15 Struktur und Aufgaben der Abteilung für Archäologie des Bundesdenkmalamtes Organiziranost in naloge Oddelka za arheologijo Zvezne spomeniške službe © Martin Krenn Bundesdenkmalamt, Abteilung für Archäologie, Krems an der Donau, martin.krenn@bda.at Denkmalpflege in Österreich Der Ursprung der österreichischen Denkmalpflege reicht in das Jahr 1850 zurück. Am Silvestertag dieses Jahres gründete Kaiser Franz Joseph I. die „K. K. Central-Com- mission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkma- le“, die im Jahr 1853 ihre effektive Tätigkeit aufnahm. Diese Institution besaß allerdings keine eigenen gesetzli- chen Grundlagen, sondern stützte sich in ihrer Arbeit auf Verordnungen und Dekrete. Mit der Umbenennung in „K.K. Zentralkommission für die Erforschung und Erhaltung der Kunst- und histori- schen Denkmale“ im Jahr 1873 erfolgte eine Ausweitung der Aufgabenbereiche, die auch in einer Gliederung in drei Arbeitsbereiche ihren Niederschlag fand. So entstanden eine Sektion für Archivwesen, eine Sektion Kunstdenkmä- ler und eine eigene Sektion Archäologie, die auch erstmals über eigene Budgets verfügten. Eigene gesetzliche Rah- menbedingungen wurden wiederum nicht geschaffen. Resümmee: Der Ursprung der österreichischen Denkmalpflege reicht in das Jahr 1850 zurück, eine gesetzliche Regelung für den Bereich des Denkmalschutzes fand aber erst nach dem ersten Weltkrieg statt. Im Jahr 1923 trat das Denkmalschutzgesetz in Kraft, das in weiten Zügen bis heute seine Gültigkeit hat. Damit wurde erstmals in Österreich eine bundesweit agierende Behörde und nicht nur eine beratende Institution etabliert. Mit dem Jahr 2010 erfolgte eine einschneidende strukturelle Umstellung der archäologischen Denkmalpflege, die mit dem Ende des Jahres 2012 als abgeschlossen betrachtet werden kann und die damit zusammenhängenden Veränderungen einer ersten Evaluierung unterzogen werden. Die im Artikel angeführten Daten zeigen, dass die Neustrukturierung der archäologischen Denkmalpflege eine positive Auswirkungen hat. Durch die Einführung von Richtlinien für archäologische Maßnahmen konnten zudem die Qualität der Grabungsdokumentationen als auch die Datensicherheit gesteigert werden. Negativ hingegen macht sich unter anderem in der derzeitigen Struktur das Fehlen eines Schatzregales für archäologische Funde und eine extrem dünne Personaldecke im Bereich der archäologischen Denkmalpflege bemerkbar. Schlüsselwörter: archäologische Denkmalpflege, strukturelle Umstellung, Evaluierung Izvleček: Začetki avstrijskega varstva kulturne dediščine segajo v leto 1850, pa je bilo zakonsko urejeno šele po prvi svetovni vojni. Leta 1923 je bil tako sprejet zakon o varstvu kulturne dediščine, ki v širšem smislu velja še danes. S tem je bila v Avstriji prvič ustanovljena zvezna služba z več kot le posvetovalno vlogo. Z letom 2010 je sledila občutna organizacijska sprememba varstva arheološke dediščine, ki se je s koncem leta 2012 tudi končala. S tem pa je nastopil tudi čas za prvo oceno stanja. Podatki iz prispevka kažejo, da so imele organizacijske spremembe v varstvu arheološke dediščine pozitivne posledice, z uvedbo smernic za arheološke raziskave pa se je zvišala tudi kakovost izkopavalne dokumentacije in varnost podatkov. Kljub temu sta se pri sedanji organiziranosti kot negativni izkazali med drugim odsotnost namenskih finančnih sredstev za odkup arheoloških najdb in podhranjenost službe za varstvo arheološke dediščine. Ključne besede: varstvo arheološke dediščine v Avstriji, organizacijske spremembe, ocena stanja Mit der Jahrhundertwende entwickelte sich immer deut- licher eine schärfer profilierte Denkmalpflege, die un- trennbar mit den Persönlichkeiten Alois Riegel, dem ersten Generalkonservator der Zentralkommission, und Max Dvorák verbunden ist. Als Resultat dieser Überle- gungen wurden unter dem Protektorat des Thronfolgers Franz Ferdinand 1911 das so genannte Staatsdenkmalamt sowie ein kunsthistorisches Institut innerhalb der Zent- ralkommission eingerichtet. Diese nahmen in weiten Zü- gen die Aufgabenbereiche des heutigen Bundesdenkmal- amtes vorweg. Eine gesetzliche Regelung für den Bereich des Denkmal- schutzes fand erst nach dem ersten Weltkrieg statt. 1918 wurde das Ausfuhrverbot für Kunstgegenstände erlassen, 1923 trat das Denkmalschutzgesetz in Kraft, das in wei- ten Zügen bis heute seine Gültigkeit hat. Damit wurde erstmals in Österreich eine bundesweit agierende Behör- de und nicht nur eine beratende Institution etabliert. Arheo 29-2, 2012, 15–23 16 Rechtliche Grundlagen Die Kernkompetenz und Kernaufgabe der Denkmalpflege in jedweder fachlichen Ausrichtung (Baudenkmalpflege, archäologische Denkmalpflege, Industriedenkmale, Gartendenkmale, Klangdenkmale etc.) ist die Bewah- rung und Erhaltung der betroffenen Objekte. Der durch die gesetzlichen Rahmenbedingungen festgeschriebene Auftrag der Denkmalpflege ist im Paragraph 1 des Den- kmalschutzgesetzes (DSMG) in der derzeit gültigen Fas- sung klar formuliert: § 1. Begriffsbestimmungen, Geltungsbereich (1) Die in diesem Bundesgesetz enthaltenen Bestimmun- gen finden auf von Menschen geschaffene unbewegliche und bewegliche Gegenstände (einschließlich Überresten und Spuren gestaltender menschlicher Bearbeitung sow- ie künstlich errichteter oder gestalteter Bodenformation- en) von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung (,,Denkmale’’) Anwendung, wenn ihre Erhaltung dieser Bedeutung wegen im öffentlichen Interesse gelegen ist. Diese Bedeutung kann den Gegen- ständen für sich allein zukommen, aber auch aus der Beziehung oder Lage zu anderen Gegenständen entste- hen. ,,Erhaltung’’ bedeutet Bewahrung vor Zerstörung, Veränderung oder Verbringung ins Ausland. (2) Die Erhaltung liegt dann im öffentlichen Interesse, wenn es sich bei dem Denkmal aus überregionaler oder vorerst auch nur regionaler (lokaler) Sicht um Kulturgut handelt, dessen Verlust eine Beeinträchtigung des öster- reichischen Kulturgutbestandes in seiner Gesamtsicht hinsichtlich Qualität sowie ausreichender Vielzahl, Viel- falt und Verteilung bedeuten würde. Wesentlich ist auch, ob und in welchem Umfang durch die Erhaltung des Denkmals eine geschichtliche Dokumentation erreicht werden kann. V on besonderer Bedeutung für die Archäologie ist § 1 des Denkmalschutzgesetzes insofern, als er im Gegensatz zu anderen Denkmalschutzgesetzen im deutschen Sprach- raum keine zeitliche Begrenzung kennt sowie mit Absatz 2 die Erhaltung eines Denkmals expressis verbis mit der geschichtlichen Dokumentation verknüpft. Neben den allgemeinen Bestimmungen, wie § 3 und § 5, in denen die Unterschutzstellung bzw. Veränderung oder Zerstörung eines Denkmals geregelt werden, sind die Paragraphen 8 bis 11 dezidiert der Archäologie gewidmet. In § 8 ist eine Meldepflicht von Zufallsfunden mit Berücksichtigung der besonderen Gefährdung durch Veränderung, Zerstörung oder Diebstahl innerhalb eines Werktages geregelt, wobei der Finder, der Eigentümer des Grundstückes, ein allfälliger Bauberechtigter, der Mieter oder der Pächter des konkreten Grundstückteiles sowie im Falle einer Bauführung auch der örtlich verant- wortliche Bauleiter als meldepflichtige Personen defini- ert sind. § 9 sieht vor, dass nach einer erfolgten Meldung der Zustand der Fundstelle und der aufgefundenen Gegen- stände bis zum Ablauf von fünf Werktagen unverändert zu belassen ist, wenn nicht ein Organ des Bundesdenk- malamtes oder ein vom Bundesdenkmalamt Beauftragter diese Beschränkung zuvor aufhebt oder die Fortsetzung von Arbeiten gestattet. Die aufgefundenen Bodenden- kmale unterliegen automatisch ab Abgabe der Fund- meldung bis zu sechs Wochen den Beschränkungen des Denkmalschutzgesetzes. Innerhalb dieser Frist hat das Bundesdenkmalamt zu entscheiden, ob es sich bei der Fundstelle um ein Denkmal handelt bzw. welche Maß- nahmen zu treffen sind, wobei im Falle einer positiven Entscheidung einem Rechtsmittel gegen diesen Bescheid keine aufschiebende Wirkung zu kommt. Weiters ist in § 9 geregelt, dass Finder, Eigentümer oder unmittelbare Besitzer des Fundgrundstückes verpflichtet sind, die Funde dem Bundesdenkmalamtes befristet auf längstens zwei Jahre zur wissenschaftlichen Auswertung und Do- kumentation zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus ist das Eigentumsrecht am Fundmaterial in Paragraf 10 des Denkmalschutzgesetzes geregelt. Im Gegensatz zu den meisten europäischen Ländern erfolgt hier allerdings keine Regelung im Sinne eines Schatzregals, sondern es ist eine Hälfte Teilung des Fundes zwischen Finder und Grundbesitzer vorgesehen (Paragrafen 399 und 400 des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches – Schatzpara- graph). Nachforschung durch Veränderung der Erdoberfläche bzw. des Grundes unter Wasser (Grabung) und sonstige Nachforschungen an Ort und Stelle zum Zwecke der Entdeckung und Untersuchung beweglicher und unbe- weglicher Denkmale unter der Erd- bzw. Wasserober- fläche dürfen nach Paragraf 11 nur mit Bewilligung des Bundesdenkmalamtes vorgenommen werden. Derartige Bewilligungen können nur an (physischen) Personen erteilt werden, die ein einschlägiges Universitätsstudi- Struktur und Aufgaben der Abteilung für Archäologie des Bundesdenkmalamtes 17 um absolviert haben und müssen sich auf ein konkretes Grabungsvorhaben beziehen. Diese Bewilligungen kön- nen seitens des Bundesdenkmalamtes mit Einschrän- kungen, Auflagen und Sonderregelungen erteilt werden. Dem Bundesdenkmalamt ist nach Abschluss der Grabun- gen ein umfassender Bericht mit allen zur anschaulichen Darstellung notwendigen Zeichnungen, Plänen, Fotos und sonstigem Dokumentationsmaterial vorzulegen. Darüber verbietet Paragraf 11 die Verwendung von Metallsuch- geräten auf Grundstücken die unter Denkmalschutz ste- hen, ausgenommen die Nutzung dieser erfolgt im Zuge von bewilligten Grabungsprojekten. Struktureller Wandel im 21. Jahrhundert Mit dem Jahr 2010 erfolgte eine einschneidende struk- turelle Umstellung der archäologischen Denkmalpflege in Österreich. Lag bis dahin der Schwerpunkt der den- kmalpflegerischen Arbeit auf der Durchführung von Grabungen durch die Mitarbeiter des Denkmalamtes selbst, so wurde ab diesem Datum der Fokus auf den Bereich des „Denkmalmanagements“ im weitesten Sinne gerichtet. Durch die Konzentration der Abteilung auf die eigenen Kernkompetenzen wie Erhaltung des Denkmalbestandes, bessere Nutzung der behördlichen Steuermechanismen, Qualitätssicherung oder serviceori- entierte Beratung von Bauherren sowie eine angestrebte flächendeckende Betreuungssituation waren eine Reihe von strukturellen Anpassungen zur Erfüllung der ambi- tionierten V orgaben notwendig. Am offensichtlichsten manifestierten sich diese Änderungen in der Schaffung von den einzelnen Landeskonservatoraten zugeordneten „archäologischen Gebietsbetreuer /-innen“ sowie in der Auslagerung der „praktischen Denkmalpflege“ in den kommerziellen Bereich (Grabungsfirmen). Flankierende Schritte, unter anderem die Erstellung von bindenden Richtlinien für archäologische Maßnahmen, mussten in den Jahren 2010–2012 gesetzt werden, um den Para- digmenwechsel möglichst ohne größere Brüche in der denkmalpflegerischen Arbeit durchführen zu können. Mit Ende 2012 kann diese strukturelle Umstellung als abgeschlossen betrachtet werden und die damit zusam- menhängenden Veränderungen einer ersten Evaluierung unterzogen werden. Denkmalbestand Im Zuge der Landesaufnahme konnten mit Stand 2010 im Bundesgebiet 19.550 Fundstellen in eine Datenbank inventarisiert werden (Abbildung 1). Basierend auf dies- er, bislang noch nicht 100 % vollständigen Erfassung, kann von einer archäologischen Denkmallandschaft aus- gegangen werden, die - je nach Rechenmodell - zwischen 100.000 und 200.000 Fundstellen umfasst. Davon lie- Abbildung 1. Bekannte archäologische Fundstellen in Österreich (Stand 2010). Grafik: M. Krenn. Slika 1. Evidentirana arheološka najdišča v Avstriji (stanje 2010). Grafika: M. Krenn. Arheo 29-2, 2012, 15–23 18 gen 37 % im Bundesland Niederösterreich, gefolgt von Oberösterreich mit 18% und der Steiermark mit 17 %. Die herausstechende Situation in Niederösterreich ist ein- erseits durch die historisch gewachsene Forschungstradi- tion in Niederösterreich zu erklären. Neben zahlreichen Heimatforschern, die bereits ab dem 19. Jahrhundert in weiten Gebieten Niederösterreichs tätig waren, lagen die Forschungsschwerpunkte zahlreicher Mitarbeiter/-innen des Institutes für Ur- und Frühgeschichte der Universität Wien sowie der Prähistorischen Abteilung des Naturhis- torischen Museum, teilweise auch aus logistischen Grün- den, in Niederösterreich. Andererseits handelt es sich um das flächenmäßig größte Bundesland in Österreich, dass sowohl von seiner besonderen topographischen als auch Abbildung 3. Fundstellen unter Denkmalschutz in Österreich (Stand 2010). Grafik: M. Krenn. Slika 3. Zaščitena arheološka najdišča v Avstriji (stanje 2012). Grafika: M. Krenn. Struktur und Aufgaben der Abteilung für Archäologie des Bundesdenkmalamtes Abbildung 2. Unter Denkmalschutz stehende Objekte in Österreich (Stand 2012). Grafik: M. Krenn. Slika 2. Zaščitene enote dediščine v Avstirji (stanje 2012). Grafika: M. Krenn. 19 seiner geopolitischen Situation eine Sonderstellung in Österreich einnimmt. Betrachtet man im Vergleich die Gesamtanzahl unter Denkmalschutz stehender Objekte in Österreich – Boden- und Baudenkmale – ergibt sich mit Stand Ende 2012 eine Zahl von 36.955, wobei auch hier Niederösterreich mit knapp einem Drittel aller Denkmale aus der Statistik her- aus sticht (Abbildung 2). Die durchaus beachtliche Zahl aller denkmalgeschützten Objekte muss allerdings für den archäologischen Bereich deutlich relativiert werden. Denn nur 2% dieser Objekte sind ober- oder untertägige archäologische Fundstellen (798 mit Stand 2010) (Abbil- dung 3 und 4). Dieses Ungleichgewicht bei unter Denk- malschutz stehenden Objekten kann – partiell – durch die Abbildung 4. Vergleich der unter Denkmalschutz stehenden Baudenkmale mit archäologischen Denkmalen. Grafik: M. Krenn. Slika 4. Primerjava med zaščiteno stavbno dediščino in zaščiteno arheološko dediščino. Grafika: M. Krenn. Arheo 29-2, 2012, 15–23 Abbildung 5. Organisationsstruktur der Abteilung für Archäologie des Bundesdenkmalamtes. Grafik: M. Krenn. Slika 5. Organizacija Oddelka za arheologijo Zvezne spomeniške službe. Grafika: M. Krenn. 20 gesetzlichen Regelungen bei Unterschutzstellungen erk- lärt werden. Im Durchschnitt umfassen archäologische Fundstellen deutlich mehr Grundstücke als Objekte der Baudenkmalpflege und da für jedes Grundstück im Ver- fahren der Beleg bzw. die wissenschaftliche Wahrschein- lichkeit für das V orhandensein eines archäologischen Denkmals erbracht werden muss, gestalten sich die Ver- fahren im Bereich der Archäologie deutlich aufwendiger. Zusätzlich erschwerend kommt neben einem eklatanten personellen Mangel der Abteilung für Bodendenkmale der Wegfall des Paragraf 2 DMSG mit 2012 hinzu. Du- rch diesen Paragrafen standen bis dahin alle im Besitz einer Gebietskörperschaft bzw. kirchlichen Einrichtung befindlichen Objekte ex lege unter Denkmalschutz. Die damit in Zusammenhang stehende Paragraf 2a Verord- nung sah eine listenmäßige Überführung der betroffenen Objekte in den Denkmalschutz vor. Für den Bereich der Baudenkmalpflege erfolgte dies auch in großen Zügen, für die Archäologie jedoch nur zu einem sehr geringen Prozentsatz. Kompensiert wird dieser Mangel durch die Eintragung von archäologischen Fundzonen in die Flächenwidmungspläne der Bundesländer. Dennoch wird es eine der Kernaufgaben der nächsten Jahre sein, im Bereich der Unterschutzstellungen den gegebenen Nachholbedarf auszugleichen. Struktur Personell ist die Abteilung für Archäologie mit insgesamt 15 Personen ausgestattet (Stand Ende 2012) (Abbildung 5). Dies umfasst den Abteilungsleiter, drei Personen im Sekretariat, eine Person für den Bereich Publikationen, zwei Posten für die archäologische Denkmalforschung, von denen allerdings ein Posten seit längerem nicht besetzt ist, sowie neun Gebietsbetreuer/-innen. Ergän- zend anzumerken ist, dass die Gebietsbetreuer/-innen für die Steiermark und Tirol nur halbtägig besetzt sind. Zur Entschärfung der Situation wird derzeit extern Per- sonal zugekauft (Gebietsbetreuung Niederösterreich 30 Wochenstunden, Landesaufnahme und Archiv/Depot je 20 Wochenstunden). Hinzu kommt ein der Abteilung für Konservierung und Restaurierung zugeordneter archäol- ogischer Restaurator. In der derzeitigen Organisationsstruktur werden von der Abteilungsleitung alle zentralen Aufgaben für die archäol- ogische Denkmalpflege übernommen. Hierbei handelt es sich um die abteilungsinterne Planung, Budgetierung, Beauftragung, Steuerung und Standardisierung von V orgän- gen sowie um die Abfertigung von Bescheiden. Darüber hinaus liegen die Koordination von Umweltprüfungsver- fahren und die interne und externe Kommunikation mit an- deren Behörden und Institutionen im Wirkungsbereich der Abteilungsleitung. Die archäologische Denkmalforschung ist für die Landesaufnahme und die Unterschutzstellun- gen bzw. Kontrolle von Unterschutzstellungen zuständig. Eine weitere zentrale Aufgabe übernimmt der Fachbereich Publikationen, der für sämtliche Schriften der Abteilung (Fundberichte, Materialhefte, Sonderhefte), für die interne Gestaltung der Öffentlichkeitsarbeit (Homepage etc.) als auch für die grundsätzliche Erfassung von Fundberichten verantwortlich zeichnet. Die Gebietsbetreuer/-innen dienen in ihren jeweiligen Bundesländern als Erstansprechpartner für alle Parteien (Bauherrschaften, Archäologen/-innen, Sammler etc.) als auch für die Kollegen/-innen an den entsprechen- den Landeskonservatoraten. Darüber hinaus sind sie für die V orbereitung von Bewilligungen nach dem Denk- malschutzgesetz, Förderansuchen, Kontrolle archäologis- cher Maßnahmen und den entsprechenden Berichten und Dokumentationen verantwortlich und dienen ebenfalls als „Feuerwehr“ bei allen akut auftretenden Problemfällen. Richtlinien Im Zuge der Umstrukturierung der Aufgabenbereiche der Abteilung für Bodendenkmale, ins besonders bei der Durchführung von Grabungen, wurde im Jahr 2010 erstmals ein Maßnahmenkatalog zur technischen Real- isierung und Dokumentation von Grabungen eingeführt, der als Bewilligungsbestandteil nach Paragraf 11 des Denkmalschutzgesetzes seine Gültigkeit erlangt. Diese „Richtlinien für archäologischen Ausgrabungen in Ös- terreich“ orientierten sich stark an deutschen, vor allem bayerischen V orbildern. Es zeigte sich aber innerhalb der ersten Monate die Notwendigkeit, diese Richtlinien auf die österreichischen Gegebenheiten sowie auf den mod- ernen Stand der Technik bei Grabungen anzupassen. Hierfür wurde seitens des Bundesdenkmalamtes ein Ar- beitskreis eingerichtet, der mit Hilfe externer Fachper- sonen eine Überarbeitung durchführen soll. In diesem Arbeitskreis waren Proponenten unterschiedlicher Forschungseinrichtungen (ÖAI, Akademie der Wissen- schaften), der Universitäten, der Landesmuseen und Struktur und Aufgaben der Abteilung für Archäologie des Bundesdenkmalamtes 21 kleineren Museen mit archäologischer Ausrichtung, die Prähistorische Abteilung des Naturhistorischen Muse- ums Wien, Vertreter/-innen der Fachstudentenschaft sowie Vertreter archäologischer Firmen (Dienstleis- ter) und ein Mitarbeiter der Abteilung für Bodenden- kmale vertreten. Für spezielle fachliche Fragestellun- gen wurden zwölf Experten/-innenrunden eingerichtet (Paläolithikum, Prospektion, Montanarchäologie, Un- terwasserarchäologie, Anthropologie, Bio- und Geowis- senschaften, Bauarchäologie, Gletscherarchäologie, Deponierung (Fundmaterial und Dokumentation), Lang- zeitarchivierung und Urheberrecht, Arbeitsumfeld sowie Weiterbildung), deren Detailergebnisse im Rahmen des Arbeitskreises in die Richtlinien eingearbeitet wurden. Seit Mai 2010 fanden zahlreiche Treffen des Arbeitskre- ises und der verschiedenen Experten/-innen runden statt. Im Sinne von Feed-back Veranstaltungen sowie durch die Veröffentlichung der einzelnen Sitzungsprotokolle auf der Homepage des Bundesdenkmalamtes wurde die interessierte Fachkollegenschaft über die bislang vorlieg- enden Ergebnisse informiert und Raum zur Diskussion gegeben. Mit 1. Jänner 2012 traten die „Richtlinien für archäologische Maßnahmen“ in ihrer zweiten Fassung in Kraft, die auch im Internet unter http://www.bda.at/ documents/842826005.pdf abrufbar sind. Sie stellen für das Bundesdenkmalamt einen Meilenstein in der Qual- itätssicherung für archäologische Maßnahmen in Öster- reich dar. Durch den umfangreichen Prüfungs-, Evalui- erungs- und Weiterbildungsprozess, entstand eine nahezu komplette Neufassung der Richtlinien. Diese wurden vor allem um Spezialmaterien (Paläolithikum/Mesolithi- kum, Antrophologie, Bauarchäologie etc.) sowie um den großen Themenbereich Prospektion erweitert. Besonders herauszustreichen ist, dass im Arbeitskreis ein gemeinsames Interesse aller vertretenen Institutionen an der Erstellung homogener, für die gesamte österreichische Archäologie geltender Regeln sowie an der damit zusam- menhängenden Anhebung des allgemeinen Grabungs- und Dokumentationsstandards festzustellen war. Im Beobachtungszeitraum ab Jänner 2012 war festzustel- len, dass die Richtlinien in ihrer zweiten Fassung nahezu flächendeckend von den Archäologen/-innen akzeptiert und umgesetzt wurden. Darüber hinaus zeigte sich im Zuge der Evaluierung der eingelangten Grabungsdoku- mentationen ein spürbarer Anstieg in der Qualität sowohl der Berichte als auch der Dokumentationen insgesamt. Ein weiteres wichtiges Ziel konnte mit den Richtlinien er- reicht werden. So ist nicht nur wie bis 2009 die Erstel- lung eines Grabungsberichtes zwingend vorgeschrieben, sondern die Abgabe einer vollständigen Kopie der einzel- nen Grabungsdokumentationen (sowohl Forschung- als auch Rettungsgrabungen) wurde an die Bewilligung nach § 11 des Denkmalschutzgesetzes gebunden und ist daher Abbildung 6. Maßnahmenentwicklung in Österreich von 2000 bis 2011. Grafik Krenn. Slika 6. Gibanje števila posegov v Avstriji med leti 2000 in 2011. Grafika: M. Krenn. Arheo 29-2, 2012, 15–23 22 für die einzelnen Grabungsleiter/-innen verpflichtend. Du- rch diese Verpflichtung entsteht zwar für das Bundesdenk- malamt eine deutliche Mehrbelastung, aber die Datensich- erheit für die Ergebnisse der archäologischen Feldarbeit in Österreich kann langfristig gesichert werden. Maßnahmenentwicklung Betrachtet man die Entwicklung sämtlicher archäologis- cher Maßnahmen in Österreich – Grabungen, Prospek- tionen etc. - seit dem Jahr 2000, kann festgestellt werden, dass zwischen 2000 und 2004 ein kontinuierlicher, aber nur geringfügiger Anstieg zu beobachten ist (119 im Jahr 2000 zu 138 im Jahr 2004) (Abbildung 6). Die deutli- che Zäsur im Jahr 2005 mit 209 Maßnahmen gesamt ist amtsintern durch die Erfassung auch derjenigen Maßnah- men zu erklären, die keine oder nur begrenzte Befunde zu Tage brachten. 2005 waren 146 Maßnahmen mit Befun- den im Bundesgebiet zu beobachten, was eine Erhöhung der Maßnahmenanzahl im Vergleich zum V orjahr um knapp 5 Prozent darstellt. Verfolgt man den weiteren Ver- lauf, stellt man fest, dass die Entwicklung bis in das Jahr 2008 einen ähnlichen – stagnierenden – Verlauf nimmt. So stieg die Anzahl der Maßnahmen mit Befunden von 119 im Jahr 2000 auf 142 im Jahr 2008. Zusätzlich ka- men zwischen 2005 und 2008 pro Jahr ungefähr 30 bis 40 Prozent an Maßnahmen ohne Befunde hinzu (2008: 142 Maßnahmen mit Befunden, 260 Maßnahmen gesamt). Erst mit dem Jahr 2009, dem ersten Jahr, in dem testweise auf eine verstärkt kommerzielle Archäologie zurück geg- riffen wurde, ist ein deutlicher Anstieg im Bereich der Maß- nahmen zu beobachten (Abbildung 7). So stieg die Anzahl von Maßnahmen mit Befunden um rund 60 Prozent auf 248, Maßnahmen gesamt auf 311. Diese Entwicklung setzt sich auch für den Beobachtungszeitraum bis 2011 fort, so dass 2011 eine Steigerung von rund 150 Prozent an Maß- nahmen zu 2008 gegeben ist (2008: 142 Maßnahmen mit Befunden, 260 Maßnahmen gesamt; 2011: 372 Maßnah- men mit Befunden, 536 Maßnahmen gesamt). Die Aufschlüsselung der Maßnahmenverteilung in die ein- zelnen Bundesländer zeigt, dass es sich bei der massiven Steigerung nicht um ein das ganze Bundesgebiet betref- fendes Phänomen handelt. So kann man feststellen, dass in den Jahren 2009 bis 2011 im Burgenland und in Oberös- terreich eine Stagnation an Maßnahmen, in der Steiermark sogar ein deutlicher Rückgang zu beobachten ist. Für die Steiermark ist dies wohl durch das Fehlen eines eigenen Gebietsbetreuers bzw. Betreuerin bis 2011 zu erklären. In Kärnten, Salzburg und Tirol ist eine kontinuierlich posi- tive Entwicklung zu konstatieren. In Wien, V orarlberg und Niederösterreich ist hingegen eine deutliche Steigerung an Maßnahmen zu erkennen. Die deutlichste Erhöhung ist für V orarlberg gegeben, hier stieg die Anzahl an Maß- nahmen jährlich um mehr als 100 Prozent (2009: 4 Maß- nahmen; 2010: 14 Maßnahmen; 2011: 28 Maßnahmen). Struktur und Aufgaben der Abteilung für Archäologie des Bundesdenkmalamtes Abbildung 7. Maßnahmenentwicklung nach Bundesländern zwischen 2009 und 2011. Grafik: M. Krenn. Slika 7. Gibanje števila posegov po zveznih deželah med leti 2009 in 2011. Grafika: M. Krenn. 23 Diese Entwicklung ist mit höchster Wahrscheinlichkeit auf die Etablierung eines Gebietsbetreuers zurück zu führen, für Wien und Niederösterreich ist ähnliches festzuhalten. Besonders die Einbindung in die einzelnen Landeskon- servatorate und die damit in Zusammenhang stehende Verbesserung des internen Kommunikationsflusses sowie die leichtere Erreichbarkeit für die einzelnen Bauwerber durch eine ständige Präsenz eines Archäologen vor Ort dürften hierfür ausschlaggebend sein. Zahlenmäßig domi- nierend ist allerdings weiter Niederösterreich. Hier fanden bei einer jährlichen Steigerung von rund 50 Prozent im Jahr 2011 schon knapp 44 Prozent aller österreichischen Maßnahmen statt. Die Zahlen für 2012 belegen, dass dieser Trend anhält und mit hoher Sicherheit mehr als die Hälfte aller Maßnahmen 2012 auf Niederösterreich entfallen werden. Diese Zunahme ist allerdings nicht durch Grabun- gen bzw. Prospektionen zu erklären, die durch Forschun- gsintentionen zu Stande kamen. Die Anzahl von „Forsc- hungsgrabungen“ bleibt jährlich etwa auf einem gleichen Stand, wodurch rein prozentuell ein deutliches Absinken zu beobachten ist. 2011 umfassten Forschungsgrabungen in Niederösterreich nur rund 10 Prozent aller Maßnahmen (Abbildung 8). Die deutliche Zunahme in Niederösterreich ist daher durch das äußerst rege Baugeschehen, durch die gute Kenntnis der Denkmallandschaft, durch die beson- dere topographische als auch seiner geopolitische Situa- tion sowie durch den verbesserten amtsinternen Kommu- nikationsfluss zu erklären. Hinzu kommt insbesondere für Niederösterreich die deutlich Zunahme an Verfahren zur Prüfung der Umweltverträglichkeit (UVP-Verfahren). Die Abbildung 8. Vergleich Rettungs- und Forschungsgrabungen in Niederösterreich. Grafik: M. Krenn. Slika 8. Primerjava med začitnimi in raziskovalnimi izkopavanji v Sponji Avstriji. Grafika: M. Krenn. Arheo 29-2, 2012, 15–23 Mitwirkung an diesen stellt einen zentralen Arbeitsbere- ich dar und führt zu einer deutlichen Zunahme an Maß- nahmen. Die Schwerpunkte liegen bei Verfahren für die Errichtung von Windkraftanla gen, Schottergrubenerweit- erungen sowie linearen Großprojekten. Bedingt durch die Wirtschaftskrise war 2010 eine Reduktion bei der effek- tiven Durchführung von Infrastruktur- und Versorgungs- projekten zu beobachten, ab 2011 kann allerdings ein Anstieg an Großprojekten, insbe sondere bei Windparks, diagnostiziert werden. Zusammenfassung Die angeführten Daten zeigen, dass die Verankerung der archäologischen Denkmalpflege in Österreich mit der Neustrukturierung ab 2010 positive Auswirkungen hat. Die Konzentration auf die Kernkompetenzen und der Verzicht auf die Durchführung von eigenen Grabungen sowie die Etablierung von Gebietsbetreuer/-innen in den einzelnen Landeskonservatoraten fanden in einer deutlich steigenden Betreuungssituation bzw. in einem deutlichen Anstieg an Maßnahmen ihren Niederschlag. Durch die Einführung von Richtlinien für archäologische Maßnah- men konnten zudem die Qualität der Grabungsdokumen- tationen als auch die Datensicherheit gesteigert werden. Negativ hingegen macht sich in der derzeitigen Struktur das Fehlen eines Schatzregales für archäologische Funde bemerkbar. Konnten bislang Funde durch das Bundes- denkmalamt abgelöst werden und damit in Bundesei- gentum überführt werden, so fällt diese Möglichkeit in großen Zügen nun weg. In der überwiegenden Anzahl an Maßnahmen befinden sich die Funde nun zu 100 Prozent im Besitz des jeweiligen Grundeigentümers, der zumeist auch als Auftraggeber für die Grabung auftritt. Anzumer- ken ist allerdings, dass es in der überwiegenden Anzahl der Fälle gelang, die einzelnen Investoren zu überzeu- gen, das Fundmaterial an öffentliche Institutionen zur Verwahrung zu übergeben. Darüber hinaus machen sich die extrem dünne Person- aldecke im Bereich der archäologischen Denkmalpflege sowie die fehlenden Unterschutzstellungen bei archäolo- gischen Denkmalen immer deutlicher bemerkbar. Es wäre daher zu hoffen, dass nach dem Strukturwandel der letzten Jahre in Zukunft vor allem im Bereich der person- ellen Ausstattung der Abteilung für Bodendenkmale eine positive Entwicklung stattfinden wird.