch keineswegs die specielle Benennung des neue,, Herrschers, sondern mag wohl richtiger einen Ttamm desselben Volkes bezeichnet babeu, zu dem er gehörte. Es cr.istirt nun in der Tbat ein Volk, was auch den Grusiern bekannt ist, von ihnen Meschethen genannt wird und nach der Geographie des grusischen Königssobncs Wachuscht im Kessel von Achalziche seine Wohnsitze hat. Der Name ist noch mehr den Griechen u»d Lateinern bekannt, denn nach diesen bewohnt das Qnergebirge, was den Kaukasus mit dem armenischen Hochlande einerseits und mit dem pontischen Gebirge anderseits verbindet, das Volk der Vleschicr oder Moschier (richtiger Meschicr und Mosebier geschrieben). Es wird nicl't uninteressant seyn, wenn ich, bevor ich in der Beschreibung meiner gleise fortfahre, mit den frühern und jetzigen Bewohnern des kankasischen Isthmus etwas Vertraut mache. Die ganze Bevölkerung stammt nach ein-l'eimisclmi Tagen von dem obengeuanuten Tbargamoß, der wiederum 8 Töbne, die Stammvater der 8 verschiedene» Völker des Isthmus, hatte. Der Ursitz des Tbargamoß wird zwischen den Bergen Ararat und Maftißi angegeben. Ich stimme keineswegs Klaprotl, bei, der den Ararat der Grusier und de» der heutigen Geogravben für idcutisch halt und unter Maßißi die letzten Ausläufer des untern Kaukasus im !,eutigeu Karabagb verstanden baben will. Maßißi ist gerade der heutige Ararat, der »och immer im 9 Dricntc unter diesem Namen bekannt ist; unter Ararat oder vielmehr Ararat» verstehen aber die Armenier eine Provinz, die aus dem ganzen obern und mittlern Araxes-gebiet bcstebt. Als Gebirge Ararat sind deßhalb wohl westliche Höben genannter Provinz, vielleicht der Alagäs, zu verstehen. Unter der Arar^es-Ebenc (^i-axenon ^olliun) verstanden die Kriechen die beiden ebenen Ufer des genannteil Flusses in der hcntigen Provinz ßriwan und diese Ebene zwischen Ararat und Alagäs mag es wohl auch gewesen sevn, welche dem Thargamoß 690 Jahre lang als Wobnsch gedient haben soll. Die 8 Söhne des Thargamoß waren Hbaoß, Karthloß, Bardoß, Mowakhan, i?ekbosi, Herosi, Kbaffkhaßoß und Egroß. Die Hälfte des gan;en Volkes und die beste Hälfte des Landes crbielt der älteste und tavferste unter den Söbnen, Hbaoß. Die Armenier nennen ibren Stammvater Haig und lassen ibn aus der Barbarei in Vabvlon nach Norden entfliehen. In einem scbwer zugänglichen Thale im Süden des Wansees, was den Namen Hawh-Dsor, d. i. Armenier-Tbal, führt und jetzt Haiadsor genannt wird, fand Haig eine sichere Zuflucht und bevölkerte von bier aus Armenien bis an den Nordgürtel des Hocblandcs, also biö zum untern Kaukasus. Schon sein Sohn Armenag wanderte nach Norden aus und ließ sich in derselben Wegend nieder, wo die Grusier ihren Stammvater Thargamoß wohnen lassen. Karthloß erbielt alles 3and von der Kzia oder Ksta, (bei den Russen llbram genannt) bis an das Meer, also das ganze Gebiet des Kur von dem (''inflnß der Kzia und der Aragua bis an seine Quellen, fast die ganze Tschoruk-spalte und das heutige Lasistan, genau also das 5.'and, über welches auch Mzchethoß herrschte. dsukben sich nur auf das Gebiet der eben erwähnten Berg-stämme beschränkt zu haben. Andern Bestimmungen nach werden die Dnirdsukhen von den Ähaffkhaßiern unterschieden. Die westliche Hälfte ibrcs Gebietes verloren die Nachkomme» des Dsurdsnkhoß an die Chasarcn, deren Konig seinem Tobne Uoboß die Gefangenen ans Kartbcl-3som-chithi (aus dem Gebiete der H^iaj zum Uebersiedeln im Westen dcs Flusses Lamckhi (Terck) überließ. Die Nachkommen dieser Gefangenen sind die beutigcn Qßen oder Oßetlien, über die ick sebon an andern Ttellcn scbr aus-fübrlich gesprochen habe. Der Tprachc nach bilden die Oßcn eine Verbindung zwischen den Persem nnd den europäischen, namentlich germanischen Völkern. Man glaubt auch, dasi sie deßhalb weniger grusischeu. als vielmcbr persischen oder medischen Ursprunges sind, lind meint sie in der Kolonie von Medern, welche (nach Diodor) i» der erste» Hälfte des 7. Ialnhnnderts v. l>br. von den Ttr,-then nach dem Norde» des KankasM' versetzt wurden, wiedergefunden zu babcn. V.on den Tscherteßen ulld Abaßen erwähnen die ältesten 12 Nachrichten der Grusier noch nichts und doch müssen sie schon seit den ältesten Zeiten im Kaukasus wohnhaft gewesen sevn. Wabrscheinlich sind sie in der Bezeichnung Khaffkbasiier mit eingeschlossen. Die Tataren am Elbruß und un Norden der Kabarda, sowie in Tschetschicn sind erst sehr spät eingewandert. Was nun endlich die Nachkommen des Karthloß anbelangt, so nabmen diese, wie scbon gesagt, nach grusischcn Sagen nnr dle ersten Terraßen im untern Kaukasus, das mittlere und oberste Kurgebiet und die Tbalcr der Artanudsbßu lim Westen» ein. Zu dem grusischen Volksstamme geboren aber anch die Bewohner der Besitzungen des Heroß und Egroß, also das Oel'ict des Alasan nnd das des Nion. 8 Volker werden demnach in grauer Vorzeit als die Völker des kaukasischen Istbmns genannt, 9 sind es aber, die beut >n Tage das 5,'andergebiet ^wiscbcn dem scbwarzen und kaspisel>cn Meere bewobnen. Doch von den ^ Völkern des Alterthumes sind einige nur Vollsstamme und umgekebrt sind 2 verschiedene Völker unter einem Stammvater zusammengebracht. Der Königssobn David nennt n»r 7 Völker: Armentha (Armenier), Gristha (Orusier), Mowakantba iAlbanicr), Hertba «Kachier), Megreltha (Imerer nnd Mingrclier), Lellüha «Ostkaulasier» nnd Kbass-kbaßtba (Wcstkaulasier). Es feblen die Nachkommen des Bardoß. Die 9 Völker der jehigen Zeit sind: Armenier, Grusier oder Georgier. Schirwaner, ^esgbier, Tschetschen oder Tchetschenzen, Oßeu oder Oßcthen, Abaßen, Tschcr-keßen nnd Tataren. l>s muß freilick dahingestellt werden, ob die Tchirwaner wenigstens zum großen Theil nicht viel« mehr mit den Tatarc» zu vereinigen sind. «3 Vergleichen wir die Völker des Alterthumes und der Neuzeit mit einander, so sind die Armenier, die Nachkommen des Hhcwß oder Haig. die Bewohner des nach ihnen benannten Hochlandes, was sich nordwärts bis zu dem sogenannten untern Kaukasus erstreckt. Das grusische oder iberische Volk hat zu keiner Zeit einen Namen gehabt, der alle die zahlreichen Stämme umfaßt hätte, die zn ihm geborten. Wo es seinen Urfitz gehabt, läßt sich nicht mehr ermitteln, aber wabrschmilich breitete es sich von Westen, vielleicht aus dem Bassin von Achalziche oder aus dem alten Klardshcthi, wo sich der zuletzt genannte Name noch in dem eines Dorfes crbaltc» bat und sich noch die Ruinen des gewiß uralten Artanudsch befinden, nach Osten aus, und nahm alles Land ein, was sich im Osten vom Vinflnß des Alasan in den Knr zwischen dem untern und obern Kaukasus l,inziel,t, weiter westlich die Hochtbäler der Kzia. das mittlere und obere Gebiet d^o Kur, im Westen endlich das Tschorukgebiet bis zur grusischen Schlucht auswärts, nördlich das pontischc Gebirge bis zum Meer lind endlicl, das ganze Niongebiet. ßs umfaßte in dieser Aus-debmmg nicht allein die Bcsißungcn des Kartkloß, sondern wie ebenfalls schon erwähnt, auch die des Hcroß und (5 groß. Die kriechen und Nöiner kannten diese Gegend sehr wenig: selbst das Niongebiet, was lange Zeit unter den Byzantinern stand und von bvzantischcn -Heeren beimge-sucht wurde, blieb doch auch später nur wenig bekannt. Im Osten werden die Iberer, in der Mitte des Landes hingegen die Mcschier oder Moschier genannt, wäbrend die Stämme im Westen und namentlich längs der Küste deö schwarzen Meeres bis nach und über Trebisond hinaus It in den verschiedenen Zeiten auch verschiedene Kolleetiv-Namen fübren. Kolchier werden sie in den ältesten Zeiten genannt, em Name, der mn Christi Geburt hernm durch den der Heniochier ersetzt wird. In den Kriegen zwischen Persern nnd Byzantinern ist der Name dcr Lasen hazier) der. welcher alle die verschiedenen Stamme in sich faßt. Die grnsischen Könige breiteten ibre Macht bisweilen anch über andere Volkostämme au^> nnd herrschten oft über einen Tbcil des Kaukasus und lies »ach Armenien binein. Die Ansdebnung des grnsischen Reiches war in den vei> schicdenen Iahrbnnderten sich nicht gleich, am Größten war sie im -i., zu Ende des 11. nnd zn ssnde des 12. Jahrhunderts. Die Herrschaft der grnsischen Könige reichte in den genannten Zeiträumen von dem kaspischcn bis zum schwarzen Meere, erstreckte sich fast über den ganzen Kaukasus und südlich tief nach Armenien hinein. Was die Namen Grusien und Georgien anbelangt, so unterliegt es meiner Meinung nach keinem Zweifel, daß der Name des Bandes und des dieses hauptsächlich bewässernden ^lnsses einen und denselben Ursprung baben. Wahrschemlieber bat der Fluß Kur (Kvros bei den ','l!ten> erst dem Lande und dem Volke seinen Namen gegeben. In wiefern aber dao Wort Kur aiw der altpersischen Sprache abzuleiten ist. überlasse ick Sprachforschern, zumal der Gegeilstand schon an andern Stellen von Sachverständigen weitläufiger bebaudelt worden ist. Der Petersburger Akademiker Prosiet. der sich die grnsisebc Sprache und das grusische Volk zur alleinigen Aufgabe seines Stndiums gestellt hat, findet! .^.'!!>5 !>'<>>» lm'l'l'!', »»!> I,I>I>!,!^!!! ^5(V, I!!!!>'- czu«<: oiilr^ !« Vl,!v ^iml'mol! cl lo, ixn» (iuuxl^ ^). „sans Irojt lincer, uno analogic! ;isse/. marquee cnlre le Viik unnčnicii ct Ic imin Uourdj"l). \ Wtkhuiuhi descriptiun de la Ui-urgic, trnduite pur Brüssel, j> [>'.>. <5 Sprachforscher, mit denen ich darüber sprach, sahen aber mit mir zwischen den Wörtern Wirkh und Gurdsch, von denen das eine im Armenischen, das andere aber im Orientalischen überhaupt einen Grusier bedeutet, auch gar teine Achnlichkeit und demnach noch weniger einen Grund, das eine Wort von dem andern abzuleiten. Was das Wort Iber, welches gewiß mit Imcr (.Imc-rctb) und wahrscheinlich mit dem armenischen, dasselbe bedeutenden Wirk eines und desselben Ursprunges ist, betrifft, so gibt mir ein Gelehrter des Landes, Platon Ießolian, die beste Ableitung ^). (5r sagt nämlich, daß die Grusier in den ältesten Zeiten von den Armeniern Wratz oder Weriatz, was der Obere oder Nördliche bedeutet, genannt worden wären. Die Alten lernten die Grnsier dnrch die Armenier kennen und fönnten desibalb sehr leicht das ibnen barbarisch klingende Wort in Iberia umgestaltet haben. Auf gleiche Weise, wie die Armenier die Grnsier die Nördlichen d. h. die nördlich wohnenden nannten, belegten auch die Grusier ibre südlichen Nachbarn, die Armenier, mit dem Namen Tsomechi d. i. die Tüdlichen. Früher war ich der Meinung, daß der Name Iberia seinen Ursprung einer Versetzung oder Answcmdcrung von Juden nach Grnsicn verdanke. Nach einheimischer Sage nämlich wanderten nach der Zerstörung Jerusalems durch NabuN'odonißor !Nebnladne<,ar) viele Juden nach dem Norden aus und lamen auch nach Mzchetl' znm Könige, um diesen um Land zu bitten. Tic erbielten diests und wnrdcn auf der Oftseite der Aragua angesiedelt. Moses von lsborcne, der annenisclic Geschichtsschrciber n»d (Hco- 16 graph, gedenkt derselben Sage,,erzählt sie aber auf eine andere Weise. Nach ihm ließ Nabukhodonisor selbst gefangene (Weriatßi) Juden auf der Südküste des schwarzen Meeres ansiedeln. Wir wissen aber, daß auch zu andern Zeiten Iudenansicdlungcn auf dem kaukasischen Isthmus geschahen, daß diese Juden Grusiens mit ihrem Vatcrlande in steter Verbindung blieben, daß selbst die letzte Königs-familic der Bagratiden jüdischen Ursprunges ist, und daß noch heut zu Tage zahlreiche Juden, die keineswegs zu den polnischen oder portugiesischen zu gehören scheinen, im Süden des Kaukasus wohnen. Die gebildeter» Juden übten gewiß auf die rohern Bewohnern des Landes einen nicht unbedeutenden Einfluß aus und erhielten auf diese Weise eine Bedeutung, die es nickt unwahrscheinlich macht, daß Fremde den Namen der gebildctern und deßhalb mehr umgänglichen Juden ans das grusische Volk übertrugen. Bei den Orusicrn beißen die Inden Uria, die Armenier hingegen Hreikh. To könnte Hreith zur Benennung Wirth, Wcriatßi hingegen zur Vcncnnnng Iber Veranlassung gegeben baben. Doch ich bcscheidc mich als Naturforscher, den Sprachforschern vorzugreifen, und bin fern davon, diese meine individuelle Meinung, die sich während meiner Studien über deu kaukasischen Istbinus in Ermangelung einer bessern Erklärung geltend gemacht hat, als unumstößlich und als die einzig richtige hinzustellen. Ich habe schon bei andern Gelegenheiten mich über die körperliche Konstitution und über die Physiognomie des Grusiers anogesprocben, will daher das Gesagte hier nicht wiederholen, sondern ibm nur noch Einiges hinzufügen. Der Ruf einer grusischen 3chönheit. beruht auf Thatsachen; man würde sich aber sehr wundern, wen» ma» 17 in Tiftis, der jetzige» Hauptstadt Orusiens, die gerühmten Schönheiten suchen wallte. Die schönen „Georgierinnen" lernten die 'Abendländer durch die Osmanen, i» deren Harems sie neben den (sircaßiennuen (Tscherkeßinnen) und Griechinnen eine Hauptrolle spielten, kennen und zwar, wie es scheint, mehr dnrch Verichtc und den hohen Preis Musischer Sklavinnen, als durch eigenes Anschauen. Diese Georgierinnen der Harems stammten jedoch keineswegs ans der Umgegend von Tislis. sondern wurden hauptsächlich als Tribut aus Mingrelien nach Konstantinopel gesendet. Und in der That sind die Bewohner deS Niongebictes, also die Mingrelier, Ouricr und Imcrier. die schönsten in gan; lijnlsien, und babcn nicht geringe Aehnlichkcit mit den plastischen (Gestalten deS Altcrtbnmcs. Tie sind aber im Allgemeinen weit größer als die kriechen. Noch auffallender ist die Aehnlicht'eit der Orufier mit den Terbiern der Donau. Tiflis ist eine vorherrschend armenische Ttadt. Tchon scit den ältesten Zeiten standen lauster und Armenier in der innigsten Vcrührnng, dic besonders dnrch Könige eines und desselben Stammes hervorgerufen und vermehrt worden war. Gnlsien war als das kleinere Land dem Em-ftllsse des größer» Armeniens vorherrschend ausgesetzt. Armenische Hlömgc nbtcn sogar hisweileil eine Art Oberhoheit über (hrusien aus. (Gemeinsame Religion pereinigte später beide, ilner Ahstainnning nach gewiß sehr verschiedenen Volker uoch mehr mit einander, znmal als später der Islam. 5"' größte Feind der christlichen Religion, mit Hener und Schwert in Armenien und Krusten einzog und sich namentlich i>l dem erstcrn festsetzte. Viele armenische Familien ließe» sich in den östlichern thauen (hrnsims mld auch in 18 Tiftis nieder. ('<> kommt noch dazu, daß die l^rusiel' gar nickt die Städte lieben, die Armenier bingegen neb des ganzen Handels in Grusien bemächtigten. Wenn demnach in allen Städten und banptsäeblick in Tiftis die überwiegende Bevölkerung armenisch ist, darf es nickt auf-fallen. Ich bade gesagt, daß bei den Alten in der Mitte des von mir näher bestimmten Orusicns und namentlich in den: Gebirge Lich, was sich vom Kalikasus südwärts nach dem armenischen Hochlande ziebt, Meschier oder Meaner angegeben werden, daß aber mich nach den Grusiern selbst McschetbeniMeechen obnc grusische (''ndigung) in dem Passin von Achalziche wohnen. Dieses bat nach seinen Bewob-ncrn anch den Namen Samscke d. i. Ea-Mcschc. ^and der Meschier erbalten. Ein meschischer Hänvtling bemächtigte sich aber der Herrschaft des Kartbloß nnd erbante M^chetba, die nieschische lBurg oder Stadt>, wie ich schon oben gesagt babe. Broßet, Mitglied der Peterodniger ?ll,^demie der Wissenschaften, bat in einer Kritik meiner ersten Neise nach dem kaukasischen Isthmus die Ableitung der Wörter Tamschc nnd Mzchctb von dem Namen des Volkes der Meselner für unrichtig erklärt, imd >war obne irgend einen s^rund für seine Behauptung anzuführen nnd obne eine beßerc Erklärung an die Stelle zu setzen. Ich freue mich, daß (5ingeborne von Bildnug. denen Broßet doch nicht etwa die Kenntniß der grusischm Sprache aneb absprechen wird, in der Ableitung von Äi^chetba mit mir übereinstimmen '>, Doch leln-e» wir zurück auf den NaMeben Boden, alif !> l>> ^Uü^liss» I„,l'M!!)^>,- ^l>su,!ü ltil fml'timis'i'cü 3»üstt) ,, ^!< 19 dem das Königreich Grusien dereinst seinen Anfang nabm, zurück. Em,? wüste und öde Gegend ist dort au die Stelle eines regen Bebens getreien. Die das Thal dominirendc Höbe, auf der mau noch einige Trümmer findet, ist dicht mit Ulmen-, Weißbuchen-, Hasclstaudcn-, Dürrlitzen-. Bla-sc,l- nnd Pcrückengesträuch bedeckt, aus dem nur wenige Eichrn und Ahornbaumc .hcrausragen, und wird wobl kaum noch von einem gebildeten Menschen betreten. Es ist aber auch schwierig, die Höhe zu erreichen, denn daS waldige Gebüsch wird zunächst von dem Cbristdorn (pa-lim'u^ i>l>!!!egl,u8 I.:n».), der bei Mangel an Vorsicht leicht schmerzliche Verwundungen hervorruft, umsäumt. Die Höhen selbst geboren zum Ssathowli, sind aber nur unbedeutend und erheben sich kaum ein Paar hundert Fuß über den Spiegel des Flusses. Sie bestehen aus einer tertiären Molaße, die bald als feiner Sandstein, bald aber auch als grober Puddingstein erscheint, und aus Mergel, der lüer und da, wie bei TiM. schiefcrartig wird. Die Höhen selbst sind kuppenartig, wahrend der eigentliche Rücken mit vorspringenden Rändern versehen ist. Die Sage gebt, daß rings um die Burg sich dereinst viele lausend Menschen ansiedelten und daß dadurch eine Ttadt entstand, welche später den Namen Armas erbielt und sich endlich westwärts über die Höben bis an die armamche Krümmung, d. b. bis an die Stelle, wo der Kur mne südöstliche Krümmung macht, ausbreitete. Das Dorf Nalulbachewi soll dereinst eineil integrirenden Tbeil von Armas gebildet haben. Unsere Städte würden freilich ans einem so nnebenen Boden, wie dieser ist, ans dem das alte Armas stand, kaum angelegt werden können; die Grüner liebeu aber grade ein solches hügeliges Terrain, 30 weil sic ibre balb unterirdischen Wohnungen nach kinteit gern einem Berge anlebnen. Der erste grusische König aus dcr geschichtlichen Zeit, Pharnawaß lregicrtc in der Mitte des A. Iabrbnnderts p. Cbr.), erbaute tucr einen Tempel, in dem Ormnzd oder Annas angebetet wnrde. Man siebt bierans, daß (Yrnsien schon damals mit Perne» in Verbindung gestanden baben muß, und daß der Feuerdienst sick bis znm Kaufasus aus-gedreitct hatte. Vielleicht N'ar dieser Tempel der wichtigste des Landes, nnd so ging der Name des Annas auf die qauzc Ttadt über. Tpurcn dieses Tempels sind nicht mehr ^u sinden. Die lieiligc Nino, der Apostel Onisiens, zertrümmerte das Bild des Ormuzd. Obwobl M^-Hetb bereits lange el'istirte, so scheint doch Armas bis nach l>l'nsti l^eburt die Hauptstadt des Landes uud die Residenz der Könige gewesen zu seyn, denu Strabo. welcher pon den Alten querst Idcrien nennt, kennt Armas unter dem Namen Havmozit'e. Die (»ildnng ,,zite" ist ohne Zweifel das grusische „Ziche" d. i. Burg, Festung: pielleicht war dieser Name, der Ormuzd-Burg bedeutet, auch als Pompejus nach Iberien kam, iiu Lande gebräuchlich. Bei Plinius i,^ßt sie Harmastis. l^rst Ptolemäui> lennt an der Mnndnng der Aragua in den Kur zwei Ttädte: er nennt Annas! Harmastika, Mzchetb l'ingegcn! Meftleta. Von da an scheint Armas ans der beschichte zu perschwinden, denn der Byzantiner Agathias lennt nur M^chetb als Mechistl'a. Wir wissen aber auä' ano der beschichte, daß der sanatische Mnrwan-Keu leigentlich MurwaN'Abnl'Kaßim) in der Mitte des 7. Iahrhundertes Annas von l^rnnd ans zerstörte und daß es seitdem nicht wieder als Ttadt erdant n'urde. (5in Frauellfloi'ter auf 4! der Ostseite der Höbe, nach dem Ufcr des Kur zu. scheint sick einzig aus dieser Zeit crbalten zu baben, unterlag aber ebenfalls mit den übrigen vereinzelten Ansiedlungen im Kartbloß-Tbale wäbrend des 13. Iabrbnndertes der Zerftörungswutb der Mongolen. Zu Ende des 17. Jahr-Hundertes wurde ans den Ruinen ein neues Frauenkloster, Achal-Kalakur 'ingang nach Ibenen. von dem Strabo bebanptet, daß ^ompeius und später Canidens von Armenien aus im i^ande eingedrungen wären. Merkwürdiger Weise erzählten mir auch die Emgebornen, daß die Brücke den Remi, d. i. den Römern, ihren Ursprung verdankte. Die Brücke ist jcht neu aus Stein erbaut. l>in so großes Verdienst sich auch die Rnjsen um den Nenban gemacht haben, so tbat dieser selbige Neuban mir doch unendlich web. Die Lage der Brücke war ftüber eine bockst romannscbe. denn der >tur bildete bier eine Insel, auf der ein uralter Tburm zum Schutze der Brücke stand: Ichroffe Felsen ragten sonst noch aus den Flntben des Wassers berans, und dienten znm Tbeil der Brücke als Uitterl^. ^^ ^ten shcm^iers wareu bier und da „och vorbanden und »nackten den Reisenden aus die klaßi-scho Umgebnng aufmerksam. Alle diese Ueberbleisel sind 22 aber jetzt bis auf wenige verschwunden, denn ne wurden zum Neubau der Brücke verwendet. Leider schont man die Denkmäler einer frübcrn <^eit hier nicht genug. So bat man in Schirwan ebenfalls zum Bau einer Brücke die prachtvollen Ruinen von Nabieb benutzt und selbst Sarfovbagen mit schönen Skulpturen eingemauert. In dem ganz eigenthümlichen Paläste der frübern Obane von Sckeki in Nucbi bat man ein prächti» gcs, mit allerband Schniywerk versehenes Zimmer ale Räucherkammer bemitzt. und in dem Saale die schönen Spiegel, womit die Wände ansgeklcidet waren, berans-gemacht oder zertrümmert. Auf iener Seite des Kur siebt man Ruine an Ruine; bier liegt Mzchetb, die alte Residenz der grusischen Könige, berabgesuuten zu einem elenden Dorfe, dessen Bewobner in mcbr unterirdischen Hänsern ein elendes Leben fristen. Wenn die Könige des Landes auch schon i'ebr früb, in der Mitte des .'>,, vielleicht aber aneb erst zu Anfange des ft. IabrbnndertcS, ibre Residenz nach Tifliö verlegten, so blieb doch die Kathedrale von Mzchctb die Metropole für die Gläubigen des Landes, die deßbalb eben immer für die Oesckncbte ss^rusiens großen (l'Msluß batte. Die Stadt besaß dereinst einen bedeutenden Umfang, denn sie breitete sich von den Bergen im Westen ostwärts über die Aragua lumveg bis nacki den ersten Porböben des Gebirges von 'rwäl'nung ^n thun, da diese uns Dentsche speciell zu betreffen scheint. Es verließ nämlich eine fürstliche sfreilierrliche) Familie unter der unrubigen Regierung Heinrich IV., also in der 2. Hälfte des 1 l. Ial,rbundertcs, Oesterrcieli und wanderte nach Osten ans. Damals herrschte in Grusien die proste .ttöniM Thamar, deren Rulnn weit ül'er die Gränzen ihres Landes sich ausgebreitet hatte und aucb zur Kenntniß des l^ndroniko, des Hauptes der ausgewanderten Familie, gekommen war. Endronito begad sich nach Tiflis und erl'ielt in Kachim dic nötbigcn Wol,n-sitze für seine Familie. Nock ietzt cr,istirt diese daselbst in zahlreicher Anobildung. Dic Glieder dieser Familie, welche ich geseben bade. ^M'noten sich übrigens dnrcb eine italienische Pbvnognomie au^; da auch der Klang des Namens für italienische Abstammung spricht, so würde ich geneigt sevu, die Endroniko's aus Italien tominen zu lassen, wenn mir «Nieder der Familie nicht bestimmt ibren österreichischen Ursprung versickert hätten. Die Höben von Ssarkine ziehen sich »ordöstlick in einen Bogen herum nach der Aragua. aber drül'en kommen il'nen ähnliche entgegen, die Porböl'en dec< «'rzogebirges bilden und, ebenfalls in einen Bogen herumgehend, sich im Osten mit denen verbinden, welche dem Ssathowli gegenüber lagen. Durch diese eigentbümliche Richtung der Hoben wird ein fast eine Viertelstunde dreiter, aber wohl drei Mal so langer Kessel gebildet, den von Norden nach Süden die Aragua durchläuft, Im Westen fließt diä't am Fuße der Ssatbowli- 26 Vorböbe der .^lir. Innerhalb dieses Kessels und zwar auf beiden Seiten der Aragua lagen die bauptlächlichsten Gebäude Mzcketba's. wäbrend die Wl'bnuugen der armern ^cute sich an den Höben binau^ogen. Obwobl man ^um Ban der Brücke, wie oben schon erzablt ist, gerade die besten Ruinen verwendet bat, so stößt man dock hier aus jedem Schritte auf Spuren der frühern Grö^e. Die elenden Hütten, die ;um arisen Tbeil einfach aus über einander gelegten Steine» besteben, machen den (findruck, den an und für sich großartige Neste einer bessern Zeit bervorrufen, nur nock> schmcrUicber. Dao ein^iqe Gebäude, was, obw»bl bäun^ rest^iurirt nnd ;um Tbeil selbst ^an^ neu beigestellt, nock au^ ^lter Zeic stammt, ist die itVUbedrale, Sie ist im ächt gnisischcm Stvle, in ^l'rm eines nn^leiel'sckenkli^eu Kren^eS erbaut. In der Mitte stebt cin runder, tbnrm^rti^er Dom mit kegelförmigem Dache, durch dessen Fenster das Hauptschiff der Äirchc das meiste ^icht erhält. Die Fa«adc des Altar-Gewölben ist mit 2 schönen Nischen und H falschen Bogen geüert. Gegenüber befindet sich der (Eingang, zu dem eine eigene Vorballe fübrt. Auf den Seiten sind die Anne des .ftren^es weit kürzer und steben ebenfalls durch ein Bo-genqewölbc mit dem Hauptschiffe in Verbindung. An den Wänden finden sich sebr sckilcchte und bereits auch verdorbene Gemälde. Dubois gibt in seinem für Archäologie und Mineralogie ausgezeichneten Werke die ^änge der .Uirche ^u l7X. die Breite >u 7« und die Höbe ^n l ! l r.niser ,^uß an. Plato» Ioßelian l'ingegen lastt Ne ^ Ssaschencn lang. <.'> breit uild u ibr gekörig befindet ück auf dcr linken Teitc ciiic- Karcllc, die obue Zweifel den ältesten Tbcil, das eigentliche Heiligtlmm, darstellt. Sie bat einen besondern Dom und rnbt auf Säulen, zwischen denen ein viereckiger Katafalk vrn obngefäbr 6 i^nß im Durchmesser stel't. Auf diesem Katafalke roar in alten Zeiten ein bölzerneS Krenz errichtet, aus dem ein woblricckender Balsam hervorquoll. Aus Nad und Fern strömten fromme Tcclen herbei, theils um das Wunder zu schauen, tbeils aber auch, um den Balsam gegen allcrkand Uebel zu gebrauchen. Die Kapelle erhielt den Namen Tseweti-Zcbowcli, d. i. die steinernen Täulen, ein Name. den man später auf die ganze Kirche übertrug. Tie wurde aucd Tsamiwne. d. i. Balsam-Ort, genannt. Sollte der zuletzt erroäbnte Name nicht Veranlassung zur Benennung der auf Felsen liegenden Stadt Scusamora an der Nragna, die Tttabo neben Harmo^ike am Kur neunt. gegeben baben? Unter dem Katafalke liegt die heilige Sidonic begraben. Tie war die Teliwester des ^ongin, eines der Kriegs-tnechte, die sick in die Kleider des gekreuzigten Jesus ge» tbeilt batten und dem durch das Loos der Rock «isliiton, zugefallen war. und erbielt von ibrem Bruder das Gc« wand ^um l^esckenk. Mit diesem wurde sie begrabcu, Obne Zweifel wal'lte Mman. der erste christlicke König ans dem lhffckleckte der Taßaniden, auf den Vorscklaq der lieiliqcn Niuo deßbalb diese Ttclle: e^ widerspricht diesem aber wiederum die Tage. wornach die Kirckc mitten in dem königlichen fürten erbant. das Denkmal tnngcgen 60 Jahre Water von Mirdat erricktet worden sei,. 28 Es kann nicht meine Anfgabc seyn, di^ Aeättbeit dieses Rockes gegen den in Trier und, wenn ich incbt irre, gegen einen dritten in einem svriscben Kloster zu beweisen, in-tereffant wird es aber anf jeden ^all sevn, zu berichten, wo der der beiligcn Sidouie sich jcht befindet. Pis zum Anfange des l7. Iabrbunderts blieb er in der Gruft, wurde aber in der genannten Zeit nebst andern beschenken von dem rm'ischen Tckab Abb>is dem kroßen, der damals mit den Türken um den Besitz l^rusiens stritt und sich die Freundschaft Nußlands erbaten wollte, nach Moskau zum Zar Boriß l^idunoff geschickt. Unter Zar Michail Fco-doroN'itsck' bestimmte der Patriarch ^ilaret in Moskau den 10. Juli als den Tag der feierlichen Ausstellung. Der Rock befindet sieb jetzt zum großen Tbeil in der Kirche von Maria Himmelfabrt ^u Most'au; ein Etück wird ader auck im Alexander-NeffoN' Kloster und ein anderes in der großen Hofkirchc zn Petersburg ausbewabrt. Im Iabre ^ltt soll Mirian die Kirche auö Hol; erbaut l'aben. Mirdat hingegen fübrte sie !i., wurden hier einfach deigesept, aber Kaiser Alexander setzte ihnen znm Dante, daß sie ihn zum Erben des Bandes gemacht, marmorne Sar^ tophagen. Gegen Nordwesten hin breitete sich in «ratterten du-Vorstadt Ssamthawro aus. In ihr erbaute Mirian eine zweite Kirche, die beut zu Tage zwar noch steht, aber jetzt ilnem gänzlichen Verfalle rasch entgegengeht. Sie führt den Namen Ghtdaeba. In ihrer Banart gleicht sie der Kathedrale, ist aber weit kleiner, Cie besitzt jetzt, wo mau ibr schon seit vielen Jahren alle Sorge entzogen hat, ein ehrwürdigeres Ansehen M die Katbedrale. Al>5 KIav> »otl? am (5'ndr des Ial'reo >«07 hier war. hatte man dlc 30 Kirche ^ur Quarantäne benutzt. ^ine kleine Kapelle, in der die heilig Ninl' den (^laubigen Mutb, den schwachen und Verübten lün^egen vertrauen ^nf die Gnade deö Höchsten einflößte, war damals die 'Ai^neitammer, aus der der Ar^t Mittel ;ur Binderinn; körperlicher 3chmer;en l'erronuö'te. Zweites Kapitel. Nc>!> übn iicn tämnm Vcz Gel'Nlics nach linsbc^. Endlich scpten wir u>^ wieder m nin'cre itarete und Mbren der nur noch eine Meile entfernten Ttation Gbar^ thißkari ^u. Der Weg fübrt im cn^cn Tkalc dal'in. Die meist kuppelförmigen Höben, aus grober Molaßc bestebend, sind dicht mit Laubholz bedeckt. Eine bübscbc Anncbt bieten die Ruinen der Bnr^ Na^ikwari, die mit der l'idatelle von Belt in Wacbnsckt's sijco^rarbie identisch sevn möckte. Martbißkari ist ein böchst wichtiger Pnntt. an dem srüber rmlberischl? Horden den Neisendeil aufl^nerten. Als die Änssen von Krusten Besiy nabmen, richteten sie auch bierber ibrc Aufmerts^nnkeit und leqtcn ;nm Teliuye dei< Puukies eine starke Kosafe,i-?lbtl,eillmq nach t^dartbißkari, Ieyl, ivo die Rnkc im Lande berMellt. ist eine Post station bier erriebtct, der, wie e^> in der Rege! der 5all ist, unr noch einige .^osaten bei.^eben sind, <''in Back, Narekwaw. er.ueßt sie!, diel't vor der Ttatio» m die Aragua. 'vier tbeilt sich ancb die Ttraße. indem die eine nordwärts übcr das fautasssckc Gebirge, dic andere mei'tlieb in da^ ei,ie,tt!ichs Kcirtbli nach lttori nnd von da weiter nach dem schwanen Meere sübrt, (5ine uubedentende l^rl'ebung 32 scheidet dao enge Thal der Aragua ini Westen von dem dc<« Ksan. Ueber dcr Aragua. also im Often, siebt man die Ruinen eincr alten ehrwürdigen Burg, welche in dem ersten Jahrhundert v. (5hr. von Pharnadsh erbaut wurde. Dieser Pharnadsh sckeiilt den Feuerdienst deo Zoroaster, wen» auch nicl?t ;ncrst eiügefülnt. ab^r d^'ä' n'icdor dcrge-stcllt zn babeii, (>r crrichloce aus dom B^'^e. wl' ^r die Bnrq erbaute, dao Gopelll'ild ^aden, ein Name, der zur Benennung Tedasaden i^ewöl'nlich ^cdadseu genannt), den Burg imd Berg crl'i.'lic», Veranlassung gab. Dieser Vcr» such dee Pliaruadsh, den ^eucrcultus wieder herzustellen, kostete ihm Krone und Leben. Die Grusier widersetzten sich nämlici, der Einführung, und riesen den jtönig der ^lrmellier, der ;u deni Ttainine der Arsaeit'eil gehörte, zu Hilfe. Im ttian Taschir. südlick von M^ci'etda. k^m eg ;nr entscheidenden ^cklael't. Pharnadsh siel, nud mit Mühe wurde fei» einjähriger Sohn Mirwan gerettet. Die (Hrnsier setzten nun den Arsehath, einen Sohn de^< avmenisel'ei! Königs, auf den verlassenen Thron. Hiermit herrschten Arsacide» auch über <^n,sien, ^n den» Thale, was sich nördlich vom Tedadsen ans-breitet, wurden die Juden augesiedelt, von deueu ohen die Rede gewesen ist. ^ie zahlten all den König einen be> stimmte» Tribnt und erhielten nuil den Namen Mecharke, d. l». trihntpfliehtige, Das gan>e Thal, was man sonst Thedomis^lll'ewi uannte, wlirde deßhalb auch «l'trk genannt, Ie^t führt das Ti'^I nicb: alleln, sondern der gau>l <^au von der Vereinigung der weißen mit der schwarten Aragua auf der Ostseite derselben sndlieb bi^ in die Nahe von Tiflis den Namen ^saglmuuo, d, i. ^and de>> l^uram. Der Hauptort im Thedsmiß-Thale hat noch diesen Namen und war früher des Sitz seines Lehnsherrn. Auf die Frage, wer dieser Guram sei? nach dem der Ort und nachher der ganze Gau genannt worden, wußte mir Niemand in Tiflis Antwort zu geben. Fragt man aber in der Geschichte nach, so erfährt man, daß zu Ende des 6. Jahrhunderts ein Mann dieses Namens znerst Oberbefeblshabcr aller grusischen Truppen und dann selbst Herrscher dos Landes war. Dicscr Guram ist aber auch als Stammvater der Vagratiden, der grusischen Königsfamilie, für die Geschichte Grussens außerordentlich wichtig. Als Titus Jerusalem zerstörte, siedelte sich eine Menge Juden freiwillig oder gezwungen in Italien an. Mehre gingen später nach Iudäa zurück, fanden aber die dortigen Verhältnisse dermaßen verändert, daß viele von ihnen sich veranlaßt sahen, von Neuem auszuwandern. To begaben sich 7 Brüder, welche von David und der Frau des Una abzustammen behaupteten, nach Armenien; 6 gefielen sich aber nicht und gingen weiter nach Tiflis, wo König Stephan sie freundlich aufnahm. Sie traten zum Christenthum über und wurden wegen ihrer hervorragenden Talente vielfach bei der Verwaltung und Vertheidigung des Landes benutzt. Einer derselben, Ouram, übernahm den Oberbefehl über die Tvnvpen, und ging später als Gesandter zum Kaiser Justinian l., der damals die Oberherrschaft über Grusim in Anspruch nahm. Guram hatte sich die Gunst des Kaisers a»f cine solche Weise erworben, daft er sogleich zum Kurapalatus und nach dem Tode des Ttcphan sogar zum Herrscher des Landes ernannt wurde. Wenig verschieden erzählt auch Konstantin Porvhyrogeneta die Geschichte dieser Iudcnfamilie. welche nach einem gewissen , 3 34 Pantratius (Pagrat) den Namen der Bagratiden erhielt. Sollte nun Kuram nicht vielleicht seinen Landslcnten im Tbedsmiß-Thale vorgesetzt nnd dieser seiner Familie als erbliche Statthalterschaft oder vielmehr als Leben verlieben worden sevn? Nach knrzem Aufenthalte fuhrc» wir der 7 Stunden entfernten Kreisstadt Dusbeth zu. Der Weg geht in dem breiten, aber verbrannten und bier und da mit Christdorn-Gestrüpp und Sanddornhecken bedeckten Tbalc der Aragua in rein nördlicher Richtung gegen 4 Stunden, bis endlich bedeutendere Kalkhöhcn, welche znr Wasserscheide der Aragua nnd des Ksan geboren, den gangen Raum zwischen beiden Flüssen einnebmen, und der Aragua nur eine enge Spalte übrig lassen, durch die das Waffer fließt. Die Straße fnlirt an cinem Bache die Höben zur linken Seite binauf, ül'er eiuen dicht n,it Laubbol^ bewachsenen Rücken auf ein ziemlich ebenes Plateau von unbedeutender Ansdcbnnng. Auf diesem liegt die jetzige Bezirksstadt Dusbetb. Vor hundert Jahren war Dushcth noch ein kleines Dorf. Herakleus II. sah die gewichtige nnd bequeme ^age auf den Höben von Vasalcth cm, über die die große Straße führt, und erbob sie ;ur Stadt. Auch die Russen erkannten es spater, und siedelten desibalb 18 li das Preisgericht von Ananur nach Duscheth über. In den neu eroberten Provinzen Rußlauds ist es aber keineswegs wie in Nordamerita nnd iu l^ngland der Fall, daft Städte gleichsam wie Pilse aus der (5rde schießen, sondern nc vergrößern sich zum großen Tbeil nur außerordentlich langsam. So ist auch Dnsbeth noch ein unbedeutender Ort. Wie ist es aber auch in einem 5,'ande anders möglich, wo die Cultur noch so darnieder liegt, wo ^andwirtbschaft 35 kaum nothdürftig betrieben wird, und Handel, dieses belebende Element der Menschen, in geringem Grade er.istirt? In Rußland fängt man alles großartig cm; so bat man bereits große Plätze und breite Ttraßen abgesteckt; es feklen aber nickt allein die Paläste und die Häuser, sondern auch die Menschen, die diese bewohnen sollten. Beamte und Armenier bilden die schwache Bevölkerung der Kreisstadt. Dusbetl' liegt inmitten des alten l^anes Basaletbi, der sich von dem Rücken der Alewi genannten und schon crwäbntcn Wasserscheide östlich bis zur Aragua erstreckt. Kalk und Mergel sind die Tteinartcn. welche den Boden des Bcrggaues bedecken, Südwestlich hat er ein Bassin, in dem sich ein unbedeutender See mit hellem und wohlschmeckendem Wasser befindet. Die Höben sind sämmtlich bewachsen, und zwar ist es derselbe Niederwald, der sich hier und da zum Mittelwald steigert und die sämmtlichen südlichen Vorhöben des Kaukasus bedeckt. <5s sind unsere Weiftbucke. die iberische (5icke, stsven. (5rlen, Nüster, Kernobst und bie und da dieNotbbuche, welcke auch bäum« artig wachsen; sonst bilden aber die orientalische Buche, Dürrlitzen. Pfaffenbütcken, Tcblebendorn, Blasenstrauch. Perückenstrauch, Schneebällen und t>bristdorn, letzterer aber einzeln wacksend, vorherrschend das Gesträuck. Von Dusbetb bis Ananur an der Aragua und der nächsten Poststation beträgt zwar die ('ntsernung gegen 3 Ttunden; da der Weg aber sehr uneben ist, bergauf und bergab fübrt. bei gutem Wetter mit Kalk und Mergel-gerolle bedeckt ist. bei schlechter, regnerischer Witterung bin-gcgen nur schwierig vassirt werden fan», so lommt man langsam vorwärts, .Nurz vor Ananur bat man ein Viuien-bataillon angesiedelt, was seiner netten Wobnungen halber 36 einen außerordentlich freundlichen Anblick darbietet; es ist dieses um so melir der Fall, als die grusischcn Dörfer hier herum nur aus Erdlöchern bestehen. Der Militärkolonie gegenüber liegen die Ruinen der Burg Shmwal und zwar in dem Winkel, dcr durch den Zusammenfluß der schwarzen und der weißen Aragua gebildet wird. Beide Flusse entspringen auf der Südseite des kaukasischen Gebirges; in ihren Thälern wohnen von Alters her tapfere Bergstämme, die wahrscheinlich ursprünglich dem Volke der Dsurdsukcn (Tschetschen) angehörten, sich aber vielfach mit Grusicrn vermischt haben. Ananur scheint ein uralter Ort zu seyn und diente seit undenklichen Zeiten den Statthaltern der Aragnathäler zur Residenz. Die Burg liegt auf hohem Berge und ist verlassen, seitdem in der Mitte des vorige» Jahrhunderts der Statthalter des Ksangebietcö mit einer Schaar mordgieriger Lcsghier sie eroberte «nd die ganze Familie niedermachen ließ. Man siebt, daß das Nittertlmm im Oriente, wie im Occidente, sich mehr in unseligen Fehden gefiel, anstatt sich dem Nohle seiner armen Bauern zu widmen. Die Statthalter ristawi) in Grusien waren früher erblich und spielten in der Geschichte des Bandes eine um so größere Rolle, als eine Familie viele Jahrhunderte hin» durch eine und dieselbe Statthalterschaft verwaltete und bisweilen sogar mehr oder weniger Unabhängigkeit an den Tag legte. Im Aragua-Gebicte herrschte die Familie der Tscholaka-Schwili, eine der angesehensten Familien Grusieus, in dem des Ksan eine andere, die in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts, wo der griechische Kaiser Justinian über Orusicn oberhoheitliche Rechte ausübte, durch diesen tingeseht wurde. Der erste hieß Rustoff und stammte aus 37 einer oßischen Familie, die noch jetzt daselbst herrscht. So viel ich mich auch nach dem eigentlichen Familiennamen erkundigte, so nannte man mir sie doch nnr als die Nri-stawi von Ksan. Seitdem russiscbc Sitte nnd Sprache in Orusien Eingang erhalten hat, ist der Titel Gristass (Eristaw) sogar der Familienname der frühern Statthalter von Ksan geworden. In Ananur waren die Pferde bald umgespannt und rasch fuhren wir anf der Westseite der Aragua in keineswegs sehr engem Thale, aber anf beiden Seiten von hoben Bergen umgeben, vorwärts. Die Berge haben lüer ein anderes Ansebeu. iudcm ihre Höben nicht mehr so abgerundet und kuppelartig erscheinen, wie früber: sie bilden aber auch bereits einen aebten Höbenzug, der sich von dem Haupt« gebirge des Kankasus abgelöst bat. Au die Stelle der tertiären Bildungen einer Molaffe, eines Mergels oder Kalles. ist schwärzlich er Tbonschicfer in geschichteten Massen, jedoch keineswegs regelmäßig, sondern vielfach durck unterirdische Gewalten in seiner ursprünglichen ^age verändert, getreten: nur au eiuigcn Stellen erscheint ein an Farbe fast gleicher Kalk, welcher der Juraformation angehört. Die Vegetation hat sich aber nicht verändert. Im Thalc sah ich nur häufiger den Sanddorn, wäbrend der Fuß des Höbenzuges mit niedrigerem Gebüsche bedeckt war. Hoher binauf schicn es mir waldartig ;n werden. Nach A Stunden Weges lamen wir an eine sebr enge Stelle, wo zur Vertheidigung des Passes auf beideu Seite» des Flusses Thürme errichtet wurden und noch stehen. Der eine ist sonderbarer Weise rund. der andere hingegen rnereckig. Man erzählte mir. das, frnl'er bier auch eine Mauer qner über das Tbal gegangen sei: vergebens suchte 38 ick jedoch nack Spuren. Der Paß führte den Namen Mtbiultb-Kari. d. i. Bergland-Tbor. Hier ist die wabrc Gränze Grusiens im Norden gegen das Volk der Dsur-dstcke» ^Tschetschen) zu jucken. Der Staunn, wclcker in grauer Vorzeit das obere Gebiet der beiden Nragna's, also nordwärts vom bezeichneten Pajse, bewahrte, fübrte den Namen Dsbartbal, geborte aber obnc Zweifel zum Volke dcr Dsurdsnken. In der ältesten beschichte Orusiens wird dcr Dsbartbalen bäusig sirwabnnng getban. Mit den Dsurdsuken im engern Sinne, d, b. mit den beutigen Pschawen und Chessßuren. machten sie häufig in den angränzenden ssrusischcn (^ancn Einfälle, und wurden desibalb von den Königen l^rusieno oft bekriegt. Um den hänfigeu Einfallen der beiden Bergstämme (der Dshartbalen und Dsurdsufen) (vinbalt zu tbnn. erbaute König Mirwan iu der Mitte deö 2. Iabrlnlnderts v. lsbr. an dcr engsten Ttellc des Tbales aus Steinen nnd Kalk eine Pforte, die den Durchqanq durch das Tbor verschloß, nnd nannte sie Darubal. Klaproth balt Darubal nickt von Dariel. dem Terelvassc. verschieden; ebenso Broßet. der sogar mich ernstlich zurechtweiset. To oft und mit so großer Aufmerksamkeit ick aber auch die bierber bezügliche Stelle in der grusncben l>!'ronik gelesen l'abe, so bin ich doch jede»? M.il in meiner Vebauptung noch mebr darin bestärkt worden, daß die Pforte Darubal das sväterc Mtbiulth-Kari und nicht Dariel ist. Die qrusischen Könige richteten später, als Handelsverbindungen zwischen den Bändern des Nordens und Südens hergestellt wurden, ihre Aufmerksamkeit auf die Tbalcr, durch welcke die einzige Straße fubrt. und machten sich die darum wobncnden Stämme unsvflichtia,. Die Dsbar« 39 thaten kamen allmäklig mit den (Nrusieru in nähere Berührung und erbielten grnsische Vorgesetzte. To wurde das ganze Tbal der schwarzen Aragna grusischcr Distrikt, den der Eristaff von Anannr beaufsichtigte, und erhielt, als endliel, die Dsbartbalen vollkommen grusinzirt waren, den Namen Mthiuleth, d. b. Verland, cm Name, den die Russen ebenfalls zur Benennung des Distriktes in der neuesten Zeit wiederum angenommen baben. Betrachtet man die Mthiuletben, d. l'. die Bewobncr des Tbales der schwarzen Aragua, mit Aufmerksamkeit, so siebt man auch. daß sich ssonstitution und Pbvsiognomic derselben wesentlich von der der ächten l^rusier unterscheidet und sich in der That mebr der der achten Tschetschcn nähert. Hat man in demselben Tbale und anf gleiche Weise nvch .'l Ttundcn Weges zurückgelegt, so kommt man an eine Stelle, wo wiederum auf der linken Tcite ein Hluß sich in die Aragua ergießt. In dem engen Tdalc dieses Nebenflüsse»? liegen AI ynn Tbeil unbedeutende Dörfer, deren ^cwobner cillen besoilderil Ttamm, l^ndomathar ge« nannt, bilden. Wie die Mthiuletben sprechen sie zwar jetzt einen grnnschcn Dialekt, stammen aber wabrscbeinlich, wie diese, nicht von den Grusiern, sondern von den Dsnrdsuken, also von den Tschctschen ab. Dicbt an dem ('iilfluß. aber wiederum auf der reckten Seite der Aragua, liegt die Poststation Paßanaur. ('in Bach fließt unterbalb derselben in die Aragua und kommt aus einem sel'önen und fruchtbaren lttcbirgetesse!. in dem jetzt nicht weniger als 7 kleine Dörfer liegen. l?r fülnt den Namen ttbando. In dem.«essel bielten die ssrusischcn Könige sich bisweilen wabrend der beißen Monate eine to Zeit lang auf. Da es schon spät war, beschlossen wir in Paßanaur zu übernachten. Von dicr aus bat man im Tkale Gudomakbar aufwärts cme neue Straße über das Gebirge erbaut, die im Jahre 1844, als ich mich zuletzt hier befand, noch nicht fertig war. Jenseits dcs Haupttückeus führt sie in dem schönen und breiten Tbalc der Ghuduschauern abwärts vor Kasbek wiederum auf die alte Straße. Dem Obrist sssvecho, einem Spanier von Geburt, ist ihre Herstellung übertragen. Dieser ausgezeichnete Ingenieur hat seine Fertigkeit im Straßenbau bereits auf dem Wege von Tiflis nach Eriwan an den Tag gelegt. Das Tbal der Aragna bat von hier an eine nordwestliche Richtung. In ihm fuhren wir am andern Morgen <19. August) noch 4 Stunden weiter. Das Tbal ist ziemlich breit. Leider verwendet man auf dic Verbesserung dieser Straße, seitdem die neue in Angriff genommeil ist, gar feine Sorge mebr; so war alles Gerölle, was das Gcbirgswasser im strübjabr bcrabgefckwemmt batte, keineswegs zur Freude der Reisenden liegen geblieben. Die Höbenzüge auf beiden Seiten der Aragua bestehen fort» wäbrend noch aus Thonschiefer, der aber hier mebr in seiner ursprünglichen bori^ontalen Lage gebliebe» ist. Auch dasselbe Gehölz sal, ich fernerhin. In Quisebetb, dem Sitze des Bergkreises, bielten wir a», um dem Htreisbauptmanne, Fürsten Awaloff, unsere Papiere vorzuzeigen, und damit seine specielle Unterstützung zur Ersteigung deö.ttasbel in Am'vruck ;u nebmen. Durch die äleliüdlichkeit des Hnegsgouvernemö in Tiflis, General 'hmso (Gurlo russ.), der in der Abwesenheit des Ober» befehlsbabers sungirte. hatte ich die nachdrücklichsten Papiere 41 erhalten, um meinen Zweck, wenn irqend möglich, zu erreichen. Ich bekam in Quischeth neue Papiere an den Fürsten Kasbek. Die Residenz des Bergkrcises liegt am Fuße der kaukasischen Ccntralkette, die nch hier sehr steil erhebt und in sofern eine abweichende Bildung besitzt, als der Rücken des Gebirgszugcs nach Süden eine scharfe, auf ein Plateau abfallende Kaute bat, nach Norden hingegen sich allmäblig in das Quellentbal des Tcrek senkt. Ich kann nicht begreifen, wie Moritz Wagner, der doch drei Mal die Straße passirtc und sich im Hochgebirge längere Zeit aufln'clt, grade das ltzegcntl'cil bebaupten kann. Das erwabnte Plateau besipt obngefäbr die Breite von 20 Minuten Ins zu einer halben Stunde und stellt streng genommen den eigentlieben Rücken des Gebirges, also die Stelle der frübern Spalte, aus der stiesieiu beraustrat, dar, während dic scharfe Kante den emporgehobenen nördlichen Nand der Spalte bildet. Natürlicher Weise besteht den» auch die scharfe Kante, als der eigentliche Spaltenrand, aus dem Grundgestein, aus Tbonsetnefer. das Plateau hingegen aus einem bald schwärzlichen, bald röthlichen Trachvt, der mit dem des armenischen Hocklandes eine außerordentliche Uebereinstimmung bescht. Wäbrend die Kante im Durchschnitt « bis 10,000 Fuß hoch ist, besitzt das Plateau nur eiue Höbe von cirea .'>.'i00 bis l>000 Fuß ^). Auf il'm befinden sieb einige Kegel von unbedeutendem Umfange, aus deuen obne Zweifel eine Zeit lang feurige Massen berabflosfen. Blasiges i,'avagerölle, wa? leider ;um Theil die Straße sebr holperig macbt, und sogar vulkanische Asche bedecken bie und da den Boden des Plateaus. l) «ussMtIngtnltur« geben ditHdhc von KaischauN z» 57»«, H<,'!tnatl 52 Bisweilen bilden Trachvt und Lara unbedeutende Erlwhun» geu, ans denen sich in der Regel Menschen angesiedelt haben. Wieder»»« läugnet Moritz Wagner auch die theil« weise vulkanische Beschaffenheit der ssentralkette und nennt es sogar eine unbeschreibliche Keckheit, daß ich den Kasbek selbst eine Zeit lang thätig sevn lasse, ßs wäre gut, wenn der Verf. der Briefe eines Reisenden am schwarze» Meere, wie der Verf. vorliegender Echrift, noch einmal nach dem kaukasischen Gebirge eine Reise machen würde, um sich bei genauerer Untersuchung doch von der tbeilweisc auch vulkanische» Beschaffenheit der kaukasischen ^'entralkette, namentlich auf dem erwäbnten Plateau, wo auch noch Kolcnati ungeheure Lavamassc» aufgehäuft fand ^>, ;u überzeugen. Uebrigens bat schon vor mir der bekannte Reisende, Dubois de Montpercuz, von der vulkanischen Beschaffenheit einzelner Punkte der Centralkette gesprochen, und es wäre sehr gut, wenn Herr Wagner sich die Mülie geben wollte, dessen für die kaukasische lNeognosie außerordentlich wichtiges Werk >u ftudircn ^». Auf diesem Plateau, waS gewölinlich nach einem hier liegende» Dorfe Kaischaurt iKaischaur. Kaschaur und Äeschaur der Bussen und der verschiedenen weisenden) den Namen erhalten bat, liegt die Poftstation. Dieses Kaischaurt ist wahrscheinlich l^bada in Wa^uscht Geographie'» 7c^>,!l»g dc) K>>el'll dun!, Äl'!«n>U» ö. ü!i '25W, 'itiO, V'i>T VI>H 3) DnLtripLiun il, |i T1A 43 waS dasselbe bedeutet, ssi» Vach, sshadiß-Zfbal «oder auch nach einem andern verlassenen Done Zikariß-Zkbal genannt), entspringt alif ibm und fließt in enger Schlucht in süd-östlickcr Nichtling bcrab. Durch diese Schlucht nnd dadurch, daß das Araguathal sich noch eine Strecke von einigen Stunden am Huße des Höhenzuges fortsetzt, wird von dem nach Enden steil abfallenden Plateau ein Bcrgabschnitt gebildet, auf dem von ^uischetb aus die Straße auf die Höbe sührt. Wen» dieser Theil der Straße schon wegen seiner Steilheit an und für sich nur schwierig passirt werden könnte und die russische Regierung bauvt-sachlich, i»n den steilen Berg zu umgeben, ihr eine andere Richtung geben wollte, so befand sich der Weg auf der Höbe des Plateau's im Iabre itNi in einem Zustande, der nicht trauriger gedacht werden kann. Dec Regen batte eine Menge Geröll auf die gebabntc Straße geführt und diese erschien so ausgesabren, daß selbst Pferde kanm i,n Stande waren, uach mebreren 3tunden den leeren Wagen auf die Höhe zu bringen. Man rechnet >war ron Quischetb bis Kaischaurt nnr i^ Werst, also eine gute Stunde: wir bedurften aber l- Mal so viel Zeit. bevor wir die Höbe erreichten. Oben angekommen, wurden wir aber auch reichlich durch die Fern- und Nabncht entschädigt. Trotz der nicht unbedeutende» Höbe des Plateaus liegen doch eine Reihe kleiner Dörfer bicr. die wahrscheinlich weniger dein zum großen Tlieil sterilen Boden und dem rauben Klima, was laum die leerste alle A Iabre einmal reif zu werden gestattet, ihren Ursprung verdankten, als vielmebr der glücklichen !,'age dicht an dem einzigen Uebergange über das fast 2l»0 Meilen lange Gebirge. Die grusischcn Könige hatten von 44 jeher ihr Augenmerk auf diese Stelle gerichtet und erbeben liier von den Reisenden und namentlich von den Naarcntrans» Porten einen nicht unbedeutenden Zoll. Die Bewohner der Dörfer dienten gegen eine billige Ontfchädignng den Kaufleuten zur Ticderhcitswache und übernabmen wohl auch selbst den Transport. Die Dörfer haben hier eine eigenthümliche Gestalt und weick'en von denen der Armenier nnd Ernster wesentlich ah. Zunächst sind sie nie grosi, sondern bcsteben in der Regel aus 6—<ü Häusern. Diese baben entweder nur ei» einziges Zimmer, was durch ä-, ane« einfacl, über einander gelegten Tleinen bestellenden Wänden eingeschwffcn wird, oder sind Hstöclig. Im letztern ^alle dient daS Untergeschoß dein Viehc nnd den ltterätben zum Aufenthalte, in dem obern Stocke hingegen wobnt die Familie. Wenn sä)i,'n i» Ornsien die Häuser, die schleckten Divans abgerechnet, keine Bequemlichkeiten darbieten, so ist es in noch höherm lHrade bier und meist im ganzen fanfanschen der Tscberkeßc. der schon im Stande ist, für das allgemeine Wobl Ovfcr;u bringen, und nimmt volle Uuabbäuqigkeit für sich in Am'rrueb. selbst wenn Nc den Ruin der Perbrndernnq nach sich führen sollte. Die Verbrüderungen tbeilten sich auch deßhalb bei den Oßei» bis in daö Unendliche, baben aber in dcr neuesten Zeit, wo die Russen sich mit Hilfe dcr dortigeil innern ssebden im Lande ziemlich festgesetzt baben, ibre Vedcutnng verloren und werden mit der ,ie,t wobl gain nnd gar zu (Grunde gehen. In Kaischaurt hatten wir. wahrend die Pferde um» l) !il,tk !,.1<<, ^,'M t.Nll.l'N^s!! )NHMl1i, Vr I, 3, ,!Dß, 3Ä? 17 gespannt wurden, das in Rußland keineswegs seltene ^chau» spiel einer öffentlichen Prügelung. Gegen 12 Soldaten standen in Reibe und Glied, um einer nach dem andern der Vr,ekutiou anl'eim zu fallen. Die armen Teufel mußten ibre Kleidung bio auf das Hemd und die leinenen Beinkleider ablegen. Das erstere wurde über den Kopf gezogen, so daß der Nucken entblößt war. Die ßxcrutoren waren wiederum ^ Soldaten und zwar solche, die gleich darauf der Exekution anheim fielen. Ein Offizier stand mit langer Pfeife daneben, blies rubig, als geschäbc keinem Menschen ein Leid, den Rauch in die Luft und sprach, wenn seiner Meinung nach die hinlängliche Anzahl vo» Streichen vollbracht, mit stew gleicher Miene sein „,!.-,wo!no" (genug) aus. (Eigentlich sollen die Streiche gezäblt werden, denn ein Ukas verbietet, daß ein Soldat inebr als A0 betonnnt, aber man läßt nicht zäblen, damit der Soldat nicht weiß, wie viel er bekommen bat, „Wie können Sie glauben", erwiederte mir ein bekannter rui'nscber Offizier, dem ich meine Beobachtung, daß die Soldaten m der Regel mebr alö A0 Schläge bekommen, mitgetheilt batte. „daß der Soldat, wenn er nicht nachdrücklich bestraft wird, seine Pflichten erfüllt? 20—30 Streiche schüttelt er leicht ab. aber ein 00 möchten ibm wobl eine Zeit lang den Rücken kitzeln und i!'n abbalten. einen neuen dummen Streich zu machen/' )n westlicher Richtung setzte» wir von Kaischaurt aus unsere Wanderung fort. Das Plateau bat bald ein Fuß, trug zur Mannigfaltigkeit der Scenerie bei. Obwohl das Gebirge hier obc» weit steiler noch, als unterhalb Kaischaurt abfällt, so ist die Vegetation doch weit frischer uud lebendiger. No das Gestein nicht in Form nackter Felsen, was im Allgemeinen selten erscheint, hervortritt, ist cs mit fruchtbarer Erde bedeckt; prächtige Matten mit 1—2 Fuß hohen Kräutern und Gräsern, also mehr in Form der sogenannten Hochstcvpcn. bieten sich dem Auge allenthalben dar. Scnecioncen, die großblühende Betonika, Wiesenrauten, Doldcuträger, Skabiosen. Akelei, Anemonen, Ranunkeln. Gmtianen und viele andere Pflanzen hatten eben ihre Blumen entfaltet, deren bunte Farben aber keineswegs auf dem grünen Tcppiche so vorherrschten, wie cs auf den Matten des poutischeu Gebirges, aber auch auf denen der schweizer Alpen der Fall ist. Holzvegetation tritt auf dem Hauptrücken des kaukasischen Gebirges fast allenthalben in den Hintergrund, hier aber noch in erhöhtem Maße. Die ^^»l,^> l'oiuic« I.. erschien nur einzeln und eben so die laukasischc Abart der Birke, der in Büscheln blühende Seidelbast, eine Weide und an einzelnen Stellen auch die kaukasische Alpenrose. Endlich erreichten wir die Höhe des Uebcrganges, die hier nach russsscben Ingenieuren fast 7'>N0. uack Kolcnati aber weniger Fuß betragt. Bis hierher setzten sich diescl» ben schwärzlichbraunen oder bmunröthlichen Massen, nicht selten auch mit Mandelsteinbilduugen fort. Die Thonschic, ferkante ist lner gar nicht hervorgetreten, sonder» von Trachyte» bedeckt, sie setzt sich aber in, Westen wiederum fort. Nicht weit von der Stelle des Ucbergangcs erhebt sich tine abgerundete Kuppe, auf der Peter der Große (der aber 50 gar nicht hierbcr gekommen zu seyn scheint) ein hölzernes Kreuz errichtet haben soll, an dessen Stelle jetzt eine steinerne Pvramide steht. Wegen dieses Kreuzes erhielt der Berg deu Namen Krestowaja 6jora, Kreuz-Berg. Die Oßen ncuncn ihn Berseff-Wzck, d. i. Nackenböke. Mit der Erreichung des UebergangsvunktrS bat man keineswegs alle lNefabrcn binter sich. denn der Weg fübrt nun abwärts steigend in fast östlicber Niäünng nach einem sckluchtenälmlichen Tbale, was den Namen Scbthaßawal fübrt, nach dem breiten Tereffeffel. Diese Tckluckt scheint eine Spalte zu seyn, denn in ihr findet man neben dem gewöhnlichen Trachvtgerölle allerhand vulkanisches Gestein und selbst Tuff. (?m sebr kaltes, aber durcbücbtiges und klares Waffer, was desibalb von den Ornsiern Tbetbri-Zlbal, vl'n den Oßen Nrß-Don (Namen, die bei beiden Völkern weißes Waffer bedeuten) genannt wird, sliesit in derselben. Bei deu Muffen beißt es nach einem daran liegenden Dorfe Baidare. Die Schlucht entbält zu jeder Jahreszeit noch Schnee. ?ln einzelneu Ttellen bedeckte er die Schlucht ganz und gar. und unter der scbmnhigen Scbneedecke rauscht das im steinigen Bette fließende Waffer. AIs ich zu (>»de August im Jahre I tt-Ui auf diesem Wege zum ersten Male den Kaukasus übersebritt. entstand bier plötzlich ein furchtbares Schneegestöber, das mich den größten f^efabren aussetzte. Wäh» rend ick iept, trotz des vielfachen Aufenthaltes auf der gangen Strecke vvn Kaischaurt bis Kol'i, die zu N» Werst a»gegeben wird. nur etwa .'i Stunden Zeit gebrancht batte, bedürfte ich dainals in umgekehrter Richtung des ganzen Tages, vom früben Morgen bis srat znm Abende, um »ach unsägliclien Beschwerden nnd Mnbseliglelten »ach >entralgebirge des Kaukasus besteht, findet vielleicht darin einen sirllärungsgrund, daß zu gleicher Zeit ein Theil der ursprünglichen Decke, die aber fortwährend auf die darunter liegenden (?lbebungs>naffen einen Druck ausübte, zu gleicher Zeit mit in die Hohe gehoben und ringsum von dem überwallcllden plutomschen Westein eingeschloffen wurde. Der nördliche Theil des Ringes ist mächtiger und muh früher durchgebrochen seyn, als der südliche. Eben dadurch übten vielleicht auch wieder die nach innen sich wälzenden ^rbebnng^maffeu eine» Druck auf die auS Thonschiefer bestebende Grunddecke, so daß der südliche Theil des Ringes keineswegs so heraustreten konnte, wie der nördliche, ja zum Theil selbst durch den Rand der emporgehobenen Thonschieferplatte bedeckt wurde. Es be» stätigt diese Ansicht das Kaischamt'Plateau und die dar« über hängende Thonschieferkante. Obwobl im Dnrcl'scknitt der nördliche Theil des Ringes den südlichen an Hohc nicht unbedeutend überragt, so ist doch der südliche Theil des eingeschlossenen Plateau'S böber als der nördliche, und die Waffer fließen in der N Wandtiuüüt» nach dtm ^sitnll, t' lll S, 3'il, 53 Regel von Süden nach Norden, daselbst die Massen durchbrechend. Der Knoten, wo der nördliche und südliche Theil des Ninggebirges zusammenkommen, und wo immer 2 Ringgebirge mit einander in Verbindung stelicn. ist in seiner Höhe untergeordnet. Das von dem eben näber bezeichneten Ninggebirge eingeschlossene Bassin oder Plateau dient den Quellflüssen des Terck zum Sammeln der Gewässer; ich möchte es auch deßbalb das Terekbassin nennen. In enger Tchlucht am Fuße des Kasbek vorbei und gleichsam durch diesen Niesen bewacht, fließt der Terck nach Norden. Inuerbalb seines Vassins nennen ilm die Cluster ebenfalls Aragua, sonst aber auch Lomek oder Tberg. Die zuletzt gebraucbte Vc-nennnng bat wol'l mit der jcht gebräuchlichen: Terek, ei» Name, der vielleicht deßbalb richtiger Tberek geschrieben werden muß, einen und denselben Ursprung. Den Terek als den eigentlichen Türleufluß zu betrachten und ihn mit „Turl" in Zusammenbang zu bringen, wie ein Reisender und Altertbunwforscher meint, dazu ftblen nickt weniger als alle Beweisgründe. Der Terek wird durch zwei Quellflüsse gebildet, von denen der wesilicbe. als der größere, auch als der eigentliche /ilnsi dieses Namens angesehen wird. Der andere bat in dem östlichen Knoten seinen Ursprung, und beißt in der gnisischen l^eo^ravbie dcö Königssobnes Wacbuscht Atschchot, bei den Russen wird er aber nach dem darin wohnenden Stamme lNudaschaur (eigentlich (Hhuduschaul) genaunt. Das Bassm ist feinenvegs, wie man sich auch nach einer solchen Katastrovbe, welche seine Bildung verursachte, denken kau», regelmäßig und eben, sondern zerfallt in drei Thäler. Tcine Länge beträgt übrigens meln als das 54 Doppelte der Breite, die ohngefähr emeu Durchmesser von i ^/2 Stunden haben mag. Das Hauptthal vonKobi bis unterbalb des Dorfes Kasbek fübrt bei den Grusieril vorzugsweise den Namen ssbcwi, d. i. Thal. wabrend da»? Quellen« thal des eigentlichen Terck nach dcr darin wohnenden Oßen-Verbrüderung Tbrußo oder Tbursio genannt wird. Das Tkal des Atschchot hcißt, wie schon gesagt, Gbuduschaur lMudoschaur). Die Bewobner des Terek-Vassins sind nicl't groß, nnd steben in sofern zwischen den Oßen nnd Tschetschen. Die letter» möchten in Mcwi rorherrschend, in Mhudu-schaur allein vorbanden seyn: die Pewobner der beiden Distrikte bedienen sich aber der grusischen Tpracke, In Tbrnßo gibt Nacknscht Oße» und Dwalcn an. Ueber die Oßcn habe ich bereite in meiner Reift nach dem kaukasischen Istlnnus ') anofnhrlich gcsrroeben. Seitdem dabe» Siögren nlld Rosen höäist interessante Mittbeilungen »iber ilne Sprache gemackt: sic n,id um so interessanter, als der eine unter äebten Qßen, der andere unter Dwalen seine Forstbnxgen anstelltc. Das neueste Werk, „die Volker des Kaukasus," in dem ron den ^ften gesprochen wird, bat Bodenstädt zum Verfasser. Trotz der Lobpreisungen in der allgem. Augsb. Zeitung ist es ein durchaus verfehltes Werk, dac«, obn'ohl sich der Verfasser viele Jahre in Tistis ansbielt, doch lcinesu'egs auf Anschauungen und Forschungen beruht, sondern nach Berichten russischer Ofsiiiere ^ „„d das ist der bessere, wenn anch k^inc^ivegs neue Tbcil — und Auszügen oberftachlicher russiscber Gucker über deil Kaukaslis, eines Suboff. eines (^we('fn n, s. w,. geschrieben ist, l) «and «, Vc«, k» >ii< 59 Während meines letzten Aufenthaltes in vü, zwei, und !,,»'<", Jahr) erhalten bättcn. Je mehr ich Gelegenheit hatte, Dwalen zu scben. um so mebr machte sich die Meinung geltend, daß dieser zu den Oßcn gerechnete nnd oßisch redende Stamm vielleicht gar nicht oßischen Ursprunges sevil möckte. Der Dwale äbnelt den Kisten nnd Ingusche», zweien tschctschischen Ttäinmen, die im Osten der großen Militärftraße wohnen, und könnte wohl, zumal den alteren grusischcn Cbroniken »lach auch diese legend frül'er von Dsurdfukcn, also Tschetschcn, eingenommen wurde, ursprünglich zu den letztern gehört haben, und erst später i» einer Zeit. wo die Oßen mächtige Könige hatten, oßincirt worden sevn. Möchte doch einer der nächsten Reisenden, anstatt hundertfach Besprochenes wiederum vorzubringen, die Dwalen zum Gegenstände seiner Forschungen machen. seitdem Wachuscht die Wohnsipe der oßischcn Per» brüderung Tbrußo tgrus.), Thirzzi (oß.) oder das Quellen-gebiet des Tercl aus !l Tbälern bestebe» läßt. nebmen auch spätere Reisende ebenfalls ^i Tbäler an. (s's sind aber nur ^ vovbaiiden. voil denen das eine im Nordwesten nnd das andere im Norden seinen Ursprung bat. ('in mächti» ger, vom .^obel ausgehender Gebirgsarm trennt Thrußo von l'bcwi. ^ Tbürme. an denen sich jetzt Menschen angesiedelt haben, und die den sonderbare» Namen Okhro« »e Kana, t>. i. goldene Saat, führen, bewachen den Gingang nach Thrußo. Klaproth ist der einzige Reisende, welcher das Quellen« gebiet des Terek besucht und auch gut besckricbcn hat ^). In der Beschreibung meiner ersten Reise habe ich die 15 Namen der Dörfer aufgeführt, wie sie mir damals berichtet wurden. Wabrscheinlick sind aber die Benennungen eines Sprachforschers, wie Klaprotb, richtiger und demnach lasse ich diese verbessert noch einmal folgen. Obnweit der Quellen liegen Ziwratte var in der Tbat großartig, denn wobin man auch blickte, erhoben riesige Berge ibre nüt ewige,» MS l> «laproth, » Stnnden entlang bis zum Fuße des Kasbek. Es ist wenigstens eine Viertelstunde breit nnd eben, wie man taum in einem Gebirge erwarten sollte. (?'s bildet eine Flache, welche zum Theil mit fruchtbarer t^rde bedeckt ist und ;um tt^rstenbau be« nicht wird. ynn Tbeil aber mit Porpl'vr- und Tracbvt-oder Schiefergerollc besäet erscheint. So buschlos, als es gewöhnlich angegeben wird, babe ich es keineswegs gefunden, denn Weiden- und (wenn ich nicht irre) auch Eanddorn-Ocbnsch stand namentlich auf sumpfigen Tiellen. Dei Terek hat sich bier meist ein tiefes Bett ausgewaschen und fließt in tiefer Spalte. Gegen Abend fuhren wir rasch weiter. Auf der ersten Hälfte des WegeS bedeckte Porpl'vr und Mclaplwr den Voden, dann aber trat schwärzlicher Thonschiefer an deren Ttelle. Wir spurten an der küblen V»ft, die. ,c mehr dic Sonne sich l'iuter den Pergen verbarg, um desto em- 59 pfilidlichcr wurde, die hohe Lage des vorzugsweise Thal genannten Gaues, freuten uns aber uichts destoweniger über die schönen Pnnkte, die sich oft schon in der nächsten Nähe darboten. Dorf an Dorf zog sich anf der linken Seite des Terek meistens an den Höben dabin. Wo die menschlichen Wohnungen fehlten, traten in der Negcl verlassene Tbürme an deren Stelle. Am Reitendsten erschien mir der Blick auf Ssion und Kaibotheni, über welchem letztern man auf nicht unbedeutender Höhe eine alte Kircke. die den Namen Ißno fübrt. erblickt. Von bier an beginnen auch die Thonschiefer. Schon als wir von Kobi wegfulnen, kamen schwarze Wolken lierangezogen. Die noch lurz vorher im Sonnenscheine glänzenden Häupter des Gebirges umwölkten sich allmädlig und ließen uns nichts Gutes abnen. Immer schwärzer und dicbter mit Wolken bedeckt wurde der Himmel. Am Kasbek senkten diese sich weiter berab. bis sie endlich an die Ttelle kamen, wo der Riese ans den ringsumgebenden Schluchten emporzusteigen scheint, und vlöhlicb, als wenn sie gepeitscht würden, in wilder Bewegung dnrch einander fuhren. Da ertönte der erste Donner, und sein Schall raffelte weit dahin. Zum Glück batten wir eben Kasbek erreicht, und wurden von Kolenati und Fricke willkommen gebeißen. Die Atmospbäre schien in Aufruhr gekommen zu sevn. so tobte es dranßen. Laut heulte der Sturm, käufig unterbrochen durch laug anlialtendes Donnern. An die Stelle deS bellen Tages war finstre Nacht getreten, die in lurzen Zwischenräumen dnrch schlangelnde Blitze erhellt wurde, lkin Gewitter im Hockgebirge bat zwar etwas Schauerlicheres, aber auch Imposanteres als in der libcnc; eö würde selbst 6ft noch großartiger erscheinen, wenn der Eindruck, den es auf das Gemüth des Menschen macht, nicht zn mächtig wäre, und nicht eine gewisse Bangigkeit in der Brust hervor« riefe. Als es ruhiger wurde, strömte der Regen wie mit Mulden herab, worauf eine Windstille eintrat, die mit dem kurz vorher noch beulenden Sturme im grellen Wider« sprucbe stand. Bald waren allc Wolken verscheucht und eine belle Mondennacht trat an die Stelle der schwarzen Dunkelheit. Ruhig erhob sick, der bleiche Mond über den Hohen im Osten und beleuchtete mit seinem blassen Lichte das Gebirge, dessen Konturen wir deutlich unterscheiden konnten. So schön dieses alles, was wir eben gesehen und erlebt hatten, gewesen war, so sagte mir doch eine abnendc Stimme, daß. da das Gewitter mit dem Mondwechsel eingetreten, uns auch eine Aenderung des bis dabin wunderschönen Wetters bevorstelie. Ich batte mich nicht getauscht, denn schon nach einer Stunde erbob sich von Neuem der Wind und führte Wolken her. Gin ueueö Gewitter zog herauf und tobte, wenn auch minder stark, im Gebirge. Die gan^e Nacht hindurch regnete es und der Morgen war kühl. Kolenati hatte bereits die nöthigen Vorkehruu» gen getroffen, und 7 Bewobner des Tbales, die als be> währte Bergsteiger und Steinbockjäger belannt waren, in Dienst genommen, l'iu kleiner Vurdul (Schlauch), mit Branntwein gefüllt, erböbte den guten Willen unserer Pe< gleiter mebr. als das Versprechen von L Silberrnbeln für jeden noch als ein besonderes Geschenk, wenn wir den Gipfel des Kasbek mit ibrer Hilfe erreiclml würden. Doch für die ersten Tage war keine Aussicht dazu vorhanden. 6< denn in dcr That war schlechtes Wetter eingetreten, Selbst Touren in der nächsten Umgegend waren nur im Regen möglich; erst gegen Abend wurde es wieder freundlicher. Alle hohen Verge im Oriente sind heilig. Mit khr-furcht schaut der Ningeborne auf den Riesen, der sich vor seinen Blicken hoch erhebt, und mit der Gottheit selkst in näherer Verbindung zu stehen scheint. Der heidnische Oße nimmt seine Mütze ab. wenn er nach dem Gipfel schant, und der christliche Bewohner deS Gebirges schlägt ein Kreu;. Beide opfern aber alljährig einen Hammel den unsichtbaren Geister», die seine Höhe bewachen und nicht dulden, daß Sterbliche die geheiligte Stelle betreten, wo die Wiege unseres Heilandes, das Zelt Abraham's und mehre andere Hciligthümer aufbewahrt werden. Die Bewohner des Dorfes Kasbek zürnten uns ob unseres tollen Vorhabens, und gaben uns die plötzliche Veränderung des Wetters Schuld. „Warum kämet ihr Deutsche nicht vor <. Wochen, wo wir des Regens so sebr bedurften, und hindert uns nun, die bald reife Gerste uuscrer Felder zu gewinnen?" sagte in allem Ernste und uns grollend ein alter Kaulasier. Kolenati l>attc sich erkältet nnd bekam ein Schnupfenficbcr. Auch dieses wurde als eine Strafe des Himmels betrachtet. Nm aus unserm Anfentbalte den möglichsten Nutzen zu ziehen, machten wir uns einstweilen mit der nächsten Um-ssebung möglichst bekannt. Der Boden, auf dem wir standen, war Thonschiefer von grauschwarzcr Farbe, reichlich mit Schwefelkiesen besetzt und hier und da von Qnarzadern durchzogen. Er zerfiel in !l—0 Zoll dicke Platten, welche die Bewohner dieses Hochthales zum Bau ihrer Häuser benutzten. Ost hatte man solche Platten nur einfach über K2 einander gelegt, ohne sie mit Mörtel oder irgend einem andern sseinent verbunden z» leiben. Die ursprüngliche horizontale Lage des Thonschiefers war nirgends mehr zu seben, aber eben so wenig ein bestimmter Winkel ;u unterscheiden. Das Streichen geschah aber in der Regel von Westen nach Osten. Der Thonschiefer bedeckt aber nicht allein den Boden des Hochthales, er bildet auch ringsherum die nächsten Höben und unbedeutenden Htuvven, namentlieb auf der Ostseite des Terek. (Gegenüber beginnen in kur> auf einander folgenden Terrassen die trachvtischen Gesteine von rotblicher, bläulicher oder schwärzlicher ^arbe. Auch bier sal' ich dieselben bimösteinabnlichen Drusen inmitten des Traelnithcs, wie man sie bäusig auf dem armenischen Hochlande und namentlich auf den Hochebenen von Kars und denen der Knrquellen sieht, Allch Basalte finden sich bier und da vor. (5ine solche aus regelmäßigen und verpendienlären Prismen bestehende Vasaltwand, die sich obnweit des l'inftnsscs des vom Kasbet berabkommenden Baches Tschcheri befindet, wird von de» Bewohnern Gburginiß-Mtba. d. i. ^s^^en« berg, genannt. Wir benuyten die freundlichen Abendstunden yi einem weitern Svai.'iergange nach den l^ebangen der Ibonschicfer« berge auf der Ostseite des Terek. No niebt nackte Felsen hcrauotraten, waren die Abhänge ebenfalls steil, nur wenig mit verwitterte» !bo»erde bedeckt und mit schwachem (hrüit bewachsen. Obwohl die den Mauzen günstige Zeit für di« Höhe des Tbales Kolenati gibt sie über .'UiliN. russische Ingenieurs sogar fast zu 0000 '^uft an — teineowegs schon vorbei ivar, so fand ich doch nur eine kärgliche Vc» get.ition oor Die meisten Pslan^en waren schon ver- 63 blühet. Bäume sucht man vergebens in dicscr Region, aber selbst das Buschwerk ist unbedeutend und niedrig. Am Meisten intcressirte mich ein Stachelbeerstrauch mit rothen Beeren um so mebr. als er vielleicht die Stammpflanze unserer rotlien Stachelbeeren scvn möchte. Bei uns glaubte man aber gerade umgelebrt, daß diese erst im Verlaufe der Kultur aus der grünen oder gelben hervorgegangen seyn möchte. Küx'!, ^!!!!>,'!:, I.. und ll. ,ivü ,>!-!5>i.', l.. babe ich nirgends im Oriente geselien, während l<. l-lcli-n»lum l.., also der Stachelbeerstrauch mit rothen Früchten, bei uns laum verwildert vorkommt. Leider besitzen wir über alle Kulturpflanzen und so auch üder die Stachelbeersträucher keine Kunde, wober sie stammen uud wie sie zu uns gekommen? Die Angabe der ältern Botaniker, daß Illl»l'5 . aus Afrika zu uns gebrasst sey, beruht auf keinen bestimmten Gründen, aber eben so wenig möchte ich dieselbe Pflanz, wie man hie und da meint, für ursprünglich wild in Deutschland halten. Ueber die am Kasbek gefundene rothe Stachelbeere werde ich übrigens zu seiner Zeit in meinen Beiträgen ^u einer Flora des Drients Näbercs berieten. Reben diesen, kaum die Höhe von 1 '/2—2 Fuß erreichenden Ttranebc fand icb m'eb einen dein der Alven äbnli-chen Iobannisl'eel'straucb, eine Zwergmispel, eine Zwergweide, die <5'sve und l!,,!'^ ><^x.,n>^ l.. Um so auffallender ist es. daß nacb Klavrot!' si»1i in dem Thale des oberen ?erek. also vielleicht ?<><> -1000 Fuß bölier. bei dem Dorfe Abano ein Wald befindet. Die Mngebornen nennen llin Dshnare-Kadd (Kren^-Wald). beider erfal'rcn wir aber uiel't. woraus er beNebt. Die Kräuteiflor bestand hauvtsäcblieb ans Vöwrnzab», Bergaster, Wermutl'. Disteln, 64 Rainfarrn, Tenecioneen, Nachtviole, l^snioliium D^lunaei Vil!. und Glockenblumen; an Felsen bingcgcn sah ich die kaukasische Nelke, mehre Hornkrautarten, ^l^„ier gewann, konnte ick nickt erfabreu, aber wabrscheinlick möchte es Vleiglan;, der sich liäufia. im «allkasni« vorfindet, vielleickt auck lvisen gewesen sevn. Nicht weit von Kasbek anfwärts kommt man an die Stelle, wo der Atsckckoti, den die Nnssen auck uack eiilein weiter oben an ibm liegenden Dorfe Dstnita ^) nennen, sick in die Rechte des Terek ergießt, ^tlaprotl, fnlnt den Hlnß und da<< Tl'al lütter vm'cktedeilen Nameil ^wei Mal ans. Einmal vereinigt sick i ^>erst obcrkalb Kasbek dai< ^elMtl'al nnd dcr i^lnsi von Atsck-ckotln mit dem Tcref; dann sliesit ^l Wn'st ol'erl'all' Kaooet der Zno-Don ^Zno-Wasser) ebenfalls an^ Osten in den Terel. Zno ist aber ei» Dorf anf der Reckten des Atschchoti. Voll den !l andern Dörfern, die er im Thale des ^nl» angibt, lieqeil Mi^nda und Artckmo an einem Nrbenl'ache. ztarfutscka aber aui Atsckchoti selbst und zwar auf beiden Seiten. Anö dcm Idale deo Alsckckoti mündet anck die ne»e Straße, lvelcke bei ^aftananr sich von der alten trennt und im 3bale der <^udamatl>aren aufwärts nber dao Hal!0tg>,'l'irge fübrt. N'iederlim ein. A>w dem Tbale dee> Atsckckoti gebt aber auch ein Weg lmtter dem .^iurn und über de» ?lchkara dinwrg in das Tbal dec> .^arackil und endet bei der tantasisckeu Pforte auf der gewöl'nlichen Militärstraße, ('l wurde frül'er l'äufig gebrauckt. beso>ldere> >> Pci Klaps»'»' lülnt cr n,»ch einem andcnl lonc l>sn N^mc» ^iw'Dl'» h? wenn eine Lawine das Tbal des Terek gesperrt hatte oder Räubereien zu fürchte» waren. Das Tlial des Atschchoti wird von einem wahrscheinlich ebenfalls zu dem Volle der Diurdsuken lTtscketscheu» gebörigen Ttamme. der nack einer darin befindlichen Burg den Namen Muduscbaur lHudoschaur ruff.) fübrt, in 6 Dörfern bewobnt. Güldenstädt und Klaproth recknen ibn geradezu zu den weiter ostwärts im Qucllengebiete der weißeil Aragua und des Argun wobnendcn Dsurdsuken« ^tanliue Mn'ssßur oder l>Il)essßuretl'. (f.r gehörte früher ^li den räuberuckstcn Kaulassern. die namentlich die Ttraße im ln'l'en ^rade uusiclier niacl'ten, ist aber durch russische ^ucrgic bereits so gcdenu'itbi^t, daß ma>, jetzt qan; nclier bei il'M reiseil kann. Am "Xu^ansie des Tbales liegen ^> ^u slbewi geliörisic Dörfer Atsä'äioti, Tno. Dsbaukoit, Ssanlilowaili und Ackal^iche. von denen das erstere dem Flusse den Namen gegeben l,at. weiter oben liingegcn noch .'i. Miguda, Artcbmo, Olnlduschaur. Kargutscka und Dshuta, von denen das letztere das wichtigste und größte ist. Ei»c Etrecke vom l'iuftuß des Atschcbcti ill den Terek allfwarts flicstt tin unbedentender Back', der nach dem daran-liegenden Dorfe ^sion seinen Namcu erbalten bat, ebenfalls in den Teret. ^ln ilnn befinden sich außerdem nock! ^lrtsckaletl' mit einer Ruine ans der Höbe. ^litschkaur', Kolonu und l^arbaui. Auf dicser Tcite des Terct liegen endlich aufter den schon genannten oberbalb zlrbi »och Noflau und Almaßian, unterlialb aber lind in der nächsten Nabe das oft vou Reisenden genannte, eigeutlick aus 2 Dörfern bestellende, Uchate. 'Auf der linken Seite des Terel befinden sich ^mächst ,,ickt weit von dem einen Ttnmne 5»' 68 vonOchrotana: Esnardin, Kobi gegenüber! Tolgoti, weiter unten der Reibe nack^ Kanobi. Cburtißi. Pchelsche. Moriß-ziche lTchweineschloß), Kaibothcni, Arschißziche mit einer Burgruine, Panschetbi und lH?rgethi, am Kasbek endliä? weiter nördlich Sdo oder Psedo und Hweleth oder Gelath. Wir haben demnach 13 Dörfer auf dcr rechten und 12 auf der linken Seite des Terek. Sie bilden den Distrikt oder Gall sibervi, dem jetzt ein Taßedatel in der Person eines Fürsten Kaobek vorsteht, und geboren zu>n Bergtreisc, dessen Chef der in Quischeth rcsidirende Fürst Awaloff ist. Zu diesem Bergkreise gcl'ören außerdem noch'. Mtlnuletb. hwdamakdar, (^lnido, Tl'nrßo und wid>neten Kirche Stcpan » Hmida l^tepan-Zminda» lüefi, endlich aber auch auf den höchsten Berg der Umgebung übergetragen. Die <5imvoh»er geboren wobl ursrrüngliä' ebensalle ;u K9 den Dsurdsukcn, also zu den: Volke der Tschctschcn, sprechen aber einen mit vielen oßischen nnd tschetschischen Wörtern vermischten grusischen Dialekt, und sind olme Zweifel auch früherhin Vermischungen mit den Grusiern eingegangen. Die Einwohner von mr noch mebr und es verstärkt sich in den jugendlichen lNemütbcrn die Abneigung, die diese schon an «nd fur sich beüyen. Die 5älle und gar nicht selten, wo Kaukasier bcimlich aus Petersburg eittsioben. und sich siir immer der russischen Verbindung entzogen, ltzlaubt man aber in der 70 Residenz des weißen Zaren i» der Tbat endlich eine» Kaukasier für sich gewonnen zu baben, und sendet ibn voller Hoffnnng auf Erfolg in sein Gebirge zurück, so meinte dieser wiederum nickte Eiligeres tbnn zu muffen, als die europäische Gesittung abzustreifen. Der Bruder des TaßedatelS war H Jahre in Petersburg und Warschau gewesen; in die Heimatb entlassen, setzte er aber sogleich seinc ftül'ere Lebensweise fort und känlvfte lieber i» seinen bergen mit allen Entbehrungen und Mühseligkeiten, als daß er noch einmal nach Petersburg gegangen wäre. Das freie, ungezwungene Leben inmitten seines beimatl'lichen Gebirges zog cr allen Ehrenbezeugungen und sinnlichen Genüffe» des Nordens vor. Mit Geringschätzung und selbst mit Ver-achtnng fvrach er von europäischer Kultnr, die nur dazu vorbanden wäre, um dem Menschen seine Freiheit zn rauben nnd ibn zum Tklaven zu machen. Den HH. August schien endlich sich das Wetter zn ändern nnd so wurde der nächste Tag festgesetzt, um das große Weil zu vollbringen. Lieutenant v. Küster, ein junger Vraunschweigcr, der zur praktischen Ansbildung im Militärwefen in russische Dienste getreten war, und sick im kaukasischen Kriege die ersten Troren verdienen wollte, war am Abend vorber gekommen, um sich uns bei der Ersteigung des Kasbek anzuschließen. 7 Männer standen bereit, nns zu begleiten. Wir verproviantirten nns auf 5 Tage und versaben nns, da wir obnc Zweifel gezwun» gen sern möchten, melmnals im freien zu schlafen, mit den noN'igen warmen Kleidern nnd Decke». Leider mnßten wir einen prächtigen Schinken, den wir einein dentseben Kolonisten in Nentiflis abgekanft batten, zurücklassen, weil unsere 7 Begleiter sich gegen das Mitnebmen alles Unreinen, 7! ;u denen Schweinefleisch geliörte, sträubten, (iinen Fehler gegen den Aberglauben begeht das dumme Volt' nickt, aber in der Kirche auf Betrug ;u sinnen nnd sich ^u be-trinken, ist idrer Meiuuug nach der Gottheit nicht unangenehm. Jenseits des Tcrek, auf einer schräg aufsteigenden flache, liegt das große Dorf Gergetbi; über dieses führte uns der Weg nach einer Vorhöbe, Quenesch-Mtha genannt, anf der sich eine beilige Kirche, der Dreieinigkeit gewidmet, benndet. In dieser Kircke sollten wir für das große Unternehmen von deui bochften Gotte uns Stärkung erbitten. Aus der Nordseite dieser trachvtischen Vorhöhe >iebt sieb eine breite Schluckt herunter, in welcher der unmittelbar auf der Südostseite des Kasbek entspringende Bach Tsebcheri fließt, auf der Südseite hingegen befindet fick eine flachere Vertiefung, welcke das Wasser von der Ostseite des Tot, einer an Hohe dem Kasbek weit nach-stebeudeu Trachvtkuppe sammelt. Der Quenesch-Verg mit der Kirche znr lieiligen Dreieinigkeit ist mit pracktigen Matten besetzt; aber leider konnte ich nur wenig olübeude Pflan>eu noch pflücken, da obne Zweifel das Vieb der Mnvolmer von lNergetlü längere Zeit hier geweidet hatte. Prächtige Heidelbeeren, die sonderbarer Weise die l>ingebornen unbernbrt lassen, lnden uns ,um lAenusfe ein. Von andevm Mmen (^cstränch sal> ich auf den Matten die Preußelbeere, die verkrüppelte Birke u»d (>Spe. eine Bibl'rnellrose. den iu Knaueln blubenden Seidelbast, die Felsen-Brombeere und eine fast Nautartige Weide. Vergebens suchte ich aber nach der kaukasischen Alpenrose, die erst weiter oben wachseil mochte. Ausicr den schon rüber genannten Kräutern bemerk ich noch eine Pyrola. 72 eine Hauswurz,8s !>,, einige Silenen und Gentiauen. Endlich gelangten wir auf den Gipfel der Vorhöhe, dic fast 7000 Fuß über dem Spiegel des Meeres liegt. Bald stellte sich Regen ein und hielt den ganzen Tag fast ohne Unterbrechung an. So waren wir gezwungen, sewn hier unser erstes Nachtlager aufzuschlagen. Traurigen Gemüthes stand ich auf der Höhe deo Qucncschbcrgcs, der sich nach lunten (also nack Westen» an den Tot aulchnt, und schaute bald hoffend, bald aber auck verzweifelnd nach dem Niesen, der vor nur sich erhob und dessen weißes Haupt ich einmal, aber nur kurze Zeit, erschauen konnte. Mick gelüstete es nickt nach den Heilia-tbümern, die der Tage nack Gott selbst auf dem Gipse! aufbewalnt batte und die bald von l'ngeln mit flammenden ssherubims. bald aber von vielgestaltigen Ungebenern bewacht weiden sollen: ich verzichtete gern, das Zelt Abrahams, unter dem nach einheimischer Sage der Urvater der Juden sich gegen die brennenden Strahlen einer glübcudcn Sonne schützte und das jetzt obne Pfosten und Stangen frei in der Luft schwebte, zu schauen, ich batte eben so gern auf die Wiege unsers Herrn und Heilandes, die unter jenem Zelte aufbcwabrt n'ild und dem Berge selbst den Namen der sslmstus-Höl'e, Zeristi-Znb lTschercstisul» verliehen bat, verdicktet, wäre mir nur vergönnt gewesen, den Gipfel zu erklimmen. Der Naturforscher fragt nickt nack Zeicken nnd Wundern, die ein allmäcktiger Gott an und für sick sckon aus jedem Sckritte darbietet; er ist von der Weisbeit des Sckorfers des Himmels und der (5rden so ergriffen, daß er es selbst für Sünde balten mochte, über menschliche Geisteswerkc und menscklichen Aberwitz das. 73 was durch die Gottbeit vollendet geschah, zu vernachlässigen. Die Werke Gottes, wenn anch nickt zu ergründen, so doch nach deren Erkenntniß zu streben, ist die hobc Aufgabe der Naturforschers. In mir regte sich seit langer Zeit der beiße Wunsch, dort oben die eigenthümliche Kcttennatur des kaukasischen Hauptgebirges mit meinen Sinnen zu erschauen, da, mir nicht, wie dem kühnen Graf Londamine, ei» Ballon zu Gebote stand, höhere Tvhärcn zu durchschiffen, mir vielleicht auch der Mutb und die nöthige Besonnenheit gefehlt hätte, mich auf so schwachem Fahrzeuge in unbekannte Regionen zu wagen. Auf dem Otpfcl der Christushöhc hätte ich wahrscheinlich das scheu können, was ich erst nack genauen Untersuchungen und darauf beruhenden Folgerungen erkannte. Ich würde einen Blick auf das Gebirge, großartiger als er mir irgend wo anders geworden, gehabt haben. Doch schon bald glaubte ich mich zu überzeugen, daß ich heute verzichten müsse, beschloß aber doch, noch den folgenden Tag auf der Höbe des Quenesch-Mtha abzuwarten, immer der Hoffnung, daß sich das Wetter ändern möchte. Der Kasbek ist der Montblanc der Oßen, die ebenfalls ihn außerdem noch mit diesem Namen, der in der oßiscken Sprache Urß-lshogh «weißer Berg> heißt, belegen. In der Geographie Grusiens, welche den Königssohn Wacknsckt zum Verfasser hat, wird er Mkhinwari genannt, ein Name. der jetzt gar nicht mehr gebräuchlich zu sem» scheint. Man kannte ihn weder in der nächsten Umgebuug. noch ill TifliS. so oft ich auch daruach frug. Nach Klavroth soll Mkhinwari „lvisberg" bedeuten und von dem Worte ,,Khinuli, Eis," abzuleiten seyn. 7i In einem Thurme, der wobl vor alteu Zeiten als Glockenthurm für die Kirche gedient liaben mag, schlllgen wir unser Lager auf. Es war so lalt, daß wir gezwungen waren, zwei unserer Leute nach Holz auszusenden. Birkeu-und Alpenroseugestrüpp loderte bald zu unserer Freude. Leider war das Innere des Thurmes so mit Ungeziefer angefüllt, daß unser Aufenthalt, uamcntlich während der Nacht, im bohcu Grade peinlich wurde. Auck dieser Um° stand trug dazu bei, das Unternehmen von meiner Seite ganz und gar aufzugeben. Es kam noch dazu, daß ein Mewittcr nach dem andern in der Nacht sick abtobte und das Donnern, was mit Sturmesheulen abwechselte, nock weit schauerlicher als im Tbalc erklang. Auch schien es uns von Zeit zu Zeit, als wenn Tchneemaffen sich gelöst batten und. zu ^awiuen anwachsend, sich iu das Tbal limter uns berabwälzteii. Auch Herr Filippieff und Lieutenant v. Küster bielten es für Tollkübubeit, bei solchen Verdältniffeu noch den Versuck einer (nsteigung zu wagen. Nur .«olenati, der Prager Reisende, hielt seinen Vorsatz fest uud wollte nur nach gelungener That nack Tiflis zurückkehren: seine Ttandhaftigkcit und seine rübmliche Ausdauer ist auch in der That mit dem günstigsten Erfolg gekrönt wordeu. Am andern Tage regnete es ohne Unterbrechung. Den Nachmittag crdröbnte aus der sserm- wiederum das Rollen des Domiers. Auch uxsere Führer glaubten nun nicht mehr au eine baldige Aenderung des Wettero und riethen zur Umkehr, um nach k Tageu vielleicht einen ncueu Versuck zu machen. Dieser war aber dann weit schwieriger, da der Regen iu der Höbe wabrschcinlich bereits zu Schnee erstarrt war. Nach einer längcrn Veratbung beschloß die 75 Reisegesellschaft, gegen Abend die Hübe des Quenesch-Mtha zu verlassen, um nicht noch einmal unsere Körper den blutgierigen Sechsfüßlcru des Thurmes auszusetzen. Sollte das Netter sich am andern Morgen nur einigermaßen günstig zeigen, so wollten wir eineu neuen Versuch machen. Die beiden Hammel, welche wir in Gerghethi gekauft hatteu, wurden geschlachtet, um deren Blnt den Berggeistern zu libiren. Vielleicht zürnten sie dann uns nicht mebr. Aber auch dieses war umsonst. Doch ehe ich die Höhe des Queneschbergcs verlasse, will ich noch mit ein Paar Worten der Kirche zur heiligen Dreinigkcit, Zmida Ssameba, gedenken. Tie stebt ganz frei und ist wenigstens jetzt nicht mehr, wie Dubois will, mit einer Mauer umgeben. Tie soll von der Königin Tdamar erbaut worden seyn, verdankt demnach der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts ihren Ursprung. Wie die meisten grnsischcu Kirchen bildet sie ein Oblong von 00 Fuß Lange und 16 Fuß Vreite. Am (iingcmgc wird sie von ^ Säulen getragen. Das Allerlieiligste hat ans jeder Seite noch eine kleine Kapelle. Die Kirche ist ans dem hier befindlichen Trachyte erbaut nnd ihre Mauern besitzen, indem man sich abwechselnd gräulich-bläulicher und röthlicher Steine bediente, ein Schachbrett ähnliches Ansehen. Rosetten und Skulpturen, welcke sich am Eingang in die Kirche befanden, erinnerten mich an ähnliche der Burg-Kathedrale von Kutais und selbst an Verzierungen des Tschiffteh-Minareh in <5rsermn. Filippieff, Küster und ich verließen also, bevor gänzliche Dunkelheit einbrach, die Höhe des Qucnesch-Mtha, nnd reisten am andern Morgen früh, da es die gau;e Nacht hindurch gereguct hatte, es noch fortwährend reg- 76 nete und es ganz das Ansehen eines Landregens hatte, der erstere mit seiner Frau nach Tisiis zurück, Küster und ich nach Wladikaukas. am Nordfußc des Gebirges. Kolenati war seinem Vorsatze treuer als wir Andern geblieben. Er hat, wie schon erwähnt, glücklich sein Ziel erreicht und kam, nachdem er am 25. August früh 6 Utir von Zmida Ssameba aufgebrochen war, am 26. Mittags glücklich auf den Mpfel des Christusbcrges, dessen Epitze cr nack barometrischer Messung 1360 Toisen (also 8169 Fuß) über der Station Kasbek bestimmte. Da diese aber selbst 909 Toisen (5454 Fuß) über dem Spiegel des schwarzen Meeres liegt, so besitzt der Kasbek selbst eine Höbe von 2308 Toisen (13848 Fuß). Parrot der Jüngere bat den Gipfel des Kasbek ebenfalls im Jahre 1811 erstiegen und il>n nach seinen Messungen zn 2400 Toisen (14400 Fuß) angegeben. Der Akademiker C. A. Meyer machte in der zweiten Hälfte des Septembers 1828 ebenfalls einen Vcrfnch zur Ersteigung des kaukasischen Montblancs, kam jedoch nicht weit über die gegen 1000 Fuß hohe Schnee« linie. Er schätzt die Höbe ans 2455 Toiscn (14730 Fuß). Nack der neuesten trigonometrischen Messnng ist er aber 15500 Fuß hoch. Kolenati hat über seine Ersteigung des Kasbek einen Bericht an den Präsidenten der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften zu Petersburg eingesendet. Der Vcricht ist sowohl für sich. als auch im Bulletin der physiko-matbema» tischen Klasse der kaiserlichen Akademie zu Petersburg und zwar in Nr. l2—14 des 4. Bandes erschienen. Wer sich über diesen interessanten Berg belebren will, wird durch die Darstellung manche Aufschlüsse erhalten. Ich hebe nur etwas lieraus. was allgemeines Interesse bat. nämlich 77 die Sage über die Bethlehem lBethlcm) genannten Höhlen und Grotten des Kasbeck. In einer soll nach Andern die Wiege Christi aufbewahrt sevn. Dieser Umstand mag zu dem sonderbaren Namen Bethlehem Veranlassung gegeben haben. Die Cingebornen wagen nicht, sich diesem geheiligten Orte zu nahern. Kolenati fand an der ihm als Bethlehem bezeichneten Stelle nichts weiter, als eine von Steinen aufgerichtete Pyramide. Da er keiner Höhlen erwähnt, so muß man voraussetzen, daß auch keine vorhanden sind. Nachdem er von hier aus auf einer sanft aufsteigenden Flache noch eine gute Ttnnde weiter gekommen war, gelangte er zu einer aus traännischem Gestein erbauten Kapelle, naeb der heiligen Nino, Nino-Zmida genannt, Kolenati bält sie für die (5r,positm von der Kirche der heiligen Dreieinigkeit. Tie liegt fast 200«) Fuß über Smida Sameba. 3509 Fuß über der Station Kasbek. Das Vorkommen der dem kaukasischen Gebirge eigenthümlichen Steinböcke auf dem Kasbek ist bekannt und fallt auch Niemandem auf; daß sich aber bis zur Ecbncc-region Wölfe aufbaltcn, deren schauerliches Geheul die wenigen Reisenden, die bis hierher gekommen, namentlich des Nachts, zur Vorsicht ermahnt, möchte man kamn vermuthen, und doch bestätigt es auch Kolcnati. Merkwürdiger Weise kommen diese Wölfe aber selbst im Winter nur äußerst selten in die tiefer liegenden Dörfer. In andern hochgelegenen Gegenden des kaukasischen Isthmus sind sie übrigens ebenfalls eine ungewöhnliche Erscheinung. Ich sah Wölfe mitten im Winter in dnn Hochgebirge des untern Kaukasus bei einer Höhe von 0—7000 Fuß- Auf der li — 6000 Fuß hohen Hochebene von Kars und sie ebenfalls nicht selten. 78 Ich kedre in die Etation nach Kasbek zurück, wo ^ilippieff, Küster und ick den Hi. Abends hei bereits eingetretener Dunkelheit eintrafen. Mn gewöhnlicher Postwagen bielt auf dem Hofe und auf ibm l'atte man einen jungen Mann angebunden. Gin bleiches Gesicht, hoble Augen und überhaupt sein hinfälliges Wesen ließen mick sogleich erkennen, daß der arme Teufel seines siechen Znstandes halber auf dem Wagen festgebunden fevn möchte. Nach eingezogenen Nachrichten erfuhr ich auch. daß der Unglückliche aus dem rauben Norden Rußlands stammte nnd. um eine schnellere l>arri,>rc zn machen, nach dem beißen Transkaukaüen gegangen war. Doch cr vertrng das Klima nicht und wurde schon in den ersten Wochen seiner Anwesenheit vom heftigen Fieber ergriffen. Da faßte unendliches Ahnen des jungen Mannes Hcr;; er fühlte die Stunde des nahen Todes und wollte doch daheim, in der süßen Heimath, sterben. Schon der Gedanke, in beimiseber l>rdc begraben ^u werden, gab ihn: die Graste lind den Muth. auf einem jener schlechten Postwagen, deren bei uns ein Gesunder sich nickt bedienen würde, der Heimath ^u^ueilen. Doch kaum hatte der Unglückliche das kaukasische Gebirge hinter sich und fühlte sich wenigstens auf derselben großen libene im Osten Kuropa's und wenn auch noch so entfernt von der heimathlichen Tcholle, als seine Tcele ^u einem bessern Teyn überging. (5s tonnte wo!,l leicht Niemand die sehnsüchtigen f^l7 am ^uße des heiligen Ararat vielleicht an derselben Krankheit lange daniederlag. Noch mit Tchau« dcrn denke ich an die Zeit der ersten Wochen, wo ich in einen, ;um Theil verfallenen Thurme schreckliche Tage er- 79 lebte und in demselben elenden Zustande, wie dieser Unglückliche, 4 Tage lang über eine brennend beiße Ebene nach Erivan getragen wurde. Dort nahm sich meiner der damalige Gouverneur, Fürst Bebutoff, auf die rührendste Weise au', ibm verdanke ich bauptsäcklich Rettung von dem nur bereits nahe stabenden Tode. Es ist mir unbegreiflich, wie Moritz Wagner, wenn er auch nicht M«cheS mit mir erlebt, sich noch wundern kann, wenn ich in meiner Reise nach dein kaukasischen Isthmus Fürst Bckutoff ob seines wahrhaft edeln Benehmens den gcrcchtm Dank öffentlich aus^usprechen nicht versäume. Ein Mann, der im Ttaude ist, sich eines unglücklichen Fremdlings so anzunehmen, wie es der Fürst Bekntoff mit wahrhafter Aufopferung tbat, kann nicht so schleckt sevn, als ibn Wagner, keineswegs nach eigenen Erfahrungen, sondern nur nach Hören und Tagen, schildert. Nicht Ebrgeiz, nicht Tucht nach einer schnellern Ear-ru>re hatten mich, wie jenen Unglücklichen, nach den in vieler Hinsicht gefährlichen Ländern des Orientes geführt', eo war uicht weniger der innere Drang naeh Ausbildung, als auch das Bestreben. Wissenschaft zn fördern nnd auf ibrem Altare Opfer zu speuden. Der Drang uach Forschung war selbst, nachdem ich wegen jener Krankheit zurückgekehrt, noch so mächtig in mir. daß nicht eher Rube in mein Inneres einbog, alo bw ich das begonnene Werk >ur Kenntniß deo kaukasischen Isthmuo und Armeniens dlirck eine zweite Gleise wenigstens bi^> zu einciu bestinnn' ten funkte nfüllt batte. Möge» nun Andere von gleichem Mlithe nnd gleicln-r ^iebe >ur Wissenschaft da>> Begonnene weiter fördern. Viertes Kapitel. Fcrmre Acüc durch dns kauklU^sch, Vcliirz),!. Den H6. August reiste ich von Kasbek ab. Leider vcrdicktete sich der Regen immer medr und niachte mir cö selbst unmögliä), den höchst interessanten Paß am Durchbrüche des Terek iu der Weise zu untersuchen, als ich gern gemocht hätte. Eine dem Quencsch-Mtba ähnliche, aber weit bedeutendere Vorhöhe mit demselben Grundgesteinc. beengt weiter nördlich auf der Westseite das Tl'al des Terek. Tie führt den Namen Ziklaur und besitzt auf ibrem Qs'tadbangc ein kleineo Dors, was Tdo oder Psedo genannt wird. Auf der andern Seite ist es der Nucken des Kuru. der anf zwei biuter einander liegenden und sicb von Süden nach Norden gehenden Tbons^icfertammen besteht und wenigstens nach Westen eben so steil abfallt. An seinen Felsen sieht man einzelne Kiefern, bausigcr den dcm kaufanscken Gebirge bi>? jcht eigcntl'ünUiä'en hoben Wach» dolder, ,Iu!>>>!«i'U5 el^.i lli^!». und endlich, wie es nur schien, anch Taxbaum. Weiter nach Norden erscheinen diese Wachholder noch häusiger. Wenn man den Hauvtkörper deö ^iklaur vassirt ist, 81 hat man rechts (also westlich) den Ausgang einer bedeutenden Spalte, die nach Süden durch den Kasbek, nach Westen durch eine Reihe ohne Zweifel trachytischer Kuppen und im Norden durch den Kaidshin, die im Norden äußerste Trachythöhe, bcgränzt wird. Diese von Westen nach Osten schräg abfallende Gebirgsspalte besteht hauptsächlich aus zwei tiefen Schluchten, die sich kurz vor der Mündung in das Terekthal vereinigen. Gletscherbäche mit trübem Wasser stürzen sich in ihnen von Fels zu Fels und verursachen fast zu jeder Zeit ein so deutliches Gcmurmel, daß es auch im Tcrckthale vernommen wird; die Oßen nennen die darin heckenden Hauptbäche Zachdon, die Gru-sier hingegen Dessdaroki (Desdaroki bei Kolenati). Wahrscheinlich so lange der Kasbek in seiner heutigen Form steht und rings um sein greises Haupt sich Gletscher befinden, werden alljährig mit dem Schmelzen des Schnees durch diese Spalte allerhand Trümmcrgcstein und Felsblöcke hinab in die Tiefe des Tcrekthales gewälzt, und dann zum Theil von dem dort fast eben so wilden Waffer weiter nach der nordkaukasischen Ebene geführt. Aber auch Massen von Eis und Schnee sammeln sich in den muldenförmigen Endigungcn der verschiedenen, in die Spalte sich mündenden Schluchteil von Jahr zu Iabr mehr. bis sie, zu cincr bestimmten Höbe angestaut, sich lösen, Gletscherlawinen gleich sich vorwärts schieben und endlich, Alles mit sich fortreißend, was in dem Wege liegt, und mit furchtbarer Schnelligkeit dem Thalc des Terek zu stürzen. In wenigen Augenblicken ist dieses von der Masse ganz und gar ausgefüllt. Man erzählte mir, daß sich schon mebrcrc Tage vor einem solchen Ereignis, drohende Boten einstellen, indem anfangs allerhand Gerölle, später FclMöckc zuerst in größcrn, aber k 82 schon bald in rascher auf einander folgenden Zwischenräumm sich in das Tbal des Tcrek stürzen und dessen Wasser zu stauen beginnen. Niemand wagt von nun an noch die Straße zu passiren, denn man meidet die Gefahr und geht lieber im Thale von Ntschchoti aufwärts und hinter dem Kuru hinweg in die enge Schlucht des Karachi», um jenseits der drohenden Stelle seinen Weg nach dem Norden weiter fortzusetzen. Der eigentliche Sturz der Lawine in das Terckthal soll mit einem so furchtbaren Getöse gescheben, daß die Erde ringsherum erdröhnt und man selbst in Kobi das Geräusch vernehmen kann. Das Wasser des Tcrck schwillt von Tag zu Tag mehr an, bis es sich endlich eine Bahn mitten durch den Schnee gebrocken hat und die Eis- nnd Stcinmasscn allmählig mit sich fortführt. Man erzählte mir, daß es srüber bisweilen Iabre lang gedauert habe, ehe das Thal wiederum passirt werden konnte. Und damals führten noch keine Postwagen über den Kaukasus, sondern man war gezwungen, die Reise über das Gebirge zu Pferde oder zu Fuß zu machen. Klaproth behauptete, daß der Lawinensturz sich am Kasbct alle 7 Jahre wiederhole, allein der Icitraum von cinem Sturz bis zum andern ist durchaus nicht bestimmt, währt aber meist länger. Kolcnati bat im September 18^l schon, also grade ein Jahr früher, die Gebirgs-spalte und die an deren obern Theile sich bildenden Gletscher besucht'). Nach seiner Zeichnung sowol, als nach der sehr genauen mir zu Gebote stehenden Mfuahme eines ?vm, II, Kru, l7. 83 russischen Offiziers zielicn sich auf der Nordfeite des Kasbek zwei fast parallellaufende Schiescrkämme uud zwei tiefe Schluchten herab. Von den letztem breitet sich die südliche oben muldenförmig aus und enthält daselbst den aus drei Theilen bestehenden Gletscher. Kolcnati behauptet außerdem, daß die aller Vegetation entbehrenden Felsenwände von den Inguschen Kaldes, die mit Graswuchs und krüppelhafter Baumvegetation besetzten obern Regionen des Schiefcrge-birges hingegen Mtba genannt wnrden; allein beide Wörter sind grusisch. Kaldes oder vielmehr Kldc bedeutet Felsen (Kera bei den Inguschen) und Mtha: Berg (Lamartfch bei den Inguschen). Wenn man das untere (östliche) Cnde der Gebirgs-spalte einer nähern Untersuchung unterwirft, fo findet man, daß dieses in sehr alter Zeit wahrscheinlich nicht so verengert gewesen sein möchte als jetzt, sondern daß durch einen Bergsturz, der vielleicht erst durch die Gletscherlawinc verursacht wurde, das untere Ende einmal eine Zeit lang gesperrt war, bis wilde Waffer sich endlich auf der einen Seite uud zwar nördlich wiederum, einen aber nun engen Weg bahnten. Südlich von den Resten des Bergsturzes, deren Oberfläche jetzt am Ausgangc des Tcrekthals als plateauartige Höhe erscheint, fließt ebenfalls cin, aber nm unbedeutender Bach zwischen ihm und dem Ziklur herab; an ihm liegt das kleine Dorf Galcth oder Gwelcth (auch Guilcthi). Die platcauartige Höhe südlich von der Mündung des Zachdou trägt noch jetzt das Gepräge ihrer Entstehung, indem sie bei näherer Untersuchung aus Moränen ähnlichen Trümmcrgcstcin besteht. Glimmerschiefer vertritt weiter abwärts im Terckthale den in der Höhe befindlichen Thonschiefer und lehnt sich 0" 8t unmittelbar dm mehr porphyrähnlichen Trachyte» an. Noch weiter abwärts erscheinen Diorit, Serpentin und Kiesel-schiefer, durchsetzen den Thonschiefer und erscheinen in Form bald von mehr oder weniger zusammenhängenden Kuppen, bald aber auch von schroffen Felsenwändcn. Dasselbe Gestein sah Kolenati weiter oben in der Gcbirgsspalte, aber nur in Form von Kuppen, jedoch ebenfalls, aber m wcitern Zwischcnräumen, den Thonschiefer durchsetzen. Er nennt es Ophit, Engelhardt gibt ihm hingegen den Namen: jaspisartigcr Grünstem. Auch solche Felsen werden alle Jahre von nicht geringer Mächtigkeit in das Thal des Terek geführt und tragen zur Verschlechterung der Straßen sehr viel bei. Man hat einen solchen Block nach Tiflis geführt, um ihn als Grund zu einem Denkmal zu benutzen, das auf der Stelle vor Tiflis, wo der Kaiser das Unglück hatte, mit dem Wagen umgeworfen zu werden, aufgestellt werden sollte. Es folgt mui ein dunkclgefärbtcs, basaltartiges Gestein, was nach Elie de Beaumont, dem Dnbois Stücken davon zur Verfügung stellte, sich durchaus nicht von dem Protogvn des piemontesischen Montblanc unterscheidet, und setzte sich bis Daricl fort, wo wiederum, aber nur anf kurze Zeit, Serpentin anstritt. Auf dieses Gestein folgt abermals Thonschiefer, um alsbald aber dem Kalke Platz zu machen. Diese der Reihe nach angegebenen Formationen beziehen sich aber nur auf das linke Ufer des Terek, und nicht auf das rechte, wo der schon erwähnte Schicfcrrücken das Bassin einengt. Ein nur im Ausgangc enges Thal, was der Karachii (wahrscheinlich von den Nnssen erst aus Dshariech korrum-pirt) durchfliesit und was von einer besondern Tschetschen-Vcrbrüdcrung Dshariech sDshcrach bei den Russen) bewohnt 83 wird, trennt den Kurn, der in der That einen inmitten des Tcrckbassins oder Plateaus isolirten Thonschieferrücken darstellt, von dem eigentlichen Ocbirsgswall im Nordost. Dieser Gebirgswall, dessen höchste Kuppe Dshagrüsch heißt, ist die eigentlich Fortsetzung des Kaidshin. Zwischen beiden findet der eigentliche Durchbruch des Terek aus seinem Hochbassin statt und liegt die engste Stelle des Terek-thales. Der südliche Ausgaug dieses Engthalcs, was auf beiden Seiten durch senkrecht in die Höhe steigende Felsen eingeschlossen wird und was kaum dem Flusse nothdürftig erlaubt, in ibm seinen Weg nach der nördlichen Ebene fortzusehen, dieser Ausgang ist die berühmte kaukasische Pforte, die zwi-til rnuc^ic^, Daricl oder Darial, von dem alle Kaukasus-Neismde mehr oder weniger sprechen. Ueber ihre geschichtliche Bedeutung will ich nichts sagen, um nicht hundertmal Wiederholtes zu geben, ohne irgend nur das geringste Neue hinzufügen zn können. Die uralte Burg Dariel befindet sich auf einem schroff in die Höhe gehobenen und nur wenig mit dem übrigen Berge zusammenhängenden Protogvnfelftn auf der linken Seite des Tcrck, bietet aber nur noch geringe Neste eines verwitterten Gemäuers dar. Ihr gegenüber auf dem rechten Ufer erbaute man damals, wo ich zum letzten Mal hier war, eine befestigte Kaserne, um der Militärstrasie auf jeden Fall und zu allen Zciteu die nöthige Sicherheit zu geben. Die Straße, welche von Kasbek bis hierher auf dem rechten Ufer des Terek geführt hatte, geht dicht bei Dariel auf das linke. Ich sab aber bereits eine Menge lArusicr und Oßen beschäftigt, die Straße aus derselben Seite, wo sie schon in 86 alten Zeiten in den Felsen gebauen, aber später aufgegeben worden war, wiederum aufzunehmen uud in dem festen Gesteine zu erweitern. Obwol die Straße von Wladikaukas bis Tiflis so viel Geld gekostet bat, daß sie nach der etwas übertriebenen Aussage eines russischen Offiziers mit den dafür verausgabten Eilbcrrnbeln gepflastert werden könne, so ist und bleibt sie doch sebr schlecht und keineswegs mit irgend einer unserer Gebirgsstraßen zu vergleichen. Die Schwierigkeiten sind freilich hier weit größer, als sie selbst die Schweiz in ibrcn Hauptstraßen darbietet; wenn man aber bedenkt, daß der kleine Kanton Uri mit seinen geringen Mitteln im Stande war, die St. Gottliard-Straße beizustellen, so müßte doch Rußland eine für den Handel so außerordentlich wicbtige und nothwendige Kaukasus-Straße schon längst im bessern, wenn auck, uicht im besten Zustande haben. Hoffentlich wird General sispccbo, dem, wie oben sckion mvälmt, der Bau der neuen Straße im Tliale der Ghudamakbaren und Guduschauren anvertraut ist, und der seine Fertigkeit scbon in dem Van der Tiflis-(5riwan'scl,en Straße an den Tag gelegt bat, anch die Leitung des ganzen Weges von Wladikaukas bis Tiflis erhalten, und dadurch endlich einmal einem großen Bedürfniffe abgeholfen werden. Bis Daricl reicht das Tifliser Gouvernement, und es beginnt nun die militärische Herrschaft Wladikaukas. Die enge Schlucht, der eigentliche Durchbruch des Terek, heißt bei den Oßen das Himmelstbal, Arwe-Kum, weil man aus ibm an den gradaufsteigenden Felsen binauf nur den Himmel schauen kann, die Rossen bingegen nennen sie die Tl'agaur'fche Schluckt. Sie ist cine gute Viertelstunde lang. 87 Das Thal des Tcrek bis zu seinem Ausgange wurde wahrscheinlich ursprünglich von Inguschen, einem auf der rechten Seite der Militärstraße wohnenden Tschctschcn-Stamme, bewohnt. Später flüchteten sich Oßen aus dem Stamme Thagaur (bei dcu Grusiern, Dbagate bei den Oßen genannt), der im Westen der Militärstraße seine Wobnsitze hat, bicrher und entrichteten an die Inguschen eine Abgabe. Doch die Häuptlinge Fürsten) der Thagaurm machten sich nicht allein von dem Tribute unabhängig, sondern unterwarfen sich, wahrscheinlich mit Hilfe ihrer Landslcute, allmälüig das ganze Thal des Tcrek nordwärts von Dariel und schlugen in Tschim, einer jetzt selbst nicht mebr iu ihren Ruinen sichtbaren Burg, ihre Residenz auf. Mit den Kabardern, von denen sie vielleicht mehr oder minder abhängig waren, machten sie gemeinschaftliche Sache und trngcn im vorigen Jahrhunderte zur Unsicherheit der Straße hauptsächlich bei. Wahrscheinlich nahmen sie erst in der Mitte der 2. Hälfte des vorigen Jahrhunderts den Islam an, als der fanatische Scheich Manßur, ohne Zweifel der erste kriegerische Murschid (Rcligiouolebrer) des Kaukasus, die großartigen Bekehrungen im Gebirge leitete. Ich lernte im Winter 18^7 einen jungen Oßen in Tiflis kennen, der der Familie des tschim'schen Häuptlinges angehörte und sich durch erst in Tiflis erlernte feine Tournure auszeichnete. Wenn er einen (lontrctanz an der Hand einer schönen Russin aunülnte, bätte man nicht den Sohn ciues jener wilden kaukasischen Häuptlinge vermuthet, die einst der Schrecken der Reisenden waren. Die Oßcn des Terelthales führen auch nach ihrer Hauptburg Tschim den Namen Tschimitb. Neineggs nennt ßc Schimithen. Sie waren es, welche, wie bereits erwähnt. 88 noch zu Ende des vorigen Jahrhunderts Kaufleute und Reisende brandschatzten und dadurch den Transport außerordentlich kostspielig machten. Rcineggs, der sich in jener Zeit hier befand, erzählt, daß die Waaren vom Dorfe Stcpanzmida (Kasbek) bis Unter-Tschim getragen werden mußten, da die Straße damals so schlecht war, daß kein Lastpferd gehen konnte. Dafür bezahlte man den Ballen von circa 200 Pfund mit 6 Hemden, was einem Werthe von 5V2 Thlr. gleich kam. In Tschim verlangten die Einwohner eine gleiche Abgabe, und wenn die Kaufleute am andern Morgen weiter reisen wollten, mußten sie znm dritten Mal dieselbe Summe an den Häuptling zahlen. Waren sie nun glücklich bis an die erste Brücke gekommen, so nahm man wiederum für jeden Ballen 2 Hemden Brückenzoll in Anspruch. Der Kaufmann fühlte sich erst freier, wenn er das Gebirge hinter sich hatte, denn außer den angegebenen bestimmten Abgaben, mußte er jeden Augenblick noch gewärtig sevn, von Neuem gepreßt zu werden. Man pries sich selbst glücklich, wenn ma» nur mit heiler Haut davon kam. Kurz por dem Ausgange des Himmelsthales führt der Weg auf die rechte, jedoch schon scbr bald wiederum auf die linke Seite des Terek, um von nun an bis nach Wladi-kaukas, was noch l Meilen entfernt liegt, auf ihr zu bleiben. (5s tritt Thonschiefer an die Stelle der plutonischcn Formationen; er ist hauptsächlich das (Hcstein zwischen der Hanptkette und dem nördlichen sekundären Parallclzuge. Man muß die gauze oben näher bestimmte Strecke als ein Plateau betrachten, was sick) anf der Nordseite des kaukasischen Hauptzuges von Tscherkeßien ostlich bis an das andlsckic Gebirge sder nordöstlichen Kaukasnsscbenkel) binzicht 89 und mit Ausnabme seiner westlichen Partien im Durchschnitt eine Höhe von 3—iOOl) Fuß über dem Spiegel des schwarzen Meeres besitzt; demnach ist es 1500—2000 Fuß niedriger als die Ringbassins des Centralzugcs. Sein Breiten durchm offer beträgt gegen i Stunden. Mächtige Gebirgsarme, die namentlich vom Süden kommen, theilen das Plateau ebenfalls in eine Reihe von neben einander liegenden Bassins. Alles Waffer, was in einem solchen Bassin seinen Ursprung hat, vereinigt sich endlich im ge» mcinschaftlichen Bette und durchbricht in diesem das sekundäre Gebirge. Hatte aber der Fluß eines Ringbassins das Ringgebirge durchbrochen und war bereits auf dem Thonschicferplateau eingetreten, so sammelt er alles Wasser, was hier seinen Ursprung besitzt, und bricht sich dann mit diesem durch das sekundäre Gebiet Babn. In einem solchen Thonschicserbassin war ich eingetreten, als ich das Himmelsthal vassirt batte. Nach Westen hin wird es schon zeitig durch einen vom Kaidshin ausgebenden Gebirgsarm, der von den Oßen Achoth genannt wird, von einem andeni geschieden, in dem der Oßenstamm Dbagate oder Thagaur seine ursprünglich«! Wobnsitze hat. Nach Osten hin erweitert es sich und wird durch einen ähnlichen vom ssentralzuge ausgehenden Ocbirgsarm geschloffen. In ibm fließt der Makel oder Makerl von Südost nach Nordwest und sammelt alle Wasser, die dort ihren Ursprung habe». Sein unteres Thal gehört den thagaur-schcn Fürsten von Tschim, während in seinem obern Gebiete der Inguschen-Stamm Makel oder Makerl wohnt. Vs liegen im ganzen Tbale gegen 30, freilich zum Theil sehr kleine Dörfer. Im Süden des kaukasischen Hauptzuges tntt das 90 sekundälc Parallcl-Oebirgc nicht so deutlich hervor, als im Norden; es läßt sich selbst zum Theil sehr schwierig herausfinden; unterirdische Gewalten waren hier noch weit länger thätig, und riefen fortwährend große Unregelmäßigkeiten hervor. Es kommt noch dazu, daß die Bildung des ganzen untern Kaukasus vielleicht zu gleicher Zeit mit dieser Centralkctte, vielleicht aber auch sväter geschah und daß dadurch die beiden Erhebungsm äffen bei ihrem Heraustreten gestört wurden. Leider ist aber der deßhalb für Untersuchungen schwierigere südliche Tbeil des großen Kaukasus noch keineswegs so erforscht, um überall dc» südlichen Parallclzug genau verfolgen zu können. Wenn ich mich nicht sebr irre, so bilden im Suden des Kreuzbcrgcs die beiden Thäler der schwarzen und weißen Aragua ein südliches Tbonschiefcrbassm und an der Aragua-Pforte ist der Durchbruch. Die ältern Reisenden und von den neuern Koleuati nehmen, die tertiären Vorhoheu abgerechnet, für den Kaukasus einen fünffachen Gebirgszug (einen porphyr-trachyti-schen, zwei schieferige und zwei jurakalkige) an, was jedoch durchaus nicht der Fall ist, indem der schiefcrigc und der jurakalkige nur einen darstellen. Die innere Seite der beiden Sekundärzüge bestebt in der Ncgel aus Thonschiefer, die äußere bingegcn fast immer aus Jurakalk. Wahrscheinlich ließ sich Kolenati dadurch täuschen, daß der Centralzug ein Kettcnriug-Gcbirge ist, und daß bei ihm der Thonschiefer ebenfalls ciue große Nolle spielt, ja sogar, wie wir es im Süden des Terekvlateaus gesellen haben, zum Theil die höchsten Stellen des Ninggebirges iune haben laun. (5s stimmt dieses auch mit seiner Angabe überein, wornach das Schiefcrgebirge 9—12,l)00 Fuß hoch seyn 91 soll, während er das Kalkgebirge sich nicht über 6000 er-hebm läßt. Während das sekundäre Gebirge auf seiner Innenseite sehr zerrissen erscheint, jäh abfällt und namentlich kargliche Holzvegetation besitzt, so erscheint sein äußerer Abhang, was namentlich von dem Nordzugc gilt, mehr abgerundet, sendet zahlreiche Arme aus und ist zum großen Theil und zwar hauptsachlich auf den Höben dicht mit Wald, der sich sogar zum Hochwalde steigern kann, bedeckt. Alle die verschiedenen Völker, welche hier wohnen, belegen den nördlichen Scknndärzug in ihrer Sprache mit dem Namen schwarzes Gebirge; sogar die Russen bedienen sich jetzt fast nur ausschließlich der Benennung: Tschornyja Gory. Die Nogbaierstännuc nennen ihn Kara-Dagh. Am Nordfuße de6 Kaidshin liegt das Dorf Larß, Laarß (bet den Oßcn Goeß, in Wachuscht Geographie Laßur), der Hauptsitz der sich jetzt in mehre Zweige theilenden Thagaur'schen Fürsten-Familie. Zur linken Hand sieht man noch auf einer Höhe die Trümmer der alten Burg, von wo aus man dic, Reisenden zu bedeutenden Abgaben zwang oder sie ganz unversehens überfiel. Die Russen hatten viel Mühe, diesem Unwesen zu steuern, haben es aber endlich doch dabin gebracht, daß man jetzt die Straße ziemlich sicker passsren kann. Da der Krieg mit den Tschc-tschen auch die Inguschen auf der rechten Teite der Militärstraße von Neuem zu unzuverlässigen Unterthanen gemacht hat, so mußte sich die Regierung besonders angelegen seyn lassen, auf diese Gegenden wiederum mebr Eorge zu wenden. (5s durste deßhalb in den letzten Jahren gegen Abend kein Reisender mehr die Ttraßc passiren, wäbrend 92 man vor dem Auftreten Schamil's zu jcdcr Stunde des Tages und der Nacht ungefährdet war. Larß hat eine freundliche, aber immer noch romantische Lage und besitzt jetzt ein besseres Ansehen als vor 8 Jahren, wo ich das letzte Mal hier war. Es haben sich seitdem mehrere russische Familien angesiedelt, die für die Bedürfnisse der Reisenden Sorge tragen. Freilich außer Fleisch und Brod waren keine Leckerbissen vorhanden, wenn man nicht etwa russischen Fusel-Branntwein, den man sogar in wenig besserm Zustande mit dem Namen Rum belegt, oder den Kachetinökoje Wino (den in Kachien bereiteten, mit Steinöl versetzten Wein) als solche betrachten will. Ium Glück sind Ncisende im Oriente keineswegs verwöhnt und schon sebr zufrieden, wenn sie nur das erhalten, was man in Larß erhalten kann. Von Larß, wo eine Raststatio» sich vorfindet, bis Wladikankas hat man noch 24 N^st, also gegen 7 Stunden Weges. Von nun an steigt man nur noch so unbedeutend abwärts, daß man es kaum merkt. Der Fall des Thales bis an die genannte Festung beträgt kaum über 1009 Fuß; es kommt demnach auf die Meile 150—1'>l) Fuß Fall, eine Neigung, die, wo man eben auf einer Strecke von 2 Stunden 1000 Fuß Fall gebabt hatte, unbedeutend erscheinen muß. Der Terek stießt zwar in obngefäbr 10 Minuten breitem Thale, besitzt aber seiu Bett dicht am Fuße der östlichen Höhe». Nicht weit von der Stelle, wo der Terck auf seiner rechten Seite den Makel aufnimmt, beginnt auch die Spalte im nördlichen Sekundär^ugc, durch die der Terek fließt. Die Höbe, welche auf der rechten Seite sich über dem 93 Terekthale erhebt, heißt Dik, die gegenüberliegende auf der linken hingegen Masaredshin. Plötzlich verschwindet der Thonschiefer, und Jurakalk, anfangs mehr oder weniger schieferig, tritt an seine Stelle. Wenn schon das erstere Gestein schroffe Wände bildet, so find die, welche ans Kalk bestehen und in das Tcrekthal sich herabsenken, noch weit großartiger. Ich erinnere mich nirgends gesehen zu haben, daß z. B. eine Wand von eirca 1500 Fuß Höhe fast senkrecht abfällt. Nur an einzelnen Stellen hatten Wind und Wetter Klüfte gebildet, die später von hier herunter träufelndem Waffer erweitert wurden. Bisweilen tritt die Wand einige Fuß zurück und es entsteht dadurch eine Art Gesims, was in der Regel mit allerhand Gesträuch bedeckt ist. Leider war es mir nicht möglich, dieses näher zu untersuchen; ich unterschied eine Kiefer, die anf keinen Fall unser ähnlich wachsendes Knieholz seyn möchte, Tar,baum und den hohen Wach-holder. Woraus das Laubholz bestand, konnte ich nicht erkennen. Diese eben näher bezeichneten schroffen Wände scheinen nur hier im Terckthalc vorzukommen, denn im Thalc der großen Liagwi und in Nadscha, wo derselbe Jurakalk ebenfalls vorbanden ist, erscheint er mehr abgerundet oder höchstens in der Form, wie ihn das schweizer Jura-Gebirge darstellt. Nur einmal engen die Felsen das Tcrekthal bis auf 100 Schritte ein. Da der Tcrck grade an der Stelle aber auch einen stärkern Fall hat, und namentlich im Frühlinge eine Menge Gerölle mit sich schleppend fast die ganze Breite des Thales einnimmt, so haben die russischen Behörden einen über dem Niveau des Thales liegenden Weg in 94 das Gestein gcbauen. Früher führte eine Brücke auf die rechte und lnnter der engen Stelle eine andere zurück wiederum auf die linke Seite, beide wurden aber fast von jedem großen Waffer vom Neuen fortgerissen, so daß die Kommunikation oft längere Zeit unterbrochen blieb. Bevor man an diese enge Stelle kommt, stürzen sich 3 Bäche zwiscken dem Masaradsbin und einer andern, aber südlicher liegenden nnd unbedeutenderen Höhe, die Kandal genannt wird, herab und führen wegen des durch den beigemischten Schieferstaub scbmuhigen Wassers den Namen Ssaudon d. i. Schwarzwaffcr. Dnbois verwechselt den Bach, der bei Balta stießt, mit dem Ssaudon. An dem obersten der drei Bäche liegt jetzt das Dorf Makßimkin, früher von den Aussen Untcr-Tschim genannt. Hier wurden die doppelten Zölle in Anspruch genommen, von denen weiter oben die Rede gewesen ist. Die Dörfer wechseln im Norden des Kaukasus, wo die Bauern Leibeigene bestimmter Häuptlinge sind nnd das Dorf nach seinem Herrn genannt wird, häufig ihre Namen. Eo heißt der tbaganr'schc Fürst, dem Untcr-Tschim gebort, und dieses selbst jetzt, Makßimkin. Die Nnsscn bedienen sich aber des Genitives, indem sie die hier gebräuchliche Benennung für Dorf „Aul" ftippliren, und sagen z. B. deßhalb Matslimtmä anstatt Aul Matßunkma <,d. h. das Dorf dcS Mafßimkin). Diese Veränderungen in den Benennungen der Ortschaften tragen zur Verwirrung derselben unendlich viel bei, zumal noch dazu kommt, daß die (5inwobller oft anch ihr Dorf verlassen und sich auf einer andern Stelle ansiedeln. So wohnten die Tschimithcu 95 noch zu Klaproth's Zeit nur auf der linken Seite dcs Terek; seitdem die Russen sich aber das Thal unterworfen haben und deren Entfernung von der Straße auch gern sahen, haben diese sich zum großen Theil am Eingänge des Makalgebietes niedergelassen und die dort wohnenden In-guscheu mehr aufwärts gedrängt. Die eigentlichen Tschimithcn bewohnten früher nur zwei Dörfer, die beide am schwarzen Wasser lagen. Das untere (Unter-Tschim) wurde von den Oßcn gewöhnlich das untere (Dallaz-Kau), das obere (Ober-Tschim) hingegen auch das obere Dorf (Ulaz-Kau) oder Zmikau genannt. Das letztere cr,istirt gar nicht mehr, denn seine Einwohner haben sich mit den meisten von Untcrtschim auf der andern Seite dcs Tcrek am Eingänge des Makclthalcs niedergelassen. Dort stehen jetzt aber 6 Dörfer: Kalmükau, Unter- und Obcr-Wosbi, Baghir, Pemat und Dollazkau 7 sich 7* 100 an der Linie befand, spricht dieser nur von einer verlassenen Vcste. 1801 war sie aber besetzt und blieb seitdem der wichtigste Punkt auf der Nordseite dcs Kaukasus. Die Festung ist jetzt der Hauptort einer militärischen Herrschaft, deren Chef, General Nestcroff, nicht allein ein nicht unbedeutendes Truppen-Kontingent unter seinen Beschien hat, sondern auch die nordoßischen Stämme, die Bewohner der kleinen Kabarda und die Inguschen beaufsichtiget. Nesteroff war eben erst vor einigen Tagen von einer Expedition gegen die Tschctschcn zurück gekommen. Alle Offiziere noch voll von «.dem, was sie erlebt und gesehen, stimmten darin überein, daß die Tschctschen sich gut schlugen und eine außerordentliche Bravonr an den Tag legten. Die Tschctschen bewohnen die Gegenden östlich von der Militärstraßc bis zu dem nordöstlichen Schenkel des kaukasischen Gebirges (dem andischcn Kaukasus) und südlich vom Tcrck bis zu den Hochbassins des Hauptzuges und sind mit den Lcsghiern die Völker, welche unter Schamils Panier jetzt den russischen Koloß bekämpfen. Grusisch Sagen betrachten sie, wie ich schon oben weitläufiger aus einander gesetzt habe, als die Nachkommen des Thargamoß, des Urvaters aller Völker des kaukasischen Istbmus; sie stammen weiter von dessen siebentem Sohne Kaffkaß ab, erhielten aber nach einem spätern Nachkommen den Namen Dsurdsukcn. Die Tschetschcn selbst wissen von dieser Ableitung nichts, kennen aber eben so wenig die durch die Nnssen bei uns eingeführte Benennung Tschctfchen oder (mit russischer Plural-Endung) Tschctschenzcn als Inbe» griff aller Stämme. Tschctschen ist nämlich ursprünglich »ur ein großes Dorf am Argun, einem großen Nebenflüsse der Ssmidsha 101 und legte zu Ende des vorigen und zn Anfange dieses Iahrhnndertes den russische» Eroberungsplänen unendlich viel Hindernisse in den Weg. Alle Ueberfällc am Terek geschahen in der Regel unter der Anführung des Häuptlinges von Tschctschen, deffen Name damit allmählig auf das ganze Volk überging. Die Tschctschcn breiteten sich in den allcrältcsten Zeiten noch über ganz Oßien und vielleicht auch über Swanien aus. Es wäre möglich, daß die Dwalen (Dwalethcn) oder Südoßen nnr oßisizirtc Tschctschcn sind. Aber auch im Norden und zwar hauptsächlich in den Ebenen zwischen dem Tcrek und dem Nordfußc des nördlichen Sekundargcbirgcs ist «wahrscheinlich schon vor dem ersten Mongholcn-Zuge, unter Dshingis-(>han) ein fremdes Volk, tatarischen Ttam-mcs, eingedrungen und bat sich zum Theil mit den frühern Einwohnern vermischt, zum Theil aber auch diese nach dem Hochgebirge znrückgcdrängt. Die Kumückcn (d. h. die Tataren zwischen der Mündung der Ssundsha in den Tcrck und dem Meere im Tüdcn des znletzt genannten Flusses) unterscheiden die Tschetschcnstämme des (Gebirges von denen der Ebene und nennen sie MidslMsch, ein Name, den auch die Lesghier und Orusicr nur mit veränderter Schreibart Mitzdshegi kennen und der selbst von den Nnssen zur Bczcichnnng der am Nordwcstfußc des andischen Kaufasus wohnenden Tschetschcnstamme als Mitschick gebraucht wurde. Die (Hel'irgsbewolmcr, die Midshitisch, sind auch meistens Heiden, die der Ebene, die eigentlichen Tschctschcn, hingegen, Mohammedaner. Die letztcrn setzen fast allein den hartnäckigen Widerstand dcn Russen entgegen. Wenn man bedenkt, daß tamu 20—^0,000 Tschctschen 102 zwischen der Ssnndsha bis zu dem Sckundärgcbirge wobnen und daß dagegen eben so viel Militär an der Ssundsha bis nach Wladikaukas und am Tcrck steht, so begreift man nicht die Möglichkeit eines so hartnäckige» Widerstandes, in so fern man nicht mit den Schwierigkeiten sehr vertraut ist. Von der Ssundsha, wo jetzt die Nnfsen eine zweite oder innere Linie von Festungen und Kosakcndörfcrn gebildet haben, bis zur Höhe des Sekundärgebirges kann die Entfernung kaum 10—12 Stunden betragen, aber ein dichter Wald ziebt sich bis dabin mit wenigen Unterbrechungen. Die Tschetschen leben in diesen Wäldern von Viehzucht und Hirseban, kultiviren von der Hirse aber nur so viel, als sie zum nothdürftigstcn Bedarf gebrauchen. So oft die Russen in die Nähe eines ihrer Dörfer kommen und die Einwohner desselben sehen sich mißer Stande, sich gehörig zu vertheidigen, so bringen die Letztern ihre Familien und ihr Vieh in das Dickicht der Wälder und beginnen nun weniger einen Kampf, als vielmehr eine Art Scharmützel, wobei sie ihre Feinde ermüden, ohne selbst der lVcfahr ausgesetzt zu senn. Die Nüssen brcn» nen das meist ans hölzernen Häusern bestehende Dorf nieder, verwüsten die Hirsefelder und kehren dann wieder zurück. Das Dorf ist aber in den nächsten i—6 Wochen wieder hergestellt. Es gab eine Heit. wo die Russen aus diesen Razzia's sich Erfolg versprachen und sengend und brennend das Tschetscheuland durchzogen. Man glaubte, Hunger und Noth würde die Tschetschen zur Unterwerfung bringen. Es geschab aber nicht; die Tschetschcn verwüsteten ihrerseits die Alils ibrer den Russen ergebenen und friedlichen Lands' lcute und legten außerdem, durch die Noth gezwungen, bei 103 Ueberfällen russischer Transporte und Lager eine solche Keckheit und Tapferkeit an den Tag, daß fortwährend alle Strcittrafte der Russen in Anspruch genommen wurden. Bei der höchst frugalen Lebensweise der Tschetschen war auf diese Weise der Bedarf an Getreide bald auf feindlichem Gebiete geraubt. Jeder Tschctschc steht in der Regel im Kämpft für sich; sein ganzes Streben ist darauf gerichtet, seinem Erzfeinde den größten Schaden anzuthun. An Mühseligkeiten aller Art und an Entbehrungen gewöbnt, hat er eben dadurch cincn ungeheuren Vorzug vor dem russischen Soldaten, obwohl dieser keineswegs verweichlicht ist. Eine Hand voll Hirsemebl genügt dem Tschetschen für den ganzen Tag. Mit diesem Vorrathc geht er allein oder mit andern auf nur ihm bekannten Schleichwegen und erscheint plötzlich an einer Stelle, wo man ihn am Allerwenigsten erwartet hatte. Mit dem Säbel in der Hand wiegt er mehre russische Soldaten auf, die dieser Art Kampf durchaus nicht gewachsen sind und in der Regel auch unterliegen. Der Kampf eines kleinen Volkes gegen eine Uebermacht hat an und für sich etwas Großartiges, was jedes Menschen Brust ergreift und willenlos Sympathien erweckt. Diese wird aber gesteigert, wenn der schwache Feind sie in der That verdient. Der Umgang mit russischen Offizieren und zwar namentlich in Wladikaukas gab mir hinlänglich Gelegenheit, die selbst von ibrcn Feinden anerkannte Bra-vour und Tapferkeit der Kmikasier zu bewundern. Ich habe schon an andern Stellen Gelegenheit gehabt, dergleichen Bnspiele zu erzählen, wie sie mir berichtet wurden, cS sieben mir aber noch andere zu Gebote, mit deren Ver< öffentlichung ich nicht länger zaudern will. 104 Die früher von mir gegebenen Beispiele beschrankten sich anf die Männer, das jetzige soll aber den Hcldcnmuth und die Standhaftigkcit der Frauen darthnn. Schon frü« here Reisende haben auf den Stolz und den persönlichen Muth der Tschetschinncn aufmerksam gemacht. Wenn ich nicht irre, ist es Klaproth, der von einem tfchctschischen Mädchen berichtet, daß sie sich lieber den Tod gab, als sich verkaufen ließ. Ich selbst habe an einer andern Stelle schon erzählt, daß ein von Kosaken geraubtes tschetschisches Mädchen keine Speise und keinen Trank mehr zu sich nahm und den Hungertod cincr schmählichen Gefangenschaft vorzog. Die tschctschischen Frauen spielen in dem Widerstände gegen die Russen eine Hauptrolle; sie feuern ihre Männer an, bei den Rnssen Beute zu machen und die Erschlagenen zu rächen. <3ine Mutter hatte bereits zwei Söbne verloren und selbst den Gatten und den greisen Vater derselben bewogen, das Schwert in die Hand zu nehmen und das Blut der Oetö'dtetcn durch Blut zu sühnen. Da kehrten cincs Abends die Bewohner ihres Dorfes zurück und legten den erschlagenen Gatten zu ihren Füßen. Kein Schmcr-zcnslaut kam über die Lippe der Geprüften, still traf sie alle Vorkehrungen zu seiner Beerdigung und führte den einzigen noch im Knabenalter befindlichen Sohn an die Leiche des Vaters. „Hier hast Du das Schwert und die Flinte Deines gemordeten Vaters und räche ibn nnd mich an den Dienern des weißen Zaren." Unter der Leitung der Mutter, die sich von nun an keiner Freude mebr bingab, wuchs der Knabe noch einige Jahre heran. Da glaubte sie endlich, daß die Zeit der Rache herangekommen. Der Jüngling zog auS, aber die ittä Mutter begleitete ihn auf allen Wegen und Stegen, immer die Nache im Herzen und den Sohn zur blutigen That ermunternd. Eine Schaar gleich kühner Jünglinge sammelte sich um die begeisterte Matrone und war mehre Jahre der Schrecken auf dcrSsundsha-Linie. Vergebens versuchten die Russen, ihrer habhaft zu werden, vergebens waren lange Zeit die Berichte der Spione. Doch endlich wurde man auf's Genaueste von einem bevorstehenden Strcifzuge unterrichtet. Man traf alle Vorkehrungen, um sich der Schaar zu bemächtigen oder sie zu vernichten. An dem Walcrik, einem kleinen Nebenflüsse im Westen der Ssundfha, sahen sich die Tschetschon plötzlich von Russen umringt. Wütbend, sich vielleicht von einem der Ihrigen verrathen zu sehen, stürzte sich, die Schaschke in der Hand, die zwar kleine aber todesmuthigc Schaar auf den dichtesten Haufen und richtete unter den Russen entsetzliche Verheerungen au. Doch einer siel nach den andern und immer schwächer wurde der Widerstand, denn alle, die nicht geblieben, bluteten ans mehren Wunden. Vergebens ersuchte der An-Mrer der Russen und Kosaken die Tschetschcn sich zu ergeben, vergebens versprach cr ihnen gute Behandlung; die greise Mutter fachte die gesunkenen Kräfte wieder an und es begann vom Neuen der Kampf, bis auch die Matrone und der letzte Tschetschc zu Boden gesunken. Auch der Feind achtet am Feind den Muth nnd die Tapferkeit. Die, welche nur schwer verwundet waren, befahl der Hauptmann, der die Russen befehligte, mit der größten Sorge zu pflegen. Unter diesen war auch die Mutter; doch sie nabm, wo auch ibr letzter Sohn gefalle«, keine Hilfe mehr au und starb am nächsten Morgen. Durch einen der Gefangenen wurde die Geschichte bekannt. 106 Man sieht, daß bei solchen Verhältnisen ein Kampf unendliche Schwierigkeiten darbietet und daß man mit Unrecht den Ruffen Feigheit und Mangel an Kenntniß der dortigen Kriegführung vorwerfen kann. Man hat vielleicht mehr Recht, in dem häufigen Wechsel der Obcroffizicre am Kaukasus einen Grund des geringen Erfolges zu suchen. Mit Ausnabme des Fürsten Woronzoff, der jetzt Gcneral-gouvcrneur der kaukasischen Provinzen und Oberbefehlshaber der kaukasischen Truppenkontingente ist, waren bis dahin alle Führer für Unglück verantwortlich. Saß, der jetzt nun in Ungarn wiederum befehligt, Fcbsi, Grabbe, Neidhardt und viele andere hatten lange mit Erfolg den Kampf gegen die Bergvölker geführt, wurden aber bei dem ersten Unglück entfernt. Es geht den rusischcn Offizieren, und namentlich grade den Gebildeteren, eben so wie den Eingeborncn: sie bekommen eine Vorliebe an dem kaukasischen Gebirge und an dem Kampfe mit den Bergvölkern. Ich habe eine Reihe tüchtiger Gardcofsiziere gekannt, die sich schon Jahre lang am Kaukasus herumgeschlagen batten und sich, obwohl sie früher in Petersburg allen Genüssen gehuldigt, in den freien Bergen weit wohlcr fühlten und gar nicht an die Rückkebr dachten. Diese sind es auch hauptsächlich, welche die Heldenthaten ausführen. Sie leben ganz und gar in einem Kampfe, wo persönlicher Muth über alles gilt, und freuen sich über jeden Strauß, den ibncn die Bergvölker anbieten. Männer wie Saß, Fehsi, Besobrasoss, Nestcroff. Richter, Turnau, Paßck, Schulz, Galitzvn. Tsaliffkin und viele andere, die bereits den .Kaukasus verlassen haben oder auch geblieben sind, werden immer in den Annalen des kaukasischen Krieges genannt werden. 107 Man fängt jetzt an, eine dritte Linie im Innern der Tschctschna anzulegen ^) und auf diese Weise die dadurch abgeschlossenen und zwischen der zweiten und dritten Linie liegenden Tschetschcndörfcr zur Unterwerfung zu zwingen. Aber man wird dadurch allerdings das Land, gewiß aber nur wenig Menschen gewinnen, denn die unbeugsamen und hartnackigen Tschctschen verlassen lieber die heimathliche Scholle und zieben sich in das Gebirge hinauf, als daß sie ibrem Erzfeinde gehorchen. Nachdem man der Ssundsba-Linie, welche im Süden der Tereklinie parallel länft, und deren Fortsetzung längs des Fußes der Vorbcrge des nordöstlichen Endes vom andischen Kaukasus bis an den Koißu, allmählig durch kleinere und größere Befestigungen und selbst durch einige Kosaken-Ansiedelungen den gebörigen Nachdruck gegeben, dachte man bereits schon 1845 daran, einige Festungen tiefer in das Innere des Tschetschcnlandcs vorzuschieben. Man hatte obne Zweifel schon früber die Absicht, die alte Straße, welche inmitten des Tschetschcnlandcs quer durch von Westen nach Osten führt und die wichtigsten Punkte mit einander in Verbindung bringt, zu einer neuen und dritten Linie zu benutze» und dadurch grade die dichtesten Wälder abzuschneiden; diese alte Straße führt von Wla» dikaukas sowohl als von der kleinen Kabarda in dem Bogen, den die Ssundsba von Norden nach Osten macht, über diesen Fluß mitten durch den dichten Wald, in dcm ein den Russen sehr feindlich gesinnter Stamm, die Karabulaken, wohnt, nach dcm Fuße des Selundärgebirgcs N ilN«Um>„ des Krit«ez s. im 3. Vandt nieinei Wandt» lioi^n nlich dcm ^nciil« T, ^n unl im l, Pande von Bn'ckl^nis Gcgcn» »nr« S 20«. 108 und zieht sich längs desselben bis dahin, wo der andische Kaukasus beginnt. Um zunächst Schamil, der dem tschetschischen Stamme der Itschkercn lim Osten) angehören soll, von seinen westlichen Nachbarn mehr zu trennen, wurde da, wo der Nrgun. der größte Nebenfluß der Tsundsha, aus dem Tekundärgebirge tritt, das alte berühmte und früher schon einmal von Iermo» loss besetzte Tschachkcri erobert und daselbst die bedeutende Festung Wosdwishcnsk erbaut. Der gewichtige Name, der Kreuzcs«Erböhung und demnach das Panier der christlichen Religion bedeutet, hat aber bis jetzt noch nicht den Nachdruck ausgeübt, dcu man wohl erwartet hatte. Nur wenige Stunden von Wosdwishcnsk entfernt, im Osten am Cbalckalussusse, liegt auf steilen Felsen die jetzige stolze Residenz Schamil's, Wedcn, die zu erobern man sich einmal voruebmen wollte, als Schamil, allen Vorbereitungen zum Trotz und im Rücken der Operationslinie, plötzlich seinen berühmten Zug nach der großen Kabarda macbte. Seitdem bat man keinen Versuch mehr gemacht und bemühte sich nur eine bessere Verbindung mit Oros-naja. der Hauptfestung der linken Flanke, herzustellen. 6s ist übrigens sonderbar, daß kein einziger russischer Bericht der Erbauung der wichtigen Festung Wosdwishcnsk gedenkt, sondern dasi sie mit einem Male als bestehend angesehen wird. Zwischen Grosnaja und Wosdwishcnsk liegt ein dichter Wald, der die Kommunikation zwiscben beiden Festungen ungemein bindert. (5s war deßhalb nothwendig, die unwegsamsten und dichtesten Stellen auszuroden. Peck und Schwefel hatten schon früber sich als unnütz zur Verbrennung der Walder bewäbrt und so war man 109 zum mühsamen Aushauen der gefahrlichsten Stellen geschritten. Man benutzte in der Regel die ersten Monate im Jahre dazu, cincstheils, um bei der wegen Mangel an Laub durchsichtigeren Beschaffenheit des Waldes den Nachstellungen der Tschetschcn weniger ausgesetzt zu seyn, an-dernthcils aber, um die Soldaten zu einer Zeit zu benutzen, wo man sie anderwärts nicht nothwendig hatte. Die zweite Festung auf der innern Tschctschen-Straße wurde fast am entgegengesetzten Ende derselben, im Westen an dem Fartlian der Karabulaken, angelegt. Durch Aus-hauen der Wälder nach der Mündung des genannten Flusses stellte man ebenfalls eine Verbindung und zwar mit der Festung Salan-Iurt an der Ssundsba her. Die Straße geht aber noch weiter westlich und zwar mitten durch den Karabulakcn-Wald, an dessen Ende man früher schon die Nestcroff zu Mnen genannte Veste Nestcroffsk erbant hattte. Es scheint jedoch, daß man russischer Seits bis jetzt umsonst versucht hat, Ncstcroffsk und die Farthanga-Veste, die auch nach einem dabei liegende» Dorfe Atschchoi heißt, durch eine Straße zu verbinden, obwohl die Entfernung nur .'>—7 Stunden betragen kann. Im vorigen Jahre haben die Nüssen auf der dritten Linie eine dritte Festung an dem Tschetschischcn Farthan, der sonderbarer Weise bei den Eingebornen den Namen Uruß-Farthan, d. i. Nnsscn-Farthan führt, angelegt und wiederum Verbindungsstraßen einerseits mit der Tsundsha-iiinie und anderseits mit Wosdwishenok hergestellt. Nach Westen zu blieb den Nüssen aber die Verbindung mit Atschchoi uoch abgeschnitten, da dort die Vewolmer eiucs grvßen Dorfes, Gechi, den hartuääigsten Widerstand entgegensetzten. Es ist wahrscheinlich, daß die Russe» in 110 diesem Jahre, wo sic nun 2 Stunden ostwärts von Gechi einen festen Ausgangspunkt und 3 Stunden noch weiter auch WoSdwisbensk zur Deckung des Rückens haben, einen neuen und wahrscheinlich glücklickrcn Versuch zur Eroberung des befestigten Dorfes machen und dann cinc neue Festung daselbst anlegen werden. In dicscm Falle wäre die Verbindung mit Atschchoi hergestellt und man könnte vielleicht noch versuchen, auch zwischen Atschchoi und Ne-stcroffsk, vielleicht bei dem günstig gelegenen Karabulaken-Dorfe Tschimulgha, also mitten im Gaue der Karabulakcn, eine fünfte Festung anzulegen, damit WladikaukaS und Wosdwishcnsk ungehindert mit einander kommumziren könnten. Einige Jahre geben wohl noch dahin, cbe diese Linie in dieser Weise hergestellt ist, aber gewonnen haben die Russen dann unendlich. Setzen sie dann im Osten die Linie fort und gründen am Ehalchaw, vielleicht bei dem jetzigen Dorfe Henncntschuk, was schon in den 20gcr Jahren von Iermoloff besetzt gewesen seyn soll, eine neue Befestigung, so ist ihnen weit mehr die Möglichkeit gegeben, Wcden, Schamils jetzige Residenz, mit Erfolg anzugreifen. Wirft man einen Blick auf die Cl'arte, so siebt inan, daß dic Verbindung der innern tscketschischcn Linie mit Oerselaul und den Festungen im Lande dcr Knmückcn sehr leicht bewerkstelligt werden kann. Schon früber hatte man die Absicht, das günstig gelegene Dorf Ma-jortup, gegc» li Stunden östlich von Hermentschuk und eben so viel westlich von ,^urinsk, einer Festung in Ku-mnckien, zu befestigen und wenn ich nicht irre, hat man es auch getban. Von Hermentschnf fnbrt auch eine alte Straße über Weden und den Rücken des andischen Kau- N1 kasus hinweg nach Lcsghistan. Wäre es möglich, auf dieser Straße einige Festungen vorzuschieben und thäte man ein Gleiches von Tscherkei und Essgcnicffsk sam Ssulak) und zwar auf der schon einmal von den Russen besetzten Straße nach Gogatl und Dargo, so würde man drei sehr hartnäckige Slämme: die Itschkcren, Awucher und Tso-lotauer. von der Verbindung mit dcu Lesgbiern im Innern abschneiden. Aber auch l'icrzu gehört Zeit und Geduld. In cmcm oder zwei Iabren gesäneht es nicht. Wie man im Norden des kaukasischen Gebirges eine dritte Linie in das Innere des Tschetschenlandes vorzuschieben sich bemübtc, so war man noch mehr von der Nothwendigkeit einer Linie überzeugt, die die keineswegs zuverlässigen Stämme Daghestans aller Verbindung mit denen Lcsghistans berauben sollte. Die Lcsghicr wohnen nämlich in dcm Dreieck, was zwischen den beiden Äaurastwschenkeln und dem lappischen Meere liegt, und haben im Osten ebenfalls zum Theil wie die Tschetschcn Vermischungen mit tatarischen Stämmen eingegangen. (>in meist aus sekundären, aber mich aus trachytischcn und porvbvrische» Gesteinen bestehendes und dcm Meere parallellaufendes Gebirge scheidet das Ufergebiet von dem innern Lande und bildet im Durchschnitt die Gränze zwischen Daghestan im Osten und Leoghistan im Westen. Das Inncrland ist ein im Durchschnitt 33W Fuß liohcs Plateau, was durch tiefe Flußbetten vielfach zerrissen ist und ein deßl'alb ungemein schwieriges Terrain darbietet. Tcit-dem Echamil hier festen Fuß gefaßt und die Russen völlig vertrieben hat, besitzt er in diesem schwer zugänglichen Lande seine Haurtstärlc. Schon Ncidhardt unterwarf dic aufständischen Stämme 112 Daghestans, was schon seit längerer Zeit die russische Oberherrschaft anerkannt hatte, von Neuem und wollte an dem Kara-Koißu eine Linie herstellen. Obwohl Schamil auch aus dem obern Gebiete des kasikmnück'schen Koißu, nämlich aus dem Chanate Kasikumück herausgeschlagen war, so versuchten die Russen doch umsonst, hier mit Nachdruck aufzutreten, so langc der kaukasische Häuptling noch scste Plätze am rechten Ufer des kasikmnück'schen Koißu besaß. Schamil hatte nämlich die von den Russen angelegte Vcste Gergcbil, dem Einflüsse des Karakoißu (auch Karak genannt) gegenüber, als Sammelplatz für alle Einfälle in Daghestan benutzt und verursachte fortwährend dc» Russen großen Schaden. Tollkühn drangen Lcsghicr bis in die Nähe von Tarku und Dcrbcnd und raubten und plünderten allenthalben. Alle Kommunikation zwischen Temir-chanschura, der Hauptfestung im nördlichen Daghestan, und Kumück im südlichsten Lcsghistan konnte nur auf Umwegen hergestellt werden und nahm stets eine längere Zeit in Anspruch. Fürst Woronzoff wandte deßhalb zuerst sein Augenmerk auf Gergebil, aber die Feste trotzte den Angriffen der Russen, (ir selbst zog alle ihm disponiblen Truppen endlich vor Gcrgebil zusammen, scheiterte aber fortwährend an der hartnäckigen Vertheidigung der Lcsghicr. Die Belagerung wurde aufgehoben und die Verbindung zwischen den beiden oben genannten Festungen durch die Erbauung vou Ehodshal Machi und einiger andern kleinen Befestigungen in der Nähe Gergcbils einigermaßen gesichert. Woronzoff hatte geseben, daß die Belagerten Haupt-sächlich durch ihre Verbindung mit der Terraffe zwischen dem Kara und dcm kasikumück'schcn Koißu und hauptsächlich 113 durch das diese beherrschende und befestigte Dorf Ssalty erfolgreichen Widerstand geleistet hatten; er nahm sich deßhalb vor, von Kumück aus, was am Südcnde der erwähnten Terrasse liegt, Ssalty noch in demselben Jahre (1847) wo möglich zu erobern und zu zerstören. Bei Ssalty befindet sich auch eine sehr wichtige Brücke, die die Verbindung mit dem wettern innern Lande herstellt nnd dessen Besitz den Russen ebenfalls außerordentlich wichtig seyn mußte, Nach großem Verluste wurden die Russen endlich Herren von Ssaltv, das aber keineswegs, wie es scheint, behauptet werden konnte. Nach den Berichten ziehen die Russen im Herbste siegreich zwar ab, besetzen aber weder das sehr günstig gelegene Dors, noch die weit gewichtigere Brücke. Im nächsten Jahre versuchte man von Neuem und dieses Mal mit mehr Erfolg, sich Oergcbils zu bemächtigen. In den Werken, die die Russen allmählig aufgeführt hatten, fanden sie zu jeder Zeit eine vollständige Sicherheit. Von Ssalty aus erhielten die Lcsgbicr auch nicht mehr die frühere Unterstützung, obwohl sie fortwährend mit dem westlichen Ufer in Verbindung standen. Gcrgebil fiel endlich, nachdem kein Stein auf dem andern geblieben. Ich weiß nicht, ob die Russen eine neue Vestc daselbst erbaut haben, da nun bereits das südlich gelegene sshodshal Machi exi-stirte. aber wahrscheinlich möchte es doch seyn, da der Felsen von lhergebil den Koißu unmittelbar beherrscht. Nachdem ich nun die neuesten Ereignisse eines so außerordentlichen Krieges, der nur durch die Europa erschütteru-den Begebenheiten aus kurze Zeit in den Hintergrund gestellt werden kann, auseinandergesetzt habe, lehre ich zur Beschreibung meiner Reise zurück; ich kann aber Wladi- 8 1'il5cl!<^vo Illlrin!" (es ist nichts, gnädiger Herr) warm die einzigen Worte, welche der Postillon auf meine Einwendungen lallend mehr als sprechend erwiederte. Plöylicb führte die Straße abwärts und durch den Fluß Durdur, der aus dem oßischcn Gebirge kommt, ohne daß der Führer nieinem leichten und zerbrechlichen Wagen nur im Geringsten Eixbalt gethan hatte. (5s war ein Glück, daß uns nichts geschah. Drüben angekommen, benutzte ich die günstige Gelegenheit, als der Wagen die sanfte Hohe hinauffuhr, und faßte den trunkenen Iemschtschik von hinten, um statt seiner den Zügel zu ergreifen. Als er auch ferner keine Ruhe kielt und ich in der That in Gefahr schwebte, nahm ich einen Strick und band den Kerl fest. Das alles ließ dieser im Ansauge ruhig geschehen, denn das Gefühl der Unterwürfigkeit und des Gehorsams ist dem gemeinen Russen angeboren, aber als er bedachte, daß er in diesem Zustande nicht ankommen dürfe, wenn cr nicht einer bedeutenden Strafe entgegensehen wolle, suchte er zuerst durch Bitten sich seiner Fesseln zu entledigen, als aber dieses nichts half. diese mit Gewalt zu sprengen. Je mehr er aber wüthete, um so fester band ich ihn und fuhr nun ruhig durch die gefahrlichste Stelle der kabardisch-oßi» schen Straße. Zum Glück erleuchtete der volle Mond, nachdem die Sonne untergegangen war, die ganze Gegend <2< so, daß ich um den Weg, der auf einer Steppe keineswegs so markirt ist, als bei uns, unbesorgt seyn konnte. Ich war schon, bald an dic Stelle, wo tertiäres Gestein unbedeutende Höhenzüge bildet und dcr Terek diese durchbricht, gekommen. Einer dieser Höhcnzüge lehnt sich im Westen den schwarzen Bergen (also dem Sekundar-gebirgc) an, zieht sich in nordöstlicher Richtung nach dem Tcrek und schließt daselbst die oßischc Ebene ein; es ist dieses dcr scbon genannte Karadagh odcr Pschcchcsch. Auf der andern Teite des Tcrck beginnt ein anderer Höhcnzug, dcr in östlicher Richtung, sväter die Tsunsba im Norden begleitend, bis in die Nähe von lHrosnaja, der Hanvtfestung der linken Flanke, gebt und durch ein breites Tbal im Norden von einem Parallelere, dcr im dem Winkel der Vereinigung der Tsunska mit dem Terek sich endiget, begleitet wird. Diese beiden Parallclzügc führen den Namen der Kämme 3.) Mit dem Pschcchesch beginnt die Kabarda, ein Kau der Tscherkeßen. Die Kabarder spielen seit der Mitte des 16. Iahrhundertes eine nicht unbedeutende Rolle in der Geschichte Rußlands. Sie wobuten ursprünglich in der fruchtbaren Gegend des Beschtau, also in der Nähe der kaukasischen Väder, und erkannten schon sehr frübzeitig t1.'».'»'i, die russiscbe Oberherrschaft an. (5ine kabardische Fürstentochter wurde sogar die zweite Gemahlin des grausamen Iobann Wafiilicwitsck >>. und kabardische Fürsten befanden sich seitdem im Dienste der russischen Zaren. Die Tscherleßcn und demnach auch die Kabarder waren damals obne Zweifel (Misten und hielten sich deßbalb mehr zu den Nuffcn, als zu den Tataren uud den .ttrimschcn Herrschern. In allen Streitigkeiten zwischen dem Tatar- <23 chan und dem russischen Zar waren dic Kabardcr auf der Seite des lctztern. Um sic dem russischen Einfluß zu cutziehen, zwang der Tatarchan sie einmal, ihre Wohnsitze am Veschtau aufzugeben und sich weiter westlich am Kuban anzusiedeln. Doch sie flüchteten sich schon sehr bald und zogen sich, um mehr geschützt zu seyn, von Bcschtau weiter südlich über die Malka an den Fuß der schwarzen Berge. Ihr Fürst soll den Namen Kabartv-Pet gebabt und ihn auf die ueueu Wohnsitze übertragen haben. Der größere Theil der Kabarder ließ sich am Vakßan, der kleinere hingegen auf beiden Seiten des Tcrck in der fruchtbaren Ebene Dsbulat und weiter östlich nieder. Von dabcr kam die Benennung der gvoßen und kleinen Kabarda. Aber auch hier wurden die Kabardcr fortwäbrcnd von den Tataren beunruhigt, bis diese endlich l7^!1 durch ^ist in einer engen Schlucht des Vatßan eine große Niederlage erlitten. Mit der allmabligcn Schwache der Tatarchanc oder Herrscher der Krim wurde umgckebrt die Macht der Russen um so großer, aber auch für die Kabarder um so fühlbarer. Ein kabardischcr Fürst, Kurgok Kantschiokin. trat im Norden des Terek ein Stüä ^and an die Russen ab, die daselbst die Festung Mostwk anlegten. Damit begann nun eine Reibe von Kämpfen der Kabarder mit den Russen, die noch nicht ausgekämpft sind, obwohl der Kaiser seit dem Frieden von Mtschüt-Kainardsln lim Jahre 1774) faktisch Herr beider Kabarden ist. Die Bewohner derselben batten übrigens ihre Rechte aus die Umgegend deS Bcschtau keineswegs aufgegeben, später sich sogar wiederum bis dahin ausgebreitet und mehre Abaßen-Familien dort angesiedelt; als sie sich aber fortwabrend gegen die Oberherrschaft 124 Rußlands empörten, wurden sie über die Malka zurückgedrängt und dicse als ihre Nordgränze bezeichnet. Es geschah im Jahre 1779. Trotz der fortwährenden Streitigkeiten mit den Tataren und später mit den Russen übten die Kabarder nicht allein über alle anwohnenden Völker einen großen Einfluß aus, sondern zwangen die meisten sogar zu einem bestimmten Tribut. Es war dieses namentlich mit mehrern Abaßen-stammen, mit den zwischen den schwarzen Bergen und dem Hauptzugc wohnenden Tataren, mit den Inguschen und selbst auch mit einzelnen Oßenstämmen der Fall. Erst in diesem Jahrhundert haben sick alle unterworfenen Ttämme, und zwar hauptsächlich nur durch den Beistand der Russen, von der kabardischen Abhängigkeit befreit. Mit Ingrimm ertrugen die frühern Herrscher der benachbarten Inguschen, Tataren und Oßcn das russische Joch und mehre Fürsten wanderten lieber aus, als daß sie über sich einen Herrn anerkannten. 1822 geschah der letzte große Aufstand der Htabarder gegen die russische Oberherrschaft. Durch die Energie Iermoloffs wurde er zwar schnell unterdrückt, aber 20,l)<)0 Htabarder verließen ihre Heimath und fanden in den schwarzen Bergen jenseits des Kuban eine sichere Zuflucht. Dort wohnen sie noch und gehörten lange zu de>, erbittersten Feinden Rußlands, die ihrerseits ihnen den Namen der Abreken, d, i. der l'ntlaufenen, geben. In der neusten Zeit hahen sie sich unterworfen. Um die uuruhigen Kabarder ferner im Zaum zu ballen und die Militärstraße, die mitten durch ihr Land ging. recht zu sichern, wurde eine Befestigung nach der andern in der Kabarda angelegt. Man wählte namentlich den Ausgang der Thäler in die Ebene dazu. Es entstand «25 auf diese Weise eine Festungslinie, welche im Gegensatz der äußerlich im Norden der Malka sich hinziehenden Kosakenoder äußeren kabardischen Linie den Namen der innern kabardischcn Linie führt. Naltschik, am Ausgange der Naltschikschlucht und eine dieser Festungen, ist der Sitz des Centrums. Meine Absicht war, von Uruchsk aus, der Station, wo ich noch spat in der Nacht ankam, nach Naltschik zu gehen und die bezeichnete Linie näher kennen zu lernen, allein ich wurde systematisch darum betrogen. In Uruchsk behauptete man, daß von der nächsten Station dlc Straße dahin führe und daß demnach ich auch nur dort Pferde erhalten tonne. Dort erwiederte man mir aber wiederum, daß nur die Post in Uruchsk Pferde nach Naltschik geben dürfe. Ich konnte sagen, was ich wollte und mich noch so sehr auf meine Papiere, in denen es ausdrücklich stand, berufen, es blieb mir nickts weiter übrig, als nach Ickateri-nograd zu reisen oder wieder nach Uruchök zurückzukehren. In Kottläressst waren wiederum auf der Post keine Pferde vorbanden. Der Postschrciber lag krank darnieder und es schien sich kein Mensch um die Reisenden zu bekümmern. Zum Glück fand ich einen Linienlosakcn aus Iekaterinograd mit einem Dreigespann, der mich gern dahin fuhr und sich bereit erklärte, mich noch weiter, selbst nach PätigorSk. wo sich die berühmten kankafischen Bader befinden, zu bringen. So schr ich seit 3 Tagen die gerühmte» Vorzüge russischer Posten nickt allein nicht kennen gelernt, sondern grade das Gegentheil erfahren hatte, so waren mir doch die großen Verlegenheiten und selbst Gefahren, die ich mir bereitet, daß ich einmal nicht mit dcr Post gefahren war, von meiner ersten Reise her noch hinlänglich 126 bekannt, als daß ich obue weiteres Bedenken Willens gewesen wäre, mich vom Neuen dergleichen auszusetzen. Als ich mit meinem Linicnkosaken, den ich alsbald als einen braven und ssutmüthigen Russen, wie man in Rußland keineswegs selten findet, kennen lernte, am andern Morgm dem 7 Stunden entfernten Iekaterinograd zufuhr, sah ich in der Ferne vor mir, aber auf der Ebene aufliegend, durch einander wogende Wolken, die sich in Schlangcmvi»-dung dahiu zogen, wahrend sich doch über mir der reinste blaue Himmel ausgebreitet l,atte. Ich bielt es im Ansänge für eine dem Höbenrauch almliche (nscbemung. Je uäher wir der Stelle kamen, um so unerklärlicher war mir lange Zeit die Erscheinung, bis ick endlich einen jener Heuschrccken-züge unterschied, wie sie im Oriente gar nicht selten sind und oft furchtbare Verwüstungen anrichten. Die ganze Kabarda ist eine Steppe, die nur durch einzelne Dörfer und deren Getreidefelder unterbrochen wird. Die gcwöl'ulichcu Steppenkräuter entfalten ihr Laub hier mit ciner weit großem Ueppigkeit, als es sonst i« Rußland der Fall ist, weil es keineswegs an Waffer fel'lt. Trotz des für mein Auge auf der einen Seite unendlichen Heu-sckreckeuzuges. der eine Breite von cirea ^00 Schritt habe« mochte und sich in nordwestlicher Richtung bewegte, hatte die Vegetation immer noch dasselbe frische Ansehen, als wären die Heuschrecke» nickt vorhanden gewesen. Und doch waren mir die Schilderungen ibrer Verheerungen, wie wir sie vo» verschiedenen Reisenden erhalten haben, genau bekannt. Mein Kutscher berichtete mir, daß die Heuschrecken nie in dieser Gegend st' verheerend erschienen, als im Norde» des schwarze» Meeres, weil sie einerseits zu einer Zeit kamen, wo die Pflanzenwelt noch am Ueppigsten scv, 127 und sic anderuseits auch noch nicht so gefräßig waren, als cincn Monat später. Die Wand erb euschrcckcn des Orientes waren ebenfalls sehr frisch und munter; uur mit großer Mülic konnte ich, obwol'l der Zug über mir wegging einige fangen. Der Zug bewegt sich den ganzen Tag über, indem die vorder« und müden sich niedersetzen, bis der gauze Schwärm über sie hinweg ist und sie sich diesem wiederum anschließen löunen. Die Länge eines Zuges soll oft eine Meile betragen. Wenn die Tonne untergeht, setzen sie sich nnd beginnen nun ibrc Verbeernngen. Wclie dem Getreide, der Wiese oder dem Gemüse, wo sich diese Heuschrecken niederlassen und bis zum andern Morgen sich schmecken lassen, denn die üppigsten Gefilde sind dann oft zur traurigsten Wüste geworden. Bevor man nach der nur ZV2 Stunden entfernten Etation Prischibok kommt, siebt man anf dem entgegengesetzten Ufer des Tcrck wiederum ein Mmareb, was in der Form ganz und gar mit dem frübcr angegebenen übereinzustimmen scheint. Meinem soust unterrichteten Kosaken war von Tscherkeßcn und Tataren erzählt worden, daß die beiden Minareh's in uralter Zeit zu einer sehr großen Ttadt gebort batten, die auf beiden Seiten des Terck gelegen gewesen wäre. Der Thurm führt den Namen deö obern Dshulat'schen Minsk's, so daß, wenn man unter Dshnlat eine Stadt und nicht eine Gegend verstehen will, die großc Ausdehnung der Tatareustadt scbr wahrscheinlich wird. Dieses Minarch liegt übrigens am Westfuße dcS hier beginnenden nördlichen oder achlauisclien Kamines. l5in Paar Ttunden abwärts von diesem Minareh zieht sich auf der linken Seite des Terek die sehr wasserreiche 128 Ebene der 5 Mündungen, Beschtamak, dahin. Sie wurde früher von Tataren bewohnt, welche nach dem Hauptflusse den Namen Malkaren oder Balkaren erhielten, sich aber später, in einer nicht mehr zu ermittelnden Zeit, im Süden der großen Kabarda zwischen dem Haupt- und Sekundärgebirge angesiedelt haben. Ebene der 5 Mündungen heißt sie, weil die l> Hauptflüsse der großen Kabarda: Tscherek, Urwan, Tschegem, Bakßan und Malka sich in ihr mit ein» ander vereinigen. Schon bald kamen wir an der Quarantine an, die nebst einer Soldatenvorstadt (Ssoldatsk) noch diesseits der Malka, nicht weit von dcr Vereinigung dieses Flusses mit dem Tcrek, liegt; ein Gesundheitsattest, was mir in Wla-dikaukas aufgestellt worden war, befreite mich sowohl von einer unangenehmen Näuchcrung, als auch von einem unfrei' willigen Aufenthalte von wenigstens 24 Stunden. Früher führte eine hölzerne Brücke über den ziemlich breiten Fluß, jetzt hingegen wird man durch gute Fähren auf die andere Seite gefördert. Ickatcrincgrad (Katha-riucnstadt) gehört zu den ersten Befestigungen, die bei dcr Gründung der kaukasischen Linie dnrch die zweite Katharine im Jahre 177? angelegt wurden, hat aber noch keineswegs die Vedcutung erlangt, die es nothwendiger Weise wegen seiner höchst wichtigen Lage hätte erhalten müssen, wenn Handel und Gewerbe auf dem ganzen kaukasischen Isthmus nicht dal'nicderla'gm. Es besteht aus der Festung und aus dcr Stanitze ^tosakmdorfc) und hat im Ganze» ein freundliches Ansehen. Auch in Ickaterinograd waren eben so wenig Pferde zu bekommen, als in irgend einer der frühern Stationen; man meinte sogar, daß man vielleicht selbst am andern 129 Tage noch nicht im Stande sey, mich mit der Post weiter zu führen, da man der Ankunft einiger Generale entgegen sähe. Nnn zögerte ich nicht langer und nahm das Anerbieten des Linicnkosaken, mich nach Pätigorsk zu bringen, unl so mehr an, als ich in der That mich von dessen Gutmüthigkeit hinlänglich überzeugt hatte. Es war sehr heiß, denn das Thermometer zeigte nicht weniger als 29 Grad R. Man erzählte mir, daß diese Hitze im Juli und August gar nicht so selten sey und oft viele Wochen obnc alle Abkühlung anhielte; im Winter würde es hingegen oft sehr kalt und der Schnee bliebe bisweilen einen Monat liegen. Die Umgebungen Iekaterino-grad's sind höchst einförmig, aber in der Südferne erhebt sich das kaukasische Gebirge in seiner ganzen Pracht und gibt ein großartiges Bild. Die Konturen glänzten alle im Sonnenlichte wegen der mit ewigem Eis und Schnee bedeckte» Gipfel. Der Kasbek, der Styrchogh und Elbruß überragten alle übrigen Höhen. Mein freundlicher Linienkosak führte mich in sein Haus und bewirtbcte miäi auf die liebenswürdigste Weise. Or yehörte zu den wohlhabendem; sein Hausstand war in der größten Ordnung und für die sonst in Rußland grade nicht gepflegte Reinlichkeit sorgten die Frau des Hauses und il,re beiden erwachsenen Töckter. Ich unterhielt mich mit meinem Wirthe so gut, als cö ging, und zog manche Nachricht von Interesse cm. Er stammte auS Qßien; sein Großvater battc die cbristliäie Religion angenommen und sich, als das Regiment der Verglosatcn gebildet wurde, nach einer andern Stamhe übergesiedelt. Später zog fein Vater bierber. Der Postweg nach den Vädern führt auf einem Nm» 9 130 Wege von 9 Stunden über Georgieffök, mein Wirth zog jedoch vor, den nächsten Weg, der nnr 109 Werst, also 14'/2 Meile beträgt, zu fabren. Während ich bis dahin in nordöstlicher, seit der letzten Station sogar in nördlicher Richtung gefahren, schlugen wir jetzt eine weft-wcst-nörd-liche ein. Die Malka zur Rechten kamen wir am 30. August schon bald nach der .'> Etuuden entfernten „kühlen Stamtze" (Prochladnaja) und kurze Zeit darauf nach der Soldatcn-Stanitze (Ssoldatskaja), die in derselben Richtung und eben so weit liegt. Hier verließen wir das linke Ufer der Malka und fuhren m nordwestlicher Richtung nach dem fast !i Meilen entfernten Staro- (Alt-) Pauloffok. Dieses liegt ohu-weit der Quellen des im Hochsommer oft ganz wasserleeren Kura, eines Baches, der durch den Kampf des Tochtamvsch mit dem Timur bekannt worden ist. In seinem zum Tbeil tief eiugcschuitteneu Bette besiudet sich Oerölle plutouischer Gesteine, die keineswegs von der mergeligen Malla-Erlwhnug, sondern aus dem Kaukasus stammen. (>s ist desil'all' wahrscheinlich, daß in frübcrn Zeiten die Malia oder der Terek im Bette der Kura dem kaspischen Meere zufloß. Mein Fuhrmann besaß hier vornehme Verwandte, denn die Tochter seiuer Schwägerin battc einen Unterlieutenant gebcirathct. Schon auf dem ganzen Wege waren mir die Tugenden des Vetters und der ganzen Familie gerühmt worden: umuöglicb konnte ich der Bitte widerstehen, die Nacht hier zuzubringen und daun am andern Morgen reckt zeitig dem noch 7 Meilen entfernten Pätigorsk zuzufahren. Der Nnterlieutenant kam schon, bevor er noch wußte, was für einen hohen Rang ich in der menschlichen (Gesellschaft 131 einnahm — ein Professor hat in Nußland wenigstens den Rang eines Majors — uns freundlichst entgegen und hieß uns als seine Gäste willkommen. Der Telbstkochcr wurde aufs l5iligste von seiner jungen und recht hübschen Frau herbeigeholt und dampfte alsbald, um den Gast, wic es sich gebührt, schnell durch Thee zu erquicken. So gebildet auf seine Weise der Ko-sakenoffizicr auch war, so schüttelte er doch über mein Alleinseyn bedenklich den Kopf. Ihm war es unbegreiflich, daß ein Gelehrter von so bohem Range wie ein Mushik (Bauer) allein reisen könne. In Deutschland hat man freilich den Gelehrten keineswegs so verwöhnt, als in Nußland, wo dieser oft vor lauter Bequemlichkeit und Wohlbehagen gar nicht zur Entfaltung seiner Gclcbrsamkcit kommt, und leider dadurch nicht selten zu Grunde geht. Unsern Regierungen hingegen sind Gelehrte zu gewöhnliche Erscheinungen geworden, die man bisweilen absichtlich darben zu lassen scheint, damit sie nicht etwa verwöhnt werden. Man zcbrt und bereichert sich durch ihr Wiffen, ohne sich weiter um die Personen zu kümmern. In Nußland geht es noch zum großen Theil wie im Oriente her; man sucht, da man es nicht immer durch geistige Vorzüge vermag, auf andere Weise und namentlich durch zahlreiche Bedienten sich nach Außen die nötbige Geltung zu verschaffen, bat sich aber dadurch grade an die Bequemlichkeit gewöhnt, die die russische Aristokratie auszeichnet. Eine vornel'iuc Nusun ruft baufi^ lieber nach einer Dienerin, als daß sie von ihrem bequemen Topha ausstände, und sich vielleicht ein Glas Wasser von dem nahen Tische holte. Der vornebme Russe kann nicht ohne eine» Bedienten leben, der ihm den Rock auü- und anzieht 0*' 132 und ist in seiner Bequemlichkeit allmälilig so weit gekommen, daß er etwas allein zu thun sogar für unschicklich hält. Die mir in Tiflis ausgestellten Papiere, welche ich auf den Wunsch meines Fuhrmanns dem Unteilieutenannt zur Einsicht übergab, und namentlich der Befehl an die Behörden, allenthalben meine gerechten Wünsche zu erfüllen und mir selbst ein Convoi von (> Kosaken zur Verfügung zu stellen, erhöhte zwar die hohe Achtung meines Wirthes gegen mich unendlich, aber dock konnte er nicht umhin, mich zu fragen, warum ich so anstandswidrig obno Bediente reiste? Meine Erwiederung, daß ich sic krank zurückgelassen hätte, gab ihm zwar einigermaßen eine Erklärung, aber doch konnte er nun wieder nicht begreifen, warum ich nicht den mir und meiner Würde nothwendigen Convoi in Anspruch nähme? Ohne mich weiter zu fragen, nahm er den einen Befehl und ging zum Ießaul (dem militärischen Ortsvor» stand), um in meinem Namen einige Kosaken zu requiri« rcn; ich schickte jedoch am andern Morgen die guten Leute wiederum nach Hause. Mir ist nichts unangenehmer, als mich von Leuten, die keine Beschäftigung habe» und mir sonst keine Vortheile darbieten, umgeben zu sehen; selbst an Thätigkeit gewöbnt. will ich auch meine Umgebung wo möglich thätig sehen. Eö war mir lieb, die Wirthschaft emes begüterten Kosaken kennen zu lernen. Das Wohnhaus stand, wie bei unsern Bauerngütern, mit der Vorderseite nach dem großen viereckigen Hofe. Die übrigen Wittbschaftsgebäudc zogt» sich ringsherum. Die Hauptbeschäftigung der Kosaken ist Viehzucht, während der Getreidebau nur so viel betrieben wild, als für den eigenen Gebrauch nothwendig erscheint. 133 Es gibt Kosaken, die Tabunen sPferdeheerdcn) von 1—200 Stück und 'WO—1000 Schafe besitzen. Der Rindviehzucht befleißigt man sich nur sehr wenig; man zieht, wie im ganzen Oriente, das Hammelfleisch dem Rindfleisch vor. Bequemlichkeiten, wie man sie namentlich jetzt in jedem Bauerbause in Mitteldeutschland sieht, findet man selbst bei dem begüterten Kosaken nicht. Hölzerne Bänke, ein Paar hölzerne Stüble, ein großer, weißer, meist aus Pappelholz verfertigter Tisch sind alle Möbels, welche man vorfindet. Spiegel, Sopha's und gepolsterte Stühle sucht man vergebens. Selbst für die Nachtruhe ist nur sehr wenig gesorgt. Kaum haben der Herr und die Frau des Hauses Matratzen, auf denen sie an eincr bestimmten Stelle scklafcn, wäbrcnd die übrigen Glieder der Familie und das (Gesinde sich meistens die Bänke, im Winter hauptsächlich die breiten Oefeu, zur Schlafstätte erwählen. Im Sommer, wenn es beiß ist, flicht man die Zimmer und sucht sich im Freien ein beliebiges Plätzchen, mif dem man die Nacht zubringt. Mir, dem vornebmen Gaste, wurde unter dem überbauten und luftigen simgangc ein nur wenig bequemes Lager bereitet; ich mußte mir aber dabei gefallen lassen, daß man in der Nacht und am ftübestcn Morgen über mich lünwegschritt, und selbst die ^ni des HauscS nichts Unanständiges dann sand. Mir war den Nachmittag noch hinlänglich Zeit, mich mit der nächsten Umgebung bekannt zu machen. Ich sab nur ein Paar Hirsefeldcr, wabrend sonst Tteppcnkrauter den Boden bedeckten. Leider aber batte das Vicb alles auf eine Weise abgefressen, daß ich außer Andorn und Wer-mutb nichts für mein Herbar sammln konnte. Uebrigens unterscheiden sich die Steppen Cisk^ulasicns von denen der 134 Kabarda nur durcb die geringere Ueppigkeit und frübzeitigere Hinfälligkeit der Vegetation. Die Ursache liegt an dem Mangel der nährenden Feuchtigkeit während der heißeren Jahreszeit. Die Nordscite der Malka liegt ein Paar hundert Fuß höber als die Südseite; die Erhöhung bildet aber keineswegs einen Höbcnzug und eben so wenig eine Hügelreibe, sondern es steigt nur sanft. Es sind Mcrgclschichten, die durch Waffer'angeschwemmt wurden, nicht aber sich aus diesem abgesetzt haben. Diese Erhöbung zieht sich längs der Malka fast bis zum Knban und wird allmablig nach Westen zu bedeutender; sie gestaltet sich jedoch zuletzt selbst zum Höhenrücken, der aber nun nicht mehr angeschwemmt ist, sondern sich durcb Niedcrschlag gebildet bat, und aus einem aus zahlreichen Muscheln zusammengesetzten tertiären Kalk besteht. Eine Menge Bäche und selbst Flüsse baben hier ibren Ursprung, verlieren sich aber zum Tbcil aus ihrem nordöstlichen Wege im Sande, während sich die übrigen mit der Kuma vereinigen. Wir blieben, als wir am andern Morgen weiter fnbren, nur noch 3 Stunden auf der großen Straße, und gingen von dem Kosaken dorse Mariinök, was an der Selmcka, einem Namen, den die Russen in Solka umgeändert babcn, liegt, in rein westlicher Ricbtung dem noch fast l> Meilen entfernten Pätigorsk zu. Die Steppe begann allmäbüg üppiger zu werden und erschien namentlich, als wir an den Pach l''tdka kamen, in ihrer ganzm Jungfräulichkeit, so daß wir auf dem Vagen über die ."» 7 Fuß bohcn Herakleen, Senecionccn, Alant, Malven nnd über das Zuckerrokr von Ravenna u. s. w. kaum hinwegsebcn konnten. Wir befanden uns allmäblig auf einem zum Tbcil sumpfigen, gewiß 135 gegen 1800 Fuß hohen Plateau, was dic früher bezeichnete und nach Norden zu abfallende Erhöhung darstellt, und erblickten plößlich das Fünfgebirge und die übrigen isolirten Gipfel eines jetzt nicht mehr zusammenhängende» Gebirges. Siebentes Kapitel. Die kaukasischen Dädcr, Schon zeitig kamen wir im Kosatendorf Gorätschc-wodsk id. h. Heißwasser-Dorf) an nnd erreichten bald darauf jenseits des Podtumok oder der kleinen Kuma die Kreis-und Badestadt Pätigorsk. Mein mir von der ersten Reise her schon bekannter Freund, l>,. Konradi aus li^>dingen, nahm niich in seinem Hause auf. Mit ihm wanderte ich a» demselben und dem folgenden Tage »ach den berübmten Schwefelquellen, die sich im Tüdosten der Stadt auf einer Vorterrasse des Masbuk, eines 2800 Fuß hohen Verges, be» finden. Die ganze Terrasse besteht aus Sinter und Tuff, den allmahlig das hier in starken unterirdischen Bachen fließende Mineralwasser abgesetzt hat. An verschiedenen Stellen kommt dieses zu Tage und wird zn Bädern benutzt. Bisweilen versiegt plötzlich eine Quelle, dagegen kommt eine andere, oft weit entfernt, zum Porschein. Jede uenc Quelle wird für besonders wirksam gehalten und von den Masten den andern vorgezogen. Das dem nnterirdi» schcn Wasser beigemengte Gas entweicht dnrch Spalten und Nisse, die von Zeit zu Zeit neu entstehen. Eine solche Spalte ziebt sich von West nach Ost mit geringer Neigung von Süden nach Norden durch die ganze'Vortcrrassc. Die stärkste Quelle hat vom» Kaiser Alexander den Namen erhalten, das Badegcbaude hingegen, was das Waffcr unten am Fuße der Terrasse sammelt und auf eine Menge Zimmer vertheilt, wird nach dem jetzigen Baiser Nikolaus genannt. Drei Kaskaden, von denen die mittclste unter der auf den Berg führenden Treppe liegt und ibr Wasser dcmnack die Wärme mehr zurückbalt, als die beiden seitlichen und nicht bedeckten, führten das Wasser der Quelle in das Gebäude. Die Temperatur des Wassers betragt zwischen 32 und 37 (und nicht, wie ich in der Beschreibung meiner ersten Reise gesagt habe, 57—58) Grad R. Es führt auch von der Stadt aus eine schöne Chaussee auf die Höhe der Vorterrasse. Da diese zum Theil in das Gestein gehauen war, unterschied ich zunächst einen dickten, von Gypö. Mergel und sinterartigen Stössen durchzogenen Kalktuss. Hier und da k,nn ein grünlich grauer und bisweilen schwärzlich gebanderter oder ein weißlicher Mergel-fchicfcr, der sich aber nickt mehr in seiner ursprünglichen Lage befand, sondern vielfach verworfen war, zum Vorschein. Dieser Mergelschicfcr ist in einigen Schluchten des Maslmk sebr deutlich zu seben und abnclt dem, den ich bei Tiftis beobachtete. Sonst bcstebt der ganze Berg aus einem verschiedentlich gcfarl'ten, baufig sebr dunkeln, aber mich wiederum sebr bellen Hall, der zur obern Kreide-formation gehört. Im ol'ern Drittel wird der Kalk auch thonbaltig und blättert sich, wie eö scheint, allmählig in den Mergelsckiefer übergebend. Die Ncgicrung, die in Pätigorök eine besl'iidcie Bade- !38 kommission eingesetzt hat, versäumt nichts, um die kaukasischen Bäder zu heben. Die Errichtung der Anstalten haben bereits ungeheure Summen getostet und nehmen noch fortwährend viel Geld in Anspruch. Tebr bübscke Anlagen ziehen siä, namentlich auf der Vorterraffe lnn, aber leider erfreuen sie sich keines besondern Gedeihens, denn mit dem Eintreten der wärmern Jahreszeit und eines seltenern Regens fehlt auch für die Vegetation die ernährende Feuchtigkeit. Die Kräuter und Gräser verdorren allmählig und der Poden erhält eine fahl- oder graugclbc Farbe. Anders ist es mit dem eigentlichen Mashuk, der namentlich auf der Nordostseitc schöne Matten, Gebüsch und selbst Haine, aus der Stieleiche bestehend, besitzt. Von Gehölz sah ich außerdem verschiedene Rose», die Zwergmispel, Nainweide, die blaubeerige Heckenkirsche, Gcrberstrauch, Hartriegel, das breitblätterige Pfaffenhütchen und den rothholzigen und gemeinen Kreuzdorn. Auf der bezeichneten Vorterrasse befinden sich noch mehre eingefaßte Quellen, von denen die beste ohne Zweifel die Tsabaneieff'scbe ist, weil sie unmittelbar aus der Spalte hervorquillt und wohl auch das meiste Gas enthält. Die Kalmücken- und Icrmoloff's-Duelle sind, obwohl die alte« sten, nicht sehr gesucht: dasselbe gilt von der Mickacls-Qnelle. - Patigorsk war der späten Jahreszeit wegen sehr wenig besucht; cs befanden sich nur einige Offiziere hier, welche eben aus dem Dbagestan gekommen und noch voll von ihren Erlebnissen waren. Die meiste» lttäste batten sich nach den Sauerwässcrn lKiSlowodS?) übergesiedelt, um dort nach über» standenem Gebrauch der hiesigen Tehweselwasser sich einer 139 Nachkur zu unterwerfen. Aber auch in Kislowodsk war die Anzahl dcr Badegäste nur gering. Wenn auch russische Berichte die Vorzüge dcr kaukasischen Bader im patriotischen Gefühle übertreiben mögen, so verdienen diese doch keineswegs so vernachlässigt zu werden, als es in der That geschieht. Der Regierung kann, wie schon angedeutet, kein Vorwurf gemacht werden; sie bat zur Hebung dcr Bäder getban, was sie vermochte. Die Ursachen liegen eines Tbeils in dcr großen Entfernung und in den dadurch bedingten Kosten, andern Tbcils aber in dem Mangel einer Bade-Ocsclligkeit. hervorgerufen durch die N strcng von cinander geschiedenen Klaffen. Die Entfernung von Petersburg bis nach Pätigorsk ist die Hälfte eines mitten durch Europa gebenden Durchmessers und beträgt ohngefabr so viel, als die Strecke von Berlin nach Madrid. Wenn man nun noch bedenkt, daß man wegen der bessern Kommunikationsmittel viel leichter alle deutschen Bäder besuchen kaun und deßhalb weit geringere Kosten hat. dafür aber mehr Annehmlichkeit und Beauemlichkeit erhält, so gehört schon viel Patriotismus da;u, wenn man den Besuch der kaukasischen Bäder dem der ausländischen vorzieht. Es kommt anch noch dazu, daß dcr Aufenthalt in einem deutschen Bade ebenfalls weit weniger lostet, der Mebrauch der ^äder in Pätigorsk hingegen sebr boch bezahlt werden muß. Noch wichtiger ist dic Geselligkeit und das freie ungezwungene Lebcn in einem deutschen Badeorte, Bedingungen, die man in den kaukasischen Bädern vermißt. Alle Aerzte stimmen darin überein, daß nächst dem Gebrauche des Mineralwassers für die körperlichen Zustande, die Umgebung im B^de auch wobltduend für lNeist und Gemüth 0l) Fuß. An Um schließt sich nordöstlich der Eiscnberg lThelcsnc«Gora) an, der wiederum mit dem im Norden den Kreis schließenden Tchlangcnberg (Smicwo-Gora ruff., Dsbilan«Tau tat.) in Verbindung steht. Dem letztcrn gegenüber jenseits der 142 Kuma erhebt sich der Kumberg. Im Osten befindet sich, zur Hälfte von der Podkumok umftossen, und auf seiner Südseite: der Fucbsbcrg (Baralyk tat., Lißaja-Oora rnss.) vollkommen isolirt und durch den genannten Fluß sowohl vom Masbuk. als vom Echlangenberg geschieden. Den Hauptknotcn dieses Kreises bildet jedoch der Besck-tau. Er hat nach Norden eine bedeutendere Ausdehnung und hängt daselbst mit andern ihm aber an Größe sehr untergeordneten Bergen zusammen. Selbst der kumberg (Kum-ttjora der Russen), der jenseits der Kuma am Einfluß des Kuma-Vorßuk liegt, muß als zu ihm gehörig betrachtet werden und wird auch in der That nur durch den Kuma« und den Scklangcnberg getrennt. Nie der Beschtau und dessen Ncbcnbcrgc besteht er aus einem eigenthümlichen weißen Trachyt, wie ick ihn nirgends im Kaukasus gesehen habe. Ein rostfarbener, mehr porphyrartiger Trachvt bildet den Eisenbcrg, der übrigens eben so, wie der Beschtau nnd der Kumberg, mehre felsige Spitzen besitzt und in seinem obern Drittel zerrissen erscheint. Die im Norden und Westen bcsindlickeu Berge bestcben aus einem grauen oder graugrüülichcn Kalt, der allmäl'lig in Mergel übergeht, und haben ein gezogenes oder abgerundetes Ansehen. Nenn man sich einen Ueberblick über die wellenförmige Ebene, welche sich am Nordfuße des Kaukasus ausbreitet, verschafft, so findet man sie im Osten wenig über den Spiegel des täppischen Meeres erbaben. Sie zieht sich ziemlich gleichmäßig bis zum Einfluß der Malta in den Terek bin und hat bicr kaum eine Höhe von 300 Fuß. Der dicht mit Salz geschwängerte Boden beweist, daß dieser Theil der Ebene, der bei den Tataren den Namen Dcsht- <43 Kiptschak führt, am Längsten noch vom Meere bedeckt gewesen ist. Von dem Einfluß der Malta, an erhebt sich die Ebene rascher, so daß sie bei Pätigorsk schon fast 1000 Fuß höher liegt. Während sie im Osten sich weit über die Kuma nördlich erstreckt und fast nirgends eine Erhöhung zeigt, erhebt sie sich im Westen allmählig zu einem wellenförmigen Plateau von 1800 und W00 und wahrscheinlich selbst nocki mehr Fuß Höbe. Das obere Gebiet der Kuma bildet noch eine Bucht, die sich nach 3 Seiten hin in dem Plateau verliert. Dieses selbst beginnt im Ostcn mit dem östlichen Ufer der Kuma, die in östlicher Richtung aus der aufsteigenden Bucht fließend, am Ende derselben sich nördlich wendet, und bat aus dem sogenannten Schebkaragatsch sciuc höchste Stelle. Wahrscheinlich senkt das Plateau sich im Westen gegen den Kuban hin nur wenig, und seht sich jenseits desselben im Gaue der beiden jenseitigen Noghaier-ftännne Manßur und Nauruß fort. Das besagte Plateau reicht nordwärts bis in die Ebene 4 Meilen ienseits Stauropol, das Land senkt sick aber immer noch bis zur Manytsch etwas. Es ist wahrscheinlich, daß es in frühern Zeiten, wenigstens zum großen Theil, mit Wald oder Gehölz bedeckt gewesen, da eine Reihe von Namen, welche die Russen aus der Sprache der Eingcbor-ncn und von der Umgegend auf von ihnen angelegte Dörfer und Befestigungen übertragen haben, wie Temnolcsk, Woroffkolesk und Krugolcsk, die Orte am finstern, Räuber-und runden Walde bedeuten, die Existenz früherer Wälder anzeigen. Der Name Schcb-Karagatsch (Schwarzwald), den die Noghaicr den höchsten Gegenden des Plateau's beilegen, deutet ebenfalls darauf hin. Potocki spricht mit Gästen gut unterzubringen; es sind deßhalb viele gezwungen, in den keineswegs eleganten, aber sehr einfachen Bauerhäuscrn der nabm Stanitze ihre Zu« flucht zu nehmen. Leider liegt diese auf der Höhe und die Patienten werden durch das Herab- und Hinaufsteigen zu sehr in Anspruch genommen. Auch das Badchaus entspricht mit seinen 14 Wannen den Anforderungen durchaus nicht. Obwohl die Regierung schon seit sehr langer Zeit das Geld zu einem steinernen Bau bewilligte und dieses sogar bereit liegen soll, so bat doch nur einer der frühern Statthalter erst den Grund gelegt, ist aber bald darauf abgerufen worden. Leider setzt in Rußland in der Regel kein Stattbalter etwas fort. was sein Vorgänger begonnen, und so ruht auch der Bau des angefangenen Badchauses. Jeder will nur Neues schaffen. So wurden mit ungeheuren Kosten in Trcmskaukasien Städte angelegt, die schon nach wenig Jahren wiederum ihrem Verfall entgcgen gingen. Mitten in dem freundlichen mit allerhand Gebüsch und Bäumen bepflanzten Kessel befindet sich die starke Quelle, welche den N^men Nar-Sana. d. i. (Hcistergetränk, führt, und in ihrem Auftreten sehr viel Nebnlichkcit mit dem Kissinger Ragohi darbietet. Das Wasser bescht eine so große Menge von Kohlensaure, daß es auf die Zunge unangenehm stechend einwirkt. Sonst scheint es dem Wasser von Selters ähnlich zu seyn, aber wiederum schmeckt auch das Eisen vor. Es wird auch auf Flaschen gezogm und versendet, allein der weite Transport macht es theuer, zumal die Anschaffung der Flaschen in diesen entlegenen Gegenden ebenfalls den ursprünglichen Preis erhöht. Da 153 aber der Kaiser auch hier Patriotismus verlangt, so sind in Petersburg und Moskau Niederlagen errichtet, wo man das Waffer um viel Geld beziehen kann. Man erzählte mir aber in Petersburg und Moskau, daß man in der Regel nur Selters'sches Wasser erhielt, weil dieses sich nicht allein leichter beziehen lasse, sondern auch wirksamer sei. In Begleitung des jovialen Dr. Konradi reiste ich nach einem Aufenthalte von einer Woche nach Stauropol, der Hauptstadt Ciskankasiens, ab. Dr. Konradi wollte nach Mohileff am obern Dnjepr, um seinem dort vcrbeirathetcn Sohne zwei Erbleute, oder wie man in Nußland sagt, zwei Menschen zuzuführen. Daß die Leibeigenschaft, dieser Schandfleck Rußlands, noch existirt, kann nicht dem Kaiser zum Vorwurf gemacbt werden; mehr als einmal suchte er die schmählichen Fesseln zu brechen, fand aber an seinen Großen den hartnäckigsten Widerstand. Trotz dem ist aber der Kaiser stets bemüht, das Loos der Unglücklichen zu mildern und sie der Freiheit allmählig zuzuführen. So dürfen die Söhne und Töchter ihren Eltern nicht mehr entrissen werden. Ferner verbietet seit dem Jahre 1833 ein Ukas (kaiserlicher Befehl) allen Edelleuten, welche nicht Land besitzen, den Besitz von Leibeigenen, gewiß ein wohlthätiges Gesetz, was die Leibeigenschaft doch milder als die Sklaverei macht. Leibeigene, die solche Herren besitzen, fallen nach deren Tode der Krone anheim und haben als sogenannte Kronbauern im Allgemeinen ein unendlich besseres Loos. Achtes Kapitel. Ktauropol und die kaukasische Linie. Der zärtliche Abschied, den die Leibeigenen von ihrem Väterchen — der allgemeine Name für den Herrn — nahmen, der Kuß, den alle der Reihe nach erhielten, hat etwas Rü'hrendes und mich schon manchmal bestochen. Es ist der Balsam, mit dem man das Uebel versüßt, aber nicht hebt. Wahrend ich bis jetzt meine Reift im Oriente zu Pferde oder auf den Körper erschütternden Postwagen gemacht hatte, fuhr ich jetzt neben meinem Freunde Konradi in bequemer Kutsche und versehen mit allen möglichen Vorräthcn bis nach Stauropol. Sonderbar, daß Vequcm» lichkeit und gutes Leben in der Regel den Menschen gegen alles Höhcrc gleichgültiger machen und namentlich den forschenden Gcist herabstimmcn. Während ich auf dem harten Postwagen nnd kaum oder wenigstens nicht durch Delikatessen gesättigt beständig in mir den Trieb zur Erforschung meiner nächsten Umgebung fühlte und mein Geist unauf» hörlich die erhaltenen Eindrücke zu einem Ganzen combi-nirte, so freute ick) mich umgekehrt auf dem ganzen Wege <»» bis Stauropol nur des weichen und bequemen Sitzes und labte mich an den gnten Speisen und Getränken, die die haushälterische Tochter meines Freundes uns mitgegeben, aber der Trieb des Forschens wich in dem Maße, als ich nüch behaglich fühlte. Während ich selbst noch in der neuesten Zeit von Ickaterinograd bis Pätigorsk Pflanzen gesammelt und den Boden untersucht hatte, so geschah jetzt von alle dem bis Ttauropol nichts. Ich habe manchmal im Oriente die geringen Hilfsmittel beklagt, die mir zur Erforschung der von mir durchreisten Gegenden zu Gebote standen, und mir vorgerechnet, was alles noch Hütte bei etwas weniger mehr Geld geschehen können; bedenke ich aber, wie wenig ich von Pätigorsk bis Stanropol that, und daß ich allein an wissenschaftlichen Resultaten keiner noch so kostspieligen Expedition nachstehe, so mildert mir dieser Gedanke den Schmerz, daß bei bessern Umständen noch so unendlich mehr für die Wissenschaft liätte geschehen können. Der Postweg von Pätigorsk nach Stauropol führt ostwärts nach der frühern Kreisstadt Oeorgicffsk. von deren Bedeutung und Größe man früher sich übertriebene Hoffnungen machte, die aber nichts destowcniger ein unansehnlicher Ort geblieben ist. Mit Postpfcrdcn ist man sonderbarer Weise slant Vorschrift) gezwungen, dahin und von dort erst nach der nächsten Station AleiMdriiök zn fahren. Diese liegt aber auf direktem Wege 3 Stunden näher als Georgieffsk, so daß man im Gan;en einen Umweg von 7 Stunden zu machen gezwungen ist. Ich kann keinen andern Grund dieser sonst unerklärlichen Vorschrift mir denken, als daß man den Posthaltcrn in Gcorgicffok eine bessere Einnahme zuwenden will. Diese ist aber wiederum illu- 156 sorisch, denn man miethet sich dann lieber ein Dreigespann direkt nach Ale^andriisk, oder bezahlt das Postgcld in Pätigorsk, als wenn man über Georgieffsk gehen wollte, und fährt direkt nach Aler'andriisk. Dergleichen begegnet man in Rußland sehr häusig, und ich mußte oft 4 Rubel bezahlen, obwohl die Länge des von mir gegangenen Weges nur die Hälfte beansprucht hätte. Die Entfernung bis ?ller,andrii6k beträgt übrigens 9 Stunden. Zum 'i Jahren mitten in die Wälder der mohammedanischen Tschetschcn errichtet wurde, so war Stau^'pol, die Stadt des Kreuzes, das Panier des slbristcittlnmw mitten unter dem Islam fanatisch ergo benen Noghaiern. Ttaurovol ist Oouvernementsstadt, besitzt aber als solche nock keineswegs die Bedcntung, die sie als solche haben müßte. Kaum zählt sie .'5000 (Anwohner, die aber nur zum kleinern Tbcile aus Handwerkern und Kaufleuten bestehen. Militär und Beamte machen den größten Theil der Bevölkerung aus. Die Stadt battc übrigens seit dem Jahre Itt^«, wo ich zum letzten Male hier war, sehr gewonnen, denn eine Menge steinerner Häuser ersetzten die frühern von Holz; außerdem waren noch manche im Bau begriffen. Fast ohne Ausnahme hatte man die Dächer mit grünangcstrichcnem Blech gedeckt, was ihnen ein cigenthüm« 198 liches Ansehen verlieh. Stauropol besteht eigentlich nur aus einer sehr breiten Straße, die sich an einer Höhe hinaufzieht. Unten ist eine Stanitze, die ebenfalls Stauropol heißt, oben hingegen die Veste. Auf der Höhe lehnt sich die Stadt an einen freundlichen Eichenwald an, der aber kaum ein vierzig Jahre alt seyn konnte. Es ist dieses der einzige, den ich auf dem ganzen ciskaukasischen Plateau gesehen habe. Man war eben im Begriff, bei Stauropol eine deutsche Kolonie anzusiedeln. 18 Familien waren zu diesem Zwecke aus Preußen angekommen, wohnten aber einstweilen in elenden Erdhütten. So sehr man auch jetzt in Nußland den Deutschen abhold ist, so bedient man sich doch allenthalben da der Deutschen, wo Betriebsamkeit, Ausdauer oder Kenntnisse nothwendig sind. Wo in Cis- und Trans-kaukasien große Städte bereits cxistirten oder im Entstehen waren, wie Tiflis, Schemachi, Abbas-Tuman. Elisabctbovol und PatigorSf, hat man auch deutsche Kolonien augesiedelt, deren Bewohner die Städte namentlich mit Gemüse, Milch und Butter versorgen. Man bat hinlänglich die Erfahrung gemacht, daß russische Kolonien nirgends auch nur im Entferntesten den Deutschen entsprochen haben. Obwohl nun das deutsche Element seit Iabrhunderten für Rußland unendlich wohlthuend war und im Staats-, wie im Volksleben die größten Vortheile brachte, so hört man namentlich seit einem oder zwei Iahrzeheuden in Rußland täglich Schmähungen gegen die Deutschen: man will nicht mehr dic Wol'ltbatcn oder nach russischen: Sinne die Herrschaft eiues fremden Volkes ertragen und glaubt sich, was Niemand bestreiten wird, allem berufen, die Zügel der Regierung in die Hand zu nehmen. Die Regierung war und ist allerdings vor- 159 herrschend in den Händen von Personen, die zwar deutsche Namen führen, aber nichtsdestoweniger Russen sind und wahrhaft russische Gesinnung haben; man zog solche Männer nicht ihrer Abstammung halber vor, sondern weil sie in der Regel die bcfähigtern und die kenntnißreichern waren, schloß aber damit keineswegs russische Namen aus. Man frage einmal die Geschichte. Schon Johann Waßiljewitsch IV., gewöhnlich der Gransame genannt, zog eine Menge Fremde nach Rußland, und legte dadurch den ersten Keim zu einer Annäherung an das übrige Europa. Peter der Große und alle seine Nachfolger erkannten mit sehr kurzen Ausnahmen bis auf Peter lll. die Nothwendigkeit, Rußland durch Fremde, namentlich durch deutsche Bildung, rascher der Civilisation zuzufübren. Die Einverleibung der deutschen Ostseeprovinzen begünstigte den deutschen Einfluß. Wäre Peter III. nicht russischen Intriguen unterlegen, so würde allerdings Rußland kcin vorherrschend russischer Staat geworden seyn; aber grade die deutsche Katharina !>., die ihrem Wundarzte während eines Aderlasses zurief: „nehmen Sie mir alles deutsche Blut" war am Wenigsten deutsch, am Meisten russisch. Von da an kann man dasselbe von allen Deutschen sagen, die eine hohe Stellung in Rußland inne hatten. Sie sind die größten Widersacher des deutschen Einflusses und befördern das Russcnthum mehr als die Nationalrussen. Iermoloff hatte sehr Unrecht an Alexander die ironische Bitte: „Machen Sie mich zu einem Deutschen," zu stellen. Richtiger bätte er vielleicht um einen deutschen Namen, der allerdings mehr Kenntnisse voraussetzt, gebeten. Das ist aber grade der Punkt, der den Haß gegen alles Deutsche hervorruft. Es ist ein bitteres Gefühl, daß 160 die Deutschen und die Russen mit deutschen Namen im Durchschnitte mehr Kenntnisse besitzen und dadurch zn höhern Stellen bcfäbigt sind. Ornsicr, Armenier, Tataren, Kalmücken. Baschkiren, Anraten und sonstige Repräsentanten der zahlreichen, die Oberherrschaft des russischen Kaisers anerkennenden Völker, die alle unbedingt auf einer niedern Stufe der Kultur stehen, russifiziren schnell ihren Namen, weniger um ihre Abstammung als solche zu verhüllen, als vielmehr, um mit russifizirten Namen größere Ansprüche auf Bildung zu machen. Grade in der hoben Aristokratie Rußlands gibt es die wenigsten Nationalrussen; diese besteht zum Theil aus Häuptlingen wenig bekannter Stämme finnischen und türkischen Ursprunges, denen sich eine Menge Fremder, die eingewandert waren, angeschlossen haben. In Rußland selbst bat man sich die Mübe gegeben, den Ursprung der russischen Großen aufzuklären; aus dem Verzeichnisse wird man meine Behauptung bestätigt finden. Ich könnte noch andere Namen bmzufngen, die man in dem Verzeichnisse Übergängen. So bat der berübmte Suworoff einen schwedischen Ursprung. Obwobl alle Nationen siuropa's, vorherrschend aber Deutschland, sich um die Kultur Nußlands sehr verdient gemacht haben, so ist doch Nußland noch keineswegs auf der Stufe, daß es sich ohne die sogenannte» Fremden einer böbern ivivilisation zuführen, daß es auf eigenen Hüften sieben könnte. Völker bedürfen sich übcrbaupt gegenseitig, den» grade gegenseitige Verükrung bildet mehr als alles Andre und bindert die Einseitigkeit mit allen ihren traurigen Folgen, wie sie z. B. in llhina vorliegen. Am Allerwenigsten kann in einem Lande, wie in Nußland, von nationaler Entwickelung die Rede seyn, wo eine Menge der verschiedenartigsten Völker zusammen« 161 gewürfelt sind und kein Nationalcharakter hervorzutreten im Stande ist. Rußland braucht sich auch gar nicht der fremden Elemente zu schämen, am Allerwenigsten hat es Ursache, sich gegen den Einfluß europäischer und vorherrschend deutscher Kultur zu wahren, da es mit diesem sich selbst nur rascher der Civilisation zusührt und später mit den übrigen Nationen wetteifern kann. Grade durch die Renitenz entfremdet sich Rußland auch den Sympathien der andern Völker Europas und isolirt sich, anstatt sich anzuschließen. Leider war die Jahreszeit doch schon zu spät, um die hiesige Vegetation der Umgegend von Stauropol kennen zu lernen. Nur wenige Herbstpflanzcn, wie Ttaticen, Astern und Senecionecn fand ich noch im Blüthe. Selbst der nahe Wald zeigte mir nur die Goldruthe und einige Wicken. Desto mehr konnte ich dem Terrain meine Aufmerksamkeit zuwenden. Es interessirtc mich denselben tertiären, aber einer ältern Formation gehörigen Kalk. wie ich ihn bei Baku und bei Derbend gesehen, hier von Neuem anzutreffen. Wie dort war er grobmuschelig und erschien ebenfalls zum Theil als Konglomerat. Weniger fand ich ihn mit dem Kalke der Krim übereinstimmend, da er ohne Zweifel auch nicht derselben Zeit seine Entstehung verdankt. Der stauropoler Kalk hat ein graugelbliches oder gelblich-weißes Ansehen, ist fester und zerbröckelt sich deßhalb auch weit weniger. In der Krim besitzt er im Durchschnitt eine blendend weiße Farbc und wird schon dadurch, auch wenn er nicht so stäubte, den, Auge im hohen Grade empfindlich. Leider war ich, um meine Papiere in Ordnung zu bringen, gezwungen, bis den andern Tag Mittag in Stan-ropol zu bleiben. Die Behörden kamen mir allenthalben 11 162 auf das Freundlichste entgegen und namentlich bemühte sich der Civilgouverncur Ravarti, mir den Aufenthalt so angenehm als möglich zu machen. Den 9. September verließ ich Stauropol, wo ich schon 1838 so angenehme Tage verlebt hatte, und trennte mich, da ich den Weg nach dem Kuban einschlug, von meinem Freunde Nr. Konradi. Ich ging am 9. September den Weg nach dem Kuban, um die dortigen Linicnkosaken näher kennen zu lernen und Nachrichten über die Tschcrkeffen einzuziehen. Der Kampf mit dem zuletzt genannten Volke ist für den Augenblick, wo ganz Europa mit sich selbst beschäftigt ist, und die Russen im Osten des Kaukasus einen kühnern Feind gefunden haben, in den Hintergrund getreten, wird aber ohne Zweifel in den nächsten Jahren schon wieder-die Bedeutung erlangen, die er bereits seit einigen Jahr-zchendcn hatte. In Europa wirft man gewohnlich alle Kaukasier unter dem gemeinschaftlichen Namen Tscherkejscu zusammen und selbst russische Kriegsberichte nennen den Tschetschen Schamil einen tscherkessischcn Häuptling. Es ist ein Glück für Rußland, daß der Kaukasus nicht von einem Volke bewobnt wird und daß die 7 in Sprache und Abstammung verschiedenen Völker durch kein gemeinschaftliches Band verbunden sind und sich selbst gegenseitig mißtrauisch betrachten. Bis zum Iabrc l8:;tt battc Nusiland hauptsächlich die unbändigen und freiheitsliebenden Tscher-kesseu bekämpft: es glaubte, mit deren Unterwerfnng würde die der andern Voller von selbst folgen. Man batte nicht so Unrecht, denn die Tscherkessen besaßen früber eine Tu-prcmatic über den ganzen KanlaM und wurden sogar von mehrern Stämmen als die eigentlichen Herren anerkannt. Ein tschelkcssischer Edelmann verbeiratl'cte sick mir 163 mit der Fürftentochtcr eines andern Volkes, deren Vater sich selbst dadurch noch geehrt fühlte, wahrend ein tscher-kessisches Edelftäulein sogar selten einem tschctschischen Fürsten die Hand reichte. Es ist mebr als wahrscheinlich, daß der jetzige Fanatismus und Russenhaß der östlichen Kaukasus-Bewohner, der mohammedanischen Lesghier und Tschetscheu, eben so durch türkische Intriguen während des letzten russisch-türkischen Krieges angefacht wurde, wie frnbcr in der zweite» Hälfte des vorigen Iahrhundcrtes. Damals fanatisirtc der von den Türken unterstützte Scheich Manßur die Kaukasier gegen die Russen. Wäbrend des russich-türkischen Krieges war es Mohammed Effendi, Murschid (d. h. Religions-lehrer) der dagbestanischen Gaue Kurälc und Tabaßcra», der vorherrschend den schon vorhandenen Haß seiner Landsleute gegen die Christen und namentlich gegen den Erbfeind ihres Glaubens, gegen die Rnssen, zur hellen Flamme anfachte: Kasi Mollab begann aber zuerst den verwegenen Kampf eines Häufleins kaukasischer Fanatiker gegen die russische Uebermacht. Zehn Jahre hat der Kampf seitdem im Osten gedauert: die Russen haben ungeheure Streitkräfte entfaltet, aber noch kein Strich Landes, den die Letzter« nicht schon früber besaßen, ist erobert. Im Gegentheil hat Schamil, die jetzige Seele des ganzen Widerstandes, mehre lNauc i„t Besitz, die früher die russische Oberherrschaft anerkannten. Vergebens hat Schamil versucht, die Tsclierkcffen zu gemeinschaftlichem Handeln mit ihm zu bestimmen, vergebens hat er durch seinen Einfall in die Kabarda sie dazu geneigt zu machen versucht, vergebens hat er seine glühendsten Redner nach Tscherkessien gesendet: die Tscherkcssicn wie- l l' 16i sen alle Anträge zurück und wollten eben so wenig die Autorität eines ihnen keineswegs ebenbürtigen Häuptlings, als die des russischen Kaisers anerkennen. Doch zu spät werden sie dereinst ihre Ruhe und Gleichgültigkeit bereuen. Russischerscits hatte man richtig das ganze schwere Gewicht einer solchen Verbindung anerkannt und deßhalb kein Mittel unversucht gelassen, um sie zu hintertreiben. Kein Geld wurde gescheut. Woronzoff hob selbst das Verbot des Sklavenhandels auf; wie früher gehen wiederum Schiffe mit schönen cireassischen Mädchen und Knaben nach der Mutter der Welt, Konstantinipel, wohin sie sckon unter den Byzantinern gegangen waren. Und doch war es gerade der Sklavenhandel der Tscherkessen, den Rußland durch seinen Kampf mit diesem Volke auf dem schwarzen Meere hindern wollte und der dem Kaiser das materielle Recht zur Anlegung mcbrcr festen Plätze auf feindlichem Grund und Boden verleihen sollte, um seinem edcln Motive mehr Nachdruck zu geben. So war es aber grade das cdelc Motiv, was Rußland zum Kampfe bestimmte, jetzt aber in den Hintergrund getreten ist. Rußland sab sich schon in den frühesten Zeiten gezwungen, nach Osten und Süden vertheidigte Linien zu ziehen, vm seine Vewobner gegen die Einfälle der Tataren, Kalmücken. Tscherkessen nnd anderer Völkerschaften zu schützen. Eine solche Linie wurde durch die Don'schen und Wolga-Kosaken vertheidigt. Je mehr Rußland seine Mackt namentlich im Süden vorschob, um so viel wurden auch dic Linien versetzt. Kurz nach der Errichtung der ersten kaukasischen Linie längs des Terck von seiner Mündung auf» wärts bis Mosdok und Iekatennograd und dann nord« westlich bis an den Don unterwarfen sich die tuban'schen 163 Tataren und so wurde die kaukasische Lime im Westen sogleich bis an den Kuban vorgerückt. Eben so benutzte man einige Jahre später die Empörung der Kabarder, um zwischen Terek und Kuban die Linie bis zur Malka vorzuschieben. Eine neue Empörung desselben Volkes gab 1822 Veranlassung, daß auch am Fuße der schwarzen Berge, also innerhalb der Kabard a, eine zweite, die innere kabar-dische Linie, angelegt wurde. Die Versuche im Süden des Kuban, ebcnsalls eine zweite Linie zu gründen, wurden seit den dreißiger Jahren mehrmals gemacht. Auch hier glaubte man sie längs des Fußes der schwarzen Berge ziehen zu müssen, scheiterte aber namentlich im Westen an der Hartnäckigkeit der Tschcrkcssen. Die Verbindungslinie zwischen dem Lande der Kosaken am schwarzen Meere (Tschernomorzen) und Gelcndshik, einer frühern Fcstnng am Meere, mußte ebenfalls wiederum aufgegeben werden. Seit einem Iabrzebcnd versuchte nian nun die Laba, welche nordwestlich dem Kuban zufließt, als Linie zu benutze» und hat auch bereits die Nordostscite dieses Flusses durch zwei Kosakenregimenter und mehre Festungen geschult. Die friedliche Stimmung der Bewohner der großen Abaßa machte sogar eine Fortsetzung der Labalinic jenseits der schwarzen Berge möglich. Man hoffte dadurch bmiptsächlich die Unterwerfung der geflohenen Ka-barder, die die schwarzen Berge selbst bewolmcu, zu er» zwingen, aber die Russen konnten nur eine Befestigung behaupte». Um die Verbindungen der Tscherkcssen mit der Seeseite, von wo aus diese namentlich durch die <'»glä»der mannigfache Zufuhr erhielten, abzuschneiden, wutdc vom Jahre 1830 bis l«39 auch eine Fcstungölinic längs der Küste 166 in Ausführung gebracht. Man benutzte die bereits vorhandenen Befestigungen und legte eine Reihe neuer an. Die ganze Linie vom Ausfluß des Kuban bis zur türkischen Gränze wird in i Abtheilungen gebracht. Von der dreifachen Linie im Osten, der Linie längs des Terek, der längs der Tsunsha nnd der am Fuße der schwarzen Berge habe ich fchon gesprochen. Es bleibt mir nur noch Einiges nber die militärische Anordnung im Norden des Kaukasus zu sagen übrig. Die Gegend am Terek bildet die linke, die am Kuban hingegen die rechte Flanke, während das Centrum südlich und nördlich von der Malka liegt. Hauptort der linken Flanke ist: Orosnaja an der Ssunsba, der rechten: Protfch-noi-Okop und des Centrums: Naltschik in der Kabarda; der Chef der ganzen Linie hat seinen Sitz in Stauropol und steht unter dem Befehl des Oberbefehlshabers der kaukasischen Truppenkontingente, der zugleich Gcneralgouver-neur im kaukasischen Isthmus ist. Die Linie längs des schwarzen Meeres und das Land der tschernomorischcn Kosaken haben ihre eigenen Befehlshaber, die unabbängig von dem in Stauropol sind. Die Vertheidigung der Linien geschieht durch Linienmilitär und durch Kosaken. 12 LinicnbatMone und 2 Kompagnien bilden die Besatzung der Festungen am schwarzen Meere, 9 stelle» die tschernomorischen Kosaken, und 13 sind in den Festungen vom schwarzen bis zum kasvischen Meere vertheilt. Außerdem befinden sich namentlich zur Führung des Krieges die 19. nnd 20. Division, jede aus 4 Regimentern bestehend, ein Dragoner« Regiment, ein Ncserve-Sappeurbataillon, cine halbe Berg- 167 eskadrou und die 19. und 20. Artillerie-Brigade im Norden des Kaukasus. Das irreguläre Militär besteht aus Kosaken und zwar aus 12 Regimentern vom Don. aus 12 Regimentern mit einer Artillcriebrigade von Tschernomo-ricn und 19 Regimentern mit einer Artilleriedivision der kaukasischen Linien. Neuntes Kapitel. Ucisl lnngs dc? Kuban. Mach dieser für die Oricntirung nothwendigen Abschweifung kclne ich zn der Beschreibung meiner Reise zurück. Der Weg führt m nord-nordwestlicher Richtung auf der Höhe des Plateau'S noch gegen 7 Stunden bis zur Station bei der Rashestwenskaja Stanitze, wo die Ebene beginnt, aber doch immer etwas geneigt nach dem asoffschen Meere abfällt. Von mm cm flogen die Pferde rascher dahin, so daß ich an demselben Tage noch <ü Stunden zurücklegte und dem ttosakendorfe zur ncucn Drei» eimgkcit (Nowotroizs) vorbei nach Neu-Alcxandroffsl kam, um daselbst zu übcrnaeliten. Wie der Name des makedo-niscben Alexander im Oriente eine Zeit lang allgemein zur Benennung nen angelegter Städte benutzt wurde, so dient derselbe Name des verstorbenen nissischen Kaisers (oder des berühmten Helden Alexander Nefföty) jetzt in Rußland und namentlich in den kaukasische,! Provinzen, um neu ange» legte Dörfer, Befestigungen und Städte zu benennen. Wir haben schon Alexandria und Aler.androffsk kennen gelernt, außerdem wiederholt sich jedoch die Benennung noch ver» 469 schiedeue Mal. Aber von all den Alexanderorten der jetzigen Zeit hat nicht cin einziger auch nur die geringste Bedeutung erhalten, was grade bei denen der vorchristlichen Zeit umgekehrt der Fall war. Ob die Festung Alexandrapol, die übrigens nach der jetzigen Kaiserin Alexandra (Charlotte) ihren Namen erhalten hat, dereinst eine größere Bedeutung erlangen wird, müssen wir sehen. Noch häufiger als den Namen Alexander hat man Georg, den Schutzheiligen Rußlands, zur Benennung von Orten benutzt. Am andern Morgen fuhr ich dem wegen der bei diesem Flusse häufig vorkommende» Ucberfällc der Tscherkessen ge-fürchtcten Kuban zu, und erreichte ihn, nachdem ich einen Weg von 8 Stunden zurückgelegt hatte, bei der Stanitze Temischbergsk. Ich fand die Ufer auf der linken oder Nordseitc des Flusses ziemlich hoch, während sich auf der andern Seite eine Ebene, zum Theil mit Wald und Gebüsch bewachsen, bis zum Fuß der Vorbcrge dahin zu ziehen schien. Das erhöhte Ufer bestand auf gliche Weift aus verwittertem Mergel und Lehm, wie im Süden des Kaukasus in Sckm'wan und Scheli. Es ist in der That interessant, daß dic Verbältnisse im Nordwest und Südost so sehr mit einander übereinstimmen. Nach Norden zu fällt das erböbte Ufer nur allmäblig ab und besitzt cine Menqe Quellen, die kleinern Ttevpenftüssen hinlänglich Nahrung gebe». Einige dieser Flüsse verlieren sich stets in der Stevve, andere nur im Hochsommer. Das ist die Ursache, warum alle Karte» in Betreff der Flußaufzcich-nungen nicht mit einander übereinstimmen, ie nachdem die Aufnabmc im Früblingc oder im Herbste geschah. Von Temischbcrgsk aus machte ich von meinem Atkry-tilift oder offenen Befehle Gebrauch und beanspruchte die 170 vorgeschriebene Begleitung von 5 Kosaken. Der Icßaul (militärische Ortsrorstcher) sah mich, der allein, also ohne Bedienten kam. über die Achseln an und schien sogar zu glauben, daß solche Papiere unmöglich einem Fremden, der ohne Bedienten reiste, der uicht einmal den Stanislaus« Orden besaß und wahrscheinlich zur letzten Nangklassc gehöre, also ohne alle Bedeutung seyn muffe, ausgehändigt worden wären. Als ich ihm aber eine Reihe von Befehlen, zum Theil noch aus der Türkei, vorzeigte, schüttelte er den Kopf und stellte die Frage an mich, ob denn in Preußen auch jeder Ruffe so geehrt würde, wie leider in Nußland iedcr noch so unbedeutende Prcnßc. (5r meinte, daß die militärische Begleitung weniger der Sicherheit als vielmehr der (5lire wegen gegeben würde, und glaubte deßhalb mir schon genug Ehre angethan zu haben, wenn er einen einzige» Kosaken zu meiner Begleitung beorderte. In Betreff der Tschcrkeffen-Ueberfälle fügte cr noch hinzu, daß es damit gar nicht so schlimm sey; cr könne mit Bc-stimmtbeit versichern, daß seit vielen Jahren kein Ueberfall geschehen sey. Man müsse sich nur vor Wegelagerern hüten, die sich namentlich im Schilfe des naben Kuban versteckt hielten. Es war mir doch lieb, daß Nagner'S Buch „der Kaukasus und das Land der Kosaken" damals noch nicht existirte. Der Verf. eben gcuannter Schrift erzählt darin keineswegs für einen Reisenden jener liegenden erbauliche Dinge; selbst bei Ttamm Manzut, der das obere Gebiet des Iegorlük bewohnt, darf mit seinen Hecr-den ebenfalls nicht bis hierher kommen. Die Gegenden auf beiden Seiten des Kuban von seiner letzten nordwestlichen Richtung unweit Temischbergsk wurden bis zur Ankunft der Timur'schcn Horden, also bis in das >3. Jahrhundert, von Tschcrkcssen bewohnt, von da an aber von Tataren-Stämmen eingenommen. Es ist wabr-scheinlich, daß diese Tataren, welche später nach einem berühmten Häuptlinge, Nogbai, der hier für seine Lebenszeit sich ein mächtiges Reich geschaffen, den Namen der Noghaier erhielten, nur zum sedr geringen Tl'eil aus den Ländern jenseits der Kaspisec mit Timur gekommen sind, sondern zum großen Theil aus den ursprünglichen Bewohner» des Landes bestehen. Das heutige llistautasic», 172 einen Theil des Landes der Don'schen Kosaken und die ganze Nordküste des asossschen und schwarzen Meeres bewohnten bis auf Timur die Romanen, cm Volk, was wahrscheinlich von der Kuma seinen Namen erhalten, oder ihn diesem Flnsse gegeben hat und in den russischen Annalen als Poloffzer aufgeführt wird. Die orientalischen Schriftsteller nennen sie Kbaptschakb lKiptsebak). ein Name, dessen sie sich noch zur Bezeichnung der russischen Tataren bedienen. Nir wissen nur von 40000 Komancn des beutigen Nenrußlands, daß sie ihr Vaterland verließen und nach Ungarn zogen, wo sie noch jetzt in der Thcißebenc wohnen: die übrigen bingegen blieben zurück, aber nicht sie sind, sondern ibr Name ist seitdem aus der Geschichte verschwunden. <5s ist nicht anzunehmen, daß die wilden Horden des Timur alle zurückgebliebenen Bewohner ssis-kaukasiens niedergemetzelt babcn, aber es spricht die Wahrscheinlichkeit dafür, daß aueb auf die Komanen, zumal auck sie türkischen Ursprunges und mit den eingewander-tcn Tataren verwandt waren, der Name ihrer Herren über« ging. Es ist überhaupt bei den türkischen Völkern Sitte, sich nach einem berühmten Häuptlinge zu nennen. Die Bezeichnung Tatar ist ebenfalls einem Häuptlinge cnt-lelmt; eben so führen die in der großen Tatarei zurück« gebliebenen Tataren nach einem berühmten Häuptlinge den, Namen Usbeken. Die Nogliaier, die im Norden des Kuban bis zu der früher bezeichneten Umbicgung wohnten, und sich nordwärts l'iS an den Ausfluß dcS Don oder wenigstens der Ieia ausgebreitet batten, besaßen später ilnc eigene» Haupt' linge und spielten in der russische» Geschichte unter dem Namen der knban'schen Tataren eine nicht unbedeutende 173 Rolle. Ihr Land wurde die Kuban genannt. Tie erkannten den Tatarchan, den Herrscher dcr Krim und der Nordlüste des schwarzen Meeres, als ihren Oberhcrrn an und machten mit diesem hanfig in Rußland Einfalle, verwüsteten sogar einige Mal Moskau, die Residenz der russischen Zare. Die Don'schen Kosaken schützten gegen sie die Marken Rußlands und haben eben dadurch diesem Lande großen Nutzen gebracht. Gegen die knbanschen Tataren und gegen die Tscher-keffcn wurde 1777 auch die schon mehrmals erwähnte Linie von Iekaterinograd bis zum Don errichtet. Dcr beständigen Streitigkeiten der kuban'schcn Tataren und der Beschtau-Tschcrkeffcn oder Kabarder, so lange Rußland seine Macht «och nicht bis zum Auß des Kaukasus vorgeschoben hatte, ist schon früher Erwähnung gethan. Mit den Thronstrci-tigkeiten in dcr Krim begann auch die Schwäche des letzten Tatarenreiches; damit hing anch die der kub.in'schen Tataren zusammen. Der Sultan machte endlich auf die unmittelbare Herrschaft dcr Kuban, welchen Namen auch die Wohnsitze des erwähnten Volkes erhielten, Anspruch und setzte einen Oberbefehlshaber (Tscraslier) ein. 1778 stellte sich der letzte, Kasi-Gerai-Sultan, unter den Schutz Rußlands, seine Unterthanen verließen aber lieber den heimischen Voden, als daß sie den Feind ihres Glaubens als ihren Oberherrn erkannten. 2 Stämme, Manßur und Nauruß. die auS dcr Horde Kaßai stammen, ließen sich zwischen Kuban und Laba nieder und bewohnen noch, aber doch unter Nußlands Sckutze. dieselben Gegenden. Viele flüchteten aber in die Berge deS Kaukasus und fanden bei den Tscherkessen eine freundliche Aufnahme. Diese Flucht einiger kuban'scher Tataren gibt Rußland 174 jetzt als einen der Gründe seiner Ansprüche auf Tscherkessien an. Die Pforte hielt es nämlich für nothwendig, eines Theils mit ihren frühern Unterhanen in Verbindung zu bleiben, andern Tbcils aber auch den tscherkessischen Mädchenhandel zu begünstigen, und ernannte mit Erlaubniß der Tschcrkcssen deßbalb für Nnapa, einer Veste an Tschcrkessicns Küste, einen Pascha, der aber nur innerbalb derselben, die dnrch die Türken in eine Festung umgewandelt wurde, befehligen konnte. Seitdem nun die Türkei Anapa nnd alle ihre Rechte auf die Ostküste des schwarzen Meeres abgetreten hat, meint Nußland auch ganz Tschcrkessicn beanspruchen zu können. Glücklich kam ich mit meinem einzigen Kosaken in Kaukask lKasskaskaja Stanitza) an, was nur 3'/2 Stunde» von Temischbergsk entfernt liegt. Da ich den Kosaken etwas vorausgeschickt batte, fand ich den Postwagen schon fertig und fuhr nun sogleich rasch der nächsten 5 Stunden entfernten Station Kasansk zu. So großen Aufenthalt man auch auf den Posten in Rußland liaben kann, wenn man nicht einen hohen Nang einnimmt oder mit Orden bebäugt ist, so schnell kommt man bei günstigen Umständen vorwärts. In wenig Stunden war ich schon auf der 2'/2 Meilen entfernten Tifliscr Stanitze nnd fast eben so rasch in dem 3^ Meilen entfernteren Ladoshsk. Trotz eines fast 2stündi-gen Aufenthalts daselbst langte ich immer noch in Ustla-bmsk, was eine gleiche Entfernung besitzt, zeitig an, um zuletzt dic Nachtheile der russischen Posten kennen ,zn lernen. Mail erwartete seit 3 Tagen den Attaman der Tscher-nomol'sck'en Kosaken; eben so lange batte mail allentball'en Ehrenposten aufgestellt, die den hochgestellten Mann nicht 173 allein empfangen, sondern auch von Dorf zu Dorf begleiten sollten. Eine solche Erwartung hat für Reisende, namentlich für die ohne Bedienten, das Unangenehme, daß diese in der Regel keine Pferde erhalten und geduldig abwarten muffen, bis es dem großen Herrn gefällt zu kommen. Der Attaman hatte 12 Pferde auf der Post bestellt; diese mußten, bis er kam, bereit gehalten werden, ohne daß der PostHalter, der sie für die ganze Zeit nicht vernücthcn konnte, die geringste Entschädigung in Anspruch nehmen durste. Auf viel bereisten Landstraßen ruft, wie man sich denken kann, dieser Umstand die größten Unannehmlichkeiten hervor. Als ich 1838 von Odessa nach Petersburg reiste, hatte zwischen Kijoff (Kiew) und Tschernigoff eine sehr porncbme Familie 36 Pferde bestellt. Obwohl die Zahl der Reisenden in den PostHäusern sich von Tag zu Tag vermehrte, so wurden doch unerbittlich die ^6 Pferde nur für jene bereit gcl'alten und diese zu warten gezwungen. Erst nach 8 Tagen kam die längst crsebute Familie. Fern davon, die gerechte Entschädigung zu beanspruchen, war Ieder-manu schon zufrieden, endlich erlöst zu sey». Zum Olück für nüch langte noch an demselben Abende die Nachricht an, daß der Attaman erst in 8 Tagen käme. So sehr sind die Leute an dergleichen Dinge gewöbnt, daß 'Niemand auch nur die geringste Mißbilligung aussprach. Ust-Laba oder Ust-Labinskaja Stanitza at. wird ein mit Stroh und Heu umwickelter holier Pfahl angezündet. Hell lodert das Fcucrmaal, der Majak, und gibt nach allen Seiten hin die Kunde. Kosaken eilen nach allen Richtungen hin, um die drohende Gefahr bekannt zu machen. Alles eilt zu den Waffen, um den Feind zu empfangen oder ibm entgegenzugehen. In der Negel halten sich aber die Tscherkcssen, wenn sie nicht in großen Massen herankommen, in dem Schilfdictigt verbor» gen und brechen mit Tagesanbruch aus ihrem Versteck hervor, und zwar bevor noäi die Pikcts ausgestellt sind. Ueber Korßun, einem Kosakcndorfe, was an die Stelle einer früher wichtigen Tatarcnstadt getreten ist und ki Stunden von der Isrädnaia Stanitza entfernt liegt, kam ich schon zeitig nach dem Geschenk der Katharina, Ictatennodar, dem <8< Hauptorte der Kosaken am schwarzen Mccre. Er liegt noch 7 Stunden von Korßun entfernt, aber ganz in der Nähe des Kuban, der hier eine bcdcntende Krümmung macht. Die Stadt ist, wie alle russischen Orte der Art, sehr weitläufig gebaut; große geräumige Plätze wechseln mit breiten Straßen. Man sieht es, daß die Kosaken nicht viel zu thun haben, da sie bei dieser zeitraubenden Weitläufigkeit den Verlust der kostbaren Zeit nicht weiter bedauern. Iekatcrinodar gleicht eher einem mit allerhand freundlichen Landhäusern versehenen Warten, zumal außer den anmutliigen Obstanpflanzungen sich auch noch schattige Haine in der Nähc befinden. Die lctztern scheinen an die Stelle von Sümpfen getreten zu scvn. die Potocki in den 90ger Jahren noch vorfand. Die Häuser waren im Durchschnitt einstöckig und ebenso wie in Ustlaba mit grün angestrichenem Bleck gedeckt. (5s war grade Markttag und cine Menge Menschen hatten sich zum Kaufen und Verkaufen eingefnnden. Die Zahl der Tschcrkcsscn, welche ich unter den Kosaken hcrum-wandeln sal), war aber nur sehr gering. Schon seit dcr Vesitznahme des Kuban durch die Nüssen hatten die Lctztern sich vielfach bemüht, Handelsverbindungen mit den freien Söbncn des Gebirges anzuknüpfen und diese so allmählig an sich zu feffcln. Russischer Uebermuth und allerhand Un-> rcdlichleiten trugen aber nur dazu bci, einen Haß anzufachen, der sich allmädlig zu einer solchen Höbe steigerte, daß alle Verbindungen abgebrochen wurden. Die Tschcr» lessen, von Merö her au Uebcrsälle gewöbnt, licsicn auch ihrerseits nicht von einer (Hcwolmbcit, die keineswegs Eintracht zu fördern im Stande ist. Wenn die Bedürfnisse der Takubanzen sd. !,. dcr jenseits dcS Kuban Wohnenden, <82 ein Name, dessen sich die Russen früher häufiger für Tscher-kesscn und Abaßen bedienten) auch keineswegs der Art sind, daß Nahrung, Kleidung und sonstige Gegenstände nicht von den Russen bezogen zu werden brauchen, so macht sich doch bei ihnen der Mangel an Salz bisweilen fchr drückend und vermag sie selbst zu bestimmen, die angebotenen Verbindungen wiederum aufzuncbmeu. Die Russen sahen jedoch bald ein, daß eine solche Verbindung, die nnr bei den Tscherkcsscn dem Mangel an Salz abhalf, ihnen keinen wcitern Vortbeil brachte und verboten deßhalb, zumal die Ueberfalle keineswegs geringer wurden, die Ausfuhr des Salzes. Erst seitdem Echamil im Osten des Kaukasus sein Panier entfaltet hat, ist der Handel nach Tschcrkcssien wiederum freigegeben, ohne daß er aber je von Bedeutung werden könnte. Das Obst, was auf dem Markte von Iekaterinodar feilgeboten wurde, war herzlich schlecht. Namentlich hatten die Pflanmen einen säuerlichen, unangcnelunen Geschmack, freilich stebt die Obstzuckt bier noch in der Kindheit; man kümmert sich nicht um die Bäume und überlaßt die Pflege den, lieben Gottc. Als ich einen Tscherncmorcn, der einen sebr großen Obstgarten besaß, auf den schleckten Zustand seiner Obstbäume aufmerksam machte und ihm einige Regeln des Verschncidens beizubringen suckte. sal, er nück ganz ernsthaft an und wußte nicht recht, ob ich Spaß oder (5rnst machte. Endlich meinte er, daß Gott am Besten wissen müsse, wie die Acstc sich auszubreiten hätten und deßhalb überließ er Diesem auch ganz dieses Geschäft. To schlecht das Obst war. so vorzüglich erschienen die Arbusen oder Wassermelonen. Sonderbarer Zufall! An derselben Stelle, wo der in 183 Purpur geborne Konstantin das Land Kosachia angibt, wo der russische sshronikenschreiber Nestor die Kaßoghen wohnen läßt, wohnen seit einem halben Jahrhundert wiederum Kosaken. Man nennt diese Kosaken Ueberbleibsel der hauptsächlich im l6. und 17. Jahrhunderte mächtigen Saporoger, d. b. der jenseits (im Süden) der Wasserfälle (des Dnjcpr) wohnenden (Kosaken), aber nur sehr wenige haben sich an das durch Moräste und heißen Sommer den Fremdlingen keineswegs zuträgliche Klima gewöhnt, sondern die meisten sind und mit ihnen die tapfere Nation der Dnjepr-Kosaken untergegangen in dem Strudel der Zeit. Während Potocki noch die Tapferkeit der Tschcrno-moren rühmt und sich in ihrem Lande vollkommen sicher fühlte, ist man jetzt grade in dem Lande der Kosaken am schwarzen Meere am Meisten den Angriffen der Tscherlcffen ausgesetzt. Die Kosaken, welche nur in bestimmter Ucbcr-macht den Tschcrkesscn entgegenzutreten wagen, find nicht die Nachkommen der Helden, welche dem zu der Zeit allmächtigen Sultane schlaflose Nächte verursachten und die stolze Residenz der übermüthigen Statthalter Mohammeds plünderten. DaS Wasser war das Element, in dem sich die Saporogcr kühn bewegten und auf dem sie große Thaten vollbrachten, vermag aber nicht mehr die Tschernomorcn zu begeistern. (5in Theil von ihnen dient zwar auf der Flotte des schwarzen Meeres, aber als blindes Werkzeug ihrer Obern, deren Befcble sie gehorchen, ohne sich weiter um etwas zu bekümmern, lind doch lebt das Andenken an die Thaten ihrer Vorfahren noch lebhaft in ihnen; Gesänge leiern die Helden der Vorzeit, vermögen aber nicht mehr zu begeistern. Außer den Saporogern. die alle die zahlreichen Unbilden <8i vergaßen und bei Otschakoff die Russen im Kampfe unterstützten, wurden auch gleich im Anfange don'schc Kosaken nach der Kuban übergesiedelt. 1809—1811 mußten 20009 Kleinruffen die lichten Reiben der Tschernomoren wiederum ausfüllen und 1820 wurden wiederum Z5000 Kleinrussen am Kuban angesiedelt. Trotzdem besteht die Bevölkerung nur aus 60000 Seelen. Oute Trinkgelder brachten mich von Ickaterinodar rasch über Kovansk und Altmyschastoffsk nach Karalubansk, 8^ Meilen weit. Die Tonne warf mir eben aus der Gegend, wohin das Herz mich mächtig zog, die letzten Strahlen zu, als das Dreigespann vor dem einsamen Postbausc anhielt. Hier wollte ich ausruhen von den Mühen des Tages und mich freuen, um einen Tag wiederum dem geliebten Vaterlandc näher zu seyn. Aber auch gewichtige Gründe bestimmten mich, bicr zu übernachten, denn es beginnen nun die Schilfwälder, in denen sick) die Tschertesscn leicht den späbenden Blicken der Kosaken entziehen und um desto leichter ihre Bcute erfassen können. Wcnn auch nur ein kleiner Theil von dem, was ich über diese Gegend vcr» nommen, auf Thatsachen berubcn mochte, so war es doch hinlänglich, um wenigstens mich an Vorsicht zu erinnern. Alle die Räubergesckichten, die auch ich leider in der ersten Jugend gelesen, schienen sich hier wiederbolt zu haben. Die glübende Pbantasie eines meiner frübern Postillone hatte mich mehre Stunden lang nnr mit blutigen (5reig» Nissen aus dieser Gegend unterhalten. Karakubansk ist zugleich ein Vorwerk, was leider von einer altgläubigen Familie bewohnt wurde. Vergebens bot ich für ein Stück Brod '20, !l0 und zuletzt selbst .'>0 Sil» berlopeken (über 1l» Silbcrgroschcn), die Frau wollte durch 189 Berührung mit einem Ketzer nicht unrein werden. Und doch stbntc ich mich grade heute nach Brod, weil ich den ganzen Tag über fast nur Wassermelonen genossen. Es kam noch dazu, daß das mir angewiesene Zimmer eben zur Hälfte frisch mit Kalk übertüncht war und daß mir demnach nichts weiter übrig blieb, als mich für die Nacht der ungesunden Luft im Zimmer auszusetzen oder im Freien zuzubringen. Eins war so gefährlich, wie das Andere. Mein immer heftiger mahnender Magen konnte bei diesen Umständen nicht einmal durch Schlaf übertäubt werden. Es stand mir auf jeden Fall in Karakubansk eine schlaflose Nacht bevor, eine traurige Aussicht für einen nach Ruhe sich sehnenden Körper. Ich überlegte, ob es nicht besser sey, trotz der Gefahren weiter zu reisen, ich stellte mir überbaupt die Frage, ob eine Reise durch die Schilfwälder des Kuban während einer dunkeln Nacht, in der man keinen Schritt vor sich etwas unterscheiden konnte, nicht stlbst gefabrloscr sey, als am Tage? Es war in der That eine Finsterniß eingetreten, wie wir sie auch bei uns aus späten Herbsttagen kennen. Rasch ließ ich anspannen und bebarrte selbst noch bei dem einmal gefaßten Entschlüsse, als ick crful'r, daft mein Kosak in aller Stille sich entfernt hatte. Das Herz schlug nur. der mancher Gefahr bereits ins Auge geseben batte, dock böher als sonst, als ich mit dem Dreigespann dahin fubr. Es schien selbst noch dunkler zu werden, so daß der Postillon nur Schritt vor Schritt fahren konnte. Die größte Ruhe kcrrsckte, nur die Glocke, die bei allen russischen Postwagen vor» an die Deickscl gebunden wird, tönte um so lauter in der schwarzen Finsterniß. Ick war anfangs willens, sie abbinde» zu lassen, 486 denn der Glockenton konnte die Tollkühnheit cines Reisenden den vielleicht im Schilfe lauernden Tschcrkeffen verrathen, aber doch that mir ihr Klang in der stillen Nacht unendlich wohl. Sollte es nicht auch in der That gleichgültig gewesen sevn? Warm Tschcrkcssen vorbanden, so lagen sie in der Nabe der Straße und ich konnte ihnen auch ohne Glocke nicht entgehen. Bald kamen wir in die Schilfwälder, die im Durchschnitt eine Höhe von 19—16 Fuß haben mochten. Die künstliche Poststrafte führt in Schlangcnwindung hindurch, denn die Menschen erböhtcn mit Schilf die weniger tiefen Stellen, mn diese gangbar zu machen. Der früher sternenhelle Himmel hatte sich schon zeitig, nachdem ich abgefahren, umwölkt und bald vernahm ich aus der Ferne daö Rollen des Donners. Blitze durchfurchten die dichte Finsterniß und machte» mir es, wenn auch nur auf einige Augenblicke, möglich, die Umgebung zu erschauen. In im-mer kürzern Zwischenräumcn folgten sich die Schläge und schwere Tropfen fielen zur Erde. Kein heftiger Wind war dem Gewitter vorausgegangen und im Gegentheil herrschte unheimliche Ruhe rings um mir in der Natur. Endlich schien es mit Mulden zu gießen und binnen wenig Minu« ten war ich bis auf die Haut durclmajtt. So schauerlich die Nacht war, so bang mein Herz auch schlug, so einsam ich mich in dieser nur durch Blitze erleuchtete Wildniß fühlte, so pries ich doch nicht weniger die dichte Finsterniß, als ich mich auch über das schwere Gewitter und über die Regengüsse frcute. Kein Tscherlcß vermuthete in solch schauerlicher Nacht am Allerwenigsten einen Reisenden. Das Gewitter ging so rasch, als es ge« kommen, vorüber, freundlicher als zuvor funkelten die Sterne <87 bald wieder in der nun reinen Luft; mein Körper sehnte sich aber nicht weniger nach Ruhe, als mein eine Zeit lang überta'ubtcr Magen nach Speise. Endlich sahen wir aus der Ferne Licht und kamen an die Stelle, wo der Kuban sich in 2 große Arme theilt. Der eine geht unter dem Namen Protok d. i. Bach, nördlich in das afoffsche Meer und macht Tamcn zu einer Insel. Der andere hingegen setzt als Kuban sich m derselben westlichen Richtung fort, theilt sich aber darauf wiederum in mehre Arme. Der bedeutendste trennt sich schon ein Paar Stunden südwestlich von der Station Karakubansk; dieser ist es. der vorzugsweise den Namen Kara-Kuban d. i. schwarzer (oder vielmehr langfamfticßcndcr, morastiger) Kuban führt, vom Hauptstrome getrennt. Wie übrigens der nördlich gehende Arm zn der Bezeichnung Protok d. i. Bach kommt, begreife ich nicht, da er mir grade bedeutender als der Hauptfluß erschien. Mitternacht war längst vorüber, als ich den ü Stunden langen Weg zurückgelegt hatte. Die Postftation liegt jenseits des Protok in der Veste Kovyl und man ist gezwungen, auf einer Fälire überzusetzen. Der ssälirmann, der jenseits im elenden Häuschen wohnt, hatte am Allerwenigsten in solch schauerlicher Nacht einen Reisenden vermuthet nud sich sorglos der Ruhe übergeben. Ich hatte Mühe ibn aus seiner süßen Rub.e zu wecken, noch mehr aber ihn zu bestimmen, mich nach der jenseitigen Veste zu bringen. So passirte ich in stiller Nacht den gefürchtcten Fluß und zwar grade an einer Stelle. von wo aus im vorigen Iahchundert der Hälivtling der kuban'schen Tataren seine berüchtigten Naubzüge begann und das Oeraubte in Sicherheit brachte. Kopyl war viele Jahrhunderte lang 188 im eigentlichen Sinne des Wortes eine Räuberhöhle. Von hier aus wurden Menschen und namentlich Mädchen und Knaben nach der Türkci und nach Acgypten als Sklaven ausgeführt. Jetzt sieht man von alle dem nichts mchr. Eine kleine russische Besatzung ist an die Stelle der räuberischen Tataren getreten und ein freundlicher Postschrciber ift zu allcn Diensten der Reisenden bereit. Außer Elarkc und niir hat noch kein Reisender es gewagt, diese gefährliche Gegend in der Nacht zu passiren. Es war mir lieb. daß ich Wagners ohne Zweifel übertriebenen Berichte damals nock nicht kannte; hatte doch Clarke's Erzählung, wenn ich mich ihrer erinnert, gewiß beigetragen, die ängstliche Spannung, in oer ich die Schilswälder durchfuhr, zu erhöhen. Während sich meiner aber vielmehr ein unheimliches Gefül'l in der Gewitternacht bemächtigt hatte, machten die ringsumher brennenden Feuer der Wache haltenden Kosaken, das Quaken zahlloser Frösche und Kröten, unterbrochen bald durch das Bellen großer Hunde, bald dnrch das Blöken der im Freien gelagerten Hccrdcn. dem Engländer Elarke die Nackt schauerlich; Myriaden von Mücken peinigten ib» aber zu gleicher Zeit auf eine solche Weise, das, er fast gar keine Zeit hatte, über seine gefährliche Lage nachzudenken. Der Ssamowar (Theemaschine, wörtlich überseht der Eelbstkocher» stand binnen wenig Minntcn auf dem hölzernen Tische und ließ das wohlbekannte Geräusch ertönen. Gern theilte der Postschreibcr mit mir sein letztes Brod. So hart dieses anch war und so viel Mühe es meinen gähnen verursachte, so gedenke ich dock noch jetzt gern der Wollust, welche hei dem ersten Glas Thee und bei dem ersten Bissen Brod meine Glieder durchrieselte und ibnen 189 neue Kraft verlieh. Auf anstrengenden Reisen hat der Thee ohne Zweifel vor allen andern Getränken den Vorzug; nichts thut dem ermüdeten Körper so wohl als ein Glas — man trinkt fast allgemein in Rußland den Thee aus Gläsern — Thee. Auf meinen Wanderungen im Oriente habe ich stets Thee bei mir geführt; Thee war oft die einzige Nalmmg, die mir geboten wurde, wenn selbst Milch mir fehlte. Befand ich mich dann außerdem noch in Besitz von Brod, und wenn dieses noch so schlecht war, so wähnte ich oft zu schwelgen. To lernt man in der Fremde unsere, wenn auch gewöhnlichste, dock) wohlthätigste Nahrung schätzen! Die sumpfigen Umgebungen von Kovul sind leider der Aufenthalt zahlloser Mückenschwarme. Es war mir nicht möglich, ohne Gesicht und Hände bedeckt zu haben, auch nur einen Augenblick zu schlafen. Oeschah dieses aber, so entwickelte sich allmahlig unter dem Tuche eine solche Hitze, daß wiederum der Schlaf nur von sehr fnrzer Dauer war. Während der heißen Sommermonate, im Juli und August, sollen, so erzählt wenigstens Clarke, oft Menschen an den Folgen der Mückenstiche sterben. Unwahrscheinlich ist eS keineswegs, zumal wir gleiche Nachrichten aus Amerika besitzen. Man muß bedenken, daß jede Verwundung in heißen Klimaten gefährlichere Folgen hat, als bei uns. Um sich gegen Mückenstiche zu sichern, bedient man sich cmcs Sackes, in den man kriecht und den man über seinem Kopse zusammenziehen läßt. Um sich über diese Plagen am Kuban eine Vorstellung zu machen, muß man Clarke's Bericht über die dort ausgestandenen Leiden nachlesen ^). 1) Cl«rkc Irnvcl* in T»riou* counlric» of Eurupo, A»ia and Afrika-, '1 (ilit P»tl 1 p. 3ÖÖ. 190 Freudig begrüßte ich dm frühen Morgen; aber erst als die Tonne ziemlich boch stand und die Wachen allenthalben ausgestellt waren, erlaubte mir der freundliche Post-schreiber, die Weiterreise anzutreten. Ohne besonderes Verlangen erbielt ich jetzt 3 Kosaken zur Begleitung. Der Weg führt in nördlicher Richtung auf der linken Seite des Protok, denn ungeheure Sümpft von beträchtlicher Breite ziehen sich in westlicher Richtung auf der Nordscite dcS Kuban dahin und müssen umgangen werden. Diese Schilfwälder sind in dieser Ausdehnung bei uns völlig unbekannt und machen auf den Reisenden einen eigenthümlichen Eindruck. Tie haben in der That etwas Urwald-lichcs an sich, zumal die einzelnen Pflanzen sich vielfach verästeln und dadnrch an die Bambusrohre Ostindiens erinnern. In diesen Schilfwäldern hatten die Nclraßoffschen Kosaken ihre Schlupfwinkel, als ihre !j Dörfer weiter oben am Kuban, der Mündung der Laba gegenüber, von den Russen zerstört worden waren. Diese Kosaken waren Don'-sche Flüchtlinge, die wahrscheinlich nach der blutigen Unterdrückung des Bukowin'schen Aufstandes bier eine Zuflucht suchten und fanden. Tie standen zwar unter dem tatarisch-kuban'schen Häuptlinge von Kopyl, erhielten sich aber fortwährend ihre Selbstständigkcit und führten in den neuer-obcrtcn Provinzen Rußlands fortwährend die kühnsten Raubzüge aus. Vergebens wurde mit ibnen unterhandelt und eben so wiesen sie die annclnnbarsten Vorschläge zurück. ?lls der Tscriaskjcr der Kuban die Oberhoheit Rußlands anerkannte, waren sie gezwungen auch diese Schlupfwinkel aufzugeben, zogen sich aber nur weiter westlich und in die Umgegend von Anapa zurück, um von da ihre Räubereien 191 fortzusetzen. Doch auch Anapa fiel in die Hände der Russen; aber die Türken führten die Nekraßojsschen Kosaken nach der Westseite des schwarzen Meeres, nach Veß-arabien, wo die letztem sich mit den ebenfalls dorthin gcfiücktetcn Savorogcrn vereinigten. Nack Klaproth hießen die Nekraßoffschen Kosaken bei den Türken Ignat. To nabe auch die Ursache dieser Benennung liegt, denn Nckraßoff battc den Vornamen Iguaz, und die Nüssen und noch mcbr die Tataren nennen einen Stamm in der Regel nach dem Häuptling, so glaubt doch der sonst so verdienstvolle Sprachforscher den Namen Ignat aus dem Russischen: Wügnatij. d. i. vertrieben, ableiten zu müssen l). 3 Meilen fuhren wir fast ununterbrochen bis zur nach-sten Station Protozk. Der Weg ging bald über durch Schilf sabrbar gemachte, sumpfige, bald über ausgetrocknete dolprige Stellen. Pflanzen bedeckten zum Tbeil die Oberfläche deö Wassers, zum Theil begränztcn sie dessen Saum. Weiße Seerosen wechselten mit gelben ab und beide wurden wiederum von der kleinen Wasserkanne ^imn.inlliemum nvi!!i>!>^<><)!!ll'5 ^Iciivlml!!V5)I,.) vertreten. ZahlreicheVinsen und Simsen ragten ferner aus den Sümpfen hervor, und wiederum nahmen der Froschlöffel fäliziNÄ I'I.mlIzio l..) und das liobe Wasserveilchen (l!llwm»5 !>mI^!I,'Mi8 I..) große Strecken ein. Dagegen standen der Kobe und grüne Wolfsfuß. der Plutwcidcrich, die stachelfrüchtigc Süßholz, die geschlitztblättrige Karde, Saudistel, Alant und Rul,r-fraut vorherrschend an den Rändern oder auf erhabenen 1) Voyige dan» If» slcps dAjtriuhon i'l dn C«uca*e par lc Cumlc Jtau Polurki, publitt ptr KInprulh. Turn. I. p. '233. 192 Stellen. Alle diese Pflanzen verwischten mehr oder weniger das Einförmige, was das Schilf an und für sich besitzt. Jetzt, wo ich diese Gegend durchfubr, war der Weg sehr gut; mein Postillon versicherte mir aber, daß im Frühjahre sehr oft des Waffcrs halber die Kommunikation ganz gesperrt sey. Mit dem Wagen scu dann gar kein Fortkommen und selbst zu Pferde laufe man Gefahr, stecken zu bleiben. Noch in den Sommermonaten ereigne es sich, daß die Räder bis über die Achse von Wasser und Schlamm umspült würden. Als Engclhardt und Parrot im Juli 1811 diese Gegenden bereisten, war Von Kopyl bis Temrut die ganze Strecke so überschwemmt, daß genannte Reisenden nach vieler Mübc und großer Anstrengung erst in dem genannten Orte ankamen, Von Protozk aus führt die Straße wiederum südwestlich »lach der 3 Meilen entfernten Station Pctroffsk am Kalauß, nach dem jene auch früber genannt wurde. Die Schilfwaldcr setzten sich auch noch jmseits des genannten Flüßcliens mehre Stunden fort. Der Kalauß gehört zu den Gewässern, welche Arme des Kubans sind, aber das Meer in der Regel nicht erreichen, sondern zur Bildung der Sümpfe hauptsächlich beitragen und zuletzt sich selbst in diesen verlieren. Während der längsten Zeit im Jahre, in der Regel nur mit Ausnahme der Monate August und September, bildet die ganze Strecke nördlich vom Kuban imd westlich von dem Proto? bis zu dem asoffschcn Meere einen mcbr oder weniger zusammenhängenden Sumpf, der zum großen Theile mit Schilf bedeckt ist. Durch die Reihe unbedeutender Arme erhalten die Sümpfe nicht allein im 193 Frühjahre, wenn der Kuban durch den schmelzenden Ge-birgsschnee oder im Herbst durch häufige Regengüsse steigt, sondern auch zu jeder Zeit, wenn Stürme das Wasser aus dem Meere in den Kuban drängen, neue und reichliche Nahrung, um selbst den heißesten Sommermonaten lange zu widerstehen. Ich fühlte mich freier, als auf der Hälfte des 4 Meilen langen Weges zwischen Pctroffsk und Andrcjeffsk die Schilfwälder ein Ende hatten und ich nun wieder rascher auf der offenen Steppe dahin fahren konnte. Pctroffsk liegt ebenfalls an einem Arme des Kuban, der sich aber nicht verliert, sondern diese» Fluß mit dem Meerbusen von Tcm-ruk verbindet und den Namen Kurki führt. Als ich ihn durchfuhr. erschien er mir nur in Form eines Baches; bisweile» ist er aber so wasserreich, daß man ihn nur schwimmend oder auf einem Kahne Passiren kann. Von Kurki — denn so nannte man früher auch gewöhnlich die Etation Andrejessst — geht die Straße wiederum nordwestlich an dem Meerbusen von Tcmruk entlang bis zu diesem 3'/2 Meilen entfernten Orte. Noch ans früherer Zeit, wo die Nekraßoff'schcn Kosaken sich allmählig hierher zurückgezogen hatten und auf beiden Seiten des Kuban wohnten, existircn eine Ncihc kleiner Vcrschanznngcn, die man selbst nicht eingeben ließ, als diese unversöhnlichen Nussenseinde sich nach Veßarabien übergesiedelt hatten. Eines Theils waren die tscherkessischen Natochuadshen, welche an die Stelle der Kosaken getreten, nicht weniger beute» süchtig, andern Theils führte die Straße nach Taman und der Krim, eine Zeit lang auch weiter auf der Nordseite des Kuban und südlich vom weißen Meere dahin, und 13 <9i mußte gesichert werden. Obwohl diese Straße weit näher ist, so hat man sie doch, obgleich jetzt weit mehr Sicherheit herrscht, aufgegeben, da die Sümpfe sich oft so vergrößerten, daß man sie eine Zeitlang nur schwierig passiren konnte. Zehntes Kapitel. lie Halbinsel Taman und ihre Schlammvulkane. '><> Fuß bohcS Plateau, was außerdem noch durch einzelne oder mehr zusammenhangende Hügel von meist konischer Form durchzogen wird. Pallas ist geneigt, den Namen Taman aus dem Tatarischen „Duman, d. i. Nebel, Rauch," abzuleiten, und beruft sich dabei auf den sogenannten Heerrauch, den er selbst bei seiner Anwesenheit beobachtete. Nach den Er' kundigungen. die ich darüber eingezogen habe, kannten die Bewohner TamanS aber keineswegs eine solche Erscheinung, wie 199 sie uns Pallas beschreibt. Auf keinen Fall sind aber, wenn der Heerrauch in der That auch vorhanden seyn sollte, die dortigen Schlammvulkane die Ursache. Auf der Halbinsel Apschcron und in Schirwan gehören zwar Schlammvulkane zur Seltenheit, desto häufiger erscheinen aber Naphthaquellen und Gasexhalationeu, welche letztere die Schlammvulkane wohl erst bedingen möchten. Aber von Hecnauch habe ich während meiner längern Anwesenheit in zuletzt genannten Gegenden weder etwas gesehen, noch darüber vernommen. Die Aehulichkeit der Halbinseln Apscheron und Taman, von denen die eine das östliche, die andere das westliche Ende des mächtigen kaukasischen Gebirges bildet, ist sehr groß, aber bei Weitem von den Reisenden noch nicht hinlänglich gewürdigt. Dieselben tertiären Mergel und Kalke kommen auf Apscheron und Taman vor; nur sind die letztern auf der zuerst genannten Halbinsel fester und sehr reich an zweischaligen Mnschcln, während sie auf Taman kleideartiger oder eisenhaltiger erscheinen, zum Theil aber auch aus kscharcn bestehen. So viel ich weiß, hat man ferner auf Taman keine Braun- oder Erdkohle aufgefunden, die beide auf Apfcheron und in Schirwan, namentlich auf den letzten Ausläufern des Kaukasus, keineswegs zu den Seltenheiten gehören. Die Braunkohle aus Schirwan besitze ich in Form eines zum Theil versteinerten Lignites von glänzend schwarzer Farbe, die ssrdkohle der Halbinsel Apschcron hingegen enthält zahlreiche Wurzelfascrn und Stcngel-überreste, namentlich von grasähnlichcn Pflanzen, und möchte deßhalb einer neuern Bildung angehören. Und doch scheint grade die (irdkohle am Meisten zur Bildung des sogenannten natürlichen Asphaltes beizutragen. Dieser Asphalt kommt auf Apscherou nur Nester-Weise vor und 200 liegt der Oberfläche oft sehr nahe, der Lignit hingegen findet sich zwar tiefer, aber keineswegs so tief, als er in Taman liegen muß. Auf Tciman sind Naphthaquellen selten; so viel mir bekannt ist, finden sie sich nur auf einer Stelle der nördlichen Halbinsel und zwar am Meere vor. Früher ezistir-ten sie auch an andern Punkten. Auf Apscheron sind sie von Bedeutung. Dagegen erscheinen die Schlammvulkane weit häufiger auf Taman, kommen aber wiederum im Osten und zwar weniger auf der Halbinsel Apschcron selbst, als auf den letzten Ausläufern des Kaukasus in Schirwan seltner vor und besitzen auch eine kürzere Dauer. Die Einwohner Taman's erzählten mir, daß sich Naphthaquellen und zwar selbst mit einer fast farblosen Flüssigkeit jenseits des Kuban in den tscherkessischen Gauen der Nato« chuadshen und Ehapßuchcn vorfänden und daß Navbtha bisweilen von Tscherkessen zum Verkauf gebracht wurde. Schlammvulkane kommen, eben so wie Navhthaqucllcn und EOalationcn eines brennbaren Gasts, in den verschiedensten Ländern der (5rde vor, und babcn von jeher die Aufmerksamkeit aller Reisenden auf sich gezogen. Die erstcrn führen aber nur nneigcntlich den Namen Vulkan, da sie oft nicht einmal die geringste Fencrcrschcimmg, geschweige denn gar Lavabildung mit den ächte» Vulkanen gemein haben. Wahrscheinlich hat schon Pallas Recht, wenn er sagt, ') daß in beträchtlicher Tiefe ein Steinkol'lcn-Flölz in stillem Brande sey. Durch das Einbrechen deS Mecrwajsers in die ausgebrannten Räume suchen sich die durch den Vrand gebildeten Dünste einen Ausweg nach oben und bilden n 1"»K!ue «1° !» ?i>ul»1>: und Ncisc »ach dc» !üd>!>1'cn Statt' 201 Eruptionen, wie sie sich auf Taman, aber auch im Osten des Kaukasus durchaus nicht selten ereignen. Hat sich einmal eine Oeffnung, oder wenn man will, ein Krater gebildet, so stießt durch diesen eine kürzere oder längere Zeit noch eine breiige Masse, der allerhand Ttcintrümmer beigemengt sind. Je stärker der Ausfluß ist und je langer er dauert, um so schneller und leichter wird sich auch ein Hügel bilden können. Daß das Mcerwasser in der That auf die Thätigkeit der Schlammvulkane einen Linfluß ausübt, siebt man aus den dem ausgeworfenen Schlamme beigemischten Mccrpflanzen« Ueberreste«, die man hin und wieder, namentlich früher gefunden hat. Ich möchte nur bezweifeln, daß es Steinkohlen-Flötze wären, sondern vielmehr Braunkohlen-Lager annehmen. To viel ich weiß, kommen Schlammvulkane nur auf tertiären Boden vor und alle Gesteine, die ausgeworfen werden, geboren der tertiären Formation an, in der sich aber nie Steinkohlen-Flötze vorfinden. Möglich wäre aber auch die von Göbel ausgesprochene Ansicht ^1, wornach Navbtha und brennende Oasarten als das Produkt eines noch in der Thätigkeit begriffenen Um-wandluugsvroeeffes der Pinien der Vorwelt in Steinkohlen soder vielmebr der der tertiären Formation vorausgegangenen Pflanzen in Vraunkohle) anzusehen sind. Die Bildung des natürlichen Aspbaltes auf Avscheron scheint allerdings für die (ttöbel'sche Ansicht zu sprechen. Wahrscheinlich nur in Folge der ßruvtione», die den Schlammvulkanen vorausgegangen sind. und durch diese sell'st sind die zahlreichen, zum Theil zusammenl'ängenden Hügel 1> Mel'clz Ncls« i« den Htcrven vcs südlichen Müßlaüds 2, 5!>, T, !2». 202 entstanden, welche sick durch die ganze zweitheilige Halbinsel hinziehen. Keiner von ihnen verdankt wohl einer andern Erhebung seinen Ursprung. Sie besitzen sämmtlich eine breitkcgelige Form, dcren Höhe in der Regel dem untersten Querdurcbmesscr entspricht. Wahrscheinlich benutzte man diese Hügel, wenn sie unthätig gewesen waren, in den ältesten Zeiten zu Grabhügeln (Tumuli, Gurgan's), indem man eine Seite öffnete und im Innern ein Gewölbe zur Aufnahme der Gebeine herstellte. Dieses mag die sonst sonderbare Erscheinung aufklären, daß bei Eruptionen bisweilen Maucrüberrcfte mit herausgeworfen wurden und daß sich in der Regel auf der Spitze eines solchen Hügels, wo man den meisten Widerstand vermuthen sollte, ein neuer Schlammvulkan bildete. Da aber hier ohne Zweifel schon früher ein Ausfluß stattgefunden hatte, so war trotz der Hügelmasse der Widerstand doch grade am Geringsten. Nach dieser nothwendigen Erläuterung kehre ich zu der Beschreibung meiner Reise zurück. Von Andrejcffok aus betritt man bald eine 2—3 Stunden breite Landenge, die sich in nordwestlicher Richtung zwischen dem weißen Meere und dem bittern Busen hinzieht. Der südöstliche Theil bildet ein l^0—200 Fuß hohes Plateau, was vorzügliche Weiden besitzt und den Namen Kandanr führt. Mit Ausnahme der nördlichen Seite, wo der Meerbusen von Temruk es bespült, ist das Plateau von Sümpfen umgeben, die sich namentlich in westlicher Richtung zwischen Kliban und dem weißen Mccrc noch weiter hinziehen. Hier mag das lctztre in früber Zeit mit dem zuerst genannten Flusse zusammengehangen habcn. Auf dem Plateau Kandaur erheben sich außer mehren unbedeutenden Kegeln, die ohne Zweifel Grabhügel sind, aber auch zwei natürliche Hügel, von denen 203 der größere Tschomak-Toweßi, der andere Dshilammi heißt. Steigt man das Plateau Kandaur herab, so kommt man wiederum in eine morastige Niederung, die wahrscheinlich in früher» Zeiten zwischen dem weißen Meer und dem bittern Meerbusen die Verbindung herstellte. In dieser Niederung liegt an dem zuletzt erwähnten Busen das Städtchen Tcmruk oder Temrük, zu Anfang des vorigen Iabrhundcrts ein belebter Handelsort, der aber jetzt ohne alle Bedeutung ist. Ein trauriger Aufenthalt während der heißen Sommermonate, wo die naben Sümpfe beständig der Gesundheit feindliche Miasmen ausdünsten. Zahlreiche Wasservögel und graue, so wie weiße Kraniche hatten sich dic Binsen, Simsen und das Schilf zum Auftnthalt auserlesen und schienen von den wenigen Bewohnern des Städtcbcns nickt weiter belästigt zu werden. Wiederum führt der Weg nach der 2 Meilen entfernten Poststation Pcrcßnp zum Theil über ein unbedeutendes, einem Rücken äbnliches Plateau, was hauptsächlich aus einem rothen Kalksand und weniger aus festem Gestein zu bestehen scheint. Noch kurze Zeit fährt man von Pereßvv nordwestlich bis an das Ende der Landenge, um nun in rein westlicher Richtung quer durch den Tbeil der Halbinsel zu fahren, wo die beiden ftübcr näher bezeichneten halbinsclahnlichen Theile zusammenliängen. Man kommt nach .'> Stunden Wegs nach einer thalähnlicheu Niederung, die nch zwischen der südlichen Hügelkette in südöstlicher Nichtuug nach dem weißen Meere binziebt und den Namen Sennaja Balka (Siena bei Clarke) führt. Hier ist eine einzeln stehende Poststation und zwar an derselbe» Stelle, wo einst ein 20t tatarisches Dorf mit Namen Kischla stand. Eine Reihe kleinerer Hügel, ohne Zweifel Grabhügel, finden sich hier vor. Der Weg nach Tennaja Balka führt mehre Stunden lang bereits auf der Südseite des Taman'schm Meerbusens, den man auch ferner bis nach dem 6 Stunden entfernten Taman zur Rechten besitzt. Dunkelheit war bereits eingebrochen, als ich in dem Hauptorte der ganzen Halbinsel ankam nnd lange herumlaufen mußte, um ein Unterkommen zu finden. Endlich nahm mich ein russischer Kaufmann für schweres Geld in feinem geräumigen Wohnzimmer auf; so hart ich hier auf einer bretlernen Erhöhung, der man den stolzen Namen Diwan beilegte, die Nacht hindurch lag, so schlief ich dock) ununterbrochen bis znm Morgen. Taman war in uralter Zeit ein berühmter Ort, denn auf derselben Stelle soll die einst so gewichtige griechische Kolonie Phanagoria gestanden haben, die bald den zum Theil mäcktigen bosporanischeu Königen geborte, bald aber auck namentlich mit römischer Unterstützung ihre Sclbst-stäudigkcit behauptete. Fast so alt wie Rom, blühte Phanagoria mitten unter Barbaren, denen man den gemein» schaftlichen Namen Skythen beilegte, und erfreute sich einer Kultur, die man bei dieser Isolirung und in dieser Ent» fernung keineswegs sucht. Doch war obue Zweifel lange vorber, cbe die Milesier auf dieser Insel sich ansiedelten, nnd vielleicht zu gleicher Zeit, als Kolchis, daS heutige Mingrelieu, sich einer nickt nnbedcutenden Kultur erfreute, Taman schon ein Stapelplatz, ein Emporium der in sebr alter Zeit bereits eivilisirtcn Indicr. Die indischen Niederlassungen auf beiden Seiten der Kuban»Mündung können gar nickt unbedeutend gewesen sevn, weil der Name des 205 Volkes auf eine ganze Gegend überging und Könige der Indier (Tinden) jenseits des Kuban herrschten. Doch ich will nicht wiederholen, was unser geistreicher Gründer der neuern Geographie. Professor Ritter, in seiner Vorhalle der europäischen Völker sagt, und lieber auf ein Werk verweisen, was nicht genug gewürdigt werden kann. Ich habe gleich im Anfange gesagt, daß Ritter, unstreitig der geistreichste Geograph, auf die Wichtigkeit der Halbinsel Taman zuerst aufmerksam gemacht hat. Hier blühte in uralter Zeit ein indisches (Emporium, was all-mählig bedeutend wurde und die Handelsverbindungen mit Indien unterhielt. Zu Straw's Zeit bildete der ischerkessische Gau der Natochuadshen ein indisches Königreich. Griechen traten später an die Stelle der Indicr und vor Allem blühte die griechische Phanagoria. Aber auch das bosporanische Reich, was in Partifapäon im Westen der Meerenge seineu Sitz hatte, war griechischen Ursprunges und blühte bis zu den Zeiten des großen Mithridates, bis es, schon im Anfange der großen Wirren, die wir unter dein Namen der Völkerwanderung kennen, zu Grunde ging. AuS den nördlich vom Kaukasus gelegenen Ebenen begann in den ersten Jahrhunderten nach Christus ein Drängen und Verdrängen der verschiedensten Völker und dancrtc mit geringe» Unterbrechungen ein volles Jahrtausend. Ganz Europa gestaltete sich wäbrend der Völkerwanderung andere«. Uralte Völker verschwanden vom Schauplätze der Geschichte und machten ander» Platz, bis auch diese wiederum verdrängt wurden. Auch das bosporanische Reich hörte, wie sckon gesagt, zeitig auf und an dic Stelle von Phanagoria trat ein in der christlichen Geschichte mehrmals 206 genannter Ort Matercha oder Matracha. Aber auch dieser verschwand; es erscheint jedoch im 10. und 11. Jahrhundert auf derselben Stelle eine Stadt, Tumtorakan, die der Sitz eines russischen Großfürstenthumes wurde. Seine Knjase besiegten Kaßoghen und Iaßen (Tscherkcssen und Oßen) in einer entscheidenden Schlacht und unterstützten den griechischen Kaiser in der Vernichtung der Chasaren. Doch auch die russischen Großfürsten mußten den herandrängenden Komanen und diese den aus dem alten Türkenlande jenseits der Kaspisee stürmenden Mongholen und Tataren weichen. Noch einmal schien dic Halbinsel sich zu heben, als ein gleich den Milesiern koloniensüchtiges Volk, die Genueser, auf der gegenüberliegenden Krim in Cassa ein Emporium gründeten und dieses schnell zu einer seltenen Blüthe brachten. Da brach osmanische Barbarei und Vertilgungssucht herein; in wenig Wochen wurde der Wohlstand von Hundert-taufenden fleißiger Menschen muthwillig zerstört. An die Stelle der kaum erwachten Kultur trat plötzlich wiederum finstere Nacht. Zwar ist der Halbmond von Neuem durch das christliche Kreuz aus diesen Gcgeudcn verdrängt, und noch einmal hat man Kosaken fast an derselben Stelle angesiedelt, wo der in Purpur gebornc Konstantin Kasachen wohnen ließ, aber die Kultur konnte doch bis jetzt noch nicht Wurzel fassen. Wen» auch keineswegs dieselbe tim« mensche Finsterniß die User der Maotis bedeckt, wie zu Homer's Zeit, und im Gegentheil viele Reisende die Halb» insel durchforscht haben, so scheint doch die Zeit noch fern zu liegen, wo nur der Zustand in der Gesittung wieder eintritt, der vor drittehalbtansend Jahren hier herrschte. 2Ü7 Taman soll auf derselben Stelle erbaut seyn, wo früher Tmutorakan und Phanagoria gestanden. Nach Andern ist die letztere weiter östlich und zwar auf derselben Stelle, wo jetzt die Russen ihre unbedeutende Festung gleichen Namens erbaut haben, nach Dubois de Montpereux sogar am weißen Meere zu suchen. Pallas setzt sie, und gewiß mit mehr Recht, an und auf den Hügel Idshilen, östlich an der Verbindungsstelle des Sees Zukur mit dem Meerbusen von Kysyltasch. Dort fand der genannte Reisende des vorigen Iahrhundertcs ebenfalls eine Menge Ruinen vor. Aber auch außerdem sind Reste von Gemäuer auf der ganzen Halbinsel zerstreut vorhanden und exiftirten früher in weit größerm Maße. Okne Zweifel haben schon die Genueser, indem sie die vorhandenen Ruinen für ihre Bauten benutzten, zur Vertilgung der ältesten Denkmäler beigetragen, aber auch durch ilne Bauten, die wiederum durch die osmauischcn Türken zerstört wurden, es schwierig gemacht, selbst die bedeutendsten Orte des Alterthumes nach den vorhandenen Ruinen festzustellen. Die Noghaier, oder wie die Bewohner dieser Gegend speciell genannt wurden, die Tataren der Kuban benutzten ebenfalls die vorhandenen Bausteine. Es stellt geschichtlich fest, daß die türkische Festung Ada ohnweit des heutigen Tcmrul nur aus den vorhandenen Trümmern erbaut wurde. Als die Russen von der Halbinsel Besitz nahmen, verbrauchte» auch sie die Ruinen zu ihren Bauten, namentlich zur Festung Phana« goria. Ich fürchte, daß nach einigen Iahrzehendcn auch die letzten Trümmer der Vorzeit verschwunden sind. Man erstaunt über daS, was de la Motrave zn Anfange des vorigen und selbst was Clarke noch zu Anfange 208 dieses Iahrhundertes sahen und zum Theil sammelten. Eine Menge der interessantesten und wichtigsten Zeugen der Vorzeit find nach Petersburg und sonst gekommen und scheinen nun der Vergessenheit mehr anheim zu fallen, als wenn sie im Schooße der Erde zur Erforschung für künftige Generationen geblieben wären. Ueber das bospo-ranische Reich befinden fich in der Residenz des Selbstherrschers aller Reußen sehr viele Materialien, deren Bearbeitung, wenn man die tressliche Arbeit Köhlers zu Grunde legt, gewiß noch erhebliche Resultate liesern wird. Von den neuesten Reisenden hat ohne Zweifel Dnbois de Montpereur. ^) den Ucberrcsten des bosporamschcn Reiches am Meisten Aufmerksamkeit gewidmet; seine Untersuchungen beziehen fich aber vorherrschend auf den freilich wichtigeren Tlml, der im Osten der Krim auf der sogenannten Halbinsel von Kcrtsch liegt. Die Halbinsel Taman hat der genannte Altertumsforscher flüchtiger bereist. Leider gehört es auch zu den ftigenthümlickkeiten des sonst so vcr-dicnstvollen Reisenden, alle Ruinen, die er findet, wo möglich mit Ttadtcn und Burgen des graucstcn Alterthums zu idcntificircn. Orte. wie Kepoi und andere, haben im Alter» thmue jedoch nie eine solche Bedeutung gehabt, daß man sie noch jetzt in ihren Trümmern erkennen könnte. Nie viele Flecken und Dörfer sind bei uns im 30jäbngen Kriege untergegangen, ohne daß die geringste Spur übrig geblieben ist? Und keineswegs hat im Verlaufe der beiden Jahrhunderte in Deutschland eine Völkerwanderung, wie damals an den Ufern dcS asoffschen Meeres, stattgefunden, und eben so wenig haben bei uns barbarische Völker die Denkmäler 1) Vujage aulour du Caiuajc, V. p. 24—103. All«» V. Str. Geologie PI. XXVI. 209 der Vorzeit absichtlich vernichtet, wie es namentlich von den Türken auf beiden Seiten der Meerenge und sonst geschah. Die Nachrichten, die wir durch Tkylax von Karyandra, Plinius und sonst über die Halbinsel Taman erhalten haben, sind so kärglich, daß man darnach ohnmöglich die Lage der dort genannten Orte mit Bestimmtheit feststellen könnte. Deutlicher ist schon Tkvmnos von Chio. Am Besten hat aber Ttrabo die Gegenden gekannt und diese im 2. Kapitel des l l. Buches beschrieben. Mit Recht würdigt daher Dubois nur den beiden letztern bei der Vergleichung der alten mit der jetzigen Geographie seine Aufmerksamkeit. Da aber die Ansichten und Erklärungen dieses Reisenden keineswegs mit den mcimgcn übereinstimmen, so wird es gewiß nicht überflüssig seyn, auch von meiner Seite eine Erklärung des Ttrabo'schcn Textes zu geben. Strabo sprickt bestimmt nur von einer Insel, die außer dem Nosphor von der Palus MaotiS, dem AntikciteS und dem Tee Korokondamctis umspült wird; er kennt keine zweite Insel in der Nahe. während Dubois de Montpereuz die jetzige Halbinsel Taman zur Zeit Strabo's für einen Archipel, oder vielmehr, nach seinen eigenen Worten, für eine Polmiesic hält. Nach ibm ergoß sich zu Anfang unserer Zeitrechnung der Kuban in das weiße Meer, was nörd» lich durch einen Kanal mit dem asoff'schen Meer, westlich hingegen durch eine längere Ttraße mit dem Meerbusen von Taman in Verbindung stand. Diese letztere Ttraße entspricht dcr früher erwähnten Tscnnaja Palka, der Kanal hingegen wäre in die Nähe von Tennul zu sehen. Dubois glaubt nun. daß nur die nördlich vom 210 weißen Meer und der Ssmnaja Balka gelegene Hälfte der Halbinsel das bosporanische Reich in Asien gebildet habe, während die südliche Hälfte zum Königreiche Sindike gerechnet werden müsse. Aus der Ursache liegen auch nach ihm alle zum bosvoranischen Reiche gehörigen Orte, mit Ausnahme von Korokondame, auf der eben näher bezeichneten Insel. Bevor ich Dubois's Meinung einer Kritik unterwerfe und meine Ansicht näher beleuchte, will ich erst Ttrabo's Orte und ibrc Entfernungen näher bezeichnen. Der genannte Verfasser einer für uns außerordentlich wichtigen Geographie sagt nämlich ohngefähr an der angegebenen Stelle: „Von Tvrambc und dem Flusse Antileitcs bis zum kimmcrischen Flecken ist es 120 Stadien; dann kommt nach 20 Stadien weiterer Entfernung der Achilles-Flecken («coju^, daher nicht lmnr^ wie Dubois will). Hier ist die engste Stelle des Bosphor. denu die Entfernung bis zur gegenüberliegenden Küste, wo Mm'met'ion liegt, beträgt nur HO Stadien. Von da bis zum Denkmal des Saturos ist es 90 Stadien. Ganz in der Nähe liegt Patracus, von dem Korokondamc noch 1^0 Stadien entfernt liegt. Hier ist das Ende des kimmcrischen ^osphrrs, der aber an dieser Stelle viel breiter ist, denn die Entfernung bis zu dem gegenüberliegenden Akra beträgt 70 Stadien. 10 Stadien weiter von Korolondame beginnt der Tee Koro-koudametis, in den sich ein Arm des Antiteiteö ergießt. In diesem See liegt, wenn man einsäbrt, zur ^mten: Pbauagoria und Kevoi lnicht Kevoö), rechts bmgegen und zwar icnscits de^ auch Iner Hypaniö genannten Antilcites, also in der Sindit'e! Hermonassa, A^tmon, <>jorgippia und Aboiake. Vl'ii Korotondamc gel't die ^cbiffsabrt öst- 2<< lich. Bis zum sindischen Meerbusen ist es noch 180 Stadien. Nach der Zeichnung Dubois de Montpereux's stand der beutige Meerbusen von Tcmruk mit dem Kuban gar nicht in Verbindung, obwobl der erstere im Tczte grade zu mit dem lchtern idcntisicirt wird. Der kinnnerische Flecken lag auf der Nordwest-Ecke der nördlichen Halbinsel und dort zogen sich auch längs der Küste die Warten der Klazomcnier dahin. Den Achilles-Flecken seht Dubois an den Anfang der Nordzungc, das Denkmal des Satvros und Patracus bingegen auf und au dem blauen Hügel (Kuuk Oba). Den Meerbusen von Taman halt cr für den See Korokondametis, aber die Stadt, welche diesem den Namen gab, lag bereits in der Sindike und zwar da, wo icht Taman erbaut ist. Die Hauptstadt des bospora« Nischen Reaches in Asien, Phanagoria, muß man nach ihm an den Sümpfen im Südostende der Ssennaja Palka, die damals Meerenge war, suchen, wäbreud die Lage von Kepoi mit der des heutigen Kosaken dorses Acbtanißoffsk zu idcnti-ficiren ist. Der See von Kvsvltasch hieß nach ibm zu Strabo's Zeit der siudischc Meerbusen. Daß die Halbinsel einmal eine andere Form gehabt hat, als jetzt, unterliegt keinem Zweifel, daß sie aber zu Strabo's Zeit eine wesentlich andere gewesen ist, kann ich durchaus nicht zugeben. Die Zeit, wo der Meerbusen von Taman und das weiße Meer durch die Sseliuaja Balka mit einander in Verbindung standen, ist sehr früh und lange vor unserer Zeitrechnung zu suchen. Damals cristirtc das weiße Meer als Binnensee aber noch keineswegs und die Mündung deS Kuban war viel weiter landeinwärts; den nordwestlichen Tbcit der Tscunaja Balka halte ick für viel 14' 212 älter als die Niederungen einerseits zwischen dem Kuban und dein weißen Meere und andcrnscits zwischen diesem und dem Tcmrukschen Meerbusen und dem asoffschcn Meere. Strabo rechnet, um die Halbinsel von der Mündung des Antikcitcs bis zum Anfang dcr See Korokondametis zu umschiffen, 360 Stadien, also 7 geographische Meilen, cinc (5'ntfernnng, die für die ganze Halbinsel zu gering ist. Ohne Zweifel find deßhalb hier größere Stadien zu verstehen. Nimmt man an, daß Tyrambe und die Mündung des Antikcitcs am nordwestlichen Ende der Landenge von Temruk lagen, und bält die Entfernung von da bis zur Nordwestecke dcr nördlichen Halbinsel, wo der kimmerische Flecken bestimmt lag, zu 120 Stadien fest, so stimmen die übrigen Entfernungen bis zur Mündung des Tees von Kysyltasch, welche zusammen 2ö0 Stadien betragen, mit den Strabo'schen Angaben übercin, die letztcrn aber durchaus nicht mit den Ansichten Dubois's. Die direkte Gitfmnmg von dem kimmerischcn Flecken nämlich bis nach Taman «Korokondame nach Dubois) beträgt kaum so viel als die von Tyrambc bis zum kimmerischcn Flecken, nämlich 190 Stadien, während Strabo über nock einmal so viel angiebt. Nach Dubois lag also Korokondame nicht auf dcr bos-voraniscbcn, sondern anf der sindischcn Insel, cinc Annahme, die den Worten Strabo's widerspricht, denn bei genanntem Orte endigt der Vosphor, und die (Entfernung bis zum gegenüberliegenden Atra beträgt 70 Stadien, zwei Pestim» mungcn, die nicht zu der ^agc Tamanö paffen. Wenn aber auch in der That der Meerbusen von Taman und der See Korofondamctis nicht verschieden waren, so müßte doch Korokondame nicht am südlichen, sondern am nördlichen 213 Ufer genannter See gesucht werden, denn es lag 10 Stadien von deffen Mündung im Meere entfernt, also außerhalb des Sees. Will man aber eine Mündung des Meer-buseus von Tamail annehmen, so kann diese nur zwischen den beiden früher naher bezeichneten Zungen liegen. Es heißt ferner in der Geographie Strabo's mit bestimmten Worten, daß die Richtung der Schifffabrt im Meere von Korokondamc aus eine östliche ist; nack Dubois's Annadme wäre sie noch in der Meerenge und im Anfange grade eine westliche gewesen. Meiner Meinung nach umfaßte das bosporanisebc Reich in Assen die ganze Halbinsel Taman und »die Sindikc lag südlich von dem See von Kvsvltafcb und dem Kuban im heutigen Gau der Natochuardshen. Der sindische Tee lag 180 Stadien von Korokondamc entfernt und kann demnach nur in der beutigcn Bucht von Tudsbnl>Kalel, zu suchen seyn. Am sindischc« Tee befand sich nach Ttrabo der findische Hafen, der aber wiederum nach Skmnnos von Chio aus der Insel liegen sollte, die sich längs des Bos-phor bis zur MAotis erstreckte, also mit der heutigen Halbinsel Taman übereinstimmt. Etrabo sagt, daß die Breite des Nmmcrischcn Vosvhor an seiner engsten Stelle, 20 Stadien vom Umgänge, also zwischen dem Achillesfleckcn lind Myrmekion nur 20, an seinem Ausgange bingcgen, zwischen Korokondame und Akra. 70, die Länge lmigegcn 2^0 Stadien betragt. Halten wir die Entfernung von Tvrambe am Nordwcstende der Landenge von Temrul bis zum kimmcnschcn sslecken auf der Nordwestecke der nördlichen Halbinsel zu 1^0 Stadien für die Bestimmung dieses in verschiedene» Zeiten verschiedenen Maßes fest, so stimmt auch die Entfernung 214 vom kimmerischen Flecken bis zu dem Dorfe Kischlv am Ausgangc der Meerenge, wo Korokondame liegen sollte, vollständig mit der Angabe Strabo's von 230 Stadien übercin. Heut zu Tage ist die engste Stelle in der Meerenge ebenfalls am Eingänge und zwar zwischen der zweiten Hälfte der Nordzunge und dem gegenüberliegenden Icnikaleh (d. i. Neuburg), indem sie daselbst kaum 1 Stunde breit ist. Am Ausgange der Meerenge bei dem bcntigcn Dorfe Kisckly beträgt die Breite derselben bis nach dem gegenüberliegenden Vorgebirge der Krim ohngefahr i Stunden, also 4 Mal mcbr als die Breite der schmalsten Stelle am Eingänge. Aber auch nach Strabo ist der Eingang in die Meerenge fast i Mal schmaler als ihr Ausgang. Strabo nimmt von der Nordwestcckc der nördlichen Halbinsel bis zur engsten Stelle des Bosphors, oder von dem kimmerischen bis zu dem Achilles-Flecken nur 10 Stadien au, eine Entfernung, die allerdings auf die heutige Beschaffenheit nickt mcbr pasit, da jene wenigstens das Doppelte beträgt. Wenn man die Lage Korokondame's und des heutigen Kischlv'o identisieirt und an genannten Orten das Ende der Meerenge annimmt, wie es in der That auch der Fall ist, so muß aber ausfallen, daß der sonst so genaue Geo» graph des Alterthumes den Taman'schen Meerbusen gar nicht erwähnt. Dieser Umstand mag auch zunächst Dubois de Montperenr, bestimmt haben, genannten Mecrbnsen mit dem See Korokondametis zu identifmren. Strabo hat aber auch die beiden Znnge», die am Eingänge in den Meerbusen liegen, nicht crwäbnt. Hatten diese f»rz vor unserer Zeitrechnung nicht existirt, so hätte aber anch die Breite 219 der Meerenge am Eingänge wenigstens das Doppelte von der, die Strabo angibt, betragen. Man muß annehmen, daß, da der genannte Geograph des Altherthnmes eigentlich nur eine Küftenbeschreibung der Halbinsel gibt, damals an dem Ufer des Taman'schen Meerbusens kein Ort von irgend einer Bedeutung lag, und daß er sich deßhalb auch nicht weiter in eine speciellere Beschreibung desselben einläßt, ihn zu nennen sogar versäumte. Es wäre aber auch möglich und durchaus nicht so unwahrscheinlich, daß der Taman'schc Meerbusen einmal gar nicht ex,istirt hat, sondern erst in Folge der im Innern der Erde czistirenoen Kohlenbrände durch bedeutende Einsenkungen entstanden ist. Daß Plötzliche Einscnkungcn in Folge unterirdischer Kohlcnbrände keine außergewöhnliche Erscheinung sind, wissen wir. Ein Beispiel liefert die nächste Umgebung vom Baku, wo, wie ich früher behauptete, dieselben Verhältnisse obwalten^). Ehe ich meine Wanderungen nach den Schlammvulkanen und Naphtaqucllen antrete, will ich noch einige Worte ilbcr die Lage des alten Pbanagoria sagen. Keine Gegend auf der ganzen Halbinsel besitzt so viele Ruinen, und hat so viele griechische Inschriften mid Münzen geliefert, als die Umgegend des heutigen Tamau. Bedenkt man nun, daß auf der Halbinsel selbst in alter Zeit kein zweiter Ort genannt wird, der mit Phanagoria eine Bedeutung hatte, denn Kcpoi scheint nur als Geburtsort der Mutter des Demosthenes eine solche erlangt zu haben, so möchte man wohl glauben, daß die Hauptstadt des bosporanischcn Reiches auch da gelegen haben muß, wo die meisten Ruinen sich vorfinden. Es hat mir aucl, in der That geschienen, l> Meint WaüscrmM,! n>lch dem Oriente, 3, II,. G, 220, 216 als wenn bisweilen aus den Berichten der Alten hervorgehe, daß Phanagoria Pantikapäon der Residenz des ganzen Reiches nicht fern, vielleicht sogar gegenüber gelegen haben müsse. Es ware freilich auch möglich, daß zur Zeit der Vlütl'c des bosporanischcn Reickcs die Vornehmen aus Pantikopäon Villen und andere Gebäude auf dem gegenüberliegenden Tamau besessen und luxuriös ausgeschmückt bätten. und aus diese Weise die Ruinen zu erklären wären. Den Worten Strabo's nacb kann aber das bospora-nische Phanagoria durchaus nicht da gestanden haben, wo jetzt das russische Tamau oder das bcntige Phanagoria liegt, selbst wenn mau mit Dubois de Montvereur. den Meerbusen von Taman mit dem See Korokondamctis idcn-tificirt. denn es lag, wenn man cinfubr, nicht rechts, sondern links. Auch wissen wir mit Bestimmtheit, daß Pl'ana-goria eine Akrovolis besaß, die nur, wenn wir der bei Tainan gelegenen Stadt eine Ausdebnung bio zu dem eine Stunde entfernten Hügel itirttöl geben, eristirt baben kann. Identifieirm wir den See von Kvsvltasch mit Korokondamctis, was wol,l das Nichtigere ist, so lag Pbana-goria auf der Südküste der südlichen Halbinsel und vielleicht am Hußc oeö Hügels Idsbilen, wolün sie aucb Pallas setzt. Der nahe See Zukur wav ganz zum Haftn geeignet und durck den Kuban, der im Sce von Kvsvltascb seine Hauvtmündung bat, standen die l'auvtsächlich Handel treibenden Einwohner der griechischen Kolonie mit den Völkern des lHebirgeö lind der nördlichen l>l'ene leister in Verbindung. Ondlich erlaube ich mir noch zu bemerkn, daß zur Zeit Konstantin Porvhyrogcneta's die Halbinsel den Namen 217 Atech hatte, ein Wort. was gewiß mit At und Atesck d. i. Feuer, in Verbindung zu bringen ist. Man werfe mir nicht ein, daß die Noghaicr crft seit diesem Jahrtausende die nördlichen Ebenen am Kaukasus bewobnen, denn wir wissen auch, daß außer den Komanen schon früber noch andere Völker turanischen Ursprungs nördlich vom Tcrek und Kuban ihre Wolmschc batten und eine dem Türkischen äbnliche Evrache redeten. Obwohl Taman der Hauptort auf der Halbinsel ift und eine außerordentlich günstige Lage besitzt, so hat es doch scit seiner neuen Gründung durch die Nüssen im letzten Viertel des vorigen Iabrhundertcs unendlich verloren und sich selbst bis zur neuesten Zeit nicht wieder gehoben. Außer den Beamten sind nur wenige rusissche Kaufleute vorhanden: in der Regel ist man gezwungen, sich alles, was nicht zu den gcwöbnlichsten Bedürfnissen gebort, aus dem gegenüberliegenden Kcrtsch ;« begeben. Man darf sich deßbalb auch nicht wundern, daß tie Wobltbat guter Gastböfe noch nicht bis zur Mündung des Kuban gekommen ift. Wobl wissend, daß sich in deu entlegensten Gegenden Rußlands in der Regel auch Deutsche vorfinden, erkundigte ick mich am andern Morgen nack Landsleutcn. Man kann in Nujiland mit ziemlicher Tichcrbeit darauf recknen, daß dic meisten Aerzte und Apotheker deutschen Ursprungs sind. Es war dieses auck in dem nabcn Pbanagoria der Fall und so wanderte ich am ftüben Morgen dieser unbedeutenden Vcstc. welche bauptsächlich Spitäler entbält, zu. In Pbanagona lebt seit mebren Jahren ein linder« loses Ehepaar, was alle Reisende deutschen und andern Ursprunges m seinem netten Haussen gern ainmmmt und 218 sich ihrer Pflege und Bewirthung mit wahrhafter Liebenswürdigkeit unterzieht. Der Name des Hausherrn, Nam-berger, klingt deutsch, und in der That vernahm ich Töne, die mich an mein Vaterland erinnerten, aber trotz dem erst, nachdem ich mich an die Sprackweise etwas gewölmt batte, mir verständlich wurden. Auch Moritz Wagner gedenkt in seinem Buche: ,,der Kaukasus und das Land der Kosaken" des freundlichen ßbepaars. Obwobl ich auf beiden Reisen nach dem Oriente die Gastfreundschaft im eigentlichen Sinne des Wortes vielfach erfahren, und von Landslcuten so wie von Fremden mich oft einer freundlichen Aufnalnue erfreut batte, so war mir doch keine Familie vorgekommen, wo die liebenswürdigste Bewirthung so aus dem Grnnd des Herzens und ohne den geringsten Egoismus erfolgte, als m dem Apotheker-Häuschen in Phanagoria. Jetzt beklage ich es, daß ich den freundlichsten Aufforderungen des Ehepaars, eine längere Zeit bei ihnen zu bleiben, nicht Folge geleistet babe. Ich bätte auf gleiche Weise, wie auf der Halbinsel Apscheron von Baw aus, auch von hier aus nach allen Teilen hin die Halbinsel durchstreifen und namentlich in archäologischer Hinsickt bedeutendere Resultate erlange» können, als mir jetzt vorliegen. So geht es aber häusig auf Reisen; daheim angekommen, beklagt man, daß man die eine oder andere Gegend, von der man während der Bearbeitung mehr Aufschluß haben möchte, weniger untersucht bat, als man nachbcr wünscht. t''s war während meiner Anwesenheit auf der Halbinsel schlechtes Wetter eingetreten, was meinen Untersuchungen doch mehr oder weniger l'i»der!ich gcwesen wäre. Dieser Umstand und Sehnsucht nach d?r Hmuatb trieb nmb vorwärts, (5s 219 kam noch dazu, daß sich mir eine günstige Gelegenheit zur Ucberfahrt nach Kertsch darbot. Noch an demselben Tage nahm ich ein Dreigespann und fuhr mit einem Empfehlungsbriefe des Krcishauptmanns Doroschcnko nach dem Kosakendorfe am weißen Meere, Achtanißoffsk. Der Weg führt ostwärts auf der gewöhnlichen Straße bis zur Station an der Sscnnaja Balka, gebt aber dann durch dieselbe nach der Niederung an dem oben genannten Binnensee. Dort soll nach Dubois de Montpercux, wie ich oben gesagt habe, Phanagoria der Alten gelegen babeu, wabrend nach ihm da, wo jetzt Tschernomoren (Kosaken am schwarzen Meere) angesiedelt sind, der Geburtsort von der Mutter des Demoftbcncs, Kepoi, gestanden haben soll. Achtanißoffsk liegt in einer fruchtbaren Niederung und seine Einwohner gehören deßhalb zu den wohlhabenderen in Tschcrnomoricn. Der nahe Eec ist reich an Fischen, namentlich an Karpfen. Der Acltestc des Dorfes sorgte für ein freundliches Unterkommen, aber auch für einen Mann, der mich am andern Morgen mit den interessanten Schlammvulkanen der Halbinsel bekannt machen sollte. Am ftüben Morgen des 14. Septembers, eines der rauhen Tage, wie sie hier keineswegs, namentlich gegen den Herbst bin, selten sind, fuhren wir zuerst in fast rein westlicher Richtung nach dem tatarischen Dorfe Aty. Obwohl dieser Name Feuer bedeutet, so erfuhr ich doch nichts, was nur im (Geringsten auf die Existenz eines Feuers ober Schlammvulkanes hingedeutet bättc. ?ltv liegt auf der nördlichen Halbinsel, nicht weit von dem Norduftr des Taman'schen Meerbusens. Ein unbedeutender Rücken durchzieht die ersten von Osten nach Westen, und über sie hinweg in nordwestlicher Nicktung 220 gelangten wir zu einem zweiten tatarischen Dorfe, was den Namen Fantan oder Fantal d. i. Vrunncn, besitzt. Es ist eine Eigentbümlichkeit der Halbinsel, daß zwar wenige Bäche vorhanden sind, daß man aber fast allenthalben schon in geringer Tieft süßes Waffer erhalt. Bei dem genannten Dorfc befindet sich ein Brnnnen mit vorzüglichem Wasser, der zur Bcncnnnng Fantan Veranlassung gegeben hat. Von hier ans erhebt sich das Land wiederum zu einem im Durchschnitte hundert Fuß hohen Uferrande. Auf diesem Rande siebt man mehre konische Hügel mit einer lraterähnlichen Versenkung in der Mitte. Die hier befindlichen Hügel waren weit breiter als hoch und der Rand, welcher die breite (iinsenknng einschloß, hatte nach dem Meere zu eine Spalte, dnrch die der früher ausgeworfene Seblamm nach dem Meere abgeflossen war. Die Finsentung besaß eine Tiefe von 6—10 Fuß und war mit weichem Schlamm so angefüllt, daß es nicht möglich war, nach der Mitte zu gclaugcn, ohne der Gefahr sich Preis zu geben einzusinken. Und in der That war cs mir nicht möglich, mit einer Stange, die ich in die weiche Masse einstieß, festen Boden zu finden. In der Mitte war der Schlammvulkan, denn diesen Namen fübren diese (Eruptionen von Schlamm und Nasser, noch in Thätigkeit, denn es stiegen daselbst fortwahrend Gase heraus und hoben Blasen empor. Man erzählte mir, daß alle Schlammvulkane, und demnach auch die, welche sich hier vorfinden, im Frühjäbrc weit thätiger seyen und cine solche Menge Schlamm auswerfen, daß dieser bachälm-lich durch die früher bezeichnete Spalte nach dem Meere abstießt. Der Schlamm batte dasselbe Ansehen wie der, den ich im Osten des kaukasischen Istlmms olmweit Sche« 221 machi gesehen und beschrieben habe. Er hatte eine mergelig-lehmige Beschaffenheit und führte Stücken bituminösen Kalkschiefers, bisweilen mit Schwefelkies besetzt, tertiären Kalkes, Mergels und eines röthlichen Eisensteines. Das Gas hat Göbel^) untersucht und gefunden, daß es aus beiden Kohlenwasserstoffgasen und aus Kohlenoxydgas besteht. Es brannte mit heller Farbe, weßhalb Engelhardts und Parrots Angabe^), wornach ein mit Salpeter präpa-rirtcr und glimmender Schwamm darin ausgelöscht sey, berichtigt werden muß. Der hohe Nand fällt nach dem Meere zu ziemlich steil ab und besteht aus einer feinen, sandsteinartigcn Molasse, die zum Theil so mit Naphtha getränkt ist, daß sich ein dem auf der Halbinsel Apschcron ähnlicher Asphalt gebildet hat. Eine Lage thonigcn Lehmes von ohngcfähr 30 Fuß bedeckt die Molaffc, und ihre Oberfläche ist mit einem ziemlich dichten Pftanzcnwuchsc versehen. Aus dem hier befindlichen natürlichen Asphalt gewinnt man Naphtha, indem man jenen auf einer breiten und schrägablaufenden Rinne ausbreitet und so lange mit Mecr-wasser übergießt, bis keine Naphtha mehr fortgerissen wird. Das Mcerwasser läßt man in 6—8 Fuß tiefe Löcher einlaufen. Nach einiger Zeit setzt sich die leichtere Naphtha oben auf und wird abgeschöpft. Hierauf bringt man sie ill hölzerne Gefäße und läßt sie sich noch mehr läutern. Diese so erhaltene Naphtha hat, wie die unter dem Namen der schwarzen auf Apscheron bekannte Sorte, ein schmutziges dunkcl-olivcngrüncs Ansehen, was aber nur bei geringer Menge deutlich hervortritt und sonst schwarz erscheint. l) Reisen >>l die Slcvpcn d« siidlickcn Midlands. Th, 2. T, N8. '2) Reist in die K>vm mid >,> d^-n .'taulanx«, Tl,. l, 3, 71. 222 Die Arbeiter waren freundliche Russen, die mir erzählten, daß sic bisweilen auch in der Molasse Knochen fanden, diese aber an das Krcisamt abliefern müßten. Sie zeigten mir ein Stück Unterkiefer mit einem Backcnzabn, einen Wirbel und ein Stück der Pfanne, die alle wabr-scheinlich einem Mammutbähnlichen Thiere angehört haben mögen. Vergebens versuchte ich, diese Reste einer vermenschlichen Zeit käuflich zu erhalten: man hatte es streng verboten, dergleichen Knochen wegzugeben. So wandern diese gewichtigen Zeugen der Urwelt in das Krcisamt und geben schon hier der Vergessenheit entgegen, oder werden wohl auch nach Petersburg gesendet, wo man dergleichen Dinge sorgsam aufhebt, damit sie für die Wissenschaft nicht verloren gehen. Auch tlmlte man mir Stücke derselben mineralischen Seife mit, wie man sie auch in Schirwan uud auf ?lv-scheron besitzt. Die diesige schäumte weit mehr. Von bier aus führte mich mein freundlicher Begleiter in rein östlicher Richtung am Meere bin bis in die Nähe der Stelle, wo die Landenge von Tcmruk endiget. Dort befindet sich ohnwcit des Meeres der größte der noch exi-stircndc» Schlammvulkane. Der Hügel schien nur bedeutender als die andern, die ich gesehen, zu seyn und besaß einen runden Krater von ohngefähr 1Ä Fusi Tiefe und 24 Fuß im Durchmesser. Grauer Thonschlamm bedeckte wiederum dic Oberfläche der Vertiefung und lag nach der Mitte zu etwas erhöht. Hier brachen in Unterbrechungen von !>—l, Sekunden Blasen von 4—.'; ^^ im Durch« messer hervor. Wenn sic platzten, floß ftbr wäßriger Schlamm über. Von bier auö wandten wir uns nach der Niederung am 223 weißen See und beobachteten wiederum in der Nähe des Dorfes Achtanißoffsk einen Doppelhügcl mit weit geringerm Krater. Dieser ist wahrscheinlich derselbe, aus dem am 26. April 1818 plötzlich eine Menge Schlamm und unter Andcrm auch eine Denktafel mit einer griechischen Inschrift ausgeworfen wurde. Auf der Inschrift sah man, daß hier der Diana ein Temvcl erbaut wurde. Die Erklärung dieser Eigenthümlichkeit habe ich früher gegeben. Die Kosaken in Achtanißoffsk erzäblten mir, daß die Anzahl der Schlammvulkane früher weit größer gewesen sey. Als Pallas zu Ende des vorigen Iahrwindcrtes dieser Gegend seine Aufmerksamkeit zuwendete, existirtcn die von mir eben beschriebenen Schlammvulkane noch gar nicht, dafür waren andere thätig. Gngelhardt und Parrot sahen ebenfalls zum Theil andere und eben so wieder Dubois de Montpcreuz, dem der von mir zuletzt beschriebene Schlammvulkan noch unbekannt war. Ich möchte daraus schließen, daß er in den dreißiger Jahren noch gar nicht crMirte. Moritz Wagner, der letzte Reisende auf Taman vor mir, hat dieser höchst interessanten Erscheinung nur sehr geringe Aufmerksamkeit gemdmet. Es scheint demnach, als wenn die Schlammvulkane nur eine kurze Thätigkeit besäßen, denn, wie gesagt, wirft von allen denen, die Pallas, Engelhardt und Parrot erwähnen, keiner mehr etwas aus. Auf der Südeckc der nördlichen Halbinsel, dem Hauptorte Taman gegenüber, liegt ein nicht unbedeutender Hügel, der des bläulichen Mergels halber, aus dem er besteht, den Namen Kuut-Oba erhalten hat. Kuuk, aus dem die Russen Hluku gemacht baden, ist die noghaischc Form für (Wk, blau. Aus diesem Hügel erfolgte 1794 eine Eruption, die wabrscbcinlicli ;u den stärksten gebort. 2ö4 die bis jetzt geschehen sind. Seitdem floß aus der kratcr-älmlichcn Spitze des Hügels Schlamm, wie Dubois selbst noch sah. Mir erzählte mein Begleiter, daß der Schlammvulkan uur noch im Frühjahre ein wenig thätig sey. Es ist demnach wahrscheinlich, daß er bald ganz und gar aufhören wird, Schlamm auszuwerfen. Daß der Auswurf in der That sehr bedeutend gewesen seyn muß, ersieht man daraus, daß die Kosaken den Hügel Prcklo, was bei ihnen Hölle bedeutet, nannten. Preklo heißt im Alt-Kleinrussischen Schwefel und Pech. Pallas und nach ihm Dubois de Montperenx halten den blauen Hügel für das von Strabo erwähnte Denkmal des Satvros. Es lag 100 Stadien von dem kimmerischen Flecken entfernt. Wahrscheinlich in Folge der Benennung Preklo kam Dubois de Montpcrcuz auf den sonderbaren Gedanken, hier nach der Mvthe der Griechen den Eingang zur Unterwelt, wo der Kokytos und Achcrus fließen, zu suchen. Es ist durchaus nicht so unwahrscheinlich, daß die Halbinsel Taman mit ibren wahrscheinlich damals häufigeren und größeren Schlammvulkanen dem Sänger der Odyssee Veranlassung zn diesem Tbeile seiner Dichtuug gab. Zu den Kimmcricrn läßt Homer den Odysseus geben, um das Orakel dcS Tiresias zu befragen. Gibt doch PliniuS dem Kimmcricum den Namen Karberion. ein Wort, das ebenfalls an den Wächter der Unterwelt erinnert. Die meisten Schlammvulkane haben sich früher auf der Hügelkette vorgefunden, welche sich, im Osten am Ufer dcS asoff'schen Meeres beginnend, westlich durch die ganze südliche Halbinsel hinzieht. Taman im Süden liegen die 40 Hügel Kirk-Köl, wo Engclhardt und Parrot noch Schlammvulkane fanden und wo vor einiger Zeit nach der 2^> Gablung meiner liebenswürdigen Wirtbe eine Eruption stattgefunden hatte. Weiter nach Osten liegt in derselben Hügelkette der ziemlich gleich hohe Aßodagl), an dessen östlichem Fuße sick die Ssennaja Balka befindet; auf ibm findet man ebenfalls noch kraterähnliche Vertiefungen. Noch weiter östlich, am östlichen t5ndc des Meerbnsens von Taman, erhebt sich der Schumukai, auf dem der frnbcr berühmte Aschcnbügcl, Köll-§?ba, ein jetzt nntbätigcr Schlammvulkan, befindlich ist. Südlich am weißen Meere liegen die jetzt kaun, thätigen Schlammvulkane Kußu- und Bekül-Oba. Auch auf der Landenge von Tcmruk beobachtete man lttiH ciue Eruption und die Russen »aunten den Hügel, an dem sie erfolgte, Gniloi-Oora, d. i. fauler Berg. weil fort-w^il'rend nach Kreosot riechender Schlamm herausquoll. A»f derselben Stelle, wo Dubois Phanagoria der Alten liegeil läßt. bat Pallas Napbthaquellcn angegeben. (5s solle,, ancl' int äußersten Südwest, ohnweit Vogbai«. Navbtba-qnellen vorbanden sevn. ')lder nielit allein anf den, ^estlande der Halbinsel gab sich die uutelirdische Tbätigteit fund, sondern auch, jedoch seltner, in, Meere. Den "». September nnd ^war im Herbste 179i» erhob sich plötzlich im Meerbusen von Tcmrut eine ^ufel. die. wenn ich nicht irre. später jedoch wiederum eingesuusen ist. l'ine zweite Insel wurde am <0. Mai lttl'l ebendaselbst emporgehoben. In Achtanisoffö übernachtete ich noch einmal und kehrte am andern Morgen mit raschen «osakenpferden nach Pbanagoria zurück. Der freundliche Apotbcker batte mich schon den Abend vorber erwartet. In seiner Gesellschaft verlebte ick nock eine» tranlichen Tag. den letzten, den ich 226 auf dem kaufasischen Isthmuo zubrachte. Am 1ft, S^" teulder früh begleitete mich Herr Romberger nach Tama», wo ein russisches Segelschiff bereit stand, um mich „ach der klassischen .Nrim über^lifülnen. Druck von « st, Ell'est <>! ?f!r;>^