Der ßerlige Vater Pius X. hat der Redaktion, den Bbonnenfen und Wohltätern den Hpoifoiischen Segen erteilt. Für Wohltäter werden wöchenflidi zwei heilige Meilen geleien. Mit Empfehlung der hochwürdigften Oberhirten von Brixen, Brünn, Sraz, iieitmeritz, tiinz, Olmütj, Marburg, Crlenf, Uriels und Wien, Best 5. ?Dai 1927. XXX. Jahrgang. IsatholjscheWswnsLeitölW Berausgegeben vom üliKionshaus Sraz, Paulusforgalie 10. Preis ganzjährig: Österreich 2 S. Deutschland 2 Soldmark, Italien 8 hire, Cichechoilowakel 10 ČK, Sugoiiawien 24 Dinar, Ungarn 24.000 u. K, Schweiz 2 Franken, Amerika 2 Soldmark. Cm Arbeitstag in „Ndaria-^rost". Aus.einem Briefe des hochw. P. Dr. Matthias Raffeiner, F. 8. C. B§ .. Nun wollt Ihr von mir natürlich auch was wissen; denn neugierig sind bekanntlich die Steirer ja alle. Kann Euch aber wirklich nichts Neues berichten. Höchstens, daß der Waldbestand auf der Hirndecke noch Viel schütterer geworden ist und die Pndelkrause um das Kinn fast weiß, das holde Antlitz rotgebrannt und die Hände ganz zerschunden, Rock und Hose abgenützt, Wäsch' und Socken fast entschwunden! Das ist mein Lazarusbild! Meine Beschäftigung von früher hat sich nur insoweit verändert, daß ich früher der lästige Verwalter war und jetzt der geplagte bin. Vielleicht ist ein Blick auf einen Tag so eines Missionsfarmlebens für Euch nicht ganz uninteressant. Um VzB Uhr erheben wir uns oder steigen vom Lager, je nachdem es der Boden oder die Bettstatt ist; Lager, das im Winter als Ruhestätte, im Sommer aber trotz aller Vorsichtsund Gegenmaßregeln als Folterbank dient wegen der zahllosen springenden und beißenden Punkte, die auf höheren Auftrag auch vom ausgemergelten Missionär die Blutsteuer erheben. Ein lieber Mitbruder, der ansonsten kein Nimrod ist, hat einmal in seinem persönlichen Revier eine Treibjagd unternommen und nicht weniger als 275 Stück solchen Rotwildes zur Strecke gebracht. Jedenfalls ein Rekord. Im Garten, auf den Wegen, auf freiem Felde, überall hängen sich diese Blutsauger an unsere Fersen, und wenn's etwas nützte, konnte man versucht sein, unter dem lästigen Gekrabbel aus der Haut zu fahren; aber was soll man mit so einer zerbissenen Haut auch anfangen! Und so bleibt nichts übrig als in Geduld Miniaturarbeit zu leisten oder unter kleinen Plagegeistern große Geduld zu üben; und das ist wahrlich nicht die geringste Nacht- und Tagesleistung. Die ersten zwei Morgenstunden gehören dann dem Gebete und der heiligen Messe: die kostbarste Zeit, in welcher der Missionär so manches und so vieles für sich und andere, zumal für die armen Neger mit dem lieben Heiland int Tabernakel zu besprechen, zu verhandeln und von ihm zu erbetteln hat. Wenn dabei unsere Gedanken gelegentlich auch übers weite Meer schweifen, heim zu lieben Personen und Missionsfreunden, wird's wohl eine verzeihliche Zerstreuung sein! Um 7 Uhr wird durch Anschlagen einer an einem Baume hängenden Pflugschar für- die zur Arbeit gedingten Neger das erste Zeichen gegeben; es ist das Zeichen zum Frühstück, das von einem aus ihnen bereitet wird und aus weißem Maisgrießbrei und etwas Zucker besteht. Zu dieser Beschäftigung kommen sie so ziemlich pünktlich angerückt, die schwarzen Helden; denn, wer zu spät kommt, muß mit leerem Magen ins Manöver, d. h. an die Arbeit; eine scheinbar harte, aber notwendige Maßregel, denn sieht man in diesem Punkte nach, dann gibt man das Heft aus der Hand und das Spiel ist schon im voraus verloren; die Beweisgründe liegen eben beim Neger wie auch bei vielen Weißen im Magen. Gibt man nach, dann kommen diese Eingebornen wie die Arbeiter im Evangelium, der eine um die dritte, der andere um die sechste oder neunte oder am liebsten erst um die zwölfte Stunde. Wir aber haben weder die Langmut noch die Mittel, sie trotzdem gleich zu belohnen. Wer morgens mit einem Kater oder gar mit einem Affen angerückt kommt, wird unter Mitgabe einer entsprechenden Standesunterweisung wieder nach Hause geschickt; ein Vorkommnis, das sich zur Zeit der Kaffernkornernte und bei Hochzeitsfeierlichkeiten häufiger ereignet; denn, wenn sich Gelegenheit bietet, säuft der Ein-geborne das Negerbier wie ein leeres Faß. Wasser hingegen trinkt er auffallend wenig, selbst bei der größten Hitze, das scheint ihm zu naß zu sein. Übrigens trinken bekanntlich die Steirer auch lieber Most als Brunnenwasser, wenigstens bei weinen ehemaligen Mähern habe ich das beobachten können. An Appetit fehlt es dem Neger im allgemeinen nicht. Wer diese Kerls so außenhin betrachtet, dem möchte es zwar scheinen, sie hätten zum großen Teil kaum einen Hühnermagen; man sieht wenigstens unter den Ein- gebornen keine mit Händen, Füßen und Vernunft begabte Fässer herumwackeln, wie solche so zahlreich in zivilisierten Weltgegenden wenn auch nicht lustwandeln, so doch schwitzen und keu-chen. Aber trotzdem lassen die Koffern ganz ansehnliche Hügel und Berge des genannten Breies in ihr innerstes Heiligtum verschwinden; ja bei Gelegenheit speichern sie ihn noch anderswo auf, wenn's hinunter halt nicht mehr geht. Anfangs, als wir noch mehr an ihre Verdauungskunst und Einfalt, als an ihre Schlauheit glaubten, klagten diese Spitzbuben oft, die Portionen seien so schmal bemessen, daß sie damit die Hitze und Plage eines halben Tages unmöglich ertragen könnten. Gut, es wurden ihnen einigemal Zulagen gewährt. Aber schließlich wurde einem Bruder dieser Heißhunger denn doch verdächtig; er stellte eine genauere, unverhoffte Untersuchung an; und siehe da, die vorlauten Jeremias- oder Chamssöhne entpuppten sich als geriebene Hamster: in Ranzen, Blechbüchsen, ja selbst in ihren Rocktaschen fand sich das Mus Habakuks, das sie dann abends ihren jungen, schreienden Propheten nach Hause brachten. Diese Entdeckung setzte manch komische Grimasse ab und manches ,haw geheuchelten Erstaunens. Die Zulagen hörten auf und merkwürdigerweise die Klagen auch! Um 1/iS Uhr ertönt von der alten Trauerweide, au der die Pflugschar hängt, das Zeichen zur Arbeit, das wohl des öfteren durch persönliche Aufmunterung in Scherz oder Ernst unterstützt werden muß, da so mancher in bezug auf dieses Zeichen ungemein, ja unglaublich schwerhörig ist. Je nach der Jahreszeit und dem Wetter gibt es mancherlei Abwechslung in der Arbeit- Ob unsere Koffern nun zum Kanalisieren, Wegmachen, Planieren, Mauern, Dachdeckeu, Stein-brechen, Pflügen, Hacken, Jäten, Maisbrocken oder -schälen verwendet werden, immer muß vom Missionspersonal jemand die Aufsicht führen und mit Hand anlegen, sonst geschieht entweder nichts oder nicht recht. Sie arbeiten eben nicht aus Arbeitslust oder Pflichtgefühl; nur den Lohn im Auge behaltend, zeigen sie absolut kein Interesse für das Wohl und den Nutzen des Arbeitgebers; liegt z. B. ein Stein am Wege, so kommt ein Neger mit dem Wagen wohl selten an ihm vorbei; steht ein Baum am Rande, er wird gewiß an- oder umgefahren; ist irgendwo ein Loch, es zieht ihn magnetisch an. Ausnahmen sind weiße Raben. Man möchte fast glauben, sie hätten die löbliche Absicht, uns in der Geduld zu üben; auf alle Fälle bedient sich ihrer der liebe Gott zu diesem Zwecke, und Geduld ist ja die erste unter den notwendigen mancherlei Schwierigkeiten und Hindernissen verbunden. Oft leisten sie passive Resistenz, mitunter geht eine Bestie sogar zum Angriff über. Bei so einer Kraftübung verlor voriges Jahr ein Missionsbruder eine Rippe. Wäre er kein wackerer Schwabe, würde wohl sein ganzer Brustkorb in Brüche gegangen sein. ,Er tät nur spöttisch um sich blicken' und für 14 Tag' ins Bett sich legen; und meinte, wenn er ein Paar schweinerne Ripplein bekäme, würde die seinige bald ausheilen, was auch geschehen ist. Nur vor den Ochsen hat er mehr Respekt be- Schule in Boomplatz (Außenschnle von „Maria-Trost"). (Phot. v. P. Beruh. Zoru, F. ti. C.) Eigenschaften eines Missionärs; der da vor allem geschmückt sein soll mit einem Eselsrücken, mit einem Saumagen und mit Kamelsknien. Das scheinen sogar unsere Zugochsen zu ahnen und bemühen sich redlich, das Ihrige dazu beizutragen, damit wir nicht aus der Übung kommen. So ein südafrikanischer Zweihufer mit seinen riesigen Hörnern befindet sich nämlich das ganze Jahr auf der Weide, kennt und liebt die Freiheit; seine Ausbildung in der Jugend war auch sehr mangelhaft, wenn er überhaupt eine genossen hat; er ist also nicht immer so willig, wie es wenigstens die Genossensührer von ihrem Zugvieh voraussetzen. So ist das Bespannen eines Wagens — freilich kommen dabei gewöhnlich 12 bis 18 Ochsen in Betracht — mit kommen, wenn auch nicht einen so großen wie die Freidenker vor ihren zweibeinigen Führern. Um V212 Uhr wird das Mittagszeichen gegeben, das kein Tauber überhört. Beim ersten Anschlag läßt man alles liegen, stehen, fallen, um so schnell als möglich aus dem Arbeitsbereich hinaus und zur Absütterungsstelle zu kommen; ein musterhafter Ordensnovize könnte nicht pünktlicher sein. Das Mahl ist ortsüblich und höchst einfach: Maisbrei mit Bohnen, welch letztere einmal in der Woche durch Fleisch ersetzt werden. So sitzen sie in Gruppen beisammen und freuen sich für kurze Zeit ihres Daseins. Als Teller dient vielen irgend ein Stück altes Blech, als Beförderungsmittel die Adamsgabel, was den Vorteil hat, daß man das Eßbesteck nicht verwechselt noch verlegt und kein kostbares Porzellan zerbricht. So schützt Genügsamkeit vor Ärger und Schaden. Das Verteilen der Rationen geschieht durch den schwarzen Küchenmeister: auch eine heikle und verantwortliche Arbeit, wenn man bedenkt, daß mitunter mehr als 30 verschiedene Mäuler zu stopfen und ebeusoviele erwartungsvolle Mägen zu befriedigen sind. Eventuelle Klagen über Benachteiligung werden allerdings mehr mit schlagfertiger Zunge als mit ausgleichendem Kochlöffel abgefertigt. Er kennt ja seine Pappenheimer. Bis 1 Uhr ist Arbeitspause, während welcher die einen der Ruhe pflegen, andere hinwiederum die Tagesvorkommnisse oder auch unsere Personen, Arbeitsmethode, unsere Religion als Unterhaltuugsstoff benützen. Da gibt es manch kurzes ,hm' der Zustimmung, manch lautes ,haw des Staunens oder einen leisen Pfiff der Mißbilligung. Immerhin bietet so eine Sprechergruppe in der Erholungsstunde ein schönes, möchte sagen, würdiges Bild: sie sprechen ruhig und langsam und unterbrechen einander nicht. Ganz anders hingegen verhält es sich zur Arbeitszeit; dann möchte man meinen, unter Wälschen zu sein. Um 1 Uhr geht es wieder an die Arbeit bis 5 Uhr. Jause ist bei den Negern ein unbekanntes Wesen. Machten wir nicht jeden und fast täglich für das ihm übergebene Werkzeug verantwortlich, so würden sie bei Arbeitsschluß entweder alles an Ort und Stelle liegen lassen oder teilweise gar mit den Arbeitsgeräten in allen Windrichtungen nach Hause laufen; denn Abendessen bekoinmen nur jene, die fix angestellt sind und bei uns wohnen. Der Lohn wird für gewöhnlich nach einem Arbeitsmonat ausgezahlt; sie sind es so gewohnt und kommen deshalb mit ihrer mangelhaften Rechenkunst leichter aus. Er schwankt zwischen 50 bis 120 österreichischen Schilling je nach den Umständen. Wir zahlen eben nicht die Arbeitszeit sondern die Arbeitsleistung, und die ist sehr verschieden, wie ja bei den Taglöhnern, Dienstboten, Beamten und Abgeordneten in Europa auch; mancher verdiente eher Prügel als Lohn; leider haben die Lohnprügel die Rechtsgültigkeit, wenn auch nicht den inneren Wert, verloren. Eine interessante, gedulderheischende Figur 1 zum Bilde stellt der Hirtenbub. Er sollte standesgemäß Leiter und Begleiter der Esel und Rinder auf der Weide sein. Aber nur zu oft findet man das liebe Vieh ohne Hirtenbüblein irgendwo auf einem Kartoffelacker oder Maisfeld; der Hirt jedoch ohne Vieh ist schwer zu finden: entweder träumt er irgendwo in einem Winkel am hellen Tage von den Sternen oder er unterhält sich in einem Kraale mit seinesgleichen am kindlichen Spiele. Sehr oft verfertigen sie aus Lehm herrliche Bureukarrikaturen. Erwischt man sie auf pflichtvergessener Untat, so lassen sie sich ruhig verklopfen — aber helfen tut es gewöhnlich nicht viel. Die Neigung zum Müßiggang ist das Wiegengeschenk dieser schwarzen Kinder Afrikas. Einen Sack voll Geduld hat auch der Bruder Gärtner jeden Tag auf sein Arbeitsfeld mitzunehmen; denn für diese Pflanze scheint der afrikanische Boden geeignet zu sein wie kein anderer. Es sind nicht Löwen und Leoparden, mit denen er zu kämpfen hat, sondern vielerlei Arten von Blattwanzen, Käfern, Raupen, Maden und derlei Gelichters, die Tag und Nacht ihr Zerstörungswerk verrichten; je kleiner desto zahlreicher und schlimmer; dazu gesellen sich die gefräßigen Schermäuse, nach Obst und Gemüse lüsterne Vogelscharen, Hasen und selbst Gazellen. Als Gehilfen dienen ihm nur einzelne ansehnliche Frösche, Chamäleons, Igel, Schlangen, welch letztere wegen des Giftzahnes aber nur ungern gesehen werden; freilich hat er auch einen langen Negerburschen zur Seite, doch dieser hat fast jede Woche ein oder zwei Tage an Blausucht zu leiden, angeblich weil er das Negerbier nicht recht vertragen kann. Wenn der Bruder Gärtner trotzdem aus einer Wildnis ein kleines Paradies geschaffen Hatz so ist das ein Beweis, daß die Geduld reichlich Früchte trägt; und wenn ich als Glosse die Bemerkung anfüge, daß er die oben erwähnte Flohjagd veranstaltete, dann ist der Beweis sicher auf feste Grundlage gestellt. Ich habe heute wirklich keine Zeit mehr, Euch in die Missionsmühle zu führen, wo sich der Müllermeister erst durch Ochsen und Esel, Weiber und Kinder, Säcken und Säcklein seinen Weg bahnen muß zur Türe; denn oft warten schon 30 und mehr Parteien in aller Frühe, um ja zuerst dran zu kommen. Und was es heißt, unter um den Vorrang streitenden Zulu-und Sessutoweibern ohne Sprachkenntnis Ordnung zu schaffen, das können sich nur von Frauenrechtlerinnen umlagerte Staatsmänner vorstellen. In der Werkstätte, vorläufig Tischlerei und Schreinerei, da darf ich Euch für diesmal schon gar nicht hineinführen; denn einmal ist dort noch vieles drunter und drüber, da 6er Bau erst mit Hochdruck fertig geworden ist, und dann wäre es unklug, während der Arbeitszeit den Meister zu stören, sonst könnte er und wir Feuer sangen und das ist in einer Tischlerei doppelt gefährlich; wäre auch nicht zu wundern, denn während er mit der Einrichtung der Werkstätte beschäftigt ist, wird er mit Wünschen, Bitten, Aufträgen von allen Seiten bestürmt: der eine hat keinen Stuhl, ein anderer besitzt nur einen halben oder zwei Drittel davon; dieser hat keinen Tisch auf seiner Bude und jener besitzt überhaupt kein Möbel in seinem Zimmer, ausgenommen den Fall, daß er selber drinnen ist; Kapelle, Kirche, Schule wünschen Bänke; nun sind auch die langersehnten drei Missionsschwestern vom „Kostbaren Blute" eingetroffen, und diese sollen auch halbwegs ein- gerichtet sein. Wir nennen sie einfach dieKostbaren', einmal, weil sie schon antiquarischen Wert besitzen, und dann, weil sie der Mission wirklich kostbare Dienste leisten. Nebenbei ist der Gärtner auch Krankenwärter für das Missionspersonal und Heilkünstler für die Neger, die den ganzen Tag seine Hexenmeisterbude umlagern. Über die Rezepte darf ich natürlich nichts offenbaren; sind Amtsgeheimnisse. In dunkles Geheimnis gehüllt bleibe auch die Schmiede und Wagnerei, wo die zwei Okonomiebrüder mit großer Unternehmungslust wahre Wunder wirken: sehr oft aus nichts etwas und mitunter auch aus etwas nichts machen. Kurzum, für Müßiggang bleibt wenig Zeit übrig, desto mehr aber steht zur Praxis die Geduld zur Verfügung. Wenn daher die Brüder abends um 9 Uhr — oft wird's viel später, weil sie noch an Zulubrock'n herumkauen — ihr Lager aufsuchen, dann bedürfen sie weder eines Schlaspulvers noch eines Wiegenliedes, um bald in süße Träume zu versinken. Lassen wir sie ruhen, und ich meine, es ist genug für heute. Der Brief ist ziemlich lang geworden; vielleicht schreibe ich Euch übers Jahr, wenn ich wieder einmal Zahnweh habe, etwas über die Arbeit der Priester. Wenn ich zu lang geworden sein sollte, müßt Ihr halt Nachsicht walten lassen. Neulich hat nämlich eine alte Zahnwurz'n angefangen aufzuspielen und ein wurmstichiger Beißzahn schlug den Takt dazu; ich bin aber kein Freund von Tanzmusik, zumal im höchsteigenen Haus, und so habe ich zur Zerstreuung dies Brieflein geschrieben. Nun habe ich beide reißen lassen, und so könnt ihr hoffen, daß der nächste übers Jahr weniger bissig ausfallen wird. Unterdessen behüt Euch Gott, Ihr lieben Leutchen, und betet ein Ave für den Schreiber." Das siebente Gebot und feine Auslegung bei den eingeborenen in Südafrika. Von Hochw. P. Bernhard Zorn, F. S. C. Das siebente Gebot heißt bekanntlich „Du sollst nicht stehlen". Stehlen ist freilich niemandem und nie erlaubt; das gilt auch bei den Küstern, wenn sie auch nicht wissen, daß es so im siebenten Gebote lautet. So glauben und geben sie zu, gestohlen zu haben, wenn gelungen und je größer der Profit ist, den sie eingebracht hat. Nur Dumme und Ungeschickte lassen sich erwischen wie der Hahn im Kuhstalle. Col. Kirkpatrick erzählt, daß er einem zerlumpten Hirtenknaben begegnete, der eine sie jemandem etwas heimlich entwendet haben, woraus sie unter gar keinem Titel ein Anrecht hatten. Trifft das nicht voll und ganz zu, so ist das kein Unrecht, ist auch nicht gestohlen, sondern nur „genommen". Eine solche Tat bereuen sie nur, wenn sie so dumm waren und sich ertappen ließen. Ein gelungener Streich wird als Heldentat betrachtet; um so mehr, je gewagter die Tat, je besser sie Herde Schafe vor sich hintrieb, die Tausende von englischen Pfund wert war; gewiß eine mühevolle Arbeit, da er sie nicht nur zu treiben, sondern auch zu hüten hatte, damit keines davonlaufe oder zurückbleibe, und keines etwa in nahe liegende Saatfelder sich verirre, um sich einige bessere Bissen zu schnappen, wofür der arme Bube sicher eine Strafe bekommen hätte. Und was für eine Belohnung erhielt er für feine Mühen? Obgenannter Augenzeuge behauptet, daß er in einer schmutzigen Blechbüchse eine Handvoll trockenen Mais als Mittagmahl mit sich trug. Seine Kost war gewiß täglich dieselbe. Außer dieser erhielt er nichts, nicht einmal gar einfache Kleider. Wahrscheinlich wohnte seine Familie auf der Farm des Eigentümers der Schafe und mußte selbst auch noch dienen für die Gunst, einen Platz zu haben, wo sie ihr Leben fristen konnte. Nun besteht eine Tatsache, die jedem bekannt ist, der auch nur eine kurze Zeit unter Eingeborenen geweilt hat: sie lieben das Fleisch leidenschaftlich, und das um so mehr, je seltener sie eines bekommen. Oft und oft habe ich das im Sudan beobachtet. Nichts ist schwieriger, als unter Eingeborenen Fleisch auszuteilen. Niemand ist zufrieden; niemand hat genug; immer gibt es Streitigkeiten und blutige Köpfe. Wenn es nun dem Vater unseres zerlumpten, armen, hungrigen Hirten gelänge, auf irgendeine Weise ein Schaf für sich in Sicherheit und bis zum hungrigen Magen zu bringen, so würde es keinem einzigen Eingeborenen in den Sinn kommen, ihn irgendeiner Sünde zu zeihen! Vor etwa hundert Jahren ging es in Schottland geradeso: Da gab es viele, zahlreiche Schafherden. Reiche Besitzer. Aber das Volk war arm. Immer wieder verschwanden Schafe. — Man strafte -— die Schuldigen — wies sie aus — machte verschiedene neue Gesetze — nichts half. Erst als man die Leute besser bezahlte, milder behandelte, reichlicher fütterte, auch hie und da Fleisch kosten ließ, hörte das Übel auf. Wo war die Schuld? Wurde gegen das siebente oder gegen ein anderes Gebot gesündigt? Nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene »nehmen" Früchte, wenn es ihnen möglich ist. Aber nicht nur Früchte, sondern auch Maiskolben, Kartoffeln, Kürbisse und überhaupt von allem, was eßbar ist. Ist das nun wirklich gestohlen? Unsere braven „Stern-Leser" werden ja leicht entscheiden können. Da ich jedoch in meinem Artikel nicht von unseren Lesern ein Urteil hören, sondern die Ansicht der Zulukaffern wiedergeben will, lassen wir diese zu Wort kommen. Sie entscheiden: „Hast du Hunger gehabt, als du so etwas nahmst — und hast du zuerst schön um Erlaubnis gebeten, sie aber nicht erhalten, und hast du dich nicht erwischen lassen, so hast du als guter Zulu nichts auf dem Gewissen. Hast du dich jedoch blöde ertappen lassen, so bist du kein wahrer ,Kaful