L a i b a ch e r. Wochenblatt zum Nußen und Vergnügen. Freytag den ^9 May. 1315. Trauriges Lebensende Ludwigs XVI. <^n dem gegenwärtigen Zeitraume, wird es gewiß nicht ohne Interesse seyn, die letzten Lebens Augenblicke des unglücklichen Königs Ludwigs X V., die ohnedieß vielen unse.n Lesern nicht bekannt seyn dürften, wieder ms Gedächtniß zurückzurufen: Am 20. Jan. Abmds führte der Iu-stizminister den Abbe Edgeworth de Fer-mond in den Tempel, Sobald Abbe Edgeworth eingetreten war, entfernten sich der Iustizminister und die Mitglieder des Gemeinderaths. Der König schloß die Thüre hinter ihnen ab, und gieng auf den Geistlichen zu, der sich ihm in der ersten Anwandlung des Schmerzes zu Füßen warf, ihm die Hände küßte, und sie mit seinen Thränen benetzte. Der König hob ihn auf, und sprach tiefgerührt zu ihm:" Mein theurer Freund ! Ich sehe seit lan-„ger Zeit nichts als böse Menschen um „mich, und meine Augen sind daran ge-,/wohnt; absr der Anblick eines treuen Unterthanen dringt mir in das Innerste der Seele; ich kann meine Thränen nicht mehr zurückhalten." Nachdem dieser erste Augenblick der Rührung vorüber war, führte derKönig den Abbe Eogeworth in sein Kabinst, und setzte sich zu ihm, las ihm sein Testament vor, «„d sprach mit ihm. Nach diesem Gespräche beschäftigte er sich mit der letzten Zusammenkunft, die er mit seiner Familie ha. ben sollte. Einem Dekrete des National-konvents zufolge konnte er seine Familie ohne Zeugen sehen; aber der Gemeinde- ^ rath hatte durch einen Beschluß seine» Kommissären im Tempel eingeschärft, d?« König weder bey Tag noch bey Nacht aus den Augen zu verlieren. Um diese beyde» widersprechenden Entscheidungen zu vereinbaren, kamen die Kommissäre und der Minister dahin überein, daß der Könia seine Familie in dem Speisezimmer empfangen sollte, wo man ihn durch die Glasfenster einer Scheidewand sehen konnte ; aber die Thüre sollte verschlossen werden, um ihn nicht zu hören. Diese hsrzzerreissende Scene des letzten Abschiedes fand um halb 9 Uhr Statt Die Königinn, mit ihrem Sohne an der Hand, erschien zuerst; dann traten Mada-me. Royale und Madame Elisabeth ein" Alle warfen sich in die Arms des Königs. Ein tiefes Schweigen herrschte während einigcn Minuten, und wurde nur ' durch Schluchzen unterbrochen. Die Königinn machte eine Bewegung, als ob sie Se. Maj. in ihr Zimmer ziehen wollte. „Nein," sagte der König, "gehen wir in dieses Zimmer; ich darf euch nuc da sehen; und sie folgten ihm, und Clery (der Kammerdiener des Königs) schloß die Glasthüre zu. Der König setzte sich , die Königinn ihm zur Link n, Mad. Elisabeth zur Rechten, Mad. Royalo fast gerade gegenüber , und der junge Prinz blieb zwischen den Füßen des Königs stehen; alle waren gca/.n ihn hin geneigt, und hielten ihn oft umarmt. Diese Szc«s des Schmer-zens dauerte 7 Viertelstunden ; man konnte von Allem, was gesprochen wurde, nichts verstehen; man hörte bloß, daß nach jeder Rede des Königs die Prinzef-sinnvn mehrere Minuten lang laut schluchzten , und dann der König wieder zu sprechen anfteng. Aus ihren Bewegungen konnte man leicht abnehmen, daß er ihnen selbst seine Verurtheilung angekündigt habe. Um ein Viertel auf 11 Uhr stand der König zuerst auf, und alle folgten ihm. Clery öffnete die Thüre; die Königin faßte den König am rechten Arm; Ihre Maje, stattn gaben jede dem Dauphin eine Hand. Mad. Royale zur Linken, hielt dcn König mitten am Leibe umschlungen ; Mad. Elisabeth aufderselben Seite, aber etwas mchr rückwärts, hatte den linken Arm ihres erlauchten Bruders ergrissen, unter den schmerzlichsten Seufzern gicngen sie der Etngangsthüre einige Schritte näher. „Ich versichere euch," sagte der König, „daß ich euch morgen früh um L Uhr sehen werde." — „Sie versprechen es uns!" riefen sie Alle zugleich. — „Ja, ich verspreche es euch! lebt wohll..." Er sprach dieses Lebewohl so ausdrucksvoll, daß Alls von neuem nur noch heft!ger zu schluchzen ansiengen. Der König, der dieser herzzerreißenden Scene ein E:lde machen wollte^ umarmte sie Alle noch einmahl auf das Zärtlichste, nnd riß sich mit Gewalt ans ihren Armen. Lcöt wohl ! . .. Lebt wohl! . .. rief er aus und begab sich, ohne weiter ein Wnrt zu reden, sein Gesicht mit beyden Händen verhüllend, in sein Zimmer. Dort warf er sich auf dis Knie', und bttete fast den ganzen Abend; er kleidete sich aus , legte sich zu Bttte , lmd schlief ganz ruhig bis 5 Uhr Morgens, wo Clery ihn weckte, wie der König ihm befohlen hatte. Dieser treue Diener fts>wamm in Thränen Ludwig sagte ihm: „Clery, du hast Unrecht, dich so sehr zu betrüben; die, welche noch Freundschaft für mich hegen, müssen sich im Gegentheile freuen, daß ich am Ziele meiner Leiden bin." Den ganzen Morgen übsr entfuhr ihm kein Zeichen von Schwäche oder Furcht. Der Abbe de Fnmond las die Messe im Zimmer des Königs. Um halb 9 Uhr erschien Santerre, von den Munizipal? Beamten Jacques Rour und P erre B^ nard begleitet, und deutete dem Könige an, daß er Befehl erhalten habe, ihn zmn Richtplatze zu führen. Ludwig XVl. wollte Jacques Rour sein Dstam mt überreichen , um es nach dem Gemeindehaus? gelangen zu lassen. Jacques Rour w.ü-gerte sich, es anzunehmen, mit den Worten: „Ich bin bloß beauftragt, Sie zum Schaffot zu führen."^ „Ach ja, es ist wahr," erwiederte Ludwig, ohne das mindeste Zeichen des Unwillens. Ein anderer Munizipal- Beamte übernahm es dann. Der König gab Clery eine Petschaft, einen Trauring, worauf Jahr und Tag seiner Verehelichnng , nebst den Anfangsbuchstaben des Nanuns der Königin gestochen waren, und ein Pack- chen Haare. „G'sb, sagtssr, dieses Ptt-„schaft meinem Sohne. . ; diesen Ring „der Köl'g'nn; sage ihr, daß es mich „unendlich schmerzt, sie verlassen zu müs->tlen . ,. Dieses kleine Päckchen enthält „Haare von meiner ganzen Familie; gieb es „ihr auch .. Sage der Königinn, meinen „Kindern, meiner Schwester, ich hätte ihnen „zwar versprochen,sie dieftnMorgen noch zu „sehen; allein ich wolle ihnen den Schmerz „eine? so grausamen Trennung ersparen. „Ach! wie schwer fällt es m:r, sie nicht „noch einmahl zu umarmen." Er wischte „sich einige Thränen ab, und fügts mit dem „schmerzhaftesten Tons hinzu: ,,I'ch über, „trage es dir, ihnen msin letztes Lebewohl zu sagen.^, Hierauf wanvte er sich gegen die Munizipal-Beamten, empfahl ihnen alle in seinem Dienste befindlichen Personen, und bat sie, Clery bey der Königinn anzustellen; dann sah er Santer-re und seine Henkersknechte mit unverwandten Augen an, und rief ihnen mit edler und fester Stimme zu: „Laßt uns aufbrechen." (Beschluß folgt.) Sehr nützliche Erfindung. Dem zu Wien ansäßigen Burger und Schneidermeister, Joseph Maoersperger, aus T'l.ol gebürtig, hat es durch Nachdenken und wiederhohlte Versuche gegluckt, ein - eben so sinnreiche als nutzliche Maschine zn erfinden, durch deren Hülfe alle kirten von Näharbeiten mit einer Schnelligkeit, Genauigkeit und Festigkeit zu Stande gebracht werden, die durch Mcnfthcn-häude nicht zu erreichen sind. Eine solche V)Dichtung hat übrigens alle E.)''n-schasten einer wohl unterrichteten und a/äb-tenMenschenhand; die Nadel bleibt stM stehen , sobald der eingefädelte Faden zu En- de , oder die Nath fertig und verheftet ist, schreitet dann auch gleich zur weiteren Arbeit fort, die weder durch die erforderliche Verschiedenheit der Nächs, noch die Verschiedenheit der Formen gehemmet wird. Sie ist zu Verfertigung von tu-chsrnen Kleidungsstücken, von Sacken, Hemden , Strohhütm , Str/ereyen oder Schlingereyen ,c. in möglichster Vollkommenheit gleich anwendbar. Nachdem der Erfinder diese Maschine den Behörden zur Prüfung vorgelegt, diese darüber Untersuchung gepftoaen hatten , und sie durchaus bewährt besunde» worden war, haben dieselben Sr. k. k.. Majestät einen allerunterthanigsten Vor-trag erstattet, worauf die allerhöchste Entschließung erfolgte, daß dem Erfinder das auf diese Näh-Maschine angesuchte ausschließende Privilegium für sämmtliche k. k. Deutsche Erblande ertheilt wer^ den soll. Sonderbare Naturerscheinung. Adam Schreier, aus dem Großherzogthus me Baden , läßt gegenwärtig m Wien, als ne seltene Naturerscheinung sein Kind sehen. Dieses Kmd ist weiblichen Geschlechts 5 Jahre alt, 16 Zoll groß, 6 Pfund schwer und hcbt 9 Pfuno in die Höhe, ist wohlgestaltet, redet, läuft, und ist ohne allen Gebrechen. 3xy seiner Geburt wog e5 i iss Pfund. Der Degen. Zu Anfang des achtzehnten Jahrhunderts wurde ein verdienstvoller Minister in Frankreich nach England geschickt, um dort wichtige Verhandlungen zu besorgen , und Traktate zu schließen, an welchen beyden Rei- chen gelegen war. Er cntl^gtt sich dis-ser G schafte in schr kurzer Z