Skizzen aus einem Tagebnche. Ausgezeichnet an Bord der k. k. CsrsMe C«rsii»F während der Reise nach Brasilien, den La Plata - Staaten und den portugiesischen Besitzungen an der Westküste Afrika s, l857 — l858, Ais Manuskript gedruckt. Gedruckt bei Josef Blasnik in Laibach. — 1859. Meiner huchuerehrteu Schmegmmitter KMWW MWMLV V. 3WL, in kindlicher Ehrfurcht gewidmet Einleitung. Jahre 1856 faßten Seine kaiserliche Hoheit der Erz- i Herzog Ferdinand Mmmitian^ Ober-Commandant der öster¬ reichischen Kriegs-Marine den Entschluß, eine Fregatte zu einer Erd-Umseglungsreise ausrüsten zu lassen. Dieser Gedanke fand bald seine Verwirklichung, und die Fregatte Novara wurde für diese Mission auserkoren. Das Marine-Ober-Kommando forderte Männer der Kunst und Wissenschaft zur Theilnahme an dem Unternehmen aus, mn dasselbe durch die Resultate der in fernen Zonen ange¬ stellten Forschungen in jeder Hinsicht nutzbringend zu gestalten; — die Leitung der Expedition wurde dem Linienschiffs-Capitän Bernhard von Wüllerstorf übertragen. Dem Scharfblicke des kaiserlichen Prinzen, der an der Spitze der österreichischen Flotte steht, war es indeß nicht ent¬ gangen, daß das Gedeihen unser jungen Marine durch die möglichste Entfaltung der kaiserlichen Flagge an Gestaden mit¬ bedingt sei, an denen dieselbe selten oder niemals erblickt worden war. Es wurde demnach nebst der Fregatte Novara auch 1* 4 s— die Korvette Caroline zu einer überseeischen Expedition aus¬ gerüstet; sie sollte die weltumsegelnde Fregatte bis zu den Küsten Brasiliens begleiten und deren vorzüglichsten Häfen anlaufen, dann den La Plata-Strom hinaufsegeln, Buenos-Ayres und Montevideo berühren, und sofort den Ozean bis zu dem Cap der guten Hoffnung durchmessen, von da aber die portugiesischen Besitzungen in Nie der-Guinea be¬ suchend, den Rückweg der Westküste Afrika's entlang nehmen. Den Hauptzweck der Reise beider Kriegsschiffe bildeten For¬ schungen über die Geografie jener Meere, sowie Sammlungen nützlicher Erfahrungen auf diesem Gebiete — wobei haupt¬ sächlich auf die Messung der Tiefen Rücksicht genommen werden sollte — sodann die Beobachtung meteorologischer Phänomene in diesen entlegenen Breiten; endlich das Studium der Völker an den Küsten beider Welttheile mit deren eigenthümlichen Sitten und Gebräuchen. — Eine genaue Kenntnißnahme der in jenen Gegenden herrschenden endemischen Krankheiten lag mit in den Zwecken der Unternehmung, welche überdieß die Anbahnung von direkten Handelsverbindungen zwischen den gewerbtreibenden Provinzen des österreichischen Kaiserstaates und einigen Plätzen jener reichen tropischen, theilweise noch im Natur¬ zustände befindlichen Gegenden erleichtern sollte, — Verbin¬ dungen, die nach Maßgabe ihres muthmaßlichen Erfolges durch förmliche Traktate geschützt, dem Kaiserstaate eine neue Quelle zur Förderung des Handels und der Schifffahrt eröffnen könnten. Seine kaiserliche Hoheit ließen demnach eine Aufforderung an die Wiener Handels- und Gewerbekammer ergehen, die Gele¬ genheit der Reise der Korvette Caroline zu benützen, um den Zustand und die Fortschritte der österreichischen Industrie in den oberwähnten Gegenden bekannt werden zu lassen; eine Anzahl Waarenmuster mannigfacher Art wurde beigeschafft, und Herr Ferdinand Fabel zum kommerziellen Agenten der Mission erkoren — mit der nöthigen Weisung versehen und —H g S-— durch umfassende Empfehlungsschreiben unterstützt, nach Triest zur Einschiffung aus die Corvette entsendet. Das Kommando derselben wurde dem Corvetten-Capitän Ignaz Kohen anvertraut; der Schiffs stab bestand aus dem ersten Lieutenant, Schiffs-Lieutenant Gustav Nauta, dann dem Fregatten-Lieutenant Heinrich Freiherrn von Wald- ftätten, den Schiffs-Fähnrichen: Victor Graf Wimpsfen, Josef Stipperger, Eduard Pitn er und dem Fregatten- FähnricheJosefGreaves, dann dem Verwalter Anton von Herrmann, und den beiden Schiffsärzten Di-. Heinrich Wawra, und Dr. Eduard Michel; endlich den Marine - Cade- ten: Eugen vonGaal, Erwin GrafDubsky, Alfred Freiherr von Miltitz, Rudolf Günner, Edmund Czelechowsky, Gustav Kemmel, Josef Schellander und Georg Puth. Mit Inbegriff dieses Stabes zählte der Bemannungsstand der Corvette an Matrosen, Marine-Artillerie, Infanterie und Handwerkern — 192 Köpfe. Am 16. April musterten Seine kaiserliche Hoheit der Marine-Ober-Kommandant in eigener Person die beiden, in der Bucht von Muggia nächst Triest geankerten Schiffe Novara und Caroline und unterzeichneten am selben Tage den Befehl zur Abfahrt, welcher am 30. desselben Monats erfolgte. I. Ausfahrt. 30. April 1857 um 8 Uhr Morgens hatten wir die Anker gelichtet §AKe-.E?^und der Dampfer Santa Lucia stand bereit, um die beiden Segelschiffe ?!AÄ-/die erste Strecke der Reise hindurch zu bugsiren, damit nicht allzuviel Zeit im adriatischen Golfe auf nutzlose Weise versäumt werde. Als die Flaggen, für geraume Zeit zum letzten Male Angesichts des heimathlichen Gestades, gehißt waren, gab die Santa Lucia ihre Taue der Fregatte, schleppte dieselben vor die Rhede und hielt die Maschine inne. Die Novara sandte der Stadt Triest 21 Kanonenschüsse als Abschiedsgruß zu, die vom Kastelte beantwortet wurden, während gleichzeitig eine leichte Landbrise unser Schiff aus der Bucht nach der Stelle geleitete, wo wir die vom Eingänge der Rhede rückkehrenden Schiffe erwarteten, um sodann der Fregatte Novara ein Bugfirtau nach einer der Achterpforten zu reichen. Sobald dies kurze Manöver vollendet war, setzte sich der Dampfer in Bewegung und wir steuerten Pi rano zu. Was ließe sich über eine Reise im adriatischen Golfe — im Schlepp eines Dampfers zurückgelegt — Neues und Bemerkenswertstes erwähnen? Die leichten Brisen des Monates Mai, der Anblick der Küsten Istriens und Dalmatiens, die Lage und Bo^enbeschaffenheit der kahlen Inseln der Adria fallen nicht dem Bereiche unserer Darstellung anheim. An diesen bekannten Küsten vorbeieilend überschritten wir nach dreitägiger Fahrt die Grenze des heimathlichen Meeres und befanden uns ungefähr 30 See¬ meilen im Nord-Westen der Insel Corfu, als die Santa Lucia die Schlepptaue loslies und zur Ergänzung ihres Kohlenvorraths nach jenem Hafen abging, nachdem ihr durch den Kommodore der Eingang des Faro von Messina als Vereinigungs¬ punkt der kleinen Eskadre angewiesen worden war. --ß 8 s— Die anderen beiden Schiffe segelten indessen in geringer und stets gleichmäßiger Entfernung von einander gegen das Vorgebirge Santa Maria di Leuca und an demselben vorbei der calabrischen Küste zu. So lange die Brise leicht ging, war nur ein geringer Unterschied im Gange beider Schiffe bemerkbar und der Vortheil eher auf der Seite der Caroline,— als jedoch der Wind am Eingänge des Meerbusens von Tarent an Stärke zuge¬ nommen, konnte die Corvette mit allen Segeln der Fregatte nicht mehr das Gleich¬ gewicht halten, so daß diese ihr Tnch verringern mußte, um ihre Gefährtin nicht binnen wenigen Augenblicken aus dem Gestchte zu verlieren. Der ungewöhnlich große Vorrath an Reservcmaterial und Lebensmitteln, namentlich aber das größere Quantum Brod, welch' letzteres am entferntesten vom Schwerpunkte des Schiffes, nahe beim Steuer verstaut ist, und die hiedurch veränderte Ahmung der Corvette mögen wohl hauptsächlich auf die geringere Schnelligkeit des sonst vorzüglichen Seglers Einfluß genommen haben. Doch nur der Fregatte Novara gegenüber hat dies Geständnis seine Geltung, während hingegen keines von all den anderen, mitunter schönen Schiffen die uns begegneten, der Caroline den Luv abgenommen, oder sie zu übcrsegeln vermochte. Mit Ausnahme eines steifen Windes aus Nord-West, den uns Tarent im Vorbeifahren zusandte, blieb unsere Brise Süd-Ost. Mit Hülfe derselben segelten wir der hohen, felsigen Küste Calabriens entlang und erblickten zunächst Cap Colonne, dann Cap Stils und endlich Spartivento — die Südspitze des italienischen Festlandes. Da der Kommodore die Absicht hegte, den erwarteten Dampfer bei der Fahrt durch die Meerenge von Messina zu benutzen, kreuzten wir vor deren Einfahrt und Angesichts des schneebedeckten Etna, bis nach Verlauf von zwei Tage» die Santa Lucia eintras, und uns der mittlerweile cingctretene» Windstille zum Trotze, zum Eingänge des Faro brachte. Ward uns auch der Anblick desselben nicht zum ersten Male zu Theil, so entzückte uns doch das prachtvolle Schauspiel nicht minder, das sich in erneuter Herrlichkeit unseren Augen darbot. Rechts das malerische Reggio, umgeben von den Vorhügeln des calabrischen Gebirges — links tiefliegend Messina, im Schatten der Ausläufer des Etna, hinter denen die untergehende Sonne noch ihren letzten Abendglanz auf Reggio'S Terrassen warf: es war ein unbeschreiblich ichöner Anblick. Des Abends erreichten wir die Höhe des LenchtthurmeS von Milazzo, und befanden uns am folgenden Morgen, den 8. Mai, nächst der Gruppe der Aeolischen Inseln. Nur bis auf wenige Meilen jenseits der Eilande geleitete nnS der Dampfer und ließ in Sicht von Volcano die Taue schlüpfen. Es war fast Windstille, — der Commodore signalisirte beiden Commandanten den Befehl, sich auf der Fregatte einznfinden, nm einander zum letzten Male zu begrüßen. Nach Austausch einiger herzlicher Worte, die Corvetten-Capitän von Littrow in poetische Rede gekleidet, kehrten die Commandanten wieder auf ihre Schiffe zurück; — die Santa Lucia bemannte ihre Raaen und salutirte mit einem dreimaligen --H 9 Hurrah, das wir von den Wandten erwiederten. Der Dampfer drehte den Bug heimwärts und steuerte den Faro zu, während wir, der flauen Brise überlassen, den Curs in entgegengesetzter Richtung nahmen. Die See war ruhig und der Wind zog ebenfalls kaum merkbar aus Westen, indeß frischte er gegen Abend etwas auf; günstiger als Süd wurde er jedoch nicht und gestattete uns bei fortwährenden Laviren vom 8. bis zum 12. nicht mehr Raum zu gewinnen, als die kurze Strecke welche Sizilien von der Insel Sardinien trennt. Erst als das Cap Carbonara bereits in Sicht gekommen war, nahm die Brise bedeutend an Stärke zu, so daß die Fregatte sich von uns zu entfernen begann; .für den Fall einer unwillkürlichen Trennung im Laufe der Nacht bezeichnete der Commodore durch Signal Gibraltar als Vereinigungspunkt beider Schiffe. Am folgenden Morgen hatten wir die Novara auch wirklich ans den Augen verloren; zwar vermochten wir durch einen günstigen Schlag auf entgegengesetzten Halsen, der durch Raumen des Windes zu unserem Vortheile ausfiel, die leitende Fregatte auf Augenblicke wieder einzuholen; allein gegen Abend war sie unserem Gesichtskreise wieder gänzlich entschwunden. Wir nahmen den Curs nach der Küste Spaniens , als deren erster Punkt sich am 18. das schöne Cap de Gata unseren Blicken zeigte. Nahe an hundert Schiffe aller Flaggen drängten sich hier um das gemein¬ same Ziel — die einzige Ausfahrt nach dem Ozean zu erreichen; meist waren cs Kauffahrer und nur einige wenige Dampfer, welche ebendie ostindische Post nach Eng¬ land brachten. Der Wind ließ nach und stillte zeitweise gänzlich; bis zum 20. konnten wir nur wenig gewinnen, —wir erblickten die Küsten der beiden gegenüber¬ liegenden Erdtheile und endlich am 21. Morgens die Felsengallerien Gibraltars. Wir hatten uns der Europaspitze mit gutem Winde bis zur Entfernung von 20 Meilen genähert, als plötzlich die Brise nach Westen umsprang, und uns gegen Luft und Strom zu Laviren nöthigte. Die ganze Nacht hindurch kreuzten wir zwischen den beiden Leuchtfeuern von Ceuta und Gibraltar, und hatten bei Tagesanbruch letzteren Punkt und somit die äußerste Spitze schon erreicht, so daß es nur eines kleinen Ganges bedurfte, nm auf den anderen Halsen nach dem Ankerplätze zu gelangen. Da schreckte plötzlich die Brise und würde uns auf das Felsennfer getrieben haben, wenn wir nicht gleich durch Stagen das freie gesucht hätten. Dieser Augenblick entschied für den ganzen Tag, denn am Abende befanden wir uns nach fortwährendem Laviren dennoch nicht weiter als am vorhergehenden; — der Commandant einschloß sich daher für die Nacht östlich des Felsens, dem Dorfe La Caleta gegenüber in einer Bucht zu ankern, die den, nach den spanischen Linien führenden neutralen Grund bespült. Auf den Seekarten ist zwar an dieser Stelle kein Ankerplatz bezeichnet, doch fanden wir in 22 Faden guten, sandigen Grund. Mehrere Kauffahrer, die unser Schicksal thellten, haben das Beispiel befolgt. Da man während des verfloßenen Tages beobachtet hatte, daß die Lugger und Fischerbarken, welche sich nahe am Lande hielten in der Lhat beträchtlich ge¬ wannen, so versuchten wir dies am folgenden Tage auch, entfernten uns nicht über eine Seemeile von dem Felsen und erreichten in kurzer Zeit, unbehelligt von dec 2 IO mächtigen Strömung nach «»stündiger Fahrt am 23. Mai Morgens 9 Uhr die Rhede von Gibraltar, auf der wir in 13 Faden Wasser Anker warfen. Nur zwei Kauffahrern, die unserem Kurse gefolgt waren, lächelte das Glück in ähnlicher Weise — die übrigen kamen erst drei oder vier Tage später ans Ziel. Die in der Mitte der Meerenge fortwährend thätige Strömung zieht vom Ozean nach dem Mittelmcere und wird durch länger anhaltende Westwinde in ihrer Stärke beeinflußt. Sie trägt bei 100 Meilen weit ostwärts und wendet sich dann gegen die Nordküste von Afrika, auf diese fast senkrecht zufließend, so daß Schiffe welche von hier oder aus dem Mittelmeere überhaupt kommen, sich möglichst gegen Norden halten müßen, um nicht durch die Macht des Wassers im Osten von Ceuta auf den Legerwall getrieben zu werden. Fahrzeuge, die sich auf ihrer Reise der Küste Spaniens nähern, werden hingegen den Widerstand des Stromes daselbst kaum be- achtenswerth finden, was sowohl für die unmittelbare Nähe Gibraltars, als auch hinsichtlich der ganzen Strecke bis dahin gelten kann. Auf der Rhede befand sich bereits die Novara, welche die Enge erreicht hatte ehe sich der Westwind erhoben, und deßhalb mehrere Tage früher als die Caroline angelangt war. Wir ankerten der Esplanade gegenüber unweit der Flagstaff-Bastion, wo sich ein Landungsplatz für die Boote der Kriegsschiffe befindet. Auf den folgenden Tag, den 24. Mai fiel das Geburtsfest Ihrer Majestät der Königin Victoria, welches aber des unfreundlichen Wetters wegen spurlos vorüberging; die Feier wurde auf den 26. verlegt. Zur Theilnahme geziemend ein¬ geladen, hißten wir um 8 Uhr Morgens mit dem Flaggenschuße die großeFlaggen- galla und die britische Estandarte im Großtopp. Für 11 Uhr war eine Parade angesagt, zu der die ganze Garnison auf dem neutralen Grunde, unterhalb der großen Sauet GeorgSgallcrie ausrückte. Sechs Regimenter bildeten die Garnison von Gibraltar — jedes 1000 Mann stark, drei irländisch-, und eines aus schottischen Hochländern bestehend. Am schönsten nahm sich letzteres aus, wozu wohl namentlich die stattliche Nationaltracht beitragen mochte; die Farbe des Clans, dem es angehört ist grün und gelb, und die schöne, aus Straußfedern angefertigte Mütze bringt einen allerdings seltsamen aber dennoch vortheilhaften Eindruck hervor. Dieselbe ist nach Art unserer einstigen Grenadiermützen sehr groß, und mag ihres kostbaren Materials wegen dem Staate bedeutende Auslagen verursachen. Das 31. Infanterie-Regiment war eben aus Constantinopel angelangt, und rückte, da es in der Krimm sämmtliche Czako's verloren, in Mützen aus, was recht lebhaft an die kriegerische» Tage seiner jüngsten Vergangenheit erinnerte. Die Suite des Gouverneurs war nicht sehr zahlreich — in derselben befand sich jedoch der Gouverneur von Algesiras, der mit einigen spanischen Offizieren herüber ge¬ kommen war, um der Feier des Tages beizuwohnen. Der Gouverneur, der Gene¬ nalsrang bekleidet und im Jahre 1849 an der Occupatio» in Mittel-Italien Antheil 11 S-- genommen, trug auf seiner reichgestickten Uniform das Großkrenz des toskanischen Josefs-Ordens. Die Truppe war in einer Fronte zu zwei Gliedern, und ohne allen Intervallen so ausgestellt, daß die verschiedenen Regimenter knapp aneinander stießen und gleich¬ sam eine ununterbrochene Linie bildeten. Schlag Mittag erdrönte eine Kanonade aus allen Geschützen der Felsengallerien durch die fast unsichtbaren, in den Stein gesprengten Schußpforten; — der Kanonendonner selbst, so wie sein vom Gestein wiederhallendes Echo tönten mächtig durch die Lüfte — der scheinbar geradezu aus dem Felsen hervorbrechende Qualm des Pulvers bot ein höchst eigenthümliches Bild dar, welches allen Beschauern gewiß unvergeßlich bleiben wird. Der Kanonendonner eröffnete die militärische Feier des Tages, worauf sämmt- liche Mufikbanden in die Klänge der britischen Volkshymne einstimmten. Nach den Geschützsalven gab die Truppe ein dreimaliges Lauffeuer, das im ersten Gliede am rechten Flügel begann, die Frontlinie durchlief, und sodann am linken Flügel vom zweiten Gliede abgenommen wurde, um wieder am rechten Flügel zu enden. Die Truppe schien auf dieses Paradestück gut eingeübt zu sein. Es begann hierauf das Defiliren zuerst im Parademarsch, dann noch einmal in geschlossenen Colonen im Manövrirschritte, jedoch stets mit angezogenem Gewehre. Voran kam die Artillerie zu Fuß, die Geschütze an Seilen nachziehend. Die englische Artillerie-Mannschaft besteht aus schönen, in jeder Hinsicht ausgesuchten Leuten. Die Musikbanden mar- schirten keineswegs an der Töte ihrer Truppenkörper, sondern waren während des Defilirens neben einander aufgestellt und schlugen jedesmal ein, wenn ihr eigenes Corps herannahte. Abends fand ein Ball beim Gouverneur Generallieutenant Sir James Fergusson Statt. Die Stäbe der beiden österreichischen Kriegsschiffe waren hiezu in aller Form eingeladen worden. Wir wurden sämmtlich durch Commodore Wül- lerstors dem Gouverneur vorgestellt, der — ein überaus leutseliger Mann von etwa 60 Jahren, in Gibraltar allgemein verehrt wird. Der männliche Theil der Gesellschaft, mit Ausnahme der Konsular-Vertreter gehörte fast ausschließlich dem Militärstande an. Wir können nicht umhin, der besonderen Zuvorkommenheit rüh¬ mend zu erwähnen, mit welcher uns von Seite der englischen Offiziere bei diesem Aulaffe wie auch bei jeder späteren Gelegenheit begegnet wurde. Wenige Tage nach unserer Ankunft zeigten sich die Blattern unter der Be¬ mannung der Corvette, jedoch nur in ziemlich leichtem Grade. Zuerst wurden drei Matrosen von diesem Nebel befallen, dann wuchs die Zahl rasch auf zehn, so daß der Kommandant sich veranlaßt fand, die ganze Mannschaft neuerdings impfen zn lassen. Der Commodore hatte seine Abreise bereits auf den 30. Mai festgesetzt und wies unseren Commandanten an, nach eigenem Ermessen bis zur gänzlichen Besiegung der Seuche oder wenigstens bis zur entsprechenden Verminderung des Krankenstandes, vor Anker zu bleiben. Glücklicherweise erlag kein Glied der Schiffsmannschaft dem verheerenden liebel. Doch erlitt die Bemannung der Corvette während des ferneren Aufenthaltes S* --S 12 s— in Gibraltar einen nicht unempfindlichen Verlust in dem ersten Zimmermanne Anton Pizzo, einem geschickten und braven Arbeiter, der in Folge eines am Lande gethancn schweren Falles in einem fast besinnungslosen Zustande an Bord gebracht, am 30. Mai in demselben Augenblicke den Geist aufgab, in welchem die Fregatte Novara in See ging, und von unserm Schiffe aus mit einem fünfmaligen Hurrah von den Raaen begrüßt, in gleicher Weise von den Wandten den Seemannsgrnß erwiederte. Das Jneinandertönen der lebendigen Hnrrahrufe mit den Klängen des Schiffglöckleins welches uns des Wackern Zimmermanns Ableben verkündigte, brachte auf alle Be¬ wohner des Schiffes einen überaus trüben Eindruck hervor. Der Verstorbene war unrettbar gewesen; dennoch gereicht die sorgsame und musterhafte Pflege, welche ihm während seines schmerzvollen Leidens zu Theil ward, den beiden Schiffsärzten, vr. Wawra und vr. Michel zur besonder!! Ehre. Ein Offizier wurde beauftragt, sich hinsichtlich der Bestattung mit den Militär¬ behörden und der katholischen Pfarre in's Einvernehmen zu setzen. Der militärische Theil wurde mit dem Generaladjutanten des Gouverneurs, Oberstlieutenant Lacy verhandelt, dessen Bereitwilligkeit rühmende Erwähnung verdient. Er half einige Schwierigkeiten beseitigen, welche die Pfarre anfänglich wegen Bestattung auf dem evangelischen Friedhöfe erhoben, und es wurde für den folgenden Tag ein Priester zur Beerdigung bestellt. — Am 31. Mai wurde der Leichenkondukt zusammengesetzt und in die Boote vertheilt, — das Langboot an's Fallrepp angelegt und der Sarg mit dem Leichname Pizzo's darin cingeschifft. Die Glocken stimmten abermals die düstere Trauermelodie an, und in diesem Augenblicke stieß der Zug von Bord ab. Die Flaggen auf dem Schiffe und in allen Booten wurden auf halben Topp gestrichen was von dem englischen Wachschiffe und einer eben anwesenden türkischen Fregatte nachgeahmt wurde. Das Langboot, durch die Seitenboote geschleppt, ging der Stadtmauer entlang, dem neutralen Grunde zu. Der Kondukt, aus einem Zuge Marine-Infanterie und einem Zuge Matrosen bestehend, stellten sich auf und nahm, von unserer Mufik- bande geleitet, den Sarg in die Mitte. Der Commandant mit seinem Stabe folgte der Bahre unmittelbar nach ; ein englischer Seeoffizier, der die Hafenbehörde vertrat und dessen Boot den Zug während der ganzen Fahrt begleitet hatte, schritt in unserer Mitte. Der Friedhof liegt nicht weit von dem Molo, an dem wir gelandet, und gerade unter der St. Georgs-Gallerie; er ist wohlgehalten und geräumig, und enthält manch schönes Grabmähl. Nach erfolgter Beerdigung, die mit drei Gewehr¬ salven schloß, ward nach Standesbrauch mit klingendem Spiele nach den Booten abmarschirt. Unsere kleine Truppe schien durch die Präzision ihrer Bewegungen den an¬ wesenden Sachverständigen gefallen zu haben --S 13 H. Madeira. Nur wenige Tage verweilten wir noch auf der Rhede von Gibraltar, um das Eintreten günstiger Brisen zu erwarten; die an Bord herrschende Krankheit hatte bereits nachgelassen und stellte der Abreise kein Hinderniß mehr entgegen. Am 3. Juni Morgens hatte sich der Zustand der Atmosphäre merklich verändert; die Umrisse der afrikanischen Gebirge traten klarer hervor als in den letzt verflossenen Tagen, was hier als Kennzeichen des beginnenden Ostwindes gilt. Mit Hülfe der noch auf der Rhede wehenden Nordbrise erreichten wir die Meerenge, in welcher der Ostwind schon an Kraft gewonnen hatte. In unserem, nnnmehr west¬ lichen Eurse hielten wir uns näher an der spanischen Küste, um nicht durch die in der Mitte der Meerenge stets herrschende starke Strömung den Lauf des Schiffes zu beeinträchtigen. Um 10 Uhr waren wir dwars von Tarifa und eine halbe Stunde später hatte die Korvette die Säulen des Herkules übersegelt. Schon gegen Abend konnte man den hohen Affenberg und Cap Spartet au der afrikanischen — das denkwürdige Vorgebirge von Trafalgar — an der spanischen Küste kaum mehr ausnchmen, denn die Brise wehte frisch und hielt die kommenden drei Tage hindurch ziemlich gleichmäßig an. Wir steuerten West zu Süd, und obwohl der Wind später nach Norden geschralt war, konnte man doch fortwährend denselben Curs behalten, so daß wir nm Mitternacht des 7. Juni die Insel Porto Santo vor uns halten. Der Commandant wünschte jedoch erst bei Tagesanbruch Madeira zu erreichen und ließ daher einige Segel einziehen, ohne indeß bei der eben sehr steifen Brise, welche der Corvette ungeachtet ihrer geringen Segelsührung dennoch eine Fahrt von S Knoten stündlich aufdrang, die Schnelligkeit derselben sonderlich »erringen zu können. Um daher die wenigen Meilen, welche uns noch von Madeira trennten, nicht in zu kurzer Frist zurückzulegen, erhielt der wachhabende Offizier den Befehl, über Stag zn wenden und einen Gang von 2 Stunden auf Backbords¬ halse u zu segeln. Indeß kam uns die rasche Fahrt von Gibraltar nach Madeira anderer¬ seits recht willkommen, denn nur so konnten wir hoffen, die Novara noch auf der Rhede von Funchal zu erreichen, woselbst wir sie erst seit Kurzem angelängt vermutheten. Doch wie erstaunten wir, als der Wachoffizier gegen 2 Uhr Morgens melden ließ, daß eine Fregatte in Sicht sei, und er in ihr die Novara zu erkennen glaube. Der Commandant kam selbst in dem Augenblicke auf Deck, in welchem die Fregatte ein Bengalfeuer, das wir abgebrannt, beantwortet hatte, und hierauf die Schiffsnummer mit der unfern wechselte. Es konnte nnnmehr kein Zweifel obwalten, — der Commandant ließ sofort wenden, und im Kielwasser der Novara steuern. 14 Die Verspätung ihrer Reise blieb uns indeß unerklärlich, da sie, der bessere Segler, drei Tage vor der Caroline die Rhede von Gibraltar verlassen hatte. Wir erfuhren späterhin, daß sie am Tage ihrer Abreise in der Meerenge selbst durch flaue Brisen und die stärkere Strömung aufgehalten, in Lee der Europa¬ spitze getragen wurde, von wo sie erst nach uns anssegeln konnte. Gegen Morgen erblickten wir die Insel Madeira, konnten uns ihr aber nur langsam nähern, denn der früher so frische Wind hatte bedeutend nachgelassen und erst um 10 Uhr Vor¬ mittags ankerten wir gleichzeitig auf der Rhede von Funchal. Die Fregatte hatte sich etwas entfernter vom Lande gelegt, wir wählten aber einen Ankerplatz zwischen ihr und der Stadt. Der gebesserte Gesundheitszustand aus unserem Schiffe gestattete mit der Novara wieder in Verbindung zu treten, was der Commodore in den letzten Tage» des Aufenthaltes in Gibraltar vorsichtshalber untersagt hatte. Der Commandant begab sich sodann nach eingeholter Erlaubniß an Bord der Fregatte, wo er ihre jüngsten Erlebnisse erfuhr, und über seine eigene Reise Bericht erstattete. Auf der Rhede lag die amerikanische Korvette Dale, welche den Com- modore-Stander mit 13 Kanonenschüssen begrüßte. Nach den üblichen Salutschüssen erhielt der Commodore den Besuch des k. k. Konsuls Herrn Bianchi, der uns mit vieler Gastfreundschaft entgegen kam, uns sein Haus öffnete, und für den Fall eines längern Aufenthaltes alle Landhäuser, die er in verschiedenen Theilen der Insel besaß, zur Verfügung stellte. Tagsdarauf machten der Commodore und unser Commandant ihre Aufwar¬ tung beim Gouverneur der Insel, Herrn Ferreira Paßos, der den Rang eines Brigadegenerals bekleidet und zu Funchal residirt. Wir begannen sodann einige Ausflüge in Gesellschaft des Konsuls und eines Ingenieurs, dessen gründliche Kenntniß der geologischen Verhältnisse Madeira's und seiner Vegetation uns vielfach zu Statten kam. Madeira hat bekanntlich das trefflichste Klima der Erde, und verdankt seine milde Luft, die manchem an Genesung bereits Verzweifelnden das Leben wieder gab, nebst dem geografischen Breitegrade, unter dem es gelegen ist, zunächst der eigenthümlichen Bodenbeschaffenheit, welche sowohl dem Pflanzenwuchse der gemäßigten Zone, als auch dem Gedeihen aller Früchte der Tropen gleich günstig ist. In den die Stadt umgebenden Gärten kömmt die Kaffehstaude neben dem Pfirsich- und Birnbaume fort, — das Zuckerrohr wechselt auf den Feldern mit Wcitzen und Gerste, und auf den Blättern des Cactus nistet die Cochenille, die sich uicht minder den ausgcbreitcten Zweigen des Nußbaumes oder der Eiche schattet. — Eine seltsame Vereinigung von Produkten der verschiedensten Zonen, welcher die Natur auf Madeira einen gememsamen Vereinigungspunkt angewiesen zu haben scheint. Die Bevölkerung der Insel beträgt nahe an 160.000 Seelen. Bis zum Jahre 1855 hatte daselbst, trotz der Nähe der fieberhaften Küste West-Afrikas noch 13 Za¬ lile eine verheerende Seuche gewüthet, als in jenem Jahre die Cholera unvermuthet ausbrach und mit solcher Heftigkeit um sich griff, daß sich in Kürze das Bedürsniß nach einem neuen Friedhöfe fühlbar machte, — Zahlreiche Kreuze und Leichensteine, alle aus einer und derselben Epoche stammend, erinnern an den kurzen aber trüben Zeitraum, in welchem Madeira zum ersten Male dem schrecklichen, in Europa leider bereits so heimischen asiatischen Gaste sein vollzähliges Contingent ablieferte. So lieblich auch der Aufenthalt auf der Insel, so unangenehm ist anderer¬ seits das Verweilen auf der Rhede von Fnnchal, die allen West- und Südwinden offen steht; im Winter erheben sich letztere zuweilen mit großer Heftigkeit und nö- thigen die Schiffe in die See zu gehen. Im Allgemeinen ist die Rhede übrigens fast immer bewegt und lange, gegen das Ufer rollende Wogen machen das Landen mit Booten unbequem und oft selbst gefährlich. Die nakten schwarzen Felsen, welche das westliche Gestade der Bai eüirahmen, bestehen größtentheils aus Basalt; einer derselben, der mächtige, von allen Seiten von Wasser umgeben, vereinzelt stehende Loo Rock hat eine nahezu zilindrische Form; auf seiner ziemlich glatten Oberfläche stehen einige, durch die Gestaltung des Felsenrandes beinahe gänzlich verdeckte, den großen Theil der Rhede beherrschende Geschütze. Von der Rhede erblickt man die Inselgruppe Desertas, deren Name sicher von dem kahlen Gesteine herrührt, aus dem sie besteht. Schiffen, die mit nordöstlichem Winde von Osten ansegeln, wäre anzurathen, zwischen diesen Felsen und Madeira selbst, statt nördlich von Porto Santo, zu paffiren. Nachdem wir alle Merkwürdigkeiten der Stadt und Insel in Augenschein genommen, namentlich aber die prachtvolle Vegetation im Innern des Landes be¬ wundert und herrliche Fernsichten daselbst genossen hatten, lichteten beide Schiffe- am l7. Juni die Anker, um die Reise in südlicher Richtung forzusetzen. —-s 16 S-- m. Uebersahrt nach Brasilien, Pernambuco, Jahia. Die Caroline segelte im Kielwasser der Novara stets vier Kabellängen von der Fregatte entfernt. Leichte, südliche Brisen nöthigten nns zu laviren, und wehten zehn Tage hindurch aus verschiedenen Strichen des 2. und 3. Quadranten. Der Himmel war niemals ganz heiter, des Nachts sogar ost drohend ohne jedoch mehr als zeitweise einige Regenschauer zu senden; der Seegang blieb aus der Rich¬ tung des Windes fühlbar, und die Lust bot, mit Ausnahme seltsamer, bald über den Horizont anfsteigender, bald verschwindender Wolkenbilder, keine bemerkenswer- then Erscheinungen. Der nächtliche Regen und die glühenden Sonnenstrahlen des Tages bewirkten keine besondere Veränderung im Barometerstände, — die mittlere Höhe des Thermometers betrug im Laufe dieser zehn Tage 18° Ib. — Messungen der Wasscrtemperatur zeigten eine Wärme von 17 Graden, die von der Oberfläche bis zu einer Tiefe von 20 Fuß kaum um einen halben Grad wechselten. Obgleich Manry in seinem trefflichen Werke über die neuesten Erforschun¬ gen des atlantischen Ozeans den Beginn des Passates in den Monaten Mai, Juni und Juli im 30. Breitenparallele und zuweilen nördlicher annimmt, so begegneten wir doch erst am 26., Grade der nordöstlichen Windrichtung. Bis dahin reichte diesmal die Calmenregion unseres Wendekreises; leichte Wölkchen, mit welchen der Himmel wie übersäet schien, und schwache unbeständige Brisen kennzeichneten die Grenze desselben. Nach einer durch einen ganzen Tag andauernden Windstille verdunkelte sich endlich die Atmosphäre, schwere, gewitterähnliche Wolken umzogen den Himmel, und ein Sturm stand zu gewärtigen. Doch blieb es bei einer flauen Kühlte aus Norden, aus welcher sich endlich der ersehnte Nordostpassat entwickelte und sogleich mit solcher frische einstellte, daß er auf die Schnelligkeit unserer Fahrt den günstig¬ sten Einfluß nahm. Schaaren fliegender Fische begleiteten das Schiff, unzählige Delphine und Palamiden, die sich oft zu beträchtlicher Höhe aus dem Wasser em- porschwangen, gaben Zeügniß von unserem Eintritte in das Gebiet des nie enden¬ den Windes. Erwägt man die vielfachen Umstände, welche nach bekannten Naturgesetzen auf die Ausdehnung dieser dauernden Luftströmung einwirkcn, so wird es leicht be¬ greiflich, wie schwer sich die Lage und Ausdehnung ihrer Grenzen nach Tagen und Stunden bestimmen lasse. Während wir uns in der Windstille befanden, hatte die Novara ein Boot ausgesetzt, um die Tiefe des Ozeans zu messen; man fand aber auf 4500 Faden keinen Grund und verlor dabei den größten Theil der ausgeworfenen Lothleine. --S 17 S-- Wir steuerten nach Süd-Westen bis wir den 30" w. von Greenwich er¬ reicht hatten, welche Länge Maury für gute Segler als die beste erachtet, um die Linie zu schneiden. Auf jener Länge angelangt, schlugen wir daher ganz südlichen Curs ein und erblickten am 30. Juni die Sonne zum ersten Male am nördlichen Horizont. Der Paffatwind hatte schon bedeutend abgenommen, stillte öfters und behielt im Ganzen eine östliche Richtung. Der Uebergang in den Doldrum oder die Aequatorial-Wind- stilleuregion war nur durch wenige Angenblicke von wirklicher Windstille bezeichnet; meist flaue, südliche Brisen, zeitweise Regenböen und schwere, dunkle Wolken umzogen den Himmel. Unser Verweilen im Gebiete der Stillen währte übrigens, Dank unserer ziemlich westlichen Länge, nicht mehr als zwei Tage, im Laufe deren die hier sehr bemerkbare Aequatorialströmung uns auch noch um ein gutes Stück westlicher trug. Am 8. Juli hatte die Brise für einige Stunden gänzlich gestillt und der Himmel war heiterer geworden. Der Commodore benützte dieses günstige Wetter um den Commandanten vor unserm gänzlichen Scheiden noch ein Mal zu sprechen und ihm die ans dessen fortan selbstständige Fahrt bezüglichen Befehle und Instruktionen zu übergeben. Die Windstille hatte uns über eine Seemeile auseinander gebracht; der Commodore rief durch Signal unseren Commandanten zu sich, der ein Boot aussetzeu ließ und sich an Bord der Fregatte begab. — Es war dicß unsere letzte Zusammenkunft, das letzte Wiedersehen, welches benützt wurde, nm beim Mittagstische noch all der Unseren in der Heimath mit Innigkeit zu gedenken. Der Paffatwind der südlichen Halbkugel jenseits der Calmengrenze wehte uns aus Süd-Süd-Ost weit frischer entgegen als der Nordostpaffat, den wir kürzlich verlassen hatten. Zn unserem größten Erstaunen trafen wir ihn bereits auf 7 ° nördlicher Breite; — also ungewöhnlich und unberechnet frühe. Wir mußten laviren nm nach Süden zu gelangen und nicht durch Wind und Strömung an die Küste getragen zu werden, gewannen dadurch verhältnißmäßig ziemlich viel und näherten uns schon am Abend des 14. Jnli dem Acquator so sehr, daß wir mit Sicherheit für den folgenden Morgen auf die Passirung der Linie rechnen konnten. Wir hatten die Caroline bisher stets in der angeordneten Entfernung von der Novara gehalten, und würden gerne die nach Seemannsgebrauch herkömmliche, den Meisten unter uns noch unbekannte Feier der Aeqnatorpaffage mit der Fregatte vereint gefeiert haben, als kurz nach der Abenddämmerung ein unerwarteter Vorfall uns von dem leitenden Schiffe trennte. Wir erblickten in der Richtung der Novara plötzlich ein intensives Lickt, welches durch die bereits eingetreteue Dunkelheit noch mehr erhellt wurde. Anfänglich ward es für ein Blickfeuer gehalten, das unser Commandant sogleich beantworten 3 18 ließ-, als jedoch der Schein des Lichtes zu lange währte, wuchs in ihm die Besorgniß, daß es das Feuer der sogenannten Lebensboje sein mochte, die man etwa einem Manne zur Rettung nachgeworfen hatte; er ließ allsogleich ein Boot streichen, um dabei behülflich zu sein, falls ein solches Unglück Statt gefunden, während das Schiff einstweilen backgebraßt blieb Das Licht brannte fort und nahm allmählig größere Dimension an, welcher, der Leuchte einer Lebensboje nicht eigene Umstand, unsere Neugierde aus das Aeußerste steigerte. Nach einer halben Stunde kehrte das ausgesandte Boot mit der Kunde zurück, ein einfaches brennendes Theersaß habe uns Alle in Aufregung «ersetzt. Wir erfuhren späterhin, daß dieses brennende Faß zur Vorfeier des Aequator- festeS den glänzenden Wagen Neptuns vorstellen sollten, der sich durch denselben für den folgenden Morgen hatte ansagen lassen. Die Novara hatte indeß keineswegs ihren Lauf gehemmt, sondern während der Verzögerung, die unsere Fahrt erlitten, einen bedeutenden Vorsprung gewonnen. Bei Tagesanbruch war fie nicht mehr in Sicht. Mit der frischen Brise, welche die Nacht hindurch angehalten, mußten jedoch auch wir am 15. Žuli K Uhr Morgens die Linie erreicht haben. Die Mannschaft hatte schon Alles vorbereitet, um den feierlichen Augenblick mit jenem altherkömmlichen scherzhaften Feste zn begehen, an dem der Matrose hängt, wie an Allem, was seinem Handwerke angehört und demselben eigen- thümlich ist. In dem Augenblicke, in welchem sich das Schiff auf der Scheidegrenze beider Hemisphären befinden mochte, ertönte eine Stimme vom Bugspriet, welche die Caroline anrief. Da der Klüverbaum durch das beigesetzte Focksegel versteckt war, mochte angenommen werden, daß der Ruf aus den Tiefen des Ozeans aufsteige, denn etwas guter Wille muß bei solchen Anlässen wohl immer das Seinige beitragen. Der ganze Stab war am Hinterdecke versammelt; unser Commandant antwortete von der Leecommandotreppe der Stimme aus der Tiefe und forschte nach ihrem Begehren. „vraeoiure » ovilo" lautete die kathegorische Antwort, und zwar in italie¬ nischer Sprache, denn der Hof Neptuns mag geraume Zeit nicht in der Adria gelagert und nicht gewußt haben, daß unsere Marine seit Kurzem deutsch geworden. Auf jenen Befehl wurde sogleich anscheinend backgebraßt, und ans den Flnthen stieg ein Abgesandter des Meeresgottes hervor, um die Ankunft seines Herrn und Gebieters zu verkünden; — eigentlich kam er vom Vorderkastelle unter dem Focksegel hervor. Der Gesandte, ein junger Venezianer, Matrose, flink und launig und stets ein gewandter, munterer Bursche, im braunen Frack, kurze Beinkleider, Schuhe und Strümpfe gekleidet, mit papierenen Vatermördern angethan und einem zerdrückten Hute bedeckt, meldete würdevoll und in blühender Rede den nahen Besuch des Königs der Meere, welcher an Bord zu steigen gedenke, um den ihm schuldigen --S 19 Tribut einzuziehen. Der Commandant sprach sein besonderes Vergnügen darüber aus, den Beherrscher des Reiches, in dem wir uns befanden, an Bord des Schiffes zu empfangen und persönlich kennen zu lernen. Der Bote verschwand und kehrte bald an der Spitze eines überaus bunten, maskenartigen Zuges zurück, der uns allen gewiß lange im Gedächtnisse bleiben wird. Gravitätisch schritt Neptuns Vorläufer einher, — nach ihm kam die erste Gruppe herangefahren, und ein Schlitten, aus einem Kanonenrapperte und einem Wasserfäßchen gefertigt, mit Flaggen behangen und von sechs Negern gezogen, hielt zu Füßen unseres Befehlhabers. Ein jeder von den Negern trug eine Schwimmhose und eine dicke Lage Steinkohlenruß am ganzen Körper, — auf dem Kopfe aber eine Wischerkappe der dreißigpfündigen Schiffskanonen. Im Wagen saß Neptun, durch einen Quartiermeister dargestellt, der aus Kauffahrern den Aequator bereits sechsmal Passirt hatte, und jetzt als rangsältestcr Liniengast den Meergott zn spielen berufen war. Sein Purpur bestand aus einem großen, weißen Wachmantel; eine bleierne Krone, in aller Eile dnrch den Waffen¬ schmied geschnitten, zierte sein Haupt, während ein mächtiger Bart aus weißem Werge seine Züge völlig verbarg. In der Hand führte er den Dreizack — eine echte Haifischharpune, — auf derselben gespießt, prangte ein großer Fisch aus Theer- leinwand, den er zum Angebinde darbrachte. Vor dem Commandanten angelangt, erhob sich Neptun, stieg ans dem Wagen und ließ seine Gemalin Amphitrite vorfahren, die in einem ähnlichen Fuhrwerke folgte und ihr Kindlein am Arme trug. Demüthig bat der Befehlshaber des Schiffes den Herrn der Meere um die Erlaubniß, die Segel wieder voll brassen zu dürfen, — was in Gnaden gewährt wurde. Mit allen Segeln bei und durch die frische Brise begünstiget, glitt die schmucke Caroline wieder über die Wellen dahin. Zur Amphitrite war der Bootsmannsmaat, seiner heitern Laune und seines unerschöpflichen BorratheS an Scherzen, keineswegs aber seiner Gestalt wegen, erwählt worden, denn er war der größte und stärkste Mann des ganzen Schiffsvolkes. Das Kindlein — der Kleinste der Schiffsjungen — war in eine Hängematte gewickelt, hielt ein Saugläppchen im Munde und mußte von Zeit zn Zeit laut schreien, wozu der junge Triton von Seiten seiner Mutter durch gelegentliches Kneipen bewogen wurde, um sodann durch Liebkosungen wieder beschwichtigt werden zu können. Gott und Göttin standen nun — vielleicht in etwas zu gerader, militärischer Haltung vor dem Commandanten; Ersterer begann seine Anrede mit: „Mio ti§I> neuen Biegung des Weges und mit jedem Grade der Steigung eröffnete sich eine immer schönere Aussicht durch die Eichenwaldungen, welche die Bergabhänge kleiden. An der Hälfte des Weges steht ein unbedeutendes Einkehrhaus nächst der Straße, wo die Pferde erfrischt wurden und der Darmstädter sich erwärmte; in der That mochte er das Bedürfniß hiezu fühlen, denn wir waren im Gebiete der deutschen Eolonie auch schon in den Bereich vaterländischen Clima's eingetreten: die beträcht¬ liche Höhe, auf der wir uns befanden, so wie die Nähe des Gebirges überhaupt, hatten die Glut der südlichen Temperatur schon merklich abgekühlt. Mit frischen Kräften setzten wir unsere Reise fort und gegen Abend erreichten wir das ersehnte Ziel. Schon bei den ersten Häusern von Petro polis begegneten wir einigen Knaben mit blauen Augen und blonden Haaren, den ersten, die wir seit dem Ab¬ schiede vom geliebten Vaterlande erblickten. Die deutschen Aufschriften der Wirthschaften erfreuten unser Auge, und deutsche Reinlichkeit und Ordnung lächelte uns aus allen Wohnungen entgegen. Länger als eine halbe Stunde währt die Fahrt durch den Ort, dessen einzelne Häuser nach ländlicher Weise von einander getrennt liegen, und durch Wiesengründc, Gärten und oft selbst durch Felder geschieden sind. Endlich gelangten wir am Eingänge eines reizenden Thales zur Hauptgruppe der Wohnsitze, welche nach städtischer An¬ lage in einer langen Straße aneinander gereiht sind, — unweit davon erblickt man zur Rechten den kaiserlichen Pallast. Wir fanden gute Unterkunft im Hotel Oriental, dessen Wirth, Said Ali genannt, ein Türke ist. Den noch übrigen Rest des kühlen, ja beinahe kalten Abends benützten wir zur Durchstreifung des ausgedehnten Ortes, dessen wohlgehaltene Wirthschaften und hübsche Anlagen, einen durchaus freundlichen Eindruck machen und die günstigsten Schlüße auf den Wohlstand der Ansiedlung gestatten. Die Gründung von Petropolis war schon ein Lieblingsgcdanke des ver¬ storbenen Kaisers Dom Pedro I., dessen Abdankung ihn an der Ausführung seines Planes verhinderte. — Sein Sohn, der jetzt regierende Kaiser Dom Pedro II. unternahm es, den Gedanken seines Vaters zu verwirklichen, indem er Deutsche aus den überfüllten Gauen des Vaterlandes herbeizog, und ihnen neue Wohnsitze an der Stätte der ehemaligen Dorfschaft Corrego secco einräumte. Die Einwan¬ derung war bald bewerkstelligt, und schon wenige Jahre später, zählt Petropolis im gegenwärtigen Augenblicke über 10.000 Bewohner. Die Eisenbahn verdankt ihr Entstehen den Bemühungen des um Brasilien vielfach verdienten Evangelista Irenes da Souza, der nach Vollendung der Schienenstrecke vom Kaiser zum Baron von Maonü erhoben wurde. Dreitausend Fuß über der Meeresfläche breitet sich nun Petropolis an den Usern des Pia bau ha und in den Längenthälern des gleichgenaunten Höhen¬ zuges ans, der von einem Knoten des Orgelgebirges ausgehend mehrere Zweige gegen Osten sendet. — Das Clima ist gesund, und die Landschaft soll niemals vom gelben Fieber heimgesncht worden sein — ja Kranke, welche rechtzeitig aus der Ebene heraufgebracht werden, sollen der Genesung mit Sicherheit entgegen sehen. --e 40 s-- Pe trop olis ist daher auch der beliebteste Sommeraufenthalt der Bewohner Rio's und die anmuthigsten Wohnungen zieren denn auch seine freundlichen Thäler. Eines der schönsten Landhäuser ist gegenwärtig jenes des obenerwähnten Barons vo» Maonä; wenn jedoch einst die jungen Anlagen, welche das kaiserliche Schloß umgeben, zur vollen Reife und Entwicklung gedeihen, wird dasselbe unstreitig unter allen Villen des Ortes die Palme verdienen. Die Straße von Rio nach Minas Geraes, der fruchtbarsten Provinz Brasiliens führt durchPetropolis, welches fast täglicheriestegeKaravanen mitKaffee, Zucker und zuweilen selbst mit Gold beladen, auf dem Durchzuge beherbergt. Sollte die Regierung den vielfach ausgesprochenen Wunsch eines Eisenbahnbaues über das Gebirge nach dem Innern des Reiches verwirklichen, so kann Petropolis allmälig zur zweiten Stadt des Reiches heranwachsen. Selbst von einem erhöhten Standpunkte aus wäre es kaum möglich, Petro¬ polis mit einem Blicke zu übersehen, da die einzelnen Wohnungen und Gehöfte in mehreren Thälern zerstreut liegen; — in allen ist jedoch deutsches Gepräge unver¬ kennbar und der günstige Eindruck wird durch die Phisiognomie der Einwohner erhöht, deren Ausdruck in so hohem Grade von dem gewohnten brasilianischen Wesen absticht. Die Sprache der Vorbeigehenden, der biedere, freundliche Gruß, der den Fremden allenthalben erfreut, ja die vaterländische Sitte des Willkomms allein würde hinreichen, den Geist heimwärts zu lenken, wenn ihn nicht die schlanke Palme, die schattige Banane und die ganze üppige Vegetation der Tropen bei jedem Schritte in die südliche Hemisphäre zurückriese. Für den folgenden Morgen hatten wir Pferde bestellt, um den Fall des Jtamarati, eine der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten der Umgebung zu besichtigen. Dank der Güte des Herrn Damke, des Friedensrichters von Petropolis, fanden wir an ihm selbst den besten und gefälligsten Führer. Eine Kavalkade von sechs Personen bildend, brachen wir des Morgens auf, und schlugen einen anmuthigen Weg durch die Thäler ein, welche unserer Wohnung zunächst lagen; dann wurde die Straße allmälig schmäler und die Gegend wilder, bis sie endlich vollends den Gebirgscharakter annahm. So betraten wir denn weihevoll das eigentliche Heiligthum des Urwaldes, und ein unbeschreibliches, nie gekanntes Gefühl erfurchtsvoller Bewunderung beschlich uns beim Eintritte in diesen Tempel der Natur. Man würde Unrecht thun, sich einen Urwald allenfalls aus lauter Stämmen bestehend zu denken, welche zehn Männer nicht umspannen können, den», obwohl der Baumwuchs hoch und mächtig ist, so liegt dennoch nicht darin allein der unvergleichliche Reiz eines Urwaldes in den Tropen. Die Wipfel der Bäume tragen keine gewaltigen Kronen, — jeder ringt vielmehr nach Freiheit, jeder strebt sich auSznbreiten auf Kosten seines Nach¬ bars , und da. sie bei diesem allgemeinen Drängen gegenseitig daran gehindert werden, so schießen sie sämmtlich in die Höhe, um dort Licht und Luft — die ersehnten Güter — zu finden. Zu diesen Riesen des Waldes gehören vorzüglich Laubholz- gattnngen, während die hübschen, zierlichen Kohlpalmen, welche gewöhnlich das —« 41 tz- verworrenste Dickicht suchen, blos bis zu den Zweigen ihrer größeren Nachbarn hinanreichen. Hie und da liegen schon abgestorbene oder altersschwache Gefährten zu Boden, die allmälig verwesen und wieder zur mütterlichen Erde werdend, neuen Humus bilden. — Ein dichtes Netz von Lianen umschlingt die Stämme des Urwaldes, Zweige und Neste von einem Baume zum andern umrankend, daß dem eigentlichen Stamme alle Nahrung entzogen und derselbe hie und da ganz und gar erstickt wird. Die von den äußersten Zweigen herabhängenden Schlinggewächse bieten einen unbe¬ schreiblich schönen Anblick dar — als ob sie die künstlerische Hand eines Meister¬ gärtners absichtlich hingewunden hätte. Außer diesen Lianen gibt es noch andere Feinde, welche an den Säften der Bäume zehren, ihnen aber andererseits auch wieder zur Zierde dienen. — Hiezu zählen vor Allem die Orchideen und andere Lnftpflanzen, von nahe an 150 ver¬ schiedenen Gattungen, die in den Blätterkronen wurzeln und mit Blüthen der schönsten Farben prangend aus dem dunkeln Laub hervorblicken. Zwischen den Wurzeln der Bäume sprießt die Vegetation eben so reich und üppig empor, das Unterholz, von den Schlingpflanzen, die sich lieber an ältere Stämme ranken, weniger im Wachsthum gehemmt, strebt muthig in die Höhe; riesenhafte Kräuter und Gräser, unter denen die prachtvollen rothen oder gelben Helikonen besonders hervorragen, bedecken den von vermodertem Holze gedüngten Boden, und bilden mit den Lianen verschlungen, ein, nur der Art zugängliches Dickicht. Aufmerksamkeit verdient auch das große palmenartige Farrenkraut, von welchem uns achtzehn Fuß hohe Eremplare vorkamen ; es bildet einen geraden, nach oben hin etwas zugespitzten Stamm, aus dessen Enden die Blätter an langen Stielen hervorsprießeu, und sich, ihrer eigenen Schwere nachgebend, im schönen Bogen zur Erde neigen. Dieser üppige Pflanzenwnchs setzte unserem Fortkommen nicht geringe Hin¬ dernisse entgegen; die Pferde konnten ost kaum von der Stelle, und versanken in den lehmigen vom Regen durchweichten Boden. Wir mußten einige Brücken über¬ schreiten, die ihrer außerordentlichen Einfachheit wegen fast lebensgefährlich waren; zwei Baumstämme, über eine etwa achtzig Fuß tiefe Bergspatte gelegt, und durch einige Knüppel gekreuzt, vermitteln den Uebergang; das faulende Holz gestattete .an einigen Stellen eine wenig beruhigende freie Durchsicht auf die unter uns gähnende Liefe und auf der Mitte des gebrechlichen Steges empfand man alle Schwingungen desselben in bedenklichem Maße. Nach einem ungefähr zweistündigen Berganritte gelangten wir an das Ufer des Jtamarati, eines Nebenflüßchens des größeren Piabanha; demselben ent¬ lang reitend, vernahmen wir bald das Rauschen des Wasserfalls und erreichten end¬ lich einen freien Platz mit einem kleinen hölzernen Pavillon, nächst welchem wir unsere Pferde weiden ließen, und von unserem gefälligen Führer geleitet den noch eine Viertelstunde weiten Weg zn Fuße fortsctzten. Um einen Felsvorsprung biegend, erblickten wir mit einem Male das ganze herrliche Schauspiel des schäumenden Wasserfalles, dessen weiße Massen zu einer 6 42 Tiefe von mehr als hundert Fuß herabstürzen, sich auf ihrem Wege an zahlreichen großen Felsblöcken zu Staube brechend. Der in Aufruhr gebrachte Waldstrom verlor sich dann vor unseren Blicken in ein enges, dicht bewaldetes Thal, in welchem der Urwald, von der Höhe gesehen, in all seinen Farbenstnfen vom hellsten Grün bis zum dunkelsten Schwarz und Brann prangte, während der glänzende Regenbogenschimmer der Wafferstänbchen, durch den Wiederschein der Sonne gebrochen, das herrlichste Farbenspiel bot. Nur mit Leidwesen trennten wir uns wieder von dem kochenden Trichter, hoch befriedigt und beglückt dieß Prachtstück der Natur mit eigenen Augen geschaut zu haben. Mit dem unterdessen aus der Hauptstadt eingetroffenen Gesandten, Herrn von Sonnleitner verbrachten wir in Petropolis noch einen vergnügten Abend, und den ganzen folgenden Tag, den uns jedoch das hier überaus heimische Regenwetter verleidete. Endlich schlug die Stunde des Ausbruchs und mahnte zur Weiterreise im engeren und weiteren Sinne! Während unserer kurzen Abwesenheit waren alle Vorbereitungen zur Abfahrt getroffen worden, so daß am 30. September um 7 Uhr Morgens die Anker ge¬ lichtet werden konnten. Ungünstiger Brise und Strömung wegen verwendeten wir einen der zahlreichen kleinen Schleppdampfer, die durch ihre Thätigkeit den Hafen von Rio beleben, und ließen die Corvette bis zu den Inseln am Eingänge der Bucht bugstren. Frischer Wind blies hier von Norden und übte bereits wenige Meilen von der Küste entfernt, seinen wohlthätigen Einfluß aus. Wir segelten vor dem Winde mit einer Fahrt von 13 Knoten stündlich und erreichten schon am vierten Tage den 33. Grad südlicher Breite. In der Nacht vom 3. auf den 4. Oktober auf^SO" 30' westl. Länge bewölkte sich der bisher heitere Horizont im Südwesten, und bald war der ganze Himmel dicht umzogen; der Wind drehte durch Norden und Westen nach Südwcsten, und der Seegang aus Norden wuchs unverhältnißmäßig, — beides Kennzeichen eines Pamp ero. Der Barometer war in kurzer Zeit beträchtlich ge¬ fallen und Wetterleuchten in Südwesten bekräftigte in uns die Erwartung eines Sturmes aus dieser Richtung. Alle Vorkehrungen konnten noch rechtzeitig getroffen werden um die erste Bö schlagfertig zu empfangen. Die Lucken wurden geschloffen, alle beweglichen Gegenstände festgeforrt, an Segeln behielten wir nur die unteren Stagsegel und das vierfach gereefte Vormarssegel. Wir wählten dieses Verhältniß, um wenn nöthig, vom Winde abfallen zu können — belehrt durch das Mißgeschick der spanischen Fregatte Villa de Bilbao, welche in diesen Gewässern von einem Pampero überrascht und wegen gänzlichem Mangel an beigesetzten Segeln unfähig abzufallen, sich nur durch Kappen des Groß- und des Besahanmastes vor dem Kentern retten konnte. --S 43 S-- Der Sturm währte einen ganzen Tag fort, während dessen die Corvette vor¬ trefflich See hielt, verhältnißmäffig wenig Wasser einschiffte und nicht mehr als SO Meilen verlor. Am 5. klärte sich der Himmel auf uud der Wind ging nach Nordwesten, was uns nach dem Ergebnisse des Mittagspuuktes zum Laviren nöthigte, um die La Plata-Mündung zu gewinnen. V. Wo i>c la Plata. Rächst dem Amazonenstrome beherrscht der Rio de la Plata das größte Wafferfistem Süd-Amerika's und sührt die mächtigsten Flüsse dem atlantischen Ozean zu. An der Stelle, wo sich der Parana und der Uruguay vereinigen, beginnt er seinen Namen zu führen. Die Gestade von Buenos-Ayres und der Banda oriental bespülend, gewinnt er bald die beträchtliche Breite von ITO Seemeilen, die er bis zu seinem Ausflüsse zwischen Montevideo und dem Vorgebirge von 8. Antonio beibehält. Die Länder welche sein großes Becken umfaßt, Buenos-Ayres, die Ban¬ da orient'al, Paraguay, die argentinischen Staaten und Theile von Brasilien und Bolivia gehören zu den fruchtbarsten der Erde, und wären sie nicht theils noch in den ersten Stadien der Cultur, theils durch fremde Eroberungen und beständige Bürgerkriege herabgekommen, so vermöchte dieser herrliche Boden wohl an zwei¬ hundert Millionen Menschen zu ernähren, während er gegenwärtig kaum drei Mil¬ lionen Bewohner beherbergt. Die beiden vorzüglichsten Städte, welche von den Gewässern des la Plata benetzt werden, sind Buenos-Ayres am rechten und Mondevideo am linken Ufer. Am 8. Oktober hatten wir die Insel Lobos in Sicht und fuhren in die unabsehbare Mündung des mächtigen Stromes ein. Von einer frischen Ostbrise begünstigt, nahmen wir den Cnrs nach der klei¬ nen Insel Flores, deren nächtliches Kennzeichen in einem drehenden Leuchtfeuer be¬ steht. — In geringer Entfernung von dieser Insel steuerten wir ungefähr 10 Mei¬ len gegen die Höhen von Montevideo; um sowohl von der sogenannten engli¬ schen als der Archimedes-Bank frei zu gehen. Es lag jedoch anfänglich in unserem Plane Buenos-Ayres früher zu besuchen und Montevideo erst anzuscgeln, wenn wir Amerika verlassen würden. 6* --S 44 Z-- Wir nahmen daher einen Lootsen auf und setzten mit gutem Winde die Reise stromaufwärts fort. , Die ungeheuere Breite des Flusses, von dessen Mitte ans der Horizont un¬ begrenzt erscheint und die beiden Ufer nicht sichtbar sind, steht in keinem Verhältnisse zu seiner Tiefe, die nirgends öhl, oder 6 Faden übersteigt, und an den meisten Stellen kaum 3 bis 4 Faden erreicht. Stets mit gutem Winde segelnd, erblickten wir noch am Abende desto. Ok¬ tober die Stadt Buenos-Ayres, die mit ihren Kuppeln und Thürmen in der Ferne Venedig ähnelnd, sich vor den Augen des Ankömmlings ausbreitet. Wir ankerten erst am folgenden Morgen so nahe als möglich der Stadt je¬ doch mit Rücksicht auf den Tiefgang der Corvette noch immerhin acht Meilen von derselben entfernt. Wir hatten drei Fuß Wasser unter dem Kiele; in einem anderen Fluße dessen Fürthen nicht so sehr dem Einflüsse der rasch abfallenden Ebbe, und den Wirkungen des plötzlich hereinbrechenden Pampers unterliegen, hätte dieß übertriebene Vorsicht geschienen, allein hier, wo schon manches schöne Schiff im Trockenen lag, ehe es nur Vorkehrungen zur Rettung treffen konnte, war diese Maßregel gerathen. Die größeren Kauffahrer bleiben sämmtlich auf der Außenrhede, deren Grenze die Lo- thungslinie von 3^ Faden bezeichnet; die kleineren Fahrzeuge nehmen ihren Anker¬ platz näher am Lande auf einem Theile des Stromes, der die innere Rhede genannt wird, obwohl nichts diesen Unterschied rechtfertigt, da das Auge auch hier nur den offenen Fluß wahrnimmt, wie auf der äußeren Rhede. Auch diese letzteren Schiffe können ihre Maaren keineswegs selbst oder durch ihre Boote ans Land schaffen, son¬ dern sie müssen sich hiezu großer Karren bedienen, die vier- und zuweilen sechsspän¬ nig langseits kommen, und die Ladung durch das seichte Wasser zu den Krahnen des schönen Zollhauses führen. Die Flaggen, welche den la Plata am meisten befahren, sind nebst den einheimischen von Vuenos-Ayres und Montevideo, die spanische und die sar¬ dinische; französischen und englischen Schiffen begegneten wir auf diesem Theile un¬ serer Reise nur in geringer Zahl. Sardinien und England haben hier eigene transatlantische Dampferlinien gegründet, die auch den Verkehr zwischen Brasilien und Europa vermitteln, und wie es scheint, gute Geschäfte machen. Um auf der großen Entfernung, welche uns vom festen Lande trennte, die Verbindung mit dem Ufer zu erhalten, ließen wir die Barkasse ins Wasser setzen, und mit einer Bussole, einer kleinen Küche, Schlafzeug für die Bemannung und einem Zelte ausrüsten, damit sie mit diesem Haushalte versehen nöthigensalls meh¬ rere Tage ausbleiben und auch die Nacht vom Schiffe entfernt zubringen könne. Wir begaben uns noch am selben Tage an Bord der Barkasse nach der Stadt nnd begegneten auf dem Wege dahin einem Boote, welches die österreichische Flagge führte und uns entgegen kam. In demselben befand sich der k. k. Konsul Parra- --S 43 S-— vicini, der, ungeachtet der großen Entfernung die Zuvorkommenheit hatte, unserem Commandanten den ersten Besuch abzustatten. Herr Parravicini, seit Kurzem österreichischer Konsul inBuenos-AyreS zählt zu den angesehensten Männern der Stadt. — Durch seine gründliche Kennt- niß der Landes-Verhältnisse, durch den einsichtsvollen und weisen Rath, den er schon in manchen wichtigen Fragen der Regierung angedeihen ließ, so wie durch seinen bedeutenden Wohlstand, der ihn in die Lage setzt, das Gute, von dem sein Herz durchdrungen ist, in Ausführung zu bringen — hat er sich um Stadt und Land vielfach verdient gemacht. Für den Seemann aber, dessen Beruf ihn fremden Ländern und Erdtheilen zuführt, ist es ein wahrhaft erhebendes Gefühl, sein Vaterland auch in fernen Zonen würdig vertreten zn sehen und die Männer, denen dieses Amt anvertraut wurde, allgemein geschätzt, geachtet und sogar als Rathgeber der Landesbehörden hochver¬ ehrt zu erblicken. Durch Herrn Parravicini wurde unser Commandant dem Präsidenten der Republik, dem Minister des Aeußern und anderen Autoritäten von Buenos- Ahres vorgestelit, und seiner wichtigen Unterstützung verdanken wir die vielfachen Erleichterungen, die es uns möglich machten, der uns gestellten Aufgabe Genüge zu leisten und nebstbei Stadt und Land in ihrer vollen Eigenthümlichkeit kennen zu lernen. Die Corvette Caroline war das erste Schiff gewesen, welches die öster¬ reichische Kriegsflagge in jenen Gewässern entfaltete und deßhalb war auch die Neu¬ gierde allgemein, welche die Bewohner von Buenos-Ayres bei unserer Ankunft an den Tag legten. Unser Schiff blieb denn auch durch längere Zeit der Gegenstand des gespann¬ testen Interesses der Bevölkerung und das für uns allerdings schmeichelhafte Ergebniß ihrer Beobachtungen kam sogar in den öffentlichen Blättern des Landes zur Sprache. Wenige Tage nach unserer Ankunft in Bnenos-Ayres hatten wir aber¬ mals Gelegenheit das erhabene Schauspiel eines Pampero zu bewundern — einer Naturerscheinung, die jeden Fremdling durch ihre Großartigkeit in wahrhafte Be¬ wunderung versetzen muß. Es war am LI. Oktober als um 2 Uhr Nachmittags die Sonne, die bis dahin in ihrem gewöhnlichen Glanze einen heiteren Frühlings¬ tag beschien, sich Plötzlich mit einem Dunstkreise umgab und hinter einem dichten Schleier verbarg. Die Luft lagerte schwül und drückend auf dem ruhigen Wasser¬ spiegel des Stromes, dessen röthlich-gelbe Oberfläche mehr der Fläche eines matten Spiegels glich und kaum mehr an die Lebensader Süd-Amerika'S — an die mächtigen Fluthen des Silberstromes erinnerte. Der ganzen Natur war eine unheimliche Ruhe ausgeprägt, und ringsumher befand sich Alles in jenem Zustands gewitterschwangerer Unthätigkeit, der gewöhnlich der Vorbote eines mächtigen Sturmes ist. Der Thermometer stand auf 16°, während der Barometer L7."11.R" zeigte, und während der ganzen Erscheinung keinerlei Veränderung erlitt. — Die Ruhe währte jedoch nicht lange. — Bald erhoben sich schwere, staubähnliche Wolken über --H 46 dem westlichen Horizont und zogen mit zauberhafter Schnelligkeit einher; jemehr sie an Ausdehnung gewannen, desto drückender wurde die Lust; vom Tageslichte blieb kaum mehr als ein fahler Schein übrig, die Atmosphäre und das schmutzig-gelbe Wasser aber schienen aus einem Stoffe zu sein. Die zahlreichen Sumpfvögel hatten durch die entschaffcnde Schwüle ihre Schwungkraft verloren und strichen matt auf dem Wasserspiegel umher, als fürchteten sie, sich gegen den drohenden Himmel zu erheben, denn drohend war er in der That, und bald folgte der erdigen Wolken¬ schichte eine hohe, dunkle Wand, die sich allmälig hinter der Stadt erhob. Häufige Streifen elektrischen Feuers durchzuckten den schwarzen Grund und blendeten das eines solchen Schauspiels ungewohnte Auge des Beschauers. Ferner Donner rollte heran, die Atmosphäre wurde immer beengender, bis plötzlich die Gewalt des Orkans losbrach, und ein wüthender Sturm, die Luft durchbrausend, die dunkeln Wolken vor sich hertrieb; sic umhüllten die Sonne und breiteten Schatten über die Erde. Fahle, umheimliche Bläße bedeckte gleichmäßig Himmel und Wasser, Land und Stadt. Erde und Sand, die der heftige Windstoß in Wirbeln aufgeraffi nnd mit sich fortgeriffen hatte, fielen nun der eigenen Schwere überlassen in den Strom und peitschten dessen Angesicht. Dem Staube folgte Hagel in der Größe von Tanbcn- eiern und in solcher Dichte, daß die Mannschaft unter Deck gesendet werden mußte nm vor Verletzung bewahrt zu bleiben. Nun hatte der Sturm seinen Cnlminationspunkt erreicht — schon ungefähr eine halbe Stunde nach dem heftigen Hagelschlage drehte der Wind gegen Süden, der Himmel erheiterte sich allmälig zum reinsten Blau und nur eine eisige Kälte blieb als letzter Ueberrest der großartigen Naturerscheinung zurück. Bei dem ersten Anzeichen des Orkanes wurden sogleich alle Boote gehißt und die Bramstengen gestrigen, man hatte aber nicht mehr genügende Zeit um die Barkasse einzusetzen, die in einiger Entfernung geankert war. Nach dem Sturme sand man sie gekentert, und es zeigte sich, als sie unter Bord gebracht und unter¬ sucht wurde, daß mehrere ihrer beweglichen Znrüstungsgegenstände in Verlust gerathen und ihr Mast durch Stoßen am seichten Grunde gebrochen war. Dennoch gelang es, dieses einzige Opfer, das der Wnth des Pampero gefallen, mit dem Nöthigsten wieder auszurüsten, worauf die Barkasse am nächsten Morgen nach der Stadt abging nm die Offiziere abzuholen, die noch am Lande zurückgeblieben waren, um ihre Kenntnisse über die Stadt und ihre nächsten Umge¬ bungen zu bereichern. Buenoö-Ayres wurde von seinem Gründer Don Juan de Garay zur Feier des Dreifaltigkeittages an dem er zuerst , das spanische Banner, als Eroberer des Landes auf argentinischen Boden aufpflanzte, Santissima Trinidad ge¬ nannt. — Vor ihm hatte bereits Don Pedro de Mendoza an Gestade des Riachuelo, eine Meile von der heutigen Stadt eine Niederlassung angelegt, und dieselbe des gesunden, herrlichen Climas wegen Buenos-Ayres genannt, welche Colonie jedoch von den Indianern sammt dem sie vertheidigenden Fort zerstört 47 2-- wurde; der Name wurde nun auf die von Gara y neugegründete Stadt übertragen, die jedoch nur langsam emporblühte. Mehrmals verwüstet und wieder aufgebaut, hatte sie in ihrem Gedeihen mit allem Elende jener zahllosen Mißgeschicke zu kämpfen, welche fortwährende Aufstände und bürgerlicher Zwiespalt in ihrem Gefolge führen. Von der spanischen Herrschaft losgeriffen und zur Republik erklärt, wurde Buenos-Ayres, statt die geträumte Freiheit zu erlangen, durch längere Zeit und mehr als je von einem despotischen Diktator bedrückt und bildet erst seit neuester Zeit — nunmehr getrennt von der argentinischen Conföderation — einen selbststän¬ digen Staat. Die früheren Schicksale der Republik, so wie die neueren Lebensphasen, welche sic bis zum Jahre 1854 durchlief, sind schon mehrfach geschildert worden, wir enthalten uns daher jedes näheren Eingehens in dieselbe, und beschränken uns darauf nur kurz bei den gegenwärtigen Zuständen dieses hoffnungsreichen Staates zu verweilen, der nur eines dauernden Friedens mit den eifersüchtigen Nachbarn und den wilden Pampas-Indianern bedarf, um sich mit Riesenschritten zur höchsten Blüthe emporzuschwingen. Die gegenwärtige Regierung, welche das Land in einem durch Rosas' Willkührherrschaft zerrütteten Zustande übernahm und seine Hülfsquellen beinahe vernichtet fand, sah in dem Erlasse einer neuen, mit den Fortschritten der Neuzeit im Einklänge stehenden Gesetzgebung die erste und nothwendigste Bedingung ferneren Gedeihens. Dieser wichtige Schritt geschah, und bald darauf wurde im Jahre 1858 eine neue Handelsordnung erlassen, die 1857 zum Gesetze erhoben, allen Bedürfnissen des Verkehrs vollkommen genügt. Die theils aus der Zeit der Lostrennung von Spanien, theils aus der Epoche der Rosas'schen Willkührherrschaft stammende und deßhalb bis jetzt sehr mangelhafte bürgerliche und finanzielle Verfassung wird nun von einer Commission unter dem Vorsitze des Staatsoberhauptes vr. Al sina dem Bildungsgrade des Volkes entsprechend umgestaltet. Jährlich erscheinen statistische Tabellen, aus denen man das rüstige Weiter¬ schreiten des Staates auf der Bahn des Fortschrittes und der Gesittung, die Ver¬ mehrung seiner Bevölkerung und das Aufblühen seines Handels entnehmen kann: die darin enthaltenen Notizen gewähren einen tiefen Einblick in den staunenswerthen, natürlichen Reichthum des Landes. Der öffentliche Unterricht, eine Lebensfrage im Haushalte eines erst in der Entwicklung begriffenen Volkes, wird von der Regierung mit größter Sorgfalt gepflegt. Die Stadt besitzt eine Universität und mehrere allge¬ meine Schulen, eine medicinische Akademie, eine öffentliche Bibliothek und ein Naturalienkabinet. Die Bibliothek enthält eine bedeutende Anzahl kostbarer Handschriften, die von den Jesuiten aus Cordova, der Hauptstadt des gleichnamigen Distriktes stammt, welche nächst Buenos-Ayres den ersten Rang nnter den Städten der La Plata- Staaten einnimmt. — Diese Stadt gehörte zu den vorzüglichsten Misfionsstativnen des Ordens, als derselbe von der argentinischen Conföderation vertrieben, seiner Güter und aller kostbaren Werke beraubt wurde. -H 48 Die ersteren konfiszirte der Staat, die letzteren wurden nach Buenos- Ayres gebracht. Sie beziehen sich größtentheils auf Geschichte und Physische Geographie der argentinischen Provinzen und Perü's woselbst bekanntlich zahl¬ reiche Jesuitencollegien bestanden. Selbst das offene Land beginnt schon die Wohl- that des öffentlichen Unterrichts zu fühlen, da die Kammer beinahe einstimmig die Bildung eines Fondes zur Deckung der entfallenden Kosten und zur thunlichsten Verbreitung der Volksschulen auf dem Gesammtgebiete der Republik bewilligt hat. Ein- und Ausfuhrhandel sind in solcher Zunahme begriffen, daß sie nicht nur durch die Zölle den Staat bereichern, sondern auch die Auflegung höherer Grundsteuern zur Deckung der öffentlichen Ausgaben entbehrlich wird. Die weiten, dem Staate gehörigen Länderstrecken, welche bisher jeglicher Cultur, ja selbst der Viehzucht entrückt, als todtes Kapital in den Grundbüchern erschienen, werden nun verkauft und der Erlös zur Tilgung der Staatsschuld ver¬ wendet, die seit Rosas unheilvoller Zeit bei England hastet. Allgemeine Kranken¬ häuser für Männer und Frauen, und ein Findelhaus wurden errichtet, eine Eisen¬ bahn von Buenos-Ayres nach den Provinzen angelegt und in der Hauptstadt die Gasbeleuchtung eingeführt. Ein, in schönem Style und mit großem Aufwande erbautes Opernhaus, scheint wohl gegenwärtig noch etwas zu groß für die Bedürfnisse der Bevölkerung; wenn jedoch der Wohlstand und der rasche Anwachs derselben nur noch durch einige Jahre im gleichen Maße zunimmt, so dürfte es vielleicht bald den gesteigerten An¬ forderungen selbst räumlich nicht mehr genügen. Die gegenwärtige Einwohnerzahl wird auf 140.000 Seelen angegeben, die sich sowohl durch agrikole Einwanderung als durch die Errichtung von Filialen großer europäischer Handlungshäuser jährlich vermehrt. Die Einwanderung wird von der Regierung begünstigt und nimmt nunmehr vorzugsweise die Richtung in dem flachen Lande, welches noch vieler Hände zur Bearbeitung bedarf, denn mit Abrechnung der Stadt zählt der Staat Buenos-Ayres auf 2000 Quadrat-Meilen Flächenraum nur 200.000 Seelen. Die Stadt ist von unverhältnißmäßiger Ausdehnung, da die meisten Häuser ebenerdig find; eine Bauart, die hier noch vor wenigen Jahren allgemein gebräuch¬ lich war, da man den Grund fast unentgeltlich erwarb, während das Baumaterial, des gänzlichen Steinmangels halber, übermäßige Preise kostete. Noch jetzt baut man am wohlfeilsten mit Ziegeln, da - der Stein von der dreißig Meilen entfernten Insel Martin Garcia gebracht werden muß und daher fast nur zur Pflasterung verwendet wird. Buenos-Ayres bietet, der übergroßen Regelmäßigkeit ihrer Anlage wegen, einen sehr einförmigen Anblick: die Straßen durchkreuzen sich rechtwinklich und bilden Häuserinseln, ihrer Gestalt wegen Quadras genannt, deren Seiten je 150 Varas messen. ' Die öffentlichen Gebäude bieten, das Zollhaus etwa ausgenommen, wenig Bemerkenswerthes. Dieses am Flußufer halbkreisförmig erbaute Gebäude vermag 49 schon jetzt, trotz seines bedeutenden Umfanges bei der vermehrten Einfuhr den An¬ sprüchen des Handels nicht mehr zu genügen. Ein großer hölzerner Molo mit vielen eisernen Krahnen zu beiden Seiten »ersehen, erstreckt sich vom Gebäude weit in den Strom hinein, um den Lichtern das Löschen wenigstens bei Fluth zu ermög¬ lichen; bei Ebbe werden die Maaren durch die schon srüherhin erwähnten Wagen unter die Krahne geschafft; eine zweite ebenso lange Brücke laust mit' dem oben geschilderten Zollhausdamme parallel von der öffentlichen Promenade in den La Plata um das Landen zu erleichtern, so daß Boote, die nicht mehr als drei Fnß tauchen, beim niedrigsten Wasscrstande, gefahrlos landen können. Die Kirchen sind im einfachsten Style ohne allen äußern Schmuck erbaut; ihr Inneres ist jedoch ziemlich reich, — und zwar weniger an Werken der Malerei und Bildhauerkunst, denn au Arbeiten aus edlen und getriebenen Metallen. Die Umgebungen der Stadt sind anziehend, und die Landhäuser, hier Quintas genannt, mit Gärten umgeben, wiewohl alle Gewächse, namentlich alle Blumen, des unerträglichen Staubes wegen, der sich beständig von den breiten Straßen er¬ hebt, nur mit großer Mühe gezogen werden. Von dieser Landplage sind nur die wenigen am Flußufer gelegenen Billen frei. — Zu den vorzüglichsten derselben gehört Palermo, Rosas einstiger Lieb- lingsanfenthalt, von ihm selbst erbaut und eingerichtet. Der Pavillon ist groß, ebenerdig und ringsum durch Sänlengänge geziert. Ein großer Garten, der jetzt leider gleich wie das Haus gänzlich vernachlässiget wird, breitet sich nächst der Quinta aus, und dient gegenwärtig nur einigen Familien gefangener Indianer zum Aufenthalte. Unter diesen befinden sich die Weiber und Kinder zweier Häupt¬ linge, die hier als Geißeln gehalten werden, während man die Männer zur Führung der Truppen verwendet, die zur Bekämpfung ihrer eigenen Landsleute ausgesandt sind. Das Land bringt fast alle europäischen Kulturpflanzen hervor, liegt jedoch, wie schon gesagt, wegen Mangel an Arbeitskräften größtentheils brach und wird als Weide für Pferde, Ochsen und Schafe benützt. Größere Gütercomplere, die weite, unbebaute Bodenstrecken umfassen, werden Estancias genannt. Tausende von Pferden schweifen daselbst herum, und theilen die Weide mit ungeheueren Rinder¬ und Schafheerden; auf einer nur einigermaßen ausgedehnten Besitzung erreicht der Stand an Schafen nicht selten SO- bis 60.000 Stück. Die Viehzucht wirft hier noch ein jährliches Erträgniß von 35 ab, da ihr Betrieb wenig Menschenkräste zur Aufsicht und Erhaltung erfordert, und das Vieh beinahe gänzlich sich selbst und der gütigen Fürsorge der Natur überlassen bleibt. Von Zeit zu Zeit verkaufen die Estancieros den Besitzern von Schächtereicn (Sa lade ros) Rinder und Pferde, aber stets in ganzen Heerden, die zu diesem Behufe von berittenen Gauchos in kreisförmigen Verpfählungen, Corr als genannt, gehalten werden. Bei jeder Estancia befinden sich solche Corrals, von denen ans die Thiere unmittelbar zu den Saladeros geführt werden. Dieselben liegen meistens in der Nähe der Stadt und bilden einen eigenen Theil derselben, Namens Barracas. Die Züge des Schlacht¬ viehes gehen besonders zur Regenzeit ab, in welcher die Ebenen, meist von tiefen Gräben durchschnitten, hinlänglich Wasser zur Tränke liefern und dauern ganze 7 Wochen hindurch, wobei die Heerde» die auf dem Wege liegenden Weiden benutzen bis sie ihren Bestimmungsort erreichen, wo abermals ein Corral sie aufnimmt, ehe sie zur Schlachtbank gelangen. Der frühere Gebrauch, den Ochsen die Kniesehnen zu dnrchschneiden, hat neuerlich einer viel einfacheren und schnelleren Schlachtweise Platz gemacht. Man treibt 30 bis 40 Stück aus dem großen Corral durch ein enges Thor in eine mit diesem in Verbindung stehende kleinere Verpfählung von ungefähr 20 Qnadratklaf- ter Breite. Bor dieser Verpfählung steht auf einem erhöhten Gerüste ein Gaucho den Lapo au einem Ende haltend, während das andere Ende an den Pferden zweier seiner Gefährten befestigt ist und durch einen Ring über eine Fallthür läuft; — hat nun der erste Gaucho den La?o um die Hörner eines Ochsen geworfen, was er bei seiner erprobten Geschicklichkeit nie verfehlt, so gibt er dem anderen ein Zeichen: die Pferde werden angespornt und schleppen das zum Schlachtopfer auserkorene Thier gegen den Ring, wo ihm ein Gaucho mit scharfem, spitzem Messer eineu solchen Stich zwischen den Kopf und den ersten Halswirbel versetzt, daß der Tod augenblicklich erfolgt; zugleich öffnet sich die Fallthüre und das geschlachtete Thier sinkt ans einen Wagen herab, der auf eisernen Schienen laufend dasselbe zum Zer¬ legen und Absondern der einzelnen Theile nach einem eigens dazu bestimmten Ge¬ bäude bringt. Die ganze Operation des Einfangcns, Hinschlcppens, Tödtens und WegsührenS dauert nicht länger als zwei Minuten. Auch im Abziehen der Haut und im Zerschneiden entwickeln die dabei beschäftigten Arbeiter eine besondere Ge¬ wandtheit, da ihr Hohn nach der Anzahl der einzelnen Viehstücke bemessen wird. Pferde werden uicht erstochen, sonder» erhallen zwei Schläge mit einem schweren Hammer auf die Stirne. Man schlachtet nur Stuten, da es hier zu Lande wie auch größteutheils im Oriente nicht Sitte ist, dieselben zum Reiten ober zum Fahren zu benützen. Trotz der Kürze und Einfachheit des Schlachtverfahrens ergreift doch den, an solches Schauspiel nicht gewohnten Fremden, besonders beim Anblick der den Saladeros verfallenen Pferde ein Gefühl des trefsten Abschenes. Diese von Blut triefenden Mensche», die ihrem Opfer das Messer »»ter Lachen und Scherze» ins Herz bohren, oder es mit Hammerschlägen niederschmettern, widern besonders an, weil die Gewohnheit zu verwunden nnd zu tödten, ihr Gefühl schon längst derart abgestumpt hat, daß ihr Arm bei den geringsten Anlässen und bei Len unbedeutend¬ sten Händeln noch fast täglich dieselben Waffen gegen ihre Mitmenschen kehrt, deren Leben sie kaum höher schätzen als das eines Rindes oder Pferdes. Die Gauchos verwendet man nur zum Einfangen, Treiben und Tödten des Viehes, bei den übrigen Arbeiten zieht man Basken vor, die ruhiger und dabei dennoch thätiger sind, als die Landeskinder, und deren Buenos-Ayres bei 20.000 zählt; dieselben verdienen täglich an 4 bis 5 Thaler. Die Luft in der Nähe der Saladeros wird durch die verschiedenen widrigen Ausdünstungen der Schlächtereien, Gärbereien und Talgsiedereien derart verpestet, daß dieser Thcil von Buenos-Apres des schönen Namens der Stadt keineswegs würdig erscheint. --S gl s— Das Elima ist jedoch im Allgemeinen wirklich überaus mild und gesund; die Frühlingsmonate September, Oktober und November, so wie die Herbstmonate April und Mai werden als die angenehmsten betrachtet. Ncbergroßer Hitze folgt meist ein Pam pero; Nordwinde sind im Sommer höchst unangenehm und erschlaffen Körper und Geist. Die Bevölkerung des Staates theilt sich in zwei Klaffen, nämlich in Bürger und Landbewohner, zwischen deren Sitten, Gebräuchen und Einrichtungen die größte Verschiedenheit herrscht. Erstere, durch den beständigen Umgang mit Fremden her¬ angebildet und den Europäern in keiner Hinsicht nachstehend, haben sich mit deutschem, englischem und französischem Blute vermischt und gehören meist einem schönen Men¬ schenschläge an. Die Bewohner der Pampas oder Gauchos hingegen haben von ihrer spanischen Abkunft fast nichts als die Sprache bcibchaltcn, sie führen ein Leben voll Entbehrungen, schwelgen aber im Genüsse völliger Freiheit und kennen im Stolze ihrer Unabhängigkeit keine Grenzen. Ihre Gefühle sind wild und zügellos wie ihr Leben, ihr Herz ist aber größtentheils gut. — Merkwürdig ist an diesen Abkömmlingen spanischer Abenteuerer, die doch so ausgedehnte Meere durchschiffen mußten, um sich an diesen gesegneten Gestaden niedcrzulaffen, ihr eingewurzelter Abscheu vor Schifffahrt; ein Schiff oder ein Boot dünkt ihnen ein Gefäugniß; die mächtigen Ströme, die ihr Land allenthalben durchziehen, fließen unbenutzt fort und sind der freien Bewegung der Einwohner eher hinderlich als förderlich. Kein Gaucho hat je den Vermejo, Pilcomayo, Paranü, Riogrande oder den Uraguay beschisst und auch in Zukunft werden sie ihnen als unbetretbare Pfade erscheinen. Man glaube jedoch deshalb nicht, daß der Gaucho für die großartige Schönheit seiner Steppcunatnr, für den Reiz der fruchtbaren Ufer seiner Ströme unempfindlich ist; auch die Pampas haben ihre Minne und ihre Lieder: von Hause zu Hause, von Gehöfte zu Gehöfte ziehen ihre Bauden und besingen den Schmerz der Mutter, der die Indianer ihr Kind geraubt, oder die Besiegung einer wilden Horde, die den Spaniern zur Beute ward; sie malen in poetischen Bildern die Wuth des Orkans, der den schattigen Ombü aus der ewig grünen Ebene fortrafft, jenen segensreichen Baum, welcher ihnen auf den weiten Pampas einzig und allein Zu¬ flucht vor den brennenden Strahlen der tropischen Sonne gewährt. Der Dichter ist jenen Ländern Alles, — er ist Chroniker, Geschichtsschreiber und Biograph. — So lebt hier dreißig Meilen von einer hochcivilisirten Stadt ein Volk in seiner tiefsten Kindheit und Natürlichkeit — und es stößt in der Provinz Buenos- Ayr es das zwölfte Jahrhundert unmittelbar an das neunzehnte. Die Nähe der Stadt und die mächtigen Wasserstraßen tragen, wie bereits erwähnt, wenig oder nichts zur Hebung des Wohlstandes jener Völkerschaften bei, und dennoch springt beim Anblick der Karte von Süd-Amerika den: Beschauer die Wichtigkeit der La Plata-Staaten für den Welthandel sogleich in die Augen. --S 32 r— Diese weiten Länderstrecken mit dem fruchtbarsten unerschöpflichen Boden sind von den Adern eines herrlichen Stromgebietes durchschnitten, dessen König — der La Plata vorderhand die einzige Verbindung mit dem Ozean und somit auch mit der ganzen industriellen Welt bildet. Bis jetzt waren die Handelsverbindungen zwischen den einzelnen Provinzen höchst unbedeutend, und sowohl durch fortwährende Kämpfe und häufige Bürger¬ kriege, als auch durch jene falsche Politik gehemmt, als deren volkswirthschastliches Evangelium der Grundsatz galt, daß der Fortschritt und Reichthum eines Landes auf dem Verderben des angrenzenden Gebietes beruhe. In Folge dessen war denn auch das Augenmerk der Regierung, statt aus die Hebung der eigenen Industrie, weit mehr darauf gerichtet den Wohlstand der Nach¬ barn zn zerstören. Erst in den letzten Jahre» bewiesen gewissenhafte, verständige Männer den argentinischen Völkern durch die That, wie sehr der wechselseitige Verkehr die Nationen bereichere, und der gegenwärtige Zustand deö Staates Buenos-Ayres gibt ein lebendiges Zeugniß für den günstigen Erfolg ihrer Bestrebungen. Herrn Lorenz, einem in Buenos-Ayres ansässigen deutschen Kanfmanne und Vertreter des Hamburger Hauses Biber L Comp. verdanken wir mehrere werthvolle Andeutungen über das Gedeihen des argentinischen Handels. Er wies uns vergleichende Tabellen über die Ausfuhr der vorzüglichsten Landesprodukte vor, welche im Jahre 1840 beginnen und bis 1856 reichen. Zwischen dem Anfangs¬ und Endvunkte jener Zeitperiode ergeben sich folgende wesentliche Unterschiede: 1840 betrug der Werth der ausgeführten Ochsenhäute 900.000 Dollars, 1856 war er auf 2,500.000 Dollars gestiegen. Das Unschlitt, welches damals nur 160.OOODollars abwarf, bringt dem Lande jetzt ein Kapital von einer Million; 1840 betrug die Ausfuhr der Schafwolle nicht ganz vier Millionen Pfund, jetzt hingegen übersteigt sie das Vierfache. - Diese wenigen Angaben werden bereits zur Genüge beweisen, wie wichtig für Europa der Handel eines Landes sein muß, das einen so großen Reichthum an Urprodnkten in sich birgt und zur Befriedigung aller seiner Bedürfnisse so sehr an die Erzeugnisse europäischer Industrie gewiesen ist; denn Fabriken von einiger Be¬ deutung bestehen nicht, und werden noch lauge Zeit nicht errichtet werden, da die vorhandenen Arbeitskräfte viel zu gering, und kaum hinreichend sind, nm die reichen Gaben der Natur einfach zu ernten und in Empfang zu nehmen. Die Bewohner der Stadt und des Landes bedienen sich anch ausschließlich nur europäischer Einfuhrs-Artikel: Vom Poncho, den Sporen und dem Messer des Gaucho — bis zn dem Sattel seines Pferdes kömmt Alles aus Europa; — der Nation, die ihm seine Bedürfnisse am billigsten liefern kann, wird und muß daher auch das Monopol des dortigen Handels zufallen. Am 30. Oktober verließen wir Buenos-Ayres, durch den Konsul und unseren neuen Bekannten noch eine gute Strecke weit geleitet. Der Abschied von denselben ward uns anch hier nicht leicht; sie hatten uns durch ihre Kenntniß des —H 33 Z-- Landes freundlich unterstützt und sich bestrebt uns den Aufenthalt in ihrer Mitte so angenehm als möglich zu machen, was ihnen auch wirklich gelungen. An Bord «»getroffen mußten wir auf günstigen Wind warten, der erst zwei Tage später eintrat; am 1. November ging daher die Eorvette erst unter Segel und gelangte — nur die Stunden günstiger Strömung benützend, Abends in Sicht der Cbico-Bank, wo sic für die Nacht ankerte. Am folgenden Morgen lavirten wir im Canale zwischen der Chico- und der Ortiz-Bauk gegen Montevideo, bis uns die wechselnde Strömung und die Brise in der Nähe des Leuchtschiffes an der Ost¬ spitze der Ortiz-Bank abermals zum Ankern nöthigten. So erreichten wir in kleinen Tagreisen am 5. November Montevideo. Das Schiff begrüßte die Stadt mit Ll Kanonenschüssen, worauf nach wenig Minu¬ ten von einem Fort ans die Erwiederung erfolgte. Auf der Rhede lag eine brasilianische Schiffs-Division, die spanische Fregatte Villa de Bilbao und die Goelette Cruz, welche letzteren beide wir in Rio de Janeiro verlassen hatten. Unser», dem Stander des brasilianischen Commodore gegebenen Salut erwtederte die ihn führende Corvette; die Division bestand aus drei Schiffen dieser Gattung und mehreren kleinen Schraubendampfern. Die Rhede von Montevideo oder besser gesagt, derAnkergruud für Schiffe von größerem Tiefgange als 17 Fuß, steht den Winden aus Nord-Ost, Ost und Süd-Ost offen und der Grund ist so weich, daß die Anker sich tief in den Schlamm eingraben. Da heftige Böen aus verschiedenen Richtungen, wenn auch unr kurz andauernd, dennoch häufig find, so zieht man es vor, auf einem Anker zu bleiben und hält einen zweiten stets klar, um ihn nach dem Striche des Windstosses fallen zu lassen. Beim Pampero, der hier aus West-Süd-West weht, tritt hoher Seegang ein, doch erhöht sich auch der Wasserstand beträchtlich, welcher Umstand allein die innere Rhede für größere Schiffe länglich macht, da diese letzteren kaum mehr als einen Fuß Wasser unter dem Kiele haben. Der Grund der Bai erhebt sich an ihrem Rande allmählig zu einem sandigen Gestade, das nur während des Pampero von den Wellen bedeckt wird. Die Stadt, von der Rhede aus gesehen, gewährt einen freundlichen Anblick; auf einein sich bis 4S0 Fuß über die Meeresfläche erhebenden Höhenrücken ange¬ legt, wird sie von dem auf der obersten Kuppe erbauten Dome überragt. Die Häuser sind größtentheils einstöckig und sämmtiich mit Terrassen bedeckt, von deren eigenthünilich geformten Thürmchen man einen Anblick der Stadt nach beiden Seiten hin genießt. Das Land ist keineswegs so eben wie am gegenüberliegenden, argen¬ tinischen Ufer, sondern wellenförmig gerippt, nnd bietet mit seinen vielen Landhäu¬ sern und wohlgepflegten Gärten, Hainen und Wiesen von der Höhe aus gesehen, ein liebliches Bild dar. Die Sitten der Städter und Landbewohner sind denen der Einwohner von Buenos-Ayres vollkommen gleich; in Bezug auf Wohlstand nnd Lebhaftigkeit des Handelsverkehres steht jedoch Montevideo, wiewohl an der Mündung des mächtigen Silberstromes gelegen, der so viele Reichthümer auf seinen Fluthen hin- --S 34 abwälzt, dennoch weit hinter seiner Schwesterstadt zurück, — eine traurige Folge der verheerenden Parteikämpfe die in dieser unglücklichen Stadt leider noch immer nicht ausgetobt haben. Die Republik Uruguay, die einen Flächeninhalt von 4175 Quadrat¬ meilen mißt, und dennoch nnr 317.000 Einwohner zählt, ist durch ihre geographische Lage wie ein Keil zwischen Brasilien und die argentinische Consöderation ciugetrie- ben, daher auch von jeher der Gegenstand des Haders und der Habsucht zweier mächtiger Nachbaren. Brasilien strebt darnach, den Strom als Südgrenze seines Reiches zu gewinnen, — die La Plata-Staaten richten ihr Augenmerk auf den Besitz beider Ufer. Buenos-Ayre s sah übcrdieß nach seiner Lossagung vom Bunde in der Stadt Montevideo eine, seinem Handel gefährliche Nebenbuhlerin, die es nunmehr auf jede Art zu beeinträchtigen sucht. Aus diese Weise vereinigen sich alle Umstände zum Schaden des Landes und tragen wesentlich dazu bei, dasselbe arm und niedergedrückt zu erhalten. Ohne die Geschichte der Revolutionen näher beleuchten zu wollen, denen das unglückliche Montevideo in den letzten Jahren ausgesetzt war, mag die zahl¬ reiche Reihenfolge der Regierungswechsel hier Platz finden, die seit 1825, dem Jahre der Unabhängigkeits-Erklärung statt fanden, um einen annähernden Begriff von der Thätigkeit des nimmerrastenden Parteicngetriebes zu bieten. Im Jahre 1825, am 22. Juni wurde vr. Manuel Calleros zum Prä¬ sidenten gewählt, legte jedoch nach wenigen Wochen sein Amt nieder. Am 28. August folgte ihm der Brigade-General D. Juan A. Lavalleja in seiner Würde mit dem Titel eines Gouverneurs und General-Capitäns. 1828. Am 2. Dezember wurde D. Joachino Snarez zum provisorischen Gou¬ verneur und Gcneralliffimus erwählt. Am 22. Dezember D. Josö Rondeau zum wirklichen, am 25. April 1829 abermals D. Inan A. Lavalleja zum provisorischen, am 6. November endlich der Brigade-General D. Fructuoso Rivera zum Präsidenten der Republik erkoren, welcher das Land vom Jahre 1831 bis 1834 regierte, in diesem kurze» Zeiträume aber dasselbe zweimal verlassen mußte, und das erste Mal durch den Präsidenten des Senates D. Luis Eduardo Perez, später durch D. Carlos Ara ha vertreten wurde. 1835. Am 1. Mai wählte man den Brigade-General Don Manuel Oribe zum Präsidenten, dessen Herrschaft bis zum Jahre 1838 währte. 1839. Am 1. März wurde General Don Fructuoso Rivera abermals Präsi¬ dent und behauptete diese Würde bis 1852 war aber während dieser Zeit 5 Mal zu längerer Abwesenheit genöthiget, und wurde zweimal durch Pereira, zweimal durch Suarez und einmal durch Perez ersetzt. 33 »- 1852. Am 16. Februar wurde D. Bernardo P. Berro Präsident. Am 1. März desselben Jahres wählte man Don Juan Francisco Girä der sich bis September 1853 am Ruder erhielt. 1853. Am 25. September setzte die Republick eine provisorische Regierung ein, zu deren Mitgliedern: General Don Juan A.Lavalleja; GeneralDonFructuoso Rivera und Oberst Don Venareio Flores gewählt wurden. 1854 fand die provisorische Regierung ihr Ende und die Wahl zum Präsidenten siel auf den Obersten Don Venareio Flores der bis August 1855 im Amte blieb. 1855. Am 29. August wurde die Präsidentschaft gestürzt, und eine provisorische Verwaltung unter dem Gouverneur Don Luis Lamas errichtet, welcher am 11. Dezember seine Gewalt in die Hände Don Manuel Basilio Bustamantes niederlegte. 1856. Am 1. März wählte man Don Gabriel Antonio Pereira zum Prä¬ sidenten der zur Zeit des Besuches der Caroline im November 1857 noch die Zügel der Regierung in Händen hatte. Die Parteien waren damals zerklüfteter als je, die Gegner des Präsidenten arbeiteten an seinem Sturze, die Einwohner zogen sich allenthalben zurück, der Handel stockte, und man erwartete stündlich eine neue Umwälzung. Der plötzliche Tod des Er-Präsidenten Oribe, eines gesunden und kräftigen Mannes, der sich noch wenige Stunden vor seinem Ende des besten Wohlseins erfreute, erregte eben da¬ mals viel Aufsehen in Montevideo und gab zu den sonderbarsten Gerüchten und Vermuthungen Anlaß. Kurz vor seinem Tode noch hatte er unserem Commandanten zusagen lassen, ihn an eben dem Tage empfangen zu wollen, der auf so unvermu- thete Weife der letzte seines Lebens werden sollte. Durch jene beklagcnswerthcn politischen Verhältnisse und die beständigen Par¬ teiumtriebe wird der geringe Fortschritt erklärlich, den die von der Natur so reich begünstigte Republik Uruguay seit den 3. Jahrzehnten ihres Bestehens im Ver¬ gleiche zu den nachbarlichen Staaten der argentinischen Conföberation zurückgelegt hat. Am Morgen des 16. November, lichtete die Caroline den Anker um die Küsten Amerikas zu verlassen und den weiten Ozean durchmessend, die Fahrt nach einem andern Welttheile und zwar zunächst nach der Südspitze desselben, dem Vor¬ gebirge der Guten Hoffnung anzutreten. Eine leichte Brise aus Nord-Ost führte uns sieben Meilen weit aus dem Hafen von Montevideo, stillte aber hier gänzlich, so daß wir uns zu ankern ge- nöthiget sahen, um nicht durch die eben stark einströmende Fluth an Weg zu ver¬ lieren. 36 Fast zwei Tage dauerte die Windstille, .bis sich erst am 17. Nachts eine Bö im Westen erhob und durch Blitze und heftigen Donner kundgab. In der Erwartung eines Pampero, der uns zur Ausfahrt günstig sein mußte, lichteten wir bei Tages Anbruch und benützten den frischen Westwind, der obwohl nicht lange andauernd uns doch nach der Insel Flores brachte. Von hieraus führten leichte Brisen aus Südwest und Westen das Schiff stromabwärts; als wir gegen Abend die la Plata-Mündung überschritten hatten, wuchs der Westwind wieder zu einer bedentenden Stärke an. Der Himmel war dicht bewölkt und das Phosphoreszieren der See bot ein Bild von außergewöhnlicher Schönheit dar; der Schaum der Wogen schien sich zu entzünden, gleichwie die Fährte des Schiffes und die Spuren zahlloser Delphine, welche, feurige Streifen nach sich ziehend, den Laus der Corvette begleitete», und sie wie von einem Flammenmeere umgeben, erscheinen ließen. Einen eigenthümlichen Gegensatz zu dem Funkeln des beweglichen Elements bot der Anblick des schwarzumhüllten Himmels, dessen dichtes Wolkenkleid die ohne¬ hin dunkle Nacht noch mehr verfinsterte. Wir trachteten durch südliche Curse den 36. Breitegrad zu erreichen, da die dießseits der südlichen Tropencalmen vorherr¬ schenden Nordwestwinde hier, tieser in ihrem eigentlichen Gebiete, an Frische und Beständigkeit gewinnen mußten. Durch dieselben in unserer Fahrt begünstigt, erblickten wir schon am 1. De¬ zember die Gruppe der sogenannten Erfrischungsinseln: Tristan da Cunha, Jn- accessible und Nightingale, von denen wir die erstere gerne besucht hätten, wenn nicht eine stürmische See aus Nord-West jede Annäherung an die Rhede von Tristan verhindert hätte, welche eben nach dieser Seite offen ist und nur schlech¬ ten Ankergrund gewähren soll. Tristan da Cunha wurde 1816 durch englische Schiffbrüchige zuerst be¬ völkert, vor Kurzem aber, wie wir späterhin am Cap in Erfahrung brachten, we¬ gen seiner Unfruchtbarkeit und der Schwierigkeit eine größere Anzahl Einwohner zu ernähren, von seinen erste» Ansiedlern wieder verlassen. Die Insel zeigt sich aus der Entfernung in Gestalt eines schöngeformten, hoch in die Wolken ragenden Felsenkegels von 800« Fuß Höhe der fast unmittelbar aus der See aufsteigt, und kann bei klarem Wetter auf 75 Meilen wahrgenommen werden. Ihre beiden Trabanten, weit niederer als die Hauptinsel selbst, sind kahle Felsblöcke und scheinen völlig unfruchtbar. Wir umfuhren das kleine Archipel, und setzten ostwärts steuernd die Fahrt nach dem Cap fort, die sich bei ihrem Abschluß als eine der schnellsten bisher bewerkstelligten Reisen erwies. —H 57 s-- VI. CnMM. Während der ganzen Ueberfahrt waren wir größtentheils ans westliche und nordwestliche Brisen gestoßen, bis. sich auf 2° West non Greenwich eine südöstliche Richtung geltend machte. Am zwei'und zwanzigsten Tage nach der Ausfahrt aus dem La Plata- Strome, dem 10. Dezember Nachmittags erblickten wir zuerst die Küste Afrika's, und näherten uns, getrieben durch die stets frische Brise in raschem Lause der Süd- spitze des Welttheils. Nach wenigen Stunden lag chaS ganze schöne Hügelland vom Cap der guten Hoffnung bis zur Tafelbai vor uns entfaltet, durch die farbigen Strahlen der Abend¬ sonne nicht wenig verherrlicht. Die mannigfaltigen Bildungen jenes Höhenzuges, der, von dem eigenthümlich geformten Tafelberge südwärts ziehend, in dem unbe¬ deutenden Vorgebirge selbst ausläuft, stellten sich dem Auge höchst Vortheilhast dar und konnten in ihrer ganzen Ausdehnung gesehen werden. — Vom Tafelberge aus¬ gehend erstrecken sich zu Füssen desselben zwei Hügel, die aus der Ferne betrachtet, die Umrisse eines schlafenden Löwen annehmen, der nördliche Vorsprnug bildet den Körper und wird the Lions rump igenannt — südlich davon, eigentlich ganz isolirt, und daher auch nur aus der Ferne, dem genannten Bild ähnelnd ragt ein schön geformter Kegel ans rothem Schichtengestein empor, der den Kopf des Thie- reö darstcllt und Lions he ad heißt; an diese seltsame Figur schließt sich zunächst der dunkle, langgestreckte Constantia Berg, dessen Abhang die weltbekannten Weingärten bedecken in denen der beste Capwein gezogen wird. Das eigentliche Cap der guten Hoffnung schließt die Hügelreihe ab und erstreckt sich, wiewohl von weit geringerer Höhe als sein ebengenannter statt¬ licher Vorgänger, — das westliche Gestade der Falsebai begrenzend, als letzte Auslänferkuppe des afrikanischen Gebirges in den Ozean. Wir waren noch gegen 18 Seemeilen vom Ankerplätze entfernt, den wir in der Tafelbai ausersehen hatten, und da wir bei Hellem Tage daselbst anzulangen wünschten, brachten wir die Nacht in Sicht des Landes zu, indem wir das Schiff durch kurze Gänge nach Nord und Süd in stets gleicher Entfernung vom Ufer zu erhalten suchten. Bei Tagesanbruch nahmen wir den Curs gegen die Stadt; südlich der Robben-Insel passirend, ankerte die Corvette mit leichter Brise um 10 Uhr Vormittags in der Tafel bai. Eine ausführliche Schilderung der Einfahrt in diese Bucht ist durch den Zweck dieses WerkchenS nicht bedingt, welches sich keineswegs anmaßt, Seefahrern als sicherer Führer dienen zu wollen. Eigene gründliche Arbeiten behandeln diesen 8 58 S— wichtigen Zweig maritimer Geographie in erschöpfender Weise, und sind hiezu be¬ rufen, da ihre Verfasser Jahre lang an diesen Küsten geweilt und dieselben zum Gegenstände ihrer Untersuchungen erkoren haben. Umsoweniger dürsten wir es wagen nach so oberflächlichem Besuche dieser Gegenden uns solchen Vorgängern anzureihen. Als empfehlenswerthe Werke sind hier vorzüglich zu nennen: Ltuiäo nur la oate oooitlentalo iLLcki'i'gue, durch den französischen Admiral Grafen Bauet de Villaumez verfaßt, so wie der Atlantic Navigator der englischen Marine. Der Ankerplatz der Tafelbai ist gut und der Grund hinreichend tief; einlau- sende Schiffe thun wohl, wenn sie einen Punkt wählen, von welchem aus die bei¬ den am Eingänge stehenden Leuchtthürme sich gegenseitig decken, um sodann inner¬ halb dieser Linie zu ankern. Nur in den Wintermonaten vom Mai bis Septem¬ ber ist es nicht rathsam hier zu verweilen, da die heftigsten Nordwestwinve, deren Anpralle die Bai häufig ausgesetzt ist, sich ost plötzlich erheben, das Meer aufwüh- len und den Schiffen gefährlich werden. In dieser Zeit findet man sicheren Schlitz in der Simonsbncht, einem Theil der Falsebai, woselbst der Einfluß der sonst herrschenden Südostwinde sich weit weniger geltend macht, während allerdings die größere Entfernung von der Stadt zum Nachtheile dieses Ankerplatzes ins Gewicht fällt, und der Tafelbai in den Augen der meisten Schiffer den Vorzug verschafft. Die Hafeneinrichtungen in letzterer Bucht und die bestehenden Vorsichtsma߬ regel», welche die ankernden Schiffe vor Unglück bewahre» sollen, sind übrigens mit großer Umsicht getroffen. Jedes Schiff erhält auf sein durch Signale ausgedrücktes Verlangen Anker, Taue und alle sonst nöthigen Verteinungs-Gegenstünde durch Boote des Hafenam¬ tes die vollkommen seetüchtig find, und bei jedem Wetter aussegeln; sollte aber etwa ein Schiff des Nachts vor Anker treiben und die See nicht mehr gewinnen können, so gibt ein grünes Licht die Stelle an, an welcher es ohne Gefahr für Ladung und Mannschaft auf den Strand laufen mag. Von, Gestade fast unmittelbar emporsteigend erhebt sich der Tafelberg, und läßt zwischen seinem Fuße und dem Rande des Meeres nur einer kleinen Fläche Raum, auf welcher sich die Capstadt ausbreitet, gleichsam als suche sie Schutz hinter ihrem riesigen Nachbar. Ein niedliches kleines Städtchen von regelmäßiger Anlage, mit breiten, recht- winklichen Straßen, die durch nette kleine Häuser von englischer Bauart gebildet werden, hat der Hauptort der Colonie übrigens weder hervorragende Gebäude, noch sonstige Merkwürdigkeit aufzuweiscn. Das freundliche Aussehen der Stadt wird noch durch Pflanzungen von Bäumen und kleinen Gärtchen erhöht, welche gemeinig¬ lich die Frontseite der Häuser zieren, eine große Allee der schönsten alten Eichen durchzieht die Mitte des Ortes, indem sie gleichzeitig den Zugang zur Wohnung des Gouverneurs und zum botanischen Garten bildet, und den Bewohnern als be¬ liebtester Spaziergang im Innern der Stadt dient. — Der botanische Garten be- gs fitzt eine reiche Sammlung seltener Pflanzen; Australiens Flora ist hiebei am reich¬ sten vertreten, doch hat auch das Capland selbst eine Auswahl schöner Gewächse aufzuweisen, die hier systematisch geordnet find. Einige der angeseheudsten Bewohner der Cap stadt haben sich vereinigt, um den Garten anzulegen und auf gemeinschaftliche Kosten zu erhalten, an bestimm¬ ten Tagen wird derselbe dem Publikum als Erholungs-Ort geöffnet. Er ist nicht von großer Ausdehnung aber mit Ordnung und Sachkenutniß gehalten. Die Capstadt zählt an 25,000 Einwohner, worunter zum größten Theile holländische Familien, die aus der Zeit der früheren niederländischen Herrschaft stammen; Vie Minderzahl wird von Engländern gebildet, die theils dem Handels¬ und Bürgcrstande angehören, theils als Beamte im Solde der britischen Colouial- Regierung stehen. — Die unteren Schichte» der Bevölkerung bestehen vorzüglich aus eingewanderten Malaie», in geringerer Zahl auch aus Negern, Kaffern und Hotten¬ totten. Die Malaien bilden die arbeitende Klaffe, treiben die niederen Handwerke und werden in europäischen Häuser mit Vorliebe als Diener verwendet. Ihre Tracht gewährt durch den seltsamen, spitzen Strohhut, mit welchem sie stets bedeckt find, und der seine Form dem Dache eines chinesischen Pavillons entlehnt zu haben scheint, einen eigenthümlichen Anblick. Im Hanse tragen sie nur ein buntes Tuch auf dem Kopfe; das sie niemals ablegen und welches auch unter dem Hut sichtbar wird. Sie bekennen sich zur muhamedanischen Religion, sind fleißig und intelligent. Die Kaffern sind träger Natur, von geringen Fähigkeiten und werden in der Stadt meist nur als Lastträger verwendet. Die Hottentotten beschäftigen sich vorzugsweise mit Ackerbau und bringen ihr Produkte vom Lande auf eigenen Fuhrwerken selbst nach der Stadt, — in de¬ ren Straßen man häufig ihre», wenn auch nicht schwerbeladenen, doch oft mit 10 bis 12 Pferden bespannten Wägen begegnet; ein Besuch im Innern der Colonie reicht jedoch hin, diesen Aufwand an Zugvieh zu erklären, das dort wegen des hohen, weichen Sandes unentbehrlich ist und zur Fortbringung selbst leichter Lasten vorgespannt werden muß. Obwohl schon im Jahre 1487 entdeckt, schien das Cap anfänglich selbst den Portugiesen von keiner besonderen Wichtigkeit, und nur der aufgefundene, um Las Vorgebirge führende Seeweg nach Ostindien, nahm ihre volle Aufmerksamkeit in Anspruch. Erst die holländisch-ostindische Compagnie wendete dem Vorgebirge ihr Au¬ genmerk zu und ließ im Jahre 1650 durch Van Rieb eck eine Niederlassung an der Tafclbai begründen, nm eine Erholungsstation für ihre Ostindienfahrer zu gewinnen. Wiewohl Anfangs nur von Abenteuerern bewohnt, blühte die Colonie den¬ noch rasch auf; nach etwa 3 Jahrzehnten ihres Bestehens erhielt die Bevölkerung einen überaus schätzenswerthen Zufluß durch zahlreiche französische und deutsche Aus¬ wanderer, welche durch das Edict von Nantes und die Verheernngszüge der Fran¬ zosen in der Pfalz von ihrem heimathlichem Herde vertrieben worden waren. 8* --H 60 Die neuen Ansiedler, größtenteils den gebildeten Klassen angehörend, zudem zewerbfleißig und betriebsam, verpflanzten die Cultur des Weines hieher, und führten in jeder Hinsicht wesentliche Verbesserungen in die bisherigen Zustände ein. Trotz häufiger Kriege mit Kaffern, Hottentotten und Buschmännern, und obwohl die holländischen Statthalter die Cvlonie oft nicht mit jener Einsicht und Energie leiteten, welche die Wichtigkeit derselben erheischte, schwang sich doch die Niederlassung durch Clima und Lage begünstigt, bald zu beträchtlichem Wohlstaude empor und blieb über ein Jahrhundert hindurch im Besitze ihrer ersten Gründer. Die Holländer hatten sich allmälig bereits bis zu den Ufern des Oranje¬ flusses ausgebreitct, theils Landwirthschaft treibend, theils in der Elephantenjagd ihren Unterhalt suchend, als im Jahre 1795, nach Aufhebung der Statthalterschaft und Begründung der batavischen Republick unter französischem Schutze, plötzlich ein kleines Corps Engländer unter General Eraigh und Sir Alu red Clarke am Cap landete und durch einen Handstreich die ganze Kolonie in Besitz nahm. Im Frieden von Amiens fiel sie zwar an Holland zurück, war aber bei der allgemei¬ nen Regelung des neuen Staatensystems im Jahre 1814 für immer an England abgetreten. Bis zum Jahre 1827 wurde das Land indeß noch nach dem bestehenden hol¬ ländischen Gesetze verwaltet; dann aber mußte dasselbe dem englischen Rechte weichen und es fand ein allgemeiner Wechsel der Beamten statt. Die Unkenntniß der holländischen Sprache, welche beinahe bei allen neuen Angestellten vorwaltete nnv der dadnrch erschwerte Verkehr zwischen der Regierung und den Ansiedlern erregte jevoch balo Unzufriedenheit unter den Letzteren; dazu brach 1834 in den blutigen Kaffernkriegen manches Ungemach über die Bevölkerung herein, und endlich steigerten die plötzliche Freilassung der Sklaven und die Eman¬ zipation der Hottentotten, zwei Maßregeln, welche zwar nicht grundsätzlich, wohl aber des, von der Behörde dabei eingeschlagenen Verfahrens wegen mißbilligt wurden, die Erbitterung der argheinigesuchten Boers auf das Höchste. Dieselben wanderten mit Haus und Hof nach der nordöstlich gelegenen Natalküste aus, gründeten hier neue Niederlassungen, und erklärten sich 1841 von der britischen Regierung unab¬ hängig. Sie unterlagen jedoch der ihnen entgegengesetzten Gewalt der Waffen, und auch hier in ihrer Freiheit beeinträchtigt, verlegten sie ihre Wohnsitze nach dem In¬ nern des Landes, woselbst sie zwei Freistaaten bildeten, welche sie Oranjefluß Souvreinität und Transvaal'sche-Republick benannten: Diese letztere, jenseits des Vaalflnßes gelegen, war den Engländern nie zugänglich, jene aber zwischen dem Oranje- und Vaalflirße eingeschloffen, ward öfters von ihnen bekriegt. Der Gouverneur der Capcolonie, Sir Harry Smith focht daselbst mit Glück gegen den holländischen Anführer Pretorias, der sich und denVaalstaat endlich der britischen Botmäßigkeit unterwarf. Im Jahre 1854 aber von der Regierung wieder aufgegeben und als selbstständiger Staat endlich an¬ erkannt, stellte sich die nene Republick unter den Schutz des Königs der Nieder¬ lande. «l An der Grenze des Kaffernlandes ist seit zwei Jahren die in Folge des orien¬ talischen Krieges errichtete britisch-deutsche Legion angesiedelt, und bildet in den Distrikten British Koffraria und Victoria eine rasch aufblühende Militär- colonie, welche von energischen Offizieren geleitet und ans tüchtigen Elementen be¬ stehend einer kräftigen und gedeihlichen Entwicklung entgegcnsieht. Sie ist nach Art der österreichischen Militärgrenze, deren Einrichtungen bei Organisirung der Colonie vielleicht zum Muster dienten, in mehrere Regimenter getheilt, die sämmtlich während des Krimfeldzuges durch den hannöverischen Gene¬ ral von Stutterheim angeworben wurden und nach dem frühen Ende des Krie¬ ges die Uebersetzung nach dem Cap einer Abfertigungssnmme größtentheils vorge¬ zogen haben. Wenn auch ihren wilden Machbaren gegenüber in fortwährender He¬ bung der Waffen begriffen, haben sie sich dennoch mit allem Eifer die Urbarmachung des ihnen angewiesenen Landstriches angelegen sein lassen und daselbst Städte und Dörfer begründet, die nach Orten des Vaterlandes oder nach einzelnen, besonders verehrten Vorgesetzten benannt wurden. So treiben sie unter der Führung ihrer Offiziere Landbau und Gewerbe, und zum Schutz der gemeinsamen Grenzen nebst¬ bei das Soldatenhandwerk in seiner vollen Ausdehnung. — Ihre deutsche Zeitschrift Germania welche zu Kingwilliamstown er¬ scheint, gibt Nachricht von den Fortschritten der jungen Gemeinde, von dem Ent¬ stehen und Wachsthnme neuer Ansiedlungen, und jeder Deutsche wird hier — ferne von den heimischen Gauen an dem südlichsten Ende Afrika's, durch die Kunde von einem neuen Berlin und Potsdam, von einem Stutterheim, Breidbach und andern vaterländisch klingenden Orten freudig angeregt und überrascht. Die nach langen Kämpfen erzielte Beruhigung der benachbarten Kaffem ist noch immer nicht dauernd und wird durch Anwendung eiserner Strenge gegen die nächsten, der Regierung unterworfenen Stämme erhalten. Jedes Vergehen wird mit schwerem Gefängnisse geahndet, zu welchem Behuf« in den Forts der Capstadt sowohl, als auf der, am Eingänge der Tafelbai liegenden Robbeninsel hin¬ länglich für Unterkunft gesorgt ist. Tausende von Sträflingen werden hier sestge- halten und erst wenige Tage nach unserer Ankunft brachte ein Dampfboot aus Natal eine neue Ladung schwarzer Galeerensklaven. Unter diesen befand sich eine für die Bewohner der Capcolonie besonders interessante und daher auch vielfach besuchte Persönlichkeit, der berüchtigte Häupt¬ ling Macomo, der die Grenzen der Colonie schon vielfach beunruhigt und sich endlich den Engländern ergeben hatte, nun aber zur Sühne für den Mord eines Offiziers der britisch-deutschen Legion neuerdings gefangen genommen und durch ein Kriegsgericht zu lebenslänglichem schweren Kerker verurtheilt worden war. An Bord des Dampsbootes erschien er noch in seiner Hänptiingstracht, aber an Händen und Füssen mit Ketten geschloffen, die ihm vor der Ausschiffung abgenommen wurden. Für das härtere Gefängnis; auf der Robbeninsel bestimmt, mußte er vorher eine Zelle in der 1'ovvn prison bewohnen, um den zahlreichen Neugierigen, die sich drängten, die Mühe des Besuches zu erleichtern. 62 s-- Macomo ist ein bejahrter Mann, der zwischen sechzig und siebzig Lebens¬ jahre zählt, — seine wolligen Locken begannen sich grau zu färben, was bei Negern gemeiniglich erst im hohen Alter eintritt; seine Gesichtszüge aber schienen nur die eines gewöhnlichen Kaffern zu sein, ohne ein besonderes Gepräge von Hoheit au sich zu tragen oder eine höhere Richtung des Geistes zu verkünden; den Blicken der Gaffer, die ihn umgaben und mit denen er theilweise vielleicht in besseren Tagen zusammengetroffen war, begegnete er aber kalt und fest und mit vieler anschei¬ nender Würde. Mit Erlaubniß des Gouverneurs war dem Häuptlinge die jüngste seiner Frauen gefolgt, um die Last der Gefangenschaft mit ihm z» theilen. Eine besondere Zärtlichkeit soll ihn an diese seine Lieblings-Gemalin fesseln, und die erwiesene Gnade Dankbarkeit in ihm erweckt haben. Die Negerfürstin schien mir ein Weib von etwa 3S Zähren, und mag in ihrer Jugend als schwarze Schönheit gegolten haben; funkelnde Augen und blendend weiße Zähne, welch' letztere fle beim Rauchen einer kleinen Thonpfeise nicht ohne Koketterie fast beständig zur Schau trug, legen jedoch nunmehr allein von diesen entschwundenen Reizen Bürgschaft ab. Sie trägt euro¬ päische Kleider, da ihre eigene Tracht englischen Begriffen wohl zu einfach erschienen wäre; ihr Gatte mußte sich hingegen zu dem Sträflingsanzuge bequemen. Die Trachten der Kaffern, so wie Waffen und Geräthschaften, welche die Sitten dieses Volkes versinnlichen, sind in der Cap stadt häufig zu finden, da sich einzelne Kaufleute fast ausschließlich mit dem Verschleiße dieser Artikel beschäftigen;— eine vollständige Sammlung derselben befindet sich im ethnografischen Museum, das mit vielem Geschmacke ausgestattet ist, und in Anbetracht der kurzen Zeit seines Bestehens sogar reich genannt werden kann. An wissenschaftlichen Anstalten ist noch der Sternwarte zu erwähnen, die nächst andern astronomischen Behelfen, eines der größten Passage-Instrumente besitzt. Von dieser Warte aus beobachtete der jüngere Herschel während seines mehrjäh¬ rigen Aufenthaltes in der Capstadt die Phönomene des südlichen Himmels und eröffnete, — ein echter Jünger der Wissenschaft — durch seine Aufopferung im Dienste derselben, und durch seine gründlichen und gediegenen Forschungen der Menschheit erst recht eigentlich die Kenntniß jener bisher fast unbekannten Welt. Die Kapstadt ist der Sitz der Centralregierung und des Generalgouverneurs der Colonie, welche Stelle gegenwärtig Sir George Grey bekleidet, dessen Be¬ fehlen auch die abgesonderten Distrikte Britisch - Kaffraria und Natal unter¬ worfen sind. Ihm zur Seite stehen berathende Versammlungen: die Representativ- und die Senatorenkammer, deren Beschlüsse jedoch der Genehmigung des Statt¬ halters bedürfen. Die Berechtigung zum Sitze in der Kammer wird durch Grund¬ besitz und das Jndigenat der Colonie erworben. — Der militärische Dienst wurde während unserer Anwesenheit in der Colonie nur von der städtischen Miliz besorgt, da alle mobilen Truppen nach Ost-Zndien gezogen waren; die westlichen Districkte, welche keiner Vertheidigung bedürften, waren augenblicklich ganz von Militär entblößt. Fast täglich liefen große Regie- --S «3 rungsdampfer in der Tafelbai ein, welche Regimenter an den Kriegsschauplatz fahren und nur so lange verweilten, als unbedingt nöthig war, um ihre Vorräthe zu ergänzen oder Pferde anzukaufen. Auf mehreren dieser Schiffe befanden sich Frauen an Bord, welche durch die jüngst in Delhi und Cawnpore verübten Graul keineswegs abgeschreckt, ihre Gatten nach Indien begleiteten. Die meisten Umgebungen der Stadt sind angenehm und der ehemals kahle Felsboden durch die emsig, fleißig und kunstvoll ausgeführte Anlage von Gärten und Villen zu einer lieblichen Landschaft umgeschaffen. Kleine Ausflüge sind beloh¬ nend; unter denselben bildet der Weg nach Greenpoint den beliebtesten Spazier¬ gang der Stadtbewohner. Eine gute Fahrstraße führt dahin am Fuße des Lions- rump entlang, von dessen leicht zu erklimmender Höhe man einen hübschen Ueber- blick der Stadt und eine Fernsicht nach der Kette der nördlich ziehenden blauen Berge gewinnt. Den Frauen bietet dieser Ausflug Ersatz für die weit beschwer¬ lichere und ihnen kaum znzumuthende Ersteigung des Tafelberges, welche mit so vielen Mühseligkeiten verbunden ist, daß nur der mächtige Eindruck all der gro߬ artigen Naturschönheiten für die bedeutenden Anstrengungen zu entschädigen vermag. Wir brachen eines Morgens um 7 Uhr auf, und versahen uns, mehrfach wiederholten und dringend eingeschärsteu Rathschlägen folgend, mit einem landes¬ kundigen Führer, ohne dessen Hülfe wir sicher irre gegangen wären, so wenig dieß auch der Anblick des aus der Ebene zwar allerdings steil, jedoch keineswegs allzu¬ hoch erscheinenden Berges vermnthen ließe. Um den Abhang selbst zieht sich eine auf den ersten Blick wahrnehmbare, den ganzen Tafelberg beinahe wie ein Gürtel umgebende Linie, welche die untere, gegen die Ebene sauft abfallende Region des niedrigen Baumwuchses von dem höheren und weit steileren, aller Vegetation baren Theile des Berges scharf ab¬ schneidet. Zu dem Fuße desselben gelangt man längs dem Ufer eines kleinen Baches, durch eine schöne Allee großer, alter Eichen, welche zu einem Haine dicht gesäeter, Pinien führt. Weiter oberhalb hört aller höherer Baumwuchs auf — es kömmt nur mehr Strauchwerk fort, unter welchem sich namentlich herrliche Pelargonien bis zur Manneshöhe erheben, vor Allen aber der nur hier einheimische Weißbanm, wegen seiner silberglänzenden Blätter Protea argentea genannt, besonders gedeiht. Bald wird das Strauchwerk seltener und niedriger und man gelangt alimälig zur oberen kahlen Region des Tafelberges. Geröll und unförmliche Sandsteinklumpen machen hier die Führung eines gangbaren Weges uud Steges unmöglich, so daß erst von dieser Stelle die eigent¬ lichen Beschwerlichkeiten der Ersteigung beginnen. Die hie und da noch spärlich fortkommende, niedrige Vegetation ist unserer subalpinischen Flora theilweise nicht unähnlich, und es finden sich Eriken, Immortellen und Strohblumen in Fülle. Befände sich nun der Tafelberg in einer von Fremden oder Lustreisenden besuchteren Gegend, — allenfalls in der Nähe eines deutschen Badeortes, so wäre sicher längst schon für die Anlage eines bequemen Pfades gesorgt und diese verhält- nißmäßig nur ganz kurze Strecke Weges zu einem angenehmen Spaziergange umge- -H 64 s-- schaffen; hier zu Lande jedoch würde ein solches Unternehmen sich allerdings nicht der Mühe lohnen. — Ans halbem Wege ruhten wir am Rande eines kleinen Baches, dessen frisches, klares Wasser uns einen kühlenden Trunk bot; unser Füh¬ rer schlug als Muselmann den Wein entschieden aus, den wir ihm gereicht hat¬ ten, um die all zu kühle Temperatur des Wassers zu mildern, dagegen erbat er sich eine Flasche Bier, welche ihm auch gerne zugestandeu wurde. Der eben erwähnte, winzig kleine Bach ist die einzige Wasserader, die dem Berge ent¬ quillt ; sie versieht die Stadt fortwährend reichlich mit Trinkwaffer, welches da¬ selbst in einem Reservoir gesammelt wird. Wenn auch nie versiegend, hat sie den¬ noch keinen eigentlichen Ursprung, da sie ihr Entstehe» dem Tafeltuche verdankt, jener eigenthümlichen weißen Wolke, welche an jedem Abende den Berg umhüllt, sich über die Tafelfläche erhebt, und in der kälteren Luftschichte zu Wasser verdichtet. — Nach kurzer Rast wurde der Weg so gut als möglich durch das Gerolle fortgesetzt, aus dem hie und da dichte Büschel Gras hervorsproßten, und unser Weiterkommen wesentlich förderten, da sie uns als Anhaltspunkte znr Erklimmung der nun fast senkrechten Steigung dienten, die uns ebenso mühevoll als langwierig erschien. — Hat man jedoch einmal durch eine enge Felsenklnft — eigentlich einen schrägen Spalt des Berges — die Höhe erreicht, und ist man auf der weiten Tafel fläche bis zum nördlichen Rande gelangt, so genießt man eine entzückende Fernsicht zunächst auf die Ebene vor der Stadt und die Tafelbai, welch' Erstere sich zu den Füssen des Beschauers gleich einem Schachbrette ausgebreitet, an welchem zwei Riesen — der Berg und der Ozean — als Spieler einander gegenüber sitzen. Die sogenannte Taselfläch e auf der Höhe des Berges ist aber keineswegs ein glattes Hochplatteau, wie der am Fuße des Tafelberges Stehende anfäng¬ lich zu glauben versucht wäre; das Terrain kann hingegen eher wellenförmig ge¬ nannt werden; es hat seine eigenen Erhöhungen und Vertiefungen, es ist vielfach zerklüftet und mit Felsblöcken besäet. Die scharfkantige Bildung des Randes ist überhaupt nur auf der Nordseite wahrnehmbar, während der Berg nach Süden hin in tiefe Schluchten zerrisse», nicht so jäh abfüllt. Unmittelbar vor sicb findet das Auge des iu dem Mittelpunkte jener Hochebene Stehenden keinen andern Ruhepunkt als die großen Felsblöcke, welche sich ost zu ganzen Hügelreihen verbunden, nach verschiedenen Richtungen hinziehen, zwischen ihnen nur einem kargen Pflanzenwuchs spärlichen Raum gönnend; selbst der Horizont der See ist von hier aus, durch das, wohl eine deutsche Meile im Umfange messende Plateau verdeckt; einige Schritte nach dem östlichen Rande hin aber eröffnet sich plötzlich eines der lieblichsten Bil¬ der, welches die reichste Phantasie ersinnen kann; ein Bild, welches alle Mühen und Anstrengungen der Ersteigung hundertfach belohnt. Zunächst zur Linken die spitze Form des TeufelSpiekes, mit dem Tafel¬ berge Lurch einen schmalen Kamm in Verbindung stehend; rechts der ganze Höhen¬ zug, in welchem mit dem Constantia Berge und dem niederen Vorgebirge der guten Hoffnung der noch unbekannteste Erdtheil der Welt im Meere verläuft — gleichsam zwei vorragende Schutzmauern, welche den Standpunkt des Beobachters —63 In¬ begrenzen. Zwischen diesen breiten sich die fruchtbaren Gefilde nächst Constantia und Wynberg bis zum Gestade der Falsebai ans, deren Fläche am Horizont deutlich sichtbar ist; in weiterer Ferne schließt sich der Distrikt von Stellenbosch an die Kette der Schwarzen Berge, an deren Fuße bei Zwellendom die Hcrren- Huter-Colonie Gnadenthal in stillem Frieden daliegt. Angesichts dieses prachtvollen Gemäldes ruhten wir eine Stunde und labten Geist und Körper, denn ein kleines Mahl war vorsichtshalber nicht vergessen worden. Kaum war jedoch die bemessene Frist verflossen, so mahnte der Führer zum Aufbruche, denn schon zeigten sich die Vorläufer des sich mit unglaublicher Rasch¬ heit bildenden Tafeltuches, und es schien gerathen, die steile Hälfte des Berges zurückzulegen, ehe sich dessen Haupt mit seiner Nachtmütze bedeckte. — Der Rück¬ weg gestaltete sich beinahe noch schwieriger als die Ersteigung, und nur die bereits erwähnten Grasbüschel gewährten uns einige Sicherheit gegen ein allzurascheS und unwillkommenes Hinabrollen. Erst um 9 Uhr Abends kehrten wir hochbefriedigt von dem beschwerlichen aber herrlichen Ausfluge nach 14 stündigem Marsche in die Cap stadt zurück. Einen anderen, mannigfaltiges Interesse bietenden Blick in die nächste Um¬ gebung gewährte uns eine Fahrt nach den Rebenbergen Eonstantia's, deren Ver¬ anstaltung wir der Freundlichkeit und liebenswürdigen Zuvorkommenheit des kaiserl. Konsuls Herrn Mosenthal verdanken. Der Weg führt nm den Fuß des Tafelberges der Falsebai zu, ist größten- theils schattig und zu beiden Seiten von Landhäusern und Gärten umgeben: die Straße selbst aber mit rothem Sande bestreut, so freundlich und anmuthig, daß man sich in einem englischen Parke wähnen möchte. Die erste Wegstrecke, welche zugleich als Poststraße nach den südlichen Distrikten der Kolonie dient, war äußerst belebt, und bot einen tiefen Einblick in die Regsamkeit des Verkehrs zwischen diesen Gebieten und der Hauptstadt, die jedoch allmälig einen Theil dieses blühenden Handels zu Gunsten des neugegründeteu rasch aufblühenden und jenen Distrikten näher gelegenen Stapelplatzes Port Elisabeth an der Algoa Bai einbüffen dürfte, nach welchem sich der Absatz der dortigen Produkte der leichteren Verschiffung wegen bereits zu ziehen beginnt. Ungefähr an der Weghälfte zweigt sich die Seitenstraße nach den Höhen von Constantia ab, welche etwa zehn englische Meilen entfernt, leicht in einer Stunde erreicht werden. Constantia ist kein geschloffener Ort, sondern eine, aus zierlichen Land¬ häusern und weitgedehnten, aneinander grenzenden Weingärten bestehende Landge¬ meinde, deren Bewohner sich fast ausschließlich mit der Cultnr des bekannten, köst¬ lichen Constantia-Weines beschäftigen. Derselbe gedeiht nur auf dieser südlichen Berglehne, welche zwei Arten, den weißen und den rothen Constantia hervorbringt; er ist süß, wohl schmeckend, sehr aromatisch und geistig. Obwohl von mehreren Grundbesitzern gepflanzt, wird er doch nicht in großer Menge erzeugt und hat daher selbst an Ort und Stelle einen ziemlich hohen Preis. Die andern, bei uns bekannten 9 —-s 66 Capweine werden in der ganzen Colonie gebaut und zur weiteren Versendung nach der Capstadt oder der Algoabai gebracht. — Bei Herrn Van Renen, einem Freunde des kaiserl. Consuls und dem größten Grundbesitzer der Umgebung, wurden wir freundlich ausgenommen und erfreute» uns daselbst des Anblicks eines der schön¬ sten Gärten des Caplandes, der tropische Gewächse uud Früchte aller Art in üppig¬ ster Fülle hervorbringt, insbesondere aber einen großen Reichthum an Orangen ent¬ faltet, welche hier von den kleinen Mandarinen bis zu den umfangreichsten Apfel¬ sinen i» den mannigfaltigsten Gattungen vertreten sind. Ein letzter Ausflug führte uns endlich noch nach der Simon Sbai, woselbst unser Commandant jenen des am Cap stationirten Geschwaders Sir Frederik Grey aus seinem Flaggenschiffe besuchte. Die Simonsbai bildet den Kriegöhafen der Capstadt, da kein englisches Kriegsschiff in der Tafelbai zu ankern befugt ist. Ein kleines Städtchen, Simonstown, seit kurzer Zeit am Ufer der Bucht erbaut, dient als maritime Vorrathskammer für die Flotte und besitzt ein Seearse¬ nal, welches mit dem hinlänglichen Bedarf an Ansrüstungsgegenständen reichlich versehen ist, um eiusprechenden Schiffen jeden Notlügen Vorschub zu leisten und mit britischer Genauigkeit uud Vollendung alle mögliche Aushülfe zu gewähren. Auf dem Wege dahin liegt am sandigen Strande einer kleinen Bucht das unbedeutende, aber freundliche Fischerdörfchen Kalkbai, das einigen Familien der Capstadt zum Sommeranfenthalte dient, und woselbst auch wir im gastfreien Hause unsers wür¬ digen ConsularvertreterS die heitersten Stunden verlebten, deren Gedächtnis wesentlich mit dazu beitrug, wenn uns Allen der Aufenthalt am Cap zu einer unvergeßlichen Erinnerung geworden ist. VII. NkMkla. Am 12. Jänner 1858, als den für unsere Abreise festgesetzten Tage verließen wir um 3 Uhr Nachmittags die Tafelbai durch frischen Südostwind begün¬ stigt, der das Schiff mit fast gleicher Kraft auf der ganzen 1500 Meilen langen Strecke bis zur Breite von Benguela begleitete während eine etwas nordwärts ziehende Strömung gleichzeitig zur Schnelligkeit der Fahrt wesentlich beitrug. Am Morgen des neunten Tages erblickten wir die Einfahrt der genannten Rhede, so wie das eigenthümlich geformte Vorgebirge, welches dieselbe nach Süden hin begrenzt und nicht mit Unrecht die Benennung: Chapeo de San Felipe trägt, da es von jeder Seite aus in Gestalt eines Hutes erscheint. 67 S-- Der heilige Filipp ist der Schutzpatron von Benguela, und die Haupt¬ stadt der Provinz führt seinen Namen. Es wurden von uns an jener Stelle wo die englische Admiralitätskarte vom Jahre 18ZZ eine muthmaßliche Bank angibt, einige Lothringen vorgeuommeu, man fand aber allenthalben eine Tiefe von durchschnittlich 60 Faden; auch soll das kö¬ nigliche Kriegsschiff Harrington, welches bekanntlich in diesen Gegenden Schiff¬ bruch litt, nicht an jener Stelle, sondern an der Küste selbst gescheitert sein, und die Bank nach Aussage der Landesbewohner gar nicht bestehen. Die Rhede von Benguela ist eine offene Bucht, die gegen die täglich in den Morgenstunden sich einstellcnden Seebrisen nach Westen und Norden hin offen ist; der Ankerplatz ist gut in 6—9 Faden Wasser. Das Ufer der Bai wird durch eine sanft aussteigende Sandflächc gebildet, welche selbst in der Nähe der Stadt das Landen mit Booten bedeutend erschwert. San Felipe de Benguela ist nächst Loanda der bedeutendste Stapel¬ platz der Portugiesen au dieser Küste und versendet noch heute viele Produkte nach Europa, wenn auch der Handel vor Zeiten weit blühender war. Die Stadt wurde ost sehr verschiedenartig geschildert und zuweilen unbillig beurtheilt, denn ein Ver¬ gleich Ulit europäischen Orten kann hier wohl nicht Platz greisen. Sie ist nett und rein gehalten und enthält breite und regelmäßige Straßen; die Häuser sind von gutem Aussehen, wenn auch nur selten aus eigentlichen Backsteinen aufgefnhrt. Das Wasser ist schlecht und ungesund, das Clima ebenfalls fieberhaft, vorzüglich während der Sommermonate Februar und März, in welche unser Besuch eben fiel. Seit dem letzten räuberischen Ucberfalle der wilden Jag gas hat sich die da¬ mals hart mitgenommene Bevölkerung BenguelaS allmälig wieder erholt, und zählt gegenwärtig nahe an 6000 Seelen. Die ehemals hier so zahlreichen wilden Thiere (besonders Hyänen) die bis in die Straßen der Stadt drangen und dieselben beunruhigten und verheerten, sind größtentheils aus der Umgebung verschwunden. Die Rhede ist sehr fischreich und liefert gute, schmackhafte Fiscde im Ueber- fluße, — aber auch von Haien wimmelt es, und Krokodile sind im Catumbella- fluße heimisch. Wir hatten uns Seitens der Behörden einer überaus freundlichen Aufnahme zu erfreuen und müßen der besonderen Zuvorkommenheit des Gouverneurs: Corvet- ten-Capitän Vicente Ferrer Barrnncho rühmend erwähnen. In seiner Be¬ gleitung unternahmen wir einen Ausflug nach dem am Ufer des Catumbella- slußeS gelegenen Stävtchett gleichen Namens und hatten demnach erwünschte Gelegenheit, ein wenn auch kleines Stück des innern Küstenstriches von West- Afrika, im besten Lichte kennen zu lernen. Um 3 Uhr Morgens waren vor dem Hause des Gouverneurs eine Schaar Neger mit Palankinen versehen — und eine Anzahl Tragbetten und Hänge¬ matten eingetroffen, zwischen welchen Transportmitteln uns nach Belieben die 9* --H 68 S-- Auswahl gelassen wurde. — Wir brachen allsogleich auf, um nicht unterwegs von der drückenden Mittagshitze zu leiden und bedienten uns zur Reise der bereits er¬ wähnten Palankine. Jeder derselben wurde von zwei Schwarzen an einer langen Stange befestigt getragen, von welcher er an Ringen herabhing, während je vier Schwarze zur Ablösung ihrer Gefährten den einzelnen Palankinen folgten; zehn an¬ dere aber begleiteten den Zug nm den Mundvorrath und die nöthigen Mäntel zum Schutz gegen den Nachtthau zu schleppen. Wir waren somit von einer Truppe von vierzig kreischenden und singenden Negern umgeben, deren nur allbekannte Hautauödünstung die Annehmlichkeiten der seltsamen Expedition keineswegs erhöhte. — Kaum hatten wir in den Palankinen Platz genommen, so ging es schon unter dem Geheule der Schwarzen in einem paßartigen, unglaublich raschen Schritte unaufhaltsam vorwärts, theils auf durch¬ aus ebenem, sandigem Boden, theils durch Felder, die mit wildwachsenden Malven bedeckt waren. Die Träger lösten sich ungefähr jede Minute ab, indem während des Marsches stets zwei andere hinterher gerannt kamen, ihren Geführten, nachdem sie selbe durch Händeklatschen auf den Wechsel aufmerksam gemacht, die Stange von den Schultern rissen und ihnen gleichzeitig durch einen Stoß mit dem Arme das Gleiten ans der Bahn erleichterten. Da aber nicht beide Träger zugleich, sondern einer nach dem andern abwechselten, so entstand für den Reisenden der, die sich un¬ gefähr jede halbe Minute wiederholenden Stöße mit empfand, eine eigenthümliche, zwar beinahe regelmäßige, aber dennoch höchst unangenehme Bewegung, gegen deren Wirkungen man allerdings ebenso unempfindlich werden mußte, als gegen die ver¬ anlassenden Ursachen der Seekrankheit. Auf diese Art werden hier zu Laude alle Reisen und selbst die größten Wegstrecken zurückgelcgt; man bricht in den frühesten Morgenstunden auf und macht um Mittag halt für den ganzen Rest des Tages und selbst für die kommende Nacht, denn kein Eingeborener ließe sich bewegen, den Marsch nach gehaltener Rast am selben Tage fortzusctzen; selbst der leidige Brannt¬ wein, — sonst das wirksamste Mittel um Schwarze zu überzeugen, würde dießmal seine Wirkung verfehlen. Nach drei Stunden erreichten wir Catnmbella, ein Städtchen von etwa 1000 Seelen, das aus einer langen Straße mit ungefähr fünfzig ebenerdigen Häu¬ sern besteht, die meist von Weißen oder Farbigen bewohnt werden. Die Mauern der Häuser sind aus gestampftem Lehm aufgeführt, sorgfältig weiß getüncht, und größtentheils mit Palmblättern — nur wenige mit Ziegeln gedeckt; der Anblick ist jenem eines ungarischen Dorfes nicht unähnlich. Die Hütten der schwarzen Bevöl¬ kerung sind hinter dem Orte gruppenweise vertheilt, und von einer Umzäumung um¬ geben, welche Libata heißt. Am Ende der Gaffe erblickt man einen Hügel von geringer Höhe, von welchem aus ein Fort die Umgebung beherrscht, und wenn auch nur zwei Sechspfünder von seinen Wällen drohen, so genügt diese geringe Ausrüstung dennoch um die, noch auf der niedersten Stufe der Bildung stehenden Laudeskinder in Furcht und Unter¬ würfigkeit zu erhalten. Von der Höhe genießt man einen schönen Anblick des sich hier öffnenden Catn m b c l la-Th ale s, in welchem sich der Fluß, gerändert von --S 69 S-- Palmen der mannigfaltigsten Gattungen und von den Erzeugnissen der üppigsten tro¬ pischen Vegetation beschattet, westwärts nach dem Meere windet; im Rücken gähnen die Schluchten des Jnhandanha-GcbirgeS, dessen Fuß entlang der Fluß von seinem noch unerforschtem Ursprung herströmt; ein wahrhaft schönes Gemälde. Dem Fort gegenüber hielten wir vor dem Hanse des Commandanten, In¬ fanterie-Lieutenant Teodoro Raimondo deLima der bereits 20Jahre in diesen fernen Colonien dient, und der höchsten Behörde des Ortes vorsteht. Sowohl er als seine Gattin empfingen uns mit vieler Freundlichkeit und besonderer Auszeichnung. Auf einer Fähre setzten wir über den Fluß, an dessen rechtem Ufer sich der eigentliche Negerort befindet. Er mag über hundert Hütten zählen, die Cubota genannt werden, und aus Lehm und Palmenstroh gefertiget sind; sie dienen den Negern nur als Schlafstelle, die Küche befindet sich in einem abgesonderten, ähn¬ lichen Gebäude und ist gleich dem Hause von einem runden Zaune aus Rohrgeflecht, der bereits erwähnten Libota umgeben. Oelpalmen und Bananen wachsen zwischen den also geschiedenen Negerwoh¬ nungen in Fülle und das schattige Laub des Cajubaumes mildert wohlthätig die sengende Glut der tropischen Sonnenstrahlen. Durch den Zufall besonders begünstigt war es uns vergönnt, ein höchst selt¬ sames Schauspiel hier zu erleben, das selbst für die hier Angesiedelten ungewöhnlich ist. Ein ganzer Negerstamm kam eben aus BihL, 30 Tagreisen aus dem Innern herangezogen, schwer beladen mit den vorzüglichsten Handels-Artikeln dieser Küste: Palmöl, Wachs, Elfenbein, Gummi und Orseille. Diese Maaren lagen in Netzen, welche, zwischen zwei langen Stöcken geflochten, auf dem Kopfe getragen wurden. Die Enden dieser Stöcke hielten die Neger nach vorne, indem sie sich derselben mit großer Geschicklichkeit bedienten, nm die schwere Last beständig im Gleichgewichte zu erhalten. So gingen sie im Gänsemarsche hinter einander, niemals paarweise, und mochten an Männern, Weibern und Kindern wohl über 3000 zählen. — Die Ca¬ ravans brachte bei 3—4000 Elephanten-Zähne verschiedener Stärke nach Benguela deren Werth nach dem hiesigen Preise 100,000 spanische Thaler betrug, und wor¬ unter sich Stücke der größten Gattung, 80 Pfund im Gewichte — befanden. Sämmtliche Maaren werden in der Stadt an bestimmte Häuser abgeliefert, welche sich insbesondere mit dem Tauschhandel befaßen, denn gemünztes Geld ist dem Neger unbekannt; und er würde es kaum anders verwenden, als nm daraus ein Armband zu schlagen oder es als Geschmeide au seine Halsschnur zu hängen, wie es bei ihm eben mit einer Glasperle oder jeder Muschel der Fall wäre. Ein Stück Kattun und besonders gewisse Arten von Muscheln find ihm weit schätzbarer als das werthvollste Goldstück. Einem dieser Schwarzen gedachte ich ein kleines Fell abzukaufen, das der Neger am Leibe trug, und für welches er einige Kupfermünzen begehrte.— Da ich eben nicht so viele bei mir hatte, bot ich ihm dafür eine Silbermünze, die den ge¬ forderten Preis weit überstieg; dessenungeachtet schlug sie der Schwarze entschieden aus, und meinte, es sei dieß kein Kupfer daher für ihn werthloS und überdieß nur 70 ein Stück. Um unser Erstaunen über solche Einfalt zu steigern, bot einer unserer landeskundigen Gefährten dem Besitzer des Felles für dessen Ueberlaffung ein großes Goldstück an, in der sichern Voraussetzung, daß er es nicht aunehmen würde, und so geschah es auch, denn der Maun warf die Münze mit sichtbaren Zeichen der Un¬ geduld verächtlich auf den Boden. Gleiche Einfachheit bewähren die hiesigen Ne¬ ger in ihrem Altagsleben, in ihren Sitten nnd ihrem Glauben. Sie erkennen einen unsichtbaren Gott, welchem sie Allmacht nnd Allgegenwart bcimeffen und den sie Snco neunen, ohne ihn jedoch durch irgend einen äußeren Kultus oder durch die sonst bei den Völkern in Inner-Afrika häufig gebräuchlichen Schlachtopfer zu ver¬ ehren. Ihre Nahrung besteht lediglich aus der M a ni okwurzel und dem hieraus be¬ reiteten Mehle; den kühlenden Trnnk liefert ihnen der Palmwein, ein der CocoS- Milch ähnlicher Saft, den man durch Einschnitte in den Stamm gewisser Palm¬ arten gewinnt. Demungeachtet kennt der afrikanische Neger dieAgua ardente sehr wohl, nnd fällt mit unglaublicher Gier über den Branntwein her, den man ihm zur Aufmunterung reicht, und gar ost sieht sich der Europäer, ferne im Innern des Landes, von einer Schaar Schwarzen umringt, genöthigt, sich durch dieses verderb¬ liche Getränke Ruhe und Sicherheit, ja selbst Gehorsam zu erkaufen. Das Laster nimmt in neuerer Zeit schrecklich überhand, und zwar hauptsächlich unter Jenen, die in der Nähe der europäischen Niederlassungen wohne» und durch die häufige Berührung mit dem Weißen zum Christenthume bekehrt wurden. Auch die Kleidung gibt dem Neger wenig zu schaffen, meist besteht sie nur aus dem rohen Felle eines selbsterlegten Thieres. Die Weiber verhüllen sich sorg¬ fältiger und mit vielem Anstande; ein großes Stück farbigen Kattuns, unter den Armen um den Körper geschlungen, bedeckt die ganze Gestalt, wobei nur die Schul¬ tern frei bleiben; Glasperlen um den Hals, ein ähnliches Band aus der Srirue und kupferne Ringe an Armen nnd Füssen bilden ihren Schmuck, der bei den Vor¬ nehmen oft bis zur Neberladuug ausartet; Jungfrauen tragen ähnliche Ringe aus Stroh. Die weiter nördlich wohnenden Eingebornen sind noch sehr wild, nnd selbst in der Nähe der Küste gibt es Orte, in welchen kein Mensch mit glattem Haare Durchlaß findet; andere Stämme fordern einen Branntwein-Tribut von beträchtlicher Quantität. Die Neger, welche wir auf dem Dnrchznge erblickten, beschäftigten sich nur mit dem Zwischenhandel der vorgenannten Maaren, die sie von andern Stämmen ans dem Innern Afrikas beziehen und ans dem Markte zu Bihö eintanschen, wor¬ auf die Ladungen in der oben geschilderten Weise an die Küste zur Verschiffung ge¬ bracht werden. Die gangbarste Münze in diesem Tauschhandel ist eine kleine, längliche Mu¬ schel, welche häufig an der Ostküste Afrikas vorkömmt: ein Ei kostet drei, eine Henne sieben solcher Muscheln. Mit einem Stücke Tuch oder einem werthlosen Halsgeschmeide könnte man im Innern des Landes das größte Elfenbein erstehen; 71 keine Summe Goldes aber würde hinreichen, um sich mit einem Glase Palmwein Labung zu verschaffen. Das Oel, welches hier in den Handel kömmt, ist der auS- gepreßte Saft aus der mandelartigen Frucht der Oelpalme und wird hauptsächlich zur Seiscugewinnung gebraucht und daher nach allen Richtungen versendet; mit demselben befeuchten sich die Neger von Dombe, einem Dorfe in der Nähe Ben- guela's die Haut, da ein tief gewurzelter Aberglaube sie abhält, sich je mit Wasser zu waschen. Die meisten unserer Träger gehörten diesem Stamme an. — Auch das Wachs rst ein Prooutt der so überaus nützlichen Psianzenfamilie der Palmen, und wird ans der Wachs- und Schirmpalme gewonnen. In großen viereckigen Klum¬ pen geformt ladet man es in die vorhin erwähnten Netze und sofort aus die Köpfe der abgehenden Neger; — das Gummi stammt vom afrikanischen Kopalbaume und wird als Harz ansgeschwitzt, worauf es sich entweder längs des Stammes oder durch denselben zur Wurzel senkt, und dann zuweilen in großen Stücken tief ans dem Boden gegraben werden muß, — man verwendet es zum Lackiren und zur Er¬ zeugung von Firnißen; — Die Orheille endlich ist eine wildwachsende Flechtengat- tnng, die hier moosartig auf Gestein vorkömmt, und zur Bereitung der Lackmus- Farbe nach Europa versendet wird. Mit allen diesen Schätzen beladen zog die schwarze Horde einzeln an uns vorüber, nachdem sie massenweise ans Flößen unter betäubendem Geschrei den Fluß übersetzt hatte, und lagerte zu kurzer Rast in größeren Gehöften deren es einige gab und die als Herberge dienen. Da war nun Alles schwarz und Alles Lärm. Gruppenweise saßen die müden Fremdlinge im Kreise mn ein Feuer gelagert, in dem große Stücke Fleisch schmorten und in Kesseln eine siedende Masse gekocht wurde. Einige unter ihnen saugen vaterländische Lieder, andere schrien, stritten oder zankten sich: Alles gleichzeitig und auf dem kleinsten Raum zusammengedrängt. Die Waareu i» den bekannten Retzen zwischen den Tragstangen festgebunden lehnten aufrecht an der Wand — nebenan die Waffen jedes einzelnen Negers; kleine Handkeulen, Bogen und Pfeile, oder Wurfspieße, — einJntereffe erregender, höchst eigenthümlicher Anblick! Von einem mehrstündigen Spaziergange zurückgekehrt, wurden wir im Hause des Commandanten durch die Anwesenheit des Königs jenes Negerstammes überrascht, dessen Wohnsitze sich am linken Ufer des Rio Catumbella bis zur See erstreck¬ ten. Er ist eine höchst seltsame und komische Erscheinung, deren Anblick uns reich¬ lich für alle Mühsal des Tages entschädigte. Als wir eiutratcn fanden wir den König auf einem Stuhle sitzend, allein in der Mitte des Zimmers und keineswegs im Kreise neben den andern Gästen, denn dazu war nicht einmal der König seiner Sklaven berufen. Ei» langes Stück blauen Kat¬ tuns um die Hüften geschlungen und bis unter die Knie reichend, bildete sein ein¬ ziges Unterkleid, darüber trug er einen alten, vermoderten Gehrock, der einst von schwarzem Tnche gewesen sein mochte, der aber die, jeder andern Bekleidung bare Brust vollkommen entblößt ließ, da er nicht einmal zugeknöpft werden konnte; die Beine waren von den Knien abwärts gleichfalls nackt, wie nicht minder seine Füße; den Leib schnürte eine portugiesische Offiziers-Feldbinde, an den Schultern waren —4 72 s- ein Paar alte Meffing-Epanletten geheftet; das Haupt des Königs aber schmückte ein abgetragener Soldaten-Czako mit metallenem Sturmbande, den er bei Begeg¬ nung eines Weißen ehrerbietig abnahm; in der Hand führte er einen lange» Stab. Seine Benennung in der Landessprache ist Soba, — soviel als Fürst. In den portugiesischen Niederlassungen sind diese Häuptlinge znm Range von Unterbeamten der Regierung herabgesnnken, welche durch ihre Vermittlung mit den Stämmen der Eingebornen verkehrt. Die Nachfolge in dieser Würde ist erblich und zwar derart beschaffen, daß beim Tode eines Soba's nicht sein Sohn, sondern das Kind seiner Schwester znr Regierung gelangt, da nach den allerdings nicht unrichtigen Ansich¬ ten dieser Neger, die Legitimität des Sohnes einem Zweifel unterworfen sein konnte, während der Schwestersohn unstreitig ans demselben Blute entsprungen sein muß. Von seinem Vorgänger zur Nachfolge bestimmt, bedarf der neue Soba vor dem Antritte seines Amtes einer Bestätigung von Seite der Regierung, in deren Hände er sodann den Eid des Gehorsams ablegt, und die Taufe empfängt. Unser Bekann¬ ter hieß Soba Dom Joaquim Kapeoua. Als die Essenszeit herangerückt war, mußte sich der Häuptling entfernen; die Hausfrau reichte ihm zwei Flaschen Wein, und sprach sehr nachdrücklich zu ihm: „^ im Auftrage des Pester Na- tioual-Mnseum's eine Reise durch Jnner-Aftika unternahm. Wir hatten selbst Gele¬ genheit einige Briese desselben an das Gouvernement von Guinea zu lesen, durch welche er die Weiterbeförderung seines begonnenen und nunmehr in der Fortsetzung begriffenen Reisewerkes erbat. Dasselbe wird wesentlich zur Kcnntuiß dieses noch so wenig erforschten Erdtheiles beitragen, und auch eine weit deutlichere Anschauung von dem Küstenstriche West-Afrikas bieten können als jene, die wir während unseres kurzen Aufenthaltes in den Gewässern Guineas zn gewinnen vermochten. Mittlerweile war die für den Aufenthalt in Benguela bemessene Zeitfrist verstrichen und ihr rascher Ablanf mahnte zur Abreise. 10 74 VIII. Knmda. Mit dem Eintritte der Seebrise ging die Corvette am 28. Jänner gegen Mittag in See. Der Monsun, welcher in dieser Jahreszeit die Küsten bestreicht und die Strömung war uns auch hier durchaus günstig, so daß wir am dritten Tage der Fahrt die Insel Loanda erblickten, und, derselben entlang segelnd — am 31. Jänner Nachmittags frei von ihrer Nordspitze im Hafen von S ao Paulo de Loanda lavirend ankerten. Die Insel Loanda ist eine lange, schmale Erdznnge, weiche den Hafen ge¬ gen Westen hin schließt, und ihm eigentlich erst die Bedeutung eines solchen ver¬ leiht, da er sonst wohl nur eine offene Rhede genannt werden könnte. Der südlichen Jnselspitze gegenüber und durch ein schmales und seichtes nur für Boote zugängliches Fahrwasser von derselben getrennt, liegt das Fort Sao Miguel; das Nordende der Insel wird durch das gegenüber liegende Fort Sä"o Pedro beherrscht und erstreckt sich von da aus als Untiefe in derselben Richtung bis DwarS von Cap Lagostas, wo die Spitze der Seebank durch eine Tonnen¬ boje bezeichnet wird. Der Hafen ist geräumig und sicher; größeren Schiffen aber nur die vordere, dem Meere zugekehrte Hälfte zugänglich, da der Grund gegen die Stadt zu rasch ansteigt und bei Springebben an manchen Stellen sogar trocken liegt. Die Lage der Stadt ist freundlich und einuehmend. Sie breitet sich amphi- theatralisch auf den Abhängen sanft abfallender Hügel ans, nnd zerfällt in die obere und untere, in welch' letzterer der Handel getrieben und alle Geschäfte abgemacht werden, während die obere dem Gouverneur und den vornehmsten Familien zur Wohnung dient, und von ihrer Höhe aus einen schönen Ueberblick über die Unter¬ stadt, den Hafen und die vor demselben sich ausbreitendc Insel Loanda dar¬ bietet. Im Jahre 1578 gegründet gehörte S. Paulo, mit Ausnahme einer sie¬ benjährigen Besetzung durch die Holländer ununterbrochen der Krone Portugals, unter deren Verwaltung cs sich wohl zur gegenwärtigen Bedeutung erhoben, jedoch niemals jenen Grad commerzieller Blüthe erlangte, dessen sich die Colonien Frank¬ reichs nnd Englands fast durchaus erfreuen. Beim Ableben König Alp ho ns I. aus dem burgundischen Hanse war die Westküste Afrikas nicht weiter bekannt, als bis zum Vorgebirge St. Caterina unter 1°30' südlicher Breite, das 1464 von Joä"o de Sequeira entdeckt nach dem Tage der Ermordung dieses kühnen Seefahrers benannt wurde. 7S Während der Regierung des nächsten Königs von Portugal, Johann II. ward in den Jahren 1481 bis 1495 der Küstenstrich vonMolembo undCalinda bis Ambriz erforscht; hierauf entdeckte Ferdinand Gomez den Fluß, dem er seinen Namen gab, und endlich Alvaro Martins den gleichnamigen Meerbusen. Allmälig wurde die ganze Westküste bis znm 6. Breitengrade von portugie¬ sischen Seefahrern besucht und im Namen der Krone in Besitz genommen. König Johann II. sandte den Diogo Cam aus, um das, seiner Lehensherrlichkeit un¬ terworfene Gebiet zu erweitern; derselbe drang bei dieser Gelegenheit in den Congo oder Zaira, an dessen Mündung er einen Denkstein setzen ließ, von welchem der Strom seit dem den Namen: Fluß des Monumentes (Rio do Padrao) führt, und auf allen älteren Karten also verzeichnet erscheint. Noch jetzt wird das Vor¬ gebirge, welches den Fluß nach Süden begrenzt Cabo do Padrao genannt. Wenn auch Verträge mit auswärtigen Staaten geschloffen wurden, kraft welcher sie sich verpflichteten, sich der Schifffahrt und des Handels in jenen Ge¬ wässern zu enthalten, so mußte Portugal dennoch den Besitz der neuentdeckten Län¬ der gegen manchen äußeren Feind behaupten, bis es endlich im Jahre 1848 sogar Waffengewalt anzuwenden hatte, um die Angriffe holländischer Piraten zurückzuwei¬ sen, deren Flotte durch den tapferen Statthalter Salvador Correa de Sä An¬ gesichts der Stadt Angola vernichtet wurde. Derselbe ließ auch die von den Hol¬ ländern zerstörten Städte Angola und Bengnela wieder aufbauen. Die Portugiesen, durch diese Erfolge aufgemuntert versuchten ihr Waffenglück nun auch im Innern des Landes, unterwarfen den König von Congo und dran¬ gen in die Reiche Loango, Bengo, Mayombo und andern, die sich alle frei¬ willig unter dem Joche der Eroberer beugten. Die einheimischen Fürsten wurden zu Würdenträgern der Krone und zu Führern der aus ihren bisherigen Unterthanen gebildeten Negertruppen ernannt. Dem Könige von Congo ward zwar die Herr¬ schaft seines Landes belassen, doch mußte er der Krone Portugal den Lehenseid leisten; er und seine Nachfolger nahmen das Christenthum und mit ihm christliche Namen an. Dem Könige Mani-Congo folgte sein Sohn Dom Alfonso, der seinen gleichfalls schwarzen Vetter Dom Pedro de Souza nach Portugal sandte, um den König Emanuel den Großen seiner Unterthänigkeit zu versichern. Der Beherrscher Portugals verlieh ihm dafür ein Wappen und zwanzig Wappenschilder für die Großen des Reiches. Auch Fahnen wurden beigesügt und sogar ein großes Jnsiegel, dessen sich der König von Congo fortan bedienen sollte. Aus solche größtenteils friedliche Art gelangte Portugal allmälig in den Besitz seiner Niederlassungen an der Westküste Afrikas, deren Verwaltung auch heute noch eine ziemlich ursprüngliche ist und seit jenen Tagen nur wenig Abänderungen nnd Abweichungen von der früheren Einrichtung erfahre» hat. Das Clima ist in dieser Gegend allenthalben schlecht, und das gefürchtete Küstenfieber in Loanda weit hartnäckiger, als an andern Orten des Gouverne- 10* -4 76 S-- ments von Nieder-Guinea; am heftigsten tritt das Nebel, dessen Hanpterschei- nungcn in Frost, Erbrechen und Dissenter» bestehen, in den Sommermonaten Jän¬ ner und Februar auf. — Leider blieb auch die Corvette von der verheerenden Krank¬ heit nicht ganz verschont, denn es wurden ein Offizier, vier Kadeten und fünfzehn Mann der Equipage vom Fieber befallen, welche sich jedoch mit Ausnahme eines einzigen Mannes, Dank dem kräftigen Beistände und dem unermüdlichen Eifer der beiden Schiffsärzte, bald wieder erholten. Nachdem wir die Stadt mit den gewöhnlichen Salven begrüßt und den Be¬ such des Hafen-Capitäns empfangen hatten, sprach unser Commandant den Wunsch ans, sich dem General-Gouverneur von Guinea vorstellen zu dürfen und übergab zugleich ein Empfehlungsschreiben des königlichen Marine-Ministeriums in Lissabon. Am folgenden Tage brachte ein Ofsizier die Nachricht, daß der Gouvernenr ihn um die Mittagszeit erwarte. Der General-Gouverneur der Provinz Angola ist der höchste Staatsbeamte in den portugiesischen Besitzungen an der Küste Ni eder- Guinea's und bekleidet den militärischen Rang eines Majors im Jngenienrs-Corps. Der Empfang war zuvorkommend und freundlich, und als sich unser Com¬ mandant entfernte, glaubte er ans den Worten des Gouverneurs schließen zu dür¬ fen, daß er dessen Gegenbesuch zu erwarten habe. Doch stattete dieser denselben weder persönlich noch durch einen Adjutanten ab und uöthigte daher unfern Commandanten, ihm in dem Augenblicke unserer Abreise aus dem Hafen von Angola sein Befrem¬ den über solche Handlungsweise schriftlich auszndrücken. Zm Hafen lag der britische Kriegsdampfcr Hekla, welcher an dieser Küste zur Verhinderung des Sklavenhandels zu kreuzen befehligt war und in S. Paulo de Loanda seine Hauptstation hatte. Am Vorabende unserer Abfahrt langte auch die Nordamerikanische Corvette Dale an, welche am Beginn unserer Reise auf der Rhede von Funchal zu Madeira mit uns zusammengetroffen war. Seiner Majestät Corvette Caroline gefiel allgemein und von mehreren Stadtbewohnern wurde uns der aufrichtigste Beifall nebst der .Versicherung ausge¬ sprochen, daß noch nie ein schöneres Schiff den Hafen von Loanda besucht habe. Am 9. Februar verließ die Corvette denselben; der südliche Monsun, welcher an der Küste bis zur Grenze des Südostpaffates in einer Entfernung von ungefähr 150 Meilen vorherrschens weht, begünstigte die Fahrt; am 12. Morgens nahm uns der Passat auf und verlieh uns eine Fahrt von durchschnittlich 7 Meilen in der Stunde. Der Zustand des am Küstenfieber erkrankten Matrosen 3. Classe Mo sich hatte sich mittlerweile bedeutend verschlimmert, — am 16. verschied er schmerz- und bewußtlos. — Die entseelte Hülle wurde einen Tag hindurch in der Barkasse ausgesetzt, und von zwei Schildwachen bewacht. Tags darauf wurden nach stattge¬ habter ärztlichen Sektion die zur Bestattung nöthigcn Vorkehrungen getroffen. Am Leefallreep wurde ein Gerüst aufgerichtet, damit der Leichnam frei in's Wasser glei- --S 77 ten könne, derselbe sodann in eine Hängmatte genäht, und an den Füßen mit drei Kanonenkugeln beschwert, worauf backgebraßt wurde. — Nach kurzem Gebete der in Parade versammelten Bemannung und des Stabes hatte unter dem Läuten der Sterbeglocke der Seemann sein Grab gesunden. Die vorgeschriebenen Gewehrsalven erwiesen dem Verstorbenen die letzte Ehre; — es wurde wieder vollgebraßt, und die Flagge gehißt. IX. Ascension. Von dem frischen Paffatwinde rasch vorwärts getrieben, befanden wir uns am Abende des 19. Februar bereits unweit der Insel Ascension und am 20. mit Sonnenaufgang kam dieselbe in Sicht. Unter 7° 57' südlicher Breite und 14° 22' westlicher Greenw.-Länge gelegen, hat sie ungefähr 20 Meilen im Umfange und eine Ausdehnung von 9 Meilen in der Richtung von Ost nach West und von 6 Meilen von Nord nach Süd. Beinahe in der Mitte des atlantischen Ozeans emporsteigend ist Ascension eigentlich ein erloschener Bulcan, an dessen Fuße eine wirre Masse kahler Felsen, versteinerter Asche und Lava zu allerhand Hügeln und Schluchten geformt ist. — Der höchste Punkt der Insel, Green-Mountain ragt 2818 Fuß hoch über die übrigen, durch kahle, baumlose Thäler getrennten, niedrigen Höhen¬ rücken empor. Dem Ange bietet sich kein grünes Plätzchen, kein Baum, kein Strauch als Anhaltspunkt dar, die verschiedenen Färbungen des Gesteines, die vom tiefsten Dunkelbraun und Schwarzgran bis zum grellsten Roth und Gelb in mannigfacher Abstufung wechseln, verleihen durch ihre auffallenden Gegensätze dem sonst trostlosen Bilde allein einiges Leben. An der zerklüfteten Küste schäumt eine heftige Brandung und schließt mit ihrem milchweißen Gürtel ein einsames Stück des Erdballes ab, welches zwar öde und unwirthbar, aber dennoch voll abenteuerlicher Formen und wilder Größe ist. Wir umsegelten die Ost- und Nordseite der Insel und ankerten anderthalb Meilen vom Lande entfernt vor Georgetown in der Clarencebucht südlich des Croß-Berges, welcher durch eine Redoute mit einer Signal-Station gekrönt wird. Auf einen, vorspringenden Felsen ist das Fort Thornton erbaut und bei demselben ein bequemer Landungsplatz in den Stein gehauen. Die Roller's, gegen den gewöhnlichen Gang der Wellen und den Passat heranstürmende, riesige Wogen, treten jedoch so heftig auf, daß selbst hier das Landen gefährlich und den Schiffen durch eigene Signale davon abgerathen wird. — Offene Boote, welche an der Küste —H 78 von dieser Sturmflnth überfallen werden, gerathen um so leichter in die Gefahr zu kentern oder an's Land geschleudert zu werden, als sie oft bei dem schönsten Wetter, Plötzlich »nd ohne alle Vorzeichen eintritt. — Georgetown besteht aus einem Quadrate von Vorrathshäusern, an welche sich einerseits die Hütten der verheiratheten Soldaten andererseits das Bureau des Gouverneurs, die Kirche, die Kaserne, das Speischaus und die Wohnungen der Offiziere in einer langen Zeile «»schließen, ohne jedoch durch Gartenanlagen oder sonstige Pflanzungen auf dem verbrannten Lavaboden irgendwie verschönert zu werden. — Die Insel Ascension, die einzige englische Kolonie, welche unter der Verwaltung der Admiralität steht, wird ganz wie ein Schiff betrachtet und gleiche Ordnung und Disziplin daselbst gehandhabt, sie wird von einem Marine-Offiziere, gegenwärtig Cavitän Seymour administrirt, der zugleich das Stationsschiff befeh¬ ligt, auf dessen Nollen sämmtliche Bewohner geführt werden. Dem ersten Lieutenant desselben ist als besondere Obliegenheit die Regelung des Dienstes, man könnte sagen — des Lebens auf der Insel anheim gestellt: er vertheilt den Proviant, besorgt das Waschen der Wäsche, verkauft die als Regierungs-Monopol gefangenen Schild¬ kröten, und werden Fische gebracht, so veranlaßt er nach der Menge derselben und der Kopfzahl der anwesenden Familien, die Repartition. Außer den See-Offizieren des Schiffes beherbergt die Insel noch einen Hauptmann der Infanterie mit drei Lieutenants und ungefähr 100 Mann, welche meistens als Arbeiter in den Werk¬ stätten oder bei Bauten verwendet werden und größtentheils verhcirathet sind; ferner einen Nechnungsführer, zwei Aerzte und einen Prediger. Die Offiziere sind ans drei, die Mannschaft aus vier Jahre zu bleiben verpflichtet; ungefähr fünfzig Neger dienen überdieß als Lastträger in dieser Militär-Kolonie. Fast aller Quellen entbeh¬ rend, ist die Insel bloß auf Regenwasser beschränkt, das auf Green-Mountain gesammelt und in eisernen Röhren von Zisterne zu Zisterne bis dicht an den Lan¬ dungsplatz geführt wird, wo Boote ihre Schläuche unmittelbar an einen Hahn setzen können. Obwohl das Wasser hinreicht um selbst fremde Schiffe damit zn versehen, so ist dennoch die ganze Mannschaft aus Vorsicht auf Ration gehalten und erhält täglich eine Gallon per Kopf. Auf der Spitze von Green-Mountain bestehen einzelne Pflanzungen und Gärten, doch von so geringer Ausdehnung, daß sie kaum hinreichend Futter liefern um das verschiedene Geflügel, ein Paar Kühe und die, der kargen Nahrung wegen ohnehin sehr beschränkte Anzahl des Zugviehes zu nähren. Schlachtvieh zu halten, wäre aus eben diesem Grunde unmöglich, doch gibt es Ziegen, die theils als Hansthiere gezogen werden, theils im verwilderten Zustande die Insel bevölkern. Eme große Menge Ratten, die derselben zur Last fallen, veranlaßte die Herbei¬ schaffung von Katzen, jedoch in solcher Fülle, daß viele davon entliefen und sich nnnmchr gleichfalls als Wild in den Bergen Herumtreiben. Liefert nun auch das feste Land fast gar keine Früchte, so ist die See dagegen um so ergiebiger. Fische kommen reichlich und in verschiedenen Gattungen vor, den Hauptreichthum der Insel aber bilden die grünen oder Riesenschildkröten (testuüo ül^äas), welche vom Dezember bis Juni an den sandigen Küstenstrecken, vorzüglich --S 79 I-- des Nachts bei Mondschein die See verlassen, um am Strande Eier zu legen. Hiezu bohren sie ein tiefes Loch in den Sand, in welchem sie siebzig bis achtzig Eier verber¬ gen und sofort sorgfältig bedecken, was sie in Zwischenräumen von vierzehn Tagen zwei auch drei Mal wiederholen. Die Eier sind kreisrund von einer kalkigen Schale umgeben und haben ungefähr anderthalb Zoll im Durchmesser. Mehrere kleine Lugger sind eigens zum Schildkrötenfange bestimmt; die Mannschaft begibt sich an's Ufer, wo sie in aller Stille das Hervorkriechen der Thiere erwartet und dieselben, nachdem sie die Eier gelegt, auf den Rücken dreht, und sie dadurch außer Stand setzt, sich weiter fortzubewegen. Das Gebiß der Schildkröten ist zwar sehr kräftig, der Fang am Strande jedoch, ihrer Nnbehülflichkeit wegen auf dem Trockenen ziemlich leicht, während sie im Wasser rasch und gewandt schwimmen und daher auch höchstens im Schlafe erhascht werden können, indem man sie derart ergreift, daß sie aufrecht zu stehen kommen, nud somit ihre Füße, die nur nach rückwärts stoffen, den Verfolgern die Aufgabe noch erleichtern. — Man sängt nur erwachsene Weibchen im mittleren Gewichte von 700 Pfund; kaum ansgeschlüpft verlassen nämlich die Zungen den Strand und die Männchen kommen dann nie mehr aus der See. — Die in West-Indien vorkommenden Schildkröten sind von gleicher Art, nur etwas kleiner als die auf Ascension vorfindlichen und es wurde daher die Ver- mnthnng ausgestellt, daß die letzteren durch Wind und Strömung nach Amerika getragen werden, auf der Reise aber von Seegräsern und einigen Fucnsarten leben, welche sich vom Meeresgründe ablösen, und zwischen den beiden Coiitinenten vielfach auf der Oberfläche des Ozeans schwimmen. Man hat sogar Jungen zur Probe bevor sic in die See gingen, die Füße durchbohrt und acht Jahre später wurden ausgewachsene Schildkröten mit diesem Merkmale eiugesangcn, woraus man Wohl schließen darf, daß die erwähnte Zeitfrist zur vollen Ausbildung dieses merkwür¬ digen Thieres erforderlich sei. Die gefangenen Schildkröten werden lebendig in einem kleinen, eigens zu diesem Zwecke angelegten Seewafferteich gebracht, wo beständig ein genügender Vor¬ rath an solchen Thieren anfbewahrt wird. Das gewöhnliche Jahres - Erträgniß beläuft sich auf 4 — 500, steigt aber auch ost über tausend Stück. Da frisches Rind¬ fleisch auf Ascension eine Seltenheit ist und nur zeitweise durch ankommende Schiffe nach Georgetown gebracht wird, die Offiziere daher größtentheils von conservirten Provisionen leben, was während unserer Anwesenheit durchaus der Fall war, werden die eßbaren Theile der Schildkröten den Bewohnern der Insel sowie den Bemannungen der vor Anker liegenden Schiffe als Ration ausgegeben. Wir erhielten ein solches, mehr als siebenhundert Pfund schweres Thier vom Gouverneur znui Geschenke. Man mußte es mit dem großen Tackel aus dem Boote auf Deck hißen und selbst nachdem ihm die Kehle durchschnitten war, wehrte es sich noch mit erstaunlicher Gewalt, — ja die Zähigkeit seiner Lebenskraft ging so weit, daß es fortfuhr mit den Füßen umherzuschlagen, als der Kopf bereits abge¬ trennt, das Bauchschild entfernt und das Herz, welches noch eine halbe Stunde zuckte, herausgenommen waren. Diese Schildkröte enthielt nahezu sechshnudert Stück --S 8« reift Eier, die eben so wie das gegen 180 Pfund betragende Fleisch sehr wohl¬ schmeckend waren; letzteres kann auf mancherlei Arten, wie Rind-'oder Kalbfleisch zubereitet werden. Der schätzbarste Bestandtheil dieses Thicres, welches die vorzüg¬ lichste Zugabe zu der in England beliebten Schildkrötensuppe bildet, ist die gallert¬ artige Masse, welche Rücken und Bauchschild verbindet, — das sogenannte Calipec. — Der Preis einer Schildkröte beträgt 2 L. 10 Sh. — Der Fang darf als Monopol nur von Regierungsbooten betrieben werden. Wenn diese Thiere auch zwei bis drei Monate ohne Nahrung leben können, so erreichen sie dennoch der langen Reift und ihrer unbehülflichen Schwere wegen nur selten Europa und dienen daher nicht als Ausfuhrs-Artikel; die Schal«, welche nur aus weißem mit Haut überzogenem Beine besteht, liefert kein Schildpadd, und wird darum auch nicht so geschätzt wie jene der westindischen Schildkröte. — Zu den Vögeln der Insel gehören nur einige Mövenarten, besonders zahl¬ reich findet man den sogenanntenFreg attvogel, welcher den Eiern der Schildkröten nachstellt und deßhalb von der Besatzung eifrig gejagt wird, sodann noch eine Gat¬ tung Seeschwalben, Wideawakes genannt, welche im Frühling ihre Eier in zahl¬ losen Schwärmen nach einem gewissen Theile der Insel tragen. — Vielfache, lästige Insekten bilden eine wahre Landplage ausAscension, wogegen selbst eine Schmet¬ terling-Gattung auf Green-Mountain flattern soll. — Das Pflanzenreich ist hier nur durch Moose und Flechten vertreten, alle andern Gewächse sind eigens gepflanzt und sämmtlich ausgestreutem Samen ent¬ sproßen. — Ihrer Unfruchtbarkeit wegen blieb denn auch die von den Portugiesen am Himmelfahrtstage 1501 entdeckte Insel bis zum Jahre 1818 unbeachtet, in welchem sie die Engländer zum Schutze St. Helenas und der besseren Ueberwachung des großen Gefangenen willen besetzten, der 3 Jahre später auf jenem Nachbarfelsen sein thatenreichcs Leben beschloß. — Noch heute muß Ascension von der Regierung ganz erhalten werden, ist jedoch zur Aufbewahrung von Marine-Borräthen und vorzüglich als Kohlen-Depot nicht ohne Wichtigkeit. — Den Schiffen der afrikanischen Station bietet die Insel einen bequem gele¬ genen Erholungshafen, mit welchem die Bemannung, sei der Gesundheitszustand an Bord auch noch so schlimm, dennoch stets Verkehren kann, was bei dem schreck¬ lichen Wüthen des Küstensiebers eine große Wohlthat genannt werden muß. Nm den ««gedeuteten Zwecken entsprechen zu können, verfügt die Verwaltung über Vor- räthe jeder Art: nebst einer großen Menge an Kohlen befinden sich in Georgetown, alle Arten von Zu- und Ausrüstnngsgegenständen, gesalzenes Fleisch, Zwieback, in Büchsen konservirte Lebensmittel zu den englischen Fabrikspreisen, Weine und Bier, wie auch spirituöft Getränke, zum Ankäufe der letzteren jedoch Niemand ohne schriftliche Erlaubniß des Gouverneurs berechtiget ist. — Eiu geräumiges, Wohl eingerichtetes, hochgelegenes Spital bietet den Kran¬ ken gesunde Bergluft, ohne sie vorher zur Contumaz zu verpflichten. — 81 s-- Der Weg nach G r e en-M o n »tain zieht sich hinter der Stadt neben der Wasserleitung zwischen verbranntem Gestein und Lavablöcken, schattenlos und bei¬ nahe eben hin, ohne irgend eine Spur von Vegetation an beiden Seiten der Straße, aufweisen zu können. Bis zum Fuße des Berges wandelt man nur auf gebröckelter, in Staub verwandelter Lava, am Abhänge selbst trifft man jedoch auf Fels; zwischen dessen Klüftungen Feigenbäume und Cactus-Arten emporsprießen und den sich sanft gegen die Höhe windenden Weg einfaßen, — etwas höher oben beginut der Pflau¬ zenwuchs mannigfaltiger zu werden, — fruchtbarer Boden findet sich aber erst un¬ gefähr hundert Fuß unter dem Gipfel. Auf einem etwas vorgestreckten Abhange vom erquickenden Südost angcweht, liegt einem freundlichen Landhause ähnlich das Militär-Spital, ringsum von Ve¬ randen cingerahmt; seine» Bewohnern allein wird stets frisches Fleisch verabreicht — eine Begünstigung die keinem Gesunden, selbst der Gouverneur der Insel nicht ausgenommen, zu Theil wird. Noch etwas höher als das Spital befindet sich eine Offizierswohnnng nebst ein paar niedlichen Soldatenhäuschen mit sorgfältig gepfleg¬ ten Gürten und geschmackvollen Anlagen. Der Spitals-Commandant bekleidete da¬ mals Lieutenants Rang und war eben durch den Besuch seiner siebzehnjährigen Schwester erfreut, welche allein aus England gekommen war, nm für den Zeitraum eines Monates den einsamen Aufenthalt des Bruders zu theilcn. Alle Feldarbeit auf jener kleinen Oase wird von Soldaten gethan, die mit Ausdauer gegen die Dürre und Trockenheit des wenig ertragreiche» Bodens kämpfen, ihm durch Fleiß und Mühe Gemüse und Obst abgewiuncn und in tieferen Schluchten sogar einige Bananen und Orangen-Bämne gepflanzt haben; rings nm den Berg wurde der Weg gleich einem Rondengange geführt, und hiezn der bröckliche, schwarze Lavafelsen in unzähligen kleinen Tunnels durchbrochen. Die ganze kleine Niederlassung ist ein Muster von Ordnung, Reinlichkeit, verständiger Bodenbenütznng und des gute» Geschmackes, welchem es gelang, den Hauptzweck günstiger Erträgnisse zu erreichen und nebstbei auch den Annehmlichkeiten des Lebens in so hohem Maße gerecht zn werden, daß man sich anfGreen-Monn- tain in einem zierlichen englischen Parke wähnen könnte. Es ist bedauerlich, daß der verhältnißmäßig fruchtbare Fleck Erde viel zu klein ist, nm den Bedürfnissen der ganzen Insel zn entsprechen, und das Grün der Pflanzung von der See kaum ausgenommen werden kann. Die noch achtzig Fuß höhere, eigentliche Spitze des Berges ist mit hohen Gräsern nnd Brombeersträuchern bewachsen und bietet eine herrliche Rnndsicht über die ganze Insel. Mit kräftigem Hauche umweht der Passat die Höhe, seine ziehenden Wolken darüber jagend, welche der anstrebcnde Fels anf- hält und ans deren Feuchte der ganzen Insel Regen spendet. Jeder durch den Felsen sickernde Tropfen fließt nämlich den Zisternen von Georgetown zu, eine kleine Quelle am Berge aber führt den Namen Dam Piers des berühmten See¬ fahrers, Flibustiers und Länder-Entdeckers, der auf der Rückkehr von Ncuholland hier Schiffbruch litt und nebst seinen Leuten drei Wochen auf diesem öden Felsen ausgesetzt blieb, bis ihn ein vorbeisahrendcS Schiff aufuahm und nach England brachte. — 11 82 s-- Wie ein Schleier umhüllen die Nebel bald die Spitze des Berges bald heben sie sich und gestatten non dem schmalen, grünen Ringe der Pflanzung aus den An¬ blick dieser großartigen Wüstenei, so still und öde wie die weite See. Regellos durcheinandergewürfelte Hügel, theils eingestürzte Krater, die ost von phantastisch geformten Felsspitzcn überragt werden, theils Wände eines ein¬ gesunkenen Felsenkegels, dessen Kern häufig noch in geschichteten Ringen auf der Ebene erkennbar ist, bedecken, gegen dreißig an der Zahl, die Insel, zwischen hun¬ dert nnd dreihundert Fuß Höhe erreichend. Am auffallendsten und unifangreichsten ist wohl der Ridin g-scool er ater, von ovalen über einander geschichteten Rin¬ gen durchfurcht, die «ine ebene Fläche umschließen, einer römischen Arena nicht un¬ ähnlich. Alle diese einzelnen Kegel, Wohl sämmtlich erloschene Vnlcane, entsteigen isolirt dem Boden, an Form und Färbung durchaus verschieden; letztere durch die jeweilige Stellung der Sonne und die Schatten der darüberziehenden Wolken be¬ dingt, verleiht dem Bilde eine ewig wechselnde Mannigfaltigkeit und wird von der Höhe aus gesehen durch den Contrast mit der tiefblauen See noch wesentlich gehoben. Die Entfernung von Georgetown bis zum Fuße des Berges beträgt vier, von dort bis zum Gipfel 3, also im Ganzen 7 englische Meilen, welche bergan in vier, auf der Rückkehr in drei Stunden zurückgelegt werden können. Wir waren genöthiget in Ascension unseren Waffervorrath zu ergänzen und nahmen so viel an Bord als füglich begehrt werden konnte, ohne den Bewoh¬ nern der Insel durch überspannte Forderungen zur Last zu fallen. Am 27. Februar ging die Corvette um die Mittagszeit in See nnd war schon, kaum eine Meile von der Küste entfernt, dem Gebiete des sie bestreichenden Landwindes entrückt, worauf sich der Süd-Ost-Paffat des Schiffes bemächtigte nnd mit nord-nordwestlichem Cnrse am dritten Reisetage, dem 2. März dem Aequator zn- führte. Wir passtrtcn denselben als Veteranen der Linie ohne besondere Feierlichkeit auf 18" 48" westlicher Länge, beiläufig einen Grad westlicher als wir gesteuert hatten, um dem Einflüße der an dieser Stelle ziemlich thätigen Golf-Strömung von Guinea zu entgehen. Der Passat geleitete uns noch ungefähr ISO Meilen weiter nördlich, wo der Windstillcngürtel die Corvette empfing. — Hier begünstigten leichte, südliche Brisen die Fahrt, so daß sich schon am 8. März aus 6" nördlicher Breite der Nord-Ost- Passat einstellte. Am 27. Februar Abends 9 Nhr waren auf 6" 52'24" südlicher Breite und 14" 50'40" westlicher Länge die Moudessiusterniß und am 15. März Morgens 9 Nhr auf l3"10' nördlicher Breite und 25" 13'52" westlicher Länge die Sonnenstnsterniß, beide für uns nur parzicll, beobachtet worden. Da das Schiff der Strömung wegen genöthiget war, hart am Winde zu halten, wehte der Passat unserem Cnrse entgegen. Diesem Ncbelstande zu entgehen hätten wir zwar die Linie um einen oder zwei Grade östlicher schneiden tonnen, um den Wind späterhin günstiger zu empfangen, dagegen wären wir aber auch länger 83 in den Stillen an der breiteren Stelle des Doldrnm Conns aufgehalten worden. Vom Abende des 9. März an, waren wir fortwährend znm Laviren genöthi- get, worauf wir am 20. im Hasen von Praia auf St. Jago des grünen Vor¬ gebirges ankerten. Wir fanden daselbst die russische Dampf-Corvette Wojewod vor Anker, welche sich eben anschickte, nm das Cap der guten Hoffnung nach China zu segeln, in dessen Gewässern sie zum Geschwader des Admirals Putiatin stoßen sollte. — Sie ist ein schönes Schiff, als Bark bemastet, mit 1 l sechsuuddreißigpfündigen Kanonen ausgerüstet und mit einer Hochdruckmaschine von 52 Pfund Pression und 200 Pferdekraft versehen. X. St. Jago. Die Capverdischen Inseln gehören zu den überseeischen Provinzen Por¬ tugals und werden durch einen Gouverneur verwaltet. Der Boden ist nicht hin¬ länglich fruchtbar um sämmtiiche Bewohner zn ernähren, weßhalb Getreide von den Canarieu nnd selbst aus Brasilien eingeführt wird. Die eigenen Hauptpro¬ dukte der Insel bestehen in Salz und Indigo, welche Artikel als Regierungs-Mo¬ nopol betrachtet werden. Ersteres wird vorzüglich auf Sal, der Färbestoff nament¬ lich auf Saut Antonio gewonnen, welche letztere Insel unstreitig die fruchtbarste des ganzen Archipels ist. Der Charakter derselben ist durchaus vulkanisch, wovon die verbrannten, steinigen Küsten hinlänglich Zcugenschaft ablegen. Auf der Insel Fogo erhebt sich ein 7000 Fuß hoher Pick, aus dessen Krater noch heute Rauch¬ säulen answirbeln. — Wendet man in Porto Praia seine Blicke dem Lande zu, so tritt dem Auge zuerst an der Westseite der Insel in der Punta de Ta maroS eine Reihe steiler, dunkler Felsen entgegen, an denen die See hoch aufbrandet; ein einzeln stehendes Riff, die Franzosen- oder Wachte linsel genannt, hat eben Raum genug für das kleine Sanitäts-Gebäude, welches sich ans der Höhe desselben, befindet. Oestlich läuft in der Punta das Picudas eine zweite, scharfkantige gegen die See jäh abstürzende Felsenwand aus, von deren äußersten Spitze eine hohe Signalflange winkt; etwas landeinwärts ist der Gipfel durch ein zerfallenes 11 * 84 Fort gekrönt, zu welchem die Annäherung sowie das Anlegen von Booten durch die theils am Strande aufgehäustell, theits noch beständig herabrollellden Felsblöcken nahmhaft erschwert, ja bei etwas bewegter See ost ganz verhindert wird. Den Hintergrund und mithin die Nordsette des Hafens bilden kahle Hügel, auf welchen, wie in dem von denselben umschlossenen Thalkeffel nur einzelne Pal¬ men emporragen. Senkrecht aus den Flnthcn aufsteigeud, dehnt sich ein lang¬ gestreckter Felsrückcn, auf dessen oberer Fläche die Stadt Praia erbaut ist, und von einer schwachen Batterie von 11 Geschützen vcrtheidigt wird. — Am Fuße des kolossalen Felsblockes, welcher die Stadt trägt, gerade unter¬ halb des Mittelpunktes desselben, befindet sich der günstigste und beinahe einzig ge¬ fahrlose Ankerplatz für Boote, woselbst man auf das sanft anstetgende, sandige Ufer auflänst und sich sodann die letzte Strecke hindurch durch die, iu genügender Anzahl herbeieilendeu Schwarzen tragen läßt. Diese Art und Weise das Land zu betreten ist zwar weder bequem noch angenehm, allein die einzig mögliche, falls man nicht, wie man dieß an anderen Stellen Gefahr läuft, Boot und Bemannung zu wagen gedenkt. — Vom Rücken des Negers, dem wir uns beim Landen vertraut hatten, wie¬ der zu Boden gesetzt, wendeten wir unsere Schritte über einen mehrfach gewundenen Weg gegen die Anhöhe, auf welcher die regelmäßigen, breiten Straßen Praia's angelegt wurden. Dieselben sind uugepflastert und sollen deßhalb auch während der Regenzeit grundlos sein. Die Häuser, mit Ausnahme des Regierungspalastes eben¬ erdig, sehen beinahe dürftig aus uud gewähren einen wenig erfreulichen Anblick. Die Kaserne der dnrchgehends ans Negern bestehenden Garnison ist das einzige Ge¬ bäude, welches Erwähnung verdient. Der Markt, ein düsterer, von Mauern um¬ schlossener Raum, wird an gewissen Tagen von Negern besucht, deren Aeußeres kei¬ nem ihrer Brüder an der Westküste ähnelt; sie bringen dieselben Erzeugnisse des Bodens znni Verkaufe uud in Sitten und Gebräuchen schien unserer flüchtigen Beo- bachtnng kein wesentlicher Unterschied von ihren Stammgenoßen am Festlands wahr¬ nehmbar. Wir unternahmen einen Ansflug nach dem Innern der Insel, der des schlechten Weges halber, unr zu Pferde möglich war. — Der Pfad führt an eiuigen beschei¬ denen Negerhütteu vorbei, stundenlang durch eine Oede, in der alles Gras verdorrt war und nur einige Palmen und Pinien Spuren kärglicher Vegetation zeigten, wo¬ gegen eine mit unserem Wege parallel lausende, tiefe Schlucht allerdings fruchtbarer zu sei» schien. Eine eigenthümliche Erscheinung in der Pflanzenwelt bietet hier das Wachsthum der Pinien, welche sämmtlich unr eine geringe Höhe erreichen, von der sich ihre Kronen auf das Regelmäßigste horizontal gegen Südwesten entwickeln, was wohl dem hier durch das ganze Jahr in derselben Richtung fortwehcnden Nord-Ost- Paffate zuznschretbeu ist, dessen kräftigem Hauche die jungen Bäumchen nicht zu widerstehen vermögen. Ein weites Feld mit einer größeren Zahl solcher beinahe im rechten Winket gebogenen Bäume bewachsen, bot einen äußerst seltsamen Anblick dar. — 83 Z-- Wir begegneten ganzen Schaaren von Negern, welche meist mit Früchten und EierkörLen beladen waren und häufig auf kleinen Eseln ritten; andere trieben Vieh oder führten Getreide nnd trugen schwere, glatte Stöcke, die ihnen sowohl als Waffe wie auch zur Stütze dienten. — Sie grüßten alle freundlich und beantworteten bereitwillig unsere Fragen, was bei ihrem ans verschiedenen Negersprachen gemischten und selbst den Portugiesen unverständlichen Dialekte allerdings mehr durch Zeichen als durch Worte möglich war. Mit Ausnahme einiger wirklich dürftiger, weißhaarigen Greise bettelt Nie¬ mand, — wohl aber trugen die Neger-Mädchen nach den Knöpfen unserer Unifor¬ me» Verlangen, nm selbe an ihren aus Glaskorallen bestehenden Arm und Hals¬ schmuck zu knüpfen- Mau hatte uns vor den Raubanfällen entlaufener Negersklaven gewarnt, welche die Wege beunruhigen und die Kühnheit so weit treiben sollen, daß sie ihre Streifzüge zur Nachtzeit bis vor die Thore der Stadt ausdehnen; aus diesem Grunde trugen auch alle Weißen, denen wir begegneten Pistolen und große Messer im Gür¬ tel, — wir blieben jedoch ans unserem Ausfluge unbehelligt. — Nach ungefähr zweistündigem Ritte überschritten wir die vorderste Hügelreihe und stiegen in ein Thal hinab, dessen Felswände in Hintergründe durch den hohen Pico de Antonio abgeschlossen wurden, während die Thalsoole uns zum letzten Male die Pracht tropischer Vegetation enthüllte. — Es ist das Thal von St. Do¬ mingo, eine Oase in der Wüste, deren Anblick dem durch die trostlose Oede der kapverdischen Natur ermüdeten Auge wahrhaft wohlthut, und als das irdische Para¬ dies erscheint. Leider ist dieses schöne Thal, das einzige wahrhaft fruchtbare Plätzchen in dem ganzen Archipel, nur von geringer Ausdehnung. Unterwegs hatten wir Gelegenheit eine Negerfamilie in einer der am Wege liegenden Hütten zu besncheu und die einzelnen Mitglieder derselben näher zu be¬ trachten. — Da war vor Allem die Urgroßmutter unseres Führers, ein uraltes Mütterchen mit schneeweißen Haaren, Wohl hundert Jahre zählend, die Großmutter über siebzig Jahre alt und dennoch vollkommen rüstig; die Mutter, die an die fünf¬ zig reichen mochte, endlich seine Schwestern nnd deren Kinder, welche sämmtlich eine schwarze Generation von vier Menschenaltern bildeten, die der Bursche der Reihe nach auf folgende höchst eigenthünckiche Weise begrüßte. Je zwei Personen legten sich gegenseitig die Hände auf die Schultern und umarmten sich einmal nach rechts dann nach links, worauf sie eine sehr ernste Miene annahmen, etwas vor sich hin murmelten nnd mit der rechten Hand eine Bewegung machten, dann ver¬ beugten sie sich, reichten sich die Hände und begannen nun erst zn sprechen. Nach kurzem Aufenthalte setzten wir unseren Ritt fort und ließen uns im Negerdorfe angelaugt, welches das Ziel unseres Ausfluges war, zum Commandanten führen, an welche» wir von der Stadt aus empfohlen waren. Sein Häuschen liegt auf dem Abhange des Thalrandes und gewährte uns einen ausgedehnten Neber- blick der lieblichen Gegend. 86 s-- Wir bliebe» hier zn Tische und benützten die Nachmittagsstnnden zn Spazier¬ gängen in den Orangenhainen unseres freundlichen Wirthes. Beim Eintritt der Dämmerung traten wir den Rückweg an und trafen nach dreistündigem Ritte zn später Abendstunde in der Stadt ein, woselbst nnr wenige Häuser beleuchtet waren, und nur noch einzelne Neger die Gaffen durchstreiften. St. Jago ist der Sitz des General-Gouvernenrs der Capverden, welche Stelle damals Major Barreiras Arrobas, vom portugiesischen General-Stabe bekleidete, der uns freundlich empfing, jedoch durch fortwährende Kränklichkeit bei¬ nahe beständig an seine Wohnung gefesselt war. Xl. Hcimmsc, Abrüstung. Wir verließen Porto Praia in den Morgenstunden des 27. März, pafsir- ten südlich der Inseln Fogo und Brava und blieben unter denselben einen Tag lang in Windstille bis uns am folgenden frei von denselben der frische Passat be¬ grüßte. Mit Steuerbordshalsen am Winde segelte die Corvette fast immer nord¬ wärts, denn der Passat kam uns größtentheils aus Ost-Nord-Ost und selbst aus Osten zn. Während der Fahrt erretgnete sich nichts Erhebliches, das Wetter blieb gleich¬ mäßig schön und der Wind in gleicher Richtung und Stärke, bis wir den 26. Breitengrad erreichten. Hier verlor sich der Passat im Einklänge mit den in Maury's Wiudkarten für diese Jahreszeit ausgestellten Erfahrungsregeln. Durch die Calmenregion des Wendekreises führten uns leichte südliche Brisen, die später eine nordwestliche Richtung annähmen und somit der Fahrt stets günstig waren. Am 8. April wurden wir der Madeira-Gruppe ansichtig, von der sich das Schiff in jenem Augenblicke 45 Meilen westlich befand. Nördlich der Inseln setzten wir die Reise mit östlichem Curse fort, und erblickten am Morgen des 13. April die Küsten an der Meerenge von Gibraltar, die wir mit auffrischendem Westwinde am selben Nachmittage betraten, und Abends 7 Uhr auf der Rhede von Gibraltar ankerten. Daselbst lag die portugiesische Kriegsbrigg Pedro Nunez, ans welcher sich der Herzog von OPorto eingeschifft befand. --H 87 Nach Begrüßung der Festung salutirten wir die portugiesische Flagge mit 21 Kanonenschüssen, und erhielten von Beiden den Gegengruß. Da wir vou Ascension nnd den Capverdisch en Inseln kamen, wurde uns des daselbst herrschenden gelben Fiebers wegen die Verbindung mit dem Lande nicht gestattet, nnd die Korvette in Quarantäne erklärt, obwohl auf das eifrige Betreiben, des k. k. Konsuls, Herrn Longlands Co well sogar eine Gesundheits- Commission unter dem Vorsitze des Gouverneurs zusammengetreten war, um unsere Proventenz näher zu prüfen. Der Ausspruch lautete dahin, daß uns die englische Behörde wohl freie Pratika ertheilen würde, wenn ihr die engen Beziehungen zu dem angrenzenden Spanien nicht vielfache Rücksichten nnd demnach auch eine stren¬ gere Handhabung der Sanitäts-Vorschriften auflegen würden. Durch solche übermäßige Strenge unvermuthet zu unreinem Sanilätspatenle vernrtheilt, segelte dte Corvette sogleich nach dem Mittelmeere ab, nm den letzten Theil der Heimreise zu vollführen. Bald machte sich der Abgang jener regelmäßigen Luftströmungen fühlbar, deren kräftiger Hauch uns täglich so weite Strecken hindurch geleitet hatte; Wind¬ stillen und schwache veränderliche Brisen hemmten unseren Lauf und erst nach zehn¬ tägiger Fahrt kam dte Insel Sardinien in Sicht — nach wetteren fünf Tagen gewannen wir den Canal von Malta und die Höhe des Cap Passaro und be¬ traten am 9. Mai den adria tisch en Golf. In den frühen Morgenstunden des 16. Mai begrüßten wir das Triester Leucht- fener, während gleichzeitig eine auffrischende Brise die Corvette nach einjähriger Abwesenheit auf die heimathliche Rhede znrückführte. Hier wartete unser der herzlichste Empfang: Alles kam uns bewillkommend entgegen, und die Bevölkerung schien durch zahlreichen Besuch den hölzernen Manern des Schiffes die wärmste Theilnahme an dem glücklichen Erfolge der Expedition be¬ zeigen zu wollen. Nach Ablauf zweier Tage ward unserem Commandanten der ehrenvolle Ruf zu Theil, die Corvette nach Venedig zu führen, wo Seine kaiserl. Hoheit der Durch¬ lauchtigste Herr Erzherzog Mariue-Obercommandant dieselbe zu besichtigen geruhten. Mit einem glänzenden Abschiedsfeste durch welches Seine kaiserliche Hoheit der Bemannung seine Zufriedenheit über ihre Leistungen auf huldvolle Weise zn erkennen gaben, schloß die jüngste Lebensphase der Corvette Caroline. Am 25. Mai lies sie zur Abrüstung in das Arsenal nachdem fle mehr als ein Jahr hindurch die österreichische Flagge mit Ehren an den Küsten ferner Welt- theile entfaltet nnd durch die erfolgreich zurückgelegte, transatlantische Expedition ein neues Blatt in dte Annalen der kaiserlichen Flotte gefügt, welches — wenn auch nicht von strahlendem Glanze des Krtegsruhms umflossen, dennoch vielleicht nicht die unterste Stelle in der zwar noch jungen aber schon inhaltsreichen Gedenk¬ tafeln der österreichischen Marine einnehmeu wird. Druckfehler. Seite 4 » 8 » 9 » 9 » IV » II » N » 12 12 » 13 » 14 Io » 15 » 17 ,» 26 » 26 » 32 ,, 34 » 36 » 37 -> 38 39 » 4V 42 » 54 » 55 » 60 -> 60 » 60 » 62 - 63 -- 65 » 68 » 68 » 69 ,> 69 » 70 - 70 » 72 - 73 - 73 „ 74 „ 74 - 75 76 » 81 » 85 " 85 ,> 87 vorzüglichsten lies: vorzüglichste, abgenommen lies: abgewonnen, den Faro zu lies: dem Faro zu. fortwährenden lies: fortwährendem, darunter (drei irländische), und (trug). Colonen lies: Colonnen. stellten lies: stellte. Grabmahl lies: Grabmal, verringen lies: verringern, unter (den ausgebreiteten Zweigen), umgeben lies: umgebene, großen lies: größten. unserer lies: unfern. Auswanderungen lies: Einwanderungen. Einfuhr lies: Einfahrt. Ortcrie lies: Arterie. St. Domingo, lieS: St. Domingo; dennoch wie vor — lies: dennoch nach wie vor, voni leichten lies: von leichtem. dem Eingebornen lies: den Eingebornen. Maonä lies: Maouä. Maonä lies: Maouu. zu Staube lies: zu Staub. Banden lies: Barden. D. Carlos Araya lies: Anaya. Venareio lies: Vcnancio. Eraigh lies: Craigh. war lies: ward. Pretorias lies: Pretorias, bedürften lies: bedurften. Gräul lies: Gräuel. Zwellendom lies: Zwellendam. nur allbekannte lies: nur zu allbekannte. Umzäumung lies: Umzäunung. Cubota lies: Cubata. Cubata lies: Libata. Alltagsleben lies: Alltagsleben, dem Weißen lies : den Weißen. Sklavenkindcrn lieS: Sklavenkinder, der lies : das intcreßanteste. dcfuncto lies: defunto. war lies: waren. DwarS lies: dwars. andern lies: andere. ärztlichen lies: ärztlicher. daß (das Grüy). weißhaarigen lies: weißhaariger. in Hintergründe lies: im Hintergründe. in der lies: in den.