m ilElloßE katholischeNisÄomMtölW Herausgegeben von der Kongrsgatton: Missionäre Söhne des heiligsten Herzens Jesu. Preis ganzjährig: Österreich 2 50 S, Deutschland 2 Mark, Italien 8 Lire, Ungarn 2'50 Pengö, Tschechoslowakei 12 öK, Jugoslawien 25 Dinar, Schwei, 2 50 Franken, übriges Ausland 2 Goldmark, Unser Helltger Vater Pius XI, hat wie schon früher Papst Pius X, der Redaktion, den Abonnenten und Wohltätern den Apostolischen Segen erteilt. Für Wohltäter werden täglich heilige Messen gelesen. Mit Empfehlung der hochwürdtgsten Oberhtrten von Brixen, Brünn, Graz, Lettmeritz, Linz, Olmütz, Marburg, Trient, Triest und Wien und Druckerlaubnis des Generalobern, Left 8 und 9 August/September 1934 XXXVII. Jahrgang Die Landwirtschaft in Südafrika. Von P. Anton Bieg. Der afrikanische Farmer hat manches dem europäischen Bauern voraus. Einmal hat er billigere Arbeitskräfte. Der schwarze Landarbeiter bekommt nur ungefähr 40 Pfennig irrt Tag, und jene Arbeiter, die auf der Farm selbst wohnen und einen Teil des Landes ihres Arbeitsherrn für sich selbst bebauen dürfen, müssen gemäß Gesetz drei Monate beim Grundherrn umsonst arbeiten. Roboten heißt man es in manchen Gegenden Deutschlands heute noch, nach einer ähnlichen altdeutschen Einrichtung. Weiterhin muß der afrikanische Bauer weniger Steuer bezahlen, und da der Winter viel milder ist als in Europa, kann er auch während dieser Jahreszeit anbauen. Und dennoch gilt der Satz, den ich früher schon einmal in dieser Zeitschrift geschrieben habe: „Bist du reich und willst du werden arm, gehe nach Südafrika und kauf dir eine Farm." Es gibt jedoch Ausnahmen, und das sind jene Farmer, die vor langer Zeit schon ins Land gekommen sind und die schönsten und fruchtbarsten Gebiete für sich in Beschlag genommen haben, nachdem sie den schwarzen Mann daraus vertrieben hatten. Hauptsächlich die wasserreichen Täler haben sie für sich um billigen Preis von der Regierung erworben. Wenn so ein Herr dann noch recht gewissenlos ist und seine schwarzen Arbeiter bis auf das Blut aussaugt, dann gilt für ihn der aufgestellte Satz nicht. Aber wer später kam und deshalb nehmen mußte, was an Land übrig war, und auch noch ein Gewissen besitzt, der hat hier mit ungeheuren Schwierigkeiten zu kämpfen. Die Beweise, die ich dafür erbringe, sind dem Tagebuch eines Farmers entnommen. Das Klima hier in Transvaal ist subtropisch. Regelmäßiger Regen fällt nur in der sogenannten Regenzeit, vom November bis März, unserem Sommer. Wessen Farm also nicht an einem Fluß liegt, der kann nur während der Regenzeit anbauen. Ihm nützt also der warme Winter nicht viel. Man kann sich in etwa helfen durch künstlich angelegte Weiher, in denen man das überschüssige Wasser der Regenzeit aufspart. Aber diese Weiher sind ein teurer Spaß, und, auch wenn sie sehr groß sind, doch nur ein beschränktes Hilssmittel. Da hier der Wechsel der Temperatur sehr rasch und groß ist, gibt es jedes Jahr viele Hagelschläge, und zwar häufig in solchem Ausmaß, daß nicht nur die Früchte vernichtet werden, sondern auch viel Vieh, besonders Schafe. Selbst Menschenleben sind oft zu beklagen. Eine weitere Schwierigkeit sind die vie- len Krankheiten, unter denen das Vieh zu leiden hat. Die am häufigsten vorkommende Krankheit ist die sogenannte Gallenkrankheit. Sie wird verursacht durch Klimawechsel, Fntterwechsel und Zecken. Fast jedes Tier, das aus einer Entfernung von mehr als 20 Kilometer gekauft ist, wird von dieser Krankheit befallen. Die Galle dringt dabei ins Blut und zersetzt es; innerhalb zweier Tage ist das Tier erledigt. Wenn man es dem betreffenden Tier schon am ersten Tage anmerkt, kann ihm durch ein starkes Abführmittel noch geholfen werden. Aber oft entgehen auch dem geübten Auge die ersten Anzeichen der Krankheit, die in Verstopfung bestehen, zumal wenn man viel Vieh hat, wie es hier meist der Fall ist. Außerdem sind die Tiere von früh morgens bis spät abends auf dem Felde, wo sie von einem schwarzen Buben gehütet werden, der wenig Interesse an seiner Herde hat. So kann man es verstehen, daß beispielsweise wir in ganz kurzer Zeit elf Stück Vieh verloren, davon vier Ochsen in einer Woche, zwei Tage vor dem Markt, auf dem wir sie verkaufen wollten. Weitere Krankheitserreger sind kleine Giftschlangen, die im Grase versteckt sind, sowie mehrere Sorten giftiger Pflanzen. Der Hauptbestandteil des Viehes sind Ochsen, die als Zugtiere benützt werden. Ein Gespann besteht aus sieben oder acht Paaren. Das kommt dem Neuling als recht überflüssig vor, ist es aber nicht. Denn einmal sind diese Tiere viel wilder als bei uns daheim, da sie die ganze Zeit bei Tag und Nacht sich im Freien befinden und sich da frei herumtreiben können. Das bedingt eine andere Art des Einspannens als in Europa. Hier werden sie zu zwei und zwei mit einem Doppeljoch zusammengespannt. Das Joch wird über beit Nacken gelegt und nicht auf die Stirne, wo sich beim Ochsen der Hauptsitz der Kraft befindet. So sind sie zwar leichter im Zaume zu halten, können aber auch nicht ihre ganze Kraft zur Anwendung bringen. Diese Art des Einspannens ist schon gefährlich genug, und mancher Schwarze wurde dabei mit den schrecklich langen Hörnern dieser störrischen Tiere aufgespießt. Es käme noch öfter vor, wenn man das Joch an der Stirne befestigen wollte. Ein weiterer Grund, weshalb man hierzulande so viele Ochsen zu einem Gespann braucht, liegt darin, daß die Tiere nicht das gute Futter bekommen wie in Europa. Die afrikanischen Wiesen werden kaum gepflegt, und das Steppengras, das darauf wächst, ist kraft- und saftlos, besonders zur Winterszeit, wo es monatelang nicht regnet. Da kann man natürlich auch vom Vieh nicht erwarten, daß es von Kraft strotzt. Das einzige Düngungsmittel für die Wiesen ist Asche. Im Frühjahr nämlich vor dem ersten Regen wird das mehrere Meter hohe Gras abgebrannt. Das ist jedes Jahr ein interessantes, aber auch ein gefährliches Abenteuer für den Farmer, denn das Feuer kann bei starkem Wind sehr große Geschwindigkeit annehmen, dem selbst der schnellste Reiter nicht mehr entfliehen kann. Auch die Häuser und besonders die ohnehin schon spärlichen Wälder kommen manchmal in Gefahr, besonders wenn sich der Wind unversehens dreht. So ist dieses Jahr das Strohdach unseres über zehn Meter langen Schweinestalles im Feuer aufgegangen. Die Asche ist ein ausgezeichnetes Düngemittel, wenn Regen dazukommt. In wenigen Tagen steht dann das neue Gras bereits schuhhoch. Aber wenn sich der Farmer mit dem Regen verrechnet hat, dann geht die Not für das liebe Vieh erst recht an. Auch die große Hitze, die lähmende afrikanische Hitze, ist ein Grund, weshalb das Gespann aus so vielen Ochsen bestehen muß. Ein letzter, aber sehr ausschlaggebender Grund sind sodann die furchtbar schlechten Wege. Also 16 Ochsen für einen vollbeladenen Wagen sind hierzulande nicht zuviel. Wer 16 Ochsen besitzt, ist noch ein Kleinfarmer. Beim Durchschnittsfarmer beträgt die Ochsenzahl an die hundert und beim Großfarmer sind es eben mehrere hundert. Nun etwas von den afrikanischen Kühen. Meiner Ansicht nach haben die ihren Beruf zur Hälfte verfehlt, denn von einer Kuh erwartet man doch nicht bloß Kälber, sondern auch Milch. Die letztere geben sie aber selten reichlich, höchstens so viel, daß man damit das Junge aufziehen kann. Das ist wahrscheinlich eine Folge der eigenartigen Viehzucht der Neger, wie sie sie seit Jahrhunderten betreiben. Die Schwarzen haben es fast nur darauf abgesehen, möglichst viele junge Ochsen zu erhalten, um damit sich Frauen erwerben zit können. Die Kühe aber wurden nicht regelmäßig gemolken. Nur'in jahrelanger Zuchtwahl kann dieser Fehler wieder gutgemacht werden. Die Pferde, die bekanntlich noch empfindlicher sind als das Rindvieh, sind in manchen Gegenden fast ansgestorben. Die Dickkopfkrankheit ist es, die jährlich Tausende von ihnen dahinrafft. Bei fünf Buren in uns eter nächsten Umgebung gingen dieses Jahr 52 Stück ein. Augen und Kopf schwellen an, und innerhalb sechs Stunden erfolgt der Tod. Hilfe gibt es keine, weil die Ärzte das Wesen dieser Krankheit noch nicht erkannt haben. Die Schafe sind auch beständig von einer ähnlich heimtückischen Krankheit bedroht. L>ie bekommen eine blaue Zunge, und bald darauf ist das Ende da. Hühner haben wir voriges Jahr 75 aufgezogen. Sie wurden alle der Reihe nach von den Ratten aufgefressen, deren wir nicht Herr werden können. Dieses Frühjahr hatten wir zirka 200. Diese bekamen eine Art Kopfkrankheit, die den Kopf mit Augen und Schnabel zerfrißt. Von den 200 ist nur ein einziges Hühnlein am Leben geblieben. Bei den Schweinen ging es ähnlich. Voriges Jahr bekamen wir im November 48 Junge; davon blieb ein einziges gesund. Ich glaube, diese Zeilen sprechen eine deutliche Sprache, vom Reichwerden ist da keine Rede. Jur Kampf gegen diese unzähligen Gefahren, die den Viehstand bedrohen, findet der Farmer keine ärztliche Hilfe. Der nächste Tierarzt wohnt 325 Kilometer von uns entfernt. Um das Geld, das seine Hilfeleistung kostet, kann inan zwei Ochsen kaufen. Die Regierung sucht dem Farmer in seinem schweren Existenzkampf zu helfen. Eine der Hauptursachen der Krankheiten ist wohl das viele Ungeziefer, mit dem das Vieh hier behaftet ist. Deshalb hat die Regierung vorgeschrieben, daß das Vieh alle Monate in ein Schwimmbad getrieben wird, das eilte gewisse Lösung enthält, die das Ungeziefer tötet. Früchte, die hier hauptsächlich angebaut werden, sind Weizen, Mais und Bohnen. Auch diese haben ungezählte Feinde, denen sie nur in wenigen Jahren glücklich Zauberer in Agan-da. Trotz der rasch voranschreitenden Ausbreitung des Christentums und trotz der Polizeigewalt fürchten Christen wie- Äeiden sich vor den Zauberern. Es ist nahezu unmöglich, Zeugen zu erhalten, die gegen sie aussagen. Der Einheimische schreckt davor zurück, gegen die auszusagen, deren Rache und Fluch er fürchtet. Auch die Regierung hat mit ihrem „Zauberparagraphen", der strenge Strafen androht, so gut wie keinen Erfolg. (Fides.) entrinnen. Wenn sich die ersten grünen Triebe auf den Äckern zeigen, dann kommen auch schon winzige braune Käser zum Vorschein, die bei anhaltender Trockenheit leicht über die ganze Saat Herr werden. Dann heißt es nochmals pflügen und säen. Wenn jedoch die Saat bei günstigem Wetter diesen Schädlingen entkommen ist, dann erscheinen womöglich die Heuschrecken. In ungeheuren Schwärmen traten sie dieses Jahr auf. Wir waren eines Tages gerade beim Mittagessen, als das schwarze Küchenmädchen in den Hausgang hereinstürzte und rief: „Jzentete, Jzentete" (Heuschrecken!). Der P. Rektor stürmte hinaus, und wir alle folgten ihm. Und richtig, da waren sie, die gefürchteten Heuschrecken, der Schrecken Afrikas. Die ganze Luft war voll von diesen silbrig glänzenden, fingerlangen, unersättlichen Fressern. Wir waren vorher schon unterrichtet, was da zu tun sei, und so suchte sich jeder ein Stück Blech und einen Prügel und dann wurde Lärm geschlagen. Ich hätte nicht gedacht, daß so viel Blech auf unserer Farm zu finden wäre. Manche holten sich auch die Trompeten aus dem Musikzimmer und spielten damit den Heuschrek-ken auf. Ihr hättet den Heidenspektakel hören sollen, den wir mit unseren über 100 Schulkindern veranstaltet haben. Das wurde sogar den Heuschrecken zuviel und in Scharen, wie sie gekommen waren, sind sie auch wieder auf und davon, bevor sie ernsten Schaden angerichtet hatten. Mehrere Tage hintereinander wiederholte sich dieses Manöver, aber wir haben schließlich doch gesiegt. Solche Farmer aber, die größere Ländereien und keine Schulkinder wie wir haben, müssen hilflos zusehen, wie ihre herrlichen Saatfelder von diesen Nimmersatten in wenigen Stunden aus einem herrlichen Grün in ein schmutziges Graubraun verwandelt werden. Gefährlicher noch als die ersten Heuschrecken sind ihre Jungen, die eineinhalb Monate später kommen und in bOfacher Verstärkung. Da sie während des ersten Monats noch keine Flügel haben und sich nur hüpfend vorwärts bewegen, kann man sie nicht durch Lärmen verscheuchen. Man sucht sie durch Gift zu vertilgen. Die Regierung hat das Gift in ungeheuren Mengen hergestellt und in die verschiedenen Distrikte verschickt. Selbst mit Flugzeugen ist man den Heuschrecken auf den Leib gerückt. Man kann sich von ihrer Menge vielleicht ein Bild machen, wenn man hört, daß schon Autos in ihnen stecken blieben. Die Mittel, die angewandt werden, sind aber immer noch nicht ausreichend, und doch belaufen sich die Kosten dieses Heuschreckenkrieges schon auf mehr als eine Million. Eine andere Schattenseite dieses Giftkampfes ist die, daß er schon eine ganze Reihe von Menschenleben gekostet hat und auch das Leben vieler Tiere. Die Schwarzen indessen haben die Heuschrecken gar nicht so ungern; denn sie liefern ihnen billiges Fleisch. Man fängt sie lieber, als daß man sie fortjagt. Zu diesem Zweck suchen sie die Heuschrecken in ihren Nachtlagern auf, wo sie schuhhoch übereinander liegen. Ganze Säcke voll werden da heimgeschleppt und dann auf einem heißen Stein geröstet. Einer unserer Brüder hat sich überreden lassen, so einen gerösteten Heuschrecken zu versuchen, und erzählt, daß sie wie Nußkerne schmecken. Ich habe ihn aber nicht mehr davon essen gesehen; anscheinend ist es mit dem Nußgeschmack doch nicht so weit her. Man erzählt auch, daß irgendwo in Südafrika Fabriken zu finden seien, die die Heuschrecken für den menschlichen Genuß verarbeiten und ganze Schiffsladungen davon nach Europa schicken sollen. Wenn der Mais der Heuschreckengefahr glücklich entrinnt, hat er oft noch mit verschiedenen Sorten von Raupen zu kämpfen. Sie zerfressen den Stengel und verpuppen sich darin. Nach einigen Wochen schlüpfen dann die Puppen als weihe Nachtschmetterlinge aus und legen ihre Eier in die Blüten. Die größte Gefahr ist aber immer die ständig drohende Trockenheit. Dieses Jahr hatten wir ausnahmsweise viel Regen, aber deshalb waren auch die Raupen um so zahlreicher. Das wären so ungefähr die Freuden des Farmers in Südafrika und seine Aussichten auf Reichtum. Im allgemeinen kann man annehmen, daß unter sieben Jahren nur eines fruchtbar ist. Für manchen Bauern in der Heimat würden ein paar Jahre Arbeit in dieser Gegend eine gute Lehre sein. Er dürste das Jammern und Fluchen bald verlernen, weil er gar nicht mehr damit aufhören könnte. Hier fühlt man es handgreiflich, daß an Gottes Segen alles gelegen ist. Wenn wir Missionäre trotz der bewiesenen Aussichtslosigkeit auf Reichtum noch Farmen betreiben, so ist es hauptsächlich deshalb, weil wir dadurch instand gesetzt werden, Schwarze auf unserem eigenen Grund und Boden anzusiedeln und so in unserer Nähe zu halten, was zu einer erfolgreichen Missionierung der Leute von großer Bedeutung ist. Auch können wir mit den Früchten der Farm, die der unermüdliche Fleiß unserer Brüder trotz der vielen Schädlinge erzielt, schwarze Kinder ernäh- ren, die von weiter Entfernung kommen tholiken und bilden so eine neue, höhere und bei uns wohnen und unsere Schulen Saat, von der wir hoffen, daß sie viele besuchen. Fast alle von ihnen werden Ka- Frucht bringt. Hängebrücken und Flußübergänge im tropischen Afrika. Von A. Ritter Als mir in der ersten Zeit meiner Tätigkeit an der Westküste Afrikas von den weit aus dem Hinterland rückkehrenden Reisenden das Passieren der Hängebrücken als gefahrvoll und abenteuerlich geschildert wurde, verlangte es mich, eine solche Brücke einmal kennen zu lernen. Jahre sind nun bereits verstrichen, und so manche Szene hat sich inzwischen vor meinen Augen beim Überschreiten dieser Brücken, an reißenden Flüssen im ewigen Urwald abgespielt. Wohl bei keiner aüderen Arbeit verrät der Schwarze soviel Geschick und Intelligenz wie beim Bau einer mehr als 100 Meter messenden, über mächtig dahinschießende Schnellen, hoch in den Lüften sich erhebenden Brücke. Ohne Nagel, ohne Eisen, ohne europäische Materialien, nur von dem, was der Urwald bietet, aus Lianen und Hölzern, wird die Brücke gefertigt. Fast in allen Regionen des Urwaldes, von der Küste bis zu den Gebirgsräüdern des Graslandes trifft man sie an. Mehr oder weniger groß, ganz den Breiten der Flüsse entsprechend, müssen sie von den Eingeborenen von der Osten. der ihnen Nächstliegenden Dörfer imterhal-ten werden. Zum Bau einer Brücke wählt man zwei unmittelbar am Ufer und etwa zwei Meter auseinanderstehende große kräftige Bäume. Von diesen führen in einer Höhe von zwei bis drei Meter über dem Erdboden, mitunter von einer noch höheren Stelle aus, je nach dem höchsten Wasserstand, 10 bis 20 zusammengedrehte, daumenstarke Lianen zu zwei andern auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses befindlichen gleichgroßen, starken Bäumen. Diese werden an der Stelle, wo der Lianenstrang aufliegen soll, mit Querhölzern versehen. Die Lianen werden dann straff gespannt und noch um andere in der Nähe stehende Bäume geschlungen, so daß ein Nachgeben oder Umstürzen der Harrptbäume ausgeschlossen ist. Aus Buschknüppeln und Bambus wird nun ein leiterartiger Auf- und Abstieg an den Ausgangs- und Endpunkten der Brücke geschaffen. Als Seilkünstler könnte man jetzt schon hinüberbalancieren. Da nun aber die Hänpttingshaus an der Elfenbeinküste. Das Bild zeigt eine Ortschaft an der Goldküste, mit der Residenz des Häuptlings in der Mitte. Richt selten finden diese Häuptlinge es vorteilhaft, Moslem zu werden, weil damit eine besonders einflußreiche Stellung verbunden ist. Die naturgemäße Folge sind aber erhöhte Schwierigkeiten für die christlichen Missionäre. (Fides.) He/l Tit Ö“ HD »Stern o e r vt e g er Brücke nicht für Akrobaten, sondern für de» Verkehr, hauptsächlich für Lastenträger bestimmt ist, so mich noch weitergebaut werden. Rechts und links von dem so geschaffenen Lianensteg, jedesmal mit den gerade gegenüberstehenden jenseitigen Bäumen verbunden, werden mehrere Male, in Abständen von etwa 30 Zentimeter, je zwei Lianen gezogen, die als Geländer dienen und die, um ein Ausgleiten und Abstürzen in die Tiefe zu verhindern, mittels Pflanzenseilen mit dem Hauptlianenstrang netzartig verflochten werden, so daß die Brücke in allen ihren Teilen einer riesigen Hängematte gleicht, die ein Durchrutschen ausschließt. Zum Schluß wird die fertige Brücke noch von oben, aus den Kronen der dem Ufer nahestehenden Urwaldriesen heraus, mit besonders kräftigen Lianen befestigt. Freilich sind die Brücken nicht immer so, wie sie sein sollen. Oft find die Seile gerissen, und das Geflecht zeigt große Löcher, durch die schon mancher Schwarze hinabgestürzt ist und seinen Tod in den Fluten gefunden hat. Es ist übrigens ein eigenes Gefühl, die recht langen, im Bogen weit nach unten ausladenden Brücken zu passieren. Unten jagt das Wasser dahin, und der schmale, kaum fußbreite Steg erfordert die größte Aufmerksamkeit; dazu wiegt sich unter gefahrdräuendem Knacken und Dehnen der Lianen die ganze Brücke hin und her. Wenn diese richtig und aus gutem Material gefertigt ist, so gestattet sie eine Belastung von etwa zehn beladenen Trägern. Um aber jeder Gefahr vorzubeugen, läßt man immer nur bis zu sechs Mann die Brücke auf einmal besteigen. Nur die Graslandleute, die in ihrer Heimat Hängebrük-ken nicht kennen und hin und wieder zur Küste kommen, meinen bei ihrer Unerfahrenheit, die Brücke könne so viele Leute tragen, als sie fasse. So kommt es denn, daß ganze Karawanen, schwer beladen, die Brücke auf einmal betreten und diese zerreißt. Des Schwimmens unkundig, ertrinken die meisten. Solche Unglücksfälle wiederholen sich von Jahr zu Jahr, in jeder Regenzeit. Aber auch Altersschtyäche und Nichtinstandhaltung der Brücke sind oft der Grund des Zerreißens. Die Hängebrücken in der Nähe von Regierungsposten sind meist musterhaft, lassen aber, je weiter sie von den Hauptwegeu abliegen, desto mehr zu wünschen übrig. In der Trockenzeit führen fast alle Ströme und Bäche wenig Wasser, sie können daher an geeigneten Stellen durchwatet werden. Der größte Teil der Brücken tritt dann außer Dienst. Erfüllen die Hängebrücken zur gegebenen Zeit ihren Zweck ganz und gar, so )Reiben sie für die Verkehrst) ermittelung von Viehtransporten vollständig aus. Die Tiere, besonders Pferde und Rinder, müssen daher bei Hochwasser die Fluten stets durchschwimmen, was bei der reißenden Strömung und dem Chaos von Baumstämmen, Felsen usw. mitunter recht gefährlich ist. Als ich in der Regenzeit einmal, von Tinto nach Mamfe reisend, den Mbusluß überschreiten mußte, befand sich in meiner Begleitung auch ein Pferd. Der breite Fluß ging hoch und führte ungeheuere Mengen sandig-lehmigen Wassers. Um beim Hinüberbringen des Tieres zur andern Seite ein weites Abtreiben zu verhindern, ließ ich zunächst quer über den Fluß zwei Lianen spannen. Diese sollten dem Führer des Pferdes als Halt dienen. Das Übersetzen begann. Als beide die Mitte des Stromes erreicht hatten, riß plötzlich, infolge des gewaltigen Wasserdrucks, der Lianenstrang, und Pferd und Führer trieben ab. Der Führer erreichte schwimmend das jenseitige User, wahrend das Pferd, mitten im Fluß gegen den Strom ankämpfend, immer weiter verschwand. Schon glaubte ich das Tier verloren, als es nach kurzem Suchen von meinen Leuten wieder herbeigeführt wurde. Von der Strömung fortgerissen, war es wieder zum Ufer zurückgeschwommen, wo es, bis an den Kopf im Wasser stehend, inmitten eines großen Dickichts, sich im Gestrüpp und Pflanzengewirr festgearbeitet hatte. Da ich weiter wollte, konnte ich das Tier nicht zurücklassen, und machte daher noch einmal den Versuch, es mit Lianen über den Fluß ziehen zu lassen, ein Verfahren, das hier überall üblich ist. Am Halfter des Pferdes ließ ich starke Lianen befestigen, von denen so viele aneinander gebunden wurden, bis das andere Ende das jenseitige Ufer erreichte. Dort standen etwa 30 meiner Träger, die auf Anruf das Tier schnell durchs Wasser ziehen sollten. Als das Pferd Ein Missionär in Südafrika besucht seine Herde. In Südafrika benützt der Missionär alle möglichen Verkehrsmittel. Bald geht er zu Fuß, bald benützt er das Fahr- oder Motorrad; Ruder- und Motorboote, Reitpferd und Motorwagen stehen im Dienst der Missionen. Die Katho-liken der Schweiz haben jüngst der Präfektur Ga-riep ein Flugzeug zum Geschenk gemacht. Der Missionär auf unserem Bilde setzt sein Vertrauen auf die Zugkraft seiner Langohren; sie müsse« ihm helfen, seine Pfarr-kinder zu besuchen. (Fides.) vou der Strömung erfaßt wurde, ergriffen die Leute auf mein Zeichen die Lianen: — und in den Fluten verschwand mein Gaul. -- Ein aufregender Augenblick! Wo aber die Not am größten ist, da ist Hilfe am nächsten; so auch hier. Das Pferd tauchte plötzlich wieder auf; Halfter und Lianen, die durch die schwere und starke Strömung das Tier in die Tiefe gezogen hatten, waren verschwunden. Das Pferd hatte unter Wasser alles von sich gestreift. Ich atmete auf; doch wieder kämpfte es mitten im Fluß gegen die Strömung. Immer kleiner wurde der Kopf meines edlen Braunen, bis ich ilichts mehr sah. Auch diesmal war das Tier nicht verloren. Es war noch viel weiter als das erstemal abgetrieben und hatte sich schließlich auf dem Ufer wieder einge-fun'ben. Das Tier dauerte mich, und ich wachte keinen weiteren Versuch, es über den Fluß bringen zu lassen, sondern schickte es zu einer der Nächstliegenden Faktoreien zurück, von der ich es erst anfangs der Trockenheit nachkommen ließ. In Tinto hatte ich einmal den Transport größerer Rinderherden über den Fi-fluß zu überwachen. Dieser ist noch reißender als der Mbu an seiner Übergangsstelle und stark mit Steinen und Felsen besät. Die Tiere, in Trupps von je 15 Stück, mußten alle auf einmal in das Wasser getrieben werden. Zunächst schwammen sie ruhig in den Fluß hinein, machten jedoch infolge der starken Strömung wieder kehrt und drückten sich gegenseitig unter Wasser. Der Strom erfaßte sie und trieb sie weit ab. Einige erreichten schließlich das jenseitige Ufer. Als sie aber sahen, daß die andern zurückgeblieben, machten sie wieder kehrt und schwammen zurück. Erst nach einigen Tagen, bei etwas niedrigerem Wasserstande, konnte der Versuch wiederholt werden. Unter weiteren Schwierigkeiten gelang es mir endlich, alle Tiere heil über den Fluß bringen zu lassen. Sich überschlagend und heftig gegen Felsen anstoßend, waren sie von der Strömung weit hinabgeführt worden. Daß hiebei kein Tier verlorenging, wundert mich noch heute. — Die Rinder sind ausgezeichnete Schwimmer und können wohl eher einen Felsenpuff vertragen als Pferde. — Der Transport von Großvieh ist bei Hochwasser in der Regenzeit mit vielen Hindernissen verbunden. Nicht einmal Kanus stehen hier zur Verfügung. Bei der Strömungsgeschwindigkeit der meisten Flüsse könnte man sie wohl auch kaum verwenden. Wenn sich dann aber an dem Durchs-Wasser-Treiben des Viehes auch noch Krokodile beteiligen, ist das Übel voll. So spielt sich denn im Innern Afrikas, in Ermangelung fester Brücken und moderner Verkehrseinrichtungen, alles auf Primi- tive Weise ab. Unter Mühen und Gefahren muß sich im finstern Urwald, in einsamer Wildnis, der Europäer feine Wege selbst bahnen, bis einst unseren Nachkommen bessere Tage, betriebssichere Verkehrsstraßen und Flußübergänge, ohne Krokodil- und Reptiliengefahr, beschieden sein werden. Dann aber wird sich vielleicht der heutige Kolonisator, der unbemerkt, aber rastlos und unermüdlich, fern der Heimat schafft, hier nicht mehr heimisch fühlen und andern die Stätte seines Wirkens überlassen. Für ihn hat nur das Leben mitten in der Natur, das Überwinden von Hindernissen, das Körper und Geist stählt, der Urzustand, seine Reize. Die Erziehung bei den Bapedi. Von Br. August Capol. A. Kindheit. Die Bantu haben großes Verlangen nach zahlreicher Nachkommenschaft; in ihr wollen sie gewissermaßen verewigt werden. Dieser Drang findet seinen Grund hauptsächlich in ihrer Verehrung der Ahnengeister, denen man noch sehr menschliche Neigungen und Wünsche, wie Genuß von Bier, Tabak und Fleisch, zuschreibt. Ihnen werden bei gewissen Gelegenheiten von den lebenden Sippen- und Familienangehörigen entsprechende Opfer dargebracht. Wer sich also seines eigenen Wohlergehens für die Zeit seines Aufenthaltes in der Geisterwelt vergewissern will, tut gut daran, zahlreiche Nachkommenschaft zurückzulassen. Die Seele eines Menschen aber, der kinderlos gestorben, befindet sich in bedauernswerter Lage. Aber auch aus Stammesstolz, aus dem Verlangen, den eigenen Stamm stark und ruhmreich zu sehen, wünschen die Bantu viele Kinder zu haben, denn die Zunahme an Zahl gereicht dem Stamme zur Ehre. Kinder sind aber auch ein wirtschaftliches Besitztum. Schon in früher Jugend machen sie sich nützlich, während ihre Aufzucht mit nur geringen Kosten verbunden ist. Bei ihrer Verheiratung bringen die Töchter dem Vater eine schöne Anzahl Kühe ein, eine unmittelbare Vermehrung seines Besitztums. Ziehen infolgedessen die Eingeborenen die Töchter den Söhnen vor? Ein Graukopf beantwortete diese Frage in der Form eines Sprichwortes: „Töchter füllen den Viehpferch an; Söhne aber tragen Sorge für das Grab." In den ersten Monaten seines Daseins wird der Pedi-Sprößling von seiner Mutter in einer aus Ziegenfell verfertigten Tari auf dem Rücken herumgetragen. Lianen-Hängebrücke über den Mungofluß. Heft 8 u. 9 121 Stern der Neger Später sind das Dorf und dessen nächste Umgebung sein Spielplatz. Er zerreißt keine Kleider, weil er keine trägt; auch hat er keine tägliche Abwaschung zu befürchten. Die Erziehung der Kleinen fällt fast ausschließlich den Müttern zu, die ungemein nachsichtig gegen sie sind. Die Pedi-Frauen lieben die Kinder sehr; sie haben keine Scheu vor dem Kinde, vor zu reichlicher Nachkommenschaft, die vielmehr ihren Stolz und ihre Freude bildet. In den. ersten sechs oder sieben Jahren ihres Lebens erhalten die Kinder weder Ermahnungen noch Zurechtweisungen. Infolgedessen zeigen die Kleinen sich frühreif und unabhängigen Sinnes. Erst die folgenden sieben ober1 acht Jahre des Kindesalters werden der Erziehung gewidmet. Mädchen in diesem Alter haben der Mutter bei deren Beschäftigungen zu helfen. Jeden Morgen müssen die Schlafmatten und -felle gelüftet und gesonnt, die Hütten müssen alle paar Tage ausgekehrt und der Fußboden alle paar Wochen mit Lehm und Kuhdung verstrichen werden. Ferner haben die Mädchen die jüngeren Geschwister zu pflegen, Botengänge zu besorgen, Feuerholz und Wasser zu holen, auf dem Felde zu helfen und bei der Bereitung der Speisen Handreichungen zu leisten. Knaben von 7 bis 9 Jahren haben Schafe und Ziegen zu hüten uüd später Rinder. Wenn am Abend bie Herden für die Nacht versorgt sind und das Abendessen vorüber ist, hat die Jugend Gelegenheit zu lernen. Mädchen und Knaben sitzen mit offenem Munde da, wenn die Alten ihre Erlebnisse auf der Jagd, auf der Reise, in der Fremde zum besten geben oder von Stammesereignissen längst vergangener Tage erzählen oder Sagen und Ruhmestaten ihres Volkes vortragen. Ferner hören sie, wie die Erwachsenen die Tagesereignisse besprechen und die Verhandlungen innerhalb der Familien und Sippen durchgehen. So lernen sie die Anfangsgründe von Stammesgesetz, von Volkssitte und -geschichte kennen. Es ist das nicht ein beabsichtigter -Untericht für die Jugend, sondern die älteren Leute folgen einfach ihrer Neigung, während die Kinder schweigend zuhören und viel Stoff zum Nachdenken und zum gegenseitigen Gedan- Eine von Salesianer-Missionären ln Südamerika errichtete Hängebrücke. Die Länge beträgt 91 m. kenaustausch für die folgenden Tage empfangen. Ferner lernt die Jugend durch Nachahmung der älteren Leute. Mädchen bauen kleine Hütten außerhalb des Dorfes; auch verfertigen sie Tonkrüge oder was sie sonst an gewerblichen Erzeugnissen zu Hause sehen, wie sie auch Haushaltung spielen. Knaben lieben es, aus Lehm allerlei Figuren zu formen, Ochsen, Ziegen, Schafe, Hunde und Pferde; ferner bauen sie kleine Wagen und Schlitten von Holz und ahmen mit diesen selbstgefertigten Spielzeugen die entsprechenden Beschäftigungen der Alten nach. Eine weitere Schulung der Jugend ist der Tanz, leider im allgemeinen keine gute, denn viele der Tänze sind unzüchtig. Es ist Sitte, daß die Maschuburu, d. s. die unbeschnittenen (minderjährigen) Knaben des Stammes eine Art eigener Regierung aufstellen. Sie wählen einen Häupt- ling, der Sep orane heißt. Diese Stelle wird stets von einem Knaben aus des Großhänptlings Haushalt eingenommen, der von seinen Altersgenossen als Führer anerkannt toiti). Ähnlich halten es die jüngeren Mädchen. Eine Tochter des Großhäuptlings steht ihnen vor, deren Weisungen die andern zu befolgen haben, wenn sie z. B. gemeinsame Ausflüge (zum Zwecke des Sammelns von Früchten oder Schilf) unternehmen. B. Großjährigkeit. Dem Übergang von der Kindheit zur Altersreife wird von den Bapedi große Bedeutung beigelegt; sie umgeben ihn mit besonderen, feierlichen Gebräuchen, dem Mannbarkeitszeremoniell. Alle vier bis fünf Jahre werden Mannbarkeitsschulen abgehalten, alle vier bis fünf Jahre deshalb, damit ein Sohn oder Neffe des Großhäuptlings Gelegenheit hat, mitzutun, um dann Befehlshaber eines neuen Regiments zu werden. Diese Schule durchzumachen ist Pflicht jedes Jünglings, denn sie ist eine Stammeseinrichtung, durch die der Schüler erst ein volles Mitglied des Stammes wird. Der nähere Zweck der Mannbarkeitsschule besteht darin, die Knaben abzuhärten, sie im notwendigen Stammeswissen zu unterrichten und auf das Eheleben vorzubereiten. Für die männliche Jugend zerfällt die Schule in zwei getrennte Kurse; der erste heißt Bodikane (verborgene Dinge), der zweite Bogwera (Zeitgenössisches). 1. Bodikane. Die Bodikane wird als eine ehrwürdige Einrichtung hochgeschätzt, deren Abhaltung den ganzen Stamm in Aufregung versetzt. Sie beginnt stets im Herbst, wenn der Büschelmais anfängt rot zu werden (gewöhnlich im April). Zur Vorbereitung werden die Jünglinge, die im Alter von 14 bis 17 Jahren stehen, im Hofe ihrer Sippe versammelt, wo sie am Boden liegend je vier Rutenstreiche auf den bloßen Rücken erhalten. Das wird Prüfen genannt. Inzwischen ist abseits von den menschlichen Wohnungen ein Lager im Freien errichtet worden, wo die auf das Stammesleben sich vorbereitenden Jünglinge fern von allem Verkehr ihr Stammesnoviziat abhalten sollen. Am Morgen des Eröffnungstages der Bodikane laufen die Knaben von den Dörfern der Sippenversammlungen zum Mann-barkeitslager, das Mpato heißt. Es ist wichtig, daß sie springen, denn sie sollen Eifer für die Übungen zeigen. Das Lager ist zwar an einem abgelegenen Orte, doch in hörbarer Entfernung vom Häuptlingskraal angelegt, so daß die Gesänge der Burschen zur Nachtzeit und am frühen Morgen von der Bevölkerung der Umgebung gehört werden können. Es ist auch nicht weit von fließendem Wasser entfernt und hat die Weihe des Zauberers empfangen. Innerhalb einer kreisförmigen Umfriedung aus Dornbüschen mit dem Haupteingang gegen Westen und einem großen Baum als Mittelpunkt, erheben sich die Hütten, die fünf oder sechs Meter von der Innenseite des Zaunes abstehen. Zu beiden Seiten der Eingangsöffnung errichtet man einige weitere Hütten für gelegentliche Besucher. Der Mpato ist der Ob-sorge von Mitgliedern des zuletzt aufgestellten Regiments anvertraut. Am Abend des Eröffnungstages wird den jungen Teilnehmern der Kopf kahl geschoren. Sie haben für die Zeit von drei Monden im Lager zu verbleiben, gewöhnlich für 10 oder 11 aufeinanderfolgende Wochen. Am nächsten Morgen bei Tagesanbruch werden die Burschen beschnitten. Der Ma-ruteng-Häuptling, b. i. der für die Abhaltung der Bodikane Verantwortliche Häuptling, hat sich vorher eines Tipane, d. i. eines sachkundigen Beschneiders, versichert. Dieser darf kein Mopedi, sondern muß entweder ein Ndebele oder ein Maroka sein. Die Jünglinge werden einer nach dem andern vom eigenen Vater, Vormund oder älteren Bruder zum nahen Wasser geführt, wo der Tipane sie erwartet und mit einem scharfen Messer sogleich die Beschneidung vornimmt. Die Begleitung der wartenden Kandidaten vollführt unterdessen einen ohrenbetäubenden Lärm, um das Schreien der Verwundeten zu übertönen, die sogleich nach der Operation das Wasser aufsuchen und darin bleiben, bis die Beschneidungszeremonie vorüber ist, was vor Sonnenaufgang der Fall sein soll. Es wird nur ein Messer gebraucht für alle Operationen, und es wird keine Zeit mit dessen Reinigung Heft 8 u. 9 Stern der Neger 123 Mohammedanische Feste in Marokko. Die „Mohren" ans Larache (Marokko), die hier zum Fest versammelt sind, stellen eine Mischrasse aus Arabern und Berbern, den Ureinwohnern der Berge, dar. Neben 5 Millionen Mohammedanern gibt es in Marokko 136.000 Inden. Sie sind zum Teil seit unvordenklichen Zeiten im Land, zum Teil in jüngster Zeit als Flüchtlinge aus Europa eingetroffen. Die 175.000 Katholiken Marokkos sind lauter Europäer, die Bekehrungen aus Kreisen der Einheimischen belaufen sich jährlich kaum auf 20 Seelen. (Fides.) Verloren. Die Wunden werden auch nicht verbunden, sondern sich selbst überlassen. Die Folge ist oft großer Blutverlust. Sollte ein Bursche deshalb ohnmächtig werden, so gilt das als ein Beweis seiner lockeren Sitten. Der Grund für die Beschneidung scheint kein religiöser zu sein, sondern „weil es so Brauch ist". Sie gilt den Bapedi als Stammesgesetz, das eingehalten werden muß. Nach der Beschneidung lverden die Üben-" den zuni Mpato geführt, wohin jeder ein Bündel Brennholz mitnimmt. Jene, die zu erschöpft sind, werden getragen. Während der ersten Tage gibt es im Mpato wenig Tätigkeit, auch wird die Zuchtrute nicht angewendet. Die Körper der Lehrlinge werden mit weißer Erdfarbe bemalt, was sowohl eine Reinigungszeremonie darstellt, als auch einen kriegerischen Schmuck bildet. Im Mpato stehen die Burschen unter der Obsorge junger, unverheirateter Männer, die sowohl die Bodikane wie die Bogwera durchgemacht haben und als Miditi, d. h. Lehrer, tätig sind. Die verheirateten Männer kehren ins Dorf zurück, wobei sie laut singen. Bei ihrer Ankunft im Dorfe wird Bier und Essen gebracht und ein großes Festmahl mit Tanz abgehalten. Bei dieser Gelegenheit bekommt der Tipane seinen Lohn, der sich auch an Speise und Trank gütlich tun kann und aller weiteren Pflicht ledig ist. Früher war der Lohn des Tipane ein Ochse; heute erhält er meist einen Schilling für jeden Burschen. Am folgenden Tage wird der Vorsteher der Schule aufgestellt, der den Titel Raba-dia führt und von rauher, harter Gemütsart, dabei wagehalsig und ein geübter Jäger sein soll. Er nimmt zwei Gehilfen auf, deren besondere Aufgabe es ist, den Betrieb der Schule zu überwachen und die Schüler die Jagd zu lehren. Ferner haben sie den jungen Leuten eine Anzahl geheimer Formeln und Gesänge beizubringen und sie im Stammesgesetz sowie in der Religion ihrer Väter zu unterrichten. Sie halten sie auch an, sich wie Männer zu betragen, wenn sie geschlagen oder gequält werden. Nach Ablauf von drei Tagen werden die Beschneidungswunden mit heilkräftigen Kräutern und Wurzeln behandelt und verbunden, die in den meisten Fällen in etwa drei Wochen ausheilen. Alsdann werden die Übungen im Mpato mit allem Ernste aufgenommen, und es wird den Jünglingen nichts an Beschwerden geschenkt. Außer einem kleinen Lendenfelle und Sandalen dürfen sie keinerlei Kleidung tragen, weder bei Tage, noch bei Nacht.' Während sie im heimatlichen Kraal gewohnt waren, unter warmen Pelzfellen zu schlafen, müssen sie im Mpato während der bereits kalten Nächte auf dem bloßen Boden liegen, mit keiner anderen Bedek-kung als ein wenig Gras. Doch müssen sie die Lagerfeuer unterhalten, die am „heiligen Feuer" entzündet wurden und nicht auslöschen dürfen. Die Lehrlinge erheben sich eine Stunde vor Tagesanbruch und stimmen einen wehmütigen Klagegesang an, der für die Frauen in Hörweite eine Aufforderung ist, an die Bereitung des Essens zu gehen. Die Nahrung wird dann von jungen Mädchen an einen bestimmten Platz außer Sicht des Lagers gebracht und dort den Miditi übergeben. Die Burschen reiben ihren Körper mit Holzasche ein, verzehren ihr Frühstück und ziehen dann aus, um den Tag jagend und singend zu verbringen. Die jungen Leute werden von den Miditi häufig geschlagen, die stets lange, schmiegsame Gerten mit sich tragen. Die Neulinge werden gezüchtigt wegen Vergehen beim Vortrag, wegen Mangel an Bereitwilligkeit, wegen Schläfrigkeit und oft ohne eigentlichen Grund, lediglich zur Abhärtung. Noch andere Züchtigungsmittel wendet'man an. So speit ein Mann auf seine Sandale, drückt sie in den Sand und schlägt damit einem Jüngling auf den Schenkel, daß der scharfe Sand die Haut verletzt. Ein Stock wird auf eines Knaben Schienbein hin- und hergerollt, bis eine Blase entsteht. Ein Mann schlägt mit der Kantenseite seiner ausgestreckten Hand einem Burschen an die Gurgel. Ein Stecken wird über den Kopf eines Neulings gelegt und mit einem anderen Stocke daraufgeschlagen. Ein Knabe, der im Rufe der Unbotmäßigkeit steht, muß wohl ein Stück Holz, in dem bissige Ameisen ihr Nest haben, eine Strecke weit forttragen. Die Burschen haben auch Hunger und Durst auszuhalten und werden gezwungen, ekelerregende Kost ohne Murren zu verzehren. Drei regelrechte und schwere Züchtigungen werden jedem Teilnehmer im Laufe der Bodikane erteilt. Die erste hat den Zweck, dem Knaben die Notwendigkeit des Gehorsams, der Ehrerbietung und der Treue gegen den Häuptling beizubringen. Die zweite soll den Gehorsam gegen den Vater und die dritte Ungehorsam gegen die Mutter betonen. Letztere Tugend wird besonders Häuptlingssöhnen empfohlen. Es wird nämlich angenommen, daß ein Mann, der mehrere Frauen hat, sie nicht alle gleich behandelt, was Anlaß zu Eifersucht unter ihnen geben kann. In der Absicht daher, es unmöglich zu machen, daß eine eifersüchtige Frau ihren Sohn aufstachele, seinem Vater einen Schaden zuzufügen, werden die Stammeslehrlinge so kräftig ermahnt, ihren Müttern nicht zu gehorchen. Jeden Morgen versammeln sich die Übenden zwischen dem Baume des Mpato und dem Ausgang und rennen, umgeben von den Miditi, auf ein Zeichen singend und tanzend zum Flusse, wo sie ein vorgeschriebenes, kaltes Bad nehmen. Dann geht es auf die Jagd. Die Felle der erlegten Tiere werden aufbewahrt und dem Häuptling übergeben. Selbstverständlich erhalten die Knaben auch sexuelle Aufklärung, doch beobachten die Bapedi darüber strenges Stillschweigen oder leugnen diesen Nnterrichtsgegen-stand ab. Während der Dauer der Bodikane widmen ihr die Männer der Umgebung viel Aufmerksamkeit und machen häufig Besuche im Mpato. Es ist Sitte, daß sie aus dem Heimweg vom Lager unschöne Lieder singen, in denen die untreuen und unfruchtbaren Weiber des Stammes schlecht wegkommen. vorgenommen. Die Mahaola, d. s. die Jünglinge, welche die Schule durchgemacht haben, legen den Kindheitsnamen ab und nehmen einen neuen Namen an,-unter bent sie in Zukunft bekannt sind. Wenn die Schule ihr Ende erreicht hat, geht ein Bericht an den Maruteng-Häupt-ling darüber ab, und ein großes Fest wird vorbereitet. Alsdann begeben sich die Männer des Dorfes zum Mpato und bringen jedem der Mahaola einen Lekgeso, d. i. Die Frauen hingegen haben während der Abhaltung der Bodikane ihre Bewegungsfreiheit einzuschränken, damit sie mit keinem der Übenden zusammentreffen. Sollte das vorkommen, wenn z. B. eine Frau Brennholz sammelt, so ist sie in Gefahr, innerhalb dreier Tage vergiftet zu werden, wenn die Sache bekannt wird. Es wird alsdann ausgegeben, sie sei vor Schreck gestorben, weil sie gesehen, was keine Frau sehen solle. Wenn die Schulzeit abläuft, werden die Jünglinge aufgefordert, eine Menge Holz zu sammeln und auf einem flachen Felsen abzubrennen. Wenn der Felsen sich stark erhitzt hat, springen kleine Steinteile ab. Diese werden gesammelt und zum Mpato gebracht, wo die Männer eine Art Denksäule von steil-kegeliger Form daraus errichten, die Piri, b. h. Wolf, genannt wird? Unmittelbar vor Schluß der Bodikane wird die Zeremonie der Neubenennung 1 Die Bapedi versichern, der Piri habe keinen andern Zweck, als den Ort au bezeichnen, wo der Mpato sich befunden, tzarries aber ist der Ansicht, dasi diese Piri-Säulen Überbleibsel vorzeitlichen Phallusdienstes seien. 3m Bemen. Es sind Einheimische aus dem Minen, dem slid-westlichen Teil der arabischen Äalbinsel zwischen Asir und Aden. Zurzeit steht man dort in Fehde mit dem benachbarten Königreich Gaitbi. ‘Seinen zählt 2,500.000 Einwohner und zu ihm gehört auch Mokka, der berühmte Kaffeehafen. Das rivalisierende Reich Saudi am Roten Meer besitzt dagegen die heiligen Städte Mekka und Medina. Ganz Arabien mit Ausnahme von Aden ist dem Christentum verschloffen. Ein Priester, der kürzlich mit anderen Mekka besuchen wollte, wurde abgewiesen und durfte nicht einmal das Schiff verlassen. In Aden wirken italienische Kapuziner. (Fides.) ein Lendenschurz aus dem Felle einer bestimmten Antilopenart. Nach reichlicher Hauteinreibung mit Fett und rotem Ocker werden die Mahaola von den Männern unter Singen und Lärmen zum Häuptlingskraal geführt, wo im Kgoro (Gerichtshof) ein Ehrenplatz für sie bereitet ist. Dort werden sie dem Häuptling vorgestellt, dessen Gäste sie eine Woche lang bleiben. Wenn der Häuptling wohlhabend ist, wird er Rinder und Ziegen zur Verfügung stellen, die geschlachtet werden, worauf ein achttägiger Fleischschmaus folgen kann. Es ist schließlich Pflicht eines jeden Burschen, einen Pfahl von etwa acht Fuß Länge und vier Zoll Durchmesser zu schneiden und ihn dem Maruteng-Häuptling zu überreichen. Diese Pfähle verwendet man zur Ausbesserung der Umzäunung des Viehpferchs und Gerichtshofes. Die Mahaola gehen meist ein Jahr auswärts auf Arbeit, um dann die zweite Schulung, die Bog-wera, durchzumachen. Es ist ein Grundsatz der Bapedi, die Geheimnisse des Mpato nicht auszuplaudern, besonders nicht weiblichen Personen gegenüber, noch solchen, welche die Bodikane nicht durchgemacht haben. Diese Mahnung wird getreulich befolgt, und es ist deshalb sehr schwer, Einzelheiten über die Mannbarkeitsschulung zu erfahren. (Schluß folgt.) Der Geist Gottes weht, wo er will. (Fortsetzung.) Von Anna Kayser. Elena gab Maria das Briefchen zum Besorgen und lief auf Umwegen zur Heilig-Geist-Kirche. In dieser Verfassung konnte sie nicht zur Priorin gehen. Erschöpft, mit geschlossenen Augen, saß sie lange in einem Pfeilerwinkel. Sie betete nicht. Warum auch? Ihr ganzes aufgewühltes, von jähem Sturm erschrockenes Herz lag offen vor dem gütigen Allwisser in seinem stillen Gezelte. Sie dachte, wenn er bis jetzt in ihrem Schifflein geschlafen hatte, nun würde er die Hand aufheben — ein Wort — und es würde stille werden. Es war so sicher und so friedlich in seiner Nähe, als wenn eine kleine Welle, bang vom Stürmen über Fels und Klippe, im großen Meere untertaucht. Sie mußte zur Kanzel hinschauen. Dort hatte ihr Bruder Ludwig gestanden und zu ihr hinunter geredet! Merkwürdig war das alles. Als wäre sie aus einer Vertarnung nun zu freiem Sein erwacht. Dann stand sie im Sprechzimmer von St. Margareten. Die Priorin zog sie wie ein heimgekommenes Kind in die Arme. Elena weinte fassungslos. „Hätte ich das doch eher, ein einziges Jahr eher gewußt, ich hätte nicht so furchtbar schwer getragen!" — „Es ging nicht, Kind. Du warst nicht großjährig. Deine Mutter hatte alle gesetzlichen Rechte auf ihrer Seite. In deinem Jugendungestüm hättest du Ver- hängnisse über dich beschworen, die auch andere mitgetroffen hätten. Du warst ja auch nicht allein." — „Ist es denn wirklich wahr, Tante Mechtildis? Es ist so ungeahnt gekommen. Ich kann es noch kaum fassen. Erzählen Sie mir von meinem Vater." — „Er wird es selber tun. Nur um eines bitte ich dich schon heute; verurteile weder deinen Vater noch deine Mutter! Deine Mutter war nicht immer, wie sie jetzt ist — oder wie sie sich zeigt. Es gibt Gewalten, die stärker sind als Menschen." Elena saß in schwerem Sinnen da und ließ sich von den Wirrnissen einspinnen, unter denen ihre Wiege und ihre erste Kindheit gestanden haben mochten. Sie sah die Priorin dunkel an und sagte leise: „Wie kann eine Mutter ihr Kind um Fremde verlassen?" — Die Priorin seufzte: „Kind, das sind Verhängnisse, die wir nur schauernd ahnen können. Deine Mutter war das arglose Kind einer weltfremden Bergeinsamkeit. Wie eine seltene Blume entzückte sie deinen Vater. Er nahm sie als sein geliebtes Weib mit in sein Gelehrtenheim. Sie war ein fröhlicher Singvogel. Der ganze Himmel, der freie Wald mit all seinen Blumen und Liedern hatten ihr gehört. Er aber war ein wirklichkeitsfremder Denker. An manchen Tagen vergaß er über seinen Forschungen die kleine Lerche, die 127 Heft 8 u. 9 Stern der Neger er sich ins Haus geholt hatte. Wie es dann kam —? Wie er sie mitnahm in die große Stadt — und sie sang mit ihrer Wunderstimme — erst bei Freunden, dann bei Fremden, immer öfter, immer lieber — und konnte es nicht mehr lassen . . . Wie sie als Fremde heimkam ins allzu stille Heim . . . und nur mehr sich fortsehnte . . . Ach Kind, es war so traurig! Du wirst alles einmal erfahren." Die Priorin ließ sie eine Weile allein. Als sie dann zurückkam, hatte sie sich gefaßt. Ihr Geist hatte in kurzen Minuten zwei Menschenwege voll Leid und Vereinsamung, voll Schuld und Schicksal durchwandert. „Der arme Vater, was muß er gelitten haben!" — Da wurde die Stimme der Priorin dunkel. „Ja, er-war einsam. Aber glaub nur, Elena, deine Mutter war einsamer, weil sie friedlos war. Doch dürfen wir hoffen, daß das, was einmal in ihr lebte und gut war, nur verleugnet und verschüttet ist. Es wird wieder aufwachen, wenn sie sich einmal ganz selbst verloren hat. Dann wird einer sie niederbeugen und ausrichten, und sei es erst am letzten Meilensteine." — „Ich bete, daß er cs früher tick", sagte Elena leise. — „Siehst du nun, Kind, daß die Grundpfeiler der Brücke schon geschlagen sind, auf der Gott den Menschen begegnet?" — „Wann soll ich zu meinem Vater gehen? Heute?" — Die Klosterfrau lächelte: „Gemach, kleine Stürmerin. Heute kämest du zu früh. Morgen geh mit Gott, und bringe die Freude in deines Vaters Haus!" Elena ging. Die Dämmerung lag schon in den Straßen- Erleichtert sah sie, daß das Mortensche Auto nicht mehr da war. Da stieg ein plötzlicher Entschluß in ihr auf, noch heute eine Aussprache mit her Mutter zu suchen. Sie ging wieder den Umweg durch die stille Seitengasse, tief in Gedanken. Da hörte sie plötzlich ihren Namen raunen: „Fräulein Gorlitta!" Sie zuckte zusammen. Morten. Er hatte sie schon eingeholt. Wie selbstverständlich ging er neben ihr. Sie riß sich innerlich zusammen, um ihm ihr Betroffenscin nicht zu zeigen, aber sie gönnte ihm weder Blick noch Wort. „Fräulein Elena, was habe ich verbrochen, daß Sie mich schlechter behandeln wie einen Gassenjungen?" frug er in dem weichen Tonfall, den Elena schon mehr als einmal als süßes Gift empfunden hatte. Sie fühlte seinen Blick. Diesmal verwirrte er sie nicht. Es war, als stände ein Schirmgeist mit brennender Fackel am Tor ihres Herzens. Elena hatte noch kein einziges Wort gesprochen, und sie waren schon an der Seitentür ihres Heimes. Er wehrte ihr den Eingang. „Ich weiß es, daß Sie mir gut sind. Ich kämpfe auch nun lange genug um einen lieben Blick aus Ihren Augen. Sie aber treiben die Qual zu weit. Ich ertrage es nicht mehr . . . !" Elena tat einen Schritt zurück und sagte kalt: „Ich habe Sie über meine Gesinnung Ihnen gegenüber nie int Zweifel gelassen, Herr Morten. Darum lassen Sie mich meinen Weg gehen. Ich lasse Ihnen den Ihren." Sie wollte nach der anderen Seite hin fort, aber er stellte sich ihr drohend in den Weg. Sie fühlte, er war zu allem fähig. Kein Priesterwohnung in grmelo, Präfektur Lhdeu-burg. Mensch war in der Nähe. Aus der ferngelegenen Küche nur hörte sie ein Mädchen singen. Da sah sie ihn mit halbem Blick an und sagte tonlos: „Herr Morten, was könnte ein Glück mit einem Menschenkinde Ihnen bedeuten, ba§ Sie sich erzwingen müssen? Ich denke nicht an Sie und werde Sie niemals lieben. Warum sprechen Sie mir das Recht ab, mein Leben zu gestalten, wie ich will?" Er machte eine wegwerfende Gebärde: „So reden junge Mädchen gern. Aber Sie kennen ihr eigenes sprödes Herz nicht. Wir wollen zu Ihrer Mutter gehen. Sie haben sie sehr gekränkt. Doch daran sind nur die düsteren Nonnen schuld." — „Schweigen Sie!" flammte Elena auf. „Ich dulde es nicht, daß Sie edle Frauen schmähen, die Ihnen nicht das Geringste getan haben. Und bedrängen Sie nicht weiter ein Menschenkind, das Sie nicht begehrt!" — Sie nahm mit einem kühnen Sprung die drei Stufen. Er hielt sie am Mantel, aber sie entschlüpfte ihm. Mit einem Ruck stieß sie die Tür auf und war drinnen. In der Diele lauschte sie noch einen Augenblick. Aber er wagte doch nicht, ihr in den Frieden ihres Heims zu folgen. Erschöpft lehnte sie am Treppenaufgang, vom stürmischen Hin und Her dieses Tages erschüttert. Dann klopfte sie am Zimmer ihrer Mutter. Besser, sie kämpft alles nacheinander aus. Es blieb ihr auch nicht mehr viel Zeit. Hermine Gorlitta lag auf ihrem Ruhebette, als ihre Tochter eintrat. Ein Blick traf Elena, der sie erschreckte. War es Haß, was in den dunklen Augen aufglühte? „Da bin ich, Mutter", begann sie zögernd. — „So, da bist du? Zu spotten wagst du auch noch? Geh, daß ich mich nicht vergesse. Geh zu denen, die dich diesen hinterlistigen Kampf lehrten gegen deine eigene Mutter! Gib den Schmuck her, mit dem meine Liebe dich überschüttete, und laß dir einen Rosenkranz umhängen! Grüße die Betschwester in der Klosterstraße. Sie hat ihr Spiel gewonnen. Auch dem frommen Mann, der mir meine Tochter so liebenswürdig zur Nonne erziehen ließ, magst du für mich danken. Er mag dich scheren lassen. Ich wehre es ihm nicht mehr!" — Elena griff schwindelnd nach einem Halt. Sollte alles über ihr zusam- menbrechen an diesem einzigen Tage? Durch die halboffene Tür zum Speisezimmer sah sie die festlich gedeckte Tafel. Und Rosen in bunter Fülle. Es hatte Verlobung sein sollen------- Erbarmen erfaßte sie mit ihrer Mutter, die, einmal haltlos, an jeder Enttäuschung aufs neue zerbrach. Sie eilte zu ihr und kniete vor ihr nieder. — „Mutter, ein gutes Wort gib mir! Ich habe dich doch lieb!" — ,/3o, plötzlich hast du mich lieb? Und die Blamage, die du mir anhängtest, das ist wohl alles Liebe? Noch einmal — geh!" Die erzürnte Frau schob sie zurück und wandte sich zur Seite. Helena stieg ein heißes Weh zum Halse. So hatte sie sich den Abschied aus dem Elternhause nicht gedacht. Wie ein Wirbelsturm war die Entscheidung gekommen. Sollte ihr die Seele der Mutter nun ganz entgleiten? Sie griff nach ihrer Hand und drückte sie an ihr heißes Gesicht. „Mutter, leb wohl! Ich behalte dich immer lieb — und ich bete für dich." Mit einem letzten langen Blicke ging sie zur Tür, in der stillen Hoffnung, daß die Mutter sie doch noch zurückriefe. Aber in der Ecke blieb es still. Als sie wankenden Schrittes durch die Diele schritt, hörte sie plötzlich ein gequältes Aufstöhnen. Sie wollte zurück, aber da sah sie Dorotie mit einer Freundin ins Zimmer der Mutter gehen. Verstoßen von der eigenen Mutter, das war hart. Aber, „wenn einer nicht Vater und Mutter, Brüder und Schwester um meinetwillen verläßt, so kann er mein Jünger nicht sein", das war der herbe Trost dieser Stunde, und er verlangte der Liebe ganzes Herzblut. „Heiland, du hattest nicht, wohin du dein Haupt legtest, und meiner wartet eine neue Heimat." Sie kniete zu langem, stummem Gebet vor ihrem Kreuze nieder, zum letzten Male. Dann begann sie ihre Zelte im Hause ihrer Mutter abzubrechen. Eine Mission nur blieb ihr noch zu erfüllen... Die Nacht lag noch über der schlafenden Welt, da ging Helena, eine Rolle unterm Arm, leise zum Atelier ihres Bruders, zu dem sie von früher her den Schlüssel hatte. Sacht hob sie die Hülle von der Staffelei. Sie war leer. In heißer Angst begann sie zu suchen. Umsonst. Da blitzte ihr ein Ge- danke auf. Vorsichtig löste sie die aufgespannte Leinwand von der Staffelei. Und unter dieser verborgen, fand sie das verhängnisvolle Bild. Sie nahm es herab, entzündete ein Feuer in dem kleinen Ofen, und ein paar Minuten später war von dem Kunstwerk nichts mehr übrig als ein unschuldiges Häufchen Asche. Die „Göttin der Vernunft" mit ihren den sieben großen Menschenlastern huldigenden Anbetern war tot. Wieder einige Minuten später erhob sich an der leeren Stelle — das Kreuz von Golgatha. An seinem Stamme — der Erlöser der Welt! Erschüttert vom Ernst der Stunde sank Helena vor ihm nieder und flehte mit zuckenden Lippen: „Du hast es gesagt, du wolltest alles an dich ziehen, wenn du am Kreuze erhöht sein würdest! Siehe meine Mutter — meinen Bruder — meine Schwester. Ziehe sie alle an dich!" In einem Briese, den sie in ein leeres Fach von Arnolds Schreibtisch legte, bekannte sie ihm ihre mutige Tat und mahnte ihn zur Einkehr und Umkehr. Eine Stunde später schloß sich die Pforte des Hauses, das ihre einsame Kindheit und ringende Jugend gesehen, hinter Elena Gorlitta. — Helena Linther ging ihrer neuen Heimat entgegen. Hätte sie sehen können, wie in einem prächtigen Gemach des Elternhauses eine verzweifelte Frau sich stöhnend auf ihrem Lager wand, sie wäre nicht so traurig gegangen. Helena ahnte nicht, daß im Herzen ihrer welthungernden Mutter ein heimlicher Winkel war, in dem ein süßes, heiliges Erinnern lebte, ob sie es auch immer neu verleugnete. Da weinte es in ruhelosen Nächten mit tausend Heimwehstimmen um ein verlorenes Paradies. Bilder standen auf in schweigenden Dämmerungen: Eine kleine, waldumrauschte Stadt. . . Eine stille Straße am See... ein trautes Heim, von tausend Märchen umflüstert ... ein ernster Mann, mit gütigem Gesicht und treuem Herzen... eine lachende Frau, die die Rosen und die bunten Schmetterlinge liebte... Kinderlachen... ein blonder Bub, mit Schelmenaugen — und ein süßes Mädchen, des Vaters Ebenbild. . . Helena. Und dann — die dunkle Wolke über dem friedlichen Gelehrtenheim... Eine betörte Frau vergißt Treuschwur und Mutterpflicht, folgt einem Trugbild. Und Schulkinder in Ermelo. dann. .. Hermine Gorlitta stürzte sich nach solchen Stunden allemal in neuen Festtaumel, um die klagenden Geister zu bannen. Aber seit Elena von ihr gegangen, war sie ihrer Übermacht nicht mehr gewachsen. Wo sie ging oder stand, im Flitterschein nächtlicher Festsäle und in quälenden Grübelstunden nebliger Tage, immer stand Elenas trauriges Gesicht vor ihr und hörte sie ihr inniges: „Mutter, ich habe dich lieb!" Keiner von denen, die der Sängerin zujubelten, wußte es, das Hermine Gorlitta zwei Seelen hatte. Nein, keiner wußte es. Arno Gorlitta kam vom Frühlingsfeste der Kunstvereinigung „Morgenstern" heim. Er brachte seinen Freund, Heinz Roll, mit. Sie innren berauscht von schweren Weinen und wollten sich in Arnos Werkstatt einen starken Mokka brauen. Arno wollte Heinz Roll auch sein fertiges Werk zeigen. Von ihm hatte er die erste Anregung dazu bekommen. Roll hatte eine geltende Stimme in Kunstkreisen. Ein einziges „Ah!" von ihm konnte seinen Ruhm begründen. Feierlich ging er an die Enthüllung. Mit einem einzigen Griff zog er die letzte Hülle weg. Aber — Tod und Teufel, was war das? Entsetzt starrten die beiden ans den ungeheuerlichen Spuk. Ein wahnsinniges Gaukelspiel feindlicher Machte —? Heinz Roll tat einen Fluch, der eine ganze Unterwelt ergötzen mochte. „Zeus und Wotan, Arnold, das ist ein Scherz — dazu hol dir lieber die Kuttenleute von St. Bonifaz!" Er sprang auf, fahl wie ein Geist. Heinz griff nach seinem Arm. Seine Zähne klapperten. Kein Blutstropfen war in seinem verzerrten Gesicht. Seine Augen irrlichter-ten. Er wollte sprechen, aber er brachte nur ein Lallen heraus. „Eine Spinne hast du mir in den Champagner geworfen, du! Geh zu den Barfüßern. Aber mich laß in Ruh mit solchen Mätzchen." — Arno ließ ihn los. Schwankend hielt er sich an der Staffelei. Wie in einem bösen Traum hörte er Roll die Treppe hinabpoltern und seinen Ächritt auf dem nächtlichen Pflaster verhallen. Er ließ sich auf einen Schemel fallen, legte die Arme auf die Knie und den Kopf darauf. Einmal mußte doch der fürchterliche Spuk von der Staffelei verschwinden. Oder — war er von Sinnen — und narrte ihn eine dämonische Vision? Wo war die königliche Gestalt geblieben, die er mit Anspannung all seines Könnens in langen Tagen und Nächten ohne Schlaf und Nahrung geschaffen hatte —? Die ihm die Goldpforten des Ruhmes hatte erschließen sollen. Nun ragt an derselben Stelle ein grausiger Pfahl, und an dem Pfahle hängt ein Menschenleib, verblutend, in Todesqual verkrümmt — dorngekrönt, mit offenen, lechzenden Lippen — der Heiland der Welt. Arnold wagte dann und wann einen scheuen Blick zu dem Mysterium hin. Es war da und blieb da, auch als schon der erste fahle Tagesschein durch das rötlich verhangene Fenster brach. Das erste Entsetzen wich langsam einer erschütternden Anfwühlung. Eine geheimnisvolle Gewalt zwang ihn auf die Knie. Ein scharfer Schmerz durchriß ihn innerlich, als löse eine fremde Macht Wurzel um Wurzel aus dem Erdreich los, in dem er sich unter Heinz Rolls Einfluß unselig verankert hatte. Dieses Losgerissenwerden tat weh. Er fühlte sich haltlos zwischen zwei Welten. Uber ihm der grollende Himmel, vor ihm der furchtbar gequälte Gott am Kreuze. Sekundenlang kauerte er wie zermalmt vor der Staffelet. Als der erste Sonnenstrahl tröstlich den toten Heiland am Kreuze umleuchtete, stand er mühsam auf und sah sich in seiner Werkstatt um. Sie war ihm seltsam fremd. Welch rätselhaftes Wesen hatte hier die Farben gemischt? Hatten ein Engel und ein Dämon hier um seine Seele gerungen — und war dein Engel der Sieg geworden? Er fühlte eine seltsame Stille in sich und um sich, ob auch das unerklärliche Geheimnis noch im Dunkeln lag. Er löste das Bild mit bebenden Händen von der Staffelei, wickelte es ein und nahm es mit sich. Kei- Pedi-Mädchen. Heft 8 u. 9 Stern 'her Neger 131 nein, auch seiner Mutter nicht, sagte er, wohin er ging. — „Er ist verschollen", sagten seine Freunde, als er nach Monaten noch nicht wieder da war. „Er schämt sich", dachte Heinz Roll und schüttelte einen Schauder ab. „Er ist mir verloren", stöhnte seine Mutter in Stunden der Vereinsamung. „Verloren wie Elena." — Als tier graue Herbst Land und Menschen in Schwermut hüllte, ertrug sie ihren Weltschmerz nicht mehr. Sie brach über Nacht ihre Zelte ab und ging mit Do-rotie auf Reisen. Jeder Zug im hagern Gesicht des alten Professors war herzpochende Erwartung. Seit einer Stunde ging er im großen Gartenzimmer des Pfarrhauses St. Markus auf und ab. Hundertmal sah er nach der Uhr, las wieder und wieder tias kleine Briefchen, in dem Helena ihn nach achtzehn Jahren wieder Vater nannte, stand wieder auf und wartete weiter. Solch eine Stunde zwischen Tag und Abend war es auch gewesen, als er sie zum letzten Male in seinen Armen gehalten. Wie ein Dieb hatte er sich in sein Heim gestohlen, in dem unholde Geister ihm das Herdfeuer ausgelöscht. Elena hatte geweint, als er wie ein Schatte» tier Nacht an ihr Bettchen gekommen war und sie an sich gerissen hatte. Noch nach Jahren hatte dieses Weinen ihm in den Ohren gelegen, die letzte Klage des vaterlosen Kindes. Es klopfte. Ludwig stand in der Tür. Er und der Pfarrer hatten Helena abgeholt. Linther mußte sich an der Tischkante halten, so schwindelte ihm. Er legte einen Augenblick die Hand auf die Stirn, um ruhig zu werden. Draußen gingen Stimmen. Die Tür sprang auf. Ein junges Mädchen im grauen Reisekleid stürmte auf ihn zu: „£> Vater!" Er hob beide Arme und schloß sie mit schluchzendem Aufstöhnen um sein Kind. „Helena!" Sie fühlte sein Herz in schweren Schlägen an dem ihren pochen. Ihr Gesicht war von Tränen überströmt. Er hielt es von sich ab und sah sie lange an — und zog sie neben sich aufs Sofa und hielt ihre Hände — und sie schwiegen selig zusammen. Höchstes Glück und tiefstes Weh haben keine Worte. Erst als Ludwig hereinkam, brach der Bann. Helena faßte es immer noch nicht, dieser junge Missionär mit dem edlen, durchgeistigten Gesicht sollte ihr Bruder sein? „Kennst du wirklich den Ludwig nicht mehr, kleine Leni?" half er ihr über die Fremdheit weg, aber auch in seiner Stimme zitterte Bewegung. Sie schüttelte den' Kopf. „Ich war noch so klein damals. Nur an einen kleinen lustigen Jungen auf einem großen Schaukelpferde erinnere ich mich noch. Und — daß einmal nachts ein Mann an meinem Bette stand und mich mitnehmen wollte — daß ich furchtbar bange war und schrie. Dann war er fort." — „O. Kind!" Der Vater drückte heftig ihre Hand; in seinem Gesichte wühlte die Erinnerung. „Hättest du nicht geschrien, wer weiß, was geschehen wäre!?" — „Q Vater, das warst du?" weinte Helena auf. „Hättest du mich doch mitgenommen — ich wäre nicht so unglücklich gewesen." — „Still!" Ludwig hob beide Hände. „Heute ist nur glückliche Gegenwart. Du warst ein allerliebstes Ding, Helena, ich der große Nichtsnutz. Wenn du weintest, selten zwar, äffte ich dich nach, anstatt dich zu trösten. Wer weiß, wie es dir bei so einem schlimmen Bruder ergangen wäre!" — „Ich wurde mich schon gerächt haben." ,/Erinnerst du dich noch, Helena, als Ludwig in der Heilig-Geist-Kirche predigte?" lenkte Vater Sinti)er ab. „Du saßest am zweiten Pfeiler in schwarzem Hut und weißem Kleid. So hatte es dir die kluge Oberin von St. Margareten vorgeschrieben. Beim Hinausgehen ließ ein alter Mann sich seinen Hut von dir aufheben. O Kind, der Augenblick! Und ich durfte dich nicht halten." — „Und ließest mich wieder in die Fremde gehen! O, die schlimme Tante Priorin!" — „Das weiße Kleid und der schwarze Hut am zweiten Pfeiler hätten mich beinahe in meinen kannibalischen Betrachtungen gestört", scherzte Ludwig. „Ich habe die Augen schließen müssen, aber das Gesicht unter dem schwarzen Hut sah ich dennoch. Dann —■ auf einmal war es ein winziges Baby in der Wiege — dann ein flinkes Mädel, dem ich Bilderbücher erklärte ... — „Und ich Waisenkind ahnte nicht, daß ich mitten in einem richtiggehenden Komplott saß", seufzte Helena lächelnd. — „Nein, das ahntest du sicher nicht, daß der Schwarze da oben auf der Kanzel derselbe war, der dir einstmals deine schwarzzopfige Puppe ins Fichtennadelbad steckte und einen väterlichen Arrest dafür verbüßte. Ich habe es danach auch nur einmal wieder getan." — Helena lachte. „Solch ein schlimmer Sünder warst bu? Davon sieht man dir heute nichts mehr an. Du mußt mir noch viel von damals verraten." — „Lieber nicht. Wer belastet sich gerne selber? Aber einmal habe ich dich doch lieb mit ,Hänsel und Gretell in den Schlaf gesungen." — „Das war nett von dir," kam der Pastor dazu. „Aber heute brauchst du das nicht mehr." Er wandte sich zu Linther, seinem Studienfreunde. „Nun bist du doch endlich mit dem Geschick oder mit der Vorsehung zufrieden, gelt?" — „Ja, nun darf ich sagen: ,/Jetzt entlasse, o Herr, deinen Diener in Frieden..." — „Nicht so. Nein, du fängst noch einmal an zu leben." — „Und werde bald wieder kinderloser sein als zuvor. Ich habe meine Tochter nur wiedergefunden, um sie rasch toteiber wegzuschenken." — „Ah, und wer ist der Glückliche, wenn man es erfahren darf?" — „Rate." Der Pfarrer wiegte den Kopf. „Wie ein Mädel, das von Hochzeitsgeigen träumt, schaut sie eigentlich nicht aus." Er hob drohend den Finger gegen Ludwig: „Du wirst sie doch nicht -angesteckt haben!" — „Und wenn ich es hätte, Reue bringe ich darum nicht auf," lächelte der Neupriester. „Aber da wird die Tante Priorin wohl schuldiger sein als ich. Und noch jemand. Aber den brauche ich Ihnen nicht zu nennen. Sie stehen ja mit ihm auf Du." — Der Pastor griff sich an die Schläfen. „Wir armen Herrgottsschnitter auf den Allerweltsmarken, was sollen wir anfangen, wenn ihr uns -die besten Ernteleute auf die Außenmarken schleppt?" — Der junge Missionär wurde ernst. „Unsere Felder sind groß und der Schnitter wenige. Bitten wir den Herrn der Ernte..." — Am andern Morgen reiste Professor Linther mit seinen Kindern in sein Heim am Main. Dort wollten sie die drei Tage, die Ludwig noch bis zur Abreise blieben, in glücklichem Beisammensein verleben. (Fortsetzung folgt.) Bethlehem und Mekka. Gegen Sonnenuntergang waren wir von unserem Spaziergang in einem kleinen Zipfel Nigerias zurückgekehrt. Wir verließen den Wald-weg und schlugen einen kleinen Seitenpfad ein, der von der Ortschaft weg hinauf zum Äügel führte, wo die Behausung des Missionärs lag. Eine Gruppe Schwarzer tauchte vor uns auf; Arbeiter, die ihrem Leim zustrebten. Einige von ihnen wuschen sich an einer Quelle. Andere ließen sich auf ihre Knie nieder, und das Gesicht nach Westen gewandt sprachen sie ihr Abendgebet: wir hatten sicherlich Muhammedaner vor -uns. Die übrigen hatten ihren Weg fortgesetzt, mit einem gewiffen Respekt wichen sie ihren betenden Kameraden aus. Einige grüßten auch im Vorbeigehen den Priester. „Zwei von ihnen, erklärte uns dieser, sind getauft, andere werden vorbereitet. Die sich so offen als Muhammedaner entpuppt haben, bilden ein Problem für sich. Man mag es Schwäche oder Mangel an Vertrauen heißen, auf alle Fälle fürchte ich, sie sind auf immer für uns verloren. Dabei der Gedanke an ihre große Zahl! . . Wir schlagen den Atlas auf, ziehen an der westafrikanischen Küste eine Linie von der Südgrenze Rio de Oros östlich bis zum Tschadsee, hon dort wieder in südwestlicher Richtung eine Linie nach Fernando Po am Atlantischen Meer. Dieser Ausschnitt aus dem großen westafrikanischen Buckel beherbergt allein 42,752.156 Seelen, über die Lälfte von ihnen, d. s. 612/o Prozent, sind noch Leiden, IVg Prozent sind Katholiken, 2lA Prozent nichtkatholische Christen und volle 35 Prozent sind Moslemin! Die Anhänger Muhammeds, jahrhundertelang im festen Besitz der. Mittelmeerküsten, find schrittweise nach Süden vorgedrungen zu den dichter bevölkerten Ländern am Riger und der Westküste. Alles durchdringend, konnten sie überall Gewinne verzeichnen, und heute ist jede dritte Person muhammedanisch. Von den 42,752,156 Bewohnern dieses Sektors sind also 26,111.220 noch Leiden, d. h. sie können heute oder morgen ihren Fetischen abschwören, Christen oder Muhammedaner werden, vielleicht . fallen sie dem zuerst Gekommenen zu. In der Vergangenheit standen die Moslemin im Vordergrund. Es bleibt abzuwarten, ob die Anhänger Christi auch fernerhin sich überflügeln lassen. Das Vordringen des Islams. Ist dieses Vordringen vor allem auf die 160 Millionen Animisten in der Welt gerichtet, und der Fortschritt in Indien und Südostasien rapid, am stärksten macht er sich doch in Afrika geltend. Kein Wunder, war doch ein wesentlicher Teil des Schwarzen Kontinents über zehn Iahrhun-derte in ausschließlichem Besitz des Islams. Nie zufrieden mit dem Erreichten zog es den Islam immer vorwärts. „Einem Leuschreckenschwarm vergleichbar", meint ein afrikanischer Bischof, „können sie nicht an einem Ort verbleiben; haben sie ein Feld verwüstet, kommt ein anderes an die Reihe," Der Vergleich birgt eine doppelte Wahrheit. Ab er all findet der Moslem Eingang, und nach dem Laden oder Bazar kommt die Schule und Moschee. Er heiratet die Frauen des Landes, verbietet aber den eigenen Töchtern Anders-gläubige zu heiraten. Er hat tausend Kunstgriffe, Anhänger zu gewinnen. „In den vorwiegend islamitischen Städten Nigerias", bemerkt f*. Chabert, der Generalobere der Afrikanischen Missionen von Lyon, wollen die Schwarzen nicht länger Leiden bleiben. Sie schämen sich ihrer Götzen und werden Moslemin, Katholiken oder Protestanten." Bei der Wahl einer höher stehenden Religion wird der Neger, der keine eingehenderen Studien gemacht hat, jener den Vorzug geben, die ihm weniger Opfer auferlegt. Die zur Schau getra- Am 18. März tagte in Lydenburg zum ersten Male der umgebildete Hauptausschuß der Katholischen Aktion Osttransvaals. gene Überlegenheit und Verachtung des Moslems für alle andern Klassen imponiert dem armen Schwarzen, der insgeheim doch auch voll tote und Eitelkeit ist, keineswegs verachtet sein möchte und darum nach der höheren gesellschaftlichen Stufe schielt. Ein Moslem darf so viele Frauen nehmen, als er ernähren kann; ein starkes Lockmittel für Leiden, besonders für solche, die seit langem ähnliche Gebräuche haben. Die Verheißung eines Paradieses mit sinnlichen Freuden, das unmittelbar nach dem Tode beginnt, zieht ebenso stark. Kurz, ein Anhänger des Propheten zu werden, bedeutet für den Schwarzen eine Verbesserung gegen früher; er hat nichts verloren, dafür viel gewonnen ohne besondere Kosten. Er muß zu gewissen Stunden Gebete verrichten, aber die rhythmischen Salems und sonstigen Gebräuche entsprechen seiner Natur. Fasten, Enthaltung von alkoholischen Getränken und Zauberei sind Dinge, mit denen man sich abfinden kann. Der Neger sieht das Ideal der Zivilisation in dem muhammedanischen Volksgenossen, der elegant gekleidet und in guter Stellung eine sozial höhere Kaste geworden ist. Der Islam hat es ja auch verstanden, der Menschennatur in' ihrem gefallenen Zustand meisterhaft sich anzupasten. Er hat Mittel gefunden, das höchste Strebever-mögen und die wildesten Instinkte gleichzeitig zu befriedigen. Auf der einen Seite der absolute Glaube an einen Gott, Gebete, Bußübungen, Gesetze und Vorschriften für soziales, edelmütiges Verhalten, auf der andern Seite ein weit offenes Feld für die stärksten Leidenschaften der Menschennatur: Stolz, Ehrgeiz, Sinnlichkeit. Gut und Bös halten sich gleichsam die Waagschale, ohne daß tiefe Mysterien und Glaubenssätze das Gleichgewicht stören. Eine Zeitlang hielten europäische Kolonialmächte an der Theorie fest, der sicherste und rascheste Weg zur Zivilisation führe für die Reger über den Islam. Daß französische und englische Kolonialbehörden den Muhammedanismus begünstigten, steht fest. Die Errichtung von Moscheen und islamitischen Schulen wurde materiell unterstützt, Moslemin in einflußreiche, bedeutsame Stellungen gebracht. Dagegen durften christliche Missionäre gewiste Gegenden nicht betreten, sie wurden in ihrer Tätigkeit eingeengt, Äußerungen katholischen Lebens unterdrückt. Profestor Delafoste, der. frühere französische Gouverneur in Afrika, gibt für die erfolgreiche Ausbreitung des Islams in Afrika zwei Haupt-grünbe an: Der erste ist der Bildungsdrang der Einheimischen, der sie in die muhammedanischen Schulen führte, der andere ist die offene Begünstigung des Islams durch die Kolonialbehörden. Diese Laltung der Mächte hat ihrerseits wieder die Schwarzen in ihrer Hinneigung zum Muhammedanismus und der damit verbundenen gehobenen Lebensform bestärkt. „Unsere Verwaltung", schreibt Hauptmann Marty, „hat zusammen mit den Verkehrserleich- terungen im letzten halben Jahrhundert mehr zur Verbreitung des Islams beigetragen, als die Marabuts in 300 Jahren hätten erreichen können." Aber diese Politik war ein Fehlschlag, der sich täglich mehr und mehr bemerklich macht. Der muhammedanische Neger wird nur bis zu einem gewissen Grad aufwärts geführt; eine weitere Entwicklung ist für immer abgeschnitten. Es tritt eine Erstarrung ein wie bei intelligenten Kindern, die man vor ihrer Reife zu sehr mit Wissen überladen hat. Kirche und Islam. Die Kirche hat sich nie mit dem Fortschreiten des Muhammedanismus ausgesöhnt, nie die Hoffnung auf Rückgewinnung dieser Millionen aufaegeben. Freilich sind die Aussichten keineswegs ermutigend. Zunächst müßten die Katholiken durch eine genauere Kenntnis des Islams von dem Ernst der Lage überzeugt werden. Gibt es eine islamitische Gefahr? Ja und nein. In Europa und Amerika besteht für die Muselmanen wenig Aussicht auf beträchtliche Ausdehnung. Überschauen wir aber die Millionen von Heiden auf der Welt, insbesondere die in Afrika lebenden, wo das Volk sich seiner Götzen schämt und bereit ist, die Zauberei abzulegen und der Religion der höherentwickelten Klaffen zu folgen, so erhebt sich auch schon ein Schreckgespenst: die Furcht, die Moslemin möchten zuvorkommen und die Schwarzen mit ihrem auf Masteninstinkt berechneten Glauben für immer einfangen. Darum muß der Missionär bestrebt sein, als erster in jene Gegenden zu kommen, wo der Moslem noch keinen Fuß hingesetzt hat, Gott sei Dank, im Kongo ist das geschehen. In Westafrika ist immerhin ein Drittel dem Halbmond anheimgefallen. Jetzt geht es um die andern zwei Drittel. Missionär und Moslem. Die Bekehrung eines Moslems, mag er als solcher geboren oder aus dem Heidentum gekommen sein, bleibt die größte Schwierigkeit. Der Islam selbst ist als Missionssekte darauf bedacht, Bekehrungen zu machen. So steht er den christlichen Missionären nicht etwa passiv, uninteressiert, sondern in aktiver Kampfbereitschaft gegenüber, entschloffen, die Missionäre in ihrer Tätigkeit einzuengen, zu hemmen, aufzuhalten und lahmzulegen. Dazu kommt die charakteristische Haltung des Islams von Anfang an, die auf einen offenen Krieg gegen die Ungläubigen hinausläuft und den Anhängern die vorurteilslose Prüfung eines anderen Bekenntnistes unmöglich macht. Auch die Verachtung aller anderen Religionen, die dem Christentum entlehnten Gedanken als Beweisstücke einer wirklichen Religion, das Gesetz der im Grundsatz aufrechterhaltenen Todesstrafe für die Abtrünnigen sind ebensoviele wirksame Mittel, einen Moslemin von Christen und christlichem Einfluß fernzuhalten. Die katholische, seit Jahrhunderten und schon Heft 8 u. 9 Stern der N e g e r 135 Katholisches Schwestern-Pensionat in Holländisch-Ostindien. Blick in die Kirche des Pensionats, das die holländischen Franziskanerinnen timt Heythuysen zu Mcndoet (Vikariat Batatiin) ans der Insel Java unter-. halten. Die Schwestern wirken seit 1870 in Indien. (Fides.) von den Aposteln geübte Methode ist heute noch wirksam und wird in dem Wort „Karitas" zusammengefaßt. Beweise allein führen nie eine Bekehrung herbei, und das gilt doppelt bei den Moslemin. Greifbare Beispiele christlicher Liebestätigkeit, Männer und Frauen, deren Leben christliche Tugend atmet, scheinen bei ihnen beit meisten Eindruck zu hinterlassen. Die Kirche aber muß stets die muhammedanische Auffassung vom Christentum klären ttn'b berichtigen. Denn viele Mißver-ständnisse herrschen auf jener Seite. Pater Karl Foucauld, der bekannte Einsiedler der Sahara, der 1916 in Tamanrasset ermordet wurde, hielt die Bekehrung der Muhammedaner zum Katholizismus für durchaus möglich. Als Vorbedingung stellte er ein völlig aus der Liebe geborenes Vorgehen der Missionäre sowie die Einflußnahme auf die muhammedanische Frau durch katholische Ordensfrauen auf. Darf man die Bekehrung des Islams zum Christentum als möglich betrachten? fragt er einmal, um selbst die Antwort zu geben: Ja, wenn die Arbeit ganz und vollkommen geleistet wird. Nein, wenn die Arbeit auf halbem Wege stehen und Stückwerk bleibt. Katholische Schwestern sind berufen, das große Werk der Evangelisierung der Moslemin in die Wege zu leiten. Sie allein können an die Mu-hammedanerinnen herankommen, die die Lälfte der Bevölkerung ausmachen, ihre Kinder mit Vertrauen auf die Katholiken erfüllen und Vorurteile ausrotten. _ Doch zunächst gilt es -die 26 Millionen Schwarzen zu retten, die noch in der Finsternis des Leidentums sitzen. (Fides.) Amschau. Mariazell (Mariannh ill, Südafrika). darauf einsehenden Lungersnot unterernährt, — -Die Opfer der Malaria in -Südafrika belau- fehlte die Widerstandskraft. Die Behörden fen sich allein im Jahre 1933 auf Tausende. Den fürchten eine weitere Ausbreitung der Epidemie Eingeborenen, bei dem Regenmangel und der als Folge der nach dem Regen auftretenden Mückenschwärme. Die Gesundheitsämter haben energische Maßregeln getroffen, um gegen die gefürchtete Krankheit anzukämpfen. In Durban hat man einen Mittelpunkt für Vorbeugemaßregeln geschaffen. Spezialisten untersuchen das Wasser in den bedrohten Gegenden, ebenso das Blut derer, die krankheitsver-dächtig sind. Unter der Oberaufsicht dreier europäischer Beamten durchzieht ein Trupp Einheimischer das besonders bedrohte Natal und Zululand. Sie verteilen Chinin, geben der Bevölkerung Unterricht in der Behandlung der Krankheit und veranlassen sie zur Anzeige der Malariafälle in Durban. Das Chinin wird überall den Einheimischen kostenlos zur Verfügung gestellt. Anfangs mißtrauisch, gewöhnen sich die Eingeborenen immer mehr an den Gebrauch des Chinins als Vorbeugemittel. Einem Beamten der Gesundheitspolizei ist allerdings ein merkwürdiges Mißgeschick passiert. Er wollte seine Volksgenossen von dem Nutzen des Chinin und zugleich nach Landessitte von seiner Anschädlich-keit überzeugen und nahm vor ihren Augen eine Dosis. Am Tag darauf war er tot! Selbstverständlich unterstützen die Missionäre auf jede Weise die Regierung in ihrem Kampf gegen die Malaria. Auch sie verteilen im Rahmen ihrer bescheidenen Mittel Medikamente und lassen es nicht an Aufklärung fehlen. Einheimische Schutzgebiete Südafrikas. Durban (Natal, Südafrika). — Neuerdings ist die Rede davon, daß die drei einheimischen Schutzgebiete Südasrikas, Basuto-, Bed-schuana- und Swaziland, von der Krone Englands an die Regierung der südafrikanischen Anion übertragen werden sollen. Kirchlich bildet Basutoland ein Vikariat, das den Oblaten aus der Provinz Kanada anvertraut ist, während Bedschuanaland in Abhängigkeit vom Vikariat Kimberley steht und den Oblaten der deutschen Provinz (Lünseld) übertragen ist. Swaziland bildet eine apostolische Präfektur und untersteht den italienischen Ser-viten. Basutoland allein hat 100.000 Katholiken und einige 150.000 Taufbewerber. Die soziale Arbeit eines deutschen Missionärs in Afrika. Amtata (Südafrika). — Kirchliche und bürgerliche Kreise haben in der Person des Mariannhiller Missionärs P. Bernard Luß einen hervorragenden Führer und Organisator für die sozial-wirtschaftliche Äebung der Einheimischen. Vergangenen Monat hat auch die Aniversität Johannesburg seine Äilse begehrt, um die Lage der völlig verarmten Eingeborenen von Potchefstroom einer eingehenden Anter-suchung zu unterziehen. P. Äuß besuchte die Niederlassung, zeigte den Eingeborenen, wie sie sich selbst helfen und ihre Lage verbessern könnten. Nicht zuletzt suchte er auch die Sympathie und Anterstützung der weißen Ansiedler des Bezirkes für die Einheimischen zu gewinnen. Dann kam ein Ruf von seiten des Bischofs Meysing von Kimberley. Es galt die Errichtung einer landwirtschaftlichen Schule in Bedschuanaland. Dort stößt das Missionswerk auf ungeheure Schwierigkeiten. Die Läuptlinge, der ewigen Streitigkeiten unter den Sekten müde, haben dort bestimmt, daß nur eine einzige Sekte im Schutzgebiet arbeiten darf. Die katholische Kirche kam zu spät und wurde so von der Wirksamkeit ausgeschlossen. Jüngst hat nun Bischof Meysing eine Farm angekauft und hofft vor allem auch durch Gründung einer landwirtschaftlichen Schule dem Missionswerk Eingang zu verschaffen. Die Regierung steht der Sache wohlwollend gegenüber und hat auch ihre Anterstützung zugesagt. Als Krankenpflegerinnen ausgebildete Dominikanerinnen wurden in die Nachbarschaft zum Besuch der Kranken geschickt, und bereits hat sich Bischof Meysing auch der Mithilfe eines Missionsarztes versichert. Aufgabe des P. Äuß wird es sein, die neue Farmschule in Gang zu setzen. In Johannesburg sprach unser Sozialreformer vor verschiedenen Gruppen gebildeter Eingeborener über Wirtschaftsfragen und die Bildung von Selbsthilfe-Kreditgenossenschaften. Die einheimischen Banken Transkeias wurden schrittweise geschaffen und vervollkommnet auf den Werbetouren, die P. Äuß in den Jahren 1926 bis 1931 im Auftrag der Regierung durch das Gebiet unternahm. Jetzt hat der verdiente Missionär sogar aus Aganda Briefe bekommen, die seinen Rat begehren zwecks Gründung landwirtschaftlicher Schulen. Er wurde eingeladen, Vorträge aus der Missionskonferenz von Süd-Rhodesia und auf der Versammlung der Katholisch-Afrikanischen Anion des -Vikariates Natal zu halten. Einige seiner Schriften wurden auch ins Französische übersetzt, damit sie den Eingeborenen von Bel-gisch-Kongo dienlich sein könnten. Es nimmt weiter nicht wunder, daß P. Äuß öfters von Kommunisten und andern Religionsfeinden Südafrikas angegriffen wurde, die seine Person und sein Werk zu verdächtigen suchten. Begegnung mit dem Tiger in den Wäldern Perns. Burimagnas (P e r u). — Der Passionisten-pater Villa mußte auf einer seiner Missions-reisen durch das peruanische Gebiet San Gabriel de la Dolorosa mitten im Walde übernachten. Ein kleiner Indianer begleitete ihn. Mitten in der Nacht stieß der Knabe einen verzweifelten Schrei aus. „Ein Tiger, ein Tiger!" — „Wo denn?" — „Dort, Pater, dort!" Der Missionär zündete seine Laterne an, und tatsächlich konnte er auf ganz kurze Entfernung das Raubtier sichten. Was tun? Es gilt als ausgemacht, daß der Tiger eine merkwürdige Abneigung gegen das Feuer an den Tag legt. So machen die „Cholos" auch stets ein Feuer in ihrer Nähe, wenn sie im Freien übernachten müssen. Der Missionär rafft sich auf, tut ein gleiches. Bald wird ein Brüllen hörbar, die Bestie schleicht davon. Träge gehen die Stunden dieser Nacht dahin. Am Morgen konnten die beiden zehn Meter von der Äbernachtungsstelle entfernt die Spuren des Tieres beobachten, das sie in solchen Schrecken verseht hatte. Der Missionär und die Giraffen. Kisuum (Kenia, Ostafrika). — Ein Mis-sionär des Vikariates aus der Gesellschaft der Mill Liller Missionäre fuhr ruhig durch das Tal des Kedong, als zwei Giraffen seinen Weg kreuzten. Zuerst ein Schreien, dann aber Pflanzten sich die zwei mit dem langen Lals ruhig neben dem Wagen auf. Am den Missionär zu sehen, mußten sie allerdings einige Meter zurückgehen — wegen des fürchterlich langen Lalses. Die Besichtigung dauerte fast eine Viertelstunde, bis der Missionär es für gut hielt, dem ganzen ein Ende zu machen. Er fuhr davon, ohne daß das Geräusch des Motors die Tiere irgendwie erschreckte. Der letzte Franziskaner von Texas.* Eine geschichtliche Erzählung von Robert Streit, O. M. I. (Fortsetzung.) (3Jad)lraia verboten.) „Good morning — Guten Morgen — Mister Jackson", rief letzterer seinem Gaste entgegen. „Wie habt Ihr geschlafen?" „Thank you, Sir —- Danke, Herr. — Wie's sich eben nach solcher Fahrt schlafen läßt." „Wenn Ihr uns bis Nacogdoches begleiten wollt, so seid Ihr mir willkommen. Das Pferd des alten John läuft ohnedies ohne Reiter. Ihr könnt es besteigen." Jackson nahm bas Anerbieten an. „Wollt Ihr jetzt über die Sabine, Sir?" fragte er bann. Mister Allen nickte. „Und das wollt Ihr hier wagen?" rief Jackson. „Einige Schritte flußaufwärts ist das Wasser viel ruhiger." „Aber auch tiefer", ließ sich eine Stimme vernehmen. „Mann, was wißt Ihr davon?" blitzte Jackson auf. „Wollt Ihr einem alten Trapper die Wege lehren?" _ „Mister Jackson, seht zu, wen Ihr vor Euch habt", wandte Mister Allen ein. „Es ist William, unser Führer. Ich kann es Euch in die Hand versichern, daß er uns bisher noch keinen schlechten Weg gehen ließ." „So, Mister William?! — Freut mich, Sir, Euch kennenzulernen." _ „Hier ist Euer Pferd, Trapper, und rasch hinauf. Seht, die ersten Tiere sind bereits im Wasser. Sie haben sicheren Schritt und Boden." Mister Allen spornte sein Pferd, und William folgte ihm. Jackson wandte sich hin-gegen zur Nachhut des Zuges. * A. Laumannsche Ver lagsb uchh andlung in Dülmen in Westfalen. Der Übergang ging gut vonstatten. Am andern Ufer wurde der Zug von neuem geordnet. Mister Allen ritt mit William an der Spitze; dann folgten die mit den Waren beladenen Tiere. Eine Anzahl bewaffneter Knechte bildete den Schluß. Zu diesem hatten sich auch Jackson und der Indianer geschlagen. Letzterer schien den Trapper gar nicht weiter zu beachten. William lenkte zunächst in die Ebene hinab, dann aber wandte er sich wieder nördlich, dem Hügellande zu. „Wir sparen uns den Umweg", sagte er zu Mister Allen, „unb vermeiden die Späher der Rothäute." Gegen Mittag erreichte man einen Talkessel. Es wurde kurze Rast gemacht. Man koppelte die Packtiere zusammen und legte den Pferden eine kurze Kniefessel an. Plaudernd traten die Männer zusammen. Von den übrigen unbeachtet, hatte sich der Indianer im Schatten der Tiere gelagert, aber sein scharfes Auge war auf Jackson unb William gerichtet. Es war ihm nicht entgangen, wie beide verstohlen einige Worte sich zugeflüstert hatten. Auch wußte er ja, daß die Karawane in der Davis-Schlucht überfallen werden sollte. Zu derselben konnte man gut in einer Stunde gelangen. Der Feind mußte also bereits in der Nähe sein. Jackson und William standen zwar bei verschiedenen Gruppen der Leute, aber beide hatten sich so gestellt, daß ihr Ausblick nach Norden hin frei war. Der Indianer hatte auch dies bemerkt und folgte mit seinen Augen dieser Richtung. Dort, wo der Weg eine scharfe Biegung um die Hügelkette machte, siel sein Blick auf eine mächtige Schwarzeiche, die sich stolz mit Reise mit dem „Dandy" in Nordindien. Der „Dandy" ist eine Art Sänfte wie der besser bekannte Palankin. Zwei Schwestern der Konqrega-tion von Jesus und Ma-ria reisen so über ein hügeliges Gelände in der Diözese Simla - Nord-indien. Von den genannten Schwestern wirken 150 an Schulen in den verschiedensten Teilen Indiens. (Fides.) Brettern Geäst über die übrigen Bäume erhob. Aber die Entfernung war zu groß; der Indianer konnte nichts genatter unterscheiden. Eben wollte er sein Auge wieder auf die beiden Weißen richten, als er bemerkte, daß aus dem Baumwipfel etwas wie ein Tuch hin wld her geschwenkt wurde und dann verschwand. Jetzt wußte der Indianer genug. Leise stand er auf lind unbemerkt schlug er sich in den Wald. Die Tiere hatten gerastet, und man brach wieder auf. Die Hügel zu beiden Seiten des Weges begannen mehr und mehr zu steigen. Eine gute Stunde mochte verflossen sein, als man eine weite Talschlucht erreichte. Die Bergwände waren mit dichtem Wald besetzt. Der Berg auf der südlichen Seite fiel steil in die Prärie hinab und war von hier schwer zu ersteigen, wenigstens für jene, welche den schmalen Bergpfad, der nur von den Indianern benutzt tourbe, nicht kannten. Dagegen war der Bergrücken auf der nördlichen Seite der Talschlucht leicht zu erreichen, wenn man von Naeogdoches herunter kam, beim von da fällt das Land allmählich bis zu den Niederungen des mexikanischen Golfes. Durch den schwierigen Weg ermüdet, bewegte sich der Zug nur langsam voran. Jetzt lenkten die ersten Tiere in die Davis-Schlucht ein. William gab plötzlich seinem Pferde die Sporen und sprengte um ein gutes Stück dem Zuge voraus. Jackson war bereits am Eingang der Schlucht zurückgeblieben. Man mochte ungefähr die Mitte des Talkessels erreicht haben, als ein scharfer Pfiff von betn zur Rechten liegenden Berghügel ertönte. Mister Allen hielt sein Pferd und blickte zum Walde hinüber. In demselben Augenblicke krachte auch schon ein Schuß. Das Pferd machte einen Satz und brach zusammen. Nur mit knapper Not gelang es Mister Allen, aus dem Sattel zu kommen. Mit dem Schuß war das Zeichen zum Angriff gegeben. Von drei Seiten wurde der Zug überfallen. William hatte sich am Ausgang der Schlucht an die Spitze seiner Kameraden gestellt, dasselbe tat Jackson int Rücken der Expedition. Mit wildem Geschrei brach eine dritte Abteilung aus dem Walde. Der Angriff geschah so plötzlich, daß die Bedrohten vor Schreck wie gelähmt dastanden. Auch die Tiere waren unruhig geworden, und eine unheilvolle Verwirrung drohte alles zu verderben. Mister Allen erkannte die Gefahr und rief mit lauter Stimme: „Ruhig, Leute! Schließt ein Viereck! Schnell, und die Gewehre hoch!" Der Befehl wurde ausgeführt, und die Leute gewannen wieder die ruhige Fassung. „Ergebt Euch, Mister Allen", schrie der Anführer der Bande, welche von rechts aus dem Walde stürmte. Es war eine kleine, untersetzte Gestalt in phantastischem Aufputz. Der kurze, lederne Jagdrock war mit breiter Silberborte besetzt, und ein roter Schal umwand die Hüften. Ein breiter spanischer Sombrero überschattete das Gesicht. „Ergeben?" rief Mister Allen. „Nie und nimmer! Leute, wir müssen für unser Leben kämpfen, denn Red-Jack kennt kein Erbarmen." Wieder ertönte ein schriller Pfiff, und von drei Seiten krachten die Gewehre. Zwei .Knechte und einige Tiere stürzten getroffen zu Boden. Dann umzingelten die Banditen den Zug, und von allen Seiten stürzten sie auf denselben los. Sie waren in der Überzahl, und nach verzweifeltem Widerstande wurde Mister Allen mit seinen Leuten überwältigt. „Wo ist der braune Kuttenträger?" forschte Red-Jack. „Mit ihm habe ich noch eine ganz besondere Abrechnung. Er wollte uns den Fang verderben. Seine Addays kamen aber zu spät." Jackson trat zum 'Kapitän und berichtete den Vorfall, wie er sich nni Morgen zugetragen hatte. „Gut, vortrefflich", lachte der Anführer. „Noch diese Nacht soll er an seinem eigenen Stricke aufgeknüpft werden." Er rief zwei von seinen Leuten, und diesen erteilte er den Befehl, so schnell als möglich Pater Diaz herbeizuschaffen. Kaum hatten sie die Talschlucht verlassen, da stimmten die Kichis ihr wildes Kriegsgeheul an. Quayhamkay, die Steinschuppe, hatte, nachdem er die Weißen verlassen, sich rasch nach Süden gewandt, und war dann vor-ausgeeilt. Er kannte genau den verborgenen Saumpfad und fand ihn bereits von seinen Kriegern besetzt. Bon dem bewaldeten Berggipfel aus hatten sie ruhig dem Kampfe zugeschaut. Jetzt, da ein Teil der Bleichgesichter erschossen oder gefangen am Boden lag, und die andern sich einem sorglosen Siegestaumel Hingaben, war ihre Zeit -gekommen Geräuschlos waren sie durch den Wald herabgestiegen, und jetzt, als Quayhainkay, ihr Häuptling, das Zeichen zum Angriff gegeben, stürzten sie wie eine Rachewolke daher.^ Die Räuber hatten ihre Gewehre ergriffen und zogen sich rasch hinter die zu-fammengetriebepen Tiere zurück, um hier Deckung und womöglich freien Rückzug in den Wald zu gewinnen. Aber Quayhamkay erriet ihre Absicht und warf ihnen sofort einen Teil seiner Leute in den Rücken. Red-Jack sah sich von den Indianern umzingelt, und nur ein kühner Handstreich konnte hier retten. „Gewehre vor! Dem Walde zu!" kommandierte er. „Feuer!" Ein Feuerstrahl zuckte in die dichten Reihen der anstürmenden Kichis, und ein Wutgeheul kam aus ihren Kehlen, als eine Anzahl ihrer Krieger getroffen zu Boden sank. Sie stürzten auf d'en Feind, der keine Zeit mehr hatte, von neuem zu laden. Man arbeitete mit Messern und Kolben. Allen voran stürmte Quayhamkay. Mit einem mächtigen Schlachtbeil hieb er alles nieder, was sich ihm in den Weg stellte. Jetzt hielt er trme, und seine Augen spähten umher. Dort stand Jackson. Die Zeit der Rache war da. Mit wildem Freudenruf stürmte der Häuptling voran. Jackson erblickte den rasenden Indianer. In fieberhafter Eile versuchte er, eine Kugel in den Gewehrlauf zu schieben und das Gewehr Javanische christliche Kunst. Ein javanisches Denknial, in einheimischem Stil ausgeführt. hat als Mittelpunlt diese Herz-Jesu-Stalue. Jrn Februar 1931 hat der Bischof von Java. umgeben von einer Menge Priester und Gläubigen, das Land dem göttlichen Herzen geweiht. (Fides.) in Anschlag zn bringen. Der Häuptling war seinen Bewegungen gefolgt. „Stirb, falsches Bleichgesicht!" schrie er. Das Beil durchschnitt zischend die Luft, und laut aufschreiend brach Jackson zusammen: „Mönch, du hast wahr gesprochen. Gott sei meiner Seele gnädig." Der Indianer blieb Sieger. In wilder Rachelust beugte der Häuptling der Kichis sich über den Erschlagenen. In seiner Rechten blitzte das Skalpmesser, ein breites, zwei Hand langes Messer, das nach heidnischem Brauch jeder Indianer in Iber aus Bärenfell verfertigten Scheide bei sich trägt. Die Sitte, dem erschlagenen Feinde den Skalp zu nehmen, war bei allen Indianer-stämmen Nordamerikas üblich. Die Art und Weise war folgende: Der Sieger faßte mit der Linken den Haarbüschel, die sogenannte Skalplocke, oben am Schopfe des Kopfes, wo der Knochenwirbel endet, zog dann in scharfem Messerfchnitt mit der Rechten einen Kreis von der Breite einer Handfläche um den Schädel und trennte mit einem Ruck die Kopfhaut aus. Der Skalp war genommen. Derselbe wurde getrocknet und als Zeichen des Sieges aufbewahrt. Nachdem er in besonderen Festlichkeiten gefeiert worden, ward er entweder an den Lanzenschaft oder an das Kriegsbeil befestigt, oder auch man zerschnitt ihn in schmale Streifen und benutzte diese als Fransenschmuck der Leggins. Zu selbigem Zwecke dienten auch die Haare der Erschlagenen. War dem Sieger Zeit gegeben, und brauchte er nicht für den eigenen Skalp zu fürchten, so schnitt er dem Feinde die Haare ab und nahm sie mit in seinen Wigwam. Hier verfertigte ihm daraus die Sguaw eine kostbare Zierat, die einem Indianer über alles ging. Die gefangenen Weißen, unter ihnen auch Red-Jack, wurden gefesselt und zu den übrigen Gefangenen geworfen. Dann machten sich die Indianer in ihrer Siegesfreude über die erbeuteten Sachen her. „Der T...........hole die roten Halun- ken", fluchte Red-Jack, und zerrte wütend an den Stricken. „Erkennt hierin Gottes Strafe", sagte neben ihm eine Stimme. „Aha, Ihr seid es, Mister Allen. Gute Gesellschaft. Verdammt! Die Rothäute haben mich um eine Freude gebracht: Ihr solltet mit dem v . . . Mönche dort in den Asten baumeln." ,/Was hat Euch der Mönch getan?" „Haha! Interessiert Euch das? So wißt, daß man nicht ungestraft dem Red-Jack die rote Meute auf die Fersen hetzen darf. Der Mönch ist festgelegt." „So habt Ihr ihn gefangen?" „Ei, natürlich haben wir das. Er wollte Euch besuchen, und wir haben ihm einen solchen Besuch nicht gestattet. Er wartet jetzt noch auf meine Erlaubnis am Sabine-River, und wenn wir nicht erscheinen, wird er wohl mit dem Baum, an den er gebunden, lebendig verwachsen." „Das ist unmenschlich! Er muß verhungern ..." „Pah! Solche Kuttenträger sind das Fasten gewohnt!" „Denkt an Euren Tod . . ." „Vorläufig noch nicht, Mister Allen. Meint Ihr, meine Leute ließen ihren Kapitän im Stich? Und wenn die Indianer einfach unsern Skalp haben wollten, so hätten sie ihn kurzerhand genommen, was dann allerdings fatal geworden wäre. So haben sie aber etwas anderes mit uns vor. Das wird sich morgen schon zeigen." In der Schlucht waren die Feuer angezündet worden. Lachend und schmausend hockten rings die Kichisindianer. Nach einer Weile erhoben sich die jungen Krieger, um den Skalptanz zu beginnen. 10. Wumpantomie. Der Skalptanz war eine Sitte, die, gleich dem Skalpnehmen, bei allen nordamerikanischen Indianern sich vorfand. Er wird zur Feier eines Sieges in der Nacht beim Fackelschein veranstaltet. Nachdem nämlich dem Feinde der Skalp genommen, muß er fünfzehn Nächte hindurch „betanzt" werden. Wenn sich die Krieger bereits im Lager befinden, wird eine Anzahl junger Frauen dazu benützt, um im Kreis der Krieger die auf den Lanzen befestigten Kopfhäute der erschlagenen Feinde zu halten; sonst aber werden die Lanzen einfach in den Boden gesteckt und um dieselben im Kreise getanzt. So geschah es hier. Die jungen Kichis standen vom Feuer auf und der Tanz begann. In gleichmäßi- Die ersten Früchte eines Seminars für Neger in den Vereinigten Staaten. Die ersten fünf Negerpriester im St.-Augustin-Seminar, Bay Saint Louis (Mississipi), von Steyler Missionären ausgebildet, konnte Bischof Richard Gerow von Natchez am 25. März weihen. Vier von ihnen, wie sie auf dem Bild zu schauen sind, gehören der Gesellschaft vom Göttlichen Wort an; der fünfte ist Weltpriester. Alle wollen sich dem Apostolat der Neger int Süden der Vereinigten Staaten widmen. Kardinalpräfekt Fuma-soni-Biondi, der frühere Apostolische Delegat, hat ein Persönliches Interesse an der Entwicklung des St.-Augustin-Seminars, aus dem jetzt alljährlich eine Anzahl Negerpriester hervorgehen soll. (Fides.) gern Takte hoben sie die Beine und stampften auf die Erde und umtanzten so, oder vielmehr umsprangen die aufgestellten Lanzen. Dabei rühmte ein jeder in überschwenglichen Ausdrücken die Großtaten seiner Tapferkeit. Sie heulten und schrieen, so daß die Gefangenen meinten, ihr letztes Stündlein wäre gekommen. Klirrend schlugen die Tänzer ihre Waffen zusammen und immer wilder wurden die Sprünge. Es hatte den Anschein, als ob einer den andern in Stücke zerhauen wollte, denn eine rasende Wut erfaßte die tanzenden Krieger, ihre Gesichtsmuskeln verzerrten sich zu schrecklichen Grimassen, die Augen traten funkelnd aus ihren Höhlen, und knirschend schlugen die Zähne aufeinander. Alles das war ein Abbild und eine Darstellung der überstandenen Schlacht, und die harzigen Baumäste, die als Fackeln dienten, ließen in ihrer düsteren Glut das ganze Bild noch schauriger erscheinen, ein Nachtbild des wiederaufgeleb-ten Heidentums mit seinen Schrecknissen und Greueln. Die Nacht war bereits weit vorgeschritten, als die Indianer sich zur Ruhe legten, aber nur für kurze Zeit. Bereits am frühen Morgen wurden die Pferde eingetrieben und die Maultiere bepackt. Die Gefangenen wurden auf die Tiere festgebunden und in die Mitte genommen. Dann ging es in Eile aus den Bergen in die Ebene hinab. Die Kichis bildeten einen der früher so zahlreichen Jndianerstämme -von Texas. Heute aber sind sie längst dahingeschwunden, gleich so vielen anderen Stämmen des roten Volkes. Ihre Wigwams standen im östlichen Texas, an der unteren Sabine. Charakterzug der Kichis war List und Verschlagenheit. Sie waren deshalb selbst von den übrigen Indianern gehaßt und verachtet. Gegen Abend erreichte man ein kleines Gehölz. Hierhin wurden die Pferde gelenkt und dann abgesattelt. Die Kichis befanden sich bereits in ihren Jagdgründen, und sie überließen sich deshalb einer sorglosen, wilden Siegesfreude. Einige der erbeuteten Fässer mit Feuerwasser wurden herbeigerollt, und ein jeder suchte soviel als möglich davon für sich zu erobern. Die Wirkungen blieben auch nicht aus. Die sonst so wachsamen Augen der Indianer wurden blind und bemerkten nicht, wie zwei glühende Augensterne aufmerksam das tolle Treiben am Feuer beobachteten, bemerkten nicht, wie dann ein Reiter pfeilschnell über die Prärie dahinjagte, und wie es nicht lange währte, bis er wieder erschien, und ein zweiter Reiter folgte ihm, ein dritter, ein vierter, und so fort und fort, wie jetzt der Anführer in großem Bogen nach rechts schwenkte, und ein Ring von Bewaffneten sich um das Gehölz bildete, der sich enger und enger um die Kichis zusammenzog. Wohl hatten fie Wachen ausgestellt, aber auch diese hatten von 'dem Feuerwasser getrunken und waren eingeschlafen. Dreimal ertönte der Ruf des wilden Falken, und die Reiter spornten 'die Pferde. Ein Schuß krachte durch die stille, sternenhelle Nacht, und das Kampfgeschrei der Addays ertönte. Wumpantomie nahte mit feinen Leuten. Den Anordnungen des Pater Diaz gemäß war der Addays-Häuptling nach Nacogdoches geritten. Bei seiner Ankunft daselbst hatte er aber die Bleichgesichter, die er suchte, nicht vorgefunden und daraus gefolgert, daß dieselben den Plan geändert haben müßten. Zudem meldeten bald die ausgesandten Spione, daß eine Spur von Reitern südöstlich nach dem Sabine-River ginge. Es wurde dem Häuptling nun sofort klar, was das zu bedeuten habe, und eine schwere Sorge um den Beter bemächtigte sich seiner Seele. Er benachrichtigte den Kommandanten des Forts von Nacogdoches, und dieser versprach, einen Teil seiner Dragoner den Bedrängten zu Hilfe zu senden. Die Indianer machten sich sofort auf den Weg an die Sabine, aber fie kamen bereits zu spät und konnten den Überfall nicht mehr verhindern. Sie waren hierauf den Spuren der abziehenden Kichis gefolgt. Die Kichis hatten keine Ahnung gehabt von der Nähe der Addays, und nun stürmten diese von allen Seiten auf sie ein. Sie griffen wohl zu den Waffen, aber nur wenige konnten einigen Widerstand leisten. Quayhamkay hatte zähneknirschend zu seinein Schlachtbeil gegriffen, und wütend trieb er seine trunkenen Krieger auf. Jetzt erblickte er den Häuptling der Addays. Ohne sich weiter zu besinnen, stürzte er auf ihn los. Einige Schritte vor seinem Feinde blieb er stehen. „Wie falsche Präriehunde sind die Addays herangeschlichen, um dem Bären die Beute zu rauben, aber der Bär wird die Hunde mit seiner Tatze zu Boden schmettern." So spottete Quayhamkay und schleuderte das Beil auf Wumpantomie. Dieser aber wich zur Seite, und zischend schlug das Wurfgeschoß in die Rinde eines Baumes. Als Quayhamkay sah, daß er sein Ziel gefehlt, riß er sein Skalpmesser aus dem Gürtel und warf sich auf den Gegner. Abermals wich dieser geschickt aus und fiel dem Angreifer in den Rücken. Mit eiserner Faust erfaßte ihn Wumpantomie im Nacken und warf ihn zu Boden. Noch im Fallen holte Quayhamkay zum Stoß nach dem verhaßten Feinde aus, aber er stürzte so unglücklich, daß ihn sein eigenes Messer durchbohrte. Mit lautem Aufschrei brach er zusammen. Was von den Kichis fliehen konnte, floh; die übrigen wurden zu Gefangenen gemacht. Die Addays durchschnitten alsbald den Weißen die Fesseln. Kaum fühlte sich aber Red-Jack frei, als er auch schon nach einem Pferde stürzte. „Wo ist der Beter?" rief Wumpantomie seinen Kriegern zu. „O rette, rette thu!" schrie eine Stimme. Es war Mister Allen, der herbeieilte. „Sie haben ihn gefangen ... dort . . haltet ihn ..." „Wer hat es gewagt, den Beter gefan-fangenzunehmen?" „Das geschah auf meinen Befehl, du Rothaut", höhnte Red-Jack vom Pferde. „Suche ihn nur, wenn du kannst. Er ist in meiner Gewalt. Leute, voran!" Mit diesen Worten gab er dem Pferde die Sporen und jagte davon. Einige seiner Leute folgten ihm, aber sie waren weniger glücklich bei der Flucht. Die Addays warfen sich sofort auf die Pferde, um die Flüchtlinge einzufangen. Nur Red-Jack entkam. Wumpantomie berief seine Krieger zur Beratung, und Mister Allen berichtete alles, was er erfahren hatte. Darnach mußte also Pater Diaz am Sabine-River, unweit der Stelle, wo die Expedition den Fluß überschritten hatte, überfallen worden sein. Wumpantomie hatte rasch einen Plan entworfen. Ein Teil seiner Leute sollte die Ge-fangenen mit den Waren nach Nacogdoches bringen, ein anderer Teil sollte mit ihm nach dem Sabine-River reiten. „Ich reite mit", sagte Mister Allen. „Deine Krieger und meine Knechte sind zahlreich genug, die Expedition nach Nacog- doches zu führen. Mich kümmert das Schicksal meines Freundes." Sofort brach man auf. Heller Mondschein leuchtete jetzt vom Himmel herab, und die Pferde griffen aus. Mit dem neuen Tage hatte man die Straße erreicht, welche an den Sabine-River von Westen herführt. Wumpantomie entdeckte im Sande die Spur eines Reiters. Sie führte in den Hohlweg, in welchem Pater Diaz überfallen worden war. Der Häuptling gebot Halt und untersuchte den Ort. Dann stieg er wieder auf und ritt den Weg eine Strecke weiter zurück. Einer der AWayskrieger fand an den wilden Dorn-büfchen einen braunen Tuchfetzen. Er bewies, daß man sich auf richtiger Fährte befand. Noch leichter war die Spur in dem weichen, feuchten Waldboden zu finden, und so erreichte man bald die große Schwarzeiche. „How, How!" rief Wumpantomie, indem er auf die Stricke zeigte, toelcfjc noch am Boden lagen. „Der Beter lebt und ist frei." „Oder ist ermordet worden", sagte Mister Allen. Wumpantomie, der wieder sein scharfes Auge auf den Boden gerichtet hatte, schüttelte das Haupt: „Nein, die Spur ist alt, und hier ivar ein Mokassin. Ein roter Mann hat den Beter befreit. Der Beter aber ist allein südwärts weitergegangen." Wieder wurde die Suche aufgenommen. Es ging durch das wirre Gestrüpp bis an den Rand der Prärie. Hier blieb der Häuptling sinnend stehen, und dann sagte er: „Der Beter ist gerettet. Er ist zum Steinhaus am Creek jenseits der Prärie gegangen. Dort werden die roten Kinder den Vater finden." 11. Der Präriebrand. Hart am Rande der Prärie, die hier wegen der mehr steppenartigen Beschaffenheit den Namen Llano trägt, lag das Gehöft des Mister Prentis Bordon. Der Mann war durch seine Biederkeit weit und breit bekannt. Den benachbarten Farmern war er freund, dem roten Manne war er nicht feind. Leben und leben lassen, so lautete der Grundsatz, den er befolgte. Er gehörte mit zu den ersten Empressarios (Ansiedlern), die aus den Bereinigten Staaten nach Texas eingewandert waren. Die mexikanische Regierung jenseits des Rio Grande sah sie nicht gerne kommen, diese Amerikaner mit dem kalten, berechnenden Verstände und mit den rührigen Armen. Durch welche Schwie-rigkeiten mußten sich M. Austin und sein Sohn Stephan hindurchkämpfen, bis sie aus Mexiko die Erlaubnis zu ihren Kolo-nisationsverfuchen erhielten! Nach ihnen tottrat es dann Männer tote de Witt und Haben Edwarts, welche die ersten Pioniere amerikanischer Unternehmungslust wurden. Sie erlangten von der Regierung große Landstriche, von denen sie. kleinere Teile, sogenannte Clans, an die Einpres-sarios verteilten. Mit Energie und umsichtigem, praktischen: Blick war Mister Bordon ans Werk gegangen. Erst war inmitten des ihm überwiesenen Landes ein kleines Blockhaus entstanden. Aber schon nach wenigen Jahren mußte es einem schöneren Bau aus festgefügten Quadersteinen weichen, ein Kunstwerk in den Augen der Indianer, die nicht genug das „steinerne Wigwam" bewundern konnten. Rings um das Wohnhaus war mit der Zeit mancher Ackergrund umgepflügt worden, und die wohlgepflegten Viehherden rückten immer weiter in die Prärie hinaus. Diesem Gehöft näherte sich eine Schar Indianer. Es war Wumpantomie mit seinen Kriegern. Hier hoffte er den Beter zu finden. Einige hundert Schritte mochte man noch von der Umzäunung des Hauses entfernt sein, als am Horizont drüben in der Prärie gleichfalls eine Anzahl Reiter auftauchten. Auch sie schienen die Farm zu ihrem Ziele zu haben. Die Indianer hielten ihre Pferde an, und einige Krieger sprengten den Ankömmlingen entgegen. In Sehweite angelangt, kehrten sie dann um und meldeten: „Die Langmesser (Soldaten) aus Nacogdoches." So war cs. Mister Roque führte einen Trupp Soldate:: zur Hilfe herbei. Sie wurden willkommen ge-f)'ßt^6n. „Seid Ihr noch am Leben, Mister Allan?" „Wie Ihr seht, Mister Roque, ja. Nächst Gott habe ich das diesen wackeren Rothäuten hier zu verdanken und jentern, den wir suchen, unserm guten Pater Diaz." ■ „Wir hofften, Euch an der Sabine zu finden, hörten aber dann von Eurem Unglück in der Davis-Schlucht. Dort fanden wir die Spur von zwei Reitern. Wir folgten ihr, und so gelangten wir bis in die Prärie, wo wir die Addays erblickten. Und nun haben wir wider alles Erwarten Euch selbst gefunden." Mister Allen erzählte hierauf in kurzen Worten alles, was vorgefallen war. „Wie, mein guter Oheim ist in die Hände dieses Schurken, des Red-Jack, geraten?" rief erbleichend ein junger Mann und trieb sein Pferd in die Nähe des Erzählers. ,/So ist es, Mister Antonio Aviles. Red-Jack verriet es mir selbst. Ich glaube übrigens, daß einige seiner Leute schon vor dem Überfall der Kichis Befehl erhalten hatten, Euren Oheim zu beseitigen." „Barmherziger Himmel", seufzte Antonio Aviles mit tränenerstickter Stimme, „schütze den Bedrohten." „Wumpantomie hier behauptet, daß ein Indianer ihn befreit habe, und daß wir ihn wahrscheinlich bei Mister Bordon finden würden." Der Häuptling nickte stumm. Er war nachdenklich geworden. „Wo hat mein weißer Bruder die Spur der beiden Reiter bei der Davis-Schlucht gesehen?" wandte er sich jetzt an Mister Roque. „Dort", antwortete dieser, und er deutete mit der Hand in die Prärie, „dort kann sie Wumpantomie noch deutlich sehen; sie führt nach Süden weiter." Der Häuptling befahl zweien seiner Leute, der Spur zu folgen, und lenkte dann sein Pferd dem Gehöfte zu. Mister Bordon hatte bereits die Reiter bemerkt. Er trat ihnen entgegen und hieß sie willkommen. Die erste Frage lautete sofort nach Pater Diaz. Der Farmer nickte: „Der Pater war hier gewesen. Seit heute morgen aber ist er fort, nach St. Augustine hinunter." Bittere Enttäuschung malte sich auf den Gesichtern der Männer, und neue Besorgnis stieg auf. „Der gute Pater", so erzählte jetzt Mister Bordon weiter, „kam gestern abend ganz müde und erschöpft hier an. Er muß Schreckliches überstanden haben, aber sein fröhlicher Sinn und seine Gottergebenheit hatten ihn nicht verlassen. Heute morgen wollte er weiter. Ich bat ihn, sich doch zu schonen und zu bleiben, er aber sprach von einem Kichisindianer, den er vergebens erwarte, und den er aufsuchen müsse. In aller Frühe hat er das Haus verlassen, und eine seltsame Rührung erfaßte dabei sein gutes Herz. Er sagte mir Lebewohl, als wenn es ein Scheiden für immer gewesen wäre. Noch in den letzten Augenblicken hat er einen Brief geschrieben. Er bat mich, denselben an Dr. Manuel Santos in Nacogdoches auszuhändigen. Mister Allen, Ihr würdet mir einen großen Gefallen erweisen, wenn Ihr das Schreiben mitnehmen wolltet." „Das will ich gerne tun", rief dieser, „doch was nun?" Die Männer beratschlagten, und es wurde beschlossen, Pater Diaz aufzusuchen, um so aller Ungewißheit über sein Schicksal enthoben zu sein. Der Weg wurde also wieder aufgenommen. Derselbe führte zunächst eine Zeitlang an einem Waldsaum entlang, bald aber drängte die Grassteppe den Wald nach Osten weiter zurück, und man befand sich wieder in den Llanos. Ein gutes Stück war man bereits vorwärts geritten, als die Pferde unruhig die Köpfe zurückwarfen und die Nüstern blähten. An allen Gliedern begannen die Tiere zu zittern, und sie weigerten sich, weiter voranzugehen. Wumpantomie, welcher an der Spitze des Zuges geritten war, richtete sich im Sattel auf. Er sog tief die Luft ein und deutete dann auf ein dünnes Rauchwölkchen, das am Horizont aufstieg. Die Männer folgten der Handbewegung des Häuptlings, und sie bemerkten jetzt einen kleinen Feuerfunken, der unruhig in der Ferne hin und her hüpfte; kein Zweifel mehr: die Prärie stand in Flammen. (Fortsetzung folgt.) Eigentümer. Herausgeber und Verleger: Kongregation der Missionäre Söhne des heiligsten Herzens„Jesu. Verwaltung: Missionshaus „Maria Fatima", Post Unterpremstätten b. Graz, Stink. Verantwortlicher Redakteur für Österreich: P. Alois Wittling, F. S. C„ Generalasfistent, Missionshaus „Maria Fatima", Post Unterpremstätten bei Graz; für Deutschland: P. Heinrich Wohnhaus, F. S. C„ Misstonsseminar St. Josef, Ellwangen-Jagst, Württemberg. — Untnersttäts-Buchdruckerei „Styria", Graz.