UDK 803.0-559 ZUM WESEN DER MODALITAT IN DER DEUTSCHEN GEGENWARTS- SPRACHE Stojan Bračič 0. Einleitung Schon bei der Beschaftigung mit dem Kanjuktivgelbrauch in unserer Diplomarbeit 1 konnte gezeigt vverden, dafi der Modus keine isolierte gram- matiische Kategorie liisit, sondem dafi er in eine iibergreifende komplexe sprachliche Kategorie — Modalitat — integiuert ist. Anreguingen der Diplo- marbeit fOlgend, haben wir dann in Kontakt mit weiterer die Modalitat behandelnder Literatur festgestellt, dafi »dem Problem der Modalitat... in der grammatiischen Literatur besonders in der iletzten Zeit immer mehr Auf- merksamkeit geschenkt wird« (FRIEDMANN, 1965, 289), nicht zuletzt, weil »bisher uneinheitliich, ja widerspruchsvoll auch die extensionale und initen- sionale Seite des Begriffes Modalitat bestimmt wurde« (HACKEL, 1974, 138). Folglich haben wir uns als Ziel gesetzt, angesichts dieser strittigen Pro¬ blematik das Wesen der sprachlichen Kategorie Modalitat zu erforschen. Dabei war idie Euikenntnis relevant, da K (die Modalitat als kompllexe Erschei- nung am engsten mit neueren Ansichten einer funktionalen Sprachbetrach- tung verbunden ist. Dieser neue Zutritt zur Sprachforschung ermbglicht vor allem, dafi die Sprache als »Verstandigungsmittel« (STARKE, 1977, 326 ff.) z um Werkzeug wind, mit Hilfe dessen der Mensch vollkommen in der Lage ist, den kommunikativen Prozefi »noch besser steuern zu kdnnen« (RODER, 1975, 162). In Ubereinstimmung mit der Zielstellung der Untersuchung war es unser Angliegen, etinen Beitrag zur Erforschung der Modalitatsproblematik zu leisten und zu vveiterfuhrenden Untersuchungen anzuregen. Die Untersuchung solite in der Menge zahlreicher, nicht selten entgegengesetzter Auffassungen iiber die Modalitat ein inhaltlich zuverlassiges Kriterium fiir die Bestimmung der Modalitat herausarbeiten. Dabei meidet sie nicht die Polemik mit einigen extremen Ansichten iiber die Modalitat. Der Ausgangspunkt fiir die Unter¬ suchung zum Wesen der Modalitat ist der unter 1. kurz gefafite Forschungs- stand, wo alle existierenden Ansichten nicht in Einzelheiten dargestellt, son¬ dem aus ihnen bloll einige generelle Linien knapp skizziert vverden. 1 »Vergleich des Konjunktivgebrauchs in 'Akte Nora S.’ von Erik Neutsch und in 'Mark Aurel oder Ein Semester Zartlichkeit’ von Werner Heiduczek« verteidigt im September 1976. 143 Im Kapitel zum Wesen der Modalitat (2. Kapitel) wird die Modalitat allgemeiin erklart und definiert; es folgen dann einzelne Modalitatsarten, wobei neben ihren Hauptcharakteristiken auch die Begriindungen fiir ihre Zuordnung zur Modalitat erbrtert werden. In relativ ausreichendem Mafie wird auch auf Ausdrucksmdglichkeiten zur Realisierung einiger Modalitats¬ arten sowie auf Beziehungen unter den einzelnen Modalitatsarten verwiesen. Etwas eingehender behandeln wir die heischende Modalitat (unterschiedliche Ausdrucksmittel und etliche Besonderheiten) unter 2.2.1.2.3. 1. Zum Forschungsstand der Untersuchungen iiber die Modalitat tlber die Modalitat existieren heute in der Sprachvviissenschaft ziemlich unterschiedliche Ansichten, die manchmal stark divergieren. Im wesentlichen kann man zwischen zwei Tendenzen unterscheiden: 1.1. der Begriff der Modalitat wird zu eng interpretiert, wobei man nur einen Aspekt der von uns gefafiten Modalitat beachtet; 1.2. es handelt sich um fiir uns nicht alkzeptierbare Auffassungen (der Be- gmff wird manchmal zu weit gefafit). Zur ersten Gruppe gehbren: 1.1.1. die Behandlung der logischen Modalitat; 1.1.2. die Ansicht, dafi zur Modalitat nur die sog. Gewifiheitsmodalitat gehbrt; 1.1.3. man identifiziert mit der Modalitat den Modus; 1.1.4. Emiotionalitat — Modalitat; 1.1.5. die Redeintention, die Zieleinstellung zur Rede — Modalitat. Grundsatzlich unakzeptierbare Auffasisungen sind die folgenden: 1.2.1. Bejahung lund Verneinung als Modalitat; 1.2.2. logisch-grammatische Modalitat; 1.2.3. Zvveischichtigkeit bei der Behandlung der Modalitat; 1.2.4. Gleichsetzung der Begriffe Modalbestimmung, Modalsatz, Modalitat; 1.2.5. »gliedsatzbezogene« — unechte Modalitat. 1.1.1. U. SPRANGER (1972,55 ff.) spricht von der Erscheinung, dafi im 19. Jahrhundert logische und sprachlich-grammatische Termini haufiig vermengt werden und dafi es auch zur Gleichsetzung von logischer und sprachlicher Modalitat kommt. Diese Auffassung vertreten u. a. SAVELS, HEYSE, SAND- MANN 2 , heute teilen — miit Einschrankung — indirekt diese Ansicht auch noch ACHMANNOVA 3 und die Akademie-Grammatik 4 . Warum wir eine solche Vereinfachung nicht annehmen kbnnen, ist weiter unten (siehe Fufinote 27) erklart. 1.1.2. Auch die Ansicht von SOMMERFELDT (1973, 288 u. 293) und FLAMIG (1972, 28), dali als Modalitat nur die sog. subjektive Modalitat betrachtet werde, die den Geltungsgrad der Aufierung vom Standpunkt ’ Alle zit. nach SPRANGER, a. a. O. Ihre Definition der Modalitat: »Ponjatijnaja kategorija so značeniem otno- semjai govorjašcego k soderžaniju vyskazyvanija i otnošenija soderžanija vyska- yvamja k dejstviteFnosti (otnošenija soobščaemogo k ego real’nomu osuščestvle- mju) ; ..« (zit. in MUHLNER/RADTKE, 1971, 43). x- ,ymy grammatičeskogo vyraženija raznogo roda otnošenij soderžanija MUHLNER/RADTKE 1971 ta 43) aet sintaksičeskoe suščestvo modaFnosti« (zit. in 144 des Sprechenden ausdriicke, ist u. E. nicht stichhaltig. Nach unserer Mei- nung ist das nur ein Aspekt der Modalitat, nur eine, die sog. Gewifiheits- modalitat und die Kritik an dieser Auffassung versteht sich einmal aus der Definition der Modalitat selbst (S. Kapitel 2), zum anderen aber aus der ganzen von uns vertretenen Konzeption, wie sie hier unterbreitet wird, und aus den Begriindungen zu den einzelnen Modalitatsarten. 1.1.3. FLAMIG (1964, 8) warnt vor der Betrachtungsvveise der traditionel- len Grammatik, die »haufig Modalkomplexe interpretiert und die modale Ge- samtbedeutung einer Aufierung fiir Modusbedeutungen ausgegeben hat«. Und weitar: »Bei der Analyse hat man daher zu unterscheiden und voneinander abzugrenzen die Modusbedeutung und die modale Bedeutung anderer Ele¬ mente des Kontextes« (ebd.). Ohne Zvveifel heben die Notwendigkeit einer Unterscheidung zwischen dem Modus und der Modalitat auch MUHLNER/ SOMMERFELDT (1974, 361) hervor, indem isie schreiben: »Wir muissen... zwischen der Formkategorie Modus der Wortart Verb und der Bedeutungs- kategorie Modalitat scharf trennen«. 1.1.4. Die Meinungen dariiber, ob die Emotionalitat auch in den modalen Bereich Eingang finden solite oder nicht, sind divergierend. Die Einbeziehung der Emotionalitat in die Modalitat befiirvvorten BRUGMANN, WUNDT und WUNDERLICH 5 ; in der neueren Zeit teilen sie auch ADMONT (1972, 183), KRUŠELNICKAJA und ARSSENJEVA 5 und FLAMIG (1964, 8). Gegen diese Ansicht sind MUHLNER/SOMMERFELDT (1974, 361), GREPL/MASARIK (1974, 370), SPRANGER (1972, 57) u. a. m. Wir sehen keinen uberzeugenden Grund dafiir, dali die emotionale Eiin- stellung des Senders zum Sachverhalt nicht als eine Art der Modalitat betrachtet werden diirfe (2.2.2.3.). Die Kritiker einer solchen Auffassung, die die Emotionalitat als eine Komponente der Modalitat ablehnen, fiihren selber die Erkenntnis an, dal? »bende Erscheinungen, die Modalitat und die Emo¬ tionalitat, an die Subjektivitet des Sprechers in mehr oder vveniger grofiem Mafie gebunden sind« (SPRANGER, 1972, 57) und dafi »gewisse hin und wie- der auftretende Wechselwirkungen... keinesvvegs bestritten werden« (a. a. O., 59). 1.1.5. Die Redeintention, die Zieleinstellung zur Rede, ist u. E., eines der Hauptkriterien fiir die Bestimmung eines der beiden obligatorischen Modalitatstypen, der sog. intentionalen Modalitat (2.2.1.2.). Deshalb halten wir — im Anschlufi an HEYSE 6 und BECKER 7 — den Einwand von U. SPRANGER, dafi »ein und demselben Kommunikationstyp durchaus unter- schiedliche modale Schattierungen zugeordnet werden... kbnnen« (1972, 56), etwa dem Aussagesatz reale und irreale Modalitat, fiir nicht zutreffend, weil es sich hier um unterschiedliche Ebenen, d. h. um unterschiedliche Modalitatstypen handelt, einmal um die Wirklichkeitsmodalitat und zum anderen um die intentionale Modalitat, die durch keine noch so weite Abstrahierung auf denselben Nenner zu bringen sind (2.2.1.1. und 2.2.1.2.). 5 Alle zit. in SPRANGER (1972, 57). 6 Zit. in FRIEDMANN (1965, 289). 7 Zit. in SPRANGER (1972, 56). 10 Acta 145 1.2.1. VINOGRADOV 8 , REFORMANSKIJ 8 , ADMONI (1972), SCHMIDT (1973, 317), RUŽIČKA (1972, 11), ISAČENKO 9 und GVOZDEV 9 u. a. m. behandeln im Zusammenhag mit der Modalitat auch die Kategorie der Bejahung und Verneinung. So schreibt z. B. V. G. ADMONI (1972, 244): »Die Satze unterscheiden sich auch nach der Art, wie die Realitiit des Satzinhaltes, der durch die Hauptglieder des Satzes bezeichnet ist, von seiten des Sprechenden eingeschatzt wird. Der Hauptunterschied besteht hier zvvischen den positiven und negativen Satzen...« Diese Auffassung ist u. E. nicht akzeptierbar. (Zur Kritik vgl. weiter unten 2.2.1.2.3.) 1.2.2. ADMONI spricht auch von der logisch-grammatischen Modalitat als Modalitat, die »die Art, wie sich das Verhaltnis zvvischen dem Subjekt des Satzes und der im Infinitiv ausgedriickten Handlung gestaltet« bedeutet (1972, 168). Eine solche Modalitatsart erwahnen auch MUHLNER/SOMMER- FELDT (1974, 360), bzw. es spricht davon auch HACKEL (1974, 144). Beispiele: Er will lernen. Er kann lernen. Er darf lernen. U. E. sind das einfache Aussagesatze in deklarativer intentionaler Moda¬ litat (S. daruiber mehr vveiter unten unter 2.2.1.2.1.), und sie haben nach unserer Deflinition und Auffassung der Modalitat (2.1.) nichts mit einer be- sonderen neuen Modalitatsart zu tun, weil es sich um keine besondere Stel- lungnahme des Sprechers/Schreibers zum Sachverhalt handelt. Die Angabe des Wollens (wollen — mdgen), der Mbglichkeit (kbnnen), Erlaubnis (diirfen) sind blofi Informationen iiber einen gewissen Sachverhalt. Mit derselben Begriindung kbnnen wir die Auffassung von RUŽIČKA ablehnen, der auch von einem Typus der Modalitat »POSSIBILE« (mit >xmb- glioh« ausgedriiokt) spricht (RUŽIČKA, 1972, 13). Auch ZOLOTOVA ischreibt, dafi das Verhaltnis der Handlung zu ihrem Subjekt in Satzen wie Er will lernen. Er kann lernen. Er mufi lernen. nicht diie Bedeutung der modalen Charaktirestik des Satzes hat. 10 1.2.3. Einige Grammatiker definieren die Modalitat als Einstellung, Stellungnahme des Senders zum Inhalt seiner Aussage bzw. Mitteilung und also nicht als Stellungnahme des Senders zum Sachverhalt. Nach ISAČENKO bezeichnet der Modus verbi (das kann i. w. S. fiir die ganze Modalitat verallgemeinert werden, weil der Modus verbi eines der Ausdrucksmittel ist, die einen modalen Inhalt realisieren kbnnetn — S. B.) »nicht die Einstellung des Sprechers direkt zu einer aufiersprachlichen Rea- litat, sondern lediglich die Beziehung des Sprechers zum Gultigkeitswert des 8 Zit. in SPRANGER (1972, 57). ’ Zit. in MUHLNER/SOMMERFELDT (1974, 45). Zit. in MtlHLNER/RADTKE (1971 45) 146 Aussageinhalts« 11 . Eine solche Auffassung des Wesens der Modalitat ist auch bei ACHMANOVA 11 , in der Duden-Grammatik (DER GROSSE DUDEN, 1966, 111) und bei U. SPRANGER (1972, 56, 58) sowie bei HACKEL (1974, 138) zu finden. So entsteht diie von KOLŠANSKIJ (1961, 94—98) kritisierte Zwei- schichtigkeit der Modalitat (2.1.), die auch von uns abgelehnit wird. 1.2.4. Fiir die Modalbestimmung schreibt STARKE (1977, 331): »Zunachst einmal mufi der grundlegende Unterschied beachtet werden, der zvvischen der Angabe der Art und Weise, wie ein Geschehen in der objektiven Realitat verlauft, und dem Ausdruck der Stellungnahme des Sprechers oder Schrei- bers besteht«. Es ware auch eine zu grobe Vereinfachung, wollte man etwa den Mo- dalsatz, fiir den wir wissen, dafi er nur eines der Ausdrucksmittel der Ge- wifiheatsmodalitat ist, mit der Modalitat identifizieren. 1.2.5. Letztlich sei noch auf die Unzulanglichkeit hingedeutet, dafi die ungenaue Angabe einer Ouantitat (Zeit, Anzahl, Menge usw.), die satzglied- bezogen ist, mit der GevviBheitsmodalitat vermengt wird (GREPL/MASAfilK, 1974, 385): Seit etwa 50 Jahren wird im Hochofen auf diese Weise geheizt. U. E. handelt es sich hier um zwei unterschiedliche semantische Qua- litaten, die zwar aufierlich ahnlich sind, jedoch Unterschiedliches bezeichnen. 11 Zit. in MUHLNER/RADTKE (1971, 43). 2. Zum Wesen der Modalitat 2.1. Allgemeines iiber die Modalitat Die Modalitat ist — wie wir es gesehen haben — in der heutigen Sprach- wissenschaft ein Begriff, der isehr unterschiedlich interpretiert wird, nicht selten sogar dlivergierend. Wir mbchten hier ein eigenes Modeli der Moda- iitat entvvickeln, das aber in mancher Hinsicht auf den Vorstellungen von SOMMERFELDT (1973), GULYGA/ŠENDELS (1969), HACKEL (1974) u.a.m. fuBt. Es wird verbreitet anerkannt, dafi die Modalitat eine komplexe Erschei- nung in der Sprache ist, und diese Meinung teilen wir gleichfalls. U. E. muB man sogar die Modalitat sehr komplex fassen, wenn man ihr Wesen begreifen will. Das ist eng mit der funlktionalen Sprachbetrachtung venbunden, bei der die Sprache in ihrer funktional bedingten Ordnung als System und als ho- mogenes Verstandigungsmittel in den Vordergrund tritt und nicht dessen einzelne Elemente, deren iisolierte Interpretation bei vveitem nicht mehr in der Lage ist, dem heutigen Entwiciklungsstadium der Sprachwissenschaft Rechnung zu tragen. Die Sprache ist in der heutigen Gesellschaft nur dann in vollem Mafie leistungsfahig, wenn sie als lebendiger Organismus ganz speziffische Funktionen innerhalb dieser Gesellschaft erfiillt und selbstver- standlich auch so betrachtet wird. Wir isind also auch an dem kommunikativen Effekt interessiert, den der Schreiber/Sprecher ganz bewufit, isofem er iiber die erforderlichen Kenntnis- se zur Sprache und Kommunikation verfiigt, mit unterschiedlichen sprachli- chen Miitteln beim Empfanger erzielen kann. Davon ausgehend untersuchen 10* 147 wir also nicht einzelne Strukturen mit dem Ziel, deren Bedeutungen zu erschliefien, sondern gehen, umgekehrt, den onomasiologischen Weg, wo uns in erster Linic die Bedeutung und dariiber hinaus der kommunikative Effekt beim Empfanger linteressiert. 12 Die Sprache list ein System, das einzelne Be- griffe als Abbilder aller mbglichen Dinge 13 aus der objektiven Realitat im menschlichen Bewufitsein in isolche Zusammenhange organisiert, die den Vorgangen, Prozessetn in der objektiven Realitat, kurz allem, was da vor sich geht oder existiert, entsprechen, und ihre aufierliche Materialisiierung ermb- glicht. So entstehen im Bewufitsein Aussagen als Widerspiegelungen der Sach- verhalte. »Eine Aussage ist die gedankliche Widerspiegelung eines Sachver- haltes. Sie ist wahr, wenn sie den Sachverhalt adaquat widerspiegelt, andemfalls ist sie falsoh.« 14 Die Sprache in Aktion, die Aufierung, der Satz 15 , dient dann als Mitteilung zu anderen Menschen oder als gespeicherte Infor- mationen fiir den Sender selbst, und auf diese Weise werden die Grund- funktionen der Sprache, die kognitive und die kommunikative, erfullt (AUTO- RENKOLLEKTIV, 1976, 158). Der Mensch ist aber kein einfacher Automat zur Weitergabe von Infor- mationen. Mliit jedem Sachverhalt 16 , der von einem Sender vermittelt wird, hat sich dieser Sender als Subjekt 17 auseinandergesetzt, ... »wobei er auf den gesellschaftlich determinierten Enkenntaissen der Generationen vor ihm auf- baut (HACKEL, 1974, 139). Fast von keiner Aufierung kann man also sagen, dafi sie eine getreue Kopie des Sachverhalts ware, sondern es ist jede Aufie- rung Materialisierung, Insprachesetzung der mit Hilfe von Begriffen im men¬ schlichen Bewufitsein ablaufenden geistigen Operationen, behaftet mit unter- schiedlichen Merkmalen, die fiir die spezifische umfassende Einstellung des Senders zum Sachverhalt stehen. 18 Und genauso komplex und deonoch diffe- 12 Es wird hier keine Untersuchung zur Sprachpragmatik vorgelegt. Das ist blofi ein Ausgangspunkt fiir unsere Untersuchung und eine Orientierung, die notwendig ist, wenn man alle sprachlichen Mittel zum Ausdruck der Modahtat systematisieren will, im Sinne STARKES, dafi« ... eine tatigkeitsbezogene, funk- tional und operativ orientierte Sprachbeschreibung... auch das Zusammenwirken sprachlicher Mittel unterschiedlicher Ebenen des Sprachsvstems erfassen mufi« (STARKE, 1977, 327). u Gemeint sind nicht nur Dinge mit einer bestimmten raumlichen Aus- dehnung, sondern wir verstehen mit SOMMERFELDT (1973) »unter einem Dmg alles, vvorauf unser Denken gerichtet ist. Dazu rechnen wir, neben 'raumlichen Dingen', Prozesse, Eigenschaften, Relationen. Dieser Auffassung entspricht die grammatische Kategorie des Gegenstandes« (a. a. O.: 285). 14 SEGETH, Elementare Logik, zit. nach SOMMERFELDT (1973, 285). 1973 285^ a ' S >>rna terielle, sprachliche Hiille der Aussage« (SOMMERFELDT, 6 - Logik versteht man... unter einem Sachverhalt die Erscheinung, dafi einem Dmg bestimmte Merkmale (Eigenschaften bzw. Relationen) zukommen oder nicht zukommen. Die Sachverhalte werden im Bewufitsein als Aussagen widergespiegelt« (SOMMERFELDT, 1973, 285). E1 . n ® , ai ?^ e ^ e ’ vere infachte Definition des Sachverhaltes: »Der Sachverhalt ist ein VVirklichkeitsausschnitt« (AUTORENKOLLEKTIV, 1974, 20). ... ...MICHEL schreibt; »Subjekt ist der erkennende Mensch als sinnlich-gegen- handelndes und vergesellschaftetes Wesen;...« (zit. nach SOM- MER f E uP T c^l 3 ’ 291 Hervorhebung von uns). a„cc O „1 >W ‘ SE p ET H stellt fest, dafi es im menschlichen Bewufitsein gar keine = ge "' r nC L ern n ^ r V, rtei . le gibt« (zit. nach SOMMERFELDT, 1973, 287). »Wir ctnim es , a so beim Urteil mit einem »Willensakt« zu tun, das Urteil »driickt eine WORTERBUCH US 1969 d T109? allgemeinen emoti onal gefarbt.« (PHILOSOPHISCHES 148 renziert wie diese Einstellung des Senders zum Sachverhalt ist auch die Modalitat. Daraus ergibt sich die folgende allgemeine Definition der Moda¬ litat: Die Modalitat ist jene sprachliche Kategorie, die es dem Sender ermbg- licht, seine Stellungnahme zu dem in seiner Aufierting behandelten Sachver¬ halt zum Ausdruck zu bringen. Unter dem Begriff Stellungnahme verstehen wir »... sozial (mitunter klassenbedingt) und individuell determiinerte psycho-physische Reaktionen auf Erscheinungen, Gegenstande, Prozesse und Beziehungen der objektiven Realitat bzw. auf deren Widerspiegelungen« (HACKEL, 1974, 139). SOMMERFELDT (1973) bestimmt die Modalitat »als Verhaltnis der Aussage zur Winklichkeit bzw. Verhaltnis des Sprechers zum Sachverhalt (a. a. 0., 289). Er tritt an das Problem der Modalitat hauptsachldch vom Stand- punkt der Satzsematik heran. Das ist jedenfallst ein angemessener Ausgangs- punkt fiir das richtige Begreifen des Wesens der Modalitat. HACKEL (1974, 144) schreibt sogar, dafi Wesen dieser Kategorie (der Modalitat — S. B.) nur im Rahmen der Erlauterung der Mehrkomponetenstruktur der Inhalts- seite des Satzes bestimmt und erfafit werden kann. Wir neigen jedoch mehr dazu, die Modalitat nicht schlechthin als eitne Komponente der Satzbeutung zu bezeichnen, sondern als sprachliche Kategorie, die es ermoglicht, diese Bedeutungskomponente zu realisieren. 19 Der Terminus Modalitat kann also in konkreter und in abstrakter Bedeutung verstanden werden: als Bedeutungs¬ komponente und als sprachliche Kategorie zur Realisierung dieser Satzbe- deutungskomponente (worunter man u. U. alle sprachlichen Mittel verstehen kann, die es zum Ausdruck bringen). In bezug auf die Satzsemantik schlie- fien wir uns SOMMERFELDT (1973, 294) an, wenn er sagt: »... genauso wie die Wortbed<5utung nicht mit dem Begriff kann die Satzbedeutung nicht mit der Aussage gleichgesetzt werden«. »Die Satzsemantik ist also Aussage+ + zusatzliche Komponenten oder die Satzsemantik = Urteil iiber edine Aussage iiber objektive Realitat (a. a. O., 287). Vereinfacht konnte man sagen: Die Satzsemantik ist die objektive Information iiber einen Sachverhalt+die sub- jektive Auseinandersetzung mit dem Sachverhalt, und diese ist die Moda¬ litat. »Die Aussage macht als logisch-erkenntnistheoretische Hauptkompo- nente den Kem der Satzbedeutung aus. Sprachlich ergibt sie sich aus den W6rtem und Wortgruppen, die die Valenztrager und die Partner dieser Va- lenztrager bilden, und den Beziehungen zwischen ihnen« (a. a. O., 285 f.). 20 Das ist fiir die traditionelle Grammatik das syntaktische Minimum und fiir SOMMERFELDT (1973) die »Satzkonfiguration — die kleinste sprachliche Einheit, die iiber Satzbedeutung verfiigt« (a. a. O., 290). Fiir SOMMERFEL ist die Modalitat edne der zusatzlichen Komponenten der Satzsemantik un wird definiiert: »... fiir diese zusatzlichen Bedeutungskomponenten, dne sic ... aus der Auseinandersetzung des Sprechers mit der Realitat ergeben, enu z man haufig den Terminus Modalitat (a. a. O., 287). Abschliefiend konnen wir in Anlehnung an SOMMERFELDT und A (1972, 18 ff.) hinsichtlich der Struktur der Satzsemantik folgendes zusammen- fanssen: Die Satzsemantik hat zwei vvesentliche Bestandtei e, le J logisch-semantische Komponente und die subjektive kommuni a i p t ” So auch HACKEL, der von einer grammatischen Kategorie spncht (1974, 20 Vgl. die obige Definition der Aussage von SEGETH! (S. 148) 149 tische Komponente. 21 Die erste gliedert man weiter lin die obligatorische logisch-erkenntnistheoretische Hauptkomponente (Aussage) und in fakul- tatiive logiscfusemantische Komponenten (nahere Umstande des Sachverhalts, die sich aus der Situation ergeben) (SOMMERFELDT, 1973, 292 f.). Die zweite, die subjektive Komponente, aufiert unterschiedliche Aspekte der Stellungnahme des Sprechers/Schreibers zum Sachverhalt. Das ist fiir SOMMERFELDT und auch fiir uns die Modalitat. An dieser Stelle mufi allerdings darauf aufmerksam gemacht werden, dafi die Modalitat keine beliebige Verzierung einer Aufierung ist, sondern dafi sie zusammen mit der Pradikativitat das Wesen jedes Satzes bildet und mit diesem aufs engste sowohl im Prozefi des Entstehens des Satzes als auch im Resultat — im Satz selbst — verbunden ist. KOLŠANSKIJ (1961) schreibt in diesem Zusammenhang: Es ist also niicht so, dafi der Sprecher/ /Schreiiber zuerst die Aussage Peter geht heute in die Schule formulieren und danach seine Stellungnahme zu dieser Aussage (hier mit einem Zweifel befrachtet) hinzufiingen wiirde. Ich zvveifle daran, ob Peter heute in die Schule geht. »Die Aufierung war gleichzeitig als monoliter Gedanke iiber den Zweifel an der Existenz eines Ereignisses gebaut« (a. a. O., 96). Und vveiter: »Um bedingt mufi betont werden, dafi in einem in Satzform ausgedriickten Gedanken sein Inhalt nicht gespalten werden kann, einerseits in den Aus- druck des Gedankens von einem Gegenstand, und andererseits in den Ausdruck des Gedankens iiber die Beziehung des Sprechenden zu seiner Mitteilung iiber die Fakten der Realitat (a. a. 0.). Auch SCHULZ/GRIES- BACH (1960, 72) sprechen von der »Stellungnahme des Sprechers zum Sachverhalt«. (von uns hervorgehoben). Mehr noch: Es gibt Aufierungen ohne ein Merkmal der Pradikativitat, wogegen die Modalitat sich obligato- risch an jede Aufierung bindet. 22 Unter Pradikativitat verstehen wir in diesem Zusammenhang nicht im Sinne MUHLNERS RADTKES (1971) »die aussagende Kraft des sprachlichen Gebildes,... gleichgiiltig vvelcher Art seine strukturelle Beschaffenheit ist« (a. a. O., 43) (die auch u. E. tatsach- lich jeder Aufierung zukommt), sondern iiber die Beachtung implizierter syntaktischer Normen eines natiirlich gegebenen Sprachsystims hin reali- sierte »Beziehung zwischen Subjekt und Pradikat im Satz« (AUTORENKOL- LEKTIV, 1978, 205). Satze sind also immer Mitteilungen, Mitteilungen miissen dagegen nicht immer Satze sein. Bei einigen Autoren findet man bisweilen noch eine dritte Kategorie, die zu den Hauptmerkmalen des Satzes gehbre, wie z. B. die Kommunikativitat (die kommunikative Absicht, die kommunikative Strategie) bei G0L0WIN (1976, 183), die kommunikative Funktion bei VIEHWEGER (anlafilich eines Vortrags) 23 usw. Diese Kate- gorien klammern wir hier aus und konzentrieren uns auf unterschiedliche 2 ‘Nach LEONTEV (zit. nach HACKEL, 1974, 138) das »Erkenntnismafiige« und das »Kommunikative«, das »Objektive« und das »Subjektive«. Nach FLEI- SCHER/MICHEL (1977, 70) das »Denotative« und das »Konnotative«. z ? u ch šAPIRO (zit. nach MVHLNER/RADTKE, 1971, 43). Prof. Dr. Dieter VIEHVVEGER, Akademie der Wissenschaften zu Berlin — »Die Entvvicklung der Sprachwissenschaft in der DDR«, Weimar, 3. August 1979; zit. nach unseren Aufzeichnungen (univeroffentlicht). 150 Modalitatsarten, die wir am besten an konkreten Beispielen darlegen zu konnen glauben, Zu unserer Darlegung bendtigen wir folgendes Inventar: einen Sender, der dde objektive Realitat betrachtet, und einen Ausschnitt aus dieser ob¬ jektiven Realitat (= Sachverhalt), den sich der Sender zum Gegenstand seiner Betrachtung gevvahlt hat. Nehmen wir an, dafi der Sender sich folgende drei Elemente aus de robjektiven Realitat gevvahlt hat: 1.) ein Madchen namens Sonja, 2.) ein Buch und 3.) das Lesen in diesem Buch durch Sonja. Alle diese drei Deniotate werden im Bewufitsein unseres Senders als ent- sprechetnde Begriffe/Abbilder widergespiegelt. Diese Begriffe — »logische Pradikate« 24 — kann der Sender auf ganz verschiedene Arten miteinander zu Aussagen verbinden; die systemabhangige Pradikativitat bleibt dabei als Invariante paradigmatisch unverandert, die Modalitat als subjektive Kom¬ ponente der Satzsemantik wird von Beleg zu Beleg verandert: Sonja liest ein Buch. Sonja mufi unbedingt das Buch gelesen haben. Wenn Sonja das Buch gelesen hatte! Es ist aber wichtig, hier zu unterscheiden, dafi diese sog. »subjektive« Komponente in vieler Hinsicht von der objektiven Realitat abhangig ist, die der Sender wiedergeben will, in anderer wiederum ist sie subjektiv in wahrem Sinne des Wortes, d. h. in Wirklichkeit nur vom Sender abhangig, von seiner Einstellung zum Sachverhalt, von seinem »Wissensstand, seiner Erfahrung, Klassenlage, seinem sozialen Milieu, seiner Wertung, Parteilichkeit« (HACKEL, 1974, 139), von seiner kommunikativen Strategie usw. »...sub¬ jektiv ist das, was vom Subjekt bedingt ist, das Objektive dagegen ist das vom Sulbjekt Unabhangige.« 25 Dem entsprechend kann man von der Modalitat i. w. S. und von der Modalitat i. e. S. sprechen. Die Modalitat i. w. S. ist obligatonisch, die Mo¬ dalitat i. e. S. ist fakultativ. 26 27 Zur Modalitat i. w. S. gehoren nach unserer 24 Nach SOMMERFELDT (1973, 286). VIEHWEGER spricht dagegen von se- mantischen Aktanten bzw. Argumenten (s. Anm. 23). LOMTEV spricht von pra- dikativen Gegenstanden und von den Beziehungen zwischen ihnen: eine besondere Eigenart dieser Beziehungen ist nach ihm die Modalitat (Zit. nach HACKEL, 1974, 141 f.). HACKEL spricht von der sog. pradikativen Beziehung. (1974, 144). 25 MICHEL, zit. nach SOMMERFELDT (1973, 293 f.). 24 Siehe die Begriindung fiir eine solche Benennung vveiter unten unter 2. 2. 1. 2. 1. und 2. 2. 2. 27 Die Grundlage, auf der die Modalitat der Realitat/Irrealitat beruht, ist die sog. objektive Modalitat, die Modalitat aus der Logik. (SOMMERFELDT, 1973, 287 f.) Bei dieser Modalitat »geht es um das Verhaltnis der Aussage zur Realitat, ob sie wahr oder falsch (assertorische Aussage), moglich oder unmbglich (proble- matische Aussage), notvvendig oder nichtnotvvendig (apodiktische Aussage) ist, also immer um den Wahrheitswert. Hierbei verstehen wir unter 'falsch' einen Sachverhalt der nicht oder noch nicht existiert, also z. B. ein zukiinftiges Gesche- hen, ein Geschehen, dessen Verwirklichung gefordert wird« (a. a. O., Anmerkun- gen in Klammern von uns). Die sprachliche Modalitat (die sog. subjektive Moda¬ litat nach SOMMERFELDT, a. a. O.) ist jedoch ein viel weiterer Begriff, »der sprachliche Modalitatsausdruck ist vvesentlich nuancenreicher als die sehr stark verallgemeinernde logische Modalitat (SPRANGER, 1972, 56), und er ermoglicht es auch, die Beziehung des Senders zum Sachverhalt zu aufiern. Die Begntte der logischen und sprachlichen Modalitat miissen sich also nicht decken, so dalS z. B. der Typ der logisch-problematischen Modalitat (Sein Kommen ist moglicti) sprachlich in unterschiedlichen Nuancen auftreten kann: 151 Auffassung: — die Wirklichkeitsmodalitat — die intentionale Modalitat Zur zweiten, zur Modalitat i. e. S., gehoren: — die Ge\vifiheitsmodalitat — die Hervorhebungsmodalitat — die Modalitat der Emotionalitat — die Wertungsmodalliitat 2.2. Die Modalitatsarten 2.2.1. Die Modalitat i. w. S. (die obligatorische Modalitat) 2.2.1.1. Die Wirklichkeitsmodalitat (Modalitat der Realitat und Irrealitat) Die Wirklichkeitsmodalitat ermbglicht es dem Sender auszudriicken, ob seiner Aufierung in der objektiven Realitat tatsachlich ein Tatbestand zu- grunde liegt, oder aber ist das, was geaufiert wird, nur etwas in der Phantasie des SendersVorgestellites, Imaginares, Irreales, Erdachtes und hat keine Ver- bindung mit der objektiven Realitat. 27 Diese zuletzt genannte Mbglichlkeit ist von Bedeutung, weil man namlich irreale Satze von denjenigen im Impe¬ rativ oder im Futur unterscheiden mufi. 28 Sonja lase (wiirde) ein Buch (lesen). Sonja liest also in Wirklichkeit kein Buch, der Inhalt des obigen Satzes ist reine Phantasieschbpfung des Senders und ware vielleicht unter bestimm- ten Umstanden moglich. Da aber diese Umstande nicht erfiillt sind, ist auch der Inhalt der Aufierung fiktiv, ist »die Moglichkeit des Geschehens nur gedacht, nur vage vorgestellt« (KLEINE ENZYKLOPADIE, 1970, 859). Wir haben es also hier mit der irrealen Modalitat zu tun. Man mufi die Irrealitat von der Potentialitat unterscheiden, wobei die Bedeutung einer Aufierung »(noch) nicht wirklich ist, aber die Realisierbarkeit ist nicht ausgeschlossen« (WELKE, 1964, 40). Wenn wir morgen Zeit hatten, kamen wir mit. (Irralitat) Wenn wir morgen Zeit haben sollten, kommen wir mit. (Potentialitat) Anders ist es in dem Satz: Sonja liest ein Buch. In Wirklichkeit lieisit Sonja vor dem Sender ein Buch und der Sender teilt diesen Tatbestand in seiner Aufierung mit. Genauso in den Satzen: Sonja wird ein Buch lesen. Sonja liest ein Buch. — Moghchkeit/Vermutung (je nach Situation): Es ist moglch, dafi er kommt. — Vermutung: Vermutlich kommt er. — Annahme: Er wird wohl kommen. — Wahrscheinlichkeit: Wahrscheinlich kommt er. (SPRANGER, a. a. O.) S. das Kapitel liber die intentionale Modalitat, insbesondere liber die heischende Modalitat 2. 2. 1. 2. 3.! 152 Oder Satze wie: Der Nachbar trinkt. Er spielt Schach. Im Moment ist Sonja vor den Augen des Senders zwar (noch) nicht un- bedingt im Begriff, ein Buch zu lesen, aber der Sender kann so etwas auf Grand der Informationen, Erfahrangen oder anderer Wissensquellen, iiber welche er verfiigt, behaupten. In den weiteren oben angefiihrten Beispielen geht es um Gewohnheiten, Fahigkeiten, die augenblicklich nicht ausgeiibt werden miissen, die aber real existieren. U. E. handelt es sich hier um die reale Modalitat. Der Grad der »Sprecheraktivitat« (SOMMERFELDT, 1973, 291) ist bei der Wirklichkeit)srnodalitat am geringsten, weil der Sender als schdpferisches Subjekt im Prozeb der Satzbildung in vieler Hinisicht von der objektiven Realitat, von dem Zustand in ihr abhangig ist und keinen besonders groben freien Spielraum hat, in dem er seine Individualitat, seine subjektive schbpferiische Kraft entwickeln kbnnte. Es geht hier »um den Charakter objektiver Bedingungen« (SOMERFELDT, 1973, 288), ** 29 von denen der Sender als Subjekt abhangfiig ist. lin Wirklichkeit ist also das (denotative) Verhaltnis Aussage: Realitat wie bei der objektiven Modalitat im Spiel. Die Subjektivitat des Senders ist hier nur insofem von Belang, als siie Einflub auf seine Entscheidung ausiibt, ob die ihm vermittelten Informationen bzw. Erfahrangen, die er mit den Elementen des beziigiichen Sachverhalts gemaoht hat, verlablich genug sind, um den Inhalt seiner beabsichtigten Auberung als real bzw. irreal deklarieren zu konnen. Das kommt etwa bei der indirekten Rede zum Ausdruck: In Zeitungen steht, dab viele Kinder infolge dieser schmutzigen Luft krank geboren vviirden. Der Sender, der die Nachricht aus einer Zeitung indirekt mitteilt, findet die angefiihrte Angabe iibertrieben und driiekt seine zweifelnde, auf seinen bisherigen Kenntnissen beruhende Meinung in der irrealen Modalitat aus und aubert also, dab fiir ihn die reale Existenz einer solchen Erscheinung fiktiv ist. Der KonjUktiv ist, wie oben an Beispielen ischon demonstriert wurde, das grundlegende Ausdrucksmittel fiir die potentiale bzw. irreale Modalitat, und der Indikativ fiir die reale Modalitat. 30 Fiir die Wirklichkeitsmodalitat ist es weiter charakteristisoh, dab sie in allen Auberungen vorhanden ist, dab sie den Charakter der Alternanz aufweist, was besagt, dab in einer Auberung entweder einer oder der andere Modalitatstypus registrierbar ist, auf keinen Fali aber die beiden zugleich. ” Vgl. auch die Anmerkung 27! ,, „ M »Auch der Konjunktiv I kann etwas nur Gedachtes, nur Vorgestelltes be- “‘ C k a m m ^ rB I e “ : .ls ob d.. Boo. umklppe.. (MOHLNER/SOMMBR- FELDT, 1974, 362). 31 Vgl. Anm. 17! 2.2.I.2. Die intentionale Modalitat (Modalitat der Redeintention) Einen grbberen Spielraum hat der Sender als Subjekt 31 bei dem zweiten 153 Modalitatstyp, bei der intentionalen Modalitat. **** 32 Man kann hier drei Unter- typen unterscheiden, fiir welche grundsatzlich der Charakter der Alternanz giiltig ist. Das sind: 22.1.2.1. deklarative (nachrichtende, berichtende, mitteilende, vermrtitelnde, registrierende) Modalitat 22.1.2.2. fragende Modalitat 22.1.2.3. heischende Modalitat (Aufforderungsmodalitat) 2.2.1.2.1. Den ersten Typus finden wir in Aufierungen, die einfach mittei- len, was in der objektiven Realitat vor dem Sender geschieht oder existiert: Sonja liest ein Buch. oder was vom Sender blofi erdacht, erfunden wird: Sonja wiirde einen Roman schreiben. (Wenn ...) Schon aus diesen zwei Beispielen ist es ersichtlich, dafi die Wirklichkeits- modalitat tatsachlich eine umfassende Kategorije ist, die in allen Mitteilungen vorhanden ist, in denen auch noch andere Modalitatsarten auftreten oder auftreten konnen. In jeder Aufierung mufi aber auch die intentaonale Mo¬ dalitat mit ihrem »aussagekonstitutiven Charakter« (GREPL MASArIK, 1974, 372) ausgedriickt werden, deshalb komite man diese zwei Modalitatsarten (die Wirklichkeitsmodalitat und die intentionale Modalitat) auch »obliga- torische« Modalitatsarten nennen, die weiteren vier aber »fakultative«, weil deren Existenz in Aufierungen nicht notvvendin ist. 22.1.2.2. Bei der fragenden Modalitat geht es darum, dafi der Sender die Zusammenhange des Sachverhalts ,von dem gesprochen wird, nicht kennt. Er kann sie also nicht registrieren, nicht beschreiben, nicht deklarieren, sie nicht fordem, sondern er kann seine Aufierung, sofem sie sich auf den unbekannten Sachverhalt bezieht, so formulieren, dafi er damit nicht nur seme Unikenntnis zum Ausdruok bringt, sondern gleichzeitig auch die Er- vvartung, vom Empfanger, an den sich zumeist ein Sprecher/Schreiber mit einer Frage wendet (abgesehen von Monolog), die nbtige Information liber den Sachverhalt zu bekommen. Eine solche Formulierung von Aufierun- gen ermbglicht die fragende Modalitat. Diese Erwartung setzt freilich voraus, dafi dem Empfanger, der sich mit seiner in der Antwort gefafisten Infor¬ mation automatisch in die Senderrolle versetzt, der Tatbestand aus der ob¬ jektiven Realitat bekannt ist. 33 tatstvpus ^finde? Finfa^r .einep . ent ?P^chenden Namen fiir diesen Modali- »allgemeine« Modalitat helfen sich dabei mit der Bezeichnung SOMMERFELDT ta 7 GRE ?WSARIK, 1974, 371). Da FLAMIG und der Redeintention Redeah^ht 113 !^ 1111 * dem Aussagen, Fragen und Fordern von nung intent onaTe Modtata ± Redestr ^egie sprechen, schien uns die Benen- 33 Das ist nach angeme K ssen - (SOMMERFELDT, 1973, 291). anregt, auch wenn die Frag e A nlchV im Ch der Mechanismus, der einen Dialog ist. rage nic ht immer exphzit und eindeutig ausgedriickt 154 Wir kbnnen zwei Stufen der Unkenntnis iiber den Sachverhalt durch den Sender unterscheiden. Einmal kann ein Tatbestand dem Sender vbllig unbekannt sein: Was geht da vor? Es ist aber interessant, daB dieser absolute Mangel an Information sich gevvbhnlich — so auch im obigen Beispiel — auf nur ein Element des Sachverhalts bezieht. (Was?) Nach diesem nur einem unbekannten Element des Sachverhalts fragt man sich mit der Erganzungsfrage: Wer liest ein Buch? Was liest Sonja? Im ersten Satz ist es klar, dali jemand ein Buch liest. Daran zvvelifelt niemand. Es ist aber vollkommen unbekannt, wer im Buch liest, und nur danach wird gefragt. Zum anderen kann der Sender annehmen, dali der Sachverhalt so ist, wie er ihn sich vorstellt, er ist aber dariiber nicht sicher. Die Unsicherheit bezieht sich hier interessanterweise haufig auf den ganzen Sachverhalt, d. h. auf den ganzen Inhalt der AuSerung, und das wird mit Hilfe der Ent¬ scheidungsfrage hervorgebracht. Liest Sonja ein Buch? 34 Diese Entscheidungsfrage ist also semantisch nahe der Bestatigungsfrage (V ergevvisserungsfrage): Sonja liest wohl ein Buch? weil der Sender, von dem sie formuliert wird, durch die Antwort auf ste cine Bestatigung seiner Annhme seitens des Empfangers erwartet. »Die Be- statigungsfragen enthalten immer die Annahme des Sprechenden vam Cha- rakter der Antwort. Diese Satze driicken eine Frage aus, deren Zweck nicht die Absiicht, etwas Unbekanntes zu erfahren, sondern der Wunsch des Spre¬ chenden, die Richtigkeit seiner Annahme von dem Charakter der Antwort zu ipriifen, ist« (FRIEDMANN, 1965, 291). Jedenfalls ist der Geltungsgrad der Annahme bei der Bestatigungsfrage viel hdher als bei der Entscheidungs¬ frage. In allen diesen Fallen handelt es sich um die Wirklichkeitsmodaliftat. Was besprochen wird, existiert in Wirklichkeit, es ist nur nicht bekannt, wie es sich mit Einzelheiten verhalt, es ist nicht eindeutig klar, ob die Annahme des Senders fiir richtig gehalten werden kann oder nicht. Wird aber nach etwas Irrealem gefragt, was nur eine Sache der Phantasie, der inneren Vorstellung ist, was nicht realisiert wird oder nicht realisiert werden kann, dann ist diese Erganzungs- oder Entscheidungsfrage mit irrealer Mo- dallitat gepragt: Wer wiirde ein Buch lesen? (Wenn es da eines gabe). Wiirde Sonja ein Buch lesen? (Wenn das mbglich ware). 34 Man kann mit einer Entscheidungsfrage — obwohl nicht so oft nur nach einem Element aus dem Sachverhalt fragen: — Liest Sonja das Buch in ihrem Zimmer? 155 Die Bezeichnung fragende Modalitat ist insofem unangemessen, als vvir uns darunter vorstellen, dafi sie (nur) in Form einer Frage dargestellt vverden kann. Die fragende Modalitat mufi jedoch nicht immer mit Hilfe eines Fragesatzes hervorgebracht vverden: Er kann etwa schvvimmen? (ein Kernsatz mit Frageintonation gesprochen) und umgekehrt gibt es Fragen, die keine fragende Modalitat aufiem, z. B. die rhetorische Frage Ist es anstandig, sich alteren Leuten gegeniiber unhoflich zu benehmen? die gar nichts in Zweifel zieht und auch keine Unkenntnis der einzelnen Elemente des Sachverhalts zum Ausdruck bringt, sondern blofi ein stili- stiches Mittel des Gesprachs oder des Erzahlens ist. 35 Wir vverden aus ahnlichen Griinden den Ausdruck »imperativische« Modalitat ablehnen. 36 Die Benennung »fragende Modalitat« scheint uns dagegen akzeptabel, vvenn man unter dem Begriff des Fragens nicht nur eine grammatische Form versteht, sondern primar den Inhalt einer Aufierung, wie es am Anfang dieses Unter- kapitels dargestellt wurde. 37 2.2.1.2.3. Heischende Modalitat oder die Modalitat der Veranlassung (SPRANGER, 1972, 58) ermbglicht es dem Sender, seinen Willen, seinen Befehl, seine Bitte, seine Empfehlung, seine (An)weisung u. a. m. zum Ausdruck zu bringen: Sonja, lies ein Buch! Mit Hilfe der heischenden Modalitat kann ein Sender das Bestreben zu einer solchen Beziehung der einzelnen Elemente aus dem Sachverhalt zueinander hervorbringen, in der sie sich noch nicht befinden, die aber vom Sender erwiinscht, gefordert, empfohlen, verlangt, befohlen, kurz und gut, gewollt ist. Sehen vvir uns das schon vvieder in concreto an: Der Sender operiert mit semanttischen Aktanten oder Argumenten »Sonja«, »ein Buch«, »das I.esen«. Sonja liest nicht das Buch, nun vviill aber der Sender, dafi das Buch v on Sonja gelesen vvird. Diesen seinen Wunsch, Befehl, diese Notvvendigkeit j U ^V.. se3tens Sonjas aufiert er in einer Mitteilung in heischender Mo- io7i tat L El i^x Autoren (GULYGA/ŠENDELS, 1969, 92; MUHLNER/RADTKE, 1971, 44; PEŠKOVSKIJ — nach MUHLNER/RADTKE, a. a. O.) ordnen die MA MM hoasi ^, ra S® n ( un .d die Frageaufforderungssatze) vverden nach FRIED- driickpn .Fragesatze genannt, »vveil sie eigentlich keine Frage aus- (a a o’- 292) £m nUF au ^ ericb ’ der Form nach, den Fragesatzen ahnlich sind« Modalitat^ 6 *? 6 ! ^ cbw * er3 g^ e ’ ten be * der Benennung der heischenden fehlt scbrelbt zum Problem der Benennung: »Durchgangig drucksseite J?™' ei , ne te ™mologische Trennung. Sovvohl fiir die Aus- vverden an« al V u S b .fiir d’ e Inhaltsseite (semantische Kategorien) »Imoerativ« la ^ elnlscbe u Tradition die Begriffe »Indikativ«, »Konjunktiv«, eine Eins-zu-Ein« ^pitr unabbangl g davon, ob vom theoretischen Konzept her lafit sich arundsatziicb 11 ^ 11 ? eid pr fi e reic he beabsichtigt ist«. Diese Inkonsequenz g zlich auch auf andere Bereiche der Linguistik iibertragen. 156 heischende Modalitat einfach der irrealen Modalitat zu, mit der Begriindung, daB Aufierungen in heischender Modalitat etwas ausdriicken, was (noch) nicht existiere, also etwas Irreales und »dafi der Angesprochene aufgefordert ist, durch seine Handlung die Ubereinstimmung zwischen dem Inhalt der Aussage und dem durch sie vvidergespiegelten Sachverhalt herzustellen« (MUHLNER/RADTKE, a. a. 0.). U. E. entspricht eine solche Interpretation nicht dem Wesen der heischenden Modalitat, und sie ist als eine der nega¬ tiven Folgen der zvveischichtigen Betrachtung der Modalitat einzuschatzen. Eine Aufierung in heischender Modalitat besagt nur scheinbar etwas Irreales, m Wirklichkeit driickt sie den Prozefi der Beeiinflussung des Empfangers durch den Sender — den »Appell« 38 aus, also nicht in erster Linie, dafi etvvas (noch) nicht existiert, sondern (implizit) dafi etwas existieren bzw. geschehen soli (solite — wenn der Wunsch des Senders keine reale Aussicht hat, realisiert zu vverden). Im Gegensatz zu der Ansicht der oben angefuhrten Autoren sind wir also der Meinung, dafi auch der Imperativ zur realen Modalitat gehbnt, weiil der imperativische Satz Lies dieses Buch! als materielle Hiille der Aussage einem realen Sachverhalt entspricht: Ich will, befehle, es wird verlangt, es ist notig, es wird erwartet, dafi du in Kurze dieses Buch lesen wirst. Die mogliche Transformation in eine indikativische Beziehung derselben pradiikativen Gegenstande im imperatiivischen Satz diirfte ein Beweis fiir unsere Vermutung sem. Dasiselbe gilt fiir den futurischen Satz, nicht aber fiir den irrealen Satz (konjunktivische Beziehung pradikativer Gegenstande). Unsere Auffassung w.ird auch mit der Tatsache bekraftigt, dafi die reale heischende Modalitat in Opposition zur irealen heischenden Modalitat steht, bei der es sich wirklich um eine blofi vorgestellte Aufforderung handelt, die nicht in eine indikativische pradikative Beziehung transformiert vverden kann, und also auch keinen Kontakt mit der Wirklichlkeit hat: Irreal: Er solite kommen! Wenn er doch kame! Real: Er soli kommen! Er komme! Die Aufierung in heischender Modalitat: Lies ein Buch, Sonja! impliziert zwar den Tatbestand, dafi Sonja das Buch (noch) nicht liest, das ist aber noch kein Grund, um sie zur irrealen Modalitat zu rechnen, weil a) der grundlegende Sachverhalt, der der Aussage in der obigen Au¬ fierung zugrunde liegt, wohl die Notwendigkeit, die Forderung, das o des Lesens ist und weil b) der Sachverhaltj, der implizit auch in der Aufierung ent a ten is , eine Negation ist: Sonja liest (noch) nicht das Buch. 3 ’ Vgl. weiter unten bei RUŽICKA. 157 Die Negation ist aber an sich kein Charakteristikum der irrealen Mo¬ dalitat (vgl. 1.2.1.), siondern isie ist vollkommen einem bejahenden Satz der realen Modalitat gleichberechtigt. FRIEDMANN (1965) argumentiert das iiberzeugend: »So haben z. B. die Satze ,Die Vorlesung hat schon begonnen und ,Die Vorlesung hat noch nicht begonen’ die gleiche Modalitat — die Feststellung einer realen Tatsache. Im ersten Satz wird das Vorhandensein einer realen Handlung festgestellt, im zweiten Satz — das Nichtvorhandensein derselben realen Handlung (nicht das Nichtvorhandensein der Realitat der Handlung, sondem gerade das Nichtvorhandensein einer realen Handlung). Die Bejahung und die Verneinung sind also der gesamten modalen Bedeutung des Satzes untergeordnet, sie sind bei jeder Modalitat vorhanden, ohne sie dabei zu beeinflussen« (a. a. 0., 290). Und U. SPRANGER (1972) hat recht, wenn sie schreibt: »Das Vermischen der Kategorie der Modalitat mit der Bejahung Verneinung fiihrt letztlich auch zu Unsicherheiten im Gebrauch der Termini ,real', ;irreal’« (a. a. 0., 58). 39 In Aufierungen mit heischender Modalitat (nicht immer Satzen) haben wir es also mit einem espliziten Sachverhalt (SVi) zu tun und mit zwei impliziten Sachverhalten (SV 2 , SV3): SVi (explizit): Forderung, Notwendigkeit (Sonja soli ein Buch lesen) SV 2 (limplizit): wird gefordert, esistiert (noch) nicht (Sonja Mest ein Buch) SV3 (implizit): — SV 2 , ist der Gegensachverhalt zum SV 2 , der Sachver¬ halt also, der schon existiert, ist real vorhanden (Sonja liest kein Buch). Bei der irrealen heischenden Modalitat ist der 2., implizite Sachverhalt (SV 2 ) irreal: Sonja solite ein Buch lesen. deshailb ist auch der esplizite S Vi — die Notvvendigkeit, die Forderung — irreal: Sonja wurde ein Buch lesen. RUŽICKA (1972) findet, »daft sich die imperativische Modalitat ganz grob gesprochen, zusammensetzt aus dem Appell, der kategorischen verbalen AUFFORDERUNG an den Gesprachsteilnehmer, der Voraussetzung der MOGLICHKEIT der Handlung, zu der aufgefordert wird und der Annahme der NOTWENDIGKEIT — OBJAZATEL’NOST’, NEOBCHODIMOST’ — dieser Handlung« (13 f.). Mit kleinen Modifikationen (vereinfacht) stimmen die beiden Auffas- sungen uberein. Bei der irrealen Modalitat list dann die Annahme der MO¬ GLICHKEIT, von der RUŽICKA spridit, gleich Nuli. Es wurde schon darauf hingewiesen, dali die heischende Modalitat unter- schiedliche Nuancen des Wollens des Senders hervorzubrlingen vermag, von absoluten schroffen Befehlen iiber Aufforderungen, Mahnungen, Empfeh- lungen und Wiinsche ibis hin zum Bitten und sogar Filehen. Dieser breiten Skala von Ausdrucksmbglichkeiten steht auch ein ziemlich grofies Inventar von Ausdrucksmitteln zur Verfiigung. Davon aulsgehend ist es giinstiger, diese Modalitatsart mit dem Termiinus »heischende« Modalitat zu bezeichnen, ’ Vgl. auch mit den Auslegungen zur Gevvifiheitsmodalitat 2. 2. 2. 1. 158 als etwa mit dem Begriff »imperativische« Modalitat oder »Aufforderungs- modalitat«. Die Aufforderung ist namlich nuir eine Variante aus dem breit entwickelten System (Feld) des Heischens, aus der »modalen Differenzierung dieser Gnmdlbedeutung« (FLAMIG, 1964, 2), und der Imperativ nur eines von den zahlreichen Ausdrucksmitteln. Wir wollen hier einen Uberbliok iiber die mbglichen Ausdrucksmittel der heischenden Modalitat anfuhren, ohne Vollkommenheit anzustreben und ohne ein System der Ubergangsstufen und der Gradation durch die g anze Nuancenskala hindurch aufbauen zu wollen, weil idie meisten Ausdrucks¬ mittel ihre kommunikative Funktion erst im Kontext erfiillen (relative Aus¬ drucksmittel). Sofem es einigermafien mbglich ist, im absoluten Sinne, ohne Kontext also, den Grad und die Intensitat des Heischens bestimmen zu konnen, fiihren wir es bei jedem einzelnen Beispiel zusatzlich an. Der Imperativ Sonja, lies dieses Buch! ist der Modus der heischenden Modalitat. Da er aber bdi weitem nicht das einzige Mittel ist, karm man die heischende Modalitat kaum als impe¬ rativische Modalitat bezeichnen. Der Imperativ driickt Befehle aus, Wei- sungen, Verboate, Aufrufe, neutrale Befehle, Ratschlage, Empfehlungen, Bitten, kategorische Befehle u. a. m. Der Indikativ des Prasens Jetzt bleibst du liegen und schlafst! Der Ind. des Futurs I Sonja, du wirst nicht reisen! Der kategorische Indikativ des Prasens oder des Futurs konnen als ener- gischste Befehlsform manchmal treffender sein (JUNG, 1971, 250). Vorzu- finden ist auch die 1. P. Singular Indikativ Prasens: Ich bekomme Rumpsteak mit Salat! 40 (DUDEN-GRAMMATIK, 1966, 123). Modalverben + Infinitiv Du mbgest sie kiissen. (HEIDUCZEK, 41). Du solist 20 Tropfen Baldrian nehmen. 41 (HACKEL, 1974, 146). Du mulit jetzt antworten. 42 (A. a. O.). Du kannst dich setzen. Hierher. Du darfst nicht rauchen. , , T „„„ Wollen wir gehen! (Gehen wirl). Lafit uns gehen! Lassen Sie uns gehen! Er solite lesen. 43 Unter den zahlreichen Ausdrucksmbglichkeiten der Aufforderung zu gemein samer Tat in der deutschen Hochsprache fiihrt ERBEN (19 , ) auc 40 41 Zum Kellner gesprochen. Deontische Modalitat. Statt neutral »nirnm«. tKontextO Aletische Modalitat. Ubergang zur deklarativen Moda Empfehlung. 159 die Varianten mit wollen und lassen auf: »das hofliich vertrauliiche, Zu- stimmung erbittende LaB(t) uns gehen!, idas feierlich-beschworende Ersuchen Lassen Sie uns gehen! und die beschliefiende, einen gemeinsamen Willen vorschlagende Form der Aufforderumg Wir wollen gehen! (abgeschvvacht als Frage: Wollen wir gehen?), die — wohl nicht zufallig — im Zeitalter der modernen Demokratie vor- dringt«. haben + zu + Infinitiv, sein + zn + Infinitiv Du hast jetzt zu antvvorten. Er ist jetzt zu tadeln. »Der Unterschied in der Anwendung der beiden Fiigungen wird durch das Genusverhaltnis bestimmt. Die Verbindung mit haben hat aktivische Be- deutung; ...die mit sein hat passivische Bedeutung« (ZORN, 1977, 143). Infinitivkonstruktionen, Infinitivsdtze Beitreten! Rauchen (ist) verboten! 44 Das Partizip II Nicht gemuckst!, »das besonders scharfe Befehle und Warnungen ausdriickt« (ŽGUR, 1973, 95). Das unpersonliche Passiv Jetzt wird ins Bett gegangen! Modales Passiv Der gehort bestraft ins Bett gesteckt. Das ist »der umgangssprachlich beliebte Typus« (ERBEN, 1972, 305). Pseudonebensatz mit »dafl« Dafi du mir ja nicht telefonierst! Fur A. ŽGUR (1973) sind das »elliptiische Ausrufe oder Satze« (96), »damit aufiem wir .. .strenge Befehle oder Verbote« (a. a. O.). Substantivischer und adverbialer Satz Hiniiber das Bein! Hilfe! Vorsicht mit dem frischen Brot! (JENTZSCH, 736). Vivat der Revolution! (BASTIAN, 10). 44 Kurzform des Passivs. 160 Interjektionssatz Hallo! Pst! Halt! Horch! Auch damit aufiem wir Befeble oder Verbote. Der Konjuktiv I Uns bleibe erspart der Krieg! Die Sonne mbge es bleichen! Diese Ausdrucksvariante der heischenden Modalitat findet man var aliem m der Poesie, Publizistik und wissenschaftlich-technischen Literatur. Der Fragesatz^ Wollen Sie mir jetzt eine Antwort geben? (ERBEN, 1972, 245). Wirst du endlich nacht Hause gehen? 46 Fugungen »heifien + Infinitiv« und »es gibt + zu + Infinitiv« Es heifit jetzt antworten. Es gibt zu antvvorten. GREPL MASARik (1974, 374) erwahnen auch die Varianten »es gfilt + zu + + Infinitiv« und »es steht+zu4-Infinitiv«. Diese Ausdrucksvarianten enithalten sowohl Komponenten der heischenden a!ls auch Komponenten der deklara¬ tiven Modalitat. Lexik des Mikro- und Makrokontextes, dae als Redeeinfiihrung — Vorspannkonstruktionen' 17 — die ganze Mitteilung mit semantischen Komponenten der Aufforderung pragt: Ich bitte dich, zu mir zu kommen. (= Du mbgest zu mir kommen.) Sie beschwor ihn, auf das Erbe zu verzichten. Er rat mir, er wiinscht, er befiehlt,.. . 4! »Im weiteren Sinne handelt es sich hierbei um Verben der Mitteilung. Von anderen Verben dieser semantischen Gruppe unterscheiden sich die o. a. dadurch, dafi bei ihnetn die Bedeutung, dali eine Information zu iibermitteln ist, stets mit der zusatzlichen semantischen Komponente der Aufforderung gekoppelt auftnitt« (MUHLNER/SOMMERFELDT, 1974, 365 f.). An der Grenze zwiischen den beiden Bedeutungen — heischender und deklarativer — liegt u. E. auch das Lexem »brauchen« (= haben miissen), der z. T. zu dem Bereich der deklarativen Modalitat gehort, z. T. ist aber in ihm das Sem der Aufforderung enithalten: Der Patient braucht viel Ruhe. Dieser Satz karm alls eine Mittedlung, Feststellung, Meinung oder auch als arztliche Verordnung betrachtet werden. 45 Vgl. Anm. 35! 46 Vergleiche auch die von 47 ” 48 vvn ERBEN oben erwahnte Vervvendung von »wollen«! Von einem Vorspann spricht auch RUŽICKA (1972, 4 f.). -»..fr-i h Nur wenige solcher einfiihrunden Lexeme sind diesbezuglich , • h. ohne heischenden Charakter, der mitschwingt: sprechen, sagen, m m. 11 Acta 161 Modalpradikativd 19 Es ist notig, erforderlich, dafi ... Es macht sich notvvendig,... Das Adjektiv und das Gerundiv Die zur Mortelbearbeitung erforderlichen Materialen. Die zu tadelnde Gewohnheit. Modalpartikeln und akzentuierte Anrede mit verstarkender, intensivierender Wirkuing: Erklar mir eben mal! Hierhin, hdrst du? Und die anderen die Treppe hinauf.. verstehst du? (BOLL, 479; Hervorhebungen von uns). BESONDERHEITEN DER HEISCHENDEN MODALITAT: latentvorhandenes, verborgenes Heischen in a — deklarativen Satzen b — indirekter Rede c — Satzen mit fragender Modalitat; Heischekonnexe. ad a) In diesem Zusammenhang miissen wir auf die Erscheinung der Bedeu- tungsiiberschneidungen aufmerksam machen. Z. B.: Es sind neue Vorrichtungen eingebaut worden, die es verhiiten sollen, dafi Abgase schadlich sein kbnnten. Es geht in dem obigen Relativsatz zugleich um diie heischende Modalitat und die deklaratiive Modalitat. 50 Die Entscheidung fiir die eine oder die andere Art list niicht leicht zu treffen und hangt sicherlich auch von der Aufnahme des Empfangers bzw. der Intention des Senders ab. Solche Bei- spiele kommen micht selten vor. Sie dienen auch als Beweis dafiir, dafi im Bereich der intentionalen Modalitat das Prinzip der Selektivitat (Alter- nanz, Disjuniktioin), das fiir die Wirklichkeitsrnodalitat konsequent giiltig war, hier, wo die Subjektivitat und Indivtidualitat des Senders schon grbfier gevvorden isind, nicht mehr stichhaltig ist. Weitere Belege: Alle Anlagen miissen gekiihlt werden. Wir vvollen uns klarmachen, dafi das von Bedeutung ist. Es gibt auch weitere Mdglichkeiten, wo die heischende Komponente nuir angedeutet wird, bzw. wo das Heischen indirekt, versteckt, mittelbar aus- gedruckt ist, bzw. mitschvvingt: Und wieder mufite ich links sehen. (BOLL, 49). Ausdruck stammt von GREPL/MASARIK (1974, 371); RUŽICKA (1972, u ) S E r v ht auch von . Modaladjektiven. »pc , d ' ese Beispielsatze mit den Fiigungen mit »heifien + Inf.« und mit g ot + zu + Inf.« sowie mit denjenigen mit »brauchen«. 162 Es geht hier vveder um Identitat noch um direkte Beziehung Urheber der Modalitat 51 (Sender): Urheber der Handlung (Empfanger), oder mit anderen Worten, der Sprecher ibeauftragt nicht (unmittelbar) den Hdrer, dafi er dies und jenes zu tun hat, sondern der Urheber der Modalitat kann bisweilen ein allgemeines, inneres oder moralisches Prinzip sein, das auf Grund der Normen innerhalb einer Gesellschaft giiltig ist: Das Schiff mufi te seine Reise unterbrechen, um den Schiffbriichigen helfen zu kbnnen. Diese Art der heischenden Modalitat kbnnte man auch als innere, indirekte heischende Modalitat bezeichnen, oder potentielle, geborgene, iatente, un- personliche, unbestimmte heischende Modalitat. Weitere Beispiele dafiir: Sie brachte den Gefangenen ihr Essen in ein nahes Geholz, wo sie Baumstiimpfe auszugraben hatten. (BRECHT, 16) Seine Heimkunft mufite unbedingt geheim gehalten werden. (BRECHT, 18) Alle diese Belege haben den Charakter einer Aufforderung, die jedoch in- direkt ist, d. h. nicht unmiittelbar aus der direkten Relation Sprecher — Hdrer hervorgeht, die hier eigentlich eine deklarative ist, so dafi man sich mit Recht die Frage istellt, ob man iiberhaupt noch von heischender Modalitat sprechen kann. Ein vveiteres Beispiel: .. .wo alles kam, wie es kommen mufite. (SEGHERS, 25) Es geht hier um eine Schicksalsfiigung. ad b) Wir stofien hier auf die Erscheinung der mittelbaren Verbindung der heischenden Modalitat mit der indirekten Rede, d. h., wie die heischende Modalitat in der indirekten Rede ausgedriickt vverden kann, ohne die ublichen Form en — Konj. I des Vollverbs oder Modalverben sollen und mdgen (im (Indikativ und Konjuktiv) — zu gebrauchen. (WELKE, 1964, 40 f.).Am besten ist das aus den Belegetn ersichtlich: Er befahl, es zu tun. . ,rr«TTmc Ich hatte ihn angefleht, am Leben zu bleiben. (SEGHhKs, a.a.uj Die Infinitivgruppe enthalt das Heischen, das mit dem Vorspami »er befahl« angekiindigt wird. Die Transformation nach dem Muster weiter unten is ein Beweis dafiir: Er befahl, ich (wir) soll(en) es tun. Er befahl: Tu(t) es! Ahnlich ist es mit der substantivischen Gruppe mit Praposition Er hat auf die Erfullung der Bedingungen gedrangt. 51 Der Ausdruck stammt von RUŽICKA (1972, 5). Er verwendet Benennung »die modalitatsbestimmende Person« (a. a. u., u* 163 und ohne Praposiition: Er hat die Beachtung der Vorschriften verlangt. Der Sohn ... verlangte von neuem Branntvvein ... (BRECHT, 18) ad c) Als Beispiel, dafi heischende Modalitat nicht nur mit deklarativer, son- dern auch mit fragender Modalitat kombiniert werden kann, seien folgende Belege angefiihrt: Junge, was hatten wir durchgemacht.?! Das kann ohne weiteren Kontext bedeuten: Junge, ich weifi nicht, was wir durchgemacht haben. 52 Junge, es ist schrecklich, grausam, was wir durchgemacht haben. 53 oder auch Junge, so was diirfen wir nie wieder durchmachen! 54 55*5758 Heischekonnexe” Das Heischen ist aber auch in Satzen vorhanden, in denen eine Mit- teilung mehrere Interpretationen gleichzeitig zulafit: Neue Vorrichtungen werden benutzt, womit Durchbriiche wirksam vvermieden werden. Was bedeuten kann: weil Durchbriiche (somit) vvirksam vermieden werden M oder damit Durchbriiche vvirksam vermieden werden” so dafi Durchbriiche wirksam vermieden werden 5’ oder auch die Durchbriiche sollen damit wirksam vermieden werden s ’ Im Flinalsatz Die Worte gebrauchte meine Mutter, um mich zu besanftigen. (SEGHERS, 24) kann man einen voluntativen Kern nicht bezweifeln. 52 Fragende Modalitat. 53 Emotionale Hervorhebung — s. in weiteren Kapiteln unten. 54 Also heischende Modalitat. . . . .„ npn nie 55 Die Konnexe sind bezeichnet als »Art der Beziehungen, ta denen Kontinuitat des Textes nicht explizit durch einen semantisch aquival ausgedriickt wird, sondern abstrakt und implizit als quasi-logische P der Satzinhalte im ganzen...« (AGRICOLA, 1977, 246). “ Kausalsatz; deklarative Modalitat . 57 Ein Finalsatz mit deklarativer und heischender Modalitat. 58 Ein Konsekutivsatz mit deklarativer Modalitat. ” Heischende Modalitat. 164 Durch Transformationen in selbstandigc Satze kann man diiese Behaup- tungauch nachweisen: Die Worte gebrauchte meine Mutter: Ich solite besanftigt vverden. Und wir haben es also eindeutig mit einer irrealen heischenden Modalitat zu tun. Uber die Tiefenstruktur, die aus der obigen Transformation leicht er- schlossen wird, lafit sich die Hypothese verifizieren. Ich hatte ihn angefleht, am Leben zu bleiben. (SEGHERS, 25) In diesem Beisipiel ist die Aufforderung — hior jedenfalls in milderer Form des Bittens, ja sogar des Flehens — indirekt ausgesprochen, nicht explizftt ausgedriickt, man kann allerdings die heischende Komponente in der Seman¬ tik des obigen Satzes nicht iibersehen. Es involviert auch das Konditionalge- fiige eine Notwendigkeit, eine Forderung. Das tvird plausiibel, wenn die Be- dingung durch einen imiperativischen Satz ersetzt wird: Wenn man achtzehn Jahre alt ist, kann man heiraten. Oder: Man mufi achtzehn Jahre alt sein, dann kann man heiraten. Oder: Sei achtzehn Jahre alt, und du kannst heiraten. Vielleicht sind die Beziehungen in diesen heischenden Konnexen nicht immer eindeutig zu entdeoken, man kann jedoch inicht ablehnen, dafi in diesen Strukturen Seme des Heischens im weitesten Sinne auftreten. Abschliefiend fuhren wir noch ein Beispiel an, wo die Dberlappung der heischenden Modalitat und der anderen zwei Typen der intentionalen Mo¬ dalitat evident ist: Est ist heifi hier. (?,!) Diesen Satz kann man blob als eine Mitteilung (deklarative Modalitat) ver- stehen, oder als Ausdruck einer Emotion (hervorhebende Modalitat), oder als Frage, Bitte (etwa: Darf ich mich ausziehen?) und zuletzt auch als Hei- schen: Macht die Fenster auf! 60 Ohne Zweifel spielen hier eine entscheidende Rolle schon aufiersprachliche Elemente wie der aullersprachliche Kontex.t, Mimik, Gestik, Intonation und auch andere Ausdruoksmittel der Prosodie, die jedoch unseretn Rahmen bereits iiberschreiten. Es ware jedenfalls inte- ressant, auch dieser Problematik weiter nachzugehen und fiir die Kommu- nikations- und Sprachtheorie wie Sprachpraxis wiohtige Resultate zu er bringen. 2.2.2. Die Modalitat i. e. S. (die fakultative Modalitat) Wenn bei allen Modalitatsarten der Modalitat i. w. S. '*^ e , ponente des Senders und die von ihm unabhangige o je iv e ) p “ Nach einem Vortrag von VIEHWEGER. (Siehe Anm. 23!) 165 nente bei der Ausformung einer dem Sachverhalt entsprechenden Aufierung mehr oder weniger gleichberechtigt sind, und also eine so bedingte Mo¬ dalitat in jeder Aufierung, die — wie schon ausgefiihrt worden ist — nicht immer ein syntaktisch geordneter Satz sein mufi, obligatorisch vorhanden ist, dann kann man fiir die Modalitat d. e. S. behaupten, dafi sie fakultativ ist, we&l sie in erster Liniie und entscheidend vam Senider abhangig isit und nicht obligatorisch in jeder Aufierung auftritt. 61 Hier gelangen wir wieder zu der sog. »Sprecheraktivitat« (SOMMERFELDT, 1973, 291), die eine bedeutende Rolle spielt. Sie ergibt den »Sprecheranteil« (a. a. O.) der semanitischen Struk¬ tur eines Satzes. Es wiird sich erweisen, dafi aber auch diese sog. »faikultative« Modalitat implizit fast in jeder Aufierung vorhanden ist, weil wir ja die These teilen, dafi keine voon Sender produzierte Mitteilung uber einen Sachverhalt blofi eine photographische Abbildung dieses Sachverhalts sed, sondern dafi sie immer mit der Personlichkeit des Senders gepragt und also ein Urteil ist. 62 Einen natiirlichen Ubergang zur Modalitat d. e. S., und zwar zur Gewifi- heitsmodalitat, stellt in manchen Fallen die fragende Modalitat dar, so dafi wir mit der Behandlung der fragenden Modalitat auch schon das Problem der Modalitat des Geltungsgrades angeschnitten haben. Bei Aufierungen mit fragender Modalitat ist die Subjektivitet des Senders grundsatzlich weniger ausgepragt als bei der heischenden Modalitat und mehr als bei der dekla¬ rativen Modalitat. In Aufierungen mit deklarativen Modalitat fixiert der Sen¬ der nur iden Sachverhalt, in Aufierungen mit firagender Modalitat greift er ansofem aktiv in den Sachverhalt ein, als er mit der Frage nach ihm Unbe- kanntem uber den Sachverhalt Bescheid wissen will; in Aufierungen mit heischender Modalitat ist die Sprecheraiktivitat am grbfiten, weil der Sender sogar die Herstellung eines von ihm konzipierten Sachverhalts fordert. (SV2 — s. 2.2.1.2.3.) Die wechselseitige Abhangigkeit von Subjekt und objektiven Realitat ist von Bedeutung, weil die Natur des Sachverhalts mit uber die Senderintention und demzufolge uber die mogliche Modalitat der Aufierung entscheidet. Zu einem qualitativen Durchbruch kommt es bei dem Modalitats,typus der Ungevvifiheit. 2.2.2.1. Die GewifiheitsmodaIitat M (Sicherheitsmodalitat, Modalitat des Geltungsgrades) Die Eiinstellung des Senders zum Sachverhalt, die eine allgemeine und entscheidende Charakteriistik der Modalitat ist, bezieht sich bei der Gewifi- heitsmodalitat auf die Uiberzeugtheitsstufe des Senders liber den Geltungsgrad des Sachverhalts. Mit Hilfe der Gewifiheitsmodalitat wird zum AusdruCk gebracht, »in welchem Grade der Sprecher-Schreiber von der Realitat des Sachverhalts uberzeugt ist...« (SOMMERFELDT, 1973, 293), inwiefem er davon iiberzeugt ist, dafi der Sachverhalt in Wirklichkeit auch so ist, wie er ihn sieht, versteht, erfafit, wie er ihn sich erklart, ihn vermittelt, nach ihm fragt, in ihn mit Befehlen eindringen will. 61 Vgl. 2.2.I.2.I.! “ Vgl. Anm. 18! ... ® e . r Terminus ist als Ubersetzung des in der tschechischen Linguistik 1074 g gebrauchten Begriffes 'jistotni modalita’ aufzufassen« (GREPL/MASARIK, 166 Der Sender kann also vollkommen sicher sein, den Sachverhalt richtig erfalst und wenter mi/tgeteilt zu haben, er kanin das nur annehimen er kann unsicher |sein und es vollkommen bezweifeln. 64 Es list schon daraus ersichtlich, dafi wir es auch bei der Gevvifihcitsmo- dalitat ahnlich wie bei der heischenden Modalitat mit einer Skala aller mbglichen Nuancen und Ubergangen zu 'tun haben. 65 Es ist natiirlich, dafi analog der heischenden Modalitat der breiten Skala der Uberzeugthei-tsstu- len, d. h. der unterschiedlichen Nuancen der Gevvifiheit des Senders liber die Geltung eines Sachverhalts, von dem er referieren will, auch ein breites Spektrum mdglicher Ausdrucksmittel entspricht. Die Ubergange auf der Skala der Gewifiheit und UngewiBheit sind nicht disjunktiv aufzufassen. Die Nuancenunterschiede sind auf diesem Feld kontextualbedingt zu betrachten. Beachtung verdienen die sog. implizite GewiKheit und implizite Ungewifiheit. In etiner Mitteilung, in der der Geltungsgrad des Sachverhalts vom Blick- punkt des Senders nicht mit besonderen Mitteln (explizit) ausgedriickt wird, haben wir es mit der impliziten Gewifiheit zu tun, die einen hohen Grad der Uberzeugtheit (O-Grad der Ungewifiheit) des Senders zum Ausdruck bringt, einen absoluten GewiRheitsgrad, der eigentlich nur noch mit einigen Aus- drucksmiitteln verstarkt, intensiviert werden kann (+1 Grad). Sonja liest ein Buch. Sonja liest mit Gevvifiheit ein Buch. Morgen wird es uribedingt regnen. Von einem impliziten Wert der Ungevvifiheit kbnnen wir etwa bei der Ent- scheiidungsfrage reden. (2.2.1.2.2.) Diese liegt zweifelsohne im Feld der Unge- vvifiheit: Liest Sonja ein Buch? Die Kombination dieser Frage mit einem Modahvort wie etwa »sicherlich«, »vielleicht« erhbht den Wahrscheinlichkeitsgrad des Sachverhalts vom Blick- purikt des Senders. Solche Entscheidungsfragen stehen also auf der Skala der Gevvifiheitsmodalitat fast ganz unten und sind mit anderen Ausdrucks- mitteln der Unsicherheit synonym. »In verschiedenen Gruppen der Frage- satze ist die Funktion dieser Modalwbrter verschieden. In den Erganzungs- fragen werden die potentielien Modalwbrter iiberhaupt nicht gebraucht. Diese Modalworter bezeichnen durch ihre lexikaliische Bedeutung Unsicherheit, Zweifel, Vermutung usw. Die Elemente der Satze aber, beziiglich derer die Frage hier gestellt wird, sind dem Sprechenden vollig unbekannt, er will sic erst bestimmen. Da die lexiikalische Bedeutung der potentielien Modalwdrter 64 SOMMERFELDT macht auf die Tatsache aufmerksam, dafidie Philosophen die Meinung vertreten, »dafi die Behandlung der subjektiven Modalitat (d. n. cier Gewifiheitsmodaltat in unserer Systematisierung — S. B.)„ also die Untersucnung der verschiedenen Stufen der Gewifiheit, nicht Aufgabe der formalen Logik > • da es sich um eine psychische Erscheinung handelt« (19/3, 288 r.). Desna nennt wahrscheinlich LOMTEV diese Art der Modalitat »phychologisch-gramma- tische Modalitat« (zit. in HACKEL, 1974, 142). 65 S. Mehr dariiber in unserem Artikel »Zu einigen Entwicklungstendenzen beim Ausdruck der Gewissheitsmodalitat«, erschienen in Linguistica, , J Ijana 1981, S. 185—207. 167 in Widerspruch mit dem Charakter der Frage geraten, vverden sie in dieser Gruppe der Fragesatze nicht gebraucht« (FRIEDMANN, 1965, 297). Die Mo- dahvbrtcr werden z. T. in Entscheidungsfragen verwendet (vor allem viel- leioht und wohl), vor allem aber in Bestatigungsfragen. (A. a. O.) (1) Liest Sonja ein Buch? = Es ist unsicher, ungewifi, ob Sonja ein Buch liest. (Sicherheitsgrad —8). Liest Sonja vielleicht ein Buch? (—7: grbfiere Wahrscheinlichkeit) = Sonja liest vielleicht ein Buch. Liest Sonja sicher(lich) ein Buch? Liest Sonja mit Gevvifiheit ein Buch? Die Frage (1) bedeutet soviel wie »Es ist unsicher, ob...« Dieselbe Frage, kombiniert mit dem Modalwort »vielleicht«, erhbht den Wahrscheinlichkeits- grad um eine Stufe. Sie unterscheidet sich u. E. von dem Ausisagesatz »Sonja liest vielleicht ein Buch« (derselben Gevvifiheatsstufe) nur insofem, als man auf die Frage eine Antwort erwartet, was beiim Aussagesatz nicht der Fali ist. Die Kombination der Frage mit dem auf der Skala hbher gelegenen Mo- dalwort erhbht noch zusatzlich 'die Gevvifiheitsstufe, weil solche Kombina- tionen eine Vorinfiormation, Vorkenntnis des Senders voraussetzt, von deren Giiltigkeit er nur nicht ganz iiberzeugt sein kann. Die Bestatigengsfrage hingegen driickt schon ohne Modahvbrter einen ziemlich hohen Sicher¬ heitsgrad aus. (Vgl. 2.2.1.2.2.) Des weiteren mufi bei dieser Modalitatsart ervvahnt werden, dafi sie mit allen anderen Modalliitaten kombinicrbar ist, dafi also in einer Aufierung die Merkmale aller erwahnten Modalitatsarten nebeneinander stehen kdnnen und sich nicht ausschliefien. Wahrend fiir die Wirklichkeitsmodalitat ausnahmslos der exakte alter¬ native Charakter gilt (ein Sachverhalt kann vom Gesichtspunkt des Senders nur als real exiistierend oder als blofi erdacht, vorgestellt angesehen werden), kbnnen wir bei der Sicherheitsmodalitat von Ulbergangen und unterschied- lichen lntensitatswerten sprechen. Das ist iibrigens auch bei intentionaler Modalitat mbglich. Es gilt also, dafi die Gewifiheit nicht mit Wiriklichkeiit und die Ungewifiheit nicht mit Irrealitat zu vermengen isind. Ein Sender kann von einem irrealen Sachverhalt absolut iiberzeugt sein: Unsere Ahnen wiirden sich unbedingt iiber unsere Fortschritte wun- dern, wenn sie neu zum Leben erweckt werden kbnnten. Und genauso kann er etwas, was real mbglich ist und vielleicht existiert oder geschieht, auch bezweifeln: Ich bin unsicher, ob der Flufi sehr tief ist. SOMMERFELDT versteht unter Modalitat i. e. S. (subjektive Modalitat) nur die Gewifiheitsmodalitat. Sie wird haufiig auch als »ikommunikativ-gram- matische Modalitat« bezeichnet (SOMMERFELDT, 1973, 288 f.), im Gegensatz zu HACKEL (1974, 142, 144), der unter dem Begriff kommunikativ-gramma- tische Modalitat unsere Wirklichkeitsmodalitat versteht und die Gewifiheits- modalitat unseres Systems als psychologisch-grammatiische Modalitat be¬ zeichnet. 168 22.2.2. Die Hervorhebungsmodalitat (Modalitat der Hervorhebung, hervorhe- bende Modalitat, Modalitat der Expressivitat) Darunter verstehen wiir die Potenz, die Fahigkeit der Sprache, welche untetr Eiriibeziehung verschiedener lesikalischer und grammatischer Aus- drueksmittel durch einen Sprachbenutzer aktiviert werden karm, um diejeni- gen Elemente des Sachverhalts zu betonen, hervorzuheben * 66 , die fiir diesen Sprachbenutzer kommunikativ wiohtig.sind. 67 Peter hat sich gestern ein Buch in der Bibliothek gekauft. Gelandet ist die Maschine vor 10 Sekunden (und nicht gestartet). Dadurch wird eindeutig edine isachbetonte Stellungnahme zum Sachverhalit genommen, und es handelt sich folglich um eine Art Modalitat. Wenn die Gewifihei.tsmodalitat, obwohl als »fakultativ« bezeichnet, im- mer noch von den objektiven Gegebenheiten des Sachverhalts teihveise ab- hangt, ist die Modalitat der Hervorhebung fast ausschliefilich durch die Persbnlichkeit des Sprechers/Schreibers bedingt. Ein Sender kann die fiir ihn bedeutenden Komponenten in der semantischen Struktur einer Aufie- rung, welche einen Sachverhalt darzustellen hat, objektiv, sachlich, sachbe- tont hervorheben, oder emotional betont, subjektiv gefarbt. Sachbetonte Hervorhebung kommunikativ wichtiger Elemente des Sach¬ verhalts erfolgt mit Hilfe — der Wortstellung (Thema-Rhema-Gliederung, Eindrucksstelle, AusdruCks- istelle, die isyntaktischen Gesetze der Rahmenkonstruktion und des Stei- genden Mitteilungswertes, d. h. die Stellungsregularitaten des deutschen Satzes: In den Urlaub will er fahren mit seiner Freudin. — der Modalpartikeln: Er hat gar keine Ahnung davon, was in ihr vorging. — des Genus Verbi: Man offnet das Fenster. Das Fenster wird geoffnet. — des Akzentes, der Intonation, der Mimik und Gestik, was schon zur Pro- isodie gehbrt. 2.2.2.3. Die Modalitat der Emotionalitat Die emotionale Hervorhebung 63 vvilil auch einige Elemente des Sachver¬ halts betonen, nur dafi dies mit der emotionalen Anteilnahme des Senders “ FLAMIG versteht unter Hervorhebung die Venvirklichung der Mitteilugs- perspektive und i. w. S. der Redestrategie (zit. nach SOMMERFELD1, , F 67 FLAMIG spricht im Zusammenhang mit der Redesteuerung, Expressivitat, Mitteilungsperspektive von den »Elementen der Sachverhaltsb g sichtlich ihrer Wichtigkeit fiir Sprecher und Horer mnerhalb des Kommumkations- aktes...« (zit. nach SOMMERFELDT, 1973, 291). . , » 7 wi<;chen “ SOMMERFELDT weist darauf hin, dafi bei der Hervorhebung. ..»z ;wisch.en rationaler (sachlicher) und emotionaler (gefuhlsmafiiger) zu d (1973, 293). 169 gefarbt ist. Wir sind also der Meinung — im Gegensatz zur Auffassung einiger Linguisten (1.1.4.) — dafi auch die Emotionalitat zur Modalitat gehort, dafi dadurch unter einem besonderen, sehr subjektiven Aspekt die Stellung- nahme des Schreibers Sprechers zum Sachverhalt oder zu einigen Elementen des Sachverhalts zum Ausdruck gebracht wird. Verdammt, er ist schon wieder abgehauen. »Die Emotionalitat des Satzes beruht einmal auf den Wertungselementein (abgehauen) ... Zum anderen gibt es aber auch bestimmte Mittel, die nur der Emotionalisierung dienen (einige Modakvbrter, Interjektionen).« (SOM- MERFELDT, 1973, 295; Anrnerkungen in Klammern von uns.) Somit sind wir auch schon bei dem letzten Modalitatstypus unserer Darstellung, bei der sog. wertenden Modalitat. 2.2.2.4. Die Wertungsmodalitat (vvertende 69 Modalitat) Diese Modalitatsart ist fast ausschliefilich der Persdnilichkeit des Seoders unterworfen. Mit dieser Modalitat kann der Sender seine ethische EinsteUung zum ganzen Sachverhalt oder nur zu einigen seiner Bestandteile ausdriiaken. Das hangt mit den ethischen, moralischen, politisohen, weltanischaulichen, religidsen und vielen anderen Vorstellungen zusammen, die den Normeinko- dex — ein »bestimmtes gesamtgesellschaftliohes oder gruppen- bzw. klass- senspezifisches Wertsystem« (LUDWIG, 1973, 51) — einer Persdnlichkeit bil- den. Bei der Darstellung eines Sachverhalts kann ein Sender ganz beliebig diesen Sachverhalt einschatzen und das ist nur minimal und mittelbar vom Sachverhalt abhangig, jedenfalls weniger als wir das bei anderen Modalitat- sarten bis jetzt in zu- oder abnehmendem Mafie beobachtet haben, sondern bliofi von dem Sprecher, von seiner inneren Welt moralischer und anderer Nonmen. Dieses wahre Kunstwerk, ein Meisterwerk unserer Gegenwartskunst, hat jeden Besucher in semen Bann gezogen. (SOMMERFELDT, 1973, 295). Der Junge kann in diesem Kitschroman keine wertvollen Stellen er- kennen. (A. a. O.) Es ist vor allen Dingen die Lexik, die es ermoglicht, das oben Erwahnte zum Ausdruck zu bringen. Die wertenden Komponenten in der Semstruktur einzelner Lexeme implizieren eindeutig, was fur eine EinsteUung diesbeziig- lich der Schreiber/Sprecher zum Sachverhalt hat. Man stbfit hier sicherlich auch auf Probleme des Stils, der Stilebenen, der Tatigkeitsbereiche u. a. m., worauf wir hier aillerdings inicht eingehen konnen. Das Wesen der Expressivitat sieht MICHEL (1974, 137) in diesem Zusammenhang »im Abgehobensein, im Abweichen von einer Norm«. Es isft in allen Tatigkeitsbereichen und auf allen Stilebenen mdglich, mit Hilfe der Wertungsmodalitat die EinsteUung des Senders zum Sachverhalt auszudriik- • i, W SOMMERFELDT (1973) stellt in Frage, ob man—analog dem Wort — mcnt von einer Wertkomponente des Satzes sprechen solle. Und setzt fort: »Soviel scheint sicher, dali eine Bewertung eines Sachverhalts durch Wdrter (Begriffsge- natt, Gefuhlswert) und durch andere Mittel (Emotionalitat des Satzes) vorgenom- men werden kann« (294). 170 ken. Diese kann neutral (indifferent), aber auch positiv oder negativ wertend (engagiert) sein. Die Hervorhebungs-, Gefiihls- und Wertungsmodalitat sind miteinander mehr oder wenigeir verbunden und konnten als Untertypen des einen Moda- iitatstypuis behandelt werden. Die emotionale Modalitat ist jedoch eine be- sondere Art der gefuhlsbetonten Hervorhebung und ran anderen kann man »die Gefiihlskomponente der Wortbedeutung als generdll abhangig vOn der Wertungskomponente betrachten ...« (SOMMERFELDT, 1973, 295) oder man kann von einer »Integratlion der Wertungs- und der Gefiihlskomponente« (SCHMIDT, zit. in SOMMERFELDT, a. a. O.) sprechen. Nach dem Intensitatsgrad der in einem Text vorhandenen Modalitat i. e. S. kbnnen wir auch Ibestimmen, ob es sich mehr um die impresisive oder in- formative Darsitellungsart hanidelt (FLEISCHER/MICHEL, 1977, 276). Alle Modalitatsarten dienen ohne Zweifel, wenn auch niicht immer direkt, der Lenikung der Mitteilungsperspektive (SOMMERFELDT, 1973, 295 L). HACKEL spricht von einer nichtkommunikativen Stellungnahme (bei MICHEL etwa in informativen Darstellungsarten) und von einer gezielten, partnerOrienitier- ten »kommunikativen« Stellungnahme (bei MICHEL etwa in impressiven Darstellungsarten). (HACKEL, 1974, 140) Eine so breit gefafite Modalitat scheint uns nicht zu kiihn. SOMMER¬ FELDT (1973) schreibt z. B., indem er von der »persdnlichen Stellungnahme des Sprechers ran Sachverhalt« ispricht (294), dafi diese noch im umfasisen- deren Sinne erfblgen kann durch 1) die Auswahl der darzustellenden Sachvetrhalte 2) den Durchfiihrungs(plan 3) die sprachliche Gestalltung (a. a. O.). 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