Nr. 2392. 1861. V. liii ililiitirii Srrnrbnnnp- Halt für die Cmmnfcv Diözese. I. Vorschriften bezüglich bcs amtliche» Vorganges mit EhcdiSpcnsgesnchcn', zumal bezüglich de» dicSfälligc» Informativ-ExamenS. — II. Vorschrift, vorkommende außerordentliche Ereignisse dem Ordinariate bekannt zu gebe». GSP I- bereits mit Circulare bbo. 3. Atärz 1858 Nr. 462/2, VIII. wurde bciit Wohlehrwürdigen Seelsorgs-Llerus, respeetive den Pfarrämtern das Verfahren vorgeschriebcn, welches bezüglich der Gesuche von Brautleuten um Nachsichtsgcwährung von Ehehindernissen, insbesondere in nahen Verwandtschafts- oder Schwägerschafts-Graden beobachtet werden soll. Da sich derlei Gesuche mehr und mehr hänfen, so findet man es für zweckdienlich, diesfalls Nachstehendes theils wieder in Erinnerung zit bringen, theils neu anznordnen: Ehedispensen können von den dazu Berechtigten nur aus wichtigen, kanonischen Gründen gewährt werden. Conc. Trid. sess. 24. de ref. cap. 5. Es sind daher die Seelsorger verpflichtet, Ehedispenswerber, besonders aber jene, denen andere als die im §. 80 der Anweisung für die geistlichen Gerichte Oesterreichs in Betreff der Ehesachen be,zeichnete Hindernisse im Wege stehe», durch geeignete Vorstellungen von ihrem Vorhaben abzubringen und sie zu diesem Ende über die heilsamen und weisen Absichten der Kirche, welche sie bei Feststellung solcher Hindernisse im Auge hatte, gründlich zu belehren und zur Ablaffung von der beabsichtigten Ehe zu ermahnen. Sollten jedoch wichtige canonische Gründe eine Ausnahme vom Geseke zu Gunsten der Ehewerber räthlich und selbst für das Seelenheil derselben heilsam erscheinen lassen, so hat der Seelsorger das mit den erforderlichen Matrikenscheinen, dem Religions- und Sittenzengnisse belegte Gesuch der Ehedispenswerber, worin die kanonischen Gründe klar und deutlich anzngeben sind, mit dem, den Charakter beider Brautleute genau bezeichnenden Stammbaume mit gutachtlichem Berichte an das Ordinariat zu leiten. Es steht den Ehedispenswerber» aber frei, ihr Gesuch auch unmittelbar dem Ordinariate vorzulegen. Der Bischof wird nun, wenn er es nach der Sachlage als angezeigt findet, nach §• 86 der genannten Anweisung über die Thatnmstände, auf welche seine Entscheidung oder sein betn heiligen Stuhle vorzulegendes Gutachten sich stützen muß, die erforderlichen Erhebungen pflegen. Mit diesen Erhebungen wird künftighin das betreffende De kanalamt vom Ordinariate betraut werden, wobei die Herren Dechante nach folgenden Normen zu verfahren haben werden: 1.Das Examen ist mit den Bittstellern und wenigstens zwei verläßlichen und unparteiischen Gemeindemännern, denen die nähern Verhältnisse derselben gut bekannt und welche mit denselben auch nicht blutsverwandt oder verschwägert sind, vorzunehmen. 2. Sowohl die Bittsteller als die Zeugen sind vor dem Beginne der Untersuchung zu beeidigen. Sie sind zu ermahnen und zu belehren, schon aus Rücksicht des geleisteten Eides ihre Aussagen mit Gewissenhaftigkeit zu machen, aber auch in so ferne, als von der Wahrheit ihrer Aussagen die Giltigkeit der etwa zu ertheilenden Dispens abhängt. Die Eidesleistung geschieht, indem jeder Theil nachstehende Eidesformel nachzusprechen hat. Eidesformel für die Ehedispenswerber. Ich N. N. schwöre zu Gott dem Allwissenden, Höchstheiligen und Gerechten, daß ich in der nun vorzunehmenden Untersuchung über mein Ehedispensgesuch nach meinem besten Wissen und Gewissen die reine Wahrheit aussagen werde. So wahr mir Gott helfe. Amen. Eidesformel für die Zeugen. Ich N. N. schwöre zu Gott dem Allwissenden, Höchstheiligen und Gerechten, daß ich in der nun vorzunehmeuden Untersuchung über das Ehedispensgesuch des N. und der N. nach meinem besten Wissen und Gewissen die reine Wahrheit aussagen werde. So wahr mir Gott helfe. Amen. Die geschehene Beeidigung ist im Protokolle anzumerken. 3. Jeder Brauttheil und jeder Zeuge ist hierauf einzeln und abgesondert zu Protokoll zu vernehmen. 4. Den Ehedispenswerbern ist schließlich ausdrücklich zu erklären, daß sie sich wegen Vornahme dieses Jnformativ-Examens noch keine Hoffnung auf wirkliche Erlangung der erbetenen Dispens machen und auch keine Vorbereitungen zur Hochzeit treffen dürfen. Nach Umständen ist denselben nachdrücklich an das Herz zu legen, in der Zwischenzeit nicht beisammen zu wohnen, und jeden sündhaften Umgang zu meiden. 5. Das Erhebungs-Protokoll ist mit dem Gutachten des Dechants anher vorzulegen. 6. Damit kein zur Beurtheilung der Sachlage zu wissen nothwendiger Umstand übergangen werde, so werden jene Fragen, welche in gewöhnlichen Fällen sowohl an die Ehedispenswerber als an die Zeugen zu stellen sind, angeführt. i. Fragen an den Bräutigam. 1. Name und Stand des Bräutigams. Ob Bräutigam katholisch und fest entschlossen sei, im katholischen Glauben zu leben und zu sterben. 2. Aus welchen besonderen Gründen er die Eingehung dieser Ehe wünsche? 3. Wenn der Bräutigam Witwer ist: Ob und wie Diele Kinder aus früherer Ehe vorhanden und in welchem Alter sie seien? 4. Ob zwischen ihm und der Braut Feine unerlaubte Verbindung stattgefunden hat imd sie dadurch vielleicht in üblen Ruf gekommen seien? Ob sie nicht beisammen wohnen? Sollte eine Copula stattgefnnden haben, so ist weiter zu fragen: Ist diese bekannt? Ist sie vielleicht nicht in der Absicht geschehen, um dadurch die Dispens leichter erlangen zu können? Ist die Braut in Folge des sündhaften Umganges vielleicht schwanger? oder sind vielleicht schon Kinder vorhanden? wie viel? und in welchem Alter? 5. In einem zu vermuthenden impedimentum ex adulterio ist zu fragen: Hat der Bräu« tigam' nicht schon bei Lebzeiten seiner Gattin mit der jetzigen Braut, oder die Braut bei Lebzeiten ihres Ehegatten mit dem jetzigen Bräutigam einen vertrauten Umgang gehabt? — Verneint er die Frage, so ist weiter nicht mehr zu fragen; bejaht er sie aber, so wäre weiter zu fragen: Ob sich nicht der Bräutigam noch bei Lebzeiten seiner Gattin mit der gegenwärtigen Braut, oder umgekehrt die Braut noch bei Lebzeiten ihres Mannes mit dem gegenwärtigen Bräutigam fleischlich versündiget habe. Wäre dies der Fall, so ist weiter zu fragen: Ob der Ehebruch gerichtlich erwiesen sei? — Dann ob sie nicht vielleicht schon bei Lebzeiten des Gatten einander die Ehe versprochen, und ob sie dies Versprechen wechselseitig gemacht und angenommen haben? Anmerkung. Das Hindernih des Ehebruches tritt auch dann ein, wenn auch nur Ein Theil, um sich mit dem ändern verehelichen zu können, dem Gatten, dessen Rechte er durch den Ehebruch verletzt, mit Erfolg nach dem Leben gestrebt hat. Ob bei eingestandenem Ehebrüche die Untersuchung auch in dieser Beziehung fortgesetzt werden soll, hängt von ganz besonderen Umständen ab, und es ist dann mit größter Klugheit vorzugehen, mit nicht zu einem Meineide Anlaß zu geben. Es versteht sich übrigens von selbst, daß diese unter Nr. 4 und 5 aufgeführten Fragen auf eine zarte, das Ehr- und Schamgefühl nicht verletzende Weise und bei einem zu vermuthendeu impedimentum ex adulterio nur daun gestellt werden sollen, wenn einer oder beide Brauttheile verwitwet sind. 6. Wie sind die Vermögensverhültnisse des Bräutigams beschaffen? — Hier sind dessen Erwerb und Besitz und die allfällig darauf haftenden Schulden und Lasten zu erörtern. — Ob er durch diese Ehe gewinne? Und wenn die Dispens vom heil. Stuhle eingeholt werden muß : ob er die Taxen zu zahlen im Stande sein werde ? II. Fragen an die Braut. 1.—6. mutatis mutandis wie oben bei dem Bräutigam. 7. Ob die Braut noch keinen anderen Antrag zu einer anständigen Verehelichung gehabt oder noch zu hoffen habe? 8. Ob sie nicht durch irgend einen Umstand zu dieser Heirat gezwungen werde? III. Fragen an jeden einzelnen Zeugen. 1. Name und Stand, ob nicht mit einem der Bittsteller verwandt oder verschwägert? 2. Ob den Zeugen das Hindernis; zwischen den Bittstellern bekannt sei? 3. Ob und welche Gründe für die Eingehung dieser Ehe sprechen? 4. Ob die Gemeinde an dieser Verehelichung kein Aergerniß nehmen werbe? 5. Ob die Braut nicht andere Anträge zur Verehelichung gehabt oder zu hoffen hätte? 6. In welchem Rufe die Bittsteller stehen? 7. Wie die Vermögensverhältnisse der Bittsteller beschaffen seien? Welcher Theil durch diese Verehelichung mehr gewinne? Und wenn die Dispens vom heil. Stuhle erbeten werden muß: Ob sie die Taxen zahlen können? Es bleibt übrigens dem untersuchenden Dechante unbenommen, sowohl an die Dispenswerber als die Zeugen nach Verhältnis; der Umstände außer den oben bezeichnten Fragen auch noch andere zu stellen. In außergewöhnlichen Füllen werden die Fragepunkte besonders mitgetheilt werden. A it h a n g. Um die Ehedispenswerber bei Ausnahme des Examen informativum von der Höhe der etwa entfallenden Taxen in Kenntnis; sehen zu können, so folgt nachstehend die Tabella tax arum pro Dioecesibus Austriacae Ditionis ultra montes positis: S cut. Ass. Ex 1. gradu cum Causa honesta ....... 123 90 Ex 1. gradu cum Causa infamante, et paupertate .... 56 — Ex 1. gradu cum Causa honesta et paupertate, solvendo expensas exercitiorum .......... 30 75 Ex 1. gradu cum Causa infamante juncta paupertati, solvendo expensas exercitiorum .......... 23 25 Ex 1. gradu cum Causa vel honesta, vel infamante, juncta paupertati et miseriae, solvendo expensas ex officio ..... 1 50 Ex 1. ac 2. gradibus cum Causa honesta 101 30 Ex 1. ac 2. gradibus cum Causa infamante et paupertate 23 30 Ex 1. ac 2. gradibus cum Causa honesta et paupertate, solvendo expensas exercitiorum ........ 14 05 Ex 1. ac 2. gradibus cum Causa infamante et paupertate, solvendo expensas exercitiorum . ... 3 80 Ex 1. ac 2. gradibus cum Causa vel honesta, vel infamante, paupertate et miseria, solvendo expensas ex officio 1 50 Ex 2. gradu cum Causa honesta 73 20 Ex 2. gradu cum Causa infamante et paupertate .... 16 30 Ex 2. gradu cum Causa honesta et paupertate, solvendo expensas exercitiorum 13 75 Ex 2. gradu cum Causa infamante et paupertate, solvendo expensas exercitiorum 3 50 Ex 2. gradu cum Causa vel honesta, vel infamante, paupertate, et miseria solvendo expensas ex officio ..... 1 50 Ex 2. ac 3. gradibus cum Causa honesta ..... 3 05 Ex 2. ac 3. gradibus cum Causa infamante et paupertate . . 3 05 Ex cultus disparitale.......................................................... . 3 80 Hiebei sind die Kosten für die Agentie in Rom und für Postporto nicht enthalten. Der römische Scudo beträgt ohne Agio 2 fl. 20 kr. oft. W„ und 1 Scudo 100 Asses. Es liegt im Interesse des bischöflichen Amtes so bald als möglich zn erfahren, welche außerordentliche Ereignisse, Unglücksfälle und Elementarschäden im Umfange der Diözese Vorkommen, um darnach die etwa nothwendigen Verfügungen, wie solche in der Pflicht des Oberhirtenamtes liegen, ohne Verzug veranlassen zu können. Daher werden die Herrn Seelsorger hiemit beauftragt, alle dergleichen Vorgänge, als z. V. Feuersbrünste, große lieber-schwemmnngen, Mordthaten, Selbstmorde n. d. g. ohne Verzug entweder durch das betreffende F. V. Dckanalamt, oder unmittelbar dem Ordinariate amtlich zur Kenntlich zn bringen. In einem solchen Berichte ist möglichst genau anzugeben die Veranlassung des Ereignisses, die Größe des Verbrechens oder des Schadens, die Stimmung des Volkes, dann was das Pfarramt darüber in geistlicher Beziehung entweder schon verfügt, oder noch zu verfügen gedenke, als Sammlungen für Verunglückte, oder öffentliche Andachtsübnngen zur Sühne offenkundiger Verbrechen und gegebener Aergernisse. Je mehr sich dergleichen Unglückssälle unter uns vervielfältigen, desto wachsamer und um so eifriger lasset uns sein, bei dem uns anvertrauten Volke von dem etwa vorkom-menden Gräueltaten Abscheu zu erregen, aber auch den moralischen so wie den phisischen Schaden nach unfern Kräften wieder gut zu machen, vor Allem aber Gott für die Beleidigungen im Vereine mit der gläubigen Gemeinde genug zn thun. F. B. Lavanter Ordinariat zu Marburg am 16. August 1861. Jlnfon Marlin, Fürst-Bischof. Druck von ©. Janschih in Marburg. ■ - 'i«., .u a.rtfir- -:i /* - > ' , . * -