Preis ganzjährig: Österreich 2 S, Deutschland 2 Soldmark, Italien 8 hire, Cschechoslowakei 10 ČK, Jugoslawien 24 Dinar, Ungarn 24.000 u. K, Schweiz 2 Franken, Amerika 2 Soldmark. 11SM1SMSI ßerausgegeben vom IHiilionshaus 6raz, Paulusforgalie 10. t! Der Reisige Vater Pius X. hat der Redaktion, den Abonnenten und Wohltätern den Apostolischen Segen erteilt. Für Wohltäter werden wöchentlich zwei heilige Hiessen gelesen. Mit Empfehlung der hochwürdigsten Oberhirten von Brixen, Brünn, Sraz, keifmerifz, liinz, Olmüb, Marburg, Crienf, Driest und Wien. Best 11 november 1927. XXX. Jahrgang. Silbernes priefterjubilaum in „?TöariQ=Üroft“. Von Hochw. P. Hugo Ille, F. S. C. „Und wenn i cmtol g'storben bin — werd's kaum berieten —", so singt der alte Dichter Spaßvogel. O, auch im Leben gibt es Dinge, die man kaum erlebt, jedenfalls so selten erlebt, daß sie wert sind erwähnt zu werden. Da die zwei Helden, die bei so einem Erlebnisse aus jüngster Zeit die Hauptrolle spielten, unter den „Stern"-Lesern manch guten Freund haben, halte ich mich für entschuldigt, wenn ich kurz mitteile, was die zwei wirklich „der-lebt". Hochw. P. Dr. Matthias Raffeiner und P. Bernhard Zorn feierten dieses Jahr ihr silbernes Priesterjubiläum. P. Raffeiner tot es ganz int stillen, so daß selbst die Mitbrüder nur im Gebete und in herzlichen Glückwünschen daran teilnehmen konnten. P. Zorn hatte, dank der Wohltätigkeit braver Missionssreunde, die der Station vor kurzem eine Kirchenglocke verehrten, Gelegenheit, sein Erlebnis richtig an die große Glocke zu hängen. Da ich Zeuge da-don war, möchte ich die Festklünge im „Stern der Neger" nachtönen lassen. Der 14. August grüßte „Maria-Trost" mit einem sonnigen Frühlingsmorgen. Hinter der Fahne Unserer Lieben Frau zieht eine lange Prozession vom Eingebornenkirchlein der Station zum Wohnhaus der Missionäre. Ter Hochwdgst. Herr Präfekt, Msgr. Alois Mohn, in den Abzeichen seiner Würde, begleitet von den Missionsbrüdern und -schwestern, und die schwarzen Christen und Katechumenen der Station im besten Sonntagsstaate, kommen, um P. Bernhard Zorn aus der Hauskapelle zu der von ihm selbst erbauten „Kathedrale", ich meine das erste Eingebornenkirchlein unserer Präfektur, zu geleiten. Der Jubilar, gebückt, ■— nicht unter der Last der Jahre, denn an betn Tag hat er sich jung gefühlt, sondern unter der Last herzlicher Glückwünsche und himmlischer Festgeschenke, das mit dem silberfarbenen Kranz geschmückte Birett auf dem Haupte, begibt sich also unter Ehrengeleite zu seinem Festgottesdienst. Vor der Kirche angelangt nimmt er zunächst die Weihe der neuen Glocke vor, die, der Unbefleckten gewidmet, an diesem Tage den Preis des Herrn und Unserer Lieben Frau singen soll für 25 Jahre reichgesegneten Priesterwirkens. Nach der Weihe wird die Glocke sofort im kleinen Türmlein 1 über dem Eingang der Kirche angebracht und unter feierlichem Geläute findet dann der Einzug in die Kirche statt. Da der Jubilar schon über 9000mal die hl. Messe gelesen hat, so dürfen wir annehmen, daß er sich der Bedeutung des hehren Lob-, Dank-, Bitt- und Sühnopfers voll und ganz bewußt war. Sicher haben dabei die Engelchöre ersetzt, was in der bescheidenen Missionskirche noch fehlte, die Musik. Die schwarzen Christen ließen es sich aber nicht nehmen, trotz mangelnder Orgel- oder Harmoniumbegleitung aus vollen Kehlen mitzusingen. Während des hl. Opfers hielt P. Bernhard Huß, erprobter Missionär aus Mariannhill und unermüdlicher Arbeiter am zeitlichen und ewigen Wohle der Schwarzen Südafrikas, die Festpredigt. In fließendem Zulu machte der liebe Gast der Gemeinde die Bedeutung des Festes klar. Den Abschluß der kirchlichen Feier bildete dann der sakramentale Segen und das „Großer Gott, wir loben dich", worin der Jubel der Herde über „Maria-Trost" heißt diese Missionsstation. Der Titel ist glücklich gewählt: Haben wir auch, wie alle Missionäre, unsere Mühen und Sorgen, fehlt es uns auch nicht an bitteren Enttäuschungen, so ist doch auch Mariä Trost bis setzt noch immer reichlich über uns und unsere Arbeiten herabgeflossen. Ich schrieb schon von unseren letzten Taufen am Osterfeste. Dann kam das hohe Psingstfest mit der ersten heiligen Firmung. Das mußte ich doch auch berichten! Und nun das liebliche Fronleichnamssest. Es war ein Triumph der katholischen Kirche, der erste und größte in diesem Teile von Transvaal. Er setzte den vorangegangenen Festen die Krone auf! Am Tage vor dem Feste waren alle unsere Christen, kein einziger ausgenommen, zur Hei- den Gnadentag des Hirten sprechenden Ausdruck fand. Daß dann beim Festmahle, so bescheiden es auch gewesen sein mag, im Kreise der Mitbrüder dem Jubilar nochmals gehuldigt wurde, brauche ich nicht erst erwähnen, obwohl namentlich die herzlichen Worte des hochw. Herrn Präfekten gewiß verdienten, wiederholt zu werden. Selbstverständlich wurde auch vergangener Zeiten im Sudan gedacht, wo P. Bernhard als gewaltiger Nimrod lange Jahre sowohl auf zweibeinige wie auf vierbeinige schwarze Dickhäuter Jagd gemacht und manches Wild in die Bratpfanne und manchen Wilden zum Taufstein gebracht hat. Bitte, es ihm nicht zu verargen. Als armer Missionär ist P. Bernhard immer auf Geld aus und zieht wie andere Menschenkinder das Gold dem Silber vor. Darum lautete auch der Festgruß der Mitbrüder: Aus Wiedersehen beim goldenen Priesterjubiläum! ligen Beichte gegangen: ein guter Anfang, eine würdige innere Vorbereitung! Die äußeren Vorbereitungsarbeiten waren ja bereits fertig. Wochenlang hatten die Schulkinder sorgfältig die Wege geräumt, geglättet, gekehrt; schnurgerade, mitten durch den grünen, lieblichen Wald. Allerdings war der Bruder Gärtner ihnen dabei mit Rat und Tat beigestanden. Nur die vier Altäre fehlten noch. Sie standen indes im nahen Magazin, ihrer Bestimmung am kommenden Morgen harrend. — Nun war er gekommen. Um 9 Uhr begann das feierliche Hochamt, zelebriert von Msgr. Mohn unter Assistenz zweier Patres. Mehrere Brüder ministrierten; doch fehlten auch die eingeborenen Ministranten nicht. Eingeladen und erschienen zum Feste waren auch die europä- Das Fronleichnamsfest in „fftaria-Croft" 1927. Von Hochw. P. Bernhard Zorn, F. S. C. ischen Katholiken vonLydenburg. Eine Schwester vom dortigen Kloster dirigierte den Gesang während des Amtes. Zur größten Zufriedenheit und Erbauung aller führte sie mit ihren Zöglingen eine dreistimmige Messe auf. Wie lauschten da die Eingeborenen! Schön singen können unsere Schwarzen ja auch, selbst dreiund mehrstimmig und wohl noch kräftiger und begeisterter, aber nicht so sanft, so edel. Gern hätten manche mitgesungen, wenn nur nicht Wirklich äußerten manche den Wunsch, auch Katholiken werden zu können. Den Eingeborenen folgten unsere Missionsschwestern. Wieder kam eine Fahne mit dem Bildnisse des heiligsten Herzens Jesu, getragen von einer neugetauften, braven Schülerin und begleitet von zwei weißgekleideten Negermädchen mit weißen Schleiern (Zeichen ihrer Unschuld) und roten Bändern (Zeichen ihrer Liebe zum verborgenen Heilande). Nun begann der zweite der lateinische Text für sie so schwierig auszusprechen wäre! — Nach dem Amte traten alle ans der Kirche. Ein Bruder, der als Prozessionsführer angestellt war und schon mehrere Male die Probe gemacht hatte, stellte alle in schönster Ordnung auf. Den Zug eröffnete ein Schulknabe mit dem Kreuze, nach ihm kamen unsere Schulkinder von „Maria-Trost" mit ihrer Fahne. Es folgten die Schüler von Sterkspruit mit ihrer Lehrerin Praxedes, die Kinder von der Anßenschule zu Enkeldoorn mit ihren zwei Lehrerinnen Jgnatia und Doris, dann der Sängerchor der Eingeborenen und das übrige zahlreich herbeigeströmte Volk, Katholiken, Kate-chumenen und auch viele Andersgläubige. Diese waren voll Staunen und Begeisterung, wie wenn sie sich mit den Unsrigen eins fühlten. Teil der Prozession, bestehend aus den ehrwürdigen Schwestern von Lydenburg, ihren weißen Zöglingen, dem Chore der Sängerinnen und den übrigen europäischen Katholiken. — Das Allerheiligste, getragen vom hochwürdigsten Herrn Präfekten, begleitet von mehreren Patres und Brüdern, befand sich, wie üblich, fast am Ende der Prozession. — Der europäische Sängerchor wechselte ab mit dem der Eingeborenen. So war niemand bevorzugt und niemand nachgestellt. Bis zum ersten Altare sangen die Eingeborenen schöne Zululieder zum Allerheiligsten Sakramente. Die Texte mögen Nichteingeweihten unbekannt geblieben sein, doch waren sämtliche Melodien unseren deutschen Gesangsbüchern entnommen. Ha, wie das hallte und schallte in dem schönen, geschlossenen 1* Walde! Welch liebliche, ungewohnte und fromme Laute in dieser Gegend ■—• wahrscheinlich zum ersten Male, seit die afrikanische Sonne hier auf- und untergeht! Soll das unserm lieben Heiland nicht auch und zwar sehr gefallen haben? Vom ersten bis zum zweiten Altare sang der Mädchenchor der Lydenburger. Sehr schön und begeistert. So wurde abwechselnd gesungen und gebetet bis zum vierten Altare. Vom vierten Altare weggehend, stimmte eine Lehrerin das Lied „Großer Gott, wir loben dich", „Sikutusa ’Baba wetu“, an. Begeistert, mehr denn zuvor, fielen alle Eingeborenen ein und sangen bis zur Kirche. Dort wurde nochmals allen der feierliche Segen erteilt. Viele europäische Katholiken waren bei der Prozession gewesen und Hunderte von Eingeborenen. Alle verließen erbaut und begeistert die Mission, besonders jedoch die Schwarzen. Sie sind nun noch glücklicher als zuvor und stolz darauf, einer Kirche anzugehören, die solche Feste veranstalten kann. Mädchen, die früher protestantisch gewesen und hier zur katholischen Kirche übergetreten waren, bekannten ganz offen: „Nun erst wissen und fühlen wir, was es heißt, katholisch zu sein, hier fühlt man den Frieden und die wahre Wonne im Herzen. Man spürt gleichsam die Seele der Religion, das allerheiligste Altars-sakrainent, das allen Geist und Leben und Liebe verleiht. — Uns hat das früher gefehlt; darum schien uns alles so öd, leer und so kalt!" Fteilandsdurftige Fteidenmelt Vortrag von P. Josef Fräßle, S. C. J., in der Misslonsversammlung zu Dortmund. Genau 50 Jahre sind verflossen, seit Stanley von seiner Durchquerung Äquatorialasrikas zurückgekehrt ist. Mit 540 Sansibariten hatte er durch einen Urwald voller Sümpfe, Gummilianen, Elefantenrudel zwei Monate lang Pfade gehackt und Boote nachgeschleppt, war auf den wasserreichsten Strom der Erde, den Lnkalaba, gestoßen und ihn hinnntcrgefahren. Kongo nennen seither die Europäer den Lukalaba — sein ganzes Becken ist fünfmal so groß wie Deutschland — nach einem südlich seiner Mündung wohnenden Negerstamm, und ein internationaler Kongostaat wurde von den Mächten proklamiert, dessen Verwaltung aber 1909 an Belgien kam, das dem alten Ausbeutesystem ein Ende machte. Das entdeckte Gebiet für den angehenden Staat in Besitz zu nehmen, wurde Stanley von der deutschen Expedition Wißmann und der französischen Brazza unterstützt. Während letzterer hinter Stanleys Rücken eine französische Kolonie gründete, bewahrten die deutschen Forscher dein internationalen Werk die Treue. Diese Treue hielt dann auch die alte und die neue Kongoregierung uns deutschen Missionären, allwo wir einigermaßen international gruppiert blieben. Sie gab und gibt uns für unsere Zwecke beliebig große Ländereien, Freifahrt und Freitransport auf ihren Schiffen, alljährliche Subsidien aus einem eigenen Missionsbudget und manch andere Vergünstigung bis heute. Trotzdem mißbrauchte sie uns nie zu Werkzeugen bequemerer Enropäisierung — ließ uns ruhig in der Eingebornen-Mutter-sprache, in der allein die Religion zu Herzen geht, Unterricht erteilen; nur in Mittelschulen lehrt man auch Französisch oder Englisch, genau wie hier. Mitten in der Kriegszeit besuchte der Vize-gouverneur meine Mission, äußerte sich sehr zufrieden und sagte: „Sie möchten gerne schaffen, wie ich sehe — doch es fehlt der Fonds. Ich sende Ihnen künftig 800 Fr. pro Monat." Das hat der hohe Herr gehalten. Allerdings mußte er später unserm Bischof den barbarischen Missionsparagraphen des Versailler-Diktats, der die Entfernung der deutschen Missionäre fordert, mitteilen. Er fügte aber bei: „Sollten aber für den guten Gang Ihrer Werke einige dieser Herren nötig sein, geben Sie mir ihre Namen an und ich lasse von ihrer Abfahrt Abstand nehmen." Die gebotene Gratisheimbesörderung haben die Vorgesetzten für ihre erschöpften Missionäre ausgenützt, die übrigen haben sie behalten. Nicht zu den Braunen, den mohammedanischen Abkömmlingen der Punier, die unsere christliche Heimat schänden, aber noch mehr jene christlichen Völker entehren, die sie zu unserer Bedrückung ihren weinenden Frauen und Kindern entreißen, dafür jedoch drüben selber nicht mehr als unverletzliche höhere Wesen gelten — nein, zu den echten Schwarzen im innersten Afrika führe ich Sie, zu den „Wilden", so genannt, weil sie unsere Stoffe noch nicht haben, sich noch mit weichgeklopster Rinde bedecken müssen, „Wilde", weil sie noch die blanke Lanze tragen, des Mannes Ehre, der Familie Schutz vor Leoparden, Elefanten, Gorillas, „Wilde", weil jeder seine Nahrung noch selber sucht im Waldesdickicht und auf Strömen. Menschenfresser allerdings gibt es heute noch — mein Amtsnachfolger P. Müller meldete mir jüngst an 40 Fälle —- doch folgen Sie mir ohne Sorgen: Sie werden nicht gefressen ! Wenn einem dieses Los beschieden war, bin ich es — nomen esfc omen — Fräßle ist ja die oberrheinische Form für Fräßlein: ein kleiner Fraß also für Kannibalen sollte ich werden. Auf einsamem Urwaldmarsch allein bin ich ihnen auch wirklich einmal in die Falle gegangen, in eine mit Morast gefüllte Grube, die zum Fang des Wildes dient. Sie kamen alsbald aus dem Walvversteck, zogen mich heraus und schleiften mich durchs Dickicht an einen Bach. „Wollt ihr mich töten?" — „Wie könnten wir das! Du hast uns nichts zuleid getan; wir kennen dich gar nicht. Du hattest dich verirrt — wir waschen dich und führen dich auf den rechten Pfad zurück." — „Kommt mit mir, daß ich euch belohne, ihr habt mir ja das Leben gerettet." — „Uns belohnen? Wofin? Wir haben nur getan, was jeder Mensch dem Menschen tut." Kindesliebe ist es, was sie verpflichtet, durch Menschenopfer den verstorbenen Vätern Seelenkräfte und Gesellschaft zuzuführen. Dazu taugt des Europäers fremde Seele nicht. Wo dennoch Weiße hingeschlachtet wurden, galten sie als Boden- oder Frauenräuber, Verletzer heiligster Rechte, für die der Ehrenmann einsteht. Diesen Heiden ist die abgeschlossene Ehe heilig — ihre Verletzung wird mit Tod bestraft, ist ihr einziger Kriegsgrund. Darum kamen Häuptlinge und Älteste gar oft mich fragen: „In welchem eurer Stämme sitzt der Ehebrecher, der euren großen Krieg verschuldet hat? Sag' es uns, daß wir diesen Stamm verachten." Verstimmt habe ich sie nur, wenn ich ihre Töchter Christen anheiraten wollte, welche die vorgeschriebene Entschädigung für Lebensspendung und Erziehung nicht entrichtet hatten, also keine Garantie für Treue, Dauerehe und gute Behandlung gaben. Wer im Stamme Einfluß haben will, erstrebt die Polygamie — viele Frauenhände sind ja nötig, will man durch den Magen sich viele Freunde sichern — Polygamie auch, weil man nach Geburten die Mütter lange schont, die Kinder 30 Monate lang natürlich ernährt, auf daß sie kräftig werden am Körper und im Geist. Gestählte Naturen nach Germanenart schafft der Lebenskampf in Urwaldwildnis. Als freier Mann gilt dort nur der, welcher die Mannes-prüsung bestanden, in aller Öffentlichkeit lautlos und ohne Zucken 50 Peitschenhiebe hingenommen, dadurch gezeigt hat, wie er sich beherrschen kann. Naturvölker rechnen mit einer Übernatur. Die unseren sind Monotheisten: der Schöpfer-Vater Zambi hat den Menschen gemacht und ihm seine Mahnung mit auf den Lebensweg gegeben: „Ehre die Väter, liebe die Mütter, stiehl und lüge nicht, lege deine Hand nicht auf Frauen und Güter anderer." . Nach Befolgung dieser Mahnung entscheidet Zambi beim Tod, ob das unsichtbare Ich des Menschen sein Kind geblieben und immer bei ihm wohnen darf, oder, weil vertiert, zu den Tieren des Waldes und schlechten Geistern muß. Alles Gute kommt von Zambi und flösse dem Menschen sicher zu, würden nicht neidische Geister es verderben. Darum erschöpft das Nomee 90.000, in Kisangani 110.000, in in Lokandu 140.000, in Kasongo 160.000, in Kalambare 200.000 Sklaven — nur zur Arbeit da, totgeschlagen oder wilden Tieren ausgesetzt im Wald, wenn die Kraft versagte. Arabische Kultur — für die auch Europäer schwärmten, weil sie Kolonialtrnppen billig füttert. Die Sklaverei ist abgeschafft, meldet geduldig das Papier. Die Jagden, ja! Sklavenherren aber kamen noch vor kurzem Sr * ^4' 1 s * Missionskirchlein, in „Maria-Trost" mit dem kleinen Glockenturm. (Phot. D. P. Beruh. Zorn, F. S. 0.) Urwaldvolk bei Tag und Nacht seine besten Leibes- und Seelenkräfte im Suchen und Gebrauchen der von Geisterkundigen als wirksam angegebenen Mittel gegen diese teuflischen Feinde, statt sich an den Allmächtigen, Allgütigen allein zu halten. Auf den von Stanley geöffneten Pfaden drängten bald 600.000 Sklavenjäger nach Jnnerafrika vor. Sie umzingelten die Dörfer, zündeten sie an und fingen die Menschen. Von 1000 Männern ließen sie nur 12 am Leben zum Abtransport ans die Sklavenmärkte Indiens; die Frauen banden sie kettenweise hintereinander und zogen sie in die Ströme; von den Kindern knüpften sie die schwachen an den Bäumen auf, die starken schleppten sie in ihre Sklavenlager. Bald lebten in zu meinem Bischof: „Mütter sind sie jetzt, die du als Mädchen früher losgekauft hast. Ihre Kinder fallen wieder an uns zurück: wir fordern sie, wir nehmen sie; denn für diese hast du nichts bezahlt!" Dank den Gaben des Kindheit-Jesu-Vereins haben wir Sittarder Herz-Jesu-Priester schon weit über 12.000 Sklavenkinder losgekauft und christlich erzogen. Dieses päpstliche Werk, den Kindheit-Jesu-Verein, laßt uns in allen Pfarreien und Kirchen hochhalten. Nicht nur hat er schon 3 Millionen armer Kinder gerettet — er veredelt auch die Herzen unserer Kleinen durch das früh erlernte Streben, dem Heiland Freude zu bereiten, macht durch Opfersinn, Mitleid, Barmherzigkeit die Kinder froh und die Familien glücklich. Ich kenne manches Haus, wo die Opferbüchse mit dem nickenden Mohrenkind aufgestellt ist und allsonntäglich ihre Gabe erhält; sind's 21 Mark geworden, schickt man das Geld nach Aachen oder an eines unserer Missionshäuser zum Loskauf eines Heidenkindes aus Menschen- und aus Teufelsketten. Nach dem Araberschrecken von Osten her kamen von Westen die weißen Gewehrträger mit braunen Soldaten. Sie hatten Auftrag, mit allen Mitteln Gummi und Elfenbein zu erpressen. Sie umstellten die Ortschaften und 'erklärten dem Volke: „Wir haben euer Land gefunden, und darum gehört es jetzt uns mit allen seinen Menschen und Schätzen. Wem das Leben lieb ist, der bringt uns unentgeltlich allvierteljährlich Gummi und Elfenbein." Solch „Enropäerrecht" begriffen die Ein-gebornen nicht. „Ihr seid krank in euren Köpfen! Das ist doch der Boden unseres Volkes, seit es Menschen gibt. Wenn ihr etwas wollt, so tauscht es ein!" Doch die Gewehre knatterten und die Peitschen flogen und brachten ihnen zum Verständnis, was der Weiße fordert. Zwanzig-, Dreißig-, Vierzigtausend wurden nun allerorts hintereinander in den Wald getrieben,, wo jeder — Fünfjährige schon — an den hundertmeterlangen Gummilianen hinaufklettern, sie von oben bis unten einschneiden, den herabträufelnden Saft in Töpfen auffangen und zu Gummi kochen mußte. Viele stürzten von den sich lösenden Lianen ab, andere verschlang der bodenlose Sumpf, andere zerriß der Leopard, andere starben hilflos im Wald an Hunger oder Krankheit. Wer aber endlich nach mehr als zwei Monaten langer Arbeit das geforderte Quantum abgeliefert hatte und für kurze Zeit nach Hause durfte, fand gar oft ein ausgeplündert Dorf, Frauen und Kinder von Sklavenjägern fortgeschleppt. (Schluß folgt.) fr— rp 'Crauerkunde aus der flMfsionsftation j~| -V VS— 1 Witbank. —V Sonntag, den 7. August 1927, um >/-11 Uhr vormittags, starb int hiesigen Dominikanerinnen-Konvent Schw. Maria Bernard Rinkes, aus der Rheinpfalz gebürtig, im 48. Jahre ihres Lebens und im 24. Jahre ihrer Profeß. Seit 3 Jahren war Schw. Bernard als vorzügliche Musiklehrerin in der Klosterschule und als Organistin tätig. Ihr größtes Interesse widmete sie den Schwarzen. Obwohl von schwächlicher Gesundheit — seit Jahren war sie lungen-und asthmaleidend — ließ sie sich durch nichts, weder durch Hitze oder Kälte, noch durch die Länge des Weges zurückhalten, ihre Lieblingsschüler, die schwarzen Kinder in der Ein-gebornenschule zu T. & D. B.*) regelmäßig auszusuchen, um sie in der Religion und auch anderen Gegenständen zu unterrichten und *) T. L D. B. ist eine der zahlreichen Kohlenzechen im Gebiete von Witbank. ihnen kirchliche Lieder zur Verschönerung des Gottesdienstes beizubringen. Ihr schwerstes Leid war, daß ihre Körperkräfte und andere Beschäftigungen es nicht gestatteten, ganz unter ihnen zu bleiben und mehr für sie zu tun. Nach Weihnachten wurde sie zur Erholung in einen anderen Konvent nach Clerksdorp geschickt. Ihr Herz blieb jedoch in Witbank zurück und alle Zeit, die sie herausschlagen konnte, benützte sie dazu, sich in der Zulusprache zu vervollkommnen und sich für die Arbeit unter den Schwarzen um so besser zu befähigen. Eine Kur, der Schw. Bernard sich unterzog, brachte ihr manche Erleichterungen. Ende Juni kehrte sie nach Witbank zurück mit dem Wunsche, diese Kur hier zu beendigen und ihre Arbeiten für die Schwarzen so bald als möglich wieder aufzunehmen. Gott fügte es anders und verlangte das Opfer ihres Lebens. Sie zog sich eine schwere Erkältung zu, zur Lungenschwindsucht gesellte sich eine schwere Rippensell-entzünduug. Über einen ganzen Monat war sie ans Krankenlager gefesselt, das für sie ein arges Schmerzensbett wurde, namentlich sooft eine Witterungsveränderung eintrat. Obwohl ihre Körperkräfte von Woche zu Woche sichtlich abnahmen und sie bereitwilligst die heiligen Sterbesakramente empfing, hoffte sie doch bis zum letzten Tage, nochmals für die schwarze Mission arbeiten zu können. Sonntag, den 3l.Juli, spät abends hatte sie den ersten jener schweren Anfälle, die sich nun die kommende Woche fast täglich wiederholten. Immer glaubte man, ihr letztes Stünd-lein sei gekommen. Rührend und erbaulich war der Geist des Gebetes, den Schw. Bernard in ihrer Krankheit an den Tag legte. Den heiligen Rosenkranz ließ sie nimmer aus den Händen und immer wiederholte sie die beliebten Stoßgebete: „Mein Jesus, Barmherzigkeit!", „Heiligstes Herz Jesu, ich vertraue auf dich!" und „Ave Maria!" Und sie bedankte sich herzlich, sooft man ihr diese und ähnliche Gebetchen in ihren Anfällen laut vorbetete. Sonntag Morgen, den 7. August, nach einer schlaflosen Nacht, fühlte sich Schw. Bernard schlechter denn je. Es war ein abscheulicher Regentag. Nochmals empfing sie die heilige Kommunion. Um 10 Uhr setzte ein neuer heftiger Anfall ein. Es war der letzte. Unter den Gebeten des herbeigeeilten Paters und einiger Schwestern stand ihr Herz plötzlich ■ stille. So vollendete sie das Opfer ihres Lebens zum Besten der armen Schwarzen, still, ruhig, gottergeben und wohl vorbereitet. In der Pfarrkirche war gerade die heilige Wandlung unb in der Schwesternkapelle beteten ihre Mitschwestern zusammen mit den Internen vor ausgesetztem Allerheiligsten ihr Lieblingsgebet, den heiligen Rosenkranz. Montag Nachmittag um 4 Uhr bewegte sich wohlgeordnet und erbaulich ein langgestreckter Zug von der Pfarrkirche zum Friedhof. Katholiken, eine große Anzahl protestantischer Freunde und die Konventsschüler gaben ihr das letzte Geleite, natürlich durften auch die schwarzen Schüler von T. &D. B. nicht fehlen. Im Gegensatz zum vorhergehenden trüben, wolkenschweren Tage schien die Sonne verklärend hernieder. Bisher wurden Katholiken neben Nichtkatholiken auf dem gemeinsamen christlichen Friedhofe bestattet. Schw. Bernards Tod war die Veranlassung, um eine eigene Begräbnisstätte für die Katholiken anzusuchen, was der städtische Bürgermeister sofort ohne jede Schwierigkeit bewilligte. P. Jos. Klafftet, F. 8. C. 0 0 0 Umschau. 0 0 0 Hinterindien. (Z. M. 3/1927 ; K. M. 9/1927.) Die Zwergvölker der Halbinsel Malakka wurden in den letzten Jahren von dem Steyler Missionär P. Schebesta wissenschaftlich erforscht. Ihre Missionierung soll nun in die Wege geleitet werden, wenngleich die Schwierigkeiten infolge des Nomadenlebens der Semang und der anderen Zwergstämme sehr groß sind. Die Halbinsel Malakka besitzt ein tropisches Klima. Hohe, urwaldbedeckte Gebirgsketten durchziehen sie der Länge nach. Dort herrscht ewiges Schweigen, das nur in den Morgenstunden durch das johlende Geschrei der Affen gestört wird, wenn die Sonne die Kronen der Baumriesen überflutet. Zuweilen rollt auch das dumpfe Brummen des Königstigers durch den Urwald. Bäume von 50 und 60 Meter Höhe breiten ihre Äste aus, dorniges Gestrüpp bedeckt den feuchten, in steter Nacht ruhenden Waldboden, kein Sonnenstrahl dringt bis da hinunter, Lianen (Schlingpflanzen) klettern an den ©tarnen empor und winden sich von einem zum andern. In dieser großartigen Stille des Urwald-dunkels wandert unhörbaren Schrittes der Zwergmensch, das Rätsel der menschlichen Urzeit. Hier in seiner Heimat ist er der Herrscher, hier [im dichtesten Walddunkel fühlt er sich wohl. Er meidet die Sonne, die ihm wehe tut. Hierhin ist ihm weder der heimtückische Malaie, noch der gewinnsuchende Chinese, noch der rücksichtslose Europäer gefolgt. Jedoch haben sie die Zwergmenschen aus den Grenzgebieten ihrer Heimat schon zurückgedrängt, auf dem eroberten Boden Pflanzungen angelegt, Straßen wandern und in der Waldestiefe umherschweifen, bauen sie auch keine Hütten. Ihre Wohnungen sind Wetterschirme, die sie dort errichten, wo sie sich für kurze Zeit niederlassen. Es besteht unter ihnen Frauenmangel. Eine staatliche Zusammengehörigkeit kennen sie nicht; jeder verfügt frei über sich. Die Ehe beruht auf Gleichberechtigung von Mann und Frau. Eine Ehetrennung erfolgt nach der Geburt eines Kindes nur selten, denn Kinder werden durchwegs sehr hoch geschätzt. Ehebruch gilt als das schlimmste Verbrechen. Mord, Diebstahl und Fronleichnamöprozession in „Maria-Trost". (Phot. v. P. Bernh. Zorn, P. S. C.) gebaut und Eisenbahnen eröffnet. Die Zwerge mußten sich tiefer in den Urwald zurückziehen. Für die Erforschung dieser Waldmenschen hatte der Heilige Vater die Mittel bereitgestellt. Nur in Begleitung eines malaiischen Dieners hat P. Schebesta das Siedlungsgebiet dieser sagenhaften Urwaldzwerge durchwandert. Er hat Strecken durchwandert, die noch keines Europäers Fuß betreten, und Stämme besucht, die noch keinen Weißen zu Gesicht bekommen hatten. Leider ist die Zahl der Zwerge klein, etwa 2000; sie sind im Aussterben begriffen; die europäische Zivilisation schaufelt ihnen das Grab, indem sie immer weiter vordringend das Zwergvölkchen auf ein zu enges Gebiet beschränkt, auf dem es wirtschaftlich ersticken muß. Die mittlere Größe der Männer beträgt 150, die der Frauen 140 Zentimeter. Da sie beständig Trunksucht sind unbekannt. Das höchste Wesen ist der Donnergott. Die Semang glauben an ein Leben nach dem Tode. Nach ihrer Anschauung kommen die Verstorbenen auf eine Insel im Meere, wo man ähnlich lebt wie auf Erden. Die Hauptbeschäftigung der Frauen besteht darin, im Walde eßbare Pflanzen zu sammeln; die Männer obliegen auch der Jagd; doch ist die Hauptnahrung nicht Fleisch, sondern Pflanzenkost. Das Ergebnis der Erforschung dieser Waldzwerge, die zu den ältesten Völkern der Erde gehören, bestätigt neuerdings, daß die Urvölker sittlich und religiös höher standen und stehen als die Heidenvölker der späteren Zeit. China. Die politische Lage ist noch immer höchst verworren. Als Folge des langen Bürgerkrieges macht sich eine allgemeine Verwilderung immer stärker geltend. Dazu kommen die vielen Einquartierungen,Brandschatzungen,Räubereien, Mißernten, Mangel an Lebensmitteln, Verteuerung der Lebenserhaltung, die Unmöglichkeit einer regelrechten Felderbestellung und furchtbare Naturkatastrophen wie Überschwemmungen, Wirbelstürme und Erdbeben. Doch lassen die eigenartigen sozialen Zustände Chinas einen dauernden Einfluß des Bolschewismus kaum erwarten, denn es fehlt im allgemeinen der Unterschied zwischen Großbesitz und Kleinbesitz. Der Chinese ist Kleinbauer. Allerdings haben die Missionen durch die erwähnten Begleiterscheinungen des Bürgerkrieges schon ungeheure Schäden erlitten. Man muß sich deshalb wundern, daß die Katholikenziffer im letzten Jahre noch um 69.000 gestiegen ist. Sie beläuft sich nach den neuesten Berichten auf 2,240.250. Von größter Bedeutung für die Zukunft der Kirche in diesem Lande ist die Hebung und Vervielfältigung der Missionsschulen sowie die Heranbildung tüchtiger katholischer Lehrer und Professoren. Denn die Lehrpläne der Missionsschulen müssen mit denen der Staatsschulen übereinstimmen, die Schulleiter und deren Stellvertreter müssen Chinesen sein und außerdem müssen die Schulen um die staatliche Genehmigung ansuchen. Insgesamt werden die katholischen Missionsschulen von 343.000 Schülern besucht. (Z. M. 3/1927.) Die Missionsbriefe entwerfen grauenhafte Schilderungen vom Bürgerkriege. Ein ungefähres Bild der Zustände mag folgender Auszug aus dem Briefe einer süddeutschen Missionsschwester bieten: „Seitdem ich in Sinanfu bin," schreibt sie unter anderm, „kommen wir aus dem Kriege nicht mehr heraus. Im ersten Sommer wurde die Stadt beschossen und alle reichen Familien geplündert. Nachdem die Schen-sinesen die Provinz Honan bekriegt hatten, wobei sie in der Stadt Honanfu allein 20.000 Menschen töteten, wurden sie von den Hona-nesen schließlich doch vertrieben und zu Tausenden niedergemetzelt. Ungezählte starben des Hungertodes oder ertranken in den Fluten des Gelben Flusses. Eine große Armee zog von Honan herauf gegen Sinanfu. Am 16. April wurde die Stadt unter heftiges Feuer genommen. Der Stadtkommandant, ein ehemaliger Karrenführer, rief nun den berüchtigten Räubergeneral Jan zu Hilfe, der denn auch mit 12.000 Räubern in die Stadt einrückte. Die Kämpfe dauerten Tag und Nacht. An besonders blutigen Tagen trat von 7 Uhr abends bis 4 Uhr morgens auch nicht eine Minute Ruhe ein. Massenhaft lagen die Toten vor den Stadtmauern und auf dem weiten Schlachtfeld. In den umliegenden Dörfern schleppte man die Leichname, denen man alles geraubt hatte, in die Höfe und sogar in die Häuser und warf sie auf Haufen zusammen. Als in der Stadt die Lebensmittelnot immer mehr wuchs, drang die räuberische Besatzung in die Häuser und schleppte alles fort, was man nicht freiwillig hergab. Wer sich widersetzte, dem wurde das Haus über dem Kopfe angezündet, oder man schnitt den Besitzern Hände, Füße, Nasen und Ohren ab, oder schleppte sie in die Gefängnisse, wo sich der Räubergeneral selbst ein Vergnügen daraus machte, seine Opfer zu quälen. Man brannte den Unglücklichen Brust und Seiten mit Fackeln und trieb ihnen Eisenstäbe durch die Nase, die oben an der Schädeldecke heraustraten. Hochangesehene Personen wurden kaltblütig erschossen. Tausende flohen aus der Stadt, was der belagernde General an gewissen Tagen erlaubte. Im ganzen flüchteten 200.000 Menschen aus der Stadt, die eine Million Bewohner zählte. Als es weder Holz noch Kohle mehr gab, rissen die Räubersoldaten ganze Häuserreihen nieder und verkauften die Balken und Möbel. Alle in der Stadt vorhandenen Tiere wurden allmählig aufgezehrt. Hernach stürzten sich in den einsamen Straßen heißhungrige Menschen auf Tote und Sterbende und schnitten Stücke von deren Leibern ab, um das elende Leben noch ein wenig weiterzufristen. Durchschnittlich starben im Tage tausend Menschen des Hungertodes. Wir stehen jetzt unter bolschewistischer Herrschaft . . Daß solche Greuel in einem Heidenlande Vorkommen, darf nicht wundernehmen; werden zur Zeit doch auch in christlichen Ländern, wie in Mexiko und Rußland, ähnliche Verbrechen verübt. Im letzten Konsistorium vorn 20. Juni äußerte sich der Heilige Vater bezüglich Chinas: „Wir sind überzeugt, daß dem durch natürliche Gutmütigkeit und Friedfertigkeit ausgezeichneten chinesischen Volke solche Greuel nicht einmal in den Sinn gekommen wären, wenn es nicht von außen her (von Rußland) zu Bürgerkrieg und sozialer Revolution aufgehetzt worden wäre." Die protestantischen Missionäre haben größtenteils das Land verlassen; die katholischen harren treu aus. Offenbar waltet ein besondererSchutz der göttlichen Vorsehung über den katholischen Missionären, sonst hätten wohl schon viel mehr das Leben eingebüßt. Dasselbe darf auch gesagt werden hinsichtlich des großen Erdbebens, das in der letzten Maiwoche dieses Jahres die Provinz Chans (West-Kansu) verheerte. Dieses Erdbeben gehört zu den furchtbarsten Katastrophen, die sich in geschichtlicher Zeit aus unserer Erde abgespielt haben. Die Zahl der Toten wird auf 100.000 geschätzt. Von den schrecklichen Folgen des Erdbebens wurde ein Gebiet von 30.000 englischen Quadratmeilen betroffen. Bischof Buddenbrock berichtet: „Der 23. Mai war der unheilvollste Tag in der Geschichte von Kansu. Die Naturgewalten haben ungeheure Opfer an Menschenleben gefordert. Es war ein starkes Beben, daß ich glaubte, der Jüngste Tag sei gekommen. Die ganze Größe des Unglückes ist noch gar nicht bekannt. Die Zerstörung der Postämter und der Telegraphenleitungen erklärt den Mangel an genaueren Nachrichten über die Katastrophe. Der Verlust an Menschenleben beträgt viele Tausende, ja, übersteigt vielleicht sogar 100.000. Das Elend der Überlebenden ist unbeschreiblich, denn sie haben weder Nahrung noch Kleidung, noch Häuser. Ein solches Unglück erfordert internationale Hilfsaktionen. Wir brauchen Arzneien, Lebensrnittel, Geld. Schon sind zwei Wochen seit dem Schreckenstag verstrichen, und doch ist die Erde noch nicht zur Ruhe gekommen. Täglich erfolgen neue Stöße und versetzen uns in neue Schrecken. In Sisiang wurde die Schwester Konstantia beim Einsturz der Kapelle getötet; sie war noch einmal in die Kapelle zurückgeeilt, um zwei Kinder zu retten. Unter jedem Arm eins, so wurde sie verschüttet; sie tot, die Kinder leben. Hunderte von Dörfern sind zerstört. Die Stadt Liangschow mit einer Bevölkerung von 80.000 Menschen ist vom Erdboden vertilgt. Nur die nackten Mauern einiger Häuser ragen noch in die Luft. Unsere blühenden Missionen sind verschwunden. Ein Dorf ist von den Erd-und Felsmaffen begraben worden, die von den Bergen herabstürzten." — „Im ganzen Gebiet der Mission", schreibt ein Missionär, „gibt es keine Kapellen mehr. Wir können auch nichts tun, um sie wieder herzustellen, denn wir sind von allem entblößt. Aber Gott hat in wunderbarer Weise uns Missionäre am Leben erhalten. Der Erdboden ist in kilometerlange Spalten aufgerissen, aus denen Wasser hervorsprudelt, blaues, grünes, schwarzes." Sind auch die Verluste unter den Christen groß, so sind auch die geistigen Früchte, die das Unglück zeitigte, überaus erfreulich. Alle Christen empfingen die Sakramente wie in den Tagen einer großen Mission. Die Katechumenen wurden notgetauft, die Heiden kamen und verlangten die Taufe. Eine heilsame Furcht hat alle ergriffen. So mag die Katastrophe vielen die Augen öffnen und sie zur Sinnesumwandlung und Bekehrung veranlassen. (r X)er Zauberer der Sahiri. s\ Eine Erzählung aus Kamerun von P. Johannes Emonts, 8. C. J. i (Fortsetzung.) h Weiteren Fragen wurde durch die Ankunft der beiden Diener und der besagten Frau Einhalt geboten, die tiefgebückt hinter den Dienern einherschritt und vor lauter Angst zitterte. Noch war sie wohl zwanzig Schritte vom Häuptling entfernt, da wagte sie es nicht mehr weiterzugehen. In ihrer Angst warf sie sich auf den Boden und fing laut an zu weinen. „Tritt näher, törichtes Weib!" herrschte Beschuba sie an. Sie trat nun einige Schritte näher und sprach mit tränenerstickter Stimme: „Großer, mächtiger Herr! Zürne mir nicht, wenn ich es heute wage, vor dein Angesicht zu treten." Beschuba gab einem Diener ein Zeichen, daß er die ängstliche Frau zu ihm heranführe, dann sagte er begütigend: „Hab' keine Angst, es soll dir nichts geschehen. Was wolltest du. mir melden?" — „Ich habe eine Botschaft von Tufa." — „Von Tufa? Er ist doch gefangen." — „Er war gefangen, ist es aber nicht mehr." — „Hast du ihn selber gesehen?" — „Ich sah ihn selbst mit meinen eigenen Augen. Wenn er auch krank aussieht, und wenn ihm auch ein Auge fehlt, so habe ich ihn doch erkannt." — „Es fehlt ihm ein Auge; wahrhastig, dann könnte er es doch sein!" rief erschrocken Beschuba. „Wo sahst du ihn?" — „Ich war auf dem Wege zu unserer kleinen Farm, als ich plötzlich ergriffen und gebunden wurde. Die geheimnisvolle Gestalt sprach kein Wort. Ich zitterte vor Angst und dachte, man würde mich töten. Ich wurde fortgeschleppt; über meinen Kopf hatte man ein Tuch geworfen, das mir am Halse zugebunden wurde. Endlich legte die geheimnisvolle Gestalt mich nieder, nahm mir das Tuch von den Augen und ich sah Tufa/ — ,Fch bin Tufa, kennst du mich?' fragte er. Ich antwortete: ,Ja, ich höre es an der Stimme, du bist es/ — ,Willst du dem Häuptling eine Botschaft überbringen?' fragte er weiter. — ,Du weißt, daß wir Frauen keinen Zutritt zum Häuptlingsgehöfte haben! Wie kann ich da einen Auftrag ausrichten?' — ,Wenn du sagst, daß Tufa, der Zauberer, dich geschickt hat und daß du wichtige Botschaft bringst, wird man dich zulassen. Sage dem Häuptling, daß der Kebia kem ketavin mich aus der Gefangenschaft befreit hat, daß, sobald ich wieder gesund und stark bin, der Kampf gegen den Weißen beginnt. Für jeden Schlag, den man mir versetzte, werde ich mich rächen. Sage dem Häuptling, daß ich für das Auge, das er mir nahm, zehn anderen Bahirileuten die Augen, und zwar beide Augen aushacke. Sage ihm, daß ich den Stamm so lange heimsuche, bis der Weiße mit Schimpf und Schande aus dem Ort vertrieben ist. Die Frauen auf den Feldern werde ich fortschleppen, die Männer, die mir in die Finger fallen, werde ich grausam martern und töten. Kebia kem ketavin will es so. Er haßt die Weißen und will nicht, daß sie über die Bahiri herrschen! Willst du das dem Beschuba melden?' — ,Ja, ich werde versuchen, ob man mich zu ihm läßt/ — ,Du mußt heute noch zu ihm! Wenn du es nicht meldest, fällst du selber dem Kebia zum Opfer, und du kannst ihm nicht entgehen.' Die Gestalt, die neben Tufa stand, hielt mir einen scharfen Dolch vor die Brust und drohte, mich zu erstechen. Da versprach ich, unter allen Umständen den Auftrag auszurichten, dann verhüllte mir die geheimnisvolle Gestalt, ohne ein Wort zu sagen, das Haupt und brachte mich in die Farm zurück, wo sie mich losließ. Großer Häuptling, das ist es, was ich zu melden habe." — Beschuba war ganz aufgeregt. Tufa drohte mit seinem Kebia kem ketavin, mit seinem mächtigen Schutzgeist. Die alte abergläubische Angst und Furcht nahm ihn wieder in ihren Bann. >,Wer war denn jener, der dich gefangennahm und zu Tufa brachte?" — „Das war der Kebia ke Tufa in leibhaftiger Gestalt", sagte die Frau. Durch die Versammlung ging ein jähes Zusammenzucken. Gruseln und kalter Schauder ergriff die Bahiri. Manche fühlten nach ihren Amuletten, andere schauten auf den Weißen, was der wohl jetzt sagen würde. Alle waren erschrocken, voller Furcht und Angst. P. Breuer hatte bis jetzt kein Wort gesagt, sondern nur dem Bericht und den Fragen zugehört. Nun griff auch er in die Unterhaltung ein, indem er einige Fragen an die Frau richtete. „Wie war der Mann gekleidet, der dich ge- fangennahm?" — „Er war schrecklich anzusehen. Es war kein Mann, es war der Kebia ke Tufa, so wahr ich die Frau des Dschengo bin." — „Es war nicht der Kebia ke Tufa", antwortete der Missionär. „Er war es nicht, so wahr ich der Weiße von Opolinda bin. Das kann ich beweisen. Antworte mir auf einige Fragen. Hatte die Gestalt Arme, wie ein Mensch?" — „Ja, Weißer. Und nicht nur Arme, sondern auch Beine. Zwei Arme und zwei Beine, ynb einen Kopf, den ich freilich nicht sah." — „So, den Kopf hast du nicht gesehen. So war die Gestalt wohl verhüllt?" — „Ja, ganz verhüllt, sodaß ich sie nicht erkennen konnte." — „Und woher weißt du, daß es der Kebia ke Tufa war?" — „Weil er nicht sprach und weil Tufa ihn so nannte." — „Höre, Beschuba, hört Bahiri! Jene geheimnisvolle Gestalt ist ein Mensch und kein Kebia! Er hat Arme, Beine, einen Kopf, er trägt eine Vermummung, um sich unkenntlich zu machen. Wollt ihr wissen, wer es ist? Es ist der neue Helfer des Zauberers. Wie ich soeben von Beschuba hörte, ist Buzu tot. Ein anderer Gehilfe für die verheißenen neuen Schandtaten hat sich gefunden, gewiß ein anderer Zauberer oder ein Bekannter und guter Freund Tufas, der ihn auch aus seiner Gefangenschaft befreithat." DieseWorte schienen Beschuba und seine Leute etwas zu beruhigen. Die Zuversicht des Weißen, der schon einmal den Zauberer und den Kebia ke Tufa besiegt hatte, gab ihnen in etwa das Vertrauen, daß nun doch die Drohungen Tufas sich nicht bewahrheiten würden. „Was sollen wir denn nun tun?" fragte der Häuptling. „An erster Stelle müssen wir nachsehen, wie es möglich war, daß der Zauberer entkam. Dann werden wir zusammen überlegen, was zu tun ist." — „Wehe den Wächtern, wenn Tufa fort ist!" rief Beschuba, dessen Zornesader dick aufschwoll. „Mit ihrem Tode sollen sie es büßen!" Da der Marktplatz nicht weit vom Häuptlingsgehöft lag, war man bald an der Gefangenenhütte angelangt. Die vier Wächter saßen vor der geschlossenen Tür und rauchten in aller Ruhe ihre Pfeifen. Die Lanzen standen an den Wänden. Der Häuptling hatte sich durch seinen Diener die Lederpeitsche geben lassen. „Ihr Hunde! Wer hat euch erlaubt, euch niederzusetzen?" Wütend und unbarmherzig schlug er auf die erschreckten Leute ein. „Wenn der Zauberer fort ist, sollt ihr dafür büßen! Hat jemand die Tür geöffnet?" — „Nein, die Tür ist noch so, wie du sie selber verschlossen hast. Den ganzen Tag über ist niemand in der Hütte gewesen", sagte zitternd einer der Gezüchtigten. „Wahrhaftig I" gab der wütende Häuptling zu, als er sich die Tür und den Verschluß ansah. „Hier ist Tufa nicht herausgekommen, also muß er noch da sein!" Mit seinem Dolchmesser durchschnitt er die starken Lianen und stieß mit seinem Fuß die enge Tür auf. Die Hütte war leer, der Zauberer fort. Als hätte ihn der Blitz getroffen, starrte Beschuba in die leere Hütte hinein. Nachdenklich schüttelte er den Kopf, kratzte sich am Ohr und sagte vor lauter Erstaunen oder vielmehr vor lauter Schrecken gar nichts. Nur eine Möglichkeit gab es für ihn: Tufa war von seinem mächtigen Schutzgeist durch die Luft entführt worden. „Er ist fort", bestätigte P. Breuer, der auch mit Ketam und einigen Bigleuten die Hütte durchsuchte. „Und doch war er so fest gebunden, daß er unmöglich selbst die Fesseln lösen konnte", gab Beschuba zur Antwort. „Er hat ja auch die Fesseln nicht selbst gelöst, das tat ein anderer, sein Helfer!" sagte der Pater.— „Meinst du das wirklich?" — „Gewiß meine ich das und hoffe, es dir beweisen zu können. Schau oben die kleine Rauchöffnung, sie ist gerade so groß, daß ein Mann hindurch kann. Wenn jemand gestern in der Zeit, da Tufa auf den Marktplatz gebracht wurde, sich oben unter dem Dach versteckte, dann war es möglich, dem Zauberer behilflich zu sein. Er konnte in der Nacht lautlos nach oben entschlüpfen und dann auf der Rückseite entkommen." Da der Platz rundum von Hütten und hohen Verbindungswänden eingeschlossen war, ließ der Pater sich auf einem Umweg über das Frauengehöft an die Rückseite des Gefängnishofes führen. Schon bald fand er eine doppelte Bestätigung für seine Vermutung. Von dem hohen Rizinusstrauch an der Wand sah man einzelne geknickte kleine Blätter und von oben hing, in Manneshöhe abgeschnitten, ein Stück von einem festen Baststrick, der im Dach befestigt sein mußte. „Siehst du das, Häuptling?" — „Allerdings, du haft recht, nun ist kein Zweifel mehr. Der Zauberer ist hier entkommen, er hatte einen Helfer." P. Breuer ließ sich eine Bambusleiter holen und untersuchte das Dach und die Decke. Der Strick war wirklich oben im Dach gerade über der Rauchöffnung befestigt; Tufa hatte sich offenbar daran emporgezogen und auf der Rückseite heruntergelassen, ohne daß die Wächter es gemerkt hatten. Beschuba begann, als er wieder zu den Wächtern kam, zu fluchen und zu toben, aber P. Breuer bat ihn, mit allen anwesenden Bahiri und den BigleUten zu einer Beratung zu kommen. Die großen Volksmasfen, die draußen warteten, begaben sich nun wieder zum Marktplatz. Bcschuba berichtete das Ergebnis der Untersuchung und sagte dann etwas kleinlaut: „Tufa ist entkommen. Er wird suchen, Rache zu nehmen an mir, an euch, an uns allen. Es werden uns schwere Tage bevorstehen. Aber hört, was der Weiße für einen Vorschlag hat! Da er euer Häuptling ist, so gelten seine Worte als Befehl. Der Weiße, euer Häuptling, möge sprechen!" — „Bahiri!" begann P.Breuer mit lauter Stimme, „Tufa, der Zauberer, ist entkommen. Er hat einen, vielleicht sogar mehrere Helfershelfer. Sie haben ihm die Flucht ermöglicht und werden ihm auch zu jenen schlimmen Taten behilflich sein, die er uns allen angedroht hat. Das wird ihm nicht gelingen, wenn ihr nach meinen Befehlen handelt. So hört denn gut, was ich sage. Laßt euch nicht erschrecken, weder durch seine Drohungen noch durch die Furcht vor dem Kebia ke Tufa. Es gibt keinen andern Kebia ke Tufa als Tufa selber; oder wenn ihr wollt, nennt den grenzenlosen Haß und die unbegreifliche Grausamkeit und seinen Blutdurst Kebia ke Tufa! Diesen Blutdurst, diesen Haß haben Ulambi und Zimba, haben Ngemba und meine Boys in die Kesang ke bänu gebracht. Dieser Haß des Zauberers war der Beweggrund zu allen Betrügereien, zu all den heim-lichen Mordtaten. Dieser Haß will mich aus Buabengi vertreiben. Hört es, Bahiri, und vergesset es nicht! Ich lasse mich nicht von Tufa vertreiben. Gestern sagte er, daß heute der Kampf gegen den Weißen beginnen solle. Gut, so beginnt auch mein Kampf gegen den blutdürstigen Tufa. Nicht eher werde ich ruhen, als bis er gefangen und unschädlich gemacht ist. So befehle ich denn als euer Häuptling euch allen denselben Kampf. Wir unterbrechen unser schönes Fest, um es dann zu feiern, wenn wir Tufa besiegt haben. Vorerst gilt es, den Tufa zu suchen. Aus jedem kleineren Dorf ziehen von heute ab jeden Tag wenigstens zehn Krieger bewaffnet aus, um im ganzen Umkreis des Dorfes den Verbrecher und seine Helfer zu suchen. Aus jedem größeren Dorf sollen wenigstens zwanzig Krieger alltäglich ausziehen. Die Frauen gehen fortan nicht mehr ohne bewaffneten Schutz aufs Feld. Niemand, er mag sein, wer er will, darf allein von einem Dorf zum andern gehen. In der Dunkelheit verläßt niemand allein die Hütte, die er bewohnt. Die Männer schlafen von jetzt ab am Tage, nicht in der Nacht. Nachts bewachen sie die Hütteü und beschützen so ihre Frauen und Kinder vor Mord und Totschlag, vor den feindseligen Absichten des Zauberers. Jeder Bigmann, jeder Dorfgroße, jeder Gehöftvorsteher hat darüber zu wachen, daß meine Befehle ausgeführt werden, und ich gebe ihnen das Recht, jeden in meinem Namen zu bestrafen, der sich meinem Befehl widersetzt. Das ist mein erster Befehl, den ich als euer Häuptling euch sage, er ist streng. Wenn ihr danach handelt, wird Tufa nicht ins Dorf kommen, und wenn er kommt, ist er bald gefangen. Wer mir ihn oder einen seiner Helfer gefangen zuführt, soll ein Prachtvolles Geschenk erhalten, ja ich will mit meinem Freund Beschuba sprechen, daß dieser ebenfalls ein schönes, prachtvolles Geschenk dazutut. Wer irgendetwas von Tufa hört, wer etwas Verdächtiges sieht, möge es mir oder Beschuba melden. So, nun geht in eure Ortschaften zurück und schützet euch selber vor Tufa und seinem Mordmesser! Ich, euer Häupiling, habe gesprochen!" Das so glänzend begonnene und mit so frohen Hoffnungen erwartete Fest fand auf diese Weise ein jähes Ende. Bald war der große Platz menschenleer. Die Bigleute und Dorfgroßen sorgten für pünktlichste Ausführung der Befehle. Nach allen Richtungen zogen Truppen von bewaffneten Bahiri aus, um Tufa zu suchen. Nachts wurden die Dörfer und Hütten bewacht, und es geschah kein Unglück. Die Frauen zogen, von bewaffneten Männern begleitet, aufs Feld und kehrten am Nachmittag frühzeitig unter bewaffnetem Schutze heim. Früher als sonst wurden die kleinen Schiebetüren zugezogen. Laute Gespräche hörte man in ganz Buabengi nicht. Das tat alles die Angst vor dem gefürchteten Kebia ke Tufa. Da Ulambi keiner Pflege mehr bedurfte, gab der Pater sich fleißig dem Studium der Sprache, der Sitten und Gebräuche hin. Er machte gewaltige Fortschritte, die ihm wenigstens einen Ersatz boten bis zu der Zeit, wo das neue Missionsgehöft endlich in Angriff genommen werden konnte. Eines Tages fand er auf einem Streifzug durch die Umgegend von Buabengi einen geeigneten Platz für die neue Mission. Er lag etwas abseits vom Dorf, am Rande eines kleinen Kolawaldes. Früher mußte da ein Gehöft gestanden haben; denn zwischen dem Gestrüpp, das sich da breit machte und alles überwucherte, bemerkte man noch vereinzelte Bananenstauden und BaumwoÜsträucher. Ein klares Bächlein floß vorbei, und dahinter dehnten sich die weiten Felder und Farmen von Buabengi aus, aus denen man die spitzen Dächer einzelner Farmhütten emporragen sah. In der Mitte dieses Platzes wäre die geeignetste Stelle für das erste Kirchlein, rechts daneben für das Wohnhaus und links für die Schule. Im Hintergrund und weiter seitwärts ließen sich die Häuser für den schwarzen Lehrer und die schwarzen Schulbuben bauen. Dem Pater war es, als sähe er bereits die Mission fertig dastehen, einfach und doch schön, im Hintergrund den herrlichen Kolawald mit den Riesenbäumen. Der Boden mußte vorzüglich sein, wie man an dem wildwuchernden saftigen Gesträuch sehen konnte, das würde prachtvolle Gärten und fruchtbare Felder geben. „Ich werde mit dem Häuptling sprechen, daß er mit mir den Platz besichtigt, und dann hoffe ich in einigen Tagen mit der neuen Mission beginnen zu können." 13. und 14. Kapitel. Die Gründung der neuen Mission. Bittere Enttäuschungen. Kurzer Inhalt: In Buabengi blieb alles ruhig; von einem Kampf mit dem Weißen war nichts zu verspüren; darum wurden auch die strengen Vorschriften zur Überwachung des Dorfes trotz der Warnung des Missionärs immer milder gehandhabt und schließlich ganz aufgehoben. Beschuba hatte nach acht Tagen wieder die Regierung übernommen, und Pater Breuer konnte nun an seine Missionsgründung denken. Doch es sollte nicht so einfach gehen, wie er gedacht hatie. In stürmischer Versammlung wurde wegen des gewählten Platzes verhandelt, denn kein Bigmann wollte seine Hand leihen, dem Pater bei Errichtung der Station an dem von ihm in Aussicht genommenen Platze zu helfen. Gern hätten sie bei einer Neugcün-dung an jedem andern Orte mitgetan, aber in Bua-pilli (so hieß der Platz), niemals: er sei verzaubert und verhext, ein Ort des Schreckens und des Todes, wo jeder bisherige Bewohner an Vergiftungserscheinungen erkrankt und fast immer auch gestorben sei; auch alle Haustiere seien daselbst bis jetzt zugrunde gegangen. Alle Gegenmittel hätten fehlgeschlagen. Wohl sei es dem Zauberer gelungen, den bösen Geist innerhalb gewisser Grenzen festzubannen, die er mit Pflöcken abgesteckt hatie, aber kein Mensch könne ohne Todesgefahr den Platz betreten und es werde auch niemand dortselbst mithelfen; der Pater solle also an einem andern Orte seine Station errichten. Mit Entschiedenheit wies der Missionär alle Einwendungen zurück: Niemand anderer als der Zauberer habe das Gerücht, daß böse Geister dort ihr Unwesen trieben, ausgestreut; er habe aus Habgier mit seinen Geheimmitteln Menschen und Tieren geschadet, damit er im ungestörten Besitze der kostbaren Kolafrüchte verbleibein und mit dem Erlös derselben sich selber bereichern könne. Als dann der Missionär allen Warnungen zum Trotze doch mit seinen treuen Burschen den Bau der Mission begann, als er von den „vergifteten" Früchten aß, ohne Schaden zu nehmen, und als auch keinem seiner Leute etwas geschah, da wich langsam die Furcht und Angst der Leute und auch sie wagten sich in den Bannkreis des verzauberten Platzes: Die Früchte waren nicht vergiftet, kein böser Geist belästigte sie, keiner wurde krank, und bald herrschte reges Leben an dem bisher so gefürchteten Ort. In Kürze schon standen die Wohnungen und ein hübsches Kirchlein fertig da. Der Häuptling, ließ ein großes Freudenst st feiern und alles erging sich in spöttischen Bemerkungen über den Zauberer und seinen Schutzgeist, die nicht imstande gewesen seien, das große Werk zu verhindern, und lachte über seine Drohungen, als plötzlich der Ruf erscholl: „Feuer! Feuer! In der Mission brennt es." Die Leute waren wie gelähmt vor Schrecken. Also hatte der Zauberer doch recht behalten! Nun würde seine Rache über sie kommen. Der Pater mochte sagen, was er wollte, kein Bahiri wagte in seiner abergläubischen Furcht und Angst vor dem Zauberer und seinem Schutzgeist den Platz zu betreten; nur der wackeren Mithilfe seiner treuen Boys hatte es P. Breuer zu verdanken, daß er wenigstens einen Teil der Baulichkeiten retten konnte. Es war ein harter Schlag für den Missionär, aber es sollte noch schlimmer kommen: In der Überzeugung, das Ganze sei eine Rache der erzürnten Geister, zogen sich die Leute immer mehr von ihm zurück, ja sogar seine besten Freunde getrauten sich bald nur mehr des Nachts verstohlen zu ihm zu kommen. Als überdies bald hier, bald dort verschiedene Hütten auf unerklärte Weise in Brand gerieten, Mädchen und Frauen heimlich verschwanden und sich verschiedene Vergiftungsfälle ereigneten, da wußte jeder, daß der Zauberer an der Arbeit sei, nnb in der Angst vor ihm blieben auch die bisher Getreuen ganz aus. Überall begegnete der Missionär erregten und abweisenden Gesichtern, kein Mensch wollte mit ihm mehr zu tun haben, und bei verschiedenen Gelegenheiten konnte man die Bemerkung hören: „An allem Unglück ist nur dieser Weiße schuld!" Nur seine drei Buben aus Opolinda harrten bei ihm aus, und Ulambi war der einzige Bahiri, der sich noch zum Weißen wagte; er bettelte von seinem Vater Hühner und Eier und brachte sie des Nachts zu seinem Erretter. Zu allem Überflüsse wurde P. Breuer auch noch krank; schon dachte er allen Ernstes daran, nach Opolinda zurückzukehren, als unerwartet eine Wendung zum Bessern eintrat. * * * 15. Kapitel. Ein neuer Fingerzeig. Ngemba, der aus der Seufzerhöhle gerettet worden und nun ganz wieder hergestellt war. kam eines Abends mit seinem Bruder Molozo, als die Dunkelheit hereingebrochen war. nach Buapilli. Sie brachten ein Körbchen mit frischen Eiern, eine ganze Bananentraube und drei Hühner, die sie dem Missionär und den Boys zum Geschenk machten. Mehr noch als diese Gaben erfreute den Missionär eine Nachricht, die von außerordentlicher Wichtigkeit war und ihn vielleicht auf die Spur Tufas bringen würde. Nachdem nämlich die beiden Brüder ihre Gaben überreicht und die alten Bekannten begrüßt hatten, sagte Ngemba: „Wir hätten dir gern etliche Fische gebracht. Weißer, aber es ist uns zu gefährlich, ans .Schwärze Wasser' zu gehen, wo wir sonst unsere Fische zu saugen pflegen; die Bäche sind zu reißend, als daß sich dort Fische aufhalten könnten." — „Weshalb ist es denn so gefährlich am Schwarzen Wasser?" fragte U. Breuer. — „Man ist zwar nirgendwo seines Lebens sicher und der Tod kann jeden Tag kommen, aber am Schwarzen Wasser ist die Gefahr besonders groß. Nicht einmal mehrere Bewaffnete zusammen würden sich dorthin wagen. Das Wasser ist zu Gift geworden. Wer die Luft des Sees einatmet, muß sterben. Ja. sogar wer nur in einigen hundert Schritten Entfernung daran vorübergeht, ist dem Tode verfallen." — „Dann ist es ein eigenartiges Wasser. Wo liegt es denn?" —• „In der Nähe des Dorfes Bangua." — „Gibt es denn da viele Fische?" — „Sehr viele, denn dort sammeln sich die Wasser des ganzen Gebirges zu einem See. der rundum von einem dichten Wald umgeben ist. Sonst gingen wir und viele Bahiri jede Woche mehrmals dahin, um Fische zu saugen, aber jetzt wagt sich kein Mensch mehr dorthin." — „Seit wann glaubt man denn, daß das Wasser zu Gift geworden ist?" — „Das mag jetzt wohl viermal acht Tage sein, vielleicht sogar noch einige Tage mehr." — „Wer hat denn zuerst von dem giftigen Wasser gesprochen?" — '„Der Medizinmann Dschabala, der selbst beinahe gestorben wäre, da er die Luft des Sees eingeatmet hatte. Zum Glück hat er als Medizinmann das Gift schon bemerkt, als er noch mehr denn zweihundert Schritte vom See entfernt war, und so gelang es ihm, sich noch rechtzeitig zurückzuziehen und ein Gegengift zu nehmen. Wäre er weitergegangen, dann wäre er eines elenden Todes gestorben. Mehrere Tage lang lag er sehr krank darnieder und man fürchtete für sein Leben. Es war ein Glück, daß er die Leute von Bangua vor dem Schwarzen Wasser warnte, denn von ihnen hörten wir es, und so sind wir noch rechtzeitig vor einem großen Unglück behütet worden." Dem Missionär kam der Bericht eigenartig vor. Also schon wieder so ein gefährlicher Ort. den alle meiden mußten I Schon wieder ein Geheimnis ! Fieberhaft schnell arbeiteten seine Gedanken. Vor Freude über diese Mitteilung hätte er die beiden Brüder umarmen können; doch hütete er sich, sogleich seinen Verdacht offen auszusprechen, sondern erkundigte sich eingehend nach dem Schwarzen Wasser. Manche wertvolle Antwort erhielt er. Vor allem fesselte ihn die Nachricht von der Insel und der Opferhütte, die mitten im Wasser. liegen sollten und die niemand außer dem Zauberer betreten dürfe. „Also nur Dschabala darf dorthin?" — „Ja, und nur dann, wenn er für einen Verstorbenen ein Opfer bringt. Selbst sein Sohn Bakudu darf die Insel nicht betreten, und wenn er seinen Vater hinüberrudert, kehrt er gleich wieder um und wartet am User, bis Dschabala das Totenopfer dargebracht hat." ■— „Wer bringt denn jetzt die Totenopfer dar, da der Ort lebensgefährlich ist?" — „Dschabala, aber nicht auf der Insel, sondern in der Nähe des Dorfes. Er fürchtet sich vor dem Schwarzen Wasser." — „So ist denn seit jenem Tag kein Mensch mehr zum Fischfang dorthin gegangen?" —■ „Wir werden uns hüten! Uns ist das Leben lieber als ein paar Fische." (Schluß folgt.) Eigentümer, Herausgeber und Verleger: Missionshaus der Söhne des heiligsten Herzens Jesu in Graz, Paulustorgaffe 10. — verantwortlicher Schriftleiter: Isidor fironfteiner, Missivnsbruder in Graz, Paulustorgaffe 10. — NntverfttätS-Buchdrutlerei »Styria" in Graz.