MITTHEILUNGEN des Musealvereines für Krain. Jahrgang VIII. 1895. Heft 3. ČT ^ ~Td Beziehungen zwischen Erdbeben und atmosphärischen Bewegungen. Von Ferdinand Seidl. (Fortsetzung und Schluss.) Um die Jahresperiode der Erderschütterungen abzuleiten, wurden die Bebentage aus den Bebenverzeichnissen folgender Werke ausgehoben und nach Monaten gruppiert: H. Hoefer, Die Erdbeben Kärntens und deren Stoss-linien 1. c. Die in dieser Abhandlung enthaltene Chronik ist eine vieljährige, durch sorgfältige Kritik gesicherte Arbeit. H. Mitteis, «Über Erderschütterungen in Krain». Jahresheft des Vereines des Krainischen Landesmuseums, Bd. III, Laibach 1862. Das Verzeichnis enthält eine Lücke von 1691 —1799 und liesse sich ohne Zweifel namhaft vervollständigen. Dimitz, Geschichte Krains. K. Deschmann, Handschriftliche Aufzeichnungen, vornehmlich die Beben Laibachs aus den Jahren 1855 bis 1885 betreffend. C. W. C. Fuchs, Statistik der Erdbeben von 1865 bis 1884. Sitzungsber. d. Akademie d. Wissensch., Wien 1886. M. Kišpatić, Potresi u Hrvatskoj 1. c. Der Verfasser sammelte durch 14 Jahre das Materiale zu einem Katalog der Beben Kroatiens und Dalmatiens. In den jüngstverflossenen Jahren sind auch Erschütterungen von Bosnien und Mittheilungen des Musealvereines für Krain. Jahrg. VIII, H. 3, der Hercegovina hinzugekommen. Das sehr sorgfältige Verzeichnis enthält die Berichte über nahezu 1000 Erdbebentage. Die Thatsachen, welche in allen diesen Sammlungen überliefert werden, sind sehr mannigfaltig. Es gibt darunter Erdbeben, welche sich kaum als leise Erzitterung des Bodens wahrnehmen Hessen, und andere, welche den festen Erdboden gleich einer Wasserfläche in furchtbar wogende Bewegung versetzten, dass die Menschen taumelten, die Wälder wie ein Getreidefeld im Sturme wallten, die Berge sichtbar wankten, Felsen und Bergestheile sich ablösten und in die Niederung herabdonnerten und dass die Wohnstätten der Menschen in Trümmer zusammensanken, hiebei mehr oder weniger von ihren Bewohnern begrabend. Ebenso sind durch zahlreiche Uebergänge mit einander verknüpft Erdbeben, welche nur eine kleine Oertlichkeit erschütterten, und andere, welche ausgedehnte Länder, Gebirge und Meere durchschritten, um erst in weiter Entfernung von der Ausgangsstelle auszukreisen. Es sind uns Berichte über Erdbeben, welche im vorigen Jahrtausend stattfanden, erhalten geblieben, sie werden selbstverständlich umso zahlreicher, je neueren Datums sie sind. Eine Erdbebenstatistik, welche die wissenschaftlichen Anforderungen befriedigte, zusammenzustellen, ist eine schwierige Aufgabe. Nicht allein die Ueberlieferungen aus den frühem Jahrhunderten sind sehr unvollkommen, ja geradezu fragmentarisch, auch aus den letztverflossenen Decennien lassen sie, was Vollständigkeit anbelangt, vieles zu wünschen übrig. Ein störendes Element bilden insbesondere auch die Erdbebenschwärme, jene Fälle, in welchen einem starken Hauptstosse im Verlaufe der nächsten Wochen und Monate zahlreiche Erschütterungen folgen. In der statistischen Zusammenstellung kann dadurch einem kurzen Abschnitt des Jahres eine so hohe Zahl zufallen, dass sie erst durch die Ereignisse vieler Jahre ausgeglichen wird und bishin eine Erhebung der Jahrescurve vortäuscht, welche in Wirklichkeit vielleicht nicht besteht. Unter solchen Umständen ist es geboten, um möglichst grosse, durch einzelne Anomalien der erwähnten Art weniger beirrte Zahlen zu erlangen, die seismischen Erscheinungen eines umfangreichen Flächenraumes und eines langen Zeitraumes zu vereinigen. Daher wurden für die nachstehende Tabelle III die in den obigen Quellen vermeldeten Tage mit Erdbeben in Kärnten, Krain, den südlichsten Theilen der Steiermark, Görz und Triest in die Gruppe «Krain etc.» zusammengefasst, diejenigen von Dalmatien, Kroatien, Bosnien und der Hercegovina aber in die Gruppe «Dalmatien etc.» genommen. Aus der ersteren Ländergruppe konnten die Berichte von 396 Erdbebentagen aus den Jahren 1348 bis 1885 erlangt werden, für die Gruppe Dalmatien aber von 992 Bebentagen aus den Jahren 1187 —1884.1 Um bessere Einsicht in das seismische Verhalten der uns zunächst interessierenden Länder zu gewinnen, haben wir in die Tabelle auch noch andere Areale Europas zum Vergleiche herangezogen (soweit uns eben statistisches Materiale zur Verfügung stand). Die Daten für Skandinavien beziehen sich auf 818 Beben; über 214 derselben berichtet Perrey (1845, citiert bei Volger), über 328, welche seit 1834 in Norwegen sich ereigneten, dagegen Thomassen (Bergens Museums Aars-beretning 1888, Referat in Met. Ztschr. 1890). Perrey hat desgleichen die Vertheilung von 656 Erdbeben Frankreichs über die Monate des Jahres angegeben; hinzugefügt haben wir noch 161 seismische Ereignisse aus der Statistik C. W. C. Fuchs’. Die Angaben für die Schweiz basieren auf 1230 Beben, welche Volger in seinem sehr verdienstlichen Werke «Untersuchungen über das Phänomen der Erdbeben in der Schweiz», 1857, I. Theil, pag. 12, zusammengestellt hat. Für Niederösterreich haben wir die vorgeführten Zahlen aus dem Verzeichnisse abgeleitet, welches E. Sue ss in seiner bahnbrechenden Abhandlung «Die Erdbeben Niederösterreichs» 1 Das Detonations-Phänomen auf der Insel Meleda aus den Jahren 1822 — 25 wurde hiebei von der Zählung ausgeschlossen. (Denkschr. d. Akad. d. Wissensch., Wien 1873) niedergelegt hat; es umfasst die Erschütterungen Niederösterreichs und der angrenzenden Ländertheile, insbesondere Obersteiermarks, aus den Jahren 1267—1872; ich habe aus C. W. C. Fuchs’ Chronik noch die Reihe 1873—1884 hinzugefügt, so dass im ganzen 148 Bebentage für die Tabelle herangezogen erscheinen. Für die Halbinsel Italien hat schon Perrey die Zusammenstellung von 984 Erderschütterungen ausgeführt, ich habe es vorgezogen, mich auf Fuchs’ Statistik zu beschränken, indem ich die Erschütterungen im Vesuvgebiete unberücksichtigt lassen konnte; durch diesen Vorgang wird die Vergleichbarkeit mit den anderen hier betrachteten Ländern, welchen vulkanische Beben fremd sind, gefördert. Es waren somit für Italien nur die Erdbebentage der Jahre 1865 —1884 auszuheben; ihre Anzahl beträgt 1158. Derselben Quelle entnahm ich schliesslich die Berichte über 626 Bebentage des gleichen Zeitraumes, welche aus der Türkei (südlich vom Breitenkreis der Balkankette), Griechenland, den Aegaeischen Inseln und der Westküste Kleinasiens gemeldet werden. Hiebei wurde das vulkanische Gebiet der Insel Santorin von der Zählung ausgeschlossen. Um zunächst die Hauptzüge in der Jahresperiode der Erderschütterungen kennen zu lernen, berechnet man am vortheilhaftesten, wie viel Procente der Gesammtsumme der Beben einer jeden Jahreszeit zufallen. In dieser Absicht wurde die hier folgende Tabelle III abgeleitet. Sie lässt sehr deutlich erkennen, dass auf dem gesammten betrachteten Areale - wie nach Knott überhaupt in Europa -die Häufigkeit der Erdbeben im Laufe des Jahres am geringsten im Sommer ist ; es ereignen sich während desselben 12—21% der jährlichen Erschütterungen. Die Ausnahmsstellung Niederösterreichs dürfte nur eine scheinbare sein und wird wohl verschwinden, sobald der Vorrath zu vergleichender Geschehnisse ein vollständigerer und reichlicherer sein wird. Den jahreszeitlichen Höchstbetrag erreicht die Erdbebenfrequenz in Skandinavien, in West- und Mitteleuropa, sowie auch noch III. Jahreszeitliche Vertheilung der Erdbeben. An- Procente der Jahressumme Verhältnis zahl Winter Frühling Sommer Herbst Winter : Sommer Skandinavien . . 542 32 24 20 25 1-6:1 Frankreich . . . 818 33 23 18 26 1-8:1 Schweiz 1230 38 26 12 25 3-3:1 Niederösterreich 148 37 20 21 21 1-8:1 Krain etc 396 40 23 14 23 2-8 : 1 Dalmatien etc. . 992 30 26 19 26 1-6:1 Italien 1158 24 26 21 29 11 : 1 * — * — Griechenland und Türkei . . 626 26 29 20 26 1-3 : 1 * * IV. Jahreszeitlicher Gang der Intensität des Windes. Winter Frühling Sommer Herbst Küste Norwegens, mittl.Windgeschw.* 9-6 8-2 7 6 8-6 Obirgipfel, mittl. Windstärke 2-9 2-6 21 2-8 Triest, mittl.Windgeschw.* 19-1 12-3 10-2 14-2 Lesina, » » 17-2 23 0 16-0 * 20-3 Rom, » » 8-2 8-8 8-2 7-9 Montpellier, » » * 4'6 4-8 4-3 4-0 * Constantinopel, » » ** 193 1 141 113 * 136 * Kilometer pro Stunde. — ** Miles pro Tag. in Kroatien und Dalmatien im Winter. Anders scheint sich Südeuropa zu verhalten. In Italien, desgleichen in der Umgebung des Aegaeischen Meeres, sind die Erderschütterungen im Winter zwar gleichfalls häufiger als im Sommer, doch gelangen daselbst andere Einflüsse zur überwiegenden Geltung und schaffen zwei nahezu gleich starke, dominierende Maxiam im Herbste und Frühlinge. Hiebei behält der Winter immer noch eine etwas höhere Erdbebenhäufigkeit, als sie dem Sommer zugemessen bleibt. Der Gegensatz der extremen Jahreszeiten ist auf dem Bereiche unserer Tabelle nicht überall in gleichem Masse ausgebildet. Während der unterirdische Dämon in den Alpen die Bewohner etwa dreimal so oft in der kalten Jahreszeit erschreckt, als in der warmen, beträgt diese Verhältniszahl in dem mildern Klima der betrachteten Theile Nord-, West- und Südeuropas nur mehr D8—Dl. In Italien und Griechenland ist, wie vorerwähnt, der stärkste Gegensatz auf andere Jahreszeiten verlegt, und wird der Herbst oder der Frühling — eine bestimmte Entscheidung lässt der zu geringe Thatsachenvorrath unserer Tabellen nicht zu — etwa 1 '/2mal so häufig von Erderschütterungen heimgesucht, als der Sommer. Falls nun die Häufigkeit der Erschütterungen des Erdbodens namhaft beeinflusst wird durch die Bewegungen der darüber lagernden Atmosphäre, so muss die Jahresperiode der ersteren als eine Wiederspiegelung des jährlichen Verlaufes der Intensität der Luftbewegung erscheinen. Letzteren Verlauf darzustellen ist daher jetzt unsere Aufgabe. An Stelle des Gradienten wählen wir als Mass des Bewegungszustandes der Luft die durch den Gradienten bewirkte Windgeschwindigkeit oder noch vortheilhafter die Dauer starker (d. i. stürmischer) Winde. Die Tabelle IV stellt die in den Vergleich genommenen Grössen dar. Für die norwegische Küste haben wir die Daten aus Bebbers Lehrbuch der Meteorologie geschöpft. Den Bewegungszustand der Luft in dem Gebiete der Ostalpen lassen wir eine Gipfelstation vorführen, da die Atmosphäre in den Thalbecken durch die Gebirgsumwallung mehr oder weniger behindert ist, dem Gradienten zu folgen. Als eine unsern Zwecken vorzüglich dienende Station bietet sich die Warte auf dem Obirgipfel dar. Die Mittel für die Windstärke sind aus zehnjährigen Beobachtungen von Hann abgeleitet worden (Met. Ztschr. 1893). Für Triest nehmen wir die Angaben E. Mazelles auf (Met. Ztschr. 1892), für Lesina jene von Hann (Met. Ztschr. 1884) und für Rom jene einer Abhandlung von Ferrari (Referat in Met. Ztschr. 1879. Die Aufstellung des Anemometers in Rom dürfte nicht ganz günstig gewesen sein, gemäss Bemerkung in diesem Referat). Ueber Montpellier berichtet Houdaille (sechsjähr. Mittel, Ref. in Met. Zeitschr. 1892); über Constantinopel H. Lyne (20jähriges Mittel, Ref. in Met. Ztschr. 1887). Man erkennt auf den ersten Blick den Gleichlauf der Erdbebenfrequenz und der Intensität der Luftströmung in Norwegen, in den Ostalpen sowie in dem an diese grenzenden Stücke des Karstgebietes. Für Dalmatien und Italien sowie die Balkanhalbinsel ist dagegen eine Uebereinstimmung aus unserer Zusammenfassung nicht ersichtlich. Es wird daher nothwendig, den Verlauf der beiden Erscheinungen schärfer zu fassen und ihn nach kürzern Zeitabschnitten, als es die Jahreszeiten sind, zu verfolgen. Zu einer solchen Fortsetzung der Untersuchung wird man ermuthiget durch den Parallelismus der jahreszeitlichen Curve der Erdbeben Italiens mit jener der Windgeschwindigkeit auf Lesina. Eine bessere Einsicht in den jährlichen Verlauf der beiden betrachteten Erscheinungen verspricht daher Tabelle V, gemäss welcher dieselben in ihrem Gange von Monat zu Monat verfolgt werden können. Ueber die Herkunft des hier niedergelegten Zahlenmateriales wurde bereits Bericht erstattet, sofern die Tabellen III und IV vom Verfasser eigentlich aus der Tab. V abgeleitet wurden. Es ist daher nur mehr nöthig, die Quellenangaben für den Zuschuss zu machen. Die Wind- A. Jahresperiode der Erdbebenhäufigkeit. Skandinavien............ Frankreich.............. Schweiz................. Niederösterreich........ Krain und Kärnten . . . Dalmatien und Kroatien Italien................. Griechenland und Türkei Procente der Jahressumme Die Monate sind auf die gleiche Länge von 30 * 44 Tagen reduciert. Decbr. Jän. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Octbr. Nov. 8-5 14-2 9-2 96 6-6 7-6 5'4 5-9 8-5 9.4 6-8 8-3 * * 11-2 11'2 11-0 8'8 8-3 5-7 5-6 6-6 6-1 8-6 7-5 * 9-4 1 13-7 12-2 11-6 11-2 9'7 4.7 4-3 3-3 3-8 9'5 9-0 6-9 <1 * * 7.4 16-2 14-2 6-1 8-8 4.7 8-1 4-7 8-1 9-5 6-8 5-4 * * j 12-6 17-7 10-1 8-3 86 5-8 5'8 51 35 * 6-3 7-1 9-1 9.7 10-4 9-6 9-5 8-6 8-0 5-0 5-1 8-8 9-3 8'8 7-4 * * * 9.9 7.7 6'2 9-2 8-6 8-5 66 8-6 5-8 8-7 11-1 9-0 * * * 6-2 8-9 10-5 13-4 7.7 7.7 5-9 6-2 7-5 5-8 12-0 8-2 * * * B. Jahresperiode der Windverhältnisse. a.) Mittlere Windgeschwindigkeit, Meter pro Secunde. Norwegens Küste .... 2-7 2-6 2-7 2'4 2'3 2-1 2'1 * 21 * 211 2'3 2-4 2-5 Wien 5-2 4'8 5*6 5_9 5'3 5'2 5-4 5'4 49 4-7 * 4 • 6 5-2 Pola 4-9 4-8 48 5'4 5-0 4-8 3 8 3-9 4-0 4’4 5-1 48 * * * 6-0 5-8 5-3 6*4 6-5 63 48 4-5 4-1 4-7 5-8 6-4 Rom 2 4 2'3 2-1 2-7 2'4 2-3 22 23 * 2*3 21 * 2-1 2-4 Constantinopel 200 194 185 176 134 112 104 * 116 119 170 130 108 * (Miles pro Tag) bj Mittlere Zahl der Sturmtage, Procente. Norwegen 14-2 14-4 15-6 8-8 6'2 31 2-3 1-8 * 4-0 5-3 12-7 11*6 * Deutsche Küste 13 1 13-0 8-2 13-6 3'4 52 3-2 2*7 * 6-3 6-5 14-0 10*8 * Montpellier 13-3 11-7 6'7 lO'O 9-3 110 10-7 4-3 4-3 3*0 * 9'3 6'7 cj Mittlere Dauer der starken Winde, Stunden. Obirgipfel 104 110 95 * 115 79 81 41 42 35 * 52 110 78 Pola 34 42 18 50 25 34 4 7 7 17 30 29 Lesina 50 45 33 63 80 62 25 15 15 22 51 60 * * * geschwindigkeit für Wien wurde von Hann abgeleitet (Sitzber. d. Akad. d. Wissensch., Wien 1893), für Pola von Kneusel - Herdliczka (Met. Ztschr. 1891), die Angaben der mittleren Dauer stürmischer Winde (Windstärke mindestens = 6), wurde für den Obir vom Verfasser berechnet aus den dreimaligen täglichen Beobachtungen der zwölf Jahre 1881 bis 1892 (nach Köppens Formel L. N, Met. Ztschr. 1880, S. 364); jene für Pola verdanken wir R. H. Scott (Referat in Met. Ztschr. 1888), für Lesina dagegen wieder Hann (Ref. ebenda S. [87]). Als starke Winde wurden hiebei jene betrachtet, welche eine Geschwindigkeit von 50 km pro Stunde oder nahezu 14 m pro Secunde aufweisen konnten. Die Jahresperiode der Sturmtage wurde für Norwegen aus Mohns Tabellen (Met. Ztschr. 1885) nach 12 — 22jährigen Beobachtungen an 13 Orten vom Verfasser abgeleitet, jene für die deutsche Küste einer Abhandlung Bötges (Ref. in Met. Ztschr. 1891) entnommen; sie gründen sich auf die Angaben von 43 Signalstellen aus allerdings nur 10 Jahren. Vergleichen wir jetzt den jährlichen Verlauf beider uns beschäftigenden Erscheinungen an der Hand obiger Tabelle, so ergeben sich bemerkenswerte Aufschlüsse. Die Jahresperiode der Beben in Norwegen zeigt ausser dem Hauptminimum im Sommer und dem zugehörigen Maximum im Winter noch secundäre Maxima im Frühling und Herbste an, deren Zeitpunkte allerdings durch die geringe Anzahl der comparierenden Beben wohl nur annähernd bestimmt sind. Es überrascht aber zu sehen, dass die Jahresperiode der Sturmfrequenz in Norwegen ziemlich entsprechend Maxima im Februar und Herbste aufweist und neben dem Hauptminimum im Sommer eine namhafte Vermehrung der Stürme im Winter besteht. In Mitteleuropa (deutsche Küste, Wien, Obir in der Tabelle) sowie im Gebiete des Mittelmeeres (Pola, Lesina, Montpellier) ist die Jahresperiode der Intensität der Luftströmungen — also des Gradienten — eine ebenso verwickelte. Dem Sommer-Minimum steht deutlich eine Verstärkung im Winter gegenüber ; es tritt aber zu dieser einfachen Schwankung noch eine doppelte hinzu mit Maximis im Frühling und Herbst, und entwickelt sich diese letztere stellenweise so kräftig, dass sie die dominierenden Höhenpunkte der Jahrescurve bildet.1 Viel schärfer als in der Aenderung der mittleren Windstärke prägen sich diese Verhältnisse aus in der mittleren Dauer der starken Winde. Auf dem Obirgipfel beispielsweise haben der Jänner und dann März und October eine etwa dreimal so starke Frequenz heftiger Winde, als die Sommermonate. In dieser Form bestätigt sich der weitverbreitete populäre Glaube an die Häufigkeit der «Aequi-noctialstürme » mit allerdings starker Verspätung im Herbste. Obwohl nun unsere Jahresperiode der Erderschütterungen Italiens und Griechenlands einer nur 19jährigen Beobachtungszeit entstammt, so wird es wohl kaum ein Zufall sein, dass in denselben ausser dem Winter-Maximum und Sommerminimum mit aller Bestimmtheit auch die Culminationen im Frühling und Herbst ausgebildet erscheinen — ganz conform der jährlichen Aenderung der Wind-Intensität. Da es nun nicht denkbar ist, dass durch Erdbeben ein barometrischer Gradient erzeugt würde, und es ebenso nicht findbar ist, dass beide Erscheinungen durch eine aussenstehende dritte Ursache bewirkt würden, so bleibt nur der Schluss gestattet, dass das barometrische Gefälle einen Einfluss auf das Eintreten der Erderschütterungen besitzt und daher die Häufigkeit dieser letzteren zu- und abnimmt, wenn jenes kräftiger, beziehungsw. 1 Die Complication kommt auf der österreichischen Küste der Adria in der Weise zustande, das die Borawinde das Maximum im Winter, das Minimum ihrer Häufigkeit im Sommer erlangen. Die Sciroccowinde aber weisen je ein Maximum im Frühling und im Herbste auf. Auch in Wien erlangen nach Hann die Ost- und die Südcomponente des Windes ihr Maximum im Frühling und im Herbste, im Frühling gleichzeitig die Nordcomponente, und entspricht dieses Resultat der Beobachtung dem Wechsel in der Luftdruckvertheilung über Europa. schwächer wird. In Dalmatien treffen wir ein herbstliches Maximum der Erderschütterungen deutlich ausgeprägt, aber auch jenes des Frühlings ist durch die langsame Abnahme der Zahlenwerte vom Februar bis Mai, worauf ein rascher Abfall folgt, angedeutet. Ein ähnliches Verhalten finden wir in der Schweiz und in Frankreich. In Krain ist eine Verstärkung der seismischen Thätigkeit im Frühlinge nur schwach, im Herbste gar nicht angezeigt. Niederösterreich kommt wegen der geringen Zahl der verglichenen Bebentage kaum in Betracht, wenn es gilt, secundäre Wendepunkte festzustellen. Es hat also den Anschein, dass die Doppelschwankung in der Jahresperiode des seismischen Phänomens, welche in Griechenland und Italien deutlich hervortritt, in Dalmatien und Kroatien theilweise, im Alpengebiete fast völlig unterdrückt ist, und zwar offenbar dadurch, dass daselbst die Erderschütterungen des Winters an Häufigkeit das Ueber-gewicht über jene des Frühlinges und des Herbstes erlangen, so dass die Jahrescurve der Bebenfrequenz nur mehr die Culmination in der kalten Jahreszeit aufweist, welcher das Wellenthal im Sommer gegenübersteht. Wenn nun einerseits in Italien die Jahresperiode der Tage mit starkem Luftgefälle (welche wohl kaum verschieden sein dürfte von jener in Montpellier, Lesina und Pola), völlig parallel ist mit jener der seismischen Frequenz, so dass eine Beeinflussung letzterer durch die erstere offenkundig erscheint, im Alpengebiete dagegen andererseits dieselbe Jahresperiode der Tage mit starkem Luftgefälle herrscht, so ist es in hohem Grade erwünscht, ja von geradezu entscheidender Bedeutung, nachzuweisen, dass auch im Alpengebiete ein Gleichlauf beider Erscheinungen besteht und nur verdeckt ist durch einen mächtigeren Factor — jenen, welcher die seismische Thätigkeit während des Winters auf das Höchste anspornt. Die Beweisführung hätte offenbar von der Auffassung auszugehen, dass die Jahresperiode der Bebenhäufigkeit durch das Zusammenwirken zweier Curven zustande komme: einer einfachen Welle, welche ihren Gipfel im Winter, ihre tiefste Stelle im Sommer hat, und einer Doppelwelle, welche je ein Maximum im Frühling und im Herbst besitzt mit zwischenliegenden Minimis. Die Mathematik stellt uns in der That einen Rechnungsvorgang zur Verfügung von überdies höchst einfacher Art, welcher gestattet, periodische Erscheinungen von noch so verwickelter Form in ihre Theilperioden zu zerlegen. Die Methode dieser Zerlegung rührt in ihrer allgemeinen, für die theoretische Physik höchst wichtigen Form von dem berühmten Physiker Fourier her; einen eleganten Rechnungsmechanismus hat für diese Zerlegung in gewissen einfacheren Fällen der berühmte Astronom Bessel gegeben, daher man auch namentlich in Deutschland von der «Bessel’schen Formel» spricht; die englischen Physiker nennen eine derartige Darstellung periodischer Erscheinungen durch ihre Theilperioden die «harmonische Analyse» derselben. In der Meteorologie wird sie schon lange verwendet, in neuester Zeit wurde sie für diese Wissenschaft durch niemand Geringeren als J. Hann wieder zu Ehren gebracht. Diesmal soll sie nun in einer Frage der Erdbebenkunde Aufhellung verschaffen. Es versteht sich von selbst, dass man nur an ausreichend breit fundiertem, gesichertem statistischen Material die harmonische Analyse mit Erfolg durchführen kann. Da die Angaben unserer Tabelle V. in Bezug auf einige Territorien eine zu enge Beobachtungsgrundlage haben, so wurden die Bessel’schen Formeln nur für die übrigen abgeleitet.1 Es muss auch im Auge behalten werden, dass unsere Zählenwerte für Italien und Griechenland, trotz der hohen Anzahl der vorgefallenen Beben, doch nur einem 19jährigen Zeiträume entstammen; daher dürften die Eintrittszeiten und die 1 Sie werden im Anhänge zu vorliegendem Aufsatze, begleitet von einigen Bemerkungen, wiedergegeben. Amplitude der Extreme durch ein umfassenderes Material einige Verschiebung erfahren. Wir begnügen uns, die Hauptzüge der Erscheinung zu erkennen. Die harmonische Analyse zerlegt nun in der That beispielsweise die Jahresperiode der Erdbebenhäufigkeit sowohl der Schweiz als Dalmatiens und Italiens in je zwei Curven a und b, deren Bestimmungsstücke durch die nachstehende Tabelle VI wiedergegeben werden. Die hier vorgeführten Zahlenwerte sind in ihrer Bedeutung leicht zu VI. Zerlegung der Jahresperiode der Bebenfrequenz in a) eine einfache und b) eine doppelte Welle. Abweichungen von der Mittellinie in % der Jahressumme Dec. Jänn. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Oct. Nov. 1«; 38 3*7 21 —11 —2-2 —3-8 —4-3 —3-7 —2-1 11 22 Schweiz! — * Ul —11 —0-5 0-6 11 0-5 —0-6 —1-1 — 0'5 0-6 1*1 0-5 —0-6 * * Dalma- f“') 1-5 D6 1-3 0-6 —0*2 —1-0 —1*5 —1-6 * —1*3 —0-6 0*2 1*0 tien \ b) —11 —0-4 0 7 1-1 0-4 —0*7 —1*1 —0-4 0-7 1-1 4-1 —0-7 * * f a) 10 0-9 0-4 —0*1 —0-6 —1*0 —1-0 —0-9 —0-4 o-i 0-6 1-0 Italien ! U — * —0-4 —1-5 —1-2 0-4 1-5 1-2 —0-4 —1'5 —1*2 0-4 1*5 1*2 * * erfassen. Bei gleichmässiger Vertheilung der Erderschütterungen würden jedem Monate 100 : 12 = 8 '/3°/o der Jahressumme angehören, zufolge der Herrschaft eines bestimmten periodischen Gesetzes aber erhält beispielsweise in der Schweiz laut Tabelle V der December ll‘0°/0, das ist 2-7% über das Gleichmass, der Jänner 12T, das ist 3*8°/0 der Erschütterungen mehr, als das Mittel allein zuweisen würde. Der Ueberschuss, welcher einigen Monaten zufällt, wird ins Gleichgewicht gesetzt durch den Minderbetrag, welcher auf andere Monate kommt; so steht in unserem Beispiele die Bebenhäufigkeit des Juni in der Schweiz 8‘3 — 3'5 = 4-8% unter dem Mittel. Diese Ueberschüsse und Fehlbeträge ’oder die Abweichungen vom Mittel im positiven und im negativen Sinne erzeugen eben die Oscillation der betrachteten Naturerscheinung im Laufe des Jahres. Die harmonische Analyse zerlegt nun jede dieser Abweichungen in zwei Posten, und man findet diese in Tab. VI in die zusammengehörigen Reihen a und b gestellt. So ist der Ueberschuss des December in diesem Beispiel zusammengesetzt aus -j- 3'8 und — IT usw. Die Posten der Reihe a variieren nun übereinstimmend in der Schweiz, in Dalmatien und Italien in der Weise, dass sie eine einfache Wellenlinie herstellen. Wenn man sich nämlich das Jahr mit seinen Monaten durch eine gerade, in 12 gleich lange Stücke getheilte Linie veranschaulicht und in den Endpunkten der Theilstücke Senkrechte errichtet von einer Länge, welche proportional gemacht wird den Grössen der Reihen unter a der in Discussion stehenden Tabelle, wobei die positiven Zahlen oberhalb, die negativen unterhalb der Jahreslinie aufgetragen werden, und verbindet man schliesslich die Endpunkte der abgemessenen Senkrechten durch einen gleichmässigen Curvenzug, so erscheint dieser als eine einfache Welle mit dem Maximum im Winter (Jänner oder December) und dem Minimum im Sommer (Juli oder Juni), und zwar bis auf eine unbedeutende Zeitdifferenz übereinstimmend in den drei betrachteten Territorien. Die Jahresperiode der Erdbebenhäufigkeit enthält aber, wie die harmonische Analyse durch die Zahlenreihen b es offenbart, noch eine zweite Theilperiode mit zwei Maximis, und zwar im Frühlinge und im Herbste, und zwischenliegenden Minimis, und liegen die Wendepunkte in der Schweiz sowie in Dalmatien und Kroatien übereinstimmend in den gleichen Monaten, in Italien erscheinen sie nur wenig verschoben. Unsere oben vorgebrachte Vermuthung, dass die Jahresperiode der Bebenhäufigkeit durch das Zusammenwirken zweier Curven zustande komme: einer einfachen Welle, welche ihren Gipfel im Winter, ihre tiefste Stelle im Sommer hat, und einer Doppelschwankung, welche je ein Maximum im Frühling und Herbst besitzt — wird somit durch die harmonische Analyse glänzend bestätiget. Wie in dem Gebiete der Apenninen den beiden (kaum zu bezweifelnden) Maximis der Windgeschwindigkeit Maxima der Erdbebenfrequenz entsprechen, so auch im Gebiete der Alpen und der Dinaren. Diese Thatsache spricht deutlich zu Gunsten einer causalen Beziehung zwischen der Intensität des Luftgefälles und der seismischen Thätigkeit. Ueberrascht wird man noch durch den sicherlich nicht bedeutungslosen Umstand, dass die Doppelwelle in den Alpen wie in den Dinaren die gleiche Schwankungsweite hat: ihre Wendepunkte entfernen sich übereinstimmend um je 1 • 1 °/0 von der Mittellinie. Ein nicht viel grösserer Betrag, nämlich 1 • 5 °/0, stellt sich als Amplitude für Italien heraus. Die einfache Oscillation verhält sich in dieser Beziehung in ganz kennzeichnender Weise verschieden. Sie hat die kleinste Amplitude in den Apeninnen (1*0 °/0), eine grössere (1*6) in den Dinaren und eine noch viel beträchtlichere (4'3) in den Alpen. So kommt es, dass in der Jahresperiode der Erdbebenhäufigkeit Italiens die Doppelwelle nebst der einfachen schon in den unmittelbar durch die Beobachtung gegebenen Zahlen deutlich hervortritt, in Dalmatien dagegen, und noch mehr in den Alpen, verdeckt die scharf ausgeprägte einfache Schwankung die schwächere doppelte. Es entsteht nun die Frage: Durch welche Ursache wird die einfache Schwankung der seismischen Thätigkeit in den Alpen im Vergleiche zu dem unmittelbar benachbarten Italien so sehr verschärft? In der Jahresperiode der Intensität der Luftströmungen scheint sich dieser Gegensatz nicht wiederzuspiegeln, wenn wir die allerdings spärlichen, darauf bezüglichen Angaben unserer Tabelle V zu Rathe ziehen. Dagegen zeigen die Karten der mittleren Luftdruckvertheilung, welche wir der unermüdlichen Thätigkeit Hanns verdanken, dass zu keiner anderen Jahreszeit ein so grosser Druckunterschied besteht, als im Winter, wo über den Alpen hoher Luftdruck herrscht, welcher allseitig gegen die Umgebung hin abdacht, besonders rasch gegen Süden und ähnlich gegen Norden.1 G. Darwin hat — wie Ho ernes in seiner «Erdbebenkunde» meldet — berechnet, dass eine Vermehrung des Luftdruckes, welche über einem ganzen Continent ein Steigen des Quecksilbers um 30 mm bewirkt, die Erdkruste um 60 — 90 mm deprimiert und umgekehrt. — Auch wird man zu prüfen haben, ob hier nicht noch ein anderer mechanischer Einfluss im Spiele ist, welcher in den Alpen besteht, in viel geringerem Masse in Kroatien und Dalmatien, nicht aber in Italien; wir meinen einen ebenfalls klimatischen Factor: die Belastung des Erdbodens durch die winterliche Schneedecke. Wir verlassen die Betrachtung der Beziehungen zwischen dem jährlichen Rhythmus der Häufigkeit der Erderschütterungen und jenem der Intensität der Luftströmungen, welche über den erzitternden Erdboden hinwehen, und wenden uns der zweiten vorgesteckten Aufgabe zu: Es sind die Relationen ins Auge zu fassen, welche etwa zwischen den bevorzugten Richtungen des Luftdruckgefälles und den Linien, auf welchen die seismische Thätigkeit wirkt, bestehen. Wir beschränken uns hiebei auf das Gebiet zwischen den Karawanken und Montenegro. Dem bahnbrechenden österreichischen Geologen E. S u e s s haben wir die Kenntnis zu verdanken, dass die häufigsten und ausgedehntesten Erdbeben, die sogenannten tektonischen, dadurch hervorgerufen werden, dass die in Schollen von 1 Volger . (1. c. III. Theil, S. 500) findet nicht weniger als 84 Fälle von Verknüpfung des Föhns mit Erdbeben. Gibt man den Einfluss des Gradienten auf das Eintreten von Erderschütterungen zu, so dürften diese Fälle nicht ein blosses Werk des Zufalls sein. Nach Hann (Sitzungs-ber. d. Akad. d. Wissensch., Wien 1882) steigt der Gradient bei einzelnen Föhnstürmen zwischen Lugano und Altdorf auf 10 —12 mm und wird den stärksten bekannten Gradienten gleich. Mittheilungen des Musealvereines für Krain. Jahrg. Vili, H. 3. 6 grösserem oder kleinerem Umfange zerstückelten Theile der Erdrinde von Zeit zu Zeit ruckweise sich bewegen, indem sie dem schrumpfenden Erdkern zusinken und hiebei wohl auch in horizontaler Richtung sich verschieben. Die Erschütterungen, welche durch solche Bewegungen entstehen, gehen daher von den Bruch- oder Zerreissungslinien aus, welche die Schollen umgrenzen. Jene sind also zugleich Stoss- oder Bebenlinien. Nachdem S u e s s die ersten classischen Beispiele des Zusammenhanges zwischen tektonischen und seismischen Linien festgestellt hat (1873 und 1874), haben sich fast alle Geologen, welche mit Erdbebenforschungen beschäftiget waren, wie Bittner, Hoefer, Hoernes, Toula, Muschketoff, Fouqué, Dutton, Davison, Wynne, Issel, Taramelli und andere, der angebahnten neuen Erkenntnis in erfreulicher Ueber-einstimmung angeschlossen. Indem ein ausgezeichneter Forscher, H. Hoefer, die Stosslinien Kärntens feststellte (1880), ward er durch die Natur der Erscheinungen vielfach veranlasst, auch diejenigen Krains und des Küstenlandes aufzusuchen, jedoch ohne für diese zwei Länder, die ausserhalb seines eigentlichen Studiengebietes blieben, Endgiltigkeit und Vollständigkeit anzustreben. Daher unterzog sich der Verfasser vorliegender Zeilen der Aufgabe, Hoefers Angaben, wo es angezeigt schien, zu modi-ficieren und wesentlich zu ergänzen. Die Stosslinien Kroatiens, Dalmatiens, Bosniens und der Hercegovina hat dann der überaus emsige Agramer Forscher M. Kišpatić in seiner genannten bemerkenswerten Abhandlung festgestellt. Wir erlauben uns hier nur die Bruch- und Bebenspalten Krains und dessen nächster Nachbarschaft aufzuzählen, um die Lücke in der Kenntnis zwischen den genannten zwei Gebieten zu schliessen und da diese Linien für die Leser der «Mittheilungen» als Mitglieder des Musealvereines von Krain vor allem von Interesse sind. Zugleich versuchen wir Anschluss zu gewinnen an die Studiengebiete Hoefers und Kišpatic, um so den Ueberblick über die hauptsächlichsten tektonischen und seismischen Linien des Areales, welches zwischen den Karawanken und Montenegro sich erstreckt, zu erhalten. Wir haben zu unterscheiden die Längsbruchlinien, welche in der Längserstreckung des Dinarischen Gebirgssystems parallel der Achse der Adria verlaufen, und die Querlinien, welche vom Meere aus landeinwärts streichen, die ersteren mehr oder weniger rechtwinklig verquerend. Die Längs-Stosslinien sind: 1. ) Duino - Triest - Pinguente - Cherso, 2. ) Solkan bei Görz - Wippach - Illir. Feistriz - Buccari Zengg - Gospić - Cattaro, 3. ) Karfreit - Idria - Zirknitz - Ogulin - Bihać - Prozor, 4. ) Pontafel - Tarvis - Radmannsdorf - Laibach - Seisen- berg - Mottling - Karlstadt; diese Linie findet vielleicht1 ihre Fortsetzung in der Spalte Ključ - Travnik - Serajevo - Plevlje, 5. ) Laibach - Auersperg - Reifnitz - Gottschee, 6. ) die Linie des Temenitzthales in Unterkrain, 7. ) Sagor (?) - Nassenfuss - St. Barthelmä - Krašić bei Jaska; die Fortsetzung bildet vielleicht die Linie Novi - Banjaluka - Višegrad, 8. ) Steinbrück - Gurkfeld - Samobor (?) - Sissek - Gra- diška - Bjelina, 9. ) Daruvar - Djakovo - Novisad. Erwähnen wollen wir noch die Linie, welche durch das Gailthal in Kärnten ostwärts gegen Marburg hinzieht, und die Linie Villach - Klagenfurt - Völkermarkt - Sanct Paul, beide sind für die Alpen Längslinien, wie auch unter den nachstehenden Quer-Stosslinien die Linien 9, 10, 11. 1 Die Geologie Bosniens und der Hercegovina steht dem Verfasser im Augenblicke leider nicht zur Verfügung. 6* Die Quer-Stosslinien sind: 1. ) Venedig - Udine - Pontafel (die Tagliamentolinie), 2. ) Raibl - Tarvis - Magiern, 3. ) Flitsch - Weissenfels, 4. ) das Planizathal, 5.) das Pischenzathal, 6.) das Vrata- thal in den Julischen Alpen, 7. ) Dobrdob - Görz - Tolmein - das Wocheinerthal - Loibl - Klagenfurt, 8. ) das Kanker- und das Vellachthal, 9. ) Karfreit - Stein - Cilli, 10. ) Bischoflack - Sagor - Planina - Krapina - Kopriv- nica (?) - Fünfkirchen, 11. ) Laibach - Littai - Steinbrück, 12. ) Triest - Adelsberg - Laibach, 13. ) Treffen - Nassenfuss - Krapina, 14. ) Klana - Gottschee - Töplitz - Gurkfeld - Klanjec, 15. ) Töplitz (?) - St. Barthelmä - Rann, 16. ) Mottling - Samobor - Agram, 17. ) Metković-Sarajevo (die Narentalinie). Die Zahl der Querbrüche, welche Kispatić nennt, ist auffallend gering. Überdies kommen für das Festland als Stosslinien in Betracht : der Bruchrand der Alpen und des Dinarensystemes gegen die venezianische Tiefebene und die Adria einerseits und gegen die ungarisch-kroatische Tiefebene andererseits, sowie der Bruchrand des Laibach - Krainburg - Veldeser Senkungsfeldes. Es ist nicht zu läugnen, dass die Kenntnis unserer tektonischen Linien theilweise lückenhaft und hypothetisch ist und manche Ergänzungen sowie Abänderungen erfahren wird, doch hat als sichergestellt zu gelten, dass das Terrain zwischen den Karawanken und Montenegro, der Adria und Serbien von Bruchlinien durchsetzt ist, welche zum Theil durch mehrere hundert Kilometer weit in ziemlich gerader Richtung fortstreichen. Sie sind vorwiegend entweder parallel der Längs- achse des adriatischen Senkungsfeldes orientiert, also von Nordwesten nach Südosten, oder sie ziehen quer zu dieser Richtung von Südwesten gegen Nordosten. Die Erdbebenverzeichnisse Kišpatic, Hoefers, Mitteis’ und Fuchs’ liefern den Beweis, dass von diesen Linien häufige, zum Theil ausgedehnte Erschütterungen ausgehen. Die unmittelbare Ursache der Auslösung des Spannungszustandes zwischen den längs und quer zertheilten Schollen liegt ohne Zweifel in uns verborgenen tektonischen Verhältnissen, allein da die Bedeutung des barometrischen Gefälles als eines untergeordneten, secundären, die Auslösung der Spannungen befördernden Factors für sichergestellt gelten darf, so mag es ebenso von Einfluss sein, dass eine herrschende, nicht selten recht heftige Luftströmung, welche als Bora einen breiten Küstenstrich auf der Nord-und Ostseite der Adria bestreicht, gerade fast senkrecht zu den bedeutsamsten, weit hinziehenden Längsbruchlinien ihre mechanische Wirksamkeit richtet. Dort, wo die Centren des alpinen Hochdruckgebietes und der adriatischen Luftdruck-Depression einander am nächsten lagern, das ist zwischen dem Kärntner Becken und der nördlichen Adria, erlangt der Bora-Gradient den grössten Wert. Gegen Süden hin gewinnen die Sciroccowinde an Häufigkeit und Stärke. Auf der Insel Lesina sind sie es, die, aus Ostsüdost bis Südsüdost wehend, nach Hann bereits 76% der Windgeschwindigkeits-Maxima zuwege bringen, wogegen nur mehr 18% der Bora (Nord bis Ost) angehören. (Für Pola sind die entsprechenden Zahlen nach Kneusel: 70% Bora, 26% Scirocco.) Zugleich aber schwenkt im südlichen Theile Dalmatiens das Streichen der grossen Längsbruchlinien, entlang welcher die von Nordwest nach Südost ziehenden dinarischen Gebirgsstreifen von ihrem Anfangsstück in Krain an treppenartig gegen das Meer ab-stürzen,1 nach Osten um, so dass die sciroccale Windströmung 1 Die dalmatinischen Inselreihen sind nach der begründeten Ansicht der Geologen die erhöhten Ränder und Gipfel der in die Tiefe versenkten westlichsten Karststufen. wirksamer gegen die steilen Böschungen des dinarischen Stufenlandes drängt. Während wir uns in dieser Art eine physikalische Vorstellung machen können darüber, wie die Erregbarkeit dieser oder jener Erdbebenspalten des dinarischen Gebirgssystems durch bestimmte, gerade herrschende Richtungen des Gradienten — abgesehen von dessen Stärke — gereitzt wird, würde es Aufgabe einer besondern Untersuchung sein, geradeaus für Einzelfälle Beweise für eine solche Abhängigkeit zu erbringen. Als vielleicht bedeutsam mag in Bezug auf diese Frage folgende Thatsache berührt werden. Fast das ganze Jahr hindurch besteht über Europa ein Luftdruckgefälle in der Richtung von Südwesten gegen Nordosten. Im Juni und Juli wächst der Druckunterschied, bezogen auf die Entfernung von 2450 km, rasch auf 3'4, bezw. 3’8 mm an, um dann wieder ziemlich schnell abzusinken. Eine daraus entspringende Beeinflussung der seismischen Thätigkeit in der Schweiz ist, wenigstens im allgemeinen, nicht zu erkennen. Es mag dies in Beziehung stehen zu dem Umstande, dass die Alpenketten nahe dieselbe Streichungsrichtung haben, wie der ins Auge gefasste Gradient, und die «Standfestigkeit», wenn man so sagen darf, der Alpenmauer in dieser Richtung wohl grösser sein mag, als in meridionaler. Obgleich wir in dieser Angelegenheit zu bestimmten Ergebnissen nicht gelangen können, befriedigen wir uns doch an dem grossen Fortschritt, den die Erdbebenforschung in jüngster Zeit gemacht hat. Vor 25 Jahren war das seismische Phänomen noch in jeder Beziehung völlig ein Räthsel — gegenwärtig sind wir in der Lage, einen untergeordneten Einfluss auf dasselbe, jenen des barometrischen Gradienten auf den jährlichen Rhythmus der Erdbebenhäufigkeit, zwar nur im allgemeinen, jedoch zahlenmässig und in einem bestimmten physikalischen Sinne zu erkennen. Wir können sagen : Sobald in einer Gegend, welche sich — um mit den Worten Suess’ zu reden — in einer Phase seismischer Beunruhigung befindet oder in welcher sonst die Vorbedingungen für eine Erschütterung gegeben sind, die Action der Atmosphäre lebhafter wird und starke Gradienten erzeugt, so wird dadurch die Auslösung der tektonischen Spannungen beschleuniget oder der Grad ihrer Heftigkeit erhöht. Jene Vorbedingungen scheinen in den besprochenen mediterranen Erdbebengebieten verhältnismässig häufig gegeben zu sein, da die Jahresperiode der Bebenfrequenz in inniger Beziehung steht zu jener der verr stärkten Gradienten. Anhang. Man erhält für die Erdbebenhäufigkeit und für die Dauer stürmischer Winde die in Tab. VII zusammengestellten analytischen Gleichungen als eleganten, einfachsten Ausdruck für den jährlichen Gang dieser Erscheinungen. Setzt man in diese Gleichungen für x nacheinander die Werthe 0, 1, 2, 3, .... 11 ein, entsprechend den Monaten Jänner, Februar, März, April......December, und rechnet dann jedesmal den rechten Theil der Gleichung aus, so erhält man die jedem Monate angehörige procentische Bebenfrequenz, beziehungsweise die mittlere Dauer starker Winde, und für Norwegen die procentische Vertheilung der Sturmtage. Das erste Glied im rechten Theile der Gleichungen bezeichnet das allgemeine Monatmittel. Die beiden Winkelglieder geben die Jahresperiode der Naturerscheinung an in Form von Abweichungen vom allgemeinen Mittel. Die unregelmässige Gesammtperiode wird durch diese zwei Glieder zerlegt in zwei Theilperioden, welche als regelmässige Sinus-curven erscheinen. Lässt man x die Werthe 0, 1, 2, . . 11 durchlaufen, so zeigt die erste dieser «harmonischen Con-stituenten* eine einfache Welle an mit einem Maximum und einem Minimum, die zweite erscheint als Doppelwelle mit zwei Wellenbergen und zwei Wellenthälern. In Bezug auf die Erdbebenfrequenz sind die Ordinaten der einfachen Schwankung in den Columnen a der Tab. V berechnet eingetragen, jene der Doppelwelle unter b. Häufigkeit der Erdbeben in Procenten. Skandinavien............................y — 8'33 + 2'03.ra»( 98° 39' + 30«) + 1*30.»« ( 40° 12'+ 60«) Schweiz.................................y = 8-33 + 4'30«»( 91° 25' + 30«) + 1‘09 sin (332° 17' + 60«) Dalmatien etc..............................y = 8’33 + 1'66 sin ( 98° 24' + 30«) + 1 • 10 sin (338° 16' + 60«) Italien....................................y = 8'33 + 1-07 sin (126° 16' + 30«) + 1 • 60 sin (252° 40’ + 60«) Griechenland etc..........................y = 8-33 + 1-69 ««( 71° 35' + 30«) + 1 • 78 sin (318° 18' + 60«) [Krain etc.................................y — 8-33 + 4-52 sin ( 88« 45' + 30«) + 1 ■ 52 sin (115° 18' + 60«)] Mittlere Häufigkeit stürmischer Winde in Stunden. Obirgipfel.................................y = 78'5 + 3 • 92 sin (89° 29' + 30«) + 14 ■ 51 «7» (225° 54' + 60«) Pola.......................................y = 24-6 + 17 • 03 sin (79° 40' + 30«) + 6■ 75 sin (259° 1'+ 60«) Lesina1 (allgemein)........................y = 43'2 + 17-96 sin (54° 40' + 30«) + 20-89 sin (244° 19' + 60«) » Bora.................................y = 4-9 + 4■ 62 (91° 4'+ 30«) + 0-07 sin (270« 0' + 60«) » Sèirocco.............................y = 35-8 + 13 • 21 sin (29° 28' + 30«) + 20 • 72 sin (248° 44' + 60«) Mittlere Häufigkeit der Sturmtage in Procenten. Norwegen................................y — 8’33 + 6 • 75 sin (105° 44' + 30«) + 0 ■ 39 sin (23° 42' + 60«) 1 Nach Hann, Annal. d. Hydrographie u. maritim. Meteorol., 1888. Es ist übrigens leicht, auf den ersten Blick in den Formeln sowohl die Hauptphasenzeiten der componierenden Wellen als auch deren Amplituden zu erkennen. Letztere werden nämlich durch die Coefficienten, erstere durch die Winkelgrössen angegeben. Das erste Sinusglied hat für den Fall, dass dessen constanter Winkel ==90° ist, offenbar dann den grössten positiven Wert, wenn x = 0 ist; den grössten negativen Wert erreicht es hiebei für x = 6. Wenn also der constante Winkel in der ersten harmonischen Constituente 90° beträgt, so wird dadurch bekundet, dass das Maximum der Wellenlinie, das ist der höchste Punkt des Wellenberges, in den Monat Jänner, das Minimum, das ist der tiefste Punkt des Wellenthaies, in den Juli (x = 6) fällt. Eine Vergrösserung, beziehungsweise Verminderung des ständigen Winkels um 30° verlegt die Wendepunkte auf December, Juni, beziehungsweise Februar, August. Es versteht sich von selbst, dass der höchste und der tiefste Punkt der Welle um so weiter von der Mittellinie abstehen, je grösser der Coefficient ist, mit welchem der Sinus zu vervielfachen ist. Setzt man nun in der zweiten harmonischen Constituente nacheinander x — 0, 1, 2, ... 11 und berechnet den Wert des Sinus, so erkennt man, dass dieser im Laufe des Jahres zweimal seinen grössten positiven und inzwischen ebenso oft seinen grössten negativen Betrag erhält. Wenn der constante Winkel 330° beträgt, so entfallen die Maxima auf März (x = 2) und September (x = 8), die Minima auf Juni und December. Eine Vergrösserung, beziehungsweise Verminderung des constanten Winkels um 60° bewirkt, dass die Wendepunkte um einen Monat früher, beziehungsweise später eintreten. Der Coefficient zeigt wieder die Amplitude der Doppelwelle an. Nach diesen erläuternden Bemerkungen ist es leicht, die obigen Formeln zu durchblicken und die vielseitige Orientierung über die betrachteten Phänomene zu gewinnen, welche durch höchst einfache mathematische Ausdrücke gewährt wird. Man erkennt die Uebereinstimmungen sowie die Verschiedenheiten in der Jahresperiode der Erdbebenfrequenz in den betrachteten Gebieten und die Beziehungen derselben zu dem Jahresrhythmus der Sturmfrequenz. Die Gleichungen bieten in übersichtlichster Form die Belege für die oben im Texte vorgeführten Verknüpfungen der beiden Erscheinungsreihen, soweit sie durch das vorhandene und verwendete statistische Materiale aufgedeckt werden. Unter der Annahme, dass die Jahresperiode der Bebenhäufigkeit durch die erörterte einfache und doppelte Schwankung bestimmt wird, haben wir von der unendlichen con-vergierenden Bessel’schen Reihe nur die ersten zwei Sinusglieder aufgenommen, welche eben die bezeichneten zwei Schwankungen zum Ausdruck bringen. Falls diese die ausschliesslichen Componenten der beobachteten resultierenden Periode sind, so müssen die nächstfolgenden Glieder der Bessel’schen Gleichungen Null betragen. Sobald aber das dritte und die nächstfolgenden Glieder nicht Null sind oder doch als unbedeutend vernachlässigt werden können, so folgt daraus entweder, dass im Jahreslaufe der seismischen Thätigkeit nicht blos die einfache und die doppelte Schwankung im Spiele sind, sondern auch andere Einflüsse, oder aber es ist das Beobachtungsmateriale, welches man der harmonischen Analyse unterzieht, ein mangelhaftes, noch nicht geeignet, die verborgenen Gesetzmässigkeiten der Erscheinung hervortreten zu lassen. Wir machen daher noch auf das dritte Sinusglied obiger Gleichungen der Erdbebenfrequenz aufmerksam. Es lautet für Dalmatien 113 sin (123° -j- 90 x) » Italien 004 sin (213° -J- 90 x) » Krain T21 sin (96° 20' -)- 90 x) » Griechenland D47 sin (322° 22' -)- 90 x) » Skandinavien 1-29 sin (106° 34' -)- 90 x) Man sieht, dass das statistische Materiale Italiens den theoretischen Voraussetzungen noch am besten entspricht. In einem Lande, welches von Erdbeben sehr häufig heimgesucht wird, kommt also die Gesetzmässigkeit in deren Verlaufe schon in kurzer Zeit deutlich zum Vorschein. In der Jahresperiode der Erderschütterungen Krains und Dalmatiens ist das dritte Glied der Bessel’schen Reihe nicht zu vernachlässigen, und bringen die ersten zwei harmonischen Constituenten nur eine erste angenäherte Kenntnis von dem untersuchten Phänomen. Die Ausnahmsstellung des constanten Winkels der zweiten harmonischen Constituente für Krain ist dermalen nicht auf in der Natur des Phänomens gelegene Ursachen zurückführbar. Es dürfte wohl das verwendete empirische Materiale von 396 Bebentagen ein unzureichendes sein. Es gestattet aber eine befriedigende Bestimmung der ersten Constituente der harmonischen Reihe. In Bezug auf die oben für Italien vorgeführte Gleichung muss bemerkt werden, dass sie zunächst mit dem unmittelbar durch die Beobachtung gegebenen, augenscheinlich abnormen Procentsatze der Erderschütterungen des Monates Juli (8’6% laut Tab. V) abgeleitet wurde; der Wert, welchen die erhaltene Gleichung ergab (6'9%), wurde als der correct ere angesehen und mit ihm die oben mitgetheilte Gleichung abgeleitet. Es hat diese im Vergleich zu jener einen um 12° kleineren Winkel in der ersten und einen um 60 grösseren in der zweiten harmonischen Constituente. Schloss und Herrschaft Lueg. Von S. Rutar. (Schluss.) Der erste Besitzer Luegs aus dem Hause Kobenzl war einer der bedeutendsten Staatsmänner seiner Zeit. Im Jahre 1570 wurde er erzherzoglicher Commissär bei der Grenzberichtigung zwischen Görz und Venedig, 1571 —1580 Gesandter K. Max II. und Rudolph II. beim Čaren Ivan IV. in Moskau, dann kaiserlicher Bevollmächtigter bei verschiedenen Reichstagen, endlich Hofkanzler und Kammerpräsident des Erzherzogs Karl, Hauptmann von Gradisca (1590) und gar Landeshauptmann in Krain (1592). Hochbetagt begab er sich noch zum Reichstage nach Regensburg, woselbst er aber verschied, 1594.1 Da Johann Kobenzl keine Leibeserben haben konnte, so wurde sein Erbe und Nachfolger der bei der Verleihung von Lueg erwähnte Bruder Ulrich, der die Würde eines kaiserlichen Rathes erlangt hatte. Ihm bestätigte K. Ferdinand I. 1563 gleichzeitig mit seinem Bruder den Adel, wie man aus der Erhebungsurkunde vom 10. December 1722, Wien, ersehen kann. Ulrich Kobenzl hatte vier Söhne, wovon aber zwei vor dem Vater mit dem Tode abgiengen. Der dritte Sohn Johann Philipp wurde «propagator familiae» (Fortpflanzer der Familie) und erlangte hohe Aemter sowohl in 1 Im J. 1578 Hess er seinem früh verstorbenen Neffen Caspar ein Denkmal errichten, welches sich früher im Gange des Licealgebäudes befand, jetzt aber in jenem des Rudolfinums eingemauert ist. Unterm Kobenzl’schen Wappen liest man folgende Inschrift: D ■ O • M • H — Johann Kobenzl de ProsSek — Eques Marianus, Gasparo Patru — eli, qui XV. Apri. Ao. Di. MDLXXVIII — hue ad publi. cornicia veniens — et domi uxorem D. Lucreciam — de Dörnberg gravidam — relinquens praeter expetationem — in Deo obiit, moeren posuit. Krain als auch in Görz. Dorten wurde er 1603 Vicedom und 1607 auch Landesverordneter (Landesausschuss); hier aber 1608 Landesverweser der gef. Grafschaft. Als Besitzer von Lueg tauschte er am 26. December 1601 zu Görz mit Franz Fenon, Vicarius (Pfarrer) zu Hrenovice, die herrschaftlich gewesene Wiese «Zupnica» zu Zagon gegen die Mühle Unserer lieben Frau zu Lueg oder den Grund «uposedi» (u padeži?).1 Unter demselben Datum tauschte er mit Franz Fenon und mit Bewilligung des Triester Bischofs Ursini die Wiese «Zupnica» oberhalb Belsko (Welskho) gegen die der St. Leonhardi-Kirche zu Gorenje und St. Justi-Kirche zu Belsko gehörige Mühle oder Grund «uposedi», oder auch «die untere (untrige) Mühle» genannt. Ulrichs vierter Sohn hiess Johann Raphael Cobenzl. Er wurde 1572 zu Lueg geboren und trat 1593 in den Jesuitenorden, wo er wegen seiner Bildung zur Würde eines Rectors in Graz gelangte. Im Saale des dortigen Collegiums hieng auch sein Bildnis. Von Graz kam er in gleicher Eigenschaft nach Klagenfurt und von hier nach Wien als Vorstand des Professenhauses. Er schrieb zwei Abhandlungen: «Veli-tatio epistolica in triumviros Augustanae confessionis verbi ministros an ex fide probari possit, Baptismum sub consueta formula» (1615); und «Liber de norma fidei et religionis, seu in concionem Simonis Aran de norma fidei et religionis» (1617).1 2 Im Jahre 1615 besuchte Raphael Cobenzl mit einigen Patres aus Graz das freundliche Görz und bewirtete sie im Kobenzl’schen Palais am Ende des Traunik-Platzes (jetzt erzbischöfliches Palais). Görz gefiel den Jesuiten sehr wohl, 1 «Padež» heisst eine 30 Joch umfassende Wiese bei Zagon, welche in der ganzen Gegend bekannt ist. Nach der Mahd führte man bis 1880 auf dem letzten (sechsten oder siebenten) Wagen eine «baba», d. i. vermummte Weibsfigur aus Stroh. Sobald diese erschien, wusste jedes Kind, dass die Wiese «Padež» fertig gemäht wurde. Jetzt ist diese Wiese Eigenthum des H. Lavrenčič aus Adelsberg. 2 Vergi. Dimitz, Geschichte Krains, III. 468. und wahrscheinlich gab P. Raphael den ersten Impuls1 zur Gründung des Jesuiten-Collegiums in Görz, welche im Jahre 1617 wirklich statthatte. Unser gelehrter Landsmann starb 1627 in Wien. Um dieselbe Zeit muss auch Johann Philipp gestorben sein, denn im J. 1630 erscheint schon dessen Sohn Johann Caspar als Besitzer von Lueg. Er unterschrieb sich: «Freiherr zu Jama, Mossa und Leitenburg» (Lože im Wip-pachischen), oder in lateinischen Documenten : Baro de Prosech, Lueg et Mossa, ac dominus Jama. Auch in den Jahren 1642 und 1646 kommt noch die amtliche Bezeichnung «Herr von Jama» vor. Johann Caspar vermählte sich mit der Freiin Katharina von Lanthieri aus Wippach. Er kaufte mehrere Güter bei St. Daniel am Karste und tauschte einige um mit Anton Rabatta, Jurisdicenten zu Canale und Hauptmann in Gradisca. Im J. 1645, am 5. Juli, consecrierte der Triester Bischof Graf Pompeo Coronini den Altar «Uns§rer lieben Frau» in der Kapelle zu Lueg (im Schlosse). Johann Caspar Kobenzl muss vor dem J. 1650 gestorben sein, denn in diesem Jahre wird schon sein minderjähriger Sohn Johann Philipp (II.) mit Gütern auf dem Karste, im Wippachischen und in Friaul (auch in Salcano), belehnt. Geboren wurde er 1635 und vermählte sich ebenfalls mit einer Lanthieri, mit der Gräfin (seit 1642) Johanna. Er begrüsste als ständischer Deputierter den K. Leopold I. bei seiner Ankunft in Görz (1660). Im J. 1671 wurde er Verweser der Grafschaft Görz, 1673 Hauptmann von Triest und schliesslich 1697 — 1712 Landeshauptmann von Görz. Er bekleidete die Würde eines k. k. wirklichen geheimen Rathes und wurde nebst seinem Bruder Ludwig von K. Leopold I. im J. 1674 in den Grafenstand erhoben. Dem Grafen Johann 1 Nach Czömig, Görz-Gradisca S. 767, soll er sich schon im Jahre 1597 darum bemüht haben. Philipp und seinem Erstgeborenen verlieh der Kaiser überdies den Titel «Hoch- und Wohlgeboren». Im J. 1690 erhielt er das Erbtruchsessenamt der Grafschaft Görz und wurde 1698 den Landständen von Niederösterreich beigesellt. Graf Johann Philipp erneuerte das Schloss Leitenburg und starb 1712. Sein Erbe und Nachfolger wurde sein erstgeborener (1664) Sohn Johann Caspar (II.), der sein Geschlecht dem höchsten Glanze entgegenführte. Er wurde 1691 als Reichshofrath angestellt und von den Kaisern Leopold I.und Josef I. zum geheimen Rath ernannt. Seit dem J. 1704 unterstützte er seinen Vater in der Führung seines Amtes eines Landeshauptmannes von Görz, erhielt das Erbtruchsessenamt des genannten Landes und wurde vom K. Karl VI. zum «ersten Kämmerer der spanischen Königreiche» erhoben. Im J. 1713 wurde er Landeshauptmann von Görz und im J. 1716 ernannte ihn K. Karl VI. zu seinem geheimen Rath, dann zum Landeshauptmann in Krain und Erbfalkenmeister in diesem Lande; überdies im J. 1717 noch zum Erbtruchsess in Krain und der Windischen Mark. Dann wurde er 1722 zum Hofmarschall erhoben und ihm die Landmannschaft unter den Grafen und Magnaten von Ungarn verliehen. Schliesslich erhob ihn der Kaiser sammt seinem Bruder Ludwig am 10. Dez. 1722 in den Reichsgrafenstand und vermehrte beiden ihre Wappen (Cronbergisches Archiv, Cass. V). In der Geschichte von Lueg trat während dieser Zeit ein grosser Umschwung ein. Graf Johann Caspar entschloss sich nämlich, gänzlich nach Wien zu übersiedeln, «um Seiner Majestät besser dienen zu können». Aus dem Grunde verkaufte er am 6. Juli 1711 zu Laibach die Herrschaft Lueg um 37.218 fl. und 250 fl. «Leykauff» dem Sebastian Raigers-feldt zum Adlershofen. Der Contract lautete wörtlich: Kauffs-Contract zwischen Johann Casparn, Graffen von Cobenzl etc., und Sebastian von Raigersfeldt zum Adlershoffen: 1.) Graf Cobenzl verkauft die ihm bei der brüderlichen Ver-theilung zugefallene Herrschaft Lueg mit allem An- und Zugehör, Recht- und Gerechtigkeiten, Landgericht, Waldungen, Wildbann, Jägereien und Fischereien, allen dazugehörigen Hochheiten, Herrlichkeiten, Rainen, Confinen und Marksteinen, wie auch allen Vrbarsholden, Unterthanen und deren zu reichen schuldigen Zinsen, Steuern, Robathen, Gaben und Erbholdschaften (ausser den in der brüderlichen Vertheilung auf Le uttenburg applicierten 36/6 Huben), nicht weniger den Getreide- und Jungviehzehnt, wie solches alles der Graf und seine Vorfahren genossen haben. 2. ) Graf Cobenzl übergibt dem Raigersfeldt das landesfürstliche Original-Urbarium und den Original-Kaufbrief mit allen anderen die Herrschaft Lueg betreffenden Schriften und Instrumenten ; ebenso auch 3. ) diejenigen «actiones», welche die Herrschaft Lueg oder ihre Unterthanen oder Zehnten betreffen. 4. ) Der Verkäufer hat bis Ende April 1712 die Quittung über die beim Landes-Vicedomanite gezahlten Steuern, nämlich 21 fl. 18 kr. «dritten Pfennigs», 87 fl. 54 kr. Herrngült und 78 fl. 4 kr. ordentlichen Hubguldens dem Käufer in duplo einzuhändigen. 5. ) Da die in das Landes-Vicedomamt jährlich zu erlegenden Steuern ein Capital von 3182 fl. repräsentieren, von welchem die Interessen mit 5°/o abgerechnet werden, so soll der Verkäufer den hof-cammeralischen Schuldbrief über die genannten 3182 Gulden deutscher Währung, sammt den seit Georgi 1712 hiefür zufallenden Interessen dem Käufer eigenthümlich einantworten. 6. ) Hingegen verpflichtet sich der Käufer, die Summe von Siebenundreissigtausend zweihundert und achtzehn Gulden d. W. folgendermassen zu begleichen: am 1. Januar 1712 zu Laibach 30.000 fl. d. W. bar auszuzahlen. Von dieser Summe betragen die Interessen bis zu Ende April 1712 300 fl.; die übrigen 6918 fl. verpflichtet sich der Käufer innerhalb vier Jahren, wenn nöthig auch quartaliter, jedes Jahr 2000 fl. und so bis zur völligen Löschung der Schuld proportionaliter mit 6 °/0 Interessen zu zahlen, wofür die Hypothek auf der Herrschaft Lueg verbleibt. 7. ) Falls der Verkäufer den Unterthanen die Ausstande nicht nachlassen wollte, so werden diese liquidiert und dann mit zwei Dritteln binnen Jahresfrist abgeführt. 8. ) Ist in die Verkaufssumme die Wintersaat mit einbegriffen und der Verkäufer ist erbötig, auch noch soviel Getreide, als' zur Frühlingssaat und zur Unterhaltung der Dienstleute nöthig ist, zu billigen Preisen zu überlassen. 9. ) Alle nagelfesten Mobilien mit der Fütterung, Meierzeug und Begehung sollen beim Meierhof oder der Herrschaft verbleiben, das Rind- und andere Vieh soll aber bei der Uebernahme von unparteiischen Männern geschätzt und vom Käufer binnen Jahresfrist ohne Interessen vergütet werden. 10. ) Die seit 1708 auf zehn Jahre zur Verproviantierung der Meeresgrenze nach Fiume abzuliefernden 70 Star Weizen sollen auf den Käufer transferiert werden und bei der Herrschaft verbleiben. Dagegen hat der Käufer bei der Übergabe einen «Ley-kauff» von 250 fl. d. W. zu zahlen. 11. ) Die Schlosskapelle (St. Anna) ist mit völligem Ornat, Kelch, Patena und dem päpstlichen Privilegium in den Kauf mit einbegriffen. 12. ) Sollten sich auch Schriftstücke, Stiftbriefe, Privilegien etc. vom Beneficium Unserer lieben Frau zu Lueg bei der Herrschaft vorfinden, so sind solche dem Käufer einzuhändigen. Zum Schluss verpflichtet sich der Verkäufer, dem Käufer und seinen Erben zu Schutz und Schirm nach dem allgemeinen Landschadenbund in Krain und der gef. Grafschaft Görz. Laibach, am 6. Juli 1711. Gezeichnet von Seb. Reigersfeldt und Joh. Casp. Grafen Cobenzl. — Der Original-Kaufbrief wurde am 17. Sept. 1713 vom Grafen Johann Caspar unterzeichnet. (Landesarchiv im Rudolfinum, Vicedom-Archiv, Fase. 54, Unterabtheilung 42.) Vom 1. Mai 1712 bis letzten April 1719 befand sich Luegfactisch im Besitze der Raigersfeldt. Aus dieser Zwischenzeit besitzen wir nur folgende Nachricht über die Herrschaft Lueg: Am 18. Dez. 1713 zu Landol verpflichtete sich Wolf Siegfried von Bernberg, der Herrschaft Lueg jährlich einen «Mernikh» (Halbmetzen) Weizen oder einen Gulden deutscher Währung zu reichen, wogegen er die Erlaubnis erhielt, in den herrschaftlichen Wäldern das nöthige Brennholz fällen zu dürfen. Hiemit steht im Zusammenhänge auch das später (20sten Sept. 1728) dem Carl Bernhard Rossetti (aus Triest?) und dessen Nachkommen an dem Hofe Schickhulle (Škulje bei Hrenovice) ertheilte Fällungsrecht in den herrschaftlichen Wäldern von Lueg. Aus diesen beiden Nachrichten geht wohl deutlich hervor, wie gross der Holzmangel in Innerkrain bereits zu Anfang des vorigen Jahrhundertes gewesen sein musste. 1716, 18. September, Wien: Johann Caspar Graf von Cobenzl, wirklicher geheimer Rath, Oberst-Erb-Falkenmeister im Herzogthum Krain und der Windischen Mark etc., meldet dem Kaiser Karl VI., dass er die ihm eigenthüm-liche Herrschaft Lueg vor einigen Jahren, als er nach Wien zu übersiedeln gedachte, verkauft habe. Nachdem er aber zum Landeshauptmann in Krain ernannt worden und er aus mehreren Gründen wünscht, sich daselbst begütert zu machen, so wollte er die Herrschaft Lueg zurückkaufen. Da aber in Krain das jus retractus vicinitatis besteht, wornach von den «Anrainern» (Nachbaren) öfters die wirklich geschlossenen Kaufverträge, ungeachtet der schon geschehenen Einantwortung des erkauften Landgutes, umgestossen werden, so scheint es ihm schwer, die Herrschaft Lueg wieder zu erlangen, und daher bittet er den Kaiser, ihm ein Privilegium gegen das «jus retractus oder Protomiseo (?)» zu geben. Dieses Privilegium hat der Kaiser ihm und seinen Erben beiderlei Geschlechtes auch ertheilt, so dass die Kobenzl beim Ankäufe irgend eines ihnen passenden Gutes in Krain von den «Anrainern» nicht gehindert werden durften. (Originalurkunde auf Pergament mit 2 Siegeln, Cass. III.) Am 22. März 1719 kaufte der Graf Johann Caspar Kobenzl mit kaiserlicher Erlaubnis die Herrschaft Lueg wieder zurück.1 Ueberdies hatte er im J. 1716 auch die 1 Den Original - Kaufcontract erhielt der Kobenzl’sche Erbe Grat Michael Coronini. Herrschaften Haasberg und Lohitsch käuflich an sich gebracht. Da aber die Grenzen zwischen diesen beiden und der Herrschaft Lueg nicht genau bestimmt waren, so declarierte der genannte Graf am 14. März 1733 zu Wien, «wie die etwas strittige Grenze von nun an und beständig gehalten werden solle». Im J. 1719 wurde er auch zum Erbland-Mundschenken ernannt. Als er 1740 erblindete, zog er sich nach Graz zurück und starb daselbst 1742. Sein älterer Sohn und Erbe Johann Carl Philipp Kobenzl wurde bevollmächtigter Minister in den Niederlanden und stiftete in Brüssel die Akademie der Wissenschaften. Montesquieu lobt ihn als einen grossen Gönner der Wissenschaften, als einen feinen Weltmann, der seine Zeit zwischen den Geschäften und Vergnügungen theilte. Am 23. April 1758 verschrieb er die Schuld von 2000 fl. auf die Herrschaft Lueg der Tochter seiner Frau, Maria Eleonora, verehelichten Marquise de la Woestine. Am 18. Juni 1779 cedierte er die Herrschaft Lueg seinem ältesten Sohne Ludwig Philipp und verschied zu Brüssel. Ludwig Kobenzl stieg zu den höchsten Ehren empor, wurde Gesandter in Kopenhagen und Berlin, zweimal Botschafter in St. Petersburg, dann Staats- und Conferenzminister, und als solcher Unterzeichnete er die Frieden von Campo-formio und Luneville. Als er 1805 seine Entlassung nahm, weilte er mit Vorliebe auf dem Schlosse Leitenburg, wo sein Bildnis noch jetzt hängt. Da seine Kinder vor ihm gestochen waren, ernannte er in seinem Testamente vom 14ten Jänner 1809 seinen Vetter Johann Philipp zu seinem Erben. Auch Philipp Kobenzl erreichte die höchsten Staatsämter und war ein persönlicher Freund des Kaisers Joseph IL, welchen er 1777 auf seiner Reise nach Frankreich begleitete. Als sich Papst Pius VI. im J. 1782 entschlossen hatte, Wien zu besuchen, schickte der Kaiser Philipp Kobenzl an die Reichsgrenze, um den Papst in seinem Namen zu begrüssen, denselben zu begleiten, für dessen Sicherheit, Unterkunft, 7* Verköstigung u. s. w. zu sorgen, aber auch, um den Papst und dessen Begleitung genau zu beobachten, sich über seine Absichten zu informieren und darüber an die Allerhöchste Kanzlei zu berichten.1 Minder glücklich war er in Belgien, wo er unter Rücknahme der Josefinischen Decrete die früheren Einrichtungen wieder herstellen musste. Im Jahre 1797 befand er sich unter den k. Bevollmächtigten, die nach Wien gesandt wurden, um mit Napoleon Unterhandlungen zu pflegen. Nach dem Frieden von Luneville wurde er als gewandter Diplomat nach Paris geschickt, wo er jedoch von Napoleon nicht besonders freundlich empfangen wurde. Er zog sich gleich seinem Vetter Ludwig 1805 ins Privatleben zurück und starb 1810 zu Wien als der letzte Sprosse seiner Familie. Kraft seines Testamentes vom 10. April 1810 hinterliess er seine sämmtlichen Güter dem Grafen Michael Coro-nini von Cronberg als Enkel der Gräfin Cassandra Kob enzl, welche mit dem Grafen Johann Carl Coroniüi vermählt war. Die Einantwortungsverordnung erfolgte jedoch erst am 14. October 1825, und unter nämlichem Datum ce-dierte Graf Michael (unter anderem) auch die Herrschaft L u e g seiner Frau Sophie, einer gebornen Gräfin Fagan (im J. 1812 mit Michael Coronini zu Wien verehlicht). Die Frau Sophie Coronini verkaufte am 8. September 1846 zu Triest den Gütercomplex der Herrschaften Haasberg, Stegberg, Lohitsch und L u e g sammt Gülten, Zehnten, Hoch-heiten, Gerechtigkeiten, An- und Zugehör, ferners die Gült Sta. Constantia, den Zehnt in Wipp ach und Pre-beneg (bei Ospo in Istrien) sammt Zugehör um 650.000 fl. C. M. (darin waren inbegriffen die Schulden mit 315.000 fl.), dem Fürsten Weriand von Windischgräz. Diesem folgte 1 Die Beschreibung der päpstlichen Reise von Joseph Dini befindet sich im Vaticanischen Archiv (Handschrift). im Besitze von Lueg seit 17. August 1875 Hugo Fürst von Windischgräz. (Krainische Landtafel: Herrschaft Lueg im Adelsberger Kreise.) Als Anhang mögen hier folgen die aus den Archivalien bekannt gewordenen Verwalter (Pfleger) von Lueg: 1583 Joseph Khrabatt (der Kroate!), Pfleger zu Lueg. Um 1600 — 1601 Georg Märkouitsch, Pfleger in Lueg. 1678, 3. Nov., bis 1680, 3. Nov., war Pfleger Caspar Nussdorfer (Orehovec ?). 1684 Johann Bapt. Skhube, legte die Rechnung von seiner Verwaltung vom 1. Aug. 1690 bis 31. Juli 1691. ? Michael Marinschek. ? Caspar Magaina.1 Vor 1747 Jakob Fischer. Vor 1770 Pellerini, Verwalter der Herrschaft Lueg. 1799 — 1800 Franz Wolta, Verwalter. 1815— 1833 war Lueg verpachtet an Herrn Dougann.1 2 1 Stammhaus in Gorenje, jetzt Jurca genannt. 2 Berichtigung. Der gütigen Mittheilung des Herrn Vladimir Levee verdanke ich die Berichtigung, dass Berunegk nicht «Bernik» ist (vergi. Mittheilungen d. M. V. f. K., VIII. Jahrg., 6), sondern es bedeutet «Pernegg» das Dorf Pirniče, wie aus den Urbarien der Herrschaft Flödnig aus den Jahren 1558, 1559 und 1626 ersichtlich ist. Peuschach, richtig Penschach, kann also nicht «Pirniče» bedeuten, sondern höchstwahrscheinlich das Dorf «Peče» in der Moräutscher Pfarre. Der Verfasser. Kleinere Mittheilungen. Die Lucienkapelle der Franciscanerkirche in Laibach. Von K. Omologar. In der ehemaligen Augustiner- und gegenwärtigen Franciscanerkirche in Laibach befindet sich in der Mitte der Epistelseite des Schiffes eine den Heiligen Lucia, Agatha und Apollonia geweihte Kapelle sammt einem schönen marmornen Altare. Unter der Kapelle ist eine Gruft der Familien Khunstl von Baumgarten und Florian-tschitsch von Grienfeld. Dieselbe wurde vom Laibacher Bürgermeister Gregor Khunstl im Jahre 1638 gegründet und mit einem dem hl. Gregor, der hl. Lucia und den heiligen Stephan, Laurentius und Karl Boromaeus geweihten Altare versehen. Die Gruft kam später an die freiherrliche Familie von Billichgraz; da dieselbe aber eine eigene Gruft in der Pfarrkirche zu Billichgraz errichtet hatte, überliessen Franz Freiherr von Billichgraz, Domherr in Laibach, und Marx Anton, Freiherr von Billichgraz die Gruft und die Kapelle, die ihr Oheim Gregor Khunstl von Baumgarten in der Augustinerklosterkirche zu Laibach gestiftet hat, dem Herrn Adam Floriantschitsch von Grienfeld, einer löblichen Landschaft in Krain geschworenen Schrannensolicitator und dessen Sohne Johann Stephan J. U. Dr., einer löblichen Landschaft in Krain geschworenen Schrannen-advocaten und Landes Secretarii Adjuncten am 1. Juli 1702, weil sie in derselben Kapelle einen neuen marmornen Altar auf eigene Unkosten hatten aufrichten lassen. In der Vergleichsurkunde zwischen dem erwähnten Floriantschitsch und dem Convente vom 8. Juli 1702 wird uns der Altar beschrieben. Derselbe war aus Marmor und hatte zwei Altarblätter; auf dem untern waren die drei Heiligen Lucia, Agatha und Apollonia, in dem obern die allerheiligste Dreifaltigkeit gemalt, ferner wurde im nachfolgenden Jahre ein marmornes Pflaster sammt Grabstein in der Kapelle gelegt. Wie bei den übrigen, so ist auch in dieser Kapelle der Fussboden um eine Stufe erhöht. Derselbe ist aus weissen. und schwarzen Marmorplatten verfertiget ; vor dem Altare liegt im Pflaster eine einfache Gruftplatte mit zwei Hebern. Die Freskomalereien sind aus der neuesten Zeit. Der Altaraufbau ist in der Hauptsache aus schwarzem Marmor. Vor der Mensa sind zwei Stufen. Die ziemlich geräumige Mensa ist, wie das Übrige, schwarz und mit geschmackvoll geschnittenen Platten von mehrfarbig geschecktem Marmor eingelegt. Auf den gleichfalls eingelegten Postamenten stehen auf jeder Seite des Hauptbildes zwei römische Säulen, deren Basen und Capitale aus weissem Marmor, die Schäfte dagegen bei den innern hellroth, bei den äussern schwarz sind. Die Gesimse über den Säulen ziehen sich in gerader Linie und sind über denselben verkropft. Das Gesimse wird von einem im Segmentbogen geschlossenen und von vier gegliederten Voluten gestützten Aufsatze bekrönt. Auf der Spitze ist eine weissmarmorne Kugel mit Kreuz. Zwischen den Säulen ist im untern Theile ein viereckiger metallener Rahmen, darin auf Leinwand die drei Heiligen, denen der Altar geweiht ist. In der Mitte stehend die hl. Lucia, halblinks blickend und in der Hand einen Teller (mit Augen) haltend ; rechts (heraldisch genommen) die hl. Agatha, welche auf einem Teller die abgeschnittenen Brüste hat; links nach vorne gewendet und aufrecht blickend die hl. Apollonia, alle prachtvolle Gestalten. Über den Heiligen schweben drei nackte Engel, sehr bewegt in den Wolken, Palmzweige und Lorbeerkranz den Jungfrauen reichend. Im Aufsatze ist in einem ovalen viermal gebrochenen metallenen Rahmen ein Ölbild, rechts die hl. Barbara, links die hl. Katharina darstellend. Über diesem Blatte ist aus Metall das Auge Gottes, umgeben von 8 Strahlen, von denen 4 länger, und einem mit Strahlen besetzten Kreuze ähnlich sind. Übrigens ist dieser Altar sehr geschmackvoll und muss zu den besten in dieser Kirche gezählt werden Leider wissen wir nicht, wer denselben verfertiget hat. Das Hauptbild passt zu der Beschreibung in der erwähnten Urkunde; im Aufsatze sehen wir jedoch anstatt des Bildes der. allerhl. .Dreifaltigkeit die Bildnisse der hl. Barbara und Katharina, welche jedenfalls erst später an ihre Stelle gelangt sein dürften. Die neben dem Altare an der Wand auf Consolen stehenden Statuen der hl. Cosma und Damian mussten erst später hinzugekommen sein, und passen eben nicht zum Altare, doch wäre ihre Entfernung nicht anzurathen. Auf der Mensa ist in einem viereckigen, vergoldeten Rahmen unter Glas ein Ölbild der Mariahilf, Maria und Jesus mit vergoldeten Kronen bekrönt Das Bild unter der Glasplatte umgeben verschiedene goldene und silberne Kleinodien, wie Herzen, Ketten, Medaillons u. s. w., die als Weihgeschenke gespendet wurden. * Urkunden betreffend die Lueienkapelle der Franciseaner-kirehe zu Laibach. Von A. Kaspret. I. Stiftsbrief vom IQ. August 1638. Ich Gregor Khunftl, derzeit burgermeifter in Laibach, bekhenne . . . . . für mich vnd meine erben, daß ich mit einwilligung des herrn Fr. Joannis Hotsheuer, Prioris et Vicary Generalis, Ordens s. Augustini, vnfer lieben frauen der selligsten . . . muetter vnd gotts-gebärerin, Mari« verkhündigung Clofters allhie vor der statt Laybach vnd der andern herrn Conuent brueder in derfelben khirchen, ein Capellen vnd altar, in tröftlicher gewiffer fürbitt sancti Gregorii, meines eligirten Patroni, s. Luciae Virginis, ss. Stephani et Laurenty, et s. Caroli Boromaei, noch hiebeuorn (neben anderer zu erbauung der khirchen gegebenner hilff) bauen vnd aufrichten laffen, mich auch dahin mit gedachten herrn Fr. Priore, vnd den ganzen Conuent verglichen, daß ich folliche mein frey aigenthiimbliche Capeln vnd aitar, vber angewendte spesa, vnd ziehrung, noch Aintaufendt gulden rheinisch, jeden zu 15. patzen oder 60 kr. gerechnet, fun-dirt, vnd auf ewig gebidmet solicher gestalt, dass auch dieselben in der Convent herren handen nach und nach par erlegt und in des Closters nutzen und fromben appliciert vnd angelegt werden. Herentgegen haben wolgedachte herrn Prior vnd Conuent brueder, vmb dife ihnen erwifene wolthatt vnd fundation wöchentlich ein mefß nach ihrer erwöllung vnd gelegenheit der tag, die erfte alß offt für die lebendigen, die andere aber für die abgeflorbenen, so lang Gott der herr, das Gottshauß nicht abkhomen läft, allezeit zuhalten, vmb mein vnd der meinigen seele seeligkheit fürbitt zuuerrichten, zuegefagt vund verfprochen, inmafsen mir desswegen ein gefertigte obligation angehändigt worden. Wie nun dise fundation aus eyffer vnd andacht in mein vnd meiner erben wolfahrt, des heiligen patriarchen vnd vatters s. Au-gustini Ordens, mehrerer fortpflantzung vnd des Convents vnter-haltung angesehen, also solle es bey disen erzelten pacto obligation vnd zuesag statt, vest vnd vnwiderrueflich bestehen vnd verbleiben, bey Verbindung des allgemeinen landtschadenpundts im herzogthumb Crain, als wenn derselbe mit allen seinen püncten vnd articln hierinen nochlengs einverleibt stuende, ganz erbar treulich vnd ohne geuärde. Vnd damit dise mein stifftung, wil vnd fürnemen bei crefften bleib vnd furgang habe, wil ich gedachter Gregor Khunstl die edl, vest, ehm vest, fursichtig, ersamb vnd weisen herren, vicebürger-meister, richter vnd rath dieser fürstlichen haubtstatt Laybach, als meine günstige vnd gebietende herrn zu aufsehern vnd handhabern solicher meiner stifftung vnd fundation mit gehorsamer vnd treuer bitte gesetzt vnd geordnet, auch disen stifftbrief allezeit in ihrer vnd gemainer statt bewahrung zubehalten vnd wider denselben in den wenigsten zuhandeln nicht zugestatten, hiemit gebeten haben, als sy dessen bey gott, dem allmächtigen auch geniiessen wellen. In wahrer vrkhundt vnd ewiger volziehung dessen hab ich disen fundation vnd stifftbrief mit meiner aigen handtschrifft vnterschrieben vnd mit mein anhänganden pedtschafft bevertigt. Geschechen zu Laybach, den 10. august anno 1638. P. S. Seithemaln diser stifftbrief bey lebszeiten des stiffters weillandt herrn Gregorien Khunstls zur fertigung nicht khomben, also haben wir, seine testamentarischen gerhaben vnd der bestellte curator ad lites vnser aigen handschrifft vnd pedtschafft hiefür gestelt. Actum Laybach, den 28. januarii anno 1641. L. S. L. S. L. S. Hanns Khunstl m. p. Ludwig Schönleben m. p. Johann Putschar m. p. Collationierte Abschrift im Pfarrarchive zu St. Veit bei Sittich. II. Revers des Augustinerconveiites vom 10. August 1638. Jesus Maria Augustinus. Ich Fr: Ioannes Hotscheuer, Prior vnd Vicarius Generalis ordinis s. Auguftini, vnfer lieben frauen Clofier alhie vor der statt Laybach, vnd daß ganze Conuent dafelbft, bekhenen für vnnß vnd alle vnfere nachkhomben öffentlich mit difen brieff gegen jedermenigelichen. Alß der edl vefft herr Gregor Khunftl derzeit bürgermaifler zu Laybach, für fich vnd alle feine erben, ein stifft in vnfer khirchen, daß ill die Capelin s. Luciae Virginis, s. Gregorii, ss. Stephani et Laurentii, et s. Caroli Boromaei, mit aignen vnkhoften von grundt auf erhöben vnd aufgericht, diefelbe mit einem schönen neüen Altar geziert, die ornamenta, vnd andere nothwendigkheiten darzue erkhaufft, vnd stätter inter wehrender erhaltung berüerter Capeln, vnd altar, Aintaufendt gulden rh. geftifft vnd gewidmet, vnß, vnd vnfere nachkhomben, deß Clofters darmit verforgt, vnd begabt hat. So geloben demnach, vnd hingegen verfprechen auch vnd zuefagen wir anfangs genandte Prior vnd Conuentbrüeder für vnß vnd vnfere nachkhomben bey vnferer seele selligkheit zu ewigen zeitten, allen vnd yeden, waß in gedachtes herrn Khunflls, stifft- vnd fundationbrieff inferirt vnd begriffen worden, (wellichen die edl vefft, ehrnuefft, fürüchtig, ehrfamb vnd weife herrn: vice-bürgermaifter richter vnd rath difer fürfllichen haubtflatt Laybach, alß vnfere gnädige herrn, alß auffeher vnd handthaber, in ihrer vnd gemainer statt Verwahrung behalten) wie auch zu vnfer vnd (vnserer) nachkhomben mehrer nachrichtung willen ein glaubwürdig collationirte abfchrifft dauon beyhanden, allerdings nachzukhomben, darwider auch in kheinerley weiß noch weege, nichts flirzukhern noch zuhandlen, wie wir dann foliches am jüngften tag, vor dem richterftuel Iefu Chrifti verandtwortten wollen. Vnd über difes alles fo verobligiern vnd verbinden wir vnß vnd alle vnfere nachkhomben, für vnd für, vnd fo lang diß vnfer Clofter vnd khirchen alhie, vor der statt Laybach stehen wierdet. Wann der allmehtige Gott vber khurz oder lang, durch feinen göttlichen willen (deme wir alle vnterworffen) mehr bemelten herrn Khunftl von difer weit, zu fich in die ewige freüdt vnd selligkheit abfordern würde, daß an denfelben tag, zu ewig zeit, bey fein herrn Khunflls altar, ein gefungenes ambt, vnd zwo gelefene meß gehalten werden follen. Alles erbar, treülich vnd ohne geuärde, auch bey Verbindung des allgemainen landtleüffigen fchadenpunts in herzogthumb Crain, alß wann derfelb hierin nachlengs außgefhüert fluende. Deffen zu wahren vrkhundt, vnd becrefftigung der fachen habe ich difen recognition vnd obligation brieff mit meiner vnd der andern brüeder, aigen handtfchrifften bekrefftigt vnd deß Conuents infigl hierundter anhangundt fürdrukhen laffen. Befchehen zu Laybach den 10. Au-gufli. 1638 L. S. Fr: Ioannes Hotsheuer Auguflinus Prior. Fr: Francifcius Weflai, Vicarius. Fr: Ioannes Vittus Golloschitsch. Fr: Gabriel Pokhorn, Fr: Guilielmus Engelitsh, Fr: Iordanus Textor. Collationirte Abschrift im Pfarrarchive zu St. Veit bei Sittich. III. Übergabsbrief vom 1 Juli 1702. Franz und Max Anthonius, Freiherren von Billichgraz, überlassen als Khuns tische Erben die Gruft in der Lucienka pelle dem Adam und Johann Stephan Florijantschitsch von Grienfeld. Wür endts vndterfchribene bekhönnen hiemit für vnß vnd vnfere nachkhombende vnd erben, dass, nach deme wür auf erlangtes placet, von den hochlöbl. Domb-Capitl des kayserlichen Dombftüft zu Laybach, vor vnß vnd der vnfrigen ruehepet leinige grüfft in der Pfarr-Khürchen vnfer Lieben Frauen zu Pillichgracz aufricht pen vndauen laffen khönnen, dass alfo derjenigen grufft, fo weillandt herr Gregor Khunftl von Paumbgartten seelig gewefter burgermaifter der fürftlichen haubtftatt Laybach, als vnfer gewefter Ohn, vor jahrn zu Laybach in der herrn P. P. Auguftiner Khürchen bey st. Luciae Altar pauen laffen, wür vnß zu gebrauchen nicht vonethen haben, daentgeg aber vnß der woll edl geftrenge herr Adam Floriantfchitfch von Grienfelt einer löblichen Landschaft in Crain gefchworner schranen solicitator vnd deffen herr sohn auch der woll edl geftrenge herr Johan Stephan Floriantfchitfch von Grienfelt J. U. Doctor, einer löblichen Landschaft in Crain, gefchworner Schrannen Advocat vnd Landts Secretarii Adiunct, erfuecht vnd gebetten foliche grufft gegen den annerbietten, dass fie aldorth einen neuen stainen altar aufpauen vnd ins khünfftig auf derofelben eigne vnkhoften befagte grulft stüfft vnd peylichen erhalten laffen wollen, ihnen herrn vnd denen ihrigen zu vergön(en) vnd zu überlaffen, alß haben wür bey gehörter befchaffenheit in ihr herrn begehrn gewilligt, dergeftalten zwar, dass die geftüfften h. meffen vnd gottesdienft, fo die herrn P. P. Auguftiner in crafft deß mit vnfern herrn Ohn feeligen aufgerichten stüfftbrüeffs vndter datto 19. May 1630 zuuerichten vnd prettiern fchuldig für vnd für in ewigkheit, fo lang das Clo Her vnd ihr Khürchen flehen werde, follen vericht werden. Diffen nach dame caediern vnd übergeben wür obbefagtermaffen obberierth vunß zueftändig gewefte grufft Capelli vnd Altar s. Luci» Agath» vnd Appoloniae gedachten herrn Floriantfchitfch vnd aller ihren erben, alfo dafs fye fich von nun an nach außweifung deß zwifchen ihnen herrn vnd mit denen herrn P. P. Auguftiner abfonderlich aufrichtenden vergleichscontract, ohne vnfer vnd mönigliche hindernuß oder eintrag nach belieben mögen betragen, vnd gebrauchen, mit vnd bey verpündung deß allgemeinen landtfchadenpunts in Crain. Zu vrkhundt deffen ift vnser hierundter geftelte fertigung. Datum Pillichgracz, den 1. july 1702. L. S. Franz Frh. v. Billichgraz Dumbherr m. p. L. S. Majx Anth. Frh. v. Billichgraz m. p. Originalurkunde auf Papier im Pfarrarchive zu St. Veit bei Sittich. Aufgedrückte Siegel auf rothem Wachs. Im Felde ein Bogen mit Pfeil, beim zweiten über dem Wappen die Buchstaben: MAFVP. IV. IV. Contract vom 8. Juli 1702 zwischen dem Augustiner-Convent und dem Adam und Johann Stephan Florijan-tschitsch von Grienfeld betreffend die Kapelle, Gruft und den Altar. An heut zu endt geßeczten dato ift zwifchen denen hoch-vnd wollehrwierdigen geiftlichen herren, herrn Pater Magister Fulgentio K e r t h, sacrae theologiae doctoren Prouincialen, herrn Pater Jnocentio Rechbek Prioren, vnd den gefambten lobi. Conuent ordinis sacri Augustini Eremitorum vor dem Spitallthor alda zu Laybach, an ainem, dan denen woll edl geftrengen, refpectiue hoch- vnd wollgelehrlen herrn Adamben Floriantfchitfch von Grienfelt gefchwornen Schranen- vnd Gerichtsprocuratorn, auch deffen lohn herrn Dr. Johan Stephan einer löblichen Landtfchafft in Crain gefchwornen Schranenaduocaten vnd aber Landtsfecretarii Adiuncten anderntheills, nahuolgend contract auffgericht, vnd ge-fchlofßen worden : Erftlichen vnd nachdeme, die Gregor Khunftlifchen herrn erbens erben, die wollgebornen herren, herrn Marx Anthoni Frey-herr von Billichgräz, herr auf Paumbkhierhersthurn vnd Hilzenegg, einer löblichen Landtfchaft in Crain dem Landts- vnd HofFrechten Beyfizer, wie auch dessen herr brueder, herr Franz Gottfridt, Thumbherr in dem alhiefigen khayserlichen Thumbflüfft, die durch ihren herrn Öhn, befagten herrn Gregorn Khunftl von Paumb-gartten auferpaute grufft, Capellen, vnd Altar h. Luciae Agatas vnd Apoloniae, vorgedahten herrn Doctoren Johan Stephan Florian-tfchitfch von Grienfelt, als ihr der herrn von Billihgräcz geliebten Schwager dergeftalten cediret, vnd yberlassn, daß er herr doctor Floriantfchitfch für lieh, vnd feine erben, auch gefambte auff vnd ab in infinitum stamende familia fich follher Capellen, altar, vnd grufft prasvoliern möge, inmafßen fich fye herrn von Billichgräz für fich, vnd ihre familiam in fo weith genzlihen begeben vnd nur alleinig die, durch vorgedahten dero herrn Öhn feeligen verftüffte h. meefsen vnd gottes dienfter referuiret, alß hat es dabey allerdings das bewenden. Pro Secundo : weillen fye beede contrahierende herrn Floriantfchitfch dem marbelfteinenen altar auff ihr felbft aigne vnkhoflen bereiths haben auffrichten laffen, auch die darein gehörige zwei pilder oder altarblat in dern das vntere die obenbemelten drey heilligen Lucia, Agata vnd Appollonia, in das obrige aber die anzeigung der allerheilligften dreyfaltigkheit einkhommet, zierlih zu mahlen, vnd in ihren altar einzufezn veranflaltet haben, auch khünfitiges jahr den poden follher Capellen mit marmelftain pflaftern vnd ihren grabftain darein werden mähen laffen, alß wollen. Für daß dritte. Vor wollgedahten herrn Pater Prouincialis, herrn Pater Prior, vnd das gefambte lobi. Conuent nicht müd in dessen alß auch in erwögung obangedeither cedier vnd vberlafßung ihnen herrn Floriantfchitfch, fein Doctoris Floriantfchitfch ehege-mahlin Annae Genueuaa einer gebornen Khunfüin von Paumbgartten, vnd allen ihren eheleiblihen khind vnd defeendenten Floriantfchitfchen namens man vnd weiblichen gesfchlechts auch alfo der ganzen ge-melden herrn Floriantfchitfsch abftamenden farnih für vnd für gratis, in vbrigen aber ohne ihr dern Floriantfchitfch, oder des elteften dißes namens vorwiffen vnd confens niemandten verflatten. Vierttens. Bleibt es gleichwollen refpectu des herrn Johann Baptista Khunftl von Paumbgarttn, wie auh refpectu der Pauli Khunftlifchen hinterlafßenen frauen wittib, jeziger Maria Anna von Salz wittib vnd dero Pauli Khunftlifchen tochter, Maria Margaretha Pichlerin nohmallen dabey, dass wan fye in der aniezo Florian-tfchifchen grufft ihr rhue peti haben wolten, felbe in crafft dern habenden iuris nicht versagt werden folle. Schliefßlichen wan man fein herrn doctoris Floriantfchitfch oder feiner defcendenten verheyrathen töchter vnd dern defcendenten, weihe den Floriantfchitfchen Namen nicht mehr fuhren, in diße grufft beylegen wolte, folle folhes denenfelben, doh mit vorwiffen des elteften Floriantfchitfchen namens nicht abgefchlagen, sondern fein doctoris Floriantfchitfch töhter primae generationis wan fye gleih den namen durh heyrath verändert heten, zwar noch gratis, dern ferrern defcendenten andern namens aber gegen einer recognition, dass ift von einen leib zwen ducaten in fpecie zue-gelafßen werden, alles threulih vnd ohne gefährde, auch mit vnd bey verpindung des allgemainen landtfchadenpunts in Crain, zu vrkhund dessen fein dits contracts zwey gleich lauthende exemplaria auffgericht, vnd jeden theil eines vnter des andern fertigung zue-geftelt worden. Datum Laybach 8. Jully 1702. L. S. Mgr. Fr. Fulgentius Kerth Provincialis Auftriae m. p. Fr. Innocentius Rechbek Prior m. p. Fr. Adordatus Bedrasch, Concionator m p. Fr. Thomas Pullini Superior m. p. Fr. Nicolaus Heger m. p. Fr. Guilielmus Pofsel in. p. Originalurkunde im Pfarrarchive zu St. Veit bei Sittich. Aufgedrücktes Siegel des Conventes, ovale Form, im Felde Maria Verkündigung, um diese die Inschrift: « sig : min: con: lab: ord : s: avg: ad: b: v: annvnciatam.» * Carniolana aus dem Graf Coronini-Cronbergisehen Archive. 1.) 1547, 22. Juli, hat Johann Abt zu Sittich und der Convent dortselbst vom Caspar Mauritsch, Pfleger zu der Alben (Planina), 700 fl. rheinisch zur Leihe genommen, um damit die Türkensteuer bezahlen zu können. Dafür hat das Stift ihm und seinen Erben nachfolgende Stücke, Leute, Gilten und Güter pfandweise versetzt : Die drei Dörfer Stermez, Strainach und Khalltenveldt am Cars st (!), so in der Herrschaft und Gericht Adelsberg gelegen, mit Vogtei, doch nur auf Widerruf, wie hernach begriffen : Erstlichen im Dorfe Stermez 7 Huben (folgen die Namen der Zinsbauern und ihre Leistungen) ; im Dorfe Streinach 10 Huben (u. s. w.) und im Dorfe Kaltenfeld 12 Huben (u. s. w.). Überdies war das Dorf Streinach jährlich schuldig, auf eigene Unkosten Malvasier-Wein von Triest nach Oberlaibach zu führen, wofür sie nur eine Mark Schillinge «Aushilfe» bekamen. Dafür aber waren sie befreit von der Zufuhr von Salz, Wein, Öl, Spezerei und von jeder anderen Robot. Wollten aber die von Streinach und Kaltenfeld keinen Malvasier zuführen, so waren sie jede Robot zu leisten schuldig. Überdies mussten die Unterthanen von Kaltenfeld noch Salz, Wein oder Öl gegen Gaberk «halb hinein und halb heraus» führen. (Cassette V.) 2.) 1563, 23. Sept. Wien. K. Ferdinand belehnt den Sebastian von Windischgräz, Frhr. zu Waldstain und im Tall, und seine Söhne Seifried und Niclass (dessen verstorbene Frau Katharina war die Tochter des verst. Niclas Räuber, und ihre Schwester hiess Marie) mit Stücken, Gütern und Zugehörungen, welche nach dem Absterben des Dietrich Räuber, seines Vetters, respective Bruders und Schwagers, erblich auf die genannte Marie und Windischgräz' Söhne gekommen waren. Er zeigte einen Lehenbrief ddto. Wien, 28. März 1561, vor, worin ihm diese Lehen als nächstem Anverwandten des Wolf Dietrich Räuber übergeben wurden. Auch hatte er einen diesbezüglichen Vertrag mit Maria Räuber abgeschlossen und sich der ganzen Rauberschen Erbschaft versichert, ddto. Graz, 9. März 1561. Infolge dessen verlieh K. Ferdinand dem Seb. Windischgräz das Schloss zu der Alben sammt der Fischerei, den Wiesen, Äckern, Gärten und allen Zugehörungen, drei Mühlen und eine Säge am Wasser zu der Alben, die früher der Pisegkh (Pišek) von Kaltenfeldt innegehabt, dann 2 Huben, die der Xoterlisch innegehabt; dann eine Hube, die des Schwaben Sohn (Nemčev sin) innegehabt ; dann den ganzen Zehnt auf allerlei Zehntrechte, welche früher der verstorbene Guttenberg einnahm; dann einen Garten daselbst zu Kaltenfeld und Stermiz, welchen sie von weiland Georg Burger kaufweise an sich gebracht haben ; dann drei Hofstätten im Markt zu Alben, welches alles des verstorbenen Neuhauss Tochter, namens Margareth, von ihrer «Notturfft» wegen (d. i. «notgedrungen») dem verstorbenen Niclas Räuber verkauft und ihm für einige «Prüch» (?) übergeben, was früher Graf Leonhard von Görz mit einem offenen Pergamentbrief, mit 2 anhängenden Siegeln, «vormals aufgesandt hat» ; schliesslich 4 Huben zu Mertenspach, die nach dem Tode Hasybers an sie gekommen waren. (Perg. Urk., die Siegel abgerissen, Cass. VII.) (Fortsetzung folgt.) Prähistorisehe Grabungen in Krain. Am 15. October 1. J. begann B. Pečnik bei Brezje (Hönigstein) den Tumulus VII abzugraben. Er misst bei 12 m im Durchmesser und ist auf der nördlichen, steileren Seite gegen 10 m hoch. In der Tiefe von 3'5 m fand man bei einem männlichen Skelette (Kopf gegen Osten) einen 2 cm dicken hohlen Halsring von 20 cm Durchmesser und innerhalb desselben bei 30 ungewöhnlich dicke emaillierte Porzellanperlen, was noch bei keiner Leiche angetroffen wurde. In der Tiefe von 4 m lag ein ca. 8 Jahre altes Mädchen mit 2 kleinen Armringen und 4 Fibeln, woran sehr schöne, lange Anhängsel über die Brust herunterhiengen. Am 29. October fand Pečnik wieder einen schönen hohlen Halsring, mehrere Ohrringe und eine ganz neue Art weiblichen Schmuckes in Form von drei Kreuzen mit Anhängseln daran; am 6. November einen schönen, ganz gut erhaltenen Helm, 2 bronzene Kessel und mehrere andere Alterthümer, darunter zwei hölzerne Schmucksachen. Das Holz hat sich merkwürdigerweise ganz gut erhalten. Die Grabungen werden fortgesetzt und versprechen noch eine reiche Ausbeute. — Auch oberhalb Male Brusnice, an der Reichsstrasse östlich von Rudolfswert bei km 78, grub B. Pečnik im vergangenen Monate mit Erfolg. Dortselbst gibt es auf dem waldigen Höhenrücken bei 25 Tumuli und in jenem auf der Höhen-cote 283 kamen auch Gefasse mit Bleistrichen vor. S. r. Literatur bericht. Christliche Ikonographie. Ein Handbuch zum Verständnis der christlichen Kunst von Heinrich Detzel mit 220 Abbildungen, Freiburg im Breisgau, Herder’sche Verlagshandlung, 1894, gr. 8°., 583 S., Mit diesem das allgemeinste Interesse der Priester-, Künstler- und Laienwelt in Anspruch nehmenden Werke, das die bildlichen Darstellungen Gottes, Maria’s, der guten und bösen Geister und der göttlichen Geheimnisse aufführt und erklärt, kommt der gelehrte Verfasser dem praktischen Bedürfnisse in eminenter Weise entgegen, und es weicht die Anlage dieses seines, nach jeder Richtung vollendeten Buches von anderen derartigen Erscheinungen in erfreulichster Weise ab, indem hier das Eintheilungsprincip nicht von den verschiedenen Schulen und Meistern hergenommen wurde, sondern von den Thematen und Objecten, welche in der christlichen Kunst von Anbeginn bis heute ihre Behandlung erfuhren, «die Thatsachen und die heiligen Geheimnisse — sagt der Autor in seinem geistvoll gehaltenen Vorworte —, welche die christlich bildende Kunst darstellt, nicht die verschiedenen Kunstschulen und deren Meister sollen in ihrer Darstellungsart aufgeführt und erklärt werden». Die Abbildungen dieses Werkes, das in keiner Bibliothek, in keinem Atelier, in keinem christlichen Hause fehlen sollte, sind wahre Meisterwerke der reproducierenden Kunst. Herausg. u. verlegt vom Musealverein f. Krain. —Druck von Kleinmayr & Bamberg in Laibach.