Kamstag den 26. Uz,ril_____________F828. Nie Vt^lnst oh nt eigenes ^nmöocn aus einem grossm Mlße zu leben. ^5ahrend der große englischeMinisterPltt, dem England seinen Wohlstand und sein Übergewicht, dessen es sich gegenwärtig erfreut , zu verdanken hat, sowohl von seinen Zeitgenossen als auch von deren Nachkommen mit Recht bewundert wird; so ist es mehr als billig, daß auch dem Andenken jenes Mannes, der dem Minister Pitt die erst« Idee zu seinem dieefä'llig»n System verschafft hat, die schuldige Achtung und Aufmerksamkeit gezollt werde. Schneider, ein Schweizer aus dem Kantone Unlerwalden, hieß dieser Mann. Sein Vater, aus einer guten Familie entsprossen und Verwandter eines Landamanns, war vielleicht eben deswegen ein wackerer Politiker und Reformator der Verfassung seines Vaterlandes, in dem er als erklärter Feind der Verschiedenheit in den Regkerungsgrundsätzen einiger theils'aristokratischer, lhcils demokratischer Kantone, eine solche Ordnung der Dinge gen, festgesetzt wissen wollte, die allen gleich, Gesetze, gleiche Rechte und gleiche Fasten gesichert hätte. Mit einem Worte, rr beabsichtigte nichts Geringeres als mittelst Rous-sau's 6os>,s»ct social die hohe« Schweizer-Berge zu ei»er schonen gleichen Ebene zumacheni doch sein unsinniges Beg innen erzielte nichts anderes , als ein Konstl'tutions-Projecte enthaltendes, in Maroquin gebundenes Büchelchen mit Goldschnitt, und den Ruin seines väterlichen Erbes. Mit bkser Erbschaft begann der junge Schneider stm« Laufbahn. Obgleich es bekannt war, daß ihm sein Vater kein bedeutendes Vermögenhwterlassen hatte, so konnte es doch Niemanden einfallen zu glauben, daß dieses einzig und allein in Constitutions-Proleten bestände; übrigens besaß Schneider einen geachteten Namen, ein zuvorkommendes Äußere, eine gute Erziehung und'ein glückliches Temperament, daher er,in den besten Häusern des Kantons Zutritt hatte. Um sich aus dieser traurigen Lageheraus zu arbeiten, er« fand er ein eigenes System, dessen Grundsätze er mit größter Thätigkeit und Geschicklichkeit in Anwendung brachte. Zum schnellern Gelingen seines Planes ließ er bekanntwerden, baß er 2000Thaler auf 6Monate gegen 5 l>jo benothige. Es war ihm auch nicht schwer sich diese Summe von dem damahls sehr bekannten Wechselhause Frey und Comp. zu verschaffen. Nun zweifelte Schneider nicht mehr an dem Gelingen seines Vorhabens; er ordnete seine Ausgaben , setzte sich seinen Haushalt fest, und ließ ohne Affektation, obgleich mitFleiß, sein Oconomie-System von Jedermann bemerken, indem er vorgab, daß durch das Wenige so ihm sein Vater hinterließ, und durch bm Gewinn, der aus seinen zeitweise« Geschäften ihm zustieße, seine Existenz gesichert sey. Man lobte allgemein seine Thätigkeit und Ordnung, und et, der beyde so geschickt zu vereinen wußte, erwarb sich den Ruf «ineS artigen und geachteten Mannes. Endlich ruckte die Verfallszeit des Wechsels von 3000 Thaler hetün; aber Schneider, dem in der Zwischenzeit von dem Wechselhause, Freuten, Diensie und Geld angetragen wurden, zog sich dadurch aus jeder Verlegenheit, indem er von diesem Anerbie-then Gebrauch machte. Um nun alle Ausgaben zu decken, ließer sich die Summe von 3125 Thalern geben, die er folgcnbermafsen verwendete. Auslagen fär das nächste halbe Jahr 1000 Thaler. Zur Tilgung des verfallenen W echsels 2900 , Sechsmonatliche Interessen von 200ll Thalern ..... 50 » 205a . Interessen für 6 Monate von 2050 ?5 . 3125 Thaler. Mit diesem Betrage konnte sich Schneider als Besitzer aller Kapitale der ganzen Schweitz betrachten, denn von ihm allein hing es nun ab, sich solche zu verschaffen; doch war.er von einem solchen Ehrgeitzs weit entfernt, er beabsichtigte nichts weiteres als ein angenehmes und gemachliches Leben zu führen. Obgleich der Wechsler Frey gar nicht wegen der Zahlung seines Wechsels in Unruhe war, so wollte ihn doch der Schuldner bezahlen, theils um zweimonatliche Zinsen zu ersparen, theils um zu seinem Kredit einen festen und dauernden Grund zu legen. Er verfügte sich daher zu Frey und gab ihm zu verstehen, daß, indem die Zinsen von zwei Monaten zu Z Ho von einiger, Bedeutung sind, er gesonnen sey, falls sie sich darüber einverstehn würden, den Wechsel mittels Sconto zu b»zahlen. Frey überhäufte ihn mit Lobeserhebungen, und bewunderte seine Geschäfcskenntnisse, indem er hinzufügte, daß.er nur unter der Bedingung lememWun: sche entsprechen wolle, daß, falls er Geld brauchen sollte, er es bei keinem andern als bei ihm suchen dürfe. Schneider versprach es, ohne sich bitten zu lassen, und obgleich er die Aufgabe, ein bequemes Lehen ohne einen Heller Vermögen zu führen, als, aufgelöset ansehen konnte, bemühte er sich doch auf jede mögliche Art seinen Kredit besonders dadurch zu vergrößern, daß er die Zahl seiner Gläubiger vermehrte, damit alle bessern Häuser der Schweiz von dem Vor-theile mit ihm in Verbindung zu stehen, und von der Ehre zu seinem Unterhalte beizutragen, Gebrauch machen konnten. Nach Verlauf von drei Iayrm war «löscht. Vaterland folge meinem Beyspiele!« und __ starb. Nachdem sich die Anwesenden in etwas erhohlt hatten, nahm der Veredteste unter ihnen das Worl, und schlug vor, daß man eine Supscription eröffnen möge, um dem Verstorbenen ein Denkmahl zu errichten. Alle stimmten gern diesem Ansinnen bei, und die Ueberreste Schneiders wurden am Fuße des Brünning, welcher den Kanton Unterwaldcn vom Kanton Bern scheidet, begraben. Als Pitt in dieser Gegend einige Jahre später rcistto, .',nd die einfache Inschrift auf scinnn Grabe — der Bor g, e, r erblickte, wurde er so sehr betrossen, daß er die Lebensgeschichle desjenl-gen, der in diesem Grabe ruhete, hören wollte. Als sein Begleiter in der Erzählung zu den Worten kam, die Schneider in der letzten Anrede an seine Gläubiger aussprach: »Ich armer Sterbliche bin gezwungen zu falliren, aber der Staat stirbt nicht u. s. w. wurde der junge Pitt, wie von Wahnsinn befallen, wieberhohlte mit Begeisterung die Worte: »der Staat stirbt nicht!' Schnell bestellte er Postpferde ohne eine andere Ursacl e anzugeben als „derStaat stirbt nicht,« cr bestieg das Packbott mit dem Ausrufe : »der Staat stirbt nicht,« und mit den nähmlichen Worten trat er in das Kabinet bcs englischen Ministeriums, so daß man ihn so lange für einen Narren ansah, bis die große Anleihe zu Stande kam, mit welcher England den Krieg von Europa ausdauerte, Indien bezwang, und Napoleon zu Grunde richtete , Sachen die nicht ausgeführt worden wären, wenn der Erfinder dieses Systems und des Gruyer - Käses nicht gelebt hatte. Man glaubt allerdings allgemein, daß Pitt sein Vaterland nie verlassen habe, und seine Verehrer suchen diese Meinung zu erhalten, um dadurch den Ruf dieses Ministers zu vergrößern; dieses benimmt jedoch der besagten Erfindung an ihrem Werthe nichts, daher ilberlassen wir der Welt die Sorg,, zu erforschen, ob das System eines ewigen Kredits aus dem Kopse Pitts ode« Schneiders hervorging. Ner lebendig geprügelte Aovte. Zwei Edelleute in Petersburg hatten sich gegenseitig «wige und unversöhnliche Feindschaft geschworen, zufällig starb in dieser Zeit einer von den Dienern des einen Herrn, man begrub ihn, der ruffischen Sitte gemäß nach Verlauf von 34 Stunden. Da siel es dem awoern Herrn ein, sich an seinem Gegner zu rächen, und zwar ihn der gewaltsamen Ermordung dieses seines Dieners zu beschuldigen. Um dieser Anklage den 'Anschein der Wahrheit zu geben, beschloß'er den Todten, mit Hülfe einiger Getreuen, wieder auszugraben und ihn so zuzurichten , daß sich bei dessen Besichtigung deutlich« Spuren der Gewaltthätigkeit zeigen sollten. Dem zu Folge ward der Körper aus dem Sarg genommen, aufrecht hingestellt, und-eben sing man an, ihn mit gewaltigen Stockschlagen zu regaliren, als der Todte, zum Entsetzen der ganzen Gesellschaft, nach «inigen empfangenen Schlagen, plötzlich auflebte, und dadurch die erschrockenen Todtenbeleber zur schleunigen Flucht anspornte. Nach und nach sammelte der Erstandene so viele Kräfte, daß cr, immer in seinem Sterbe-Costüm, das Haus seines Herrn erreichen konnte, wo sein Erscheinen alle Einwohner Wit Grausen erfüllte. Endlich > überzeugt, daß es kein Geist sey, beruhigen sie sich? und der Neubelebte muß ihnen haarklein alles erzählen was ihm seit seinem Scheintodt begegnet. Eine Art Starrsucht hatte ihn, bei vollem Bewußtseyn unvermögend gemacht sich zu bewegen oder auch nur zu sprechen , bis die schrecklichen Hiebe, seine erstarrten Glie^ der wieder belebten. — Auf diese Weise warb der höllische Plan entdeckt, den man wider seines Herrn Leiben und Ehre geschmiedet. V istarisch e-Nnecvoten. (Gesammelt von Vrann —r.) Als Sultan Soll man der Zweyte die Stadt Belgrad erobert hatte und wieder nach Konstant!« nopel zurückkehren wollte, warf sich ein armes Weib ihm zu Füssen und beklagte sich bel ihm, daß ihr sei« ne Soldaten wahrend der Zeit, als sie geschlafen, Alles weggenommen hätten. Soliman lächelte darüber und antwortete: St« müßte denn doch sehr fest geschlafen haben, wenn sie von dem Geräusche und Lärmen während der Plünde-rung ihres Hauses nichts gehört hatte. „Freylich," erwiederte si« ganz dreist, »freilich schlief ich sehr fest, weil ich glaubte, du Kaiser, wach« test für mich." Der Sultan wurde sehr lebhaft dadurch betroffen,^ und doch gefiel ihm diese entschlossene Antwort; er ließ der Frau alles wieder geben, was man ihr genommen hatte, und machte ihr noch obendrein ein Gefchmt von zwanzig Goldstücken. Die blinde Wuth der Krieger zerstört oft ble schönsten Denkmale der Kunst. — So zerschlugen die über die päpstliche Herrschaft erbitterten Bologneser im An» fange des sechzehnten Iahrhundertes, im ersten Ausbruche der Wuth die schöne bronzene Bildsäule Julius II. die der große Michael Angel« geftrtiZet hatte. Unter tausend Verwünschungen wurde sie durch di< Stadt gezogen, in Stücke zerschmettert, und — we» sollte es glauben? — in eine Kanone umgegoßen/ dis den Nahmen Julius erhielt. Nur der Kopf wurde durch ein Ungefähr entrissen, und war lange eine Zier-de des herzoglichen Museums zu Ferrara. Revacteur: F"r. kav. Keinrich. Verleger: Hgnat M. Wler v. Rleinm « yr.