MOGLICHKEITEN UND GRENZEN EINER STAATLICHEN DEZENTRALISIERUNGSPOLITIK IM BEREICH DER LANDESVERTEIDIGUNG DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND Herman Baer* IZVLEČEK UDK 911.37:711.2:725.181 (430.1) = 30 MOŽNOSTI IN MEJE DRŽAVNE POLITIKE DECENTRALIZACIJE NA PODROČJU NARODNE OBRAMBE Članek govori o pozitivnih predvsem gospodarskih in o negativnih predvsem prebivalstvenih ter drugih posledicah obrambne funkcije v obrobnih območjih ter vpliv tega na razvoj manj razvitih območij. ABSTRACT UDC 911.37:711.2:725.181 (430.1) = 30 THE POSSIBILITIES OF STATE POLICY DECENTRAUSATION ON THE FIELD OF NATIONAL DEFENCE The item deals with positive - above ali economic and negative - above ali populational and other consequences of defence function in peripheral zones and their influence on less developed zones. Eingebunden in das Konzept einer regionalen Regionalpolitik ist der Teilaspekt der Dezentralisierung staatlicher Einrichtungen. Innerhalb dieser Massnahmen habe ich mich mit den Moglichkeiten und den Grenzen im Bereich der Landesverteidigung beschSftigt, die ich Ihnen skizzieren mGchte. Zur Problematik der Dezentralisierung militSrischer Einrichtungen Sie werden mit Recht skeptisch sein und sich fragen, ob es denn realistisch sei, gerade diesen staatlichen Bereich in derartige DezentralisierungsUberlegungen einzubeziehen, geht es doch im Falle der Landesverteidigung - und dies gilt wohl auch für Ihr Land - in erster Linie um die GewShrleistung der nationalen Sicherheit, in unserem Land darOberhinaus um die ErfOllung supranationaler, bündnispoütischer Inte- * Dipl.geogr., Lehrstuhl fUr Wirtschaftsgeographie und Raumplanung, Universitat Bayreuth, UniversitStsstrasse 31 - 99 - H. Baer_______________________________________________Möglichkeiten . . . ressen, und nicht etwa um die Belange von Teilregionen des Gesamtstaates, so berechtigt deren Anliegen im einzelnen auch sein mSgen. Stehen sich also hier im Grunde nicht - ich will nicht sagen zwei völlig kontrare - aber doch unterschiedlich gelagerte Interessensfelder mit ganz spezifischen Aufgaben und Zielen gegenüber; Auf der einen Seite die Gewahrleistung der Sicherheit des Gesamtstaates, die erst die Voraussetzungen fOr alle anderen Bemühungen innerhalb eines Staates, z. B. auch um den Ausgleich regionaler Disparitaten schafft - und auf der anderen Seite das spezifische Interesse einer Region, das den Gesamtstaat zwar nicht negiert, aber mit seiner kle.nraumigen und auf die Entwicklung endogener Potentiale abzielenden Denkweise die regionale Komponente doch bewusst und nachhaltig betont. Hinzu kommt, dass wir, wenn wir von Dezentralisierung sprechen, nicht nur eine blosse Dekonzentration von Einrichtungen und Mitteln meinen, etwa in der Art vieler Zweigbetriebe, die ohne eigene Entscheidungsbefugnisse ausgestattet, eine hohe Konjunkturempfindlichkeit aufweisen und fOr eine Region deshalb kaum einen dauerhaften Entwicklungsimpuls darstellen, sondern die Abhangigkeit von den Entscheidungszentren, die vielfach mit den Verdichtungsraumen identisch sind, eher noch erhöhen. Wir gehen dagegen bei dem Ansatz einer regionalen Regionalpolitik davon aus, dass die BemOhungen um eine Starkung strukturschwacher Regionen nur dann erfolgreich sein kSnnen, wenn damit gleichzeitig auch eine Dezentralisierung von Entscheidungsstrukturen verbunden ist, da eine regionale Regionalpolitik nur dann durchsetzbar ist, wenn für eine Region bedeutsame Entscheidungen auch in der Region selbst gefallt werden können. Bei unserem Verstandnis von Dezentralisierung ergeben sich somit, angewandt auf den Bereich der Landesverteidigung Probleme in zweierlei Hinsicht: zum einen aufgrund des spezifischen Charakters dieser staatlichen Aufgabe und zum anderen aber auch aus regionalpolitischer Sicht, bedeutet doch Dezentralisierung fOr die profitierende Region ein Mehr an Entscheidungsbefugnis und damit letztlich auch an Macht und für andere Regionen dagegen m6glicherweise den Verlust an Gewicht und Einfluss. Nach diesen allgemeinen Ausführungen zur Problemstellung lassen Sie mich nun zu den raumwarksamen Aspekten der Landesverteidigung kommen, um sodann auf den Zusammenhang zwischen Landesverteidigung und Raumplanung einzugehen und dabei MSglichkeiten und Grenzen des Einsatzes der Landesverteidigung als Instrument der Raumplanung zu diskutieren. - 100 - H. Baer_______________________________________________Möglichkeiten Raumwirksame Aepekte der Landesverteidigung Als Raumwirksamkeit der Landesverteidigung sollen hier ali diejenigen Auswirkurgen verstanden werden, die entweder direkt durch eine militarische FlSchenbeanspruchung gegeben sind - denken Sie hier etwa nur an Kasernengelände, UbungsfLächen, Flugplätze usw. - oder indirekt in Form regionalOkonomischer Effekte, bedingt durch Ausgaben im Zusammenhang mit der Landesverteidigung in einer Region auftreten. Nicht zu vergessen sind dabei auch die Auswirkungen auf den regionalen Arbeitsmarkt etwa durch die Vergabe von Auftragen an die Wirtschaft oder aber auch durch das direkte Auftreten der Bundeswehr als ziviler Arbeitgeber. Im Gegensatz zu dem FlSchenanspruch des MilitSrs, der nahezu von allen betroffenen Regionen als nachteilig empfunden wird, werden die regionalOkonomischen und strukturpolitischen Effekte die von der Landesverteidigung ausgehen, meist als Positivum herausgestellt, erhofft man sich doch von der Dislozierung m-litarischer Standorte positive Auswirkungen auf die regionale Wirtschaft und eine Verbesserung der regionalen und Ortüchen Infrastrukturausstattung. Um dies zu konkretisieren, mOchte ich Ihnen am Beispiel des Garnisonsstandortes Bayreuth aufzeigen, welche Auswirkungen damit im einzelnen verbunden sind. Beginnen mOchte ich dabei mit den Auswirkungen auf den regionalen Arbeitsmarkt. Hier ergab unsere Untersuchung, dass im Bereich des Garnisonsstandortes Bayreuth allein rd. 580 Zivilbedienstete beschaftigt sind und das Militar damit einer der bedeutendsten Arbeitgeber in der Stadt überhaupt ist. Wichtig ist dabei auch, dass nahezu die Hälfte dieser zivilen Arbeitsplätze mit Frauen besetzt ist, hat es doch gerade diese BevOlkerungsgruppe in landlichen Gebieten besonders schwer, einen Arbeitsplatz zu finden. Bezüglich der regionalOkonomischen Wirksamkeit der Personalausgaben, die mit rd. 64 Mio. DM im Jahr 1980 den jeweils grOssten Anteil an den Gesamtetats der Garnisonen ausmachten, kann davon ausgegangen werden, dass rd. ein Drittel, dies entsprich etwa 28 Mio. DM dieser Ausgaben, im Nahbereich der Garnisonen verblieben. Von den dabei mittels einer Umfrage unter den GarnisonsangehOrigen erfassten privaten Konsumausgaben in H6he von rd. 27 Mio. DM entfielen ca. 60 % auf den Einzelhandel, rd. 30 % auf das Ortliche Gaststattengewerbe und cca. 10 % auf Ortliche TanksteUen und das Kfz-Handwerk. Im Gastst&t-tengewerbe waren es dabei insbesondere die in Bayreuth stationierten US-Soldaten, die einen entscheidenden Anteil ausmachten. - 101 - H. Baer Möglichkeiten . . . Als ein weiterer regional6konomisch wichtiger Bereich sind schliesslich die dezentralen Beschaffungen anzusehen. So wurden allein fOr die Bundeswehr-Garnison in Bayreuth bei einem Ausgabevolumen von rd. 6,5 Mio. DM im Jahr 1979 fQr Verpflegung. Bauunterhalt, Bewirtschaftung eine 80 %ige Beteiligung der Ortlichen und regionalen Wirtschaft ermittelt. Als GrOnde für das relativ günstige Abschneiden der ansSssigen Wirtschaft sind sowohl im Falle der Konsumausgaben wie auch bei den dezentralen Beschaffungen die Zentraütät Bayreuths zu nennen. Bayreuth verfOgt offensichtlich über eine hinreichende wirtschaftliche Kapazitat, um die im Zusammenhang mit den Garnisonen auftretenden Be-darfe zu decken. Auch wirkt sich hier offensichtüch das Fehlen eines hOherrangigen Zentrums, etwa in der GrOssenordnung MOnchens, positiv auf die Beteiligung der ansSssigen Wirtschaft aus. Bei allen wirtschaftlichen Vorteilen für Bayreuth muss jedoch auch der erhebliche FlSchenbedarf der Garnisonen in Rechnung gestellt werden, sind doch mit insgesamt rd. 560 ha uber 8 % des gesamten Stadtgebietes unter militSrischer Nutzung. Dies entspricht etwa der vierfachen Flache aller Park- und Grünflachen der Stadt. Da es für die Beurteilung der Auswirkungen einer Garnison auf eine Stadt oder eine Region letztlich nicht genügt, allein die okonomischen Effekte und die Flachenansprüche zu ermitteln, wurden zusStzlich Fragen der sozialen Integration von Garnisonsangehorigen in die Gemeinde untersucht. Wie die Untersuchung ergab, besteht dazu kein einheitliches Bild. Es zeigte sich namlich, dass Wehrpflichtige und in den Kasernen untergebrachte Soldaten kaum in die Gemeinde integriert sind, wahrend Soldaten, die ausserhalb der Kasernen wohnen, weitgehend in die Gemeinschaft der Standortgemeinde eingebunden sind. Was die US-Soldaten betrifft, so kommt hier zu der Isolation der Kaserne noch die fremde Sprache und auch die nur kurze Verweildauer am Standort hinzu, die eine Einbindung in die Stadt erschweren. Geht man nach den vorliegenden Ergebnissen davon aus, dass Einrichtungen und Mittel der Landesverteidigung gegebenenfalls unter bestimmten Voraussetzungen dazu beitragen konnen, auch landesplanerische Ziele zu verfolgen, so stellt sich die Frage, inwieweit von seiten der Landesplanung Einflussmoglichkeiten oder gar ein Mitspracherecht bestehen, wenn es etwa um die Lozierung militarischer Einrichtungen geht. Damit aber ist unmittelbar das VerhSltnis zwischen Raumplanung und militarischer Fachplanung angesprochen. - 102 - H. Baer_______________________________________________Möglichkeiten Zum Verhältnis Raumplanung und militarische Fachplanung Die rechtlichen Grundlagen, die das Verhältnis von Raumplanung und militarischer Fachplanung bestimmen, sind durch das Bundesraumordnungsgesetz und dessen Konkretisierung in den Landesentwicklungsprogrammen und -pianen der Lander auf der einen Seite - und den militartschen Fachplanungsgesetzen auf der anderen Seite gegeben. So ist zum Bereich der Verteidigung im Landesentwicklungsprogramm Bayern beispielsweise u. a. ausgesagt, dass die Belange der Verteidigung und der sonstigen Belande der Raumordnung sorgfaltig gegeneinander und untereinander abzuwagen sind. Weiterhin heisst es auch, dass Truppenunterkinfte mSglichst nur in geeigneten Zentralen Orten, in Gebieten errichtet werden sollen, deren Struktur zur Verbesserung der Lebensbedingungen gestarkt werden soli. Von den militarischen Fachplanungsgesetzen sind es insbesondere das Landbeschaffungsgesetz und das Schutzbereichsgesetz, die für die Raumordnung bedeutsam sind, regeln diese Gesetze doch alle Massnahmen im Zusammenhang mit der Deckung des Landbedarfs und der Einschrankung von GrundstUcksnutzungen bei Vorhaben der Landesverteidigung. Als Gesetze, die raumbedeutsam sind, enthalten sie sog. Raumordnungsklauseln, d. h. die Vorgabe, dass bei ihrer Anwendung ein AnhOrungsverfahren durchzufOhren ist, bei dem die Trager Offentlicher Belange hierzu Stellung nehmen konnen. Damit ist es für die Landesplanung m6glich, über die Raumordnungsklauseln in den entsprechenden Fachplanungsgesetzen an der militarischen Fachplanung formell beteiligt zu werden. Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass rechtlich gesehen militarische Einrichtungen mit sicherheitspolitischen Begründungen auch gegen den Widerstand der Raumplanung errichtet werden kSnnen. Dies bedeutet aber gleichzeitig, dass dem Einsatz der Landesverteidigung als Instrument der Landesplanung dort Grenzen gesetzt sind, wo es um das Primat sicherheitspolitischer Interessen geht. Damit ist die haufig gestellte Forderung, Verteidigungsvorhaben als Instrument der Landesplanung einzusetzen, im Sinne einer gezielten Raumordnungspolitik, sicherlich überspitzt und wohl auch unrealistisch. Dies andert jedoch nichts daran, dass Massnahmen und Einrichtungen im Zusammenhang mit der Landesverteidigung aus landesplanerischer Sicht optimal loziert werden sollten, soweit dies fachplanerische Uberlegungen zulassen. Hinzu kommt. dass in unserem Land zwar de jure die M6glichkeit besteht, militarische Vorhaben mit sicherheitspolitischen Argumenten durchzusetzen, die Realität jedoch durchwegs so aussieht, dass die VerfOgbarkeit von Grund - 103 - H. Baer ______________________________________________Möglichkeiten ... und Boden heute, etwa bei der Lozierung militarischer Standorte, die entscheidende Rolle spielt und militarische Gesichtspunkte vielfach zurücktreten müssen. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluss noch eine Bemerkung anfügen. Solite bei Ihnen durch meinen Vortrag der Eindruck entstanden sein, dass hier auf dem Umweg über eine Starkung der regionalen Wirtschaft und des regionalen Arbeitsmarktes eine Forsierung militarischer Einrichtungen angestrebt wird, so mOchte ich diesen Eindruck gerne korrigieren. Meine Uberzeugung ist, dass es mit Sicherheit nützlichere Bereiche gabe, die enormen Mittel, die jahrlich fOr Verteidigung ausgegeben werden anzulegen. Ich bin jedoch auch der Meinung dass man unter den gegebenen Voraussetzungen bemüht sein solite, die Mittel der Verteidigung so einzusetzen, dass damit auch für andere Lebensbereiche positive Effekte erzielt werden kOnnen. - 104 H. Baer Möglichkeiten korrigieren. Meine Uberzeugung ist, dass es mit Sicherheit ntizlichere Bereiche gSbe, die enormen Mittel, die jShrlich für Verteidigung ausgegeben werden, anzulegen. Ich bin jedoch auch der Meinung, dass man unter den gegebenen Voraussetzungen bemüht sein solite, die Mittel der Verteidigung so einzusetzen, dass damit auch für andere Lebensbereiche positive Effekte erzielt werden können. Abb. 1 Regionalokonomische Iirksamkeit der Personalausgaben von Bundesuehr, Bundesgrenzschutz und US-Army in Bay-Stand: 1979/80 64 MIO. ___™ regionalbkonomisch wirksamer T tsBaSSsi rter Personalausgaben Teil 17,5 MIO* mmsaf&i BGS-GARNISON 22,5 MIO.' Bjt§* BW-GARNISON 2» MIO.1 US-GARNISON 27,8 MIO. (36%) ZUSAMMEN Ouellen: « Angabnn der Uerualtungen dgr Garnisonen fur 1979 ** Regionalbkonomisch uirksame Quote der Personalausgaben nach KOHLER «»« Eigene Erhebungen 1980 105 MOŽNOSTI IN MEJE DRŽAVNE POLITIKE DECENTRALIZACIJE NA PODROČJU NARODNE OBRAMBE Nerealno bi bilo pričakovati, da bi se obrambna politika in njeno načrtovanje prilagodiU potrebam in zahtevam posameznih regionalnih enot v ZR Nemčiji. Vendar bi smeli pričakovati, da bo načrtovanje novih vojaških objektov slonelo na razvojnih konceptih regije in da bo upoštevalo razpoložljive resurse. V tem smislu bi se naj izvršila decentralizacija vojaškega načrtovanja. Učinek vojaških služnosti na prostor je dvojne narave: neposredno zajema obširne prostore za vojašnice, letališča, vojaške cone .... posredno pa krepi lokalno gospodarstvo. Gre za neposredna naročila (in plačila proizvajalcem opreme, hrane, storitvenim dejavnostim ipd.) ali za zagotavljanje delovnih mest in potrošnjo vojaškega osebja. Primer Bayreutha je dovolj ilustrativen. Vojaške služnosti zajemajo 8 % mestnega tlorisa, kar je štirikrat več od površin mestnih parkov in zelenih površin. Obenem pa zaposlujejo iste ustanove 580 prebivalcev mesta. Vojaki porabijo v mestu okrog 28 milijonov mark, največkrat v trgovini (60 %), gostinstvu (30 %) in obrti. Okrog osem desetin proračuna za vzdrževanje garniziona se namenja lokalnemu in regionalnemu gospodarstvu (6,5 milijonov mark). V kolikor je obstoj kasarn obremenjujoč za mesto, je njihov ekonomski učinek bolj sprejemljiv. V družbenem pogledu pa so vojašnice določena socialna nuja: vojaki so neintegrirani z okoljem, v katerem prebivajo, pri čemer je ameriškim, ki ne znajo jezika, še huje. Osnovo za planiranje vojaških služnosti nudi zvezni zakon. Ta predvideva njihovo postavitev v takih območjih in centralnih krajih, ki bodo gospodarsko sposobne omenjene služnosti integrirati v lastne razvojne koncepte. Vendar je potrebno opozoriti, da so nekateri objekti, skladno z višjimi interesi narodne obrambe, nastali tudi izven opredeljenih območij neintegrirano z regionalnimi dejavniki razvoja Zdi pa se da je napočil čas, ko ima regionalni interes prednost pred vojaškim,. - 106 -