^^^^«F^ Das Wissen der Gegenwart Zentsche Universal-MibNothek für Oebildels- Einzeldarstellungen aus dem Gefamtgebiete der Wissenschaft, in anziehender gemeinverständlicher Form, von hervorragenden Fachgelehrten Deutschlands, Österreich-Ungarns und der Schweiz. Jeder Band bildet ein für sich abgeschlossenes Ganze. — Die Bände erscheinen In kurzen Zwischenräumen.— Elegante Ausstattung— Schönes Papier u. grosser Druck.— Reich illustriert —Druck u. Format aller Bände gleichmässig. - Jeder Band füllt ca 15 Bogen.—Solider Leinwand-Einband. Jeder Sand ist einzeln käuflich und kostet gebunden nur 1 Mark °- 60 Kr. - 1 Fr. 35 Ets. Das von uns eingeleitete Sammelwerk: „Das Wissen der Gegenwart" durch dessen planmäßige Dm'chführuna die Aufgabe qelüst werden soll, dem Gebildeten auf jedem' einzelnen Gebiete wie auf dein Gesamtgebiete der Wissenschaft vom Standpunkte der heutigen Forschung aus befriedigende Aufklärung, Belehrung und Anregung zu bieten, wiro hiermit der allgemeinen Teilnahme empfohlen. Für unsere Sammlung ist vorläufig ein Umfang von zwei bis dreihundert Vänden in Aussicht genommen, von denen jeder einzelne ein Ganzes für sich, zugleich aber einen Baustein zu einem Gesamtgcbäude bilden soll. Bei oem Plane des Unternehmens haben wir jene Zweiteilung, welche als herrschende unverkennbar durch die moderne Wissenschaft hindurchgeht, zum obersten EintcilungZgrnnde gemacht. Die UatutniUenschaften und die historischen Wissenschaften, die gleichsam wie glücklich gelegene Inseln immer mehr fruchtbares Land ansetzen und felbst widerstrebende Disciplinen an sich heranziehen, werden, wie sie im Leben der modernen Wissenschaft felbst die Herrfchaft angetreten haben, auch in unserem Werke, welches dieses Leben klar abspiegeln will, die beiden groyen Hauptgruppen der systematischen Einteilung biiden. Die rein abstrakten Wissenschaften, welche eine dritte Grnppe bilden könnten, werden wir keineswegs aus unserem Werke ausscheiden, aber nicht sowohl vom dog. maüschen als oom historischen Standpunkte aus beleuchten. Und dies aüs dem Doppelgrunde, weil in einem Teil dieser Wissenschaften, wie z. B. in der Mathematik, ein anderes Wissen als ein durchaus vollständiges Fachwissen nicht denkbar ist, während in einem andern Teile, wie in der Metaphysik, positive Wahrheit nur insoweit, als es auf innere Geschichte ankommt, zu bieten ist. Wi? bemerken nur noch, daß wir die Länder» und Völkerkunde, die als selbständige Wissenschaft immer bedeutsamer hervortritt und die naturwissenschaftlichen und historischen Elemente in sich schließt, in unserem Plane deshalb der großen Gruppe der historischen Wissenschaften angereiht haben, weil der Hauptgesichtspunkt, von dem die Methode dieser Wissenschaften ausgeht, nämlich die territoriale Abgrenzung, ein historischer ist. Inhalt der erschienenen Sande: Bd l Oiudeln, A., Gesch. d. NOMir. Krieges in drei Abteilqn. I, 1«18—I62l: Der bühm, Ausst u s. Äestrafung. 28» S. Mit 3 Poppeluollbild., 1 Vollbild u. 4 Portr. inHulzst. Bd 2. Mein Nr. Hcrm. I,. Allgemeine Witterungslnnde. 2U, Geschichte des ZUjälnigen Krieges in drei Abteilungen. II. 1622 bis 1632: Der niedersächsische, dänische und schwedische Krieg bis zum Tode Gustav Adolfs, 2N2 Seiten, Mit 1!) Doppeldollbildern und 4 Porträts in Holzstich, Vd 4. Taschenbery, Prof. I)r. V„ Die Inletten nach lhiem Nutzen und Schaben. :m> Seiten. Mit ?N Abbildungen. Vd. ». Gindell,, A., Geschichte des l!0jäl,rigen Krieges in drei Abteilungen. III. 1833 bis 16^8: Der schwedische und der schwedisch-französische Hricg bis zum westfäli, schen Frieden. ^0 Seiten. Mit !» Doppelnullbiw. i>, Z Porträts in Holzstich. Bd, 6. Iunll, Nr. Karl Emil, Der Weltteil Australien. I. Abtlg.: Der Australtontincnt und seine Newuhner. 280 Seiten. Mit 14 Vollbildern. 24 in den Text gedrnck> ten Abbildungen und 2 Karten in Holzstich. Bd ?. Taschenberg, I»>. Otto, Die Verwandlungen der Tiere. 2?^ Teilen, «it 8» Abbildungen, «b. «. Iunn. Nr. Karl Emil, Der Weltteil Australien. II, Abtlg,: I. Hie Kolonien des AnstraNominents n. Tasmanien. II. Melanesien (I. Teil). 212 Seiten. Mit in Vollbildern. 2» in den Text gedruckten Abbildungen und « Karten in Helzstich. Bd 0 Klaar, Alfred, Geschichte des modernen Dramas m Umrissen. »2« Seiten. Mit » Porträts in Holzstiel,. Vd, 10. Vecker, Nr. Karl Emil, Die Sonne und die Planeten, 3U3S. Mit «8 Abbildungen. Vd, 1l. Inuy, Nr. E» Der Weltteil Australien. III. Abtlg,: I. Melanesien (II. T). II, Poll>!,csien !I. T.). 304 S. M. 2? Vollbildern u. »1 in d. Text gedruckt. Abdüdgn. Bd, !.', Gerlmld, vr. E., Licht und Wärme. 32!» Seiten, Mit 4 Porträts nnd I2S Figuren in Holzstich. Bd. I!, Jung. vr. Karl Emil, Der Weltteil Australien. IV. Abtlg.! I. Polynesien (II. Teil). II. Neuseeland. III. Milronesien. 2?« Seiten. Mit 18 Vollbildern und 35 in den Text gedruckten Abbildungen, Vb. 1l, Hartmann. Prof. Nr. N., I. AbMnien und die übrigen Geb. b. Ostlilste Afr>l«s. ^!ü S. M. 18 Vollbildern n. «3 i. b. Text geornctt. Nbblldgn. ^'d. l5, Iu»g, I»l., Leben und Sitten der Römer m der Kaiserzcit I. 2»« Seilen. Mit n Vollbildern und ?l, in den Text gedruckten Abbildungen, ' d »;, Petcrs, Prof. Nr. C. ff. W>. Die ssirsterne. 1?« Seiten. Mit «3 Abbildungen. Vd, 17, Jung, Int., Leben nnd Sitten der Mmer in der Kaiscrzeit II. 28ü Seiten. Mit 10 Vollbildern und «2 in den Text gedruckten Abbildungen. Vd, 18. Schulh, Prof. l»r. A., Kunstgeschichte I. 2«i Seiten. Mit »» Vollbildern nnd N0 i» den Text gedruckten Abbildungen, Äd. '», Willkomm, N,-. Moritz. Vie pyrenäische Halbinsel I. 2UU Seiten. Mit 2« Vollbildern und »4 m den Text gedruckten Abbildungen. Bd, 20, Lehman«, Paul, Nie Erde und der Mond. 280 Seiten. Mit 6 Vollbildern und 59 in den Text gebruckten Abbildungen. Bd. 2l, Nchnltz, Prof. I»»-. A, Knnst und Kimstneschichte II. 2«2 Seiten. Mit 41 Vollbildern und 42 in den Text gedruckten Ubbildnngeu, Vd. 22. Ochscuius, E,. Cl,!le. Vand und llcute. 268 Seiten. L8 Vollbildern, 50 in den Text gedrm'tleu Al'lnlkungen nnd 2 Karten ln Holzliich. Bd, 23, Meycr von Waldeck, Nusiland. Cinnchtungeu. Süten und Gebräuche. 282 Seiten. Mit 2? Vollbildern und 51 in den Text gedruckten Abbildungen, Vd, .'4, Harlnmnn, Prof. Nr. M., Vie Nilländer. 22! Seiten. Mit 10 Vollbildern mid 65 in den Text gedrückten Abbildimqc». Bd. 25, Wirth, Max, Va3 Geld. 224 Seücn. Mit 103 in den Text gedr, Abbildung?«. Vd, 2«. Hupp, E.O,, Gesch. d. Verein.Staaten u. Nord-Amenla. I, 2ü2 S.Mitäoin de,, Texi gedr. Abbild, u. Karten. Br. 27. Valentine,-, Kometen und Meteore. 250 Seiten. Mit 62 <„ den Text gebr, Abbildungen, Vd, 28. WafMUtli, Pfof. «l., Nie Welirizität und ihre Anwendung. 1«« Seiten. Mit 112 m dcil Tezt gedr.ickten Abbildungen. Vd. ^». Fallenstei«, »r. I,, Afrikas Westlüste. 252 Seiten. Mit « in den Text gedr. Abbild. Bd, 30. Geschichte deö zinnstnewerbes. I. Vlumuer, Prof, vr. H., Das Kunstgewcrbe im Altertum. 276 >s>nten. Mit 1^3 in den Text gedr. Abbildungen. Äd. 31. Willkomm, I»'. M,, Die vn«n,iische Halbinsel. II. 252 Seiten. Mit 11 Vollbild. nnd 27 in den Text gedr. Abbildungen. Vd. 32. Geschichte deß Knnstyiwrilicö, II. Bliimner, Prof. Nr. h,, Das Kunstgcwerbc i»> Altertum 242 leiten. Mit 143 in den Texl gedruckten Abbildungen. Bd, »3. Geschichlc des Kuustgewerlies. 111. Schor», l»r. Otto von, Die TeMlunst. 2ü8 Seiten, Mit 1^2 in den Text gelruckteu Abbildungen, Inhalt der erschienenen Dände: Bd. ü, Fritsch, Kr. Gustav, Siibafrila bis zinn Zambesi, I. 244 S. Mit 50 in den Text gedr. Abb. u. 1 Kart?. Bd. 35, Lippert, I»l., ANstcnieine ,ss»llu,geschichte, I. 25li Seiten. Wit 5? ,„ den Text gedrncklr« Abbildungen. Vd. 38 „. 37. Telli», A, W., Das .ssaisrreich Brasilia, 2 Abteilnnqcn. 491» Eeiten. Mit 23 Vollbildern, «6 in den Text gedvucklcn Abbildungen und 3 Karle», Nd. 3». Hnnstn, Nr. Ndolf, Die Ernährung dcr Pflanzen, 272 Snlen. Mit ?4 m den Text gedruckten Abbilbnugeu. Nd ^l', HoPP^ lk. O., Geschichte dcr Vereinigten Staate». II. 2-N Scüen. Mi! !^ >!, dcn Text gedruckten Abbildungen. «d. 10, Geschichte dcr Malerei in Einzeldarstellungen. I.: Wnrzbnch, Nr. A. V,, Geschichte dei holländischen Maleiei. 2.^8 Seilen. Mlt 71 in den Text gedruckten Abbildungen, «b. 41. Taschtnbcrg, 1,^. Otto, Bilder au3 dem Nerlcben. 23« Seiten. Mit 8« in den Text grdrnclten Abbildungen. Vd, l2, Vrosien, Nr. Her»,.. Karl der Große. 192 Seiten. Mit 23 in den Text a,e- drncstcn Abbildungen. Nd, «. Willtomm, I»,'. M., Die purenciilchc Halbinsel. III. 268 Seiten. Mit 45 in den Text gedrncklen Adbildnngen. ttd. ü n. 45. Graber, Prof. Nr. V.. Die äußeren mechanischen Weitzeuae der Tiere. In 2 Abteilungen. 4, Geschichte der Vereinigten Staaten von Nordanievika, III. (Hchiusl). 2'« Seiten. Mit 4« in den Text gedruckten Nbbiltunsscn. Vd. 47. LiPPrrt, I«l., Allgemeine Knltnia^schichte. II. 212 Seiten. Mit 5 in dn> Text gedrnclten UblMdimgen. »°, 4». Lippert, Iul., Allgemeine Kultmgeschichto. Ill, 212 Seilen. Mit inelireven >u t>cn Text gedruckten Abbildungen, ^id, 49, Meyer von Waldeck, Rußland. Einrichtungen, Sitten und Gebräuche. II, 2W Seite», Mit 18 Vollbildern und 31 in den Text gedruckten Abbildungen. Bd, .',2, Kriinimrl, Prof, Nr. Otto, Der Ocean. Eine Ntnsührunq in die allgemeine Meevcsluude. 2,'» Seilen. Mit 1? in den Text getruckien Abbildungen, «d. 53. Egll, Praf. Nr. I. I., D!e Schweiz. 213 Seiten. Mit 48 in du ?^r,t gedruckien Abbildungen, Äd. !>4. Vehnsshel, Prof. >»!'. Otto, Die dentfche Sprache. 200 Seiten. Äd. 55 n. 56. Schaslcr, Nr. Max., Ästhet!!. Grundzüge der Wissenschaft des Schönen »nb der Kunst. In 2 Tcilen. 522 Leiten. Bd. '>'. Harima»», Prof. Nr. N., Madagaskar und die Inseln Lcnchelte«, Aldabra, Komoren nnb Maetarcnen. N!0 Seiten. Mit 51 in txu T>xt gedrnclten Ab bildnngcn. Vd. 5^, LVwenberg, Fr.. Die Cntdecknn»«- u»d Forschungsreisen in den beiden Pola,. zonen, üU0 seilen. Ml» s in den Text gedrucklen Abbildnngen. B0. '>!1, Lettefscn, «r. Emil, Nie bildet die Pflanz Wnr,-,?!, Blatt nnd Blüte. 2l!« S. Mit 95 in den Text gedruckten Abbildnngen. Vd. <<). Vlümner, Prof. Nr. H., Leben und Sitten der Griechen. I. Abteilung, ^«n 2, Wit i»2 in den Text gedruckten Abbildungen. Pd. lll. Vrusien, l»r. Hcrm., Preußische Geschichte. I. Vand. 2s,l Leiten. Mit 5(!>>n den Text gedruckten Abbildungen. Vd. «2. Vlümner, Prof. Nr. H., keben und Sitten der Grieche,!. II. Abteil»».,, lü^i Z. Mit .°>« in den Text gedruckten Abbildungen. Nd, 6^. Vlumner, Prof. Nr. H>, Leben und Eiüen d« Griechen. III. Abteilung, 1»« S, Mit 58 in den Text gedruckten Abbilrungen, Vd, «!!, Lchihatchef, P. de, Klein Asien. 200 Seiten. Mit vielen in den Text gedruckt.n Abbildungen. Das Wijfen der Gegenwart I.XIV. Sand. Klein - Zsien von P. de Tchihatchef, Ehrennntlilied der Ntademieen der Wissenschaften von Et. Petersburg, Verlin und Mimchen, lorresponb. ^1litsozoiüciic Farjn (Jurct., Kreide cct.) 4?'Vcrukcimiia . fJi'ocdjipliocän,/'liU>c—8 Dardanellen.................. 9—10 Merkwürdige Küstenglirdenmg Kleiu-Asieus....... II Richtung und Tiefe der Flüsse........... 12—14 Seen '.................... 15—2 l Heiße, Quellen................. 22—28 III. Topographische Verhältnisse......... 29f. Die von den Gebirgen eingenommene Oberfläche..... 29 Mittlere Höhe der 'Gebirge............. 30 Auffallende Züge der plastischen Physiognomie...... 3l Klein-Asien uerglichen in dieser Hinsicht mit anderen Ländern. 32—34 IV. Klimatische Verhältnisse........... 36 f. Klima der kontinentalen Zone............ 3? Klima der litoralen Zone............. 38—39 Klima Konstantin opels........... . , . 4N Abnormer Charakter desselben............ 40 Einfricrung des Schwarzen Meeres, des Bosporus und der Propontis................. 41 Eisige, in Europa herrschende Periode......... 42 Napoleons Feldzug in Rußland........... 43 Nrsachen der niederen Temperatur im Bereich des Schwarzen Meeres.................. 43—44 Zonen des byzantiner und trapezischen Klima...... 45 Grenzen des ewigen Schnees in den Gebirgen Klem-Asiens . 45—54 V. Vegetation................. 55 f. Außerordcrtlicher Reichtum der Flora......... 56 Verteilung der Pflanzen in vertikaler Richtnug und auffallende Lokalisation derselben............. 56—64 Merkwürdige Bedingungen der angebauteu Pflanzen .... 64—60 Ackerbau, Oliveukultur, Maulbeerbaum, Wemstock..... 70—73 Klein-Asien, die Heimat mehrerer in Europa kultivierter Bäume 73—-79 Wälder.................... »0 Historischer Rückblick auf die Vernichtung der Walder i,lK!eilleiu ^lsieu flammend..... 100 Kamel. — Spätes Auftreten desselben in Kiein-Asien undÄM'leu 100—105, Fische. — Seidenwurm.............. 106—109 VII. Geologische Verhältnisse........... llOf. Alttrystallinische Gesteine.............. 110—111 Berühmte goldführende Sande des Paetulus....... ill, Gneis, Granit, Syenit.............. 112—116 Paläozoisckc Formationen............. 11?—121 Steinlohlensormalion............... 122—124 Mesozoische Formationen............. 125—13'» Tertiär-Formation................ 131 — 144 Quartär-Furmatiun............... 145—149 Eruptive Gesteine................ 149—150 Berg Argeus.................. 151—160 Dol'erit, Diuril, Porphyr, Enrit, Serpentin....... 161 —l«? Unsterbliche Flammen der Cln'mäera......... 16? Erllpiivc Crscheinuussen des Argeus in historischen Zeiten . . l68—-16!) Bergbau. Blühender im Altertum als jeht...... 170-1?3 VIII. 'Schluß.................. 173f. Reichtum an historischen Denkmälern......... 174 Großer Teil derselben noch unter Schutt begraben. Vergleich mit Italien..........'.....' . . 174 Hauptclcmcntc der Bevölkerung...........175--176 Die Kurden und ihre Räubereien..........17? Ohnmächtigteit der türtischen Regierung........178 — 179 Geringfügigkeit der Bevölkerung der Städte.......180—184 Bedingungen, unter welchen eine Regeneration in Klcin-Asien stattfinden kann...............185—18? Verzeichnis der Abbildungen. Seite Karte uon Klcm-Ask'ü......IV—V Fissur l. Maysto^........l3 2. Veo lHqerdir......ill „ 3. Heiftü Salzquellen uon T»zla. 25 „ 4. Pamlml-KlllM......2!» ,. 5. Sinope........47 „ «. Argeus.........«» ,. ?. Tielnsonb........?l 8. Panther aiiH der Um,,cge>!d «o» Smyrna . . ... . . 3l „ ». Auziora-Ziegk......»9 Seite Fissur !0. Hatchin...... . , 12» 1>. Eregtt ........ i-!7 „ 12. Durchschnitt znnschen Nitsur und Nttiagyl..... i:w 1ü. ,'lutllia........ 137 K. Afiun Karahissar .... 15» .. 15. Klll,udjit....... 15? „ 1s. Kegel von Xarabunar... 153 I?. Amphitheater uon Prusa. . 163 „ 18. EliFÜj........ »65 „ 19. Türkisches Gebäude in Ünieh 177 I. Einleitung. Unsere Kenntnisse entlegener oder wenig zugänglicher Länder schreiten ganz in derselben Ordnnng vor, wie die stufenweise Entwickelung der intellektuellen Knltnr der Völker. So wie in dieser die litterarischen Erzeugnisse denen der Natmwissenschaft vorangehen und Dichter, Geschichtschreiber, ja sogar Philosophen der Volkserziehung schon ihren Beitrag geliefert haben, ehe sie noch dnrch die Naturforscher vollendet worden ist, so bilden auch während geraumer Zeit artistische, archäologische und ethnographische Betrachtnngen die einzige Kenntnis, die man von gewissen Ländern besitzt, deren historische Denkmäler schon in jeder Hinsicht nntorsncht worden sind, ohne daß man noch irgend einen Begriff von dem Boden, der sie trägt, nnd dem Himmel, der sich über sie wölbt, erlangt hat. Kein Land in der Welt liefert für diese Thatsache einen schlagenderen Beweis, als Klein-Asicn, und keines giebt anch zugleich eine genügendere Erklärung derselben. Denn, wenn die Wichtigkeit nnd die Anzahl dcr auf die Geschichte und Altertümer dieses klassischen Landes bezüglichen Arbeiten so grell von dcr Geringfügigkeit dcr über ihre physische Beschaffenheit vorhandenen Beobachtungen absticht, so sind die Ursachen davon zweifach, einmal: weil die Pracht der dort angehäuften Knnsterzeng-nisse des Menschen die zwar viel imposanteren, aber weniger verständlichen Werke der Natur dcr Aufmerksamkeit des Beschauers entrückt, und zweitens, weil die topographischen, besonders aber die politischen Bedingungen Klcin-Asicns viel mehr als irgend- Tchlhatches, Klew-Asicn. 1 __ 2 __ wo auf die Arbeiten der Naturforscher hemmend und vernichtend einwirken. In Amerika, Ost-Indien, Afrika und Australien ist die europäische Nace durch permanente Ansiedelungen in Gestalt von Kolonien, Handelsanlagen oder militärische Okkupationen vertreten,.deren beschützende Wirkung sich manchmal auf weite Räume ausdehnt, so daß die Vorposten unserer Zivilisation den Fremden als Aufbruchspunkte oder Zufluchtsorte dienen tonnen. Ganz anders verhält es sich mit dem großen asiatischen Fcst-landc, von dem Klein-Asien ein Teil ist. Kaum hat der Europäer es betreten, so fühlt er sich von der intellektuellen Sphäre, an die er gewöhnt ist, vollkommen abgesondert und alles verkündet ihm, daß er nur durch seine eigene Persönlichkeit auf das Wohlwollen und die Nachsicht der Bewohner zu rechnen habe. Er unterliegt der strengen Bedingung, in keiner Hinsicht Verdacht zu erregen, was mit der Aufgabe des Naturforschers ganz unvereinbar ist, indem ein Schlag mit dem Hammer, wie ein Blick auf den Kompaß oder das Thermometer schon hinreichen, nm ihn als einen gefährlichen und ruchlosen Zauberer zu verrufen, während doch dieselben Leute gleichgiltig oder sogar mit Wohlwollen den Künstler oder Archäologen ansahen, der Denkmäler und Ruinen zeichnet, die bei den Einwohnern als Trophäen der Siege des Halbmondes über das Kreuz gelten. Dieser Wahn ist im Orient sehr verbreitet, besonders in Klein-Asien, wo alle Denkmäler mit dcm Namen genuesische Schlösser säjßnov«^« LHi«88i) bezeichnet werden, ein Name, dcr sich an die während des Mittelaltcrs so häufig mit dem Orient in Berührung gewesenen Republiken von Genua und Venedig knüpft. Die Orientalen begreifen und beherzigen um so mehr die Vorliebe der Europäer für Ruinen, da sie in solchen Reisenden Wallfahrer nach den heiligen Grabstätten zu sehen glauben, und zwar vicl ergiebigere Wallfahrer, als die nach Mekka nud Medina wandernden orthodoxen, aber armen Pilger, indem die fremden Christen den Mangel an Glauben durch klingende Münze reichlich ersetzen. __ Z __ Das sind die Ursachen, warum die Physische Beschaffenheit des klassischen Klein-Asiens bis zu meinen ersten Erforschungen so wenig bekannt war und auch seitdem, zwar in archäologischer und topographischer Hinsicht, nicht aber in geologischer, botanischer und klimatologischer viel bekannter geworden ist. Und doch handelt es sich um ein Land, das gewiß bestimmt ist, abermals einen wichtigen Platz in der Mcnschcngeschichte einzunehmen, ein Land, dessen wahre Bedeutung nur durch Kenntnis seiner physischen Verhältnisse erlangt werden kann, und die kein Staatsmann ignorieren darf, wenn er im Stande sein will, die mannigfaltigen Elemente, aus denen die sogenannte orientalische Frage besteht, zu würdigen. Ich glaube deshalb einem Bedürfnis zu entsprechen, wenn ich es gerade in diesem Augenblicke versuche, dem größeren Publikum eine Schilderung der physischen Verhältnisse Klcin-Asiens in einer gedrängten und allgemein faßlichen Weise vorzulegen. Ich werde in den hervorragendsten Zügen das durchgehen, was am geeignetsten ist, jedem gebildeten Leser einen hinlänglichen Begriff von der Ausdehnung des Landes, seinen hydrographischen Verhältnissen, dein Relief seiner Oberfläche, von Klima, Vegetation, Tierreich, Mineralerzeugnisscn und geologischer Beschaffenheit zu geben ^). Natürlicher Weise können die ethnographischen Betrachtungen nur einen untergeordneten Platz finden, nicht blos, weil sie schon ziemlich bekannt sind, sondern weil die physischen Verhältnisse so ungeheuer reich sind und noch so viel Neues darbieten, daß der mir gestattete sehr beschränkte Ranm, mir kaum erlaubte dieselben mir in ganz allgemeinen (häufig ungenügenden) Zügen zu schildern. Wir wollen mit der geographischen Lage und den hydrographischen Verhältnissen Klein-Asiens beginnen. *) Ich brauche kaum zu benurkm dah alk> lhcnmsthcn Angaben sich nnf das Ecntissradc-Thrriiwincter bczichcn. 1* 4 II. Geographische Lage — Hydrographie. Wcnn wir mit dem in beschränktem Sinne genommenen Namen von Klein-Asien den Raum bezeichnen zwlschen dem griechischen Archipel und einer von Tripoli bis zum Meerbusen von Alexandrien gezogenen Linie, so entspricht die geographische Breite*) Klein-Asiens so ziemlich der von Spanien, und sein Oberflächen-Areal**) etwa dem von Frankreich. Unter den von drei Seiten die Halbinsel bespühlendcn Meeren verdient das Schwarze Meer einer besonderen Berücksichtigung, nicht blos wegen des Einflusses, den es auf das Klima Klein-Aficns ausübt, sondern auch weil es mit den merkwürdigen Meerengen des Bosporus und des Hellespont in Verbindung steht. Die barometrischen Verhältnisse des Schwarzen Meeres sind noch wenig bekannt. In seinem nordwestlichen Teile, zwischen der wünschen Halbinsel und der Donau-Mündung sind blos Tiefen von 26—60 m angetroffen. Die größte bis jetzt erhaltene Tiefe liegt zwischen der erwähnten Halbinsel und dem Bosporus: sie beträgt 1100-1950 m"^). Infolge sowohl der großen, von so vielen Flüssen dem Meer zugeführten Massen von Süßwasser, als auch seiner nicht beträchtlichen Evaporation, ist das spezifische Gewicht des Wassers des Pontus Euxinus bei weiten: unter dem des Mittclmeeres, indem es blos 1094 beträgt, was einem Satzgehalt von 1,9 I>. 0. entspricht. Das von dem Bosporus nnd dem Hellespont in den Acgeischen Ampchol abfließende leichtere Wasser des Schwarzen Meeres wird durch das salzreichcrc und folglich schwerere Wasser der unteren Schichten des Archipels ersetzt, *) 42«, 8' N, B. **) 479000 Quadr,-.Mmn. ***) I. v. Buguslavtzli, Handbuch der Ozeanographie. — 5 — welches dem Schwarzen Meere zuströmt. Diese untere Schichten lassen sich in den Dardanellen schun in einer Tiefe von 40 m erkennen. In dem Marmara-See ist die Zunahme des spezifischen Gewichts des Wassers bis zu einer Tiefe von 350—400 m ermessen, auch hat das Wasser dieses Sees ein höheres spezifisches Gewicht in den südlichen als in den nördlichen Teilen. Wir wollen das eigentliche Becken des Schwarzen Meeres nicht verlassen, ohne des Gegensatzes zu erwähnen, den dasselbe mit dem Kaspi darbietet, ein Gegensatz, der um so merkwürdiger ist, da diese zwei Becken in ziemlich recentcr geologischer Epoche vereinigt waren. Trotzdem besteht zwischen den beiden Meeren der grellste Kontrast in Hinsicht ihrer bathometrischen Verhältnisse, der Verteilung ihres Salzgehalts und dem Charakter der respektive« Faunen. In bathometrischer Hinsicht kann man im Kaspi zwei Regionen unterscheiden, deren Grenze der am meisten verengte Teil des Meeres, zwischen den Vorgebirgen von Npcharon und Krasnowodst bildet. Nördlich von dieser Grenze ist das Wasser seicht und erreicht nirgends über 13,!» i», aber in entgegengesetzter Richtung nimmt die Tiefe rasch zu nnd erreicht ein Maximum von 1054 m, etwa in der Gegend der nicht weit Volt der westlichen Küste gelegenen kleinen Insel Kur. Der Salzgehalt des Kaspi bietet je nach den Lokalitäten anßerordcntliche Abweichungen. Zwar besteht er hauptsächlich aus Chlornatrium uud Schwefel-Magnesium, allein diese Salze treten in so verschiedenen Konzcntrationsgraden auf, daß, während in der Nachbarschaft der nördlichen Küste das Wasser fast süß ist, gewisse Pnnlte, wie uamcntlich die große Bucht voll Kara-Boghaz voll diesen Salzen so vollkommen gesättigt sind, daß kein Fisch darin leben kann. Nun aber sind es gerade diese Tiere, die den Kontrast zwischen der Fauna der beiden Meere am schärfsten bezeichnen. Während außer dem Thunsische, die ichtyulogischc Fauua des Schwarzen Meeres ziemlich arm ist, erscheint es ganz unerwartet, dieselbe — 6 — sehr reichlich in einem Meere auftreten zu sehen, dessen mehrere Teile wie oben bemerkt, dnrch ihren ungeheuren Salzgehalt das Tierleben ganz ausschließen. So sind mehrere Gegenden der südlichen und westlichen Küste des Kaspi durch den dort betriebenen Fischfang ganz ausgezeichnet. Nuter andern soll nach Edm. O' Donovan *) die Bucht von Enzele eine ungeheure Menge von Karpfen enthalten, und man fängt dort täglich an 50000 Fische. Sehr bedeutend sind ebenfalls die Erträge der Fischereien, welche sich an den Münduugen fast aller der zahlreichen Flüßchen von Asterabad liis Talich befinden. Die wichtigsten der dort gefangenen Fische sind Störe sH,e«pcm8ur), Schergen (^coip6N8«r 8td!latu8), Hausen (/Veei^on86r Ini8o), Welse (8ilui-u« «^iii»), Lachse und Lachsforellen. Gefischt wird von Dezember bis März. und die Erträge eiuer einzigen Saison belaufen sich auf mindestens 1800 000 Franken (1^00 000 Mart)**). Endlich scheint an der Küste von Talych der Fischreichtum fast an das Fabelhafte zu grenzen, denn G. Nadde zufolge^) werden dort blos in einer Nacht etwa 8000 Stück edler Luciopcrca gewonnen, die eine Länge von 45—60 Centim. haben. Das Schwarze Meer steht in Verbindung mit dem griechischen Archipel, durch den Bosporus, die Propontis und den Hellespont, auf die wir einen raschen Blick werfen müssen. Der klassische Bosporus, dessen Name hinreicht, um ihn von allen übrigen gleichfalls so genannten zu unterscheiden, ganz wie ehemals das Wort Urbs ausschließlich Nom bedeutete, ist eine mannigfaltig gewundene Meerenge, deren gerade, die Windungen nicht in Betracht nehmende Linie zwifchcn den beiden Fanars und der Spitze des Serails eine Länge von etwa 26 Icn, beträgt. Die größte Breite zwischen der Bucht von Buyutdere und der entgegengesetzten Küste ist 3 1",1, «",8, 1,7 und 3",2 „„ter Zero, dahingegen die Temperatur des Bosporus stets über dem Eispunkt verblieb. Ferner: während der fünf erwähnten Jahre erhob sich das Maximum der Lufttemperatur jedes Jahr (mit der einzigen Ausnahme des Jahres 1863) auf 30, dahingegen überstieg die Temperatur des Bosporus nicht 24. Endlich während den vier Jahreszeiten übertraf die Wintertemperatur des Bosporus im Mittel um 2",2 die Lufttemperatur, dahingegen im Frühling, Sommer und Herbst die Temperatur des Bosporus unter der Lufttemperatur verblieb. Man kann also im Allgemeinen annehmen, daß das Wasser des Bosporus (an seiner Oberfläche) im Winter die Lufttemperatur übertrifft, währcud im Frühling, Sommer und Herbst der Unterschied in entgegengesetzter Richtung stattfindet. *) Hospkore et Constantinople, p. 11. __ 9 __ Das in betreff der Dimensionen und der Tiefe des Bosporus Angeführte ist hinlänglich, um zwischen dieser Meerenge und denen Europas den Kontrast hervorzuheben, der dem Bosporus eineu ungeheuren Vorzug gestattet, und zwar unabhängig von, seiner äußeren so reizenden Physiognomie; es kann in topographischer und bathomctrischer Hinsicht kaun: eine Meerenge Europas auch von weitem mit dem Bosporus verglichen werden. Der Bosporus führt uns in die Marmara-See und dann in die Dardanellen. In Hinsicht ihrer Küstcnumrisse bildet die Marmara-Sce einen natürlichen Übergang zwischen dem Schwarzen Meer und dem griechischen Archipel, denn ohne die Mannigfaltigkeit in den Litorallinien zu besitzen, die die Westküste Klein-Asicns auszeichnet, ist doch die Configuration dieses Sees sehr entfernt von der Einförmigkeit der nördlichen Küsten der Halbinsel. Die vorherrschende Strömung in der Marmara-See ist von Nord-Ost nach Süd-West, obwohl die verschiedene Küsten-Gestaltung oft zu Gegenströmnugen Anlaß giebt. So begegnet der aus dem Bosporus kommende Hauptstrom, etwa unterhalb der Serail-Spitze, einem Gegcnstrom, der je nach den Küsten-Biegungen bald nach Nord-Ost, bald nach Ost abfließt. Dieser Gegcnstrom ist in der Gegend der sieben Türme sehr bemerkbar, und er be-spühlt die Mauern Konstantinopcls, wo das Meer blos eine Tiefe von 3,9 m bis 14,5 m besitzt. Nimmt man das Mittel von 8A0 Sondierungen, so erhält man sür die mittlere Tiefe der Propontis A3 m, 34. Die Meerenge der Dardanellen ist fast dreimal so lang als der Bosporus, indem von Gallipoli bis Knm-Kalessi die Länge (ohne den Krümmungen der Küsten) über 60 Kilom. beträgt, und die mittlere Breite 3—4 Kilom. Die Tiefe längs den Küstcu und der zentralen Region scheint ungefähr die des Bosporus zu sein; allein man hat in den Dardanellen ein Maximum von 12^»,8 m gefunden, das der Bosporus uicht zu besitzen scheint. Nirgends, mit Ausnahme einiger litoralcn Puutte, — 10 — ist die Tiefe unter 5,4 m, so daß die häufigsten Maxima zwischen 5 m und 9,1 in schwanken. Das Mittel von 696 Sondierungen würde für die Dardanellen eine mittlere Tiefe von 23,7 m geben. Die Dardanellen besitzen nicht die Mannigfaltigkeit der plastischen Verhältnisse, die den Bosporus so sehr auszeichnen, jedoch mangelt es auch hier nicht an malerischen Örtlichkciten, wie z. B. die anmutige Hügelgruppc, auf dcrcn Gipfel das Dorf Maystos liegt, von welchem ich hier eine Skizze gebe. Wir müssen auf die nähere Schilderung der westlichen und südlichen Küsten Klein-Asicns Verzicht leisten, und wollen uns begnügen, blos einige Worte über die längs der cilicischcn Küste stattfindende Strömung zu sagen. Der ausgezeichnete Hydrograph Beaufort hat in diesen Gegenden einen Hauptstrom nachgewiesen, der von der syrischen Küste kommend, sich im Mittel von Osten nach Westen bewegt. Wenig bemerklich in einer gewissen Entfernung von der Küste, wird er an mehreren Punkten derselben ziemlich heftig, wie es namentlich der Fall ist bei dem Vorgebirge von Adratchan, wo die Strömung in ihrer Bewegung eine merkwürdige Intcrmitenz darbietet, so daß an gewissen Tagen er etwa drei Meilen in einer Stunde zurücklegt, während an einem anderen Tage er nur die Hälfte dieser Schnelligkeit besitzt, ohne daß man davon irgend eine Ursache auffinden konnte. Es ist wahrscheinlich, daß die von Osten nach Westen sich bewegenden Strömungen längst der südlichen Küste Klem-Asiens viel dazn beitragen, dic Versandungen zu verhindern, die der Seihun (Sarus) und Djihun (Pyramus) verursachen würden. Der sich öfters verändernde Lauf dieser Flüsse, aber besonders die ungeheuren Trümmergcbilde, die sie der Küste znführen, waren schon Strabo bekannt. Der berühmte Geograph von Amasia giebt eine malerische, aber zugleich ganz richtige Beschreibung dieser Flüsse, mit der Bemerkung, daß die von denselben zugeführten Trümmer-gebildc so mächtig sind, daß dem Delphischen Orakel zufolge „der Tag kommen werde, wo die von den raschen Fluten des 3fig. i. SKa^fJoa. SSom SSerfaffet nadj bee «Watur ge^eicfinet. - 12 — Pyramus sicts um angehäuften Absätze den heiligen Boden Cyperns erreichen werden*)." Im Norden vom Schwarzen Meere bespühlt, im Westen von den: griechischen Archipel und im Süden von dem Mittel-mcere, bietet die Anatolische Halbinsel in der Gliederung ihrer Küsten eine Mannigfaltigkeit, die sehr wenige Länder besitzen, so daß, wenn man die drei KüstclvProjektionen durch eben soviele gerade Linien ausdrückt, dieselben eine Gesamtlänge von 1928 Kilom. erhalten, während die wirkliche Küstenglicdcrung 4796 Kilom. und somit fast das Dreifache der geraden Liuicu beträgt. Frankreich, dessen Küstcnumrisfe ebenfalls sehr mannigfaltig sind, bietet doch keineswegs ein solches Verhältnis dar, ebensowenig vermag es Großbritannien. In ganz Europa wird Kleiu-Asien blos von Griechenland übcrtroffen, dessen bewunderungswürdige Küstengliederung als eine der Hauptursacheu der Zivilisation und Macht betrachtet werden muß, durch welche dies Land ebenso allen Völkern des Altertums überlegen war, als es denselben an Ausdehnung nachstand. Hauptsächlich sind es die westlichen und südwestlichen Küstenlinien Klein-Asiens, die sich dnrch ihre Gliederungen und Verzweigungen auszeichnen, die so zahlreich und mannigfaltig sind, daß sie fast viermal die gerade Linie der Küstenerstreckung von Norden nach Süden übertreffen. Die westliche Küste hat außerdem noch den Vorteil, daß die Vorsprünge nnd Einschnitte derselben ziemlich gleichmäßig verteilt sind, während auf den nördlichen und südlichen Küsten sie sich blos auf gewisse Punkte beschränken. Von der Häufigkeit und Gruppierung der mehr oder weniger starkgcgliedcrten Küstcnpunkte hängt natürlicher Weise das Vorhandensein der Meerbusen nnd Buchten ab, die am meisten den Erfordernissen der Schifffahrt entsprechen. Deshalb ist auch die *) In meiner (iöo^v^plii« pk)'8isiu6 conip:n6« ä« l'^«io NinLurL S. 30? habe ich die zahlreichen historischen ^euWissc nngcführt, aus denen cs sich crgicbt, daß etwa 400 Jahre vor unserer Zeitrechnung der Sarus nnd Pyramus sechsmal bald vereinigt, bald unabhängig von einander, den« Meere zuflössen. — 13 — Westliche Küste und das südliche Literal Cilieiens am meisten in dieser Hinsicht begünstigt. Dort finden sich eine Menge Ortlichkeiten, die nur geringe künstliche Nachhilfe bedürfen, um in treffliche Häfen verwandelt zu werden, während auf der Nordküstc, zwischen der Mündung des Bosporus und der Stadt Samsun, blos offene, den Winden ausgesetzte Meerbusen und Buchten auftrete!:. Hinsichtlich der Flüsse ist Klcin-Asicn durchaus nicht so günstig ausgestattet, wie in betreff der Küsten-Konfiguration. Was die Wasseradern Klein-Asiens besonders charakterisiert, ist einerseits eine äußerst geringe Tiefe (im Mittel 2—3 Meter), die sie für Beschiffung unfähig macht, und andererseits die von ihnen beschriebenen Krümmungen, so daß ziemlich lange Flüsse anf einen verhältnismäßig geringen Raum zusammenfallen und die Quellen den Mündungen oft sehr nahe liegen. So hat unter andern der Kisil-Irmak (Il-ü^ der Alten) eine absolute Länge von 912 Kilom,, während die Entfernung der Quellen von der Mündung blos 208 Kilom. beträgt; die Länge des Sakaria (8anL»i-iu8 der Alten) ist 484 Kilom. und die Entfernung der Quellen von der Mündung 212 Kilom.; Meander 360 Kilom. absoluter Länge, 240 Kilom. Entfernung der Quellen von der Mündung; Susurlu M^6«tu8 der Alten) 172 — 116 Kilom,; Dalaman (Inäu8) 160—40 Kilom.; Tchitcrik 128—80 Kilom.; Istanaz 168—52 Kilom. Solche Beispiele sind in Klcm-Asien weit häufiger als in irgend einem Lande von derselben Ausdehnung. Trotz ihrer ziemlich beträchtlichen Lauge können die Flüsse Klem-Asicns sich mit keinem der Hauptflüfse Europas messen. Kisil-Irmak, der ansehnlichste Fluß der Halbinsel, hat kaum die Länge der Loire, die doch nur den zehnten Platz unter den Hauptflüssen Europas einnimmt, an deren Spitze die Wolga steht. Aber obwohl der Kisil-Irmak in Hinsicht der Länge mit der Loire wetteifert, ist dies keineswegs in bczllg auf Breite und Tiefe der Fall, noch viel weniger kann er in dieser doppelten Hinsicht den Vergleich mit der dreimal kürzeren Themse aus- __ 14 __ halten. Der Sakaria, dcr größte Fluß nach dem Kisil-Irmak, ist kürzer, schmäler und seichter als mehrere europäische Flüsse, die fast nicht mehr als solche betrachtet werden. Was die übrigen Flüsse Klein-Asiens betrifft, so sind sie alle (mit der Ausnahme des Seihun und Djihun) der Themse, wenn nicht immer in Länge, so doch wenigstens in Breite und besonders in Tiefe sehr untergeordnet. Überhaupt tritt gerade in England der Gegensatz zwischen den Flüssen Europas und Klein-Asicns am grellsten hervor. Denn besonders bei den dortigen Flüssen finden wir ein merkwürdiges Mißverhältnis zwischen ihrer Länge, Breite und Tiefe. Man sieht dort Wasseradern wie Tyne, Tay, Clyde, Severn, Humbcr und mehrere andere, die nicht viel länger sind als manche Bäche Klcin-Asicns, und doch den Kisil-Irmak an Breite und Tiefe sehr weit übertreffen, ja von Dampfschiffen befahren werden. Sehr oft dringen diese letzteren in Örtlichkeiten hinein, wo mau sie nicht erwartet hätte. So z. V. mündet an der nördlichen Endspitze des Sees Lomond ein Flüßchen, dessen Länge blos sieben Meilen beträgt, eine Länge, die in Klein-Nsien einer Breite von höchstens zwei Meter und eitler Tiefe von cm paar Centimeter entsprechen würde; hier aber können die den See befahrcndcn Dampfschiffe das Flüßchcn ziemlich hoch hinauffahren. Dieser Umstand pflegt nicht selten die Reisenden, die in das Dorf Invcrneß gelangen, in Erstaunen zu setzet,. Wenn sie sich nach dem See zu gehen, anschicken, um dort das Dampfschiff zu besteigen, erfahren sie, daß dieses sie in ihrem Wirtshause (Inverneß - Inn) selbst aufsuchen wird. Sogleich schäumt auch schon das Flüßchcn (dessen Vereinigung mit dem See so unmerklich ist, daß man schwer eine Grenze zwischen beiden zu ziehen vermag) unter den Rädern eines fast die Breite des Flußbettes einnehmenden Dampfschiffes. Der Vergleich der Flüsse Mein-Nsicns mit denen von England bietet also die entgegengesetzte Erscheinung, die sich aus dem dcr Süßwasscr-Seccn der beiden Länder crgicbt, denu die Sceen von Schottland und Cumberland bilden blos schmale Streifen, die von dcr üppigen — 15 — Entwickelung der meisten Seem Klein-Asiens grell abstechen; es scheint fast, als ob die Natur sich ein besonderes Vergnügen daraus gemacht hätte, in Klein-Asien das Flußwasser in schmalen Streifen auszudehnen und es in England in breiten und tiefen, ihrer Länge nicht entsprechenden Betten zu konzentrieren. Da die Quellen der Flüsse Klein-Asiens fast immer in mehr oder weniger beträchtlichen Höhen liegen, ist der Unterschied des Niveaus zwischen den Quellen und den Mündungen sehr groß; eine Erscheinung, deren häufige Wiederholung einen ihrer hervorragendsten Züge bildet. Unter den Flüssen, deren Quellen in Frankreich selbst liegen, giebt es wenige, die sich in einer Höhe von über 20l)0 Meter befinden, während in Klcin-Asien dies sehr oft vorkommt. Ein Gefall von 30—45 Meter auf zirka 4 Kilometer ist eben so selten m Frankreich, als gcwöhu-lich in Klein-Asieu. Betrachtet mau die Anordnung der Wasseradern auf der Oberfläche der auatolischm Halbinsel, so fällt sogleich die unregelmäßige Vcrteiluug derselben auf; daraus entspringt die große Einförmigkeit und Dürre gewisser Gegenden des Landes, die während des Sommers fast jeder Bewässerung entbehren. Als eine Folge der topographischen Verhältnisse der Flüsse Klein-Asiens muß endlich noch eine Eigentümlichkeit erwähnt werden, nämlich die Wegschwcmmung und Ablagerung ungeheurer Trum-mermasscn. Es cutstcht daraus einerseits eine rasche Zunahme mehrerer Küstcupunktc, andererseits die Versandung des Flußbettes oder eine Änderung in dcsseu Richtung. Nicht selten wird der Fluß iu einen Sumpf verwandelt oder er verschwindet gänzlich. Auf diese Art sind alle zerstörenden Kräfte der Natur, die am meisten das thätige (5'mschreitcu des Menschcu erfordern, gerade in einem Lande konzentriert, wo der Mensch das Recht aufgegeben hat, seine schützende uud unentbehrliche Kontrole der Natur auszuüben. Ist Klein-Asien in betreff der Flüsse ziemlich schlecht ausgestattet, so erfreut es sich reichlicher Siißwasserbccken, und kann mit dm in dieser Hinsicht am meisten begünstigten Ländern — 16 — Europas verglichen wcrdeu. Die Gcsamtoberflä'chc der von mir in der Halbinsel besuchten sechsundzwanzig Seeen nimmt einen Raum von etwa 940 Quadratkilom. ein. Mehrere dieser Sceen besitzen entweder eine gleiche oder beträchtlichere Ausdehnung wie die Seeen von Luzern, Zürich, Neuchatel oder Thun. Die größte Anzahl der Seecn befindet sich in dm westlichen und zentralen Teilen der Halbinsel. Die beträchtlichsten in der westlichen Region gelegenen sind: dcr See von Nieea und der See von Nicomedien. Der erste, von den Türken Isnik-Goll genannt, hat die Gestalt eines unregelmäßigen, von Westen nach Osten verlängerten Ovals. Sein Umfang beträgt 52 Kilom.. das Areal etwa 56 Quadratkilom., die größte Länge von Westen nach Osten etwas über 20 Kilom., die größte Breite 8 Kilom., die Höhe 30 Meter. Dcr See von Nicomcdicn (Ismid-Göll, auch Abolunta oder Abolonya genannt), etwa 59 Kilom. südwestlich von dem vorhergehenden entfernt, ist etwas kleiner als der letzte und seine Höhe ist blos 15 Meter. Es scheint, daß der See einst in nördlicher Richtung ausgedehnter war als jetzt, denn etwa 15 bis 20 Meter von demselben beobachtete ich auf der Ebene eine große Anzahl fossiler Süßwasser-Muscheln (l^näin^ Unio «w.), die wahrscheinlich den See bewohnten. Der Akiztchcü-See, etwa 4 Kilom. oberhalb dcr Mündung des Meanders hart an dessen linkem Ufer gelegen, ist zwar unbedeutend, aber deshalb merkwürdig, weil er blos einen Überrest des zur Zeit Strabos noch vorhandenen ansehnlichen Latmischen Meerbusens darstellt, der jetzt vollkommen zu Festland geworden ist*). Auch ist das Wasser des Seees brakisch. Dasselbe ist wahrscheinlich dcr Fall mit dem etwa 3l> Kilom. südöstlich von dem Akiztchai gelegenen Keudjez-Liman. Dieser kleine, ebenfalls brakisches Wasser enthaltende See ist blos durch eine 2 Kilom. lange morastige Ebene von dem Meere getrennt, auch scheint ') Vergl. meine Göographie physique comparee, p. 99—106. __ 17 __ sein Name auf seine ehemalige Verbindung mit dem Meere zu deuten, denn er heißt nicht Göll was einen Süßwasser-See bedeutet, sondern Liman, ein Meerbusen. Unter den Seeen Phrygiens ist der Tchoruk-Göll (auch Adjituz-Göll genannt) ebenfalls nicht durch seine Ausdehnung, fondern durch die thermische Veränderung merkwürdig, die sein Wasser erlitten hat. In seiner Geschichte der Feldzüge Alexanders des Großen erwähnt Arrianus des Scces Ascania (der heutige Tchoruk-Göll) mit der Bemerkung, daß derselbe Salz ablagere, dessen die Bewohner sich für ihre Nahrung bedienen, und welches ihnen das aus dem Meerwasser durch Verdunstung erhaltene Salz vollkommen ersetzt. Nun habe ich aber den Adjituz-Gö'll (Bitterer Salz-See) mehreremale besucht und keine Spur von Salzablagerungen gefundcu. Das Wasser des Seecs hat einen Geschmack, der das Vorhandensein von schwefel-sanrem Magnesia, schwefelsaurem Natrium und Chlor-Sodium (Kochsalz) verriet, etwa wie das Bitterwasser gewisser Mineralwässer Deutschlands (8u,iä8er Tiefe noch immer thätigen vulkanischen Heerd bewerkstelligt worden ist, dessen Wirkungen ans der Oberflüche Klein-Asiens so mächtige Denkmäler hinterlassen haben. Diese Wirkungen zeigen sich nicht blos in den ungeheuren Anhäufungen Pluto-nischer Gebirgsarten, sondern auch in den zahlreichen mineralischen heißen Quellen, von denen wir später sprechen werden. *) Bischof, Lehrb. dcr chem. u. Physital. Geol. Vd. 1, S. 529. Tchihatchef, Klein-Asien. 2 — 1« — Etwa 70 Mom. östlich von dem Adjituz-Göll liegt der prachtvolle See Egerdir, der in malerischer Hinsicht mit den schönsten Sceen der Schweiz wetteifern kann. Er hat die Gestalt eines in seiner Mitte ucreugten, uon Norden nach Süden sich erstreckenden, mannigfaltig gezahnten Ovals. Sein Umfang ist etwa !>0 Kilometer, das Areal 72 Quadratkilometer nnd die Höhe 868 Meter. In der hier beigefügten Skizze, habe ich versucht, eine allgemeine Ansicht dieses merkwürdigen Scecs zu geben. Ein größerer, aber bei weitem nicht so malerischer See — der Beischehr- oder Kereli-Eee — liegt etwa Z2 Kilom. südöstlich vom Egerdir. Er ist der Karalitis von Strabo; sein Umfang ist über 100 Kilom. und seine Höhe 1151 Meter. Obwohl sein Wasser süß ist, wird es durch die ungeheure Menge von Morastpflanzen ungenießbar. Ans der südöstlichen Endspitze des Seees tritt das Flüßchen Kizadj-Irmak hervor, das den Kereli mit dem See Sogln, dem Trogitis des Strabo, verbindet. Zur Zeit, als ich mich in dieser Gegend befand (den 16. Oktober 1845), war nicht blos das Flüßchen vom Soglu durch eine morastige Ebene getrennt, sondern auch der See selbst war nirgends zu sehen, so daß, als ich das Dorf ^alidja betrat, von dem ich wußte, daß es hart am See liegen mußte, ich glaubte, irre gegangen zu sein; aber zu meinem großeu Erstaunen erklärten mir die Einwohner, daß die Vertiefung, deren Nand das Dorf trug, das ausgedehnte Bette des Seees Soglu sei, das vor drei Jahren noch mit Wasser gefüllt war. Ich tonnte also mit meiner kleinen Karawane das Bett in seiner ganzen Länge durchreiten, um mich nach der Stadt Scioischer zu begeben. Auf dem vollkommen trockenen Boden sah ich zerstreut eine Menge Süßwassermuschcln, unter welchen ein Unio und ein Anodontc vorwalteten, der erste mit dem Ilnio pi^oi-uui und der zweite mit ^noäonw eiprLk verwandt. Der See scheint sehr fischreich gewesen zu sein, und ich sah bei den Einwohnern große Vorräte von schönen gesalzenen Karpfen. Ich fand die mittlere Höhe des trockenen Beckens 1138 Meter über der Oberfläche Sfi9- 2- 2^ See Sgdbir. »Bom 2krfaffer na$ bcr Jtatuc ge.jeidjnet. — 20 — des Meeres, mid es war leicht, die Tiefe, die das Wasser gehabt hat, zu bestimmen nach der Höhe, bis an welcher es sich zu den Ufern erhob, die 7,55 Meter betrug. Man kann somit die mittlere Tiefe, .die der See gehabt hat, auf 6 — 7 Meter annehmen. Der Nmfang des Sees muß etwa 48 Kilom. gehabt haben, seine Breite von Norden nach Süden 16 Kilom. und seine Oberfläche ungefähr 44 Qnadratkilom. Sollten die Gewässer des Soglu ihr Veit auf immer verlassen haben, so wäre künftig auf der Karte Klein-Asiens ein See zu streichen, dessen Oberfläche nicht viel der des (^omer-Seces in Italien nachgab. Dieser plötzliche Rückzug einer so bedeutenden Wassermasse ist jedenfalls eine interessante Erscheinung, die wahrscheinlich mit einer in den unterirdischen Wasserbehältern erlittenen Veränderung zusammenhängt. Die Bewohner schieueu mir nicht die Rückkehr des Seees zu cr-wartcu, was nnter ihnen ganz entgegengesetzte Stimmungen hervorrief, denn während die Fischer mit Verdruß auf ihre müßig liegeudcn Bote blickten, beeilten sich die Ackerleute deu neu errungenen Boden anzubauen, so daß der Pflug und die Nuder als zwei feindliche Rivalen dastanden, mit Ungeduld den Augenblick erwartend, wer von beiden den Sieg erhalten sollte. Ist der Soglu im Verschwinden begriffen, so haben wir in KleinAsien Sccen, die schon seit mehreren Jahrhunderten verschwunden sind. So z. B. beschreibt Strabo (in Pamphylicn) den Lacns Capria, den er zwischen den Flüssen Cestrus und Eurymedon (hentc Ak-su und Köpru-su) versetzt und als einen sehr großen See erwähnt. Heute ist dieser Raum durch eine morastige Pfützen und Lagunen stehenden Wassers enthaltende Ebene eingenommen, die sogar noch weiter in der Richtung der Stadt Adalia sich erstreckt. Gegen das Meer wird sie durch sandige, mit ?in»^ mlu-itim^ bewachsene Dünen begrenzt. Es ist wahrscheinlich, daß der Kapria-Sce mit dem Meere in Verbindung stand und vielleicht sogar einen Busen desselben bildete. Nimmt man für die Ausdehnung des Seees den Naum zwischen den zwei obenerwähnten Flüssen, nördlich durch die Gegend — 21 — zwischen Istavros und Zevc, und südlich durch das Meer begrenzt, so hätten wir ein Stück Landes von etwa KO Quadrat-Mom. Oberfläche, das die südliche Küste Klein-Asiens an diesem Punkte seit unserer Zeitrechnung gewonnen hat; diese Oberfläche ist größer als die der Insel Wight. Fügen wir nun hinzu das durch das Austrocknen des Latmischen Meerbusens (S. 15) der westlichen Küste hinzugefügte Land, so crgiebt es sich, daß seit Strabo und blos auf zwei Punkten die südliche und westliche Küste eine Oberfläche gewonnen haben, die jener englischen Provinz Anglcsca gleichkommt*). Ohne der zahlreichen in Lycaonicn zerstreuten Seccn zu erwähnen, wollen wir sogleich zu dem größten See der Halbinsel schreiten, nämlich zum Tuz-Göll (Salz-See). Er übertrifft die Ausdehnung des Gcnfer-Scees, denn seine Lange von Südost nach Nordwcst beträgt 44 Kilom., mit einer Breite von 26 Kilom. Seine schmalstc Stelle befindet sich fast in seiner Mitte, und man sieht dort noch Spuren eines alten Dammes, der im Jahre 163!) vom Sultan Achmet erbaut wurde, um den Übergang seines gegen den Schah von Pcrsien angeführten Heeres zu erleichtern. Die Tiefe des Seecs längs des alten Dammes beträgt nicht viel mehr als einen Meter und manchmal sogar weniger. Endlich ist die Oberfläche des Tuz-Göll etwa 232 Quadratkilom. uud sein Umfang 103 Kilom. Als ich im Juli des Jahres 1848 den See besuchte, war er vollkommen mit einer weißen Salzkruste bedeckt, deren Dicke sehr verschieden war, denn ich fand sie je nach den Ortlichkciten von zwei Meter bis zehn Centimeter. Diese krystallinische Kruste ruht auf einem bläulichen Lehm, von dem sie während des Winters durch eine Wasserschicht getrennt ist. Letztcrc besteht aus dem durch die Salzmasse sickernden Regenwasser, welches sich auf dem undurchdringlichen Thonbodcn sammelt. Die Salzkruste ist gewöhnlich stark genug, um die Last eines Pferdes zu tragen, *) Vevgl. mettle Guogr. plrys. conip. de PAsie Min. i>. i.Otj. — 22 — und auf mehreren Punkten kann man den See trocknen Fußes von einem Ufer zum andern überschreiten. Der See nimmt sich. von den ihn nordöstlich umgebenden Anhöhen gesehen, sehr originell aus, indem die ungeheure, blendendweiße krystallinische Oberfläche von den grünenden Hügeln grell absticht, die hie und da längst der Bergkette Khodja-Dagh sich erheben. Der Tüz-Göll wird nur ganz im Vorübergehen von Strabo uuter dem Namen von Tatta erwähnt. Auch Ptolumäos, der überhaupt die Sceen Klein-Asiens kaum erwähnt, übergeht ihn mit Stillschweigen, ebenso Vibius Sequester, Abulfeda und Edrisi. Noch auffälliger ist es, daß diejenigen Schriftsteller des Altertums, die den See nennen, seiner wichtigen Salzerzeugung nicht gedenken. Zwar erwähnt Strabo des Salzes, aber blos als eines Kuriosums. Titus Livius'^) spricht von den Salinen Macedoniens und Siziliens, aber sagt kein Wort über Klem-Asien, und Plinius^) führt, als er die Hauptstcllcn durchgeht, die den Römern Salz lieferten, mehrere in Italien, Sizilien, Cyftern, Ägypten, Vactriana u. s. w. an, aber er spricht blos in sehr allgemeinen Ausdrücken von Phrygicn, Cappadocicn und Pamphylicn als ebenfalls Salz erzeugenden Ländern. Betreffs des Tatta, gewiß eines der merkwürdigsten Salzsecen, begnügt sich Plinius mit der oberflächlichen Anmerkung, daß er Salz erzeuge, welches gegen Augen-Krankheiten wirksam sei (oculi« utilis). Das vollkommene Stillschweigen der Alten in Hinsicht der so bedeutenden Salzablagcrungcn des Tuz Göll wäre fast geeignet, die Vermutung hervorzurufen, daß es sich um eine neuere Erscheinung handele, die früher in solchem Maßstabe nicht vorhanden war. Die Hypothese wird um so wahrscheinlicher, wenn mnn die wichtige Nulle berücksichtigt, die Salz überhaupt bei den Alten und besonders bei den Römern spielte, so daß nach der Ansicht des gelehrten Durcau dc La Malle die Etymologie *) XLV, '29. **) Hist. Nat. XXX, 39. — 23 — des Wortes Salarium (Sold), vun welchem das französische Salaire tomint, sich auf das Wort Sal bezieht, weil dieses einer der Hauptartikcl der von der römischen Negierung den öffentlichen Beamten in Natur gelieferten Substanzen war. Außerdem beweisen zahlreiche Zeugnisse der alten Schriftsteller, daß Salinen bei den Römern eine der ergiebigsten Quellen des Staats-einkommcns bildeten uud der Gegenstand einer ganz besonderen Fürsorge waren. Wir wollen die Hydrographie Klein Asiens mit einer raschen Übersicht der merkwürdigsten heißen- und Mineral-Quellen, die dieses Land enthält, schließen. Die Konstantinovcl am nächsten gelegenen und am besten bckamtten Mineral-Quellen siud die von Brussa. Am nordöstlichen Ende eines der Vorbcrgc des 1930 Meter hohen Olympus sieht mau auf eiuer von Nordost nach Südwest laufenden Linie eine Ncihe von Thermal-Quellen in einer Höhe von etwa 395 Meter, deren Temperatur zwischen 44 und !12" schwankt. Die chemische Beschaffenheit derselben ist von Dr. Rigler bestimmt, aus dessen Untersuchungen es sich ergiebt, daß sie fast alle mehr oder weniger alkalinisch sind*). Die Quellen vou Brussa waren schon vor unserer Zeit^ rechnung unter dein Namen von Pithya bekannt und scheinen bei dem Byzantiner Hof sehr geschätzt oder wenigstens in der Mode gewesen zu sein, denn Thcophancs berichtet uus, daß (un, 525) die Kaiserin Theodora dieselben mit einem Gefolge von 4000 Personen besuchte. Etwa 56 Kilom. nördlich von Vrufsa befinden sich die höchst merkwürdigen Quellen von Mlova, cines an der südlichen Küste des Meerbusens von Ismid liegenden Städtchens. !)<-. Niglcr zufolge sind deren neun, die eine Temperatur von 61—65" besitzen. H. L. Smith, der die von diesen Qncllcn entwickelten Gase analysiert hat, fand, daß sie auf 100 Teile siebcnuudneunzig *) Ver^l. meine (Jeogr. pliy«. comp. dc l'A.sie Min. p. 328. __ 24 __ Teile Stickstoff enthalten, und blos drei Sauerstoff, eine vielleicht einzige Erscheinung in ihrer Art, indem die stickstoffreichsten Quellen Europas, nämlich die von Nachen, nach Vunsen 81,68" Stickstoff enthalten. Die Halbinsel Troas ist besonders üppig mit heißen Quellen ausgestattet, von denen die von Ilidja und Tuzla zu erwähnen sind. Nicht weit südlich von Kastamboli (^Ißxanärills Iroks) befindet sich das vom Ilidja bewässerte Thal. Auf der rechten Seite desselben sprudeln aus den Spalten der Trachyt-Felsen mehrere heiße Quellen von einer Temperatur von 38—47,5". Etwa 12 Kilom. südlich von dem Ilidja-Thale liegt das von Tuzla. Die dasselbe umgebenden Berge fallen, schon in einer gewissen Entfernung gesehen, durch ihre mannigfaltigen Färbungen (rot, gelb, blau u. s. w.) auf; nähert man sich den dem Thale zugekehrten Abhängen der Verge, so sieht man sie vollkommen zersetzt durch eine Menge kleiner Strahlen Sülzwasser, die aus den Spalten der Trachytfelscn sprudeln und die, in die Ebene hinabfließend, dieselbe mit einer löcherigen Kruste bedecken, die ebenfalls kleine Salzwasserstrahlen durchbrechen. Wenn man die nordöstlich vom Dorfe Tuzla gelegene Ebene betritt, fühlt man die Sohlen wie brennend, so oft dieselben in Berührung mit einer dieser fast unsichtbaren Quellen kommen, die allcrwärts ans dem Boden mit einer 78—90« Temperatur sickern. Die aus den Spalten der Felsen emporschießenden Salzwasserstrahlen werden besonders zahlreich östlich vom Dörfchen Tuzla. Etwa zehn Minuten Weges von diesem letzten, erblickt man eine prachtvolle Wasscrgarbe, deren Länge ich 1,57 Meter und die Dicke (an der Vasis) 34 Centim. fand. Der Geschmack des Wassers ist stechend salzig und ist wahrscheinlich mit Chlor-Sodium vollkommen gesättigt. Oberhalb der großen Wassergarbe sprudeln aus den Spalten der Felsen zahllose kleine Strahlen. Alle diese Gewässer bilden einen siedend heißen Bach, der von Nordost nach Südwest rasch abfließt. Auf der Tafel 3 habe ich versucht, fttg- 3. Jpetfie Salzquellen oon Zu]\a. 'Horn ißerfaffer nad) ber SRatut geseirfin«. — 26 — eine Abbildung dieser Wasscrgarbc zu geben, die ich au Ort und Stelle zeichnete. Einer der hervorragendsten Züge der Tnzla-Quelle ist ihre Temperatur, die ich schon an der Oberfläche der Gewässer als 85 —100" erhielt. Nun beträgt nach Angaben der Herren Sartorius von Waltcrshausen und Dcscloiseau die Temperatur dcs grüßen Geysers 70—80" an der Oberfläche und 122 bis l27" in einer Tiefe von 22 Meter. Wenn schon meine Thermometer nicht so tief in das Tuzla-Wasser versenkt werden tonnten, weil sie alle sogleich platzten, ist doch vorauszusetzen, daß da schon auf der Oberfläche des Wassers von Tuzla eiue höhere Temperatur, als bei der des Geysers, vorherrscht, diese Überlegenheit ihr auch ebenfalls in einer Tiefe von 22 Meter verbleibt, und somit für den Tuzla die höchste Temperatur aller bekannten Quellen ergiebt, ein Platz, den bis jetzt der Gr. Geyser auf Island behauptet hat. Ein ebenfalls ganz einzig stehender Platz gebührt den Quellen von Pambukkalcssi (in Phrygien) wegen ihrer außerordentlichen Inkrustationskraft. Obwohl unter den etwa zwanzig in Klein-Asieu von mir besuchten und beschriebenen Thermal- und Mineralquellen*) mehrere durch ihre Inkrustations-Eigentümlichkeit sich auszeichnen, ist keine, die sich mit denen von Pambukkalessi messen kann. Nördlich von der Stadt Dcnizly erhebt sich ein Plateau, Pambuk-kalessi oder Vaumwollenschloß genannt**), ein Name, der sich ausschließlich auf die den oberen Teil des Plateaus einnehmenden Ruinen der alten Stadt Hieruftolis, aber nicht auf das etwa 2 Kilom. von dem letzten entfernte Dörfchen Karahait bezieht. Deshalb ist die oft angenommene Etymologie dcs Namens, als ub er sich auf Baumwollenpflanzungen beziehe, gewiß irrig, denn obwohl in der Ebene von Dcnizly solche hie und da vorkommen, *) <5. uu'iiic iivo^i-. [)liyrf- comp. tie l'Asio Min., p. 320 301). **) Rambus ^aitmmosft', Stale ©cljsosj. — 27 — giebt cs gar keine auf dem Plateau; cs ist aber daher viel wahrscheinlicher, daß der Name von Vaumwollenschloß von der weißen Farbe und den unduliertcn Umrissen der Travertm-Massen herrührt, die so charakteristisch für diese Gcgcud sind. Die Höhe des Plateaus von Pambuk-kalcssi ist 500 Meter, somit 90 Meter über die Ebene von Dcnizly. Es besteht aus zwei übereinander gelegenen Abdachungen, in Gestalt von zwei riesenhaften Stufen. Die obere Abdachung, anf welcher sowohl die heißen Quellen als die schöne Necropolis der alten Stadt liegen, mag von Süden nach Norden 500 Meter breit sein; die untere Abdachung ist breiter und beträgt wahrscheinlich 1 Kilom. Der Umfang des Plateaus längs seines südlichen Abhanges, der sich in der Ebene von Denizly verliert, ist fast 2 Kilum. Die Wände der oberen Abdachung sind sehr steil und die dieselben bildenden, gewöhnlich 10 — 12 Meter hohen Travertin-Felscn, steigen rasch zur untern Abdachung hinuutcr; die Abhänge dieser letzteren sind sanfter uud die sie bildenden Travcrtin-Felsen 2 bis 3 Meter vertikaler Höhe. Gleich neben dem Dörfchen (auf der obern Abdachung) Karahait befinden sich mehrere Quellen, deren Temperatur 50 bis 60 Grad beträgt. Sie stürzen über die nordwestlichen Abhänge des Plateaus in einen Bach, der vou den Anhöhen hinabfließt und in den Fluß Tschckerel müudet; mehrere andere heiße Quellen strömcu läugs dcnAbhäugen des Plateaus. Die ungeheuren Kalkabsätzc, die sie bilden, nehmen immer mehr zu, je weiter man sich vou Karahait in der Nichtuug der zahlreichen Sarkophage und Denkmäler der alten Stadt entfernt. Sie alle sind mit den mamngfaltigstcn Inkrustationen überhäuft*). Zu den wirklich feeuartigcu Gestalten gehört eine vom Travertin umhüllte alte Wasserleitung, die über einen Bach geschlagen war; sie ist zu *) In meiner (!üo^r, i>1^5. on,>,^>. clo 1'^V»ie N. stellen die Tafeln 6 und ? Ansichten vc>»l diesen mit Inlnistatimis-^rbilden ilmlMten Denkmälern dar; mehrere andere Tafeln gelie» den Plan des Platmnö nnd die Lage der Quellen an. — 28 — einer malerischen, sich über den Bach phantastisch wölbenden Brücke geworden, von welcher ich Tafel 4 eine von mir an Ort und Stelle gezeichnete Ansicht gebe. Aber weder der Pinsel eines Malers noch die umständlichste Beschreibung vermag auch nur den geringsten Begriff von den bezaubernden Gemälden zu geben, die diese Gegend darbietet; es ist eine ganze Landschaft von prachtvollen, versteinerten Wasserfällen, zahllosen Säulen, Kelchen, Becken u. s. w. strotzend, die sich stets durch neue Phantastische Gebilde ersetzen. Die herrlichen Inkrustationen von Pambuk-lalesst sind in jeder Hinsicht sogar den berühmten Inkrustationen von Hamnm - Mekutin in Algerien überlegen, von denen ich eine umständliche Beschreibnng geliefert habe, sie mit denen von Klcm-Asien vergleichend^). Da die Ruinen von Hierapolis mit Travcrtin-Absätzen überladen sind, muß man annehmen, daß die Quellen ihre, von keiner Menschenhand unterbrochene oder geleitete Thätigkeit zu einer Zeit begonnen hatten, als schon Hieraftolis zerstört war; leider wissen wir nicht wann diese Zerstörung sich zutrug. Jedenfalls erwähnen Strabo und Vitruvius Hicrapolis als eine bewohnte Stadt. Strabo sagt, daß sie so reich an Wasser war, daß sie eine große Anzahl Bäder besaß; jedoch erwähnt er die Eigentümlichkeit des Wassers, sich zu konsolidieren, sodaß, wenn man es in Kanäle leitete, sich dieselben rasch verstopfen. Vitruvius berichtet, daß die Einwohner diese Eigentümlichkeit benutzten, um ihre Weingärten einzuzäumcn, und daß ein Jahr hinreichte, um eine ziemlich dicke Kruste zu bilden. Auch spätere Schriftsteller, wie Johannes von Lhdien und Stephanus Byzantinus, kannten die heißen Quellen von hieraftolis. Außer diesen Quellen erwähnt Strabo eines in der Nähe der Stadt liegenden Plutoniums (Höhle), das durch ein hölzernes Gitter abgesperrt war und dessen Inneres schwarze Dünste erfüllten, die den Boden bedeckten; er fügt hinzu, daß *) Tchihaichcs. Enpagne, Algerie et Tunisie, p. 390. ftifl- 4. ©tola(titen=3}rü(fe öon Sßam&uf-ßalefii. 23cm šBerfaffei" naiti bcr >J?a:ur gejeidjnet. — 30 — man ohne Gefahr sich dem Gitter nähern konnte, dahingegen jedes lebendige Geschöpf, das in das Innere drang, sogleich dem Tode erlag. Er führt als Beispiel Ochsen an, die anf diese Art erstickt wurden, und er berichtet, daß er selbst Sperlinge hinein ließ, die sogleich gefühllos auf dem Boden liegen blieben. Strabo behauptet, daß die Ansdunstnna.cn des Plntoninms die Priester der Cybelc unbeschadet ließen, weil sie verschnitten waren, und Ammianus Marcellinus zufolge wäre dies der Fall mit allen Verschnittenen; Apnlezns, der, wie er es ausdrücklich sagt, das Plutonium von Hierapolis selbst besuchte, wiederholt die Fabel, giebt aber anch zugleich, ohne es zu ahnen, die Eltlärung derselben, indem er sagt: „Die verschnittenen Priester pflegten stets, beim Mntritt in die Höhle, das Haupt aufrecht zu halten aä 8upern6 86MP6I- «Nil U1'!I toll«lit68". Zweifellos war das Plutonium, fowie alle solche von den Alten erwähnten, Kohlensänre entwickelnde Höhlungen, gleich dcr bekannten Hundsgrotte des Agnano-Scces in Italien. Zwar habe ich auf dem Plateau von Pambuk-lalcssi Strabos Plutonium nicht entdecken können, allein es wäre möglich, daß meine Nachfolger in diefcr Hinsicht (wie auch in vielen anderen) glücklicher als ich fein würden. Sollte aber das Plutonium wirklich nicht mehr vorhanden sein, so wäre Strabos Angabe dadurch keineswegs ungültig gemacht, denn solche Gasentwicklungen können durch sehr verschiedene Ursachen unterdrückt oder wenigstens modifiziert werden, nnd das nicht blos dnrch Verschüttungen dcr Höhlen von Menschenhand, sundern anch infolge gewisser Veränderungen in dcr Verbindung zwifchcn den unterirdischen Gasen und dcr Oberfläche des Bodens, sei es, daß durch diese Veränderungen sie eine andere Nich-tnng erhalten oder ganz aufgehoben worden sind. 31 III. Topographische Dslhnltnifss. Die plastische Beschaffenheit der Oberfläche Klein Asiens bietet eine so große Mannigfaltigkeit, daß es fast unmöglich ist, die verschiedenen, dieselbe durchstreifenden Gebirgsmassen nnter gewisse Haupt-Abteilungen zusammenzufassen. Man könnte blos in einem ganz allgemeinen Sinne annehmen, daß unter den längsten und höchsten ihrer Bergrücken die Richtungen von Nurdust und Südwest und von Südost nach Nordwest vorwalten. Einer dieser Haufttrichtungen würde der berühmte Taurus angehören, obwohl nicht in dem Sinne, wie die Alten diesen klassischen Namen gebrauchten, dem sie die verschiedensten und oft unbestimmtesten Anwendungen zu geben pflegten. Was am besten die Wichtigkeit der mannigfaltig gestalteten Bodenoberfläche Klein-Asiens hervorhebt, ist die, wenn auch nur annähernde Berechnung des von den verschiedenen plastischen Formen eingenommenen Raumes. Die Gesamtheit der mehr oder weniger wagerechten Oberflächen, sowie der Thäler und Ein-senkungcn crgiebt ein Areal von '^O8l>5 Quadratkilom. Zieheu wir diese Zahl von der, welche die Gcsamtoberfläche der Halbinsel (470000 Quadratkilom.) in den von mir derselben angewiesenen Grenzen darstellt, so bliebe für das Gcbirgs - und Hügelland 450105 Quadratkilom., somit würde die mehr oder weniger gebirgige Gegend in Klein-Asicn einen etwa zwanzigmal beträchtlicheren Naum einnehmen, als die flachen oder deprimierten Oberflächen. Berücksichtigen wir ferner die bedeutende Höhe dieses Ge-birgslandes sowohl in Gestalt von schroffen Gipfeln und Kämmen, als von ungeheuren Anschwellungen, Tafelländern, Terrassen u. s. w., so läßt es sich leicht begreifen, daß, während in Europa und in der neuen Welt die Zahl der mittlern, blos durch die — 32 — Gebirge bestimmten Höhe ciucs Landes durch den Abzug der flachen oder deprimierten Oberflächen wesentlich verringert wird, diese letzteren einen verhältnismäßig viel geringeren Einfluß auf die mittlere Höhe der analolischcn Halbinsel ausüben. Zwar ist die Anzahl der in Klein-Asien bis jetzt hypsometrisch bestimmten Punkte nicht groß genug, um diese mittlere Höhe anzugeben, so daß die Bestimmung derselben, blos auf die mir bekannten 766 Punkte*) gegründet, nur einen annähernden Wert giebt, der etwa 1000 Meter betragt. Die mittlere Höhe von Klein Asien wäre also gleich der Höhe des Mont'Dore in der Auvergne und bc. trüge fast das Doppelte der Höhe von Innsbruck und München. Allein die Elemente dieser Zahl sind sehr verschiedenartig verteilt, da mehrere Regionen Klein-Asicns in Hinsicht ihrer mittleren Höhe auf das grellste voll einander abweichen; so unter andern wäre die mittlere Höhe von Ionien, Troas und Pam-phylien 147, i?84 und 370 Meter, während Galatm, Isaurien und Lycia jede über 1000 und Cappadocicn sogar 2(XX) Meter besäßen. Jedenfalls kann man in einem sehr allgemeinen Sinne annehmen, daß in Hinsicht der Verteilung seiner plastischen Bestandteile Kleiu-Asicn sich als ein kompliziertes Gcbirgsland darstellt, dessen zentraler Teil in der Gestalt eines Plateaus deprimiert ist von etwa 800—900 Meter mittlerer Höhe. Dieses Plateau, dessen Oberfläche trotz vielfacher lokalen Abweichungen auf einer großen Ausdehnung den ihm eigentümlichen Charakter beibehält, bildet einen langen Streifen, der die Halbinsel von Nordwcst nach Südost durchzieht, uud zwischen den Parallelen von Angora und der Bergkette Bulgar-Dagh liegt, das ganze Lycaonien begreifend. Ein anderer ebenfalls hervorragender Zug in der plastischen Physiognomie der Halbinsel ist die Konzentration der höchsten Bergketten in ihrem südlichen Teile. So erstreckt sich der Tanrus -) Im Jahre 1808 belief sich diese Anzahl mif ?«tt, von welchen 614 von mir ausgeführt worden sind. ___ 33 — längs der südlichen Küste, und auch der Argcus, der als Kulminationspunkt Klein-Asiens betrachtet werden kann, indem nach meinen Messungen sein Gipfel fast 4000 Meter erreicht, ist von dem Mittclmcer blos 176 Kilom., dagegen vom Schwarzen Meere 384 Kilom. entfernt. Auch würde cm von diesem letztcrn bis zum Mittelmecre (z. V. von Samsun bis zu Alexandretta) durch die Halbinsel geführter Schnitt eine mannigfaltig gebogene und gezahnte Linie geben, deren stärkste Anschwellung au ihrer südlichen Spitze und die größte Senkung an der entgegengesetzten sich befänden. Trotz der vorherrschenden Nolle, die die Gcbirgsgruppen in Klcin-Asien spielen, schließen sie sich doch an die flachen deprimierten Oberflächen durch eine so große Anzahl von Pässen und Thälern an, daß daraus ein harmonisches Ganzes entsteht, dessen dem ersten Ansehen nach fremdartige Elemente sich durch Übergänge in einander verschmelzen. Dieser Umstand würde jedenfalls ein künstliches Verbindungssystem wesentlich begünstigen, das wirklich einst vorhanden war, wie es zahllose Trümmer und Spuren alter römischen Wege beweisen. Die moderne Wissenschaft würde ihm aber durch Herstellung von Eisenbahnen einen ganz neuen Aufschwung verleihcu, während anderseits die zahlreichen Schluchten und Engpässe, die fast alle Berge durchsetzen nnd unter denen die berühmten Pylae Ciliciae den ersten Platz einnehmen, strategische Punkte von der grüßten Wichtigkeit darbieten, so daß man Denkmäler des militärischen Schutzes und der Zivilisation sich neben einander erheben sehen wird. Betrachtet man öie endlose Mannigfaltigkeit der plastischen Physiognomie Klein Asiens, so muß man von vornherein annehmen, daß ein solches Land alle Bedingungen der ansgcpräg« testen Naturschönhcct, zugleich aber auch die schroffsten Gcgen> sätze des Klimas darbieten muß, wie es auch wirklich der Fall ist. Allerdings ist der Eindruck des Schönen und Malerischen, den eine Gegend auf den Menschen macht, etwas unbestimmbares ' Tchihatchcs, ,^>li„ Asien. 3 — 34 — nnd relatives; die Ansichten die cr erzeugt, sind so verschieden, daß sie oft von Gewohnheiten oder nationalen Vorurteilen abhängen. Die Bewohner Schottlands, Wales oder Schwedens werden in ihren nördlichen Sympathien sich gefallen nnd die Lage Edinburghs mit der von Athen, die Bucht von Dublin mit der von Neapel vergleichen; sie werden bald das üppige Grün der durch eine feuchte Luft geschwängerten Wiesen geltend machen, bald die melancholischen schwärmerischen Schattierungen eines bewölkten Himmels. Aber wie rasch verschwinden solche Erinnerungen im Angesicht der südlichen Sonne, welche die azurblaue Oberfläche des Meeres vergoldet und die anmutigen Umrisse einer Vegetation abspiegelt, deren Farbenpracht die dü-stcren Schattirungen eines blassen Himmels nicht bedarf. Und dann laßt uns auch den Eindruck nicht vergessen, den auf dcu Geist und die Einbildungskraft der Anblick einer Natur hervorbringt, deren fast beständige Iugeud sich an das Ideal des Dichters und des Christen knüpft, indem sie uus in jene abstrakte Sphäre der Vollkommenheit vcrscht, die die materiellen Bedingungen der Geburt, des Greisenaltcrs und des Todes so zu sagen ausschließt. Daher kann die Vereinigung der wesent lichen unveränderlichen Elemente des Schönen nnd Malerischen nirgends in solcher Fülle auftreten wie unter einem südlichen Himmel. Dessenungeachtet sollte man eigentlich, wenn man Klcin-Asien zum Vergleich mit solchen Ländern wählt, aus diesem Vergleich ein Element entfernen, das für die Halbinsel zu vorteilhaft wäre, ohne gerade aus dem Begriffe des Schönen und Malerischen zu entspringen; dies Element ist der unwiderstehliche Reiz, der sich an den Orient überhaupt knüpft. Der Orient, die Wiege unserer Religion nnd die Schatzkammer der reichsten, dichterischen Erinnerungen, wirkt so mächtig auf jeden gebildeten Geist, daß er unwillkürlich geneigt ist, die wirklichen Schönheiten eines Landes zu überschätzen, wo tausend Stimmen den Geist und die Einbildungskraft ansprechen und wo die Leerheit der — 35 - Gegenwart durch cine Vergangenheit erfüllt ist, angesichts deren unser junges Europa mit allen seinen sekulären Denkmälern blos als cm unmündiges Kind erscheint. In einem solchen Vergleich sollte man also, so viel wie möglich, alle Ideccn und Gefühle clitfcrueu, die nicht auf die ausschließlich physischen Bedingungen des Schönen gegründet sind. Wenden wir nun dieses strenge Prinzip auf Klcin-Asicu an, so crgicbt sich, daß dieses Land trotzdem den Vergleich mit den durch ihre Naturschönhcitcn am meisten berühmten Gegenden, vollkommen zu ertragen vermag. Denn der Taurus bildet eine Gcbirgsmasse, die häufig den erhabensten alpinen Gemälden der Schweiz, Tyrols, der Appeninen, Pyrenäen, der Sierra Nevada (Spanien) ?c., keineswegs nachstehen; die Thäler des Kalykadnus, des Meaudcr, der Iris und so manche andere habcu nm nichts die lachenden Thäler Siziliens, Kalabricns, Spaniens ?c. zu beneiden; die Gestade Paphlagonieus, des Pontus und besonders Cilkicns, Painphyliens und Lyciens sind häufig noch malerischer, als die schönsten Küsten des adriatischen Meeres und Griechenlands und wetteifern sogar mit dem prachtvollen Meerbusen von Genua uud seinen reizenden Cornichen. Die Ebenen von Vrussa, von Afiuu Karahissar, von Dcnizly. Isbarta ic., können um die Palme mit der berühmten Vega di Grenada oder den anmutigen Ebenen Lombardiens kämpfen; endlich die zahllosen Ausbicguugen, gezacktcu Vertiefungen uud maunigfaltigen Verzweigungen der westlichen Küste der Halbinsel besitzen Buchten, die wie jene von Smyrna der Bucht Neapels fast gleichgestellt werden können, ohne der Meerengen des Bosporus und der Dardanellen oder der unvergleichbaren Lage Konstantinopcls zu erwähnen, die nicht blos die malerischsten Seestädte Europas, wie Neapel und Lissabon, übertrifft, foudern unstreitig iu dieser Hinsicht den ersten Platz in der Welt behauptet, denn trotz der Pracht ihrer tropischen Vegetation, vermag auch Nio dc Janeiro, diese Königin der neucu Welt, nicht den Sieg davon zu tragen und beugt sich ehrfurchtsvoll vor der alten Stadt der Cäsarcn. 3* — 36 — Ich gcbc hier eine Skizze von Konstantinopcl, aus dem, Gebäude dcr russischen Gesandtschaft gesehen. Man sieht also, daß Klein-Asien alle Bedingungen eines höchst malerischen Landes besitzt, anch wenn man sich bemüht, die aus den Hallen der Vergangenheit auf sie hinübcrströmenden Strahlen zn verschleiern. Dieses Glanzes beraubt, bleibt es doch immer so schön, wie die schönsten bekannten Gegenden. Dies wäre also eine dcr obenerwähnten Folgerungen, die man von plastischen Verhältnissen Klein-Asicns zu erwarten hatte; die andere Folgerung, nämlich die große Mannigfaltigkeit seiner klimatischen Bcdingnngcn betreffend, bewährt sich ebenfalls vollkommen, wie es uns die Betrachtung des Klimas Kleinasiens zeigen wird. IV. Klimaiislhr Verhältnisse. Seitdem die sehr komplizierten Elemente, aus denen die meteorologischen Erscheinungen bestehen, einer scharfen Analyse unterworfen worden sind, hat es sich mehr und mehr ergeben, wie wenig die geographische Lage eines Landes die wirtliche Beschaffenheit des Klimas ausdrückt, da dieselbe ganz von lokalen, oft allen wissenschaftlichen Beobachtungen sich entziehenden Ursachen abhängt. Wenige Länder in der Welt liefern einen so auffallenden Vcwcis dieser Thatsache, wie Kleiu-Nsicn. Unter einer dcr gemäßigtsten Breiten (der von Spanien) gelegen, bieten die verschiedenen, die Halbinsel zusammensetzenden Regionen so grelle klimatische Gegensätze, daß, hätte man die geographische Lage derselben bloß nach ihrer mittleren Temperatur zn bestimmen, man glaubeu würde, sie gehören den verschiedensten, zwischen den kalten und heißen Erdgürtclu gelegenen Ländern an- Um einen allgemeinen Begriff von dieser Thatsache zu geben, genügt es, einen raschen Blick auf die hervorragendsten tlima- — 37 — tischen Bedingungen zu werfen, die die kontinentalen und die litoralen Gegenden Klein-Asiens bezeichnen. 1. Klima der kontinentalen Zone. Die teilweise durch meine Vermittelung in den Städten Kaisaria, Erzerum, Erivan und Urumia angestellten meteorologischen Beobachtungen, sowie auch die in verschiedenen kontinentalen Punkten von mir direkt gesammelten meteorologischen Data, können uns einen allgemeinen Begriff von den klimatischen Verhältnissen des kontinentalen Teiles Klein-Asiens geben. Kaisaria (38«, 42' n. B.) in cmer Höhe von 1195 m liegend, hat einen Winter wie Amsterdam (42", 22< n. B.) und einen Sommer wie Toulouse (44", 7' n. B.), was sich gar nicht mit der Temperatur verträgt, die man erhalten würde, wenn man sie nach der Breite und Höhe der zwei obenerwähnten Orte berechnete. Dies ist noch mehr mit Erzerum, Erioan uud Urnmia der Fall. In Erzerum (39«, 57< n. B., 198? m Höhe) sind die Winter im Mittel so streng als in Moskau und auf dem St. Bernard und strenger als in Petersburg (5i)", 60' n. V.); der Frühling erinnert an den von Hamburg (53", 5' n. B.), aber mit viel höherem Maxima, die so rasch auf den strengen Winter folgen, daß zwei Monate hinreichen, um das Getreide zu reifen, so daß Gerste, die Mitte Juni sich kaum über den Boden erhebt, schon am 20. August geerntet werden kann. In Erivan (40" n. B., Höhe 968 m) sind die Winter im Mittel denen von St. Petersburg gleich, aber die Sommer so heiß, daß das Thermometer im Schatten manchmal bis 45" und in der Sonne bis über 50" steigt, was den ungeheuren Unterschied von 70" zwischen dem Sommer-Maxima und dem Winter-Minima (diese letztere zuweilen 30 Grad unter Null) liefert, ein Unterschied, der dem der eisigen Gegenden von Iakutsk in Sibirien wenig nachgiebt. Endlich besitzt Urumia (37", 30' n. B.) einen Winter, der im Mittel dem von Niga (56", 22' n. B.) entspricht, und einen Sommer, der Heister als der von Nizza, Montpellier und Lissabon ist. — 38 — Kaum brauche ich zu bemerken, daß die oben erwähnten Städte keineswegs hinreichen, um uns einen richtigen Begriff von der mittleren jährlichen Temperatur der kontinentalen Zone Klcin-Asiens zn geben, auch dann nicht, wenn wir diesen Beobachtungen die meteorologischen Data hinzufügen, die ich in den Städten Kutayia, Koma, Angora, Karaman, Afiun-Karahissar, Siwas, Macher und Totat gesammelt habe. Jedenfalls können wir bis zur Erlangung befriedigender Materialien die zwölf Örtlichkeitcn benutzen, um ihre mittlere jährliche Temperatur als die der kontinentalen Zone Klein-Nsiens vorlänfig anzunehmen. Diese Berechnung würde uns zu einer Zahl führen, die sich nicht viel von der mittleren jährlichen Temperatur von Paris (die 10", 6 beträgt) unterscheidet; somit würde das Klima der kontinentalen Region Klein-Asiens (Plateaus, Thäler und die unteren Zonen der Gebirge) etwa das Klima von Paris sein, aber mit viel wärmcrem Sommer, kälterem Winter und geringerer atmosphärischer Feuchtigkeit. Diese, obwohl ganz allgemeine Veranschlagung ist übrigens durch botanische Betrachtungen unterstützt, wie es der fpäter zu gebende Überblick über die Vegetation Klein-Asiens beweisen wird. 2. Klima der litoralcn Zonen. Die Materialien, die uns hier zu Gebote stehen, sind noch karger, als die zur Schätzung des kontinentalen Klimas Klein-Asiens, denn leider müssen wir uns bloß mit vier Lokalitäten begnügen, nämlich Tarsus für die südliche Küste, Smyrna für die westliche uud Konstantinopel und Trebisond für die nördliche Küste. Das Iahres-Mittel von Tarsus (36", 46' n. V.). am Niveau des Meeres gelegen, ist höher, als die Mehrzahl der unter derselben Breite sich befindenden litoralen Örtlichkeitcn Europas, wie unter anderen Gibraltar, Kadix, Malaga u. s. w. Diese Anomalie ist durch die wirklich tropische Sommertcmpcratur von Tarsns verursacht, denn sie ist hier eben so hoch wie in Bombay (18«, 51' n. B.), Makao (22", 1' n. V.) nnd Kairo, was notwendiger Weise einen größereu Unterschied zwischen den — 39 — Temperaturen der vier Jahreszeiten, besonders zwischen denen des Sommers und Winters, hervorbringen muß, als auf den korrespondierenden Pnnkten Europas. Anders verhält es sich mit Smyrna (36", 2l;< n. V.), wo die mittlere Jahrestemperatur etwas niedriger ist, als die der litoralen Örtlichkeiten Europas unter derselben Breite. Dieses hängt davon ab, daß in Smyrna die Frühlings- und Winter-Mittel verhältnismäßig ziemlich deprimiert sind, denn das erste entspricht dem von Florenz (43" 37' n. B.), während das Winter-Mittel Smyrnas niedriger ist, als das von Neapel, Barcelona, Nizza und sogar Genua. Dagegen sind die Sommer in Smyrna im Mittel heißer, als die der Mehrzahl unter derselben Breite sich befindenden Örtlichkeiten Europas. Man kann also annehmen, daß infolge der verhältnismäßig kühlen Winter, sehr heißen Sommer, sowie auch der Temperatur-Gegensätze, die viel stärker sind, als es von ihrer topographischen und geographischen Lage zu erwarten wäre, Smyrna und wahrscheinlich der größte Teil der westlichen Küste Klein-Asicns, dessen Klima diese Stadt annähernd darstellt, viel weniger als die denselben entsprechenden Ortlichkciten Europas die gleichförmige und mildernde Witterung des Meeres erhalten, sondern sich gewissermaßen mehr dem kontinentalen oder excessiven Klima nähern. Aber nirgends treten solche klimatische Anomalien schärfer hervor, als auf den nordwestlichen und nördlichen Küsten-Regionen Klcin-Asiens, wo besonders in Konstantinopel und dem Bosporus die Wirkung lokaler Ursachen einzig in ihrer Art da^ stehende Erscheinungen erreichen. Man kann die Hauptzüge des Klimas von Konstantinopcl in folgenden allgemeinen Sätzen zusammenfassen*). Der Gang des Barometers entspricht einem mehr nördlichen Charakter als er unter dieser Breite haben sollte, indem die Schwankungen sehr bedeutend sind und einen Kampf zwischen "^ Die Klimatologie Koustmttiiwyels ist umständlich in memcm I^si1im-«> <>l, ^"n«i,!mtm!>i»!« abgehandelt. _ 40 — entgegengesetzten atmosphärischen Strömungen zu verraten scheinen. Dagegen bleiben die hygrometrischen Verhältnisse während eines großen Teiles des Jahres sich so ziemlich gleich, obwohl die drei Wintcrmonate die regnerischsten sind, indem die Lnft dann fast den vollkommenen Grad der Sättigung erlangt. Auf den Küsten Europas ist es Bordeaux, das in betreff der Feuchtigkeit mit Konstantinopel am meisten Ähnlichkeit hat, was abermals beweist, daß sowohl in hygromctrischer als barometrischer Hinsicht Konstantinoftel seine Vergleichungspunkte in nördlicheren Gegenden zu suchen hat. Als Folge der beträchtlichen atmosphärischen Feuchtigkeit sind die Wassernicderschlägc in Konstantinoftel ziemlich hänfig, obwohl sehr unregelmäßig verteilt, sodaß kein Monat von denselben völlig ausgeschlossen ist. In Hinsicht der Temperatur bietet das Klima von Konstantinopel drei merkwürdige Eigentümlichkeiten: erstens sehr große Variationen in seinen Iahrm, besonders in den Monats-Mitteln verschiedener Jahre; dann verhältnismäßig kalte Winter, die der mittleren Jahrestemperatur dieser Stadt, im Vergleich mit anderen litoralcn, etwa unter derselben Breite liegenden Örtlichkeitcn Europas, einen so niedrigen Wert geben, daß man vier oder fünf Grad nördlicher hinaufsteigen muß, etwa bis Bordeaux, Trieft oder Venedig, um die mittlere Temperatur Konstantinopcls zu finden; endlich sind die Kontraste zwischen den extremen Temperaturen sehr bedeutend, Kontraste die nicht vorübergehend oder ausnahmsweise auftreten, sondern mehr oder weniger permanent sind, sodaß man sagen kann, daß die Thermometersäule in Konstantinopel jährlich den Naum von 38, 40, ja sogar 50 Grad durchwandert. Der abnorme Charakter des Klimas von Kunstantinopcl, einzig in seiner Art für eine Breite, unter welcher Rom und Barcelona sich befinden, rührt, wie wir gefehen haben, von der außerordentlich niederen Wintertemperatur, die in gewissen, freilich fehr seltenen Fällen streng genug ist, um eine Erscheinung zu erzeugen, die als unglaublich gelten würde, wäre sie nicht auf autcntifch historische Zeugnisse gegründet: nämlich die entweder — 41 — teilweise oder totale Einfricrung des Schwarzen Meeres, des Bosporus und der Prop on t is. Ich will mich nicht länger bei dieser merkwürdigen Erscheinung aufhalten, weil ich sie umständlich in einem anderen Werke*) beschrieben habe, worauf ich meine Leser verweisen muß; jedoch glaube ich ihnen einen Gefallen zu erweisen, wenn ich hier bloß eines Ereignisses dieser abnormen Epoche erwähne, namentlich der Einfricrung des Schwarzen Meeres, des Bosporus und der Propontis, die im Jahre 762 unserer Zeitrechnung stattfand, und von der wir eine höchst interessante Relation besitzen, verfaßt von Nicephorus, Patriarchen von Konstantinopel und Augenzeuge dieser Begebenheit, die er folgendermaßen erzählt: „Am Anfange des Herbstes kündigte sich der Winter durch außerordentliche Kälte an; alle Gewässer wurden in Eis verwandelt, was einen um so tieferen Eindruck auf die Bewohner machte, da diese Metamorphose nicht bloß Süßwasser, sondern auch das Meerwasser betraf, denn der ganze Pontns Euxinus bedeckte sich mit Eis, gleich dem, das die nördlichsten Länder umhüllt. Die ganze Küste, auf welcher Mesembria und Media stehen, wurde in eine Eismasse durch den Frost verwandelt, der bis zu eiuer Tiefe von 30 Ellbogen (13, 83 m) drang. Der Schnee war in einer solchen Menge gefallen, daß er das Eis mit einer 20 Ellbogen (9, 2 ru) mächtigen Schicht bedeckte und allen Höhenunterschied zwischen der Küste und dem Meere aufhob, sodaß beide eine ununterbrochene Ebene bildeten. Alle dem Norden zugewandten Teile des Pontus-Euxinus waren zu einer Eismassc geworden, und mehrere Gegenden, besonders die den Khazarcn und Scythen nahe liegenden, wurden für Menschen wie für Tiere vollkommen unzugänglich." „Nach einem gewissen Zeiträume spaltete sich diese ungeheure krystallinische Kruste in mehrere Massen, die gleich Pyramiden aus dem Meere fich erhoben. Durch die Winde getrieben, *) Lospkai-6 Lt. Cd!i8^n!)in0iilo p. 268—318; man findet darin die zahlreichen Belegstücke für die mertwnrdiqe ^eihe v"" kalten Wintern ,yui schen den Jahren 1768 und INI«. — 42 — strandeten mehrere derselben bei Daphnusia, einem sehr festen, an der Mündung des Pontus gelegenen Schlosse; sie drangen durch den Bosporus, füllten alle Buchten desselben und vereinigten dermaßen die beiden Küsten von Europa und Asien, daß man die Meerenge viel leichter trockenen Fußes als früher zu Wasser übersetzen konnte." „Es dauerte nicht lange, bis die in dem Bosporus angehäuften Eismassen sich in die Propontis stürzten und bei Aby-dus sich in ein mächtiges Eisfeld ablagerten, sodaß die Profton-tis ebenfalls jedes Ansehen des Meeres verlor. Eine dieser riesenhaften Eisschollen, die am Fuße des Schlosses von Konstantinopel strandete, erschütterte die Stadtmauern so heftig, daß die Bewohner in Schrecken versetzt wurden. Die Eisschollen häuften sich so an, daß sie die Höhe der Mauern erreichten, und daß die Bewohner sich zu Fuß aus dem Hafen begeben konnten, um über die Eisberge iu die Zitadelle Konstantinopels hinunter zu steigen und die entgegengesetzte Küste zu erreichen, wo sich das Schloß von Galata befindet." Ein höchst merkwürdiger Umstand, der sich an die Erscheinung der Kongclation des Schwarzen Meeres, des Bosporus und der Propontis knüpft, ist, wie ich es bewiesen zu haben glaube*), daß eine solche Erscheinung, die sich nicht weniger als siebzehn mal im Laufe der historischen Periode wiederholte, nur sehr selten während der in Europa besonders kalten Winter eintrat"'). So hatte die Einsricrung des Adriatischen Meeres anno 859 und 1234 keinen Einflnß auf das Schwarze Meer. Aber noch viel ausfallender ist der Umstand, daß dieses letzte vollkommen unberührt blieb von der eisigen Periode zwischen den ") Die heftige ErderschüUernn^ im Jahre 1755, die nicht bloß Lissa-w„ zerstörte, sondern sich auf fast allen Punkten der Erde kund that, hatte cm merkwürdiges Zusammentreffen mit der Einfrienma. des Bosporus, so^ dah die Erstarnmc, der Erdoberfläche durch Frost uud die Pewegnmi d^'-selbeu durch unterirdisches ^-euer fast iielu'lienmnder stattfanden. — 43 — Jahren 1768 und 1816, eine epochemachende Periode, die vielleicht einzig in den meteorologischen Annalen dasteht, indem von den 48 Jahren die sie begreift, zwanzig derselben, fast eines auf das andere folgend, sozusagen den Anschein hatten, als ob Europa zu einer Polartcmpcratur verurteilt wäre, sodaß der berühmte Winter Moskaus, der für die französische Armee so unheilsam war, gar nichts unerwartetes oder außerordentliches darbot. Niemals hatte ein Souverän eine an kalten Wintern so reiche Periode durchlebt, als Napoleon I., und niemand war mehr befugt, als er, die Pcrsistcuz solcher Anomalieu zu berücksichtigen und dieselben als ein seit 20 Jahren über Europa hängendes Damollcs-Schwert zu betrachten. Nach solchen Erfahrungen und Warnungen war es leicht vurhcrzusehen, was mau erwarten konnte von einem Feldzug nicht bloß nach Rußlaud, soudcru anch sogar nach Italien, wo zwei Jahre hintereinander (1808 und 180^1) Neapel in tiefem Schnee lag, und wo gerade während des russischen Fcldzugs (!812) das Thermometer in Neapel 11,2« unter Zero stand, emc verhältnismäßig viel intensivere Kälte, als die in Moskau, von der die französischen Schriftsteller solches Wesen gemacht haben, um dem Klima Rußlands eine Verantwortlichkeit aufzubürdeu, die ihrem abenteuerlichen Feldherrn einzig und allein anheim fiel. Die merkwürdigen Thatsachen, von denen ich leider nnr eine sehr klein? Anzahl zu erwähnen mich begnügen muß, reichen hin, um zu beweisen, daß die außerordentlich niederen Temperaturen, die einerseits ill dem Becken des Schwarzen Meeres und anderseits in den übrigen Teilen Europas manchmal stattfinden, nicht denselben Ursprung haben. In Europa erscheinen sie als eine ausnahmsweise auftretende Störung in den meteorologischen Verhältnissen, ohne daß die Ursachen derselben in dem Bereich der Länder liegen, wo solche Störungen vorkommen^). Ganz anders steht es mit dem Schwarzen Meere, wo diese letzten bloß *) Vielleicht durch plötzliche, durch unbekannte Ursachen erfols>te M-leuNmss de5 nördlichen Luslslro»»?' »ach Weste» oder Tndweslen. - 44 — eine mehr oder minder vorübergehende Übertreibung der klimatischen abnormen aber permanenten Bedingungen sind, welche gewisse Gegenden des schwarzen Meeres bezeichnen und deren Ursachen in den an solche Gegenden stoßenden Regionen ihren Sitz haben. Der zwischen den Mündungen der Donau und des Kuban begriffene nördliche Teil des Schwarzen Meeres ist bloß die Fortsetzung der ungeheuren ebenen Oberflächen, die fast ununterbrochen sich über das ganze europäische Rußland bis zum arktischen Ozean erstrecken, sodaß die erkältende Wirkung dieses letzten aus erster Hand den westlichen Teil des Schwarzen Meeres trifft, dahingegen der östlich von der Mündung des Kuban gelegene Teil durch die Kaukasuslettc beschirmt wird. Es folgt daraus, daß die nördliche Küste des Schwarzen Meeres sich in zwei, grell von einander verschiedene klimatische Zonen teilt: eine westliche und eine östliche. Die erste allein ist durch ein Klima bezeichnet, das in keinem Verhältnis mit ihrer geographischen Breite steht, indem ihre Winter (in Odessa, Kherson, Sevastopol :c.) im Mittel kälter sind als die von Paris, Wien und sogar Berlin, dahingegen das Klima des östlichen Teiles der nördlichen Küste des Schwarzen Meeres (z. V. Redutkale, Sutum-kale:c.) sich schon ausdrücklich dem normalen Zustande nähert. Diese klimatischen Bedingungen der nördlichen Küste des Schwarzen Meeres müssen natürlicher Weise ihre Wirkung auch auf der entgegengesetzten Küste ausüben, jedoch mit einer durch die zwischen den beidcu Küstcnlimcn liegenden großen Wasserfläche gemilderten Kraft. Dies ist auch vollkommen der Fall, indem die zwei klimatischen Zonen der nördlichen Küste des Schwarzen Meeres sich ebenfalls auf der Küste Klein-Asicns wiederspiegeln, sodaß mau auch hier zwei ausdrückliche klimatische Zonen findet, von einander durch das Vorgebirge Indje-Burun geschieden, welches gerade demjenigen Punkte der russischen Küste entspricht, wo die taurischc Halbinsel die Grenze zwischen den auf dieser Küste vorhandeum zwei klimatischen Zonen darstellt. Die durch das Vorgebirge Indje-Burun bezeichnete Delimitations- — 45 - Linie ist so ausfallend, daß unabhängig von allen anderen Beobachtungen, die Erfahrung der Seeleute schon hinreicht, diesen Antagonismus anzuerkennen, denn alle die Gelegenheit haben, sich zu Schiffe von Konstantinoftel nach Trabizond oder vico voi'8H zu begeben, können uicht umhin, die schroffe Veränderung der atmosphärischen Verhältnisse wahrzunehmen, die das Umsegeln dieses Vorgebirges bezeichnen. Während meiner häufigen Seereisen längs der nördlichen Kiiste Klein-Asiens war ich fast stets durch diese Erscheinung betroffen, denn kaum hatte man das Vorgebirge umsegelt, als nicht bloß die Richtung der Winde, sondern auch der Stand des Himmels und des Meeres sich vollkommen änderte, sodaß man mehreremal plötzlich aus einem bewegten Meere in eine vollkommene Stille, oder von einem düsteren Himmel in eine sonnige Atmosphäre sich versetzt sah. Kurz, das Vorgebirge Indje-Vuruu ist der treue Ausdruck der klimatischen Gegensätze der zwei durch ihn geschiedenen Zonen, und die Gegensätze sind so scharf ausgedrückt, daß ich mich berechtigt glaubte, die zwei Gebiete durch besondere Namen zu be-zeichucn, indem ich die kalte, zwischen Konstantinopel und dem Vorgebirge Indjc-Burun begriffene Küstcnstrecke Zone des by z an tin er Klima, und die warme Küstenrcgion zwischen dem Vorgebirge und Trebisond Zone des trapczischcn Klima nannte, weil Byzauz und Trebisond (Trapezus der Alten) so ziemlich die klimatischen Eigentümlichkeiten dieser Regionen ausdrücken. Denn obwohl die beiden Städte uutcr denselben Breiten liegen, weicht das Klima Trcbisonds, trotz seiner östlichen Lage. von dem Konstantiuopels ausfallend ab. Zwar sind ihre mittleren Jahrestemperaturen nicht bedeutend verschieden, indem die von Konstantinopcl 14,27 und die von Trebisoud 14,93 betragen, aber in dieser letzteren sind die Minima viel geringer, und die Winter, besonders Herbste, im Mittel wärmer als mehrere unter derselben Breite liegenden Küstcn-Örtlichkeiten Europas, Asiens und Amerikas; andererseits ist die Sommerhitze in Trcbisond mäsüg, etwa der von Paris oder Wien entsprechend — 46 — Im ganzen gcnummcu hat das Klima Trcdisonds einen rein maritimen Charakter, wie der von Konstantinopel einen ausdrücklich kontinentalen oder exccssiven. Trebisonds Klima ist feuchter als das von Konstantiuoftel und die atmosphärischen Niederschlage häufiger und reichlicher, was ebenfalls eine Folge ist der die östliche Küstenregion des Schwarzen Meeres bezeichnenden topographischen Bedingungen, denn hier befindet sich dicfes Meer von drei Seiten mit Vergen umgeben, sodaß die, auf dem bloß im WPcn geöffneten Amphitheater sich angehäuften Dunstmafscn als Ncgcn hinabstürzen; außerdem sind Nord-Ost-Winde in Trebisond ziemlich häufig, aber sie haben nicht die erkältende Wirkung, die sie in der westlichen Region (Zone des byzantiucr Klimas) ausüben*). Da am Fuße des Vorgebirges Indje-Vurun das berühmte alte Sinope liegt, gebe ich hier eine Skizze dieser Stadt, so wie dieselbe vor dem letzteu Kriege zwischen Nußlaud und der Türkei vom Meere aus gesehen sich darstellte, denn die russische Flotte hat die Hauptgebäude zerstört. Ich kaun diesen raschen Überblick der klimatischen Verhältnisse Klein Asiens nicht schließen, ohne ein paar Worte über die Grenze der Schneclinic in diesem Lande beizufügen. Die hohen Berge Klein-Asiens sind noch so wenig wissenschaftlich untersucht, daß es unmöglich ist, die mittlere Greuze des ewigen Schnees auf denselben Zu bestimmen. Während der neun Jahre, die ich dem Studium dieses in naturwissenschaftlicher Hinsicht damals noch vollkommen unbekannten Landes gewidmet hatte, und die schwierige, alle Zweige der Naturwissenschaft umfassende Arbeit ohne irgend eine Mithülfe, so viel es meine Kräfte und Mittel gestatteten, ausführte, vermochte ich nur drei der höchsten Berge, nämlich den Argcus, den Vin-gölldagh^'') und den Vulgar-dagh, unter dem doppelten Gesichtspunkte der Vegetation und der Grenze des ewigen Schnees zu uutersuchcu. ") Vi'r^ d« tausend Sl'l'c»; cun> ^kmlich Msclhaslc Bmmmniss, dcnn ich habl' auf dk'sl'm Bcn^ schv w^ni^ S>^n (n'nlxichlrt. fyip. 5. (Einppc SSom 35eria;ier narfi ber 9iatut gejei^net. — 48 — Ich will bei dem Argcus (heute Ergias-Dagh) etwas länger verweilen, nicht weil cr der Kulminationspunkt der ganzen Halbinsel ist, sondern weil er, außer von Hamilton, noch von keinem wissenschaftlichen Reisenden vor mir besucht worden. Als ich Mitte August (annu 1849) den Argcus (38«, 30< n. A.) längs seines südlichen Abhanges bestieg, hatte man einen besonders schnccrcichcn Winter gehabt, trotzdem fand ich keine Spur von Schnee auf einer Höhe von 2463 iu, obwohl den vorhergehenden Tag ziemlich viel davon gefallen war, aber auch sogleich abschmolz. Als ich mich am 16. August auf dieser Höhe befand, beobachtete ich den hygromctrischen Stand der Luft und fand um Mittag, unter wolkenlosem Himmel die relative Feuchtigkeit 0,18; das Thermometer im Schatten zeigte 15^,3, während den folgenden Tag auf dem nördlichen Abhänge des Verges, namentlich auf dem Tekir genannten Plateau, dessen Höhe ich zu 2128 in bestimmte, die Temperatur der Luft, ebenfalls am Mittag, bloß 12 Grad war. Auf der Höhe von 3005 in, wo ich übernachtete, zeigte das Thermometer 2 Uhr Nachmittags im Schatten 6», 8 und zwei Stunden nach Sonnenuntergang 0,7; dann sank es noch bis —4 und erreichte ein Nachtminimum von -^4,7, cm jedenfalls weniger beträchtliches Minimum, als das auf dem Gipfel Mont-Vlanc ebenfalls im August (28., 29,, 30. uud 31. anno 1814) von Herr Martins beobachtete, nämlich —6,45, obwohl die Höhe dieses Giftfels (3476 ui) bloß um 471 ni die meines Nachtlagers übertraf. Ich bedaurc, die cun Mout-Vlanc angestellten Beobachtungen über das Ausstrahlungs-Vermögcn des Schnees hier nicht wiederholt zu haben, denn das unmittelbar auf dcr Oberfläche des Schnees ruhende Thermometer gab Hcrru Martins (um 12 Uhr Mittags) — )9,2 Grad, während die umgebende Luft blos —6", 45 besaß. Iudem Herr Martins das ungeheure Ausstrahlungs-Vermögm des Schnees hervorhebt, ist cr der Meinnug, daß auf dem Gipfel des Mont-Blancs im Winter bci vollkommen klarer Nacht das mit dec Oberfläche des Schnees g-ig. 6. Serg SItgeuS. 33om Serfage! r\aS) bet Katut gegei(5ttet. Tchiljalchcf, Kl>i,l^lsi!'i!. 4 - 50 — m unmittelbarer Berührungsich befindende Thermometer wohl. bis auf —43" sinken könnte. Auf der Höhe meines Nachtlagers, von dem ich hier eine Skizze gebe, lag der Schnee bloß in Streifen und Resten, die nach Aussagen meines Führers vorübergehend aufzutreten pflegten, aber auf der Höhe von 3400 iu fchien der Schnee, obwohl immer wenig verbreitet und oft ziemlich locker, nicht mehr durch Sommer-Temperatur beeinflußt zu sein. Es ist also wahrscheinlich, daß auf dem südlichen AbHange des Argeus die Grenze des ewigen Schnees etwa auf 3450 m bestimmt werden kann. Je mehr ich über 3450 m stieg, umsomehr nahm der Schnee zu, besonders in Einsenkungen zwischen Felsen angehäuft, aber auf dem größeren Teil der oberen Böschung sah ich blos Schneefetzen, die auf Abhängen von 28 bis 40 Grad Neigung sich kaum zu erhalten vermochten. Endlich auf der Höhe von 384 l in zeigte das Thermometer im Schatten unter wolkenlosem Himmel und vollkommener Windstille 11 Grad und an der Sonne (mit ungeschwärzter Kugel) 24,6; die relative Feuchtigkeit der Luft betrug 0,37 uud war folglich doppelt so stark, als auf der Höhe von 2463 m, was ich weder voraussehen, noch erklären konnte. Obwohl ich den Gipfel des Argeus auf 3841 in bestimmte, ist der höchste zu erreichende Ort von einem senkrecht, in Gestalt eines riesenhaften Pfeilers sich erhebenden Felsen überragt, der wahrscheinlich 150 bis 200 m hoch ist, sodaß man den wirklichen Kulminationspunkt des Argeus auf etwa 4000 m annehmen kann. Auf dem von mir betretenen Gipfel war der Schnee ziemlich kompakt, aber nirgends erblickte ich eine ausgedehnte Oberfläche von Eis, die als Gletscher gelten könnte. Zwar sollen solche, wie mein Führer sagte, auf den inneren Abhängen des Kraters vorhanden fein, allein senkrechte, zackige Felsen umringen dermaßen seine Ränder, daß ich desselben kaum ansichtig werden konnte, und da ich keine Vorrichtungen zu treffen vermochte, mich in denselben mit Hülfe von Stricken oder — 51 — Ketten hinabsenken zu lassen, mußte ich auf diesen halsbrechcn-den Besuch verzichten. Auch auf dem nördlichen Abhänge der Argeus konnte ich keine Gletscher erblicken, wenigstens nicht in der Entfernung, von welcher ich diesen Abhang zu betrachten im stände war. Man schilderte mir denselben als ganz unzugänglich und ich hatte nicht Zeit, die Wahrheit der Aussage zu prüfen. Jedenfalls wird, wenn das Land einst in europäische Hände gekommen ist, vieles, was jetzt als unmöglich betrachtet wird, ausführbar sein. Was den Bin-göll-Dagh betrifft, der etwa 500 Kilom. Nordostnord vom Argens unter der Breite von 30,20" liegt, so scheint dort die Grenze des ewigen Schnees im Vergleich mit dem Argcns niedriger zu sein. Als ich den 1. August 1858 den Bin-göll-Dagh längs seines nördlichen Abhanges bestieg, fand ich schon unter 3000 in Höhe breite Streifen von Schnee, die wohl permanenter Natur waren, denn nach der Erzählung meiner Führer fängt hier bereits Ende August der Winterschucc zu fallen an. Da aber meine Beobachtungen auf dem Vin-göl-Dagh den nördlichen Abhang betrafen, wahrend ich auf dem Argeus nur an dem entgegengesetzten Abhang die untere Grenze des ewigen Schnees kennen lernte, so ist es wahrscheinlich, daß diese Grenze keinen beträchtlichen Unterschied ausmachen würde, wenn man sie an dem nördlichen Abhänge dieser Berge beobachtete. Übrigens habe ich auf dem Vin-göll-Dagh keine wirtlichen Gletscher entdecken können, obwohl die Höhe des Berges nicht viel dem des Argcus nachsteht. Wie schon oben bemerkt, ist auf letzterem Berge das Vorhandensein der Gletscher zwar nicht unwahrscheinlich, aber sie müssen sich in einer Höhe von mindestens 3l!0l) in und folglich 4<_>0 in höher als das N«r ä^ (^noo auf dem Mont-Vlanc (3200 iu) befinden; ferner kann man annehmen, daß die etwaigen Gletscher des Argeus nicht tiefer als 3000 in reichen, und somit ihre untere Grenze 1W0 in höher liegt, als die des N<>r ä« sNaeu, die bei Chamounix bis 1100 in hinunter steigt. 4* — 52 — Jedenfalls crgiebt cs sich aus meinen Beobachtungen auf dem Argeus und auf dem geheimnisvollen Berge, der von den Türken Berg der taufend Seccn benannt wird, daß die untere Grenze des ewigen Schnees auf dem füdlichcn AbHange des Argeus (und wahrfchcinlich auch auf dem füdlichen Abhänge des Bin göll-Dagh) verhältnismäßig höher liegt, als in Europa und Amerika. Denn wenn wir den Argeus als Vcrglcichungspunkt annehmen und seine Grenze der Schncelinic auf die unter verschiedensten Breiten gelegenen Berge beziehen *), so crgicbt cs sich, daß, mit Europa verglichen, entweder in abfolutcm oder relativem Sinne der Cappadocische Riese fast immer in dieser Hinsicht den Vorzng behält, daß er aber diesen Vorzug einbüßt, je mehr man in östlicher Richtung vorrückt. Solltcu weitere Beobachtungen die Thatsache bewähren, daß die Grenze des ewigen Schnees im Steigen begriffen sei, je mehr man sich östlich von der anatolischen Halbinsel entfernt uud iu das Innere des großen asiatischen Festlandes eindringt, so würde diese Erscheinung beweisen, daß die atmosphärische Trockenheit ganz in demselben Verhältnisse fortschreitet, da cs keinem Zweifel unterliegt, daß die Höhe der Grenzen des ewigen Schnees hauptsächlich von der hygromctrischen Beschaffenheit der Luft abhängt. Auch scheu wir, daß wenigstens auf dem Argeus, meinen Beobachtungen zufolge, die Trockenheit der Luft sehr bedeutend ist. Das Ergebnis dieser Beobachtungen sticht aber grell von der großen atmosphärischen Feuchtigkeit ab, die Hnmboldt auf dem Chim-borazo in cincr Höhe von 5619 ni und Boussingault in einer Höhe von 6000 in, sowie auf der Pitchiucha (454? in) gefuuden haben, da in allen diesen Höhen die Luft viel feuchter war, als iu den sibirischen, am Meeresspiegel gelegenen Steppen. Die Gebrüder A. und H. von Schlagintwcit haben die relative Feuchtigkeit der Luft auf dem Montc-Nosa beträchtlicher gefun *) In meiner OlimlUolo^io ew. ä<> I'/V, N, n. 289 habc ich dir Schneelinien der in Vnrofta, Nsieu und Amevika unter der Breite des Är-geus liegenden Berge angegeben. — 53 — dcn, als in Bern, Genf, Aosta, Mailand und Turin. Endlich ergeben die hygromctrischen Beobachtungen von Kaemz auf dem Rigi (18l,0 in) und auf dem Faulhorn (2672 in) sowie die vou Vravais und Martins auf dem letzten Verge ganz andere Zahlen, als nur dcr Argeus in einer Höhe von 2463 in gegeben hatte. Sind schon unsere Kenntnisse des Argcus und des Bin-göll-Dagh so unvollkommen, so sind sie es in betreff der übrigen Verge dcr Halbinsel noch mehr. Ich will bloß erwähnen, daß einige dieser Verge, deren Höhe ich kaum auf 30l^0 ui schätzte, eine etwas niedrigere Schneclinie zu besitzen schienen, als der Argeus und dcr Bm-göll-Dagh, da ihre Gipfel schon in dcn heißesten Monatcu mehr oder weniger Schnee tragen. Unter andern sah ich dcn 23. August 1850 noch Schneemassen auf dem nördlichen Abhänge des Ilkaz-Dagh, und im Juli waren die Gipfel des Bulgar-Dagh, des Ala-Dagh und des Hassan-Dagh noch versilbert. Wahrscheinlich sind es lokale Einflüsse, die auf diesen Gebirgen die Schneclinie verhältnismäßig deprimieren, denn dcr für dcn Argcus und dcn Vin-güll-Dagh cha> raktcristische hohe Stand derselben tritt ebenfalls in den mehr östlichen Teilen der capftadocischcn, puntischcn und armenischen Gegenden auf. So glaubt M, Wagner, daß die auf dem Rande des großen armenischen Tafellandes sich crhebcndcn isolierten Kegel eine bis auf 4222 in hinaufrückende Schneelinic besitzen, während dieselbe anf den Gebirgen dcs Inncrn Armeniens die Höhe von 3ii0 und 3573 m erreicht. Fcrncr ist Karl Koch in der pontischcn Bergkette auf Beispiele cincr ungewöhnlichen Höhe der unteren Grenze dcs ewigen Schnees gestoßen, denn als er diese Bergkette nicht weit von dcr Alpe Kachgar überschritt, beobachtete er cinc üppige alpinc Vcgctatiou noch in einer Höhe von 2924 in, einer beträchtlicheren Höhe, als die, wo auf dem drei Breitengrade südlicher gelegenen Etna schon der ewige Schnee anfängt. Karl Koch glaubt uicht, daß man denselben untcr 324« iu anf den Alpcn von Kachgar cr^ — 54 — reichen kann. Außerdem macht dieser Gelehrte darauf aufmerksam, daß man auf dem von einer der Quellen des Kur (Artahan-Tschai genannt) durchflossenen Plateau in einer Höhe von 1 !>49 m Dörfer sieht, die ihre Bewohner niemals verlassen, und wo sie Viehzucht betreiben. Er meldet uns ebenfalls, daß er in Kizildcre, einem Ort, der anf dem Plateau gelegen ist, wo die Haufttquellc des Euphrates sich befindet und dessen Höhe er zu 2436 in schätzt, mit Roggen uud Gerste besäete Felder gesehen habe, von denen das erstere Getreide Mitte September vollkommen reif war. M. Wagner weist auf die wahrscheinliche Abwesenheit aller Gletscher auf den Gebirgen Armeniens hin, uud bemerkt, daß, obwohl auf dcu nördlichen und südlichen Abhängen des Ararats solche vorhanden sind, man sie keineswegs mit denen unserer europäischen Alpen vergleichen kann (sowohl in Hinsicht ihrer Mächtigkeit als ihrer Ausdehnung) und daß sie sogar jenen des Kaukasus sehr nachstehen. Der niedrigste, einst von den Gletschern des Ararat erreichte Punkt ist der Graben des heiligen Jakob in einer Höhe von 1461 m; allein nach der Katastrophe, durch welche dieser Graben umgestaltet wurde, ist alle Spur des Gletschers verschwunden. Übrigens hat man mir in Erzerum versichert, daß bedeutende Gletscher in dem armeno-taurischcn Bergsystem, namentlich in dem Distrikte Dschnlamark, südlich vom Van-See, vorhanden seien, aber soviel ich weiß, ist noch kein Naturforscher in diese wilde, unwirtbare, von Nestorianern und Kurden (dem räuberischen Stamme Hakary angehörend) bewohnte Gegend gedrungen, die ich leider nicht besuchen konnte, da sie außer dem Bereiche meiner Erforschungen in Klein-Asten lag. Wenn wir berücksichtigen, daß die angeführten Thatsachen in betreff der Höhen, wo in Armenien noch Getreide gebaut wird, sich auf Breiten von 40—41 Grad beziehen, und daß unter solchen Breiten die Grenzen des ewigen Schnees sich auf 3248, 3410, 3577 und 4222 in Höhe erheben, eine Höhe, die sogar in absolutem Sinn beträchtlicher ist als auf dem Ar- __ 55 — geus, so können wir nicht umhin, darin Erscheinungen wahrzunehmen, die die oben ausgesprochene Hypothese sehr wahrscheinlich macht, nämlich: daß die schon in Klem-Asien viel höher als in Europa liegende Grenze dcs ewigen Schnees stets (mit wenigen lokalen Ausnahmen) im Steigen begriffen ist, je mehr man nach Zcntral-Asicn vorrückt, wo sie in dem Himalaya eine ungeheure Höhe erreicht. Diese Erscheinung wird, wie schon oben bemerkt, durch eine Reihe von Umständen herbeigeführt; die hauptsächlichsten sind die Trockenheit der Luft, die Ausdehnung der Tafelländer, deren Wärmeausstrahlung die Ausstrahlung des Schnees verhindert, endlich die isolierte Stellung mehrerer beträchtlicher Gebirgsmassen und vielleicht manchmal die dunkeln Färbungen der Felsarten, Bedingungen, von denen bei dem Argeus sich mehrere vereinigt finden. Auch sind die von mir entwickelten Betrachtungen über die Grenzen des ewigen Schnees durch die botanischen Verhältnisse Klein-Asiens vollkommen bestätigt, wie wir es sogleich sehen werden. . V. Vegetation. Was vor allem die Vegetation Klein-Asiens bezeichnet, ist die wunderbare Mannigfaltigkeit ihrer Fermen, eine notwendige Folge der Bodcngestaltung und der klimatischen Bedingungen, dk ich beide in ihren Hauptzügen hier skizziert habe. Nichts giebt ciuen schlagenderen Beweis von dem Reichtum der anatolischen Flora, als die Anzahl der sie zusammensetzenden Arten. Indem ich mich sowohl auf meine eigenen Sammlungen, als auf jene meiner Vorgänger und Zeitgenossen stützte, habe ich etwa 6500 Spczics (von denen mehr als 2000 ausschließlich orientalische) verzeichnen können*), und doch war meine Arbeit *) Tchihatchcf, Asie Mineure, 3 m Partie, Elements d'une Flore de l'A. M., de l'Armenie, et des iles de l1 Archipel grec, Paris 1860, — 56 - bloß ein erster Versuch dieser Art, ohne irgend eine Anmaßung, die botanischen Schätze der Halbinsel vollkommen zu enthüllen. Dessenungeachtet ist die obenerwähnte Zahl an sich selbst vielsagend, wenn man berücksichtigt, daß diese, die zur Zeit Linnes auf der ganzen Erde bekannten Pflanzenarten übertreffende Zahl, mehr als die Hälfte der gesamten in Europa vorhandenen Spezies darstellt*), und daß ein so ungehenrer Beitrag von einem einzigen Lande geliefert ist, das etwa die Ausdehnung Frankreichs besitzt. Um eine bessere Einsicht der großen Wichtigkeit zu erlaugen, die das Pflanzenreich Klein-Asiens darbietet, wollen wir die Vegetation dieses Landes unter den folgenden drei Gesichtspunkten betrachten: 1. Verteilung der Pflanzen in vertikaler Richtung, 2. Kultur der Nahrungs- und industriellen Pflanzen, 3. Entwickelung spontaner, dem Menschen nutzbarer Pflanzen, namentlich der Wälder. 1. Nicht bloß durch ihre Mannigfaltigkeit und ihren Neich-tum ist die Vegetation Klein-Asiens merkwürdig, sondern nicht weniger und vielleicht noch mehr ist sie es durch die Eigentümlichkeit, die die Verteilung derselben in vertikaler Richtung darbietet. Jene Eigentümlichkeit besteht in einer höchst scharfen Lokalisation gewisser Spezies, besonders auf den Gebirgen, von denen mehrere, obwohl sie nur durch einen unbeträchtlichen Raum von einander getrennt sind, ein Gepräge botanischer Individualität besitzen, die kein Gebirge Europas oder Amerikas in gleichem Grade ausweisen kann. Um einen allgemeinen Begriff von dieser merkwürdigen Erscheinung zu geben, will ich hier bloß ein Paar Beispiele anführen, die ich folgenden fünf Verggruppen entnehme: Olympus (Bithynien, Höhe 1930 ui), Bulgar-Daugh (Cilictcn, 3700 m), Argeus (Capftadocicn, 3841m) und Ararat (russisch Armenien 4200 m)**). *) In seinem 8Mo^6 floras suropkL schlägt Nyman die Gefammt-zahl der in Europa wild wachsenden Spezies auf 9738. **) Ich habe ein Verzeichnis aller bis jetzt auf diesen fünf Bergen be-»dachk'k'n Pflanzen gegeben: Ntuilc!« sur lc». v^^stlltion cls8 l^uts» mon- — 57 - Nnter dm Spezics, die sich auf diesen fünf Bcrggruppen vorfinden und deren Gesamtzahl man auf etwa 2000 (in runden Zahlen) veranschlagen kann, giebt es, so viel ich weiß, keine einzige, die allen fünf gemeinsam ist, und sogar wenige, die zugleich auf drei dieser Berge wachsen. Nun sind aber die Höhenunterschiede zwischen diesen fünf Berggrnppeu bloß für zwei derselben sehr bedeutend, nämlich Olympus und Ararat. Letzterer übertrifft allerdings den ersteren nm mehr als das Doppelte, dagegen betragen die altitudinalen Unterschiede zwischen den übrigen kaum 1000 m. Andererseits ist die größte Entfernung dieser fünf Berggruppen von einander, nämlich die zwifchen Olympns und Ararat etwa 1000 kiu, das heißt, nnr um etwas größer als zwischen Paris und Berlin; endlich erreicht das Maximum der Breitcuunterschiede szwischcn Olympus uud Vnlgar-Dagh) nicht drei Grad, was dem Unterschied zwischen Paris und Antwerpen entspricht. Es ist also angenscheinlich, daß solche Gegensätze in geographischer Breite und Länge uud sogar Höhe keineswegs hinreichen, um die Erscheinung der von den fünf Berggrnftpen dargebotenen Pflanzcn-Lokalifation zu crkläreu. Am auffallendsten tritt diese Erscheinung auf dem Bulgar-Dagh hervor (der bloß 110 km vom Argeus und 170 vom Ararat entfernt ist)- unter den auf diesem Berge befindlichen Arten besteht ein Drittel aus endemischenkleinasiatischcn Spczies, von dem wiederum zwei Drittel diesem Berge ausschließlich angehören, so daß, wenn die anatolische Halbinsel durch die Originalität ihrer Pflanzenformen einen kleinen abgesonderten Staat in dem großen Pflanzenreiche bildet, der Bulgar-Dagh als un-abhängigc Republik in diesem kleinen Staate auftrit. Dies sind Erschcinuugcn, die unmöglich jetzt wirkenden Ursachen zugeschrieben werden können, und wir müssen ihre Erklärung in der geologischen Geschichte Klein-Asicns suchen, die uns auch wirklich über manche derselben belehrt. Denn wic lagnes de l'Asie Mineure et de I'Armenio, afrflebvitfft in bom JSullri-.in ile ]a Soc. l)ot de France, an. 1857. — 58 — Wir in dem weiter folgenden geologischen Überblick des Landes sehen werden, bildeten die meisten der dasselbe zusammensetzenden Gebirgsformationen lange Zeit hindurch unabhängige, einzeln aus dem Meere emportauchendc Gebilde, was der älteren geologischen Geschichte Klein-Asicns einen gewissen insularen Charakter aufprägte. Dies Verhältnis aber war der Lokalisation der Pflanzen sehr günstig, wie wir es auch noch heute in Gegenden antreffen, die, statt eine ununterbrochene Oberfläche zn bilden, in einzelne, durch das Meer von einander geschiedene Massen zerstückelt sind. Das der Vegetation Klcin-Asiens aufgedrückte Gepräge der Individualität tritt ebenfalls klar zu Tage, wenn man unter dem doppelten Gesichtspunkte der Maximalhöhe, bis zu welcher gewisse Arten (Vertreter der Alpinen Vegetation) gelangen, und der oberen Grenze der Vegetation die Flora der Halbinsel betrachtet; in beiden Hinsichten bietet Klein-Asien den grellsten Gegensatz zu Europa, wie es die folgenden Beispiele hinlänglich beweisen. Unter den 36 Spezies, die auf dem Vulgar-Dagh, dem Argeus und dem Ararat die Höhe von 3000 m. übersteigen, ist etwa die Hälfte Europa fremd, und gerade diese in Europa unbekannten Formen erreichen allein die höheren Regionen des Bulgar-Dagh, als ob dieses Gebirge wirklich entschlossen wäre, in jeder Hinsicht seine strenge Originalität vom Fuße bis zum Gipfel zu bewahren. Während andererseits auf dem Ararat mehrere Pflanzen die Höhe von 4000 m übersteigen, bildet auf dem Elborus (Kaukasus) nach den Forschungen von H. von Nadde die Höhe von 389« in die obere Grenze der phane-rogamen Vegetation; die Pflanzenwelt ist in diesen hohen Regionen durch ein Osrastiuin und ein I^iuium vertreten, die den hohen Bergen Klein-Asiens vollkommen fremd sind und sich sehr selten in den niederen Regionen der Halbinsel vorfinden. Dieser zwischen Klcin-Asien und Europa, hinsichtlich der alpinen Vegetation, vorwaltende Gegensatz ist allerdings äußerst — 59 — merkwürdig, aber die Erscheinung erlangt eine ganz besondere Bedeutung, wenn man berücksichtigt, daß die Klein-Asien fehlenden alpinen Arten gerade solche sind, die massenhaft in den Ländern auftreten, wo die Glacial-Perioden die meisten Spuren hinterlassen haben. Die Mehrzahl der unter den verschiedensten Breitengraden in Europa, Asien nnd sogar Amerika liegenden alpinen Pflanzcnzoncn enthalten gewisse Arten, die sich augenscheinlich an eine Epoche knüpfen, während welcher ansehnliche Teile unserer Erde eine bedeutende Erkältung erlitten, so daß diese Arten gewissermaßen als Vertreter oder Überreste der glazialen Periode betrachtet werden müssen. Obwohl nun ihrer Höhe und ihrer geographischen Breite wegen viele Verge Klein-Asiens die für die Entwickelung der alpinen Flora günstigen Bedingungen vollkommen besitzen, fehlen ihnen dessenungeachtet die am meisten charakteristischen Arten dieser Flora, wie sie in Europa und anderwärts üppig auftritt. So unter anderen vermißt Klein-Asien fast alle kosmopoliten Formen, die, wie die Gletscher-Ranunkel (I5a.nunou1u8 Si^oialis), die stengellose Silene (Vilsns aollnii«), der Nri^on unitlorus?c., ebenso bezeichnend für die hohen Regionen der Schweiz, Deutschlands und Frankreichs, als für die eisigen Gestade Grönlands, Skandinaviens und Lapp-lands sind. Ferner entbehren die Gebirge Klein-Asiens aller der übrigen Vertreter der auf den europäischen Alpen so verbreiteten eigentlichen alpinen Flora, wo sie fast immer zusammen in Arten auftreten, die in Klein-Astcn entweder vollkommen nnbekannt oder äußerst selten sind, wie z. B. die achtblumenblättcrige Wald-Nymphe (vr^ÄZ ootopewia), der nacktstengclige Mohn (?^v(>>-nnäi^ui^), das entgegengesetzt-blätterige und das Baicrischc Steinbruch (8ll.xitrn.^ o^o^t'niiu, und 8. dav^ioa), die kalte Hungersblume (vr^ba, tri^iHa), die lrautartige und die flache Weide (8a1ix Iiordaosa und 8. i-sw^), die Zwergbirke lL«tuI^ imuu) :c. Hier haben wir also ein höchst belehrendes Beispiel, daß man durch rein botanische Beobachtungen geologische Erscheinungen mit großer Sicherheit entdecken kann, denn wie wir — 60 — später sehen werden, ist die ans dem Studium der Vegetation dieses Landes sich so scharf ergebende Abwesenheit der glazialen Periode dnrch geologische Thatsachen vollkommen bestätigt. Betrachten wir mm die obere Grenze derVaum- und Strauch-Vegetation, so sehen wir die Gegensätze zwischen Klcin-Asien und Europa auch in dieser Hinsicht grell auftreten. Hier will ich bloß ein paar Beispiele anführen. Mehrere, unter den Waldbeständen Europas eine hervorragende Nolle spielende Arten fehlen Klein-Asien entweder vollkommen, wie unter andern die Lärche und die Birke, oder sind dort änßerst selten, wie die Not-Tanne s^di»8 - 6«m^n^ den Hafer ganz aufgcgebeu hat und ihre Pferde bloß mit Gerste und Mais füttert.^') Leider ist, mit der einzigen lokalen Ausnahme zu Gunsten des Mais, der Anbau der Getreidcarten, und folglich der Acker-bau überhaupt, auf der Halbinsel ziemlich vernachlässigt. Ohne *) Compte rendus des seances de l'Acad. des Sc, an, 1882, T. XCIV, p. 1156. **) SSergl. Bull. Soc. d'Acclimat. an. 1882, T. IX, p. 499. — 67 — der groben Vorrichtungen für die Bearbeitung zn gedenken, die oft ganz an primitive Zeitalter erinnern, ist in Klein-Asicn kaum der vierte Teil des Produktiven Bodens dem Ackerbau anheimgefallen, und doch giebt da, wo er verhältnismäßig einen höheren Grad von Entwickelung erlangt hat, namentlich in den westlichen und zentralen Gegenden der Halbinsel, der hänfig gar nicht gedüngte Boden zehn- bis zwanzigmal so viel, als des gcsäeten Kornes. Dies ist z. B. in Angora der Fall, wo der im Mai mit Sommerweizen nnd im Dezember mit Wintcrwcizen besäcte Boden, der nicht einmal gedüngt wird, sondern bloß nach jedem zweiten Jahre brach liegt, vierzehn Körner für eins liefert. In Siwas, dessen Klima nicht bloß dem Weinbau, sondern sogar der Tabak-Kultur wenig günstig ist, erhält man ill guten Jahren, besonders wenn der Boden mit Schafmist gehörig gedüngt worden, fünfzehn bis zwanzig Körner für eins; der Roggen kostet dort 20 Para das Oka (etwa 25 Centimes das Kilogramm) und die Gerste 10 Para das Ota. In den Umgegenden Tokats, wo der Boden gedüngt wird, gewinnt man 10 bis 15 Körner. In dem Mcander-Thal giebt der gewöhnlich im Dezember ge-säete Winter-Weizen 15 — 20 Körner, dies gilt auch von dem Thale des Cmcus (Vakur-Tschai), und obwohl bloß ein Teil desselben angebaut ist, sendet er jährlich den zwei Häfen von Anvaly und Tschanderlyt etwa 800 000 Kilogramm Weizen zur Ausfuhr, namentlich für Trieft, Genua und Marseille. In Samsun erhält man von dem nicht gedüngten, aber nach jeder Ernte zwei Jahre lang brach liegenden Boden 10—15 Körner für eins. Die schöne geräumige Ebene von Tschukur-Owa in Cilicicn, die sich von Tarsus bis Adana erstreckt, liefert ohne Dünger 30 und sogar 60 Körner; in der Provinz Djanik, wo der Boden ebenfalls nicht gedüngt wird, sondern zwei Jahre brach liegt, geben Weizen, Roggen und Gerste 20 — 30 Körner, und der türkische Weizen erlangt dort eine solche Entwickelung, daß ich manchmal zwei ahrentragende Stengel beobachtet habe, von denen jeder 300—350 Körner trug. Endlich exportieren die Bezirke 5* — 68 — (Saudjal) von Amazia, Mersivau, Zille, Tschorum, Tachova und Aozok jährlich etwa 5 Millionen Kilogramm Weizen nnd 2 Millionen Kilogramm Gerste nach Konstantinopcl. Diese Beispiele, die ich leicht weiter fortführen könnte, beweisen hinlänglich, welche glänzenden Resultate der Ackerbau in Klein-Asien erhalten könnte, besonders wenn man berücksichtigt, daß die von mir angeführten Örtlichkeiten nicht gerade zu den ausnahmsweise begabten gehören. Denn unter den beträchtlichen, öde liegenden Gegenden giebt es solche, die alle Bedingungen besitzen, um die Arbeit des Landmannes mit außerordentlichem Erfolg zu krönen. Um nur ein einziges Beispiel dieser Art zu geben, das ich aus der Nachbarschaft Konstantinopels selbst entlehne, will ich der schönen, sich zwischen Adabazar und Sukumeni (Bithymen) entfaltenden Ebene Erwähnung thun, die von West nach Ost eine Ausdehnung von etwa 10 Kilometer hat und fast ebensoviel von Nord nach Süd. Sie besteht aus schwarzem, fettem Humus, und könnte leicht in große, üppige Getreidefelder unigewandelt werden, und doch ist sie (wenigstens als ich sie zuletzt im Jahre 1869 sah) fast eine Wüste. Ähnliche Beispiele treten uns auf sedem Schritte im Inneren der Halbinsel entgegen, wo unter den öden, unangebauten Gegenden sich gerade solche befinden, deren Boden aus desagregiertcn eruptiven Felsarten, wie Trachyt, Dolerit, Basalt :c. besteht, welche für die Entwickelung der Cerealicn die günstigsten Mineral-Substanzen liefern. Daß alle diese öden Gegenden einst vollkommen angebaut waren, dafür haben wir zahlreiche und schlagende historische Beweise, aus denen sich ergiebt, daß Klein-Asien nicht bloß unter den Griechen nnd Römern, sondern auch noch zur Zeit des byzantinischen Reiches, gleich Sicilien, für eine unerschöpfliche Kornkammer galt. So sagt unter anderen Demosthenes, daß der Bosporus und die Propontis die Republik von Athen mit Getreide versorgten; der Bosporus allein, der heute ziemlich magere Ernten bietet, führte jährlich in Athen 400000 Medimnen (320 — 69 — metaischc Zentner) Getreide ein. Nicephoras Grcgoras meldet*), daß Konstantinopel nnd Tracien ihre Gctreidevorrätc aus Klcin-Asien bezogen, namentlich aus Phrygien und Vithynien. Letztere Gegenden waren zur Nömerzeit in dieser Hinsicht unerschöpfliche Quellen, denn der Konsul Manlius Vulco requirierte von Phrygien 70 000 Hektoliter Getreide, und nach Titus Livius^) lieferten die vier Städte Tabes, Cybera, Termessus und Saga-lassus dem Konsul Manlms bloß im Zeiträume eines Sommers über ii000 Hektoliter Getreide und etwa neun Millionen Franken in Münze. Titus Livius scheint diese ungeheuren Kontributionen gar nicbt als unverhältnismäßig mit den Hilfsmitteln der beteiligten Ortlichkeitcn zn betrachten und begnügt sich, den Reichtum der Bewohner von Sagalassus und die Fruchtbarkeit ihres Bodens zu erwähnen. Heute sind diese damals prächtigen Städte durch die armseligen vier Dörfer: Davas, Harsund, Istanaz und Aglassan vertreten, wo ich manchmal nur mit Mühe Futter für meine Pferde finden tonnte, und die alle vier vereinigt gewiß nicht im stände waren, mehr als 50 Hektoliter Getreide nnd ein paar Hundert Franken zu liefern. Ammianus Marccllinus^*) bezeichnet Isaurien als ein ungemcin fruchtbares Land: „uksris tlu^iwis lurüti»"; heute zeichnet sich Isauricn durch Mangel an irgend welchen Früchten aus; Cornelius Ncposs) zufolge war Carien unter der persischen Herrschaft die reichste Provinz Klein-Asiens, heute gehört sie zu den ärmsten; endlich erwähnt Thcophrastcs'sf) die Gegend von Cilicien als berühmt dnrch ihren ausgezeichneten Weizen, heute ist die Gegend bloß durch Ruinen alter Städte, durch Räuber, Diebe und Fieber ausgezeichnet. Es ist leicht begreiflich, daß, wenn scholl der Ackerbau, der den Menschen mit den nncntbchrlichstcn Erfordernissen des Lebens versorgt, sich in einem, den natürlichen Beschaffenheiten des Bodens so wenig entsprechenden Zustande befindet, dieser Gegen- *) Hist. ]{.yz., XIII, 12. **) Hist. Uom. XXXVIII. ***) XIV, 8. f) Vila Age«., Ü, (i. ft) VIII, 8. — 70 — satz noch schärfer hervortreten muß, wenn es sich um weniger nutzbare Gewächse handelt, wie z. V. den Ölbaum, den Maulbeerbaum, die Baumwollenstaude, den Weinstock:c. Zwar ist die Olivenkultur auf der zwischen Konstantinopcl und Samsun gelegenen Küste durch ganz besondere klimatische Verhältnisse (v. p. 43) ausgeschlossen, sie gedeiht aber vortrefflich auf dem zwischen Samsun und Trebisond sich erstreckenden Litorale. Ich gebe hier eine Skizze von Trcbisond. Trotzdem wird sie dort in einem sehr beschränkten Maßstabe betrieben und befriedigt kaum die Erfordernisse dieser Küstenregion, während zur Zeit Strabos die Gegenden von Amisus (Samsun) und Sinope durch ihre Olivenbäume berühmt waren: ja die Oliveukultur drang zu jener Zeit bis in das Innere der Halbinsel, wo diese Bäume heute keine Spur hinterlassen haben. So erwähnt Strabos zwischen Sinnada und Docimia einer 60 Stadien (mehr als 11 Kilom.) langen Fläche, die mit Olivcnbäumeu dicht bepflanzt war. Das durch seine Marmor-brüchc bekannte Sinnada befand sich aber nickt weit von dcr jetzigen Stadt Afium-Karahissar, und folglich in bedeutender Entfernung von der See, da der Adalia-Meerbusen, der dieser Gegend am nächsten gelegene maritime Puutt, noch immer über i!0() Kilometer entfernt ist, eine Thatsache, die auch in botanischer Hinsicht von Interesse ist, indem die Olivenkultur in solcher Entfernung vom Meere nur selten gedeiht. Besonders könnten die westlichen und südlichen Kiistenregioncn Klcin-Asiens die europäischen Märkte mit einer ungeheuren Menge vorzüglichen Öls bereichern, und doch liefert Troas, Lydieu, Ionien und Caricn, wo diese Kultur verhältnismäßig am meisten entwickelt ist, nur einen Ertrag, dcr sich durch Geringfügigkeit und schlechte Qualität auszeichnet, während auf den Küsten Cilicicns der Olivcnbaum bloß wild auftritt. Nicht anders steht es auch mit dcr Baumwollenstaude und dem Maulbccrbaum. Die erstere wird nur in sehr kleinem *) XII, 8. 8% 7. Srebifonb. 33om Seriafier nad> ber 'Jfatuc geäeic^net. — 72 — Maßstabe angebaut, jedoch reicht die geringe Ausbeute schon hin, um einen Begriff von der Ausdehnung zu geben, die dieselbe erreichen würde, wäre die Industrie in europäischen Händen, da in der Umgegend von Tarsus die aus Egyvtcn bezogenen Saaten prachtvolle Ernten liefern. Auch sind mehrere Gegenden Klein-Asiens ganz besonders für die Seidenzucht geeignet, denn der Maulbcerbaum gedeiht dort fast allcrwärts und zwar auf viel beträchtlicheren Höhen, als in Europa; trotzdem ist auch dieser Gewerbszweig wenig ausgebeutet. Schließlich ist der Weinstock noch nicht Gegenstand einer irgendwie wichtigen Handclsmdnstric in der Türkei geworden, da der Koran den Gebrauch gegorener Getränke untersagt, ein Verbot, das indessen heute so wenig berücksichtigt wird, daß. wenn die Muselmänner mit derselben Bereitwilligkeit sich christliche Gebräuche aneigneten, mit welcher sie sich mit den Gaben Bacchus befreunden, sie schon seit langer Zeit nichts mehr von den Christen zu erlernen hätten. Trotzdem ist ihre ausdrückliche Sympathie zu Gunsten des verbotenen Getränkes nicht hinreichend, um ihnen die Weinvcrfcrtigung selbst zu gestatten. Die Zeit liegt noch fern, wo die türkischen Landbesitzer im stände sein werden, ihre vortrefflichen Neben zur Wcinerzcugung zu verwenden. Ans diese Art allein wären die Türken im stände, das Übel zu vergüten, das sie durch oie Vernichtung dieses wichtigen Gewerbszweigcs in einem Lande verschuldet haben, das nicht bloß durch seine Weine berühmt war, sondern anch als die wirkliche Heimat des Wcinstockes betrachtet werden kann. Sicher hat nur eine gründliche Beleuchtung der aus den Wcinstock bezüglichen Zeugnisse der alten Schriftsteller den gelehrten Botaniker Meyer") zu der Folgerung veranlaßt, daß der Weinstock in '^) Vc>lanische (5rläu, Arabern wenig bekannt, sogar im zehnten Jahrhundert' endlich scheint der Name Portugal, mit welchem die Tnrtcu lMtzntage die Orange bezeichnen, darauf hiuzudeutcu, daß der Orangenbaum durch die Portugiesen, wahrscheinlich im Mittelalter bekannt geworden ist. t) in. ff) Nat, Hist., XV, 13. — 79 — sagen, daß dieser aus Egyptcn nnf Rhodos eingeführte Baum bloß blühetc, abcr leine Früchte trug. Endlich ist der Iohannisbrotbaum <^oi^wnil>, «üi^uli) auf der ganzen südlichen Küste Klcin-Asicns nicht bloß ein sehr kräftiger Baum, sondern seine Früchte, die bisweilen süßer und geschmackvoller sind, als die in Europa, bilden auch für die ärmeren Klassen ein Hauptnahrungsmittel. Als ich zwischen Sclevke und Kelandria (Küste von Cilicieu) dnrch stürmisches Wetter halt zu machen gezwungen war, schlng ich meine Zelte in der Nachbarschaft mehrerer Hütten auf, wo ich meinen vollkommen erschöpften Proviant wenigstens durch irgend etwas Genießbares ersetzen zu können hoffte, allein ich fand die Hütten verlassen oder richtiger gesprochen verrammelt, da die Bewohner derselben mit ihrem Vieh in das höhere Gebirge gezogen waren. Notgedrungen brach ich die verrammelten Thüren auf und fand zu meinem Erstaunen fast den ganzen innern Raum derselben mit Haufen von getrockneten Hülsen des Iohannisbrotbanmes erfüllt, die augenscheinlich die Wintervorräte der Inhaber darstellten. Fünf Tage lang bildete dies für mich, meine Leute und Pferde die einzige Nahrung, denn die Plötzlich ausgetretenen Bäche und Gewässer hatten alle Verbindungen mit den Nächstliegenden Städten und Dörfern abgeschnitten. Wahrscheinlich ist der Gebranch der Hülsen des Iohannisbrotbaumes als Nahrungsmittel, wenigstens in Klem-Asien, sehr alt, und es ist gleichfalls wahrscheinlich, daß der Baum aus diesem Lande stammt. Theophrast"), der ihn ganz richtig beschreibt, erwähnt denselben bloß in Ionicn und auf der Insel Rhodos, und Galienus sagt ausdrücklich, daß der von den Griechen als s!m'is nomadischen Elauen auffallen to'nnte. 6* — 84 — bemerkt) war Lycaonien schon zu Strabos Zeit entwaldet, da er es als ax^ion bezeichnet, aber diese Bezeichnung schließt die Möglichkeit gewisser lukalen Ausnahmen nicht aus, und vielleicht ist es gerad? dieser Gegensatz zwischen einer solchen ausnahmsweise begünstigten Örtlichkcit und dem übrigen Lycaonien gewesen, der die Slaven sie B or zu nennen veranlaßte. Jedenfalls findet dieses philologische Argument noch in dem Umstände eine Stütze, daß in Dalmatien mehrere heute (aber wahrscheinlich nicht ehemals) unbewaldcte Örter Vor heißen; hier kann kein Zweifel über den Ursprung der Wörter obwalten, da Dalmatien von einer vollkommen slavischen Bevölkerung bewohnt ist. Diese Beispiele, die ich sehr leicht noch weiter ausdehnen könnte, reichen zum Beweise hin, daß in Klein-Asien das Werk der Entwaldung stets im Fortschritte begriffen war, eine Erscheinung, die sich hinlänglich erklärt, wenn man berücksichtigt, daß außer politischen Ursachen, die in Europa, wie in Klcin-Asicn den Wäldern ungünstige waren, die anatolischc Halbinsel noch anderen zerstörenden Faktoren ausgesetzt war. So z. B. geht aus den Aussagen des Thucydides, Theophrastes, Polybios und Plinius hervor, daß gewisse Gegenden der Halbinsel, namentlich Bithynicn, Pontus, Phrygien und Cilicicn ihre Forsthilfsmittel durch die ungeheueren, rücksichtslosen, an die Hauptstaaten des Altertums gemachten Lieferungen von Bauholz erschöpft haben. Den letzten Todesstoß versetzte aber diesen Hilfsmitteln das Eindringen der Hirtenvölker, die seit dem 12. Jahrhundert ununterbrochen in Klcin-Asicn einwanderten und sich eines nach dem andern dort mit ihren Herden ansiedelten. Ganz anders verhielt es sich mit Europa, wo die nordischen hincingedrungencn Barbaren statt des tzirtenwcsens einen militärischen Feudalismus einführten, der die Gründung des Rittertums zur Folge hatte, dessen Neigungen und Sitten sich nicht bloß mit dem Vorhandensein der Wälder sehr gut vertrugen, sondern auch die Erhaltung derselben förderten. Zahlreiche von H. Maury angeführte Dokumente beweisen die Fürsorge der reichen Vasallen und selbst der — 85 — Könige zu Gunsten der Wälder, welche die Schaubühne uud deu Schauplatz für die Jagd bildeten, so daß, wenu es an der Zeit war, auf Kosten derselben dem Ackerbau Begünstigungen zu gewähren, die Vorliebe fiir die Wälder schou so groß war, daß sie keineswegs Gefahr liefen, rücksichtslos aufgeopfert zu werden. Wenn einerseits der Pflug des Ackermannes die Baumvegetation immer weiter zurückdrängte, und die Huldigung der Diana nicht mehr die Macht besaß, der Herrschaft der Ceres zu widerstehen, so fanden doch Könige und Vasallen in den Erfordernissen des Schiffbaues und anderer öffentlichen Dienste gewichtige Gründe, ihre Wälder zu beschützen. Dank der in dieser.Hinsicht getroffenen energischen Maßregeln erschienen in Frankreich seit dem 10. bis zum 14. Jahrhundert die Wälder fast ebenso zahlreich und dicht, wie sie in Gallien vor der römischen Eroberung waren*). Das successive Verschwinden der Wälder in Klein-Asien hat bestimmt einen bedeutenden Einfluß auf die klimatischen Bedingungen dieses Landes ausgeübt, allein, um diese Frage vollkommen würdigen zu können, muß man darüber im Klaren sein, ob die Entwaldung in gleicher Weise auch auf den nördlichen, westlichen und östlichen Küstenlinicn des Schwarzen Meeres stattfand, denn es ist augenscheinlich, daß das Vorhandensein resp. die Abwesenheit der Wälder auf diesen Küstenlinien die Wirkung dcr über das Schwarze Meer auf die Küsten Klein-Astcns wehenden Winde, wesentlich modifizieren mußte. Glücklicherweise liefern uns sowohl Schriftsteller des Altertums, als des Mittelalters wertvolle Nachrichten über diescu Gegenstand, die Herr Neumann in einem gediegenen Werke zusammengestellt und kritisch beleuchtet hat**). Es ergiebt sich aus dieser Arbeit, daß zur *) Vcissl. Maury, Histoire des grandes forets, p. 228, **) Die Hellenen des Skythculandes, Vd, I, S. 80-92. Pallas war Zeuge der Verwüstung der iwch zu seiner Zeit vorhandenen Waldungen in den Gouvernements Simbirsk und Pensa, und culwlrft eine lebhafte Schilderung dieser bardarischen Verheerungen; zugleich macht dcr berühmte Na- — 86 — Zeit Herodots dichte Wälder, die zwischen dem Dnieper und der Bucht von Perekop gelegene Küstenregion bekleideten, und daß diese Wälder, wenigstens teilweise, noch im 17. Jahrhundert vorhanden waren, wo sie über das ganze südliche Rußland bis zu den heute vollkommen nackten Steppen des Gouvernements Saratow hineindrangen. Daraus läßt sich eine interessante Folgerung ableiten, nämlich die, daß die abnormen klimatischen Verhältnisse, die jetzt auf der nördlichen Küste Klein-Asiens obwalten, hauptsächlich von der Entwaldung Süd-Rußlands abhängen, und daß sonnt diese Küste ehemals nicht so strenge Winter hatte wie heute, indem die Wälder Nußlands auf die zwischen Konstantinopel und Sinope sich erstreckende Küste eine beschützende Wirkung ausübten, wie etwa die Kaukasuskettc auf dem östlichen Teile des Schwarzen Meeres. Dieselbe Vewandnis hatte es wahrscheinlich mit den westlichen Küsten des Schwarzen Meeres, wo die noch in Epirus, in Thracien und Thessalien vorhandenen Wälder bloß kärgliche Überreste der einst viel beträchtlicheren Waldungen sein mögen. Schließlich besitzen wir noch einen anderen Beweis der ungeheuren Entwaldung, die Klein-Asien und die europäische Türkei erlitten haben, daß ist das Verschwinden einer großen Anzahl wilder Tiere in jenen Gegenden, die sie ehemals bewohnten, wie wir es bei der Betrachtung der Fauna Klein-Asicns sehen werden, zu der wir jetzt übergehen. tnrforjcher folgende wichtige Bemerkung! „Tic liis auf drei Spannen dicke Pslanzenerde ('1'oliei-no^in), rührt unstreitig von vormaligen, diese Gegen dcn bedeckenden Waldungen her." Dem fetten Humusboden, dem Prodnlt ehemaliger Laubwälder, welche diese ganze Gegend, auch jenseits der Wolga, in der Nichtnna. anf Uralst hin bedeckten, ist die ganz außerordentliche Fruchtbarkeit zuznschreiben, welche die Gmioernemenls Pensa, Simbirsk, Saratow nnd Woronesch auszeichnet, Der Chemiker M'bel, der die Verschiß denen Vodensartrn dieser Gegenden wissenschaftlicher Analyse unterworfen hnt, !l,ei!l die Ansicht von Pallas. 87 VI. Tierreich. Die merkwürdige Erscheinung der Lokalisation, die, wie wir früher gesehen haben, die Vegetation Klcin-Asiens bezeichnet, führt naturgemäß zu der Frage, inwiefern diese Erscheinung auch in dem Tierreiche der Halbinsel sich abspiegelt. Dank der Bewegungsfähigkeit, die es ihnen gestattet, lokalen Einflüssen auszuweichen und sich in Verhältnisse zu versetzen, welche ihrem Organismus am meisten entsprechen, drücken Tiere weit weniger als Pflanzen die klimatische Physiognomie eines Landes ans; daher ist man nicht berechtigt, in der Fauna Klcin-Asicns jene stark ausgeprägten lokalen Typen zn erwarten, welche die schroffen klimatischen und topographischen Gegensätze der Halbinsel in botanischer Hinsicht so scharf bezeichnen und so treu wiedergeben. Jedoch sind nntcr den Tierarten, welche KlciwAsien bewohnen, mehrere dem Orient überhaupt oder gerade dieser Halbinsel eigentümlich, während einige der europäischen Arten, besonders solche, die dem Menschen dienen, ein großes Interesse darbieten und zwar wegen der historischen Erinnerungen, die sich an dieselben knüpfen, nnd die es gestatten, entweder die Zeit ihrer Einführung in die Halbinsel annähernd zu bestimmen, oder die seit dieser Zeit vorgegangenen Veränderungen in denselben zu konstatieren. Wir wollen uns deshalb nur auf diejenigen Ticr-formen Klein Asiens beschränken, welche dieses doppelte Interesse bieten, nämlich anf die ausschließlichen oder lokalen Tierarten und auf solche, die mit historischen Erinnerungen ver-bnnden sind. Unter den in einer oder der andern der erwähnte,! Bezieh-nngeu merkwürdigen Arten zeichnen sich besonders die zu den Geschlechtern des Hundes ((^ni8), der Katze (I^!i6), des Pferdes <^(Mi«), des Schafes (Ovi,^) und der Ziege ((^>rl>.) gehörigen aus. 88 Der Hund, wie er in Klein-Asien auftritt, hat das Eigentümliche, daß er der H^äi-opkokia sehr wenig ausgesetzt ist, einer Krankheit, welche viel schlimmere Folgen haben könnte als in Enropa, da der Hund hier fast im wilden Zustande lebt und seine Vermehrung durch nichts beschränkt wird. Der Umstand, daß die Huudeswut in mehreren Teilen des Orients, wenn auch nicht gänzlich fehlt, so doch überaus selten vorkommt, ist um so unerklärlicher, da die Sommer dort sehr heiß und die stagnierenden, Fäulnis erzeugenden Gewässer sehr zahlreich sind. Es wäre demnach von Wichtigkeit zu erfahren, ob die Alten die Il^äro pkodia, in den Landern, welche das heutige osmanischc Reich bilden, jemals erwähnt haben. Aus den von mir angestellten, über die Schriften der griechischen und römischen Ärzte, Naturforscher und Geographen sich erstreckenden Nachforschungen^) ergiebt sich, daß diese Schriften nicht nur keinen Hinweis auf das Vorkommen der erwähnten Krankheit in der anatolischcn Halbinsel enthalten, sondern, daß nach allen Anzeichen zur Zeit der Alten die ü^äropliodia überhaupt weder so verbreitet, noch so heftig war wie heute, obgleich damals die Huudcrasse nicht die greuzenlose Unabhängigkeit genoß, die sie heute im Orient besitzt. Betrachten wir außerdem, daß auch in Algerien vor der Eroberung der Franzosen die H^äropliolim fast unbekannt war, seit dieser Zeit aber immer häufiger auftritt^), so kommt man unwillkürlich zu dem merkwürdigen Schlüsse, daß die neuen Verhältnisse der europäischen Zivilisation eine geheimnisvolle Ursache enthalten, welche die Entwickelung dieser schrecklichen Krankheit begünstigt. Von Interesse einer anderen Art des Hundegeschlcchtes ist der Schakal ((^ni« aursn»), welcher einen höchst orientalischen Typus darstellt. Dieses Tier scheint nicht bloß Europa fremd, sondern auch in der Hellenischen Halbinsel, in Thracien und den *) Vergl. Tchi hatches, Aaie Mineure. CHmatologie fit Zoologie. p. 592-599. ^) Verql. KjuKiU'in, Epiigne, Algerie el Tunisie, \k 362. — 89 — Donau-Fürstentümern sehr selten zu sein. Im 16. Jahrhundert war cs noch der Mehrzahl der Gelehrten unbekannt, denn Pierre Belon erwähnt dasselbe als ein ganz absonderliches Geschöpf, dessen Sitten er mit jener biblischen Naivetät schildert, die den Erzählungen des berühmten Naturforschers von Mans einen ganz besonderen Reiz verleihen; dies ist unter anderen der Fall mit der folgenden Stelle bezüglich des Schakals, die ich in seiner altertümlichen Sprache und Orthographie wiedergebe: „il y a une maniere de petits taups par la Cilicie et aussi gcnerale-nient par toute 1'A.sie, qui empörte et devaste tout ce qu'il peut trouver des hardes de aux qui derment Teste hors du Carabachara (Karavan-Sarail). C'est une beste entre loup et chie duquell plusieurs autlieurs anciens et arabes ont fait mention. II est si larron qu'il vient la nuiet jusqu'aux gens qui dorment, et empörte ce qu'il peut trouver come chapeaux, bottes, brides, souliers et autres hardes. II ne va jemais seul, mais en Compagnie, jusqu'ä etre quelquefois deux cents en sa trouppe, tellement qu'il n' y a rien plus frequent par Cilicie; Pourquoy allant en Compagnie font un ery l'un apres l'autre come un chie quand il dit: hau, hau. Nons les oyions abboyer toutes les nuiets. II est de moult belle couleur saune." Der Schakal, der Wolf und der Bär sind die einzigen in Klein-Asien verbreiteten großen Fleischfresser, denn der Tiger und die Panther treten dort selten auf, obwohl nicht blos dieser letzte, sondern auch der Löwe ehemals sehr verbreitet war, namentlich in Lycien, Lykaonien, Cilicicn und PampHylien, so daß Klein-Asien, Algier und Tunis den Römern die ungeheuren Massen von Panthern und Löwen lieferten, die sich auf den römischen Amphitheatern blutig tummelten*). Die Leidenschaft der Römer für Tierkämpfe war so groß, daß kein Staatsmann irgend eine Popularität erlangen konnte ohne dem Volke solche Schau- *) Plinius mrldrt, daß Pompejns 600, Cäsar 400 Bären auf cm-Mal vorführn: und daß Augustus 420, Pumpejus 400 nnd Scmmis 150 PmttlM' cl^nsalls ans eininal nach Noni schnsst'N üchcn. — 90 — spiele zu bieten, wovon Cicero in seinem Briefwechsel einen auffallenden Beweis liefert, indem dieser mehrere Briefe von Coelius") enthält, die der sich um die Prätor-Würde bewerbende römische Beamte an Cicero richtete, als dieser sich in Klein-Asien befand und dort Cilicien verwaltete; Coelius fleht um Panther und Löwen als um die größte Wohlthat, die ihm sein berühmter Freund erweisen könne. Dieser klassischen Erinnerung wegen taufte Valenciennes dem M. Tullius Cicero zu Ehren die von mir in der Umgegend von Smyrna entdeckte Pantherart: l'elis 'luUiana, eine prachtvolle Art, deren in einen dicken Knollen sich endigender Schwanz an Länge den der langgefchwänzten Panther (I^6ii8 Iant,68 aufstellen. Ich gebe hier (Figur 8) eine reduzierte, in Paris gemachte und in meinem Werke abgebildete Zeichnung dieses schönen Tieres, von dcm der gelehrte französische Zoolog eine sehr umständliche Beschreibung mir geliefert hat ^). Wenn der Panther in Klein-Asien selten geworden, so ist dies mit dem Tiger und dem Löwen noch mehr der Fall. Viel leicht giebt es kein Tier, dessen Aufenthaltsgebiet sich mehr geändert hat als das des Löwen. In jener Zeit war derselbe nicht nur ganz gewöhnlich in Klcin-Asien, sondern bewohnte in den Tagen der Alten auch gewisse Teile Westeuropas. Hcrodot^*) erwähnt desselben zwischen den Flüssen Nestus und Archelons, also in der Nähe des heutigen Salonichi, und sogar Aelianus, der im 3. Jahrhundert unserer Zeitrechnung schrieb, spricht von Löwen auf dcm Berge Pangaeus (zwischen Thrazien und Macedonian's). *) (Sicevo, Ad (liversos, VIII, 2, 4, 6 nub u. **) Aaie Minenre, Climat. of, Zoo],, p. <;i8, PI. 1. ***) I, VII, 126. t) Hist. Animal. Ill, 13, — 91 — Die Zeugnisse in Klcin-Nsien sind in dieser Beziehung noch viel zahlreicher. Schon Homeros erwähnt den Löwen oder den Sig. 8. $ant&er oui bet llmgegfnb ocn Smqrna. Sent Seijafjei; nad) ter iJJatur geä«i(^net, Panther auf dem Verge Ida. Ferner sind aus mehreren alten Münzen aus Tarsus Stiere, von Löwen angegriffen, abgebildet. — 92 — Endlich meldet Erliga Effendi*), das; er an einem Thore der Stadt Chabchane-Karahissar einen ungeheuren ausgestopften Löwen sah. „Dieses Niescntier", sagt er, „welches 7 Jahre hindurch eine wahre Geißel für die Umgegend der Stadt gewesen war, hatte Füße gleich Säulen". Der türkische Reisende fügt hinzu: „Da die Löwen Bewohner der Ebene sind, so ist dcr hier erwähnte um so merkwürdiger, als er in einer sehr gebirgigen Gegend gefunden war. Übrigens enthalten die mit dichten Wäldern bekleideten Gebirge dieser Gegend eine solche Menge von Leoparden, Luchsen, Wulfen nnd Schakalen, daß die Bewohner kaum zum Zweck des Holzfälleus die Wälder betreten können, ohne sich großen Gefahren auszusetzen. Eine Anzahl von Kosaken, welche kürzlich in diese Gebirge einzudringen versuchten, fielen den wilden Bestien zur Beute." Diese Stelle des viel gewanderten türtischen Reisenden ist um so merkwürdiger, als sich daraus das Vorhandensein des Löwen im Pontischen Gebirge noch während des 17. Jahrhunderts ergiebt, einem Gebirge, das ich in mehreren Richtungen durchstreifte, ohne je von einem Löwen zu hören. Aber hat der Löwe Europa und dann auch Klein-Asien verlassen, so ist er aus den östlich von dieser Halbinsel gelegenen Gegenden entweder ganz verschwunden oder wenigstens sehr selten geworden. In seinem gediegenen Werke: Über die biblische Naturgeschichte führt Rosenmüller eine große Anzahl von Stellen der heiligen Schrift an, welche von Löwen als einem in Palästina ziemlich häufigem Tiere handeln. Heutzutage aber ist der Löwe in Palästina wie in Syrien äußerst selten, ja auch in dem östlich von Syrien gelegenen Mesopotamien, wo er zur Zeit des Ammianus Marcellinus häufig angetroffen wurde**). *) Travels oi'Kvliya Eftendy. tranalat. fain the turk. by Hamoner, V. II, p. 207. **) Es ist möglich, daß die bei den Alten unter dem Namen Aria bekannte Gegend (dem westlichen Theile des jetzigen Afghanistan entsprechend) ihren Namen dem zahlreichen Vorkommen der Löwen verdankt, denn nach Nosenmüller hieß dieses Tier bei den Hebräern nnd anderen asiatischen — 93 — Betrachtet man die merkwürdige rückschrcitcndc Bewegung des Löwen im Laufe so vieler Jahrhunderte, indem er sich successive aus der hellenischen Halbinsel, aus Klein-Asien und Syrien zurückzog und sogar in den vom Euphrat und Tigris bewässerten Ländern immer seltner werde, so scheint diese Thatsache um so auffallender, da alle die oben erwähnten Gegenden eine stete Abnahme ihrer Bevölkerung erlitten, die Entweichung des Menschen also, dessen Zusammenwohnen mit wilden Tieren überhaupt unvereinbar zu sein scheint, den Löwen anstatt ihn in die ihm überlassenen Gegenden einzuladen, im Gegenteil bewog, den Rücktritt seines Feindes nachzuahmen oder die ihm angebotene Erbschaft auszuschlagen. Jedenfalls ist diese Erscheinung durch klimatische Veränderungen, namentlich durch die Abnahme der Wärme tcines-wcges zu erklären, da der Löwe sich mit sehr niedrigen Temperaturen begnügen kann, wie ich es durch mehrere, den verschiedensten Ländern des Orients entnommene schlagende Beispiele bewiesen zu haben glaube*). Auch habe ich schon den Umstand betont^), daß manche von Löwen und Panthern bewohnte Striche, wie unter andern die wohlangcbautc Ebene von Icmapftes, sich besonders dadurch auszeichnen, daß sie Pläne und Bäche, aber auch zugleich von Menschen bewohnte Gegenden enthalten, was ebenfalls die oben erwähnte sz». 90) Entdeckung der Fclis Tulliana in der Umgegend einer bevölkerten Stadt beweist. Aus allen diesem ergiebt sich also, daß man in einer argen Täuschung befangen ist, wcnn man den Löwen unwillkürlich mit dichten Wäldern oder Wüsten in Verbindung bringt. Das Gegenteil kommt der Wahrheit näher, da dieser kühne Fleischfresser die Wälder nur so lange liebt, als sie Tiere enthalten; aber Vollern Ari. Wahlschcinlich stammt Uun diesem Ä>mncu das türkische Arslan (Löwe). *) Vergi. Aßie Mincure, Clnnatologu; et Zoologie, p. 604-614. **) Tchihatchef. , Espagne, Algerie et Tunisie, p. 353. — 94 — was er mehr liebt, sind wohl bewässerte Thäler, wo die Gegenwart der Menschen das Vorhandensein des Viehes verkündet, und wo ihm der Landbau nicht die Gelegenheit nimnü, seine Beute auszuspüren oder Jagd auf dieselbe zu machen. Es wäre also an der Zeit, den beliebten Ausdruck „der Löwe der Wüste" zu streichen und nur den Dichtern oder phantastischen Reisenden zu überlassen. Jedenfalls lann nach allen hier angeführten Thatsachen kein Zweifel obwalten, daß die Hauptursache für das Zurückweichen der Löwen in Klcin-Asicn und so manchen anderen Ländern in der vereinigten Wirkung der Entwaldung und Entvölkerung zu suchen ist. Nach dieser Abweichung über das merkwürdige Verschwinden gewisser wilder Tiere in Klein-Asien, kehren wir nun zu den Haustieren zurück und zwar zu den Geschlechtern des Pferdes, des Stieres, des Schafes uud der Ziege. Das Pferd ist in Klein-Asien viel weniger merkwürdig durch das, was es ist, als was es war und folglich auch heute sein könnte. Wenn man betrachtet, daß die Zucht des Pferdes dort vollkommen vernachlässigt, die von demselben im Haushalt gespielte Nolle unbedeutend und der den Militärerfordernisscn des ottomanischen Reiches gelieferte Beitrag verhältnismäßig gering ist, so möchte man kaum glauben, daß auch in dieser Hinsicht Klcin-Asien einst den höchsten Grad der Vollkommenheit erreicht hatte. Der Gegensatz zwischen der Vergangenheit und der Ichzeit ist so grell, daß es sich wohl der Mühe lohnt, einen raschen Blick auf diesen Gegenstand zu werfen'^). Schon um 700 v. Chr. meldet uns der Prophet Ezcchiel, daß Hie Stadt Tyrus ihre Pferde aus Armenien bezog, uud Homcros erwähnt mehrere Orte in Klcin-Asicn als durch ihre trefflichen Pferde berühmt^). Wenden wir uns von der dich- *) Ich habe denselben sehr umständlich abgehandelt in: (üiiuatolozfiu et, Annlossi« <1o I'H,8Ü« Uilltlui'tt, 63?—661. ""*) Uiaä. XVII, V. 97. — 95 - terischen Epoche Trojas zur streng geschichtlichen, so sehen wir die Zucht und dcn Gebrauch des Pferdes in Klein-Asicn schon zu einer Zeit sehr verbreitet, wo dieselben in Pcrsicn und Arabien fast unbekannt waren; Xcnophon sagt es ausdrücklich*). Während des langen Zeitraumes zwischen der Eroberung Klein-Asiens durch Alexander dcn Großen bis zu ihrer Verwandlung in eine römische Provinz erhielt die Halbinsel ihren alten Nuhm als Pferdccrzeugerin aufrecht. Als ums Jahr 209 v. Chr. die große Armee des Antiochus der Macht Roms anf dcn Feldern von Magnesia Trotz bot, bestand seine Kavallerie hauptsächlich aus Cavftadociern, Lydiern, Phrygiern nnd Galatiern"^), aber die als Hilfstruppcn des Antiochus auftretenden Araber ritten anf Dromedaren, woraus sich die interessante Folgerung ergicbt, daß noch 2 Jahrh. v. Chr. die Araber die Verwendung der Pferde zu militärischen Zwecken nicht kannten. Diese Folgerung gestattet eine Anwendung auf das ganze Altertum, da das Studium der griechischen und römischen Kunst-denkmäler zu der Annahme führt, daß noch lange in die christliche Zeitrechnung die berühmtesten Nassen des arabischen und des persischen Pferdes unbekannt waren; denn sonst würden die ausgezeichneten Künstler, denen wir so viele marmorne und bronzene Nciterbildsäulen verdanken, nicht ermangelt haben, sich solcher Rosse als Muster zu bedienen. Betrachten wir nun aber die prachtvollen Basreliefs des Panthenon in Athen oder die zahlreichen Neitcrstatucn, die man in den Museen nnd auf den öffentlichen Plätzen Roms bewundert, so scheu wir, daß sie alle mehr oder weniger treu den Typus unserer europäischen Pferde darstellen, so wie sie in ihrer frühern Reinheit vor ihrer Kreuzung mit arabischen nnd persischen Rassen auftraten. Etwa ein Jahrhundert nach dein Kriege gegen Antiochus brach der schreckliche Kampf zwischen dcn Römern und Mithri- *) Cyropäd., I, 3. **} Hcrodot, VII, 60. — 96 — dates aus, dessen zahlreiche Kavallerie 50000 Reiter zählte, welche bloß von dem Pontischen Reich geliefert wurden*), und es ergiebt sich, daß während des etwa 15 jährigen Kampfes zwischen Mithridates und den Römern Klem-Asien nicht weniger als die ungeheure Zahl von 181000 Reitern stellte. In dem Maße, wie die Pferdezucht in Klein-Asien verfiel, nahm sie in den östlich von der Halbinsel gelegenen Ländern Kurdistan und Mesopotamien einen ungeahnten Aufschwuug. Denn indem das arabische Element dort immer mehr vorherrschend wurde, wich der Charakter des Hirtenvolkes dem der kriegerischen Rasse, deren Erfordernisse und Neigungen sich im Besitze des Pferdes konzentrierten. Höchst wahrscheinlich begann diese Veränderung erst nach unserer christlichen Zeitrechnung; denn wir haben oben gesehen, daß kurz vorher die an den Kämpfen zwischen Nntiochus und Rom teilnehmenden Stämme auf Dromedaren ritten. Als nun aber die mächtige Stimme Mohameds erscholl und die Araber als Welteroberer auftraten, da mußten sie die Wichtigkeit des Gebrauchs und der Zucht des Pferdes in jeder Hinsicht erkennen und sich der letzteren mit um so größerem Erfolge widmen, als ihre Heimat gerade das geeigneteste Land ist. Da die Einwanderung der Hirtenvölker in Klein-Asien als eine der Hauptursachcn für den Verfall der Pferdezucht in diesem Lande zn betrachten ist, so sollte man voraussetzen, daß als Ersatz für dessen unverschmerzbarcn Verlust weuigstens die Rindvieh- oder Schafszucht sich entwickelt hätte. Leider war dies kemeswcges der Fall, weder in Hinsicht auf die Rindvieh- noch auf die Schaf- und Ziegenzucht. Das Rind spielt in Klcin-Asien sowohl als Schlacht- und Milch-, wie auch als Zugtier eine ziemlich unbedeutende Rolle, während im Altertum Phrygien und besonders Pontus so reich an Schlachtticren waren, daß (nach Appianus), als Lucullus die Stadt Amisns (heute Sumsun) *) Appianus, de Bello Mitlirid. 119. — 97 — belagerte, der Ochse dort eine Drachme (etwa 2 Franken) kostete, und in demselben Verhältnis standen die Preise für Schafe, Ziegen ?c. Heute wird in Klcin-Asien das Rindfleisch sehr oft durch das Vüffclfleisch ersetzt, trotz der sehr schlechten Qualität dieses letzteren. Die Hauptursachc für die Vernachlässigung der Zucht des Hornviehes in Klein-Asien ist der geringe Verbrauch tierischer Substanzen in der Ernährung der Bevölkerung, obwohl das Hammelfleisch ganz vorzüglich und wohlfeil ist. Bei den untern Klassen bilden Brot, Reis und einige grobe Gemüse den Hauptbestandteil der täglichen Kost. Dies ist ein charakteristischer Zug nicht bloß für Klein-Asicn, sondern überhaupt für den ganzen Orient, zugleich ein Ausdruck für die traurigen Verhältnisse der dortigen Völker; denn Statistik und Nationalökonomie lehren uns, daß der Verbrauch der animalischen Substanzen bei der Ernährung der Völker den Maßstab für ihren materiellen Wohlstand und ihre Physische Kräfte liefert. Trotz seines Reichtums an Schafen ist in Klein-Asien fast nichts für die Veredelung dieses Tieres geschehen, denn die Züchtung feine Wolle tragender Nassen ist dort meistens unbekannt, während im Altertum die Wolle der Schafe von Miletus ebenso berühmt war wie die von Cclacna in Phrygicn, welche sich (nach Strabo) nicht allein dnrch ihr seidenartiges Haar, sondern durch die dunlclschwarzc Farbe auszeichnet. Heute ist von diesen Arten weder in dem Teile Iouicus etwas vorhanden, wo die Trümmer von Miletus ties uutcr dem Sande verschüttet liegen, noch in der Umgegend des elenden Städtchens Danir, des einst Prächtigen Cclacno. Außer dem fcttschwänzigcu Schafe, das del» Platz aller künstlichen Varietäten des Altertums eingenommen hat, besitzt Klein-Asicn zahlreiche Arten wilder Schafe, von denen mehrere von den Alten vielleicht znr Züchtung besserer Rassen verwendet worden sind. Unter anderen wird der Monfflon (Ovi» mukiniou), welcher wild in Korsika und Sardinien lebt, manch- Tchiyatchrf, Mt'iii-Asu'ii. ? — 98 — mal in dcu Gebirgen des Bulgar-Dagh (Cilicien) angetroffen, von wo ich ein ausgestopftes Exemplar einer von mir entdeckten, interessanten Art nach Paris brachte, das jetzt daselbst (so wie die 1. 670—725. Im Jahre 184» überreichte ich der Akademie von St, Petersburg ein schönes Exemplar (vullständiges Knochengerüst mit Hallt nnd Vlies) der Angurazie^e, welches, wcim ich nicht irre, das erste vollständige Exemplar dieses Tieres war, das irgend ein Mnsenm in Euwvn besaß. Professor Brandt hatte die Frenndlichkeit, mir eine eingehende, sehr wertvolle Arbeit über diese merkwürdige, Mein-Asien eigentümliche Ziegenart zn überreichen. Die Arbeit ist in meinem oben erwähnten Nelke (S. 701) abgedruckt, nebst einer schönen, in Paris gravierten Abbildung der (^«-l ^nForen«!^ die ich hier in Figur 8 rednzirrt wiedergebe. — 99 — Klcin-Asien gebracht worden ist. Da aber weder die Araber noch die Mongolen sich lange in der Halbinsel aufgehalten haben, so ist die Einfuhr durch die Türken wahrscheinlicher. In Klcin-Asic» selbst ist der Verbrauch der Wolle der Au- Angora--Ziege. Vom Verfasser nach der Natur gezeichnet. goraziege uicht bedeutend; bei weitem der größte Teil derselben wird nach Europa, namentlich nach England ausgeführt, welches davon jährlich etwa 500 000 KF erhält, während der gesamte jährliche Ertrag in Angora und den umliegenden Städten (Scvri- hissar, Kastamuni, Tschengeri u. a.) kaum 600 000 Kg übersteigt. 75 — 100 — Die in England aus dieser Wolle verfertigten Zeuge finden sehr oft unter dem Namen Kaschmir-Zeuge nicht bloß in Europa, sondern auch in den englischen und holländischen Kolonien einen großen und höchst ergiebigen Absatz. Man sieht daraus, wie wichtig es wäre, die Angoraziege in Europa in großem Maßstabe zu akklimatisieren, was auch mit Erfolg geschehen könnte, wenn man genauer als bisher die klimatischen Bedingungen berücksichtigte und dieselben denen von Angora möglichst anzupassen bemüht wäre. Außer der Angoraziege befitzt Klein-Asien eine merkwürdige wilde Zicgenart — die Oa^rn, nsZAZru» — so zuerst von Pallas nach einem Exemplar aus Nord-Persien benannt. Diese Ziege scheint auf dem Bulgar-Dagh und dem Hassan-Dagh nicht selten zu sein. Ich machte eine vollständige Sammlung von Hörnern und Knochengerüsten dieses Tieres, die ich im Jahre 1848 Professor Brandt übergab. Durch meine Sammlung war der gelehrte russische Zoologe in stand gesetzt, die von Pallas und Gmclin ausgesprochene aber nicht bewiesene Ansicht, daß die O^r.^ Ko8^rn5 die Stammmutter unserer Ziege seiu möge, vollkommen bestätigt in einer gediegenen, in meinem Werke abgedruckten Arbeit*). Demnach würde es sich also ergeben, daß Klein-Asicn zugleich die Stammväter unserer Hanszicge und unseres Schafes besitzt, indem das letztere als ein Abkömmling des Moufflon (0vi8 nm^imun) gelten kann. Ehe ich die Betrachtnng der Haustiere Klcin-Nsicns schließe, muß ich noch das Kamel erwähnen, das hier wie in so vielen Ländern des Orients eine ansehnliche Nolle spielt, obwohl es in Asien merkwürdigerweise die Eigentümlichkeit nicht besitzt, die man mit dcm Begriff dieses Tieres gewöhnlich verknüpft. Denn während sein Aufenthalt sonst nur von ebener Oberfläche bedingt ist und das Bild eines weite Sandwüsten durchschreitenden Kamels *) Siche Climatologie et Zoologie de l'Asie Mineure p. 670 nebst Tafel mit 1 Abbildungen. — 101 — in unserem Geiste den Hauptzug seiner Lebensweise abzuspiegeln scheint, hat sich dieses Tier in Klein-Asicn so sehr den Erfordernissen eines Gebirgslandes angepaßt, daß das „Schiff der Wüste" sozusagen ein Nebenbuhler der Alpengemse geworden ist. Nichts ist auffallender, als die langen Züge schwer beladener Kamele die Berge erklimmen und herabsteigcu oder sich am Nande von Abgründen im Gleichgewichte halten zu sehen. Man ist ganz erstaunt, Karawanen auf abschüssigen Stegen zu begegnen, wo selbst die so geschickt kletternden Pferde des Landes sich nur mit Mühe bewegen können. Gelegenheit dazu, die Ge-schicklichkeit des Kamels in Anspruch zu nehmen, bietet sich in Klein-Asien häusig; zwei derselben wiederholen sich jedes Jahr regelmäßig, nämlich im Frühjahr, wenn die Nomadenstämme so wie auch mehrere Stadtbewohner nach ihrer Ga'ila (Sommer station) übersiedeln, uud im Herbst, wenn sie von den Bergen in ihre Kichlak (Winterquartiere) herabsteigen. In diesen zwei Monaten bieten die verschiedenen Gebirgsgegenden Klein-Asiens ein höchst originelles Schauspiel dar, welches auf den Reisenden einen gewaltigen Eindruck macht, wenn er es unerwartet von einer Anhöhe mit weiter Aussicht erblickt; er erfreut sich staunend des belebten Panoramas, das sich inmitten der sonst so stillen und einförmigen Gegend entfaltet; wohin nur sein Blick sich wendet, sieht er Züge von Kamelen nach allen Nichtnngen sich schlangeln und sich an alle Krümmungen und Unebenheiten des Bodens schmiegen. Aber erst wenn der Reisende von seinem Observatorium heruntersteigt, um das auffallende Bild näher zu betrachten, offenbart es sich ihm in allen seinen malerischen Schattierungen; eine lange Reihe von Kamelen, Pferden, Eseln, Ziegen und Schafen zieht an ihm vorüber, dazwischen Gruppen von Männern und Frauen in verschiedenartigster, bunter Tracht; die Kamele tragen die schwersten Gegenstände, wie Zelte, Stangen ?c., die leichteren sind unter Esel und Maultiere verteilt. Mit langen Flinten, Pistolen und Dolchen bewaffnet, reiten oder gehen die Männer, je nach ihren Mitteln; Frauen ärmerer — 102 — Familien folgen ihren Männern ebenfalls zu Fuß, die bemittelteren reiten auf Pferden oder Mauleseln, die Kinder hinter sich oder in ihren Armen. Endlich sieht man die reichen Matronen in einer Art von Körben sitzend, die an die Gestalt kleiner Wagen (Koupce) erinnern; zwei solche Körbe, jeder an einer Seite des Kamels hängend, tragen je eine in Kissen und Decken vertiefte Frau. Große, grimmige Hunde ergänzen dieses Bild, und ihre drohende Gestalt gestattet keinem fremden Element sich einzudrängen. Obwohl diese oft sehr zahlreiche Menge nichts von dem lärmenden Charakter zeigt, den in Europa das geringste Zusammentreffen von Menschen trägt, kann man doch schon an der ganzen Haltung, an der Tracht und sogar an der Anordnung des Gespräches erkennen, ob die Karawane ihre Winterquartiere verläßt um den Sommeraufenthalt aufzusuchen, oder ob das Gegenteil stattfindet. Treu den Überlieferungen seiner ältesten Vorfahren, die zugleich Steppen-, Nomaden- und Gebirgsbewohner waren, erträgt der Turkomane mit Unmnt das unbewegliche Gebäude eines Hauses, und hat er auch keine andere Wohnung als das Zelt, so betrachtet er es doch als einen Kerker, wenn er gezwungen ist, es mehrere Monate hintereinander an demselben Ort, entweder in einem Thale oder in einer geschützten Ebene stehen zu lassen. Der erste Frühlingshauch, der ihm den Geruch der Alpcngräscr zuweht, verkündet ihm, daß die Stunde der Erlösung geschlagen hat, und sogleich steht man Frauen, Greise und Kinder frohlockend damit beschäftigt, das Zelt niederzureißen und das Gepäck zu ordnen, um sich in das Gebirge, ihre wahre Heimat, zu begeben, wo kühle Luft und grünende Wiesen sie erwarten, statt der ungesunden Ausdünstungen und der Dürre, die in den niederen Gegenden Klein-Asiens während des Sommers vorherrscht. Man begreift also das fröhliche Aussehen der Karawane, wenn sie das Gebirge begrüßt und im Begriffe ist, die schönste Epoche des orientalischen Lebens einzuweihen, die zugleich mit den glänzendsten Momenten — 103 — der Natur eintritt; aber wenn diese sich in ihr Wintergcwand hüllt, steigt der betrübte Bergbewohner mit langsamen Schritten in die Gegenden hinab, wo er, der menschlichen Gesellschaft und ihren oft so wenig natürlichen Anforderungen näher gerückt, sich viel entfernter von Gott und seinen Vorfahren wähnt. Nn allen Phasen des häuslichen Lebens teilnehmend und zur Befriedigung seiner Bedürfnisse fast auf sich allein angewiesen, ist das Kamel für die orientalischen Völker ein ganz un' entbehrliches Tier geworden und hat, wie schon oben bemerkt, als solches es verstanden, nicht bloß den topischen Bedingungen, sondern auch den seiner eigentümlichen Natur am wenigsten zuträglichen klimatischen Verhältnissen sich anzupassen; denn es bewohnt ebenso die heißesten Thäler wie die kältesten Tafelländer der Halbinsel; ja das Dromedar (cmduckligcs Kamel) trifft man manchmal sogar inmitten der beschneiten, eisigen Gegenden von Erzernm, wo man nicht erwartet hätte, das Kind der brennenden Wüste Arabiens zu sehen. Gewiß wird in Klein-Asien wie im ganzen Orient das Kamel sehr viel von seiner Bedeutung verlieren und schließlich, je nachdem die europäische Zivilisation mit ihren fahrbaren Wegen und Eisenbahnen sich entfaltet, wahrscheinlich fast ganz verschwinden. Auch gehört das Kamel in Klein-Asicn zu den wenigen Haustieren, deren Einführung erst, nach dem Zeitalter des klassischen Altertums stattfand, ein schlagender Beweis dafür, daß dieses Tier keineswegs erst ein Ereignis der Zivilisation ist, sondern im Gegenteil die Ursache oder den Verfall derselben bezeichnet. Dies ist eine interessante, durch zahlreiche historische Zeugnisse voll^ kommen erwiesene Thatsache. So z. B. meldet Herodot und Tenophon, daß Cyrus, als er nach Klcin-Asien zog, um Krösus, den König von Lydien, zn bekriegen, durch die Überlegenheit der lydischen Kavallerie in Schrecken gesetzt wurde; um diesen Vorteil seinem Gegner zu entreißen, entschloß er sich, die persische Kavallerie ganz ans Ende seines Heeres zu stellen und die Front desselben blos aus Kamelen zu bilden. Diese Kriegslist gelang — 104 — vortrefflich; denn die absonderliche Gestalt der ganz unbekannten riesenhaften Tiere brachte die Lydier in die ärgste Verwirrung; und doch schildert Herudot diese als die besten Truppen Asiens mid spricht mit Bewunderung von den mit langen Lanzen bewaffneten lydischen Reitern. Auch erwähnt Plinius*) den gegenseitigen Abscheu zwischen Pferd und Kamel als etwas ganz allgemein bekanntes, näinin l>,äv6i'8v,« o^no^ ^ei-uni natural«?, und noch 5 Jahrh. n. Chr. spricht Procopius^) von dem furchtbaren Eindruck, welchen die Kamele des maurischen Heeres anf die römische Kavallerie machten. Endlich ist es beachtenswert, daß der im 12. Jahrh, lebende Gtycas in seinen Annalen die oben erwähnten Angaben des Hcrodot und Xenophon wiedergiebt, ohne die geringste Bemerkung über einen Unterschied zwischen den Gewohnheiten des Kamels früherer und feiner Zeit. Hieraus scheint hervorzugehen, daß das Kamel im Orient im 12. Jahrhundert, also vor etwa 600 Jahren, noch nicht die Gleichgiltigkeit gegen das Pferd zeigte, die es heute hat, indem es jetzt neben Pferden, Eseln nnd Maultieren ruhig in demselben Stalle steht, wie ich aus eigener Anschauung weiß. Ohne Zweifel hat die Ansiedelung der ottomanischeu Nasse in Kleiu-Asicn sehr viel dazu beigetragen, das Kamel an die übrigen Haustiere zu gewöhnen, so daß es sich schließlich mit diesen völlig vcrtrng; jedenfalls genügt das über die Geschichte des Pferdes gesagte, um das späte Auftreten des Kamels zu er-llärcn. Wie oben gezeigt, spielte das Pferd in diesem Lande eine hervorragende Nolle, nicht bloß im Altertum sondern auch im Anfange des Mittelaltcrs, aber in dem Grade wie die zerstörende und verwüstende byzantinische Verwaltung übcrhand nahm, verfiel die Pferdezucht mehr und mehr, bis endlich die Einwanderung der türtifchen Stämme ihr den Todesstoß gab, indem sie, •) Nat. Hist. V1I1, 8. **) De Bell. Vand., 1, 8 u. II, 11. — 105 — gemäß dm Sitten eines Hirtenvolkes, das Pferd durch das Kamel ersetzte. Ist das späte Auftreten des Kamels in Klcin-Asien schon cm sich eine merkwürdige Thatsache, so ist dasselbe noch viel. auffälliger in Nord-Afrika, denn in dem letztem Lande kann die Erscheinung blos durch politische nnd soziale Ursachen nicht erklärt werden, sondern sie weist hier auf einen viel tieferen Grund, nämlich auf die klimatischen Veränderungen hin, welche diese Länder erlitten haben, am Becken des Mittelmceres, in einer verhältnismäßig neueren Zeit. Es fehlen nicht bloß die Abbildungen des Kamels auf den vielen, an Ticrbildern so reichen Denkmälern Ägyptens, sondern es sprechen auch gewichtige Thatsachen dafür, daß es zur Zeit der Errichtung dieser Denkmäler in Ägypten noch keine Wüste gab, und daß damals das Klima bedeutend feuchter war als jetzt, zwei Umstände, welche Ägypten und Algerien dem Kamele als Wohnsitz verschlossen*). Der kurze Überblick, den ich über die wichtigsten wilden und zahmen Tiere Klein-Asiens gegeben habe, wäre vielleicht hinreichend, um einen allgemeinen Begriff von den Hauptvertrctern der Fauna dieses Landes zu verschaffen, so daß wir uns mit den übrigen Klassen, nämlich mit denen der Vögel, Fische und Insekten nicht mehr zu beschäftigen brauchten, deren Studium dem Naturforscher von Fach allerdings von der größten Wichtigkeit sein muß, dem Leser aber, für welchen diese Arbeit bestimmt ist, wenig interessant und sogar ermüdend sein dürfte. Jedoch glaube ich einige Worte sagen zu müssen über einen dem Orient eigentümlichen Vogel, wie über gewisse Fisch- und In-scktcuarten, die in zwei wichtigen Zweigen der Industrie, nämlich im Fischfang und dem Seidenbau, eine bedeutende Rolle spielen. *) Ich habe diesen interessanten Gegenstand umständlich erörtert in meinem Werke: I'Zp.^n«, ^I^eris et 'i'uni^L S. 440, wo ich die bedeutenden Veränderungen, welche die Länder des Mittelmecr-Beckens in historischer Zeit erlitten, dnrch klimatologische, zoologische, botanische und archäologische Velrachwngen nachgewiesen ynbe. — 106 — Der Vogel, um den es sich handelt, ist kein anderer als der schlichte Storch, ein in Europa weniger beachtetes, für Asien aber so charakteristisches Geschöpf, daß diejenigen, welche diesen Weltteil besucht haben, die Erinnerung an den Storch unwillkürlich mit der an den Orient überhaupt verknüpfen. Kaum findet man daselbst einen Ort, wo nicht ein paar Störche auf den Bäumen oder auf den Türmen einer Moschee ihre schlanke Gestalt zeigen; es ist ein Zug, den man aus dem Vildc nicht tilgen kann, ohne zugleich die lokale Färbung auszulöschen. Die Nolle, welche der Vogel in der Physiognomie der Land' schaft spielt, beruht auf der Verehrung, welche man ihn zollt, so daß er vollkommen unantastbar ist, seine Gegenwart als ein günstiges Vorzeichen betrachtet wird. Diese jetzt im Orient so allgemeine Verehrung stammt aus dem graucsten Altertum. Nach Roscnmüller, auf dessen gelehrtes Werk ich mich schon oft berufen habe, bedeutet das Wort 01^-siäak, mit dem der Storch in der Bibel bezeichnet wird, fromm, und in diefem Sinue wird von mehreren Schriftstellern, wie Aristoteles, Älianus und Solinus, sowohl die Zärtlichkeit des Vogels gegen seine Jungen hervorgehoben, als auch die Dankbarkeit dieser gegen die Alten, die sie im Alter ernähren. Die Psalmen (IV, 7) erwähnen die Gewohnheit der Störche, auf den Cypressen zu nisten, grade wie sie es heute noch thun. Was die Fischerei anbetrifft, so sind die Klein-Asien auf drei Seiten bespielenden Meere besonders geeignet, große Wichtigkeit zu verleihen; leider sind aber die Gaben des Meeres noch mehr vernachlässigt als die des festen Landes, und in dieser wie in jeder anderen Hinsicht zeichnet sich heute Klein-Asien nicht, wie früher, durch Reichtum, sondern durch Armut aus. Sogar das Schwarze Meer, dessen Fauna der des Mittelmecrcs bedeutend nachsteht, war für die Alten eine Quelle sehr einträglichen Gewerbes, was sich auch schon daraus ergiebt, daß die alten Münzen mehrerer an der Küste des Schwarzen Meeres gelegenen Städte, wie Sinope, Olbia, Ponticapaea zc. — 107 — Abbildungen des Fisches tragen. Der einzige Fisch, dessen Ausbeutung noch etwas an die wichtige Nolle erinnert, welche der Fischfang im Schwarzen Meere bei den Alten spielte, ist der Thunfisch; indeß bietet auch dieses Gewerbe einen nur geringen Handelsartikel für die Bewohner der Pontischen Küste. Ebenso ist es auf den südlichen und westlichen Küsten, wo der Thunfisch sehr zahlreich und oft von bedeutender Größe ist; denn ich sah in Tarsus einen, welcher 50 ^ wog, und das erscheint noch geringfügig in Vergleich zu der von Aristoteles angegebenen ungeheuren Größe des Fisches am Vorgebirge Mycale (gegenüber der Insel Samos), wo man zuweilen Exemplare erbeutet haben soll, deren Gewicht 15 Talente (über 200 k^) betrug. Die Seecn und Flüsse Klein-Asiens sind ebenfalls reich an Fischen, unter denen eine schöne Forellenart (8^1in« ^usonii Vki.), fast alle Flüsse der Halbinsel bewohnt, und man ist ganz erstaunt, sie in sehr beträchtlichen Höhen zu finden, so unter andern in dem nicht weit von Erzerum etwa 2000 ui hoch liegenden Quellflüßchen des Euphrat. In manchen alpinen Strömen des cilicischen Taurus und Cappadociens habe ich Exemplare von 4 k^ Gewicht gefunden, und doch ist der Süßwasserfisch als Nahrungsmittel den Einheimischen fast ganz unbekannt, besonders den Bewohnern des von Fremden so selten besuchten Anti-Taurus, wo sich das Volk um meine Leute versammelte, um sie angeln zu sehen. Der mit einem Köder versehene Angelhaken erregte besonders ihre Nengierde; aber kaum hatten sie die aufgehäuften Fische gesehen und später davon gekostet, als sie eine solche Vorliebe für dieselben faßten, daß die Befriedigung derselben meinem armenischen Koche einen sehr ergiebigen, für meine eigene Küche keineswegs günstigen Schleichhandel verschaffte. Sollten Europäer in diese Gegenden kommen, um Fischfang zu treiben, sie würden gewiß guten Absatz für ihre Waren finden, ohne die Konkurrenz der Einheimischen zu befürchten, denn das Passive, für das türkische Volk so charakteristische Verhalten zeigt sich in allen in ihrem Lande mit Erfolg betriebenen Gewerbs- — 108 — zweigen, indcm aüc entweder von Europäern oder von christlichen Unterthanen betrieben oder geleitet werden. Ein treffendes Beispiel liefert uns auch die Seidenkultur, die wir etwas näher betrachten wollen. Die Züchtung des Seidenwurms (Naind^x Nori) ist in mehreren Teilen Klcin-Nsicns, besonders in Bithynien und Mysien ziemlich bedeutend. Unter den in diesen Landschaften durch die Seidentultur besonders ausgezeichneten Orten behauptet Brussa den ersten Platz. Schon im Mittelalter war die Stadt hierdurch bekannt. So erfahren wir durch Pierre Belou, daß zu seiner Zeit (16. Jahrh.) Vrussa reicher und stärker bevölkert war, als Konstantinopcl, nicht bloß infolge der in der Gegend selbst betriebenen Zucht des Seidcnwurms, sondern auch wegen des ungeheuren Gewinnes, welchen die Stadt durch Bearbeitung der ihr in großer Menge jährlich aus Syrien und andern Ländern des Orients zugesandten rohen Seide erlangte. ,1^ riokeske äu Zru88o," sagt Belon, ^rovient äs 1a, 8«^«; (^ ii ue ^886 knil^o c^ue ruilis oüarll69,ux venant 6s 8^rie et ä'antre» P^s äu. Levant, ll^^ortniit I«, 80^6 «n 1iru88L n' ^ voit ävoligr^e/ et ^ 2,ee0U8trisl-!, iiiee, t.i»8U6 et nli^e eu i'1l! S. 231, Pl. 1 gk'bt rinc Än-sichl dicsrr malcnsch«! ^indhiMl. — 112 — lcins würde gewiß niemand glauben wollen, daß es die Quelle des Reichtums der lydischen Könige war, hätten wir nicht dafür zahlreiche historische Zeugnisses aus denen es sich auf das ausdrücklichste ergiebt, daß schon in dem grauesten Altertum der Pactolus mit dem Namen Chrysorrhoas prangte, und daß der Ruf seiner mit Gold geschwängerten Gewässer seit Hcrodotos bis zum 3. Jahrhundert unserer Zeitrechnung sich erhalten hatte, denn Claudianus scheint der letzte Schriftsteller zu sein, der den Pactolus iu dieser Hinsicht erwähnt, indem er denselben als goldführend ^uriFsi-« bezeichnet. Es wäre von großer wissenschaftlicher und vielleicht auch ökonomischer Wichtigkeit, zu untersuchen, ob der Tmolus, dem der Pactolus entquillt, auch noch jetzt in den denselben zusammensetzenden Gcbirgsarten (hauptsächlich Glimmerschiefer) das kostbare Metall besitzt, das er ehemals so freigebig spendete. Ich bedaure, daß meine so sehr in Anspruch genommene Zeit mir nicht gestattete, diese Untersuchung auszuführen, die ich meinen Nachfolgern dringendst anempfehle. 2. Gneis. Er scheint iu der westlichen Region Klciu-Asicns, namentlich in Carlen seine größte Entwickelung zu haben. Der in diesen Gegenden auftretende Gneis ist gewöhnlich von schief-riger Struktur und besteht aus weißem oder grünlichem Quarz, der in dünnen Tafeln oder Adern, zwischen bald kleinen, bald ziemlich beträchtlichen Körnern von weißem Orthoclas eingelagert ist; ferner aus schwarzem oder weißem, feinschüppigem Glimmer, der entweder schwache Lager oder wellenförmige Streifen bildet. Auf dem Latmus-Gebirge enthält der Gneis zahlreiche Körner Magncteifcns und geht in Glimmerschiefer über. Zwischen Gördez und Indjcrli ist der Gneis faserig; inmitten der sehr 5) Ich habe dieselben umständlich angeführt 1«^. eit,. S, 233, Nmer den zahlreichen Schriftstellern, die den Pacwlus mit Entzücken nnd auch gewisz wit Übertreibung besprechen, ina^ hier Seneea erwähnt werden, der behauptet, dast dieses Fliißchen die Felder mit Gold überschwemmte: »iuun«.^ - 113 - dünnen, weißen oder schwarzen Gliinmerhäntcheu liegen l mm lange Turmalin-Krystalle, bald mit Quarz, bald mit Glimmer wechselnd. Nördlich von Sinetler schließt sich der Gneis sehr innig an Thonschiefer oder Taltschiefer, die von den qnasführenden Porphyren durchbrochen sind. Endlich erscheint der Gneis bald in horizontalen Platten, bald in dünnen Blättern, die entweder senkrecht aufgerichtet sind, oder nach Sndwcst oder Südost (fast niemals nach Norden) fallen, nuter Winkeln die zwischen 24 und 90 Grad variieren. 3. Grauulit habe ich in Klein-Asien bloß au eiucm ziemlich beschränkten Punlt beobachtet, nämlich in Troas, wo au dem uördlichcn Ende des Dorfes Mauris, und in uumitteldarem Koutakt mit Kalksteiu uud Glimmerschiefer, sich fciutörmgc Felsen erheben, bestehend aus weißlichem, gtasigcu, trauslucideu Orlho-tlaskrystalleu, weiß-gelblichem Oligoklas, gewöhnlich verwittert, uud desseu Fläche 1' nur seltcu die charakteristischen Strcifungen darbietet, weiß-gelblichen Quarz und endlich Magnesiaglimmer; was die in den Grauuliteu Europas so gewöhnlichen Granaten betrifft, euthält diese Fclsart sehr wenig und am häufigftcu scheinen dieselben ganz zu fehleu. 4. Der Granit des Berges Olympus scheint die Konstau-tinopel am nächsten liegende Ortlichkeit zu sein, wo diese Felsart vorkommt. Da ich dieses Gebirge uur sehr oberflächlich besucht habe, indem meine den unbekannten, entlegenen Teilen Klein-Asiens gewidmeten Forschnngcn mir nur wenig Zeit ließen für die iu der Nachbarschaft der Hauptstadt sich befindenden Gegcu-deu, so will ich mich begnügen bloß zu bemerken, daß Herrn de Vcrneuil zufolge, der nördliche Abhang des Olympus folgende Fclsarten von unten nach oben darbietet: Kalkstein, Gneis und Glnnmerfchicfcr, Kalkstein und Taltschiefer, Gneis in Granit übergehend und endlich körniger Kalk, der den Gipfel bildet und dessen Schichten nach Süden einfallen. Herr K. v. Fritsch"), ") Acht Tage in Kl^in-Asien, in den Wittcil. des Ver. für Erdkunde zu Halle, 1882, S, 102. Tchihatchef, Klew-Asien. 8 — 114 — der kürzlich den Olympus besuchte, bestätigt uud erläutert die Angaben meines verewigten teuren Freundes, der das Verdienst hatte zuerst eine wissenschaftliche obwohl leider sehr kurze Skizze des Olympus zu liefern. Auf dem weiten Naume zwischen dem Olympus und der Stadt Belikesri habe ich keinen Granit beobachtet; aber in der Nähe dieser Stadt, sieht man den die abgerundeten Höhen zusammensetzenden weißen Kalkstein in unmittelbaren Kontakt mit einem feinkörnigen Granit enthaltend weißen Orthoklas, grauweißlichen Quarz und schwarzen Magnesia-Glimmer. Der in Velikesri nur sehr beschränkt auftretende Granit verschwindet, sobald man diesen Teil von Mysien verläßt um in das Innere Kleiu-Asicns zu dringen, wo er erst in Galatien nämlich in der Bozok benannten Region erscheint und in den Gegenden von Alischchr und Iuzgat eine ziemlich ausgedehnte Entwickelung enthält. Etwa 6 kin, süd-ost-süd von Iuzgat ist ein grauer Kaltstein von Granitgängen durchsetzt, deren Wirkung sich auf eine auffallende Weise offenbart, denn an den Berührungspunkten mit den Gängen ist der Kalkstein in eine Fclsart umgewandelt, die sehr lebhaft an den Hornfels von Cornwall erinnert, besonders aber an den Killa des Harzes. Wenn, wie eS sehr wahrscheinlich ist, daß der graue Kalkstein nur eine Fortsetzung des Kalksteins bildet, der nicht weit von hier in der Umgegend Iuzgats Nummuliten enthält, so würde daraus folgeu, daß der Granit von Vozok der tertiären Epoche angehöre, eine merkwürdige Erscheinung, die aber nicht die einzige in Kleinasien ist, wie wir es später sehen werden. Ein unbeträchtlicher Raum scheidet süd-süd-östlich von Vuzgat das hier erwähnte Granitgebiet von den zahlreichen Granithöhen die den At-Dagh (weißen Berg) *) zusammensetzen. Aus Ak-Dagh so wie an vielen andern Punkten Klein-Asiens (Nigde, Bereletlu Maden, Utschkapu lc.) ist die Vergesellschaftung des Granits mit -5) A k -- weiß und Dassh --- Berg. - 115 — kristallmischen Kalken so innig, daß manchmal der Granit die weiße Färbung (daher der Name des Berges) und den Anschein der homogenen Struktur des Kaltsteins annimmt, eine auffallende Erscheinung, die H. Vogler gewiß mit Vergnügen sehen würde als eine Stütze zu seiner Theorie die Verwandlung auf nassem Wege des Kalksteins in Granit, Gneis, Glimmer- und Thonschiefer betreffend. 5. Syenit bildet in dem süd-östlichen Teile der Halbinsel von Troas mehrere Gebirgsmasscn. In Galatien, inmitten der großen aus Süßwasserablagerungcn bestehenden Ebene, erheben sich zwischen der Stadt Sevrihissar und dem Dorfe Ka'imas zwei malerische Syenitgruftven. Das Gestein besteht fast ausschließlich aus weißem Oligoklas oder Orthoklas und geht unmittelbar in eine Art von Porphyr über, dessen sehr feinkörnige Grundmasse grünlichen oder grünweißlichen Oligoklas und schwarz-grünlichen Amphibol enthält. Die Kristalle des rötlichen Orthoklas, die in der Grundmasse vorkommen und der Felsart einen porphyroiden Charakter geben, sind stets unter sich verwachsen durch die Fläche N. und bilden Zwillinge von etwa 6 imn Lange und 2 uim Breite. Der Syenit von Sevrihissar bietet häufig eine in den Syeniten Troas ebenfalls vorkommende Erscheinung, nämlich das Vorhandensein in ihrer Grundmassc von Bruchstücken eines schwarzen, ziemlich rätselhaften Gesteins. Das ausgedehnteste, von mir beobachtete Sycnitgebiet in Klein-Asien ist das in dem nördlichen Pontus gelegene, zwischen den Städten Schabkhane-Karahissar und Gumuschlhane, wo diese Felsart interessante Erscheinuugen darbietet. Der Syenit der die lange Bergkette von Kodja-Dagh uud Saribulat bildet, welche laugst den: nordöstlichen Ufer des großen Salzsees (in Lycaonien) sich erstreckt, geht häusig in Granit über, und es ist wahrscheinlich, daß ein großer Teil dieser syenito-granitischen Gebilde jünger sind als die roten Sandsteine und Konglomerate (die ich glaube als Eocän betrachten zu können), denn fast allerwärts wo die Syenite und Granite sich in un- 8* — 116 — mittelbarer Berührung mit diesen Ablagerungen befinden, sind diese letzten in ihren strati graphischen und patrographischen Eigenschaften auffallend verändert. Die Thatsache ist merkwürdig, aber nicht ohne Beispiele in Europa, wo anf der Insel Elba die Granitc nicht älter sind als die Tertiär-Epoche, und in Irland haben I. Bria und N. Griffith*) Syenitgängc nachgewiesen, die nicht bloß den Glimmerschiefer fondern auch Kreideablagerungcn durchsetzen. Das ausgedehnteste von mir in Klcm-Asien beobachtete Syenit-Gebiet ist das in dem nördlichen Pontns gelegene, zwischen den Städten Schablhanc-Karahissar und Gumuschkhane, wo diese Fclsart interessante Erscheinungen darbietet. In der Umgegend der ersten Stadt, am Dorfe Lidse, treten Nester eines trefflichen Alaun liefernden Alunits auf**). Der diefc Nester enthaltende rötliche feinkörnige Syenit besteht aus weiß-rötlichem Orthoklas, weiß-grünlichem Oligullas, grau-grünlichem Amvhivol, Vlättchen und Schuppen eines grün-schwärzlichen Magnesiaglimmer und einigen Körnern Magnetciscns; inmitten dieser Bestandteile, sieht man hier und da viel größere Täfelchen von Orthoklas, was der Felsart eine porphyrische Struktur giebt. Das Vorhandensein im Syenit einer Substanz, die gewöhnlich in trachytischen oder vulkanischen (auch noch jetzt thätigen) Gcbirgsarten sich vorfindet, ist jedenfalls merkwürdig. Eine andere ebenfalls interessante Thatsache, die das hier erwähnte Sycnitgcbiet darbietet, ist der unmerkliche Übergang zwischen Granit, verschiedenen augenscheinlich eruptiven Porphyren und Syenit. Unter anderen Punkten sieht man diese Erscheinung in Gumuschhane und Ardasa (östl. Pontus), wo ein Pyroxen-Porphyr bald in Hornstein bald in einen feinkörnigen Syenit übergeht, dieser letzte bestehend aus weißem, grünlichem oder grauem Oligotlas, fleischfarbenem Orthoklas und schmutzig grünem *) Transact, of the geol. Soc, 2 Ser. V. V, p. 78. ^) Sieh»: die Änal^c dieses Alauns in nuincr ^,«i« Niu. (^oio^io, V. 1, p. 379. — 117 — Magnesiaglimmer; Oligoklas ist zahlreicher als Orthoklas und die charakteristischen Streifen seiner Spaltungsflächen sehr deutlich. Weiter nördlich von Ardasa nimmt dieser Syenit eine porphyrische Struktur an, indem Krystalle von weiß-rötlichem Orthoklas in der Grundmasse zerstreut liegen. In dem ganzen Thale von Khorschut-Thai, das sich von Gumuschkhane bis Terebolus erstreckt, wechseln verschiedene Syenitartcn mit Kalkstein (Eocän), Pyroxcn-Porphyren und Graniten ab, ohne daß man immer die Grenzen zwischen allen diesen Felsarten zu entdecken vermag. 15. Paläozoische Formationen. Diese Formationen sind gewiß viel verbreiteter in Kle.in-Asicu als ich es beobachten konnte, denn es ist höchstwahrscheinlich, daß denselben die Glimmerschiefer, Thon-, Talk- und Cloritschicser, die so große Räume der Halbinsel einnehmen, angehören; ich habe sie vorläufig unter dem kollektiven Namen „Übergangsgebirge unbestimmten Alters" zusammengefaßt und sie eingehend in dem 1. Bande meiner Geologie von Klein-Asicn beschrieben. Infolgedessen will ich mich hier bloß mit solchen Örtlichkeiten begnügen, deren Alter ganz bestimmt aus in denselben enthaltenen Fossilien sich ergiebt und die 1. dem Devon und 2. der Stcmkohlcnformation anheimfallen. 1. Devon. Die von mir in Klcin-Asien beobachteten Dcvon-gcbilde befinden sich au del: entgegengesetzten Punkten der Halbinsel, das eine liegt am Bosporus, das zweite im Auti-Taurus und das dritte an der Küste lÄliciens. Ein Blick auf meine geologische Karte des Bosporus") giebt einen Begriff von der Ausdehnung des Devon, wie auch von verschiedenen eruptiven Felsartcn, die denselben auf mehreren Punkten durchsetzen, und dann an der nördlichen Mündung des Bosporus sich iu zwei breiten Streifen längs der Küste des Schwarzen Meeres ausdehnen. *) 0«n8tHndlN0i>!t: L<) 1« 8a8ziliar«, mit 2 Kartell, einer ^rol, und einer topi^r. Ich erlaube mir, den Leser auf dieses Werk nnsmerfsam zu innchen, da es gewissermasicn eine naturwissenschaftliche und topographische Aiuno^raphic des Vusporns ist. — 118 — Die Haufttgcftciuc, die den Devon des Bosporus bilden, sind mehr oder weniger dunkler Thonschiefer, manchmal in Glimmerschiefer übergehend; dunkler oft bläulicher Kalkstein, Sandstein in eine Art von Grauwacke sich verwandelnd; gelblicher, weißer oder bläulicher Mergel, manchmal an jenen der mefo« zoischen Formationen erinnernd; Quarz, in isolierten Blöcken, häufiger auf dem asiatischen als auf dem europäischen Ufer. Die Pctrefatta finden sich hauptsächlich in den Kalksteinen, weniger im Thonschiefer. Die reiche Ausbeute von organischen Resten (ausschließlich aus den Klassen der Crustacecn, Mollusken und Korallen) die ich das Glück hatte auf beiden Ufern des Bosporus zu machen und die einen früher hier noch unbekannten paleontologischen Schatz bilden, sind von meinem Freunde de Verneuil bestimmt, ausführlich beschrieben und teilweise abgebildet worden*). Diese Fossilien weisen alle auf die uutere Abdachung des Devon, und sogar spiegeln sie ausdrücklich die unmittelbare Nachbarschaft des Silur ab, durch die Gegenwart mehrerer Formen, die, wie das Geschlecht lloinainnow» und gewisse Tentamliten-Arten, namentlich des ^emwcnliit^ orn^tu», ihre Maximalentwickcluug in dem Silur erreichen, so wie auch diesem letztern andere Geschlechter wie Uo^rioki«. eigen sind; daraus folgt, daß der Devon des Bosporus ganz auffallende Analogien mit dem obern Silur Böhmens darbietet, wo der eigentliche Devon zu fehlen scheint. Die stratigraphischen Verhältnisse des Devon zeichnen sich hier durch ihre Unregelmäßigkeit aus; sehr oft sind die Schichten senkrecht aufgerichtet und verschiedenartig gefaltet oder gebrochen; das Fallen tritt in jeder Nichtuug auf, obwohl selten nach Osten oder Westen. Ich habe ill einer Tabelle meine zahlreichen Fatt-mcssungen an beiden Seiten des Bosporus zusammengestellt^), aus denen sich crgicbt, daß 4!1 Fallrichtungcn sich auf folgende *) Asic Min. l'nluontologio, p. 1......«9, PI. J, XII, XIII et XIV. **) Lea Hosplioru ut Constantinople, p. 487. — 119 — Art zerlegen: 17 nach S-W., 10 S-Q. 8 N-Q, 7 N-W:, 3 N., 1 N-O-N,, 1 S-W-S., 1 W. und 1 Q; wic man sieht, bieten die beiden Ufer des Bosporus (von denen jedes nicht über 30 1. 74. — 122 — mehreren Punkten der Umgegend Kohlenlager vorhanden seien. Leider war es mir unmöglich in dieses so höchst interessante Gc-birgsland zu dringen, indem dasselbe in so einem Grade von räuberischen Kurden heimgesucht, daß ich häufig der Gefahr allsgesetzt war, meine Forschungen mit dem Leben zu büßen; ans dem Katran-Dagh und in den Gebirgen von Belen wurde ich mit zahlreichen Flintenschüssen begrüßt, so daß zuletzt meine Leute mir den Dienst versagten und von den 15 meine Karawane bildenden Männern nur 4 mich bis Hadjm und von da nach Kaisaria begleiteten*). Wir haben jetzt noch einer dritten, von dem Anti-Taurus ziemlich entfernten Örtlichkcit zu erwähnen, wo ich das Vorhandensein des Devon entdeckt habe und zwar auf der Küste Ciliciens. Etwa 4 Km westlich vom Dorfe Kilandria befinden sich zahlreiche Kalksteinblöctc ganz erfüllt mit ßpiriksr Verneulli und 8. MKLi-0pi6ru8, und da es augenscheinlich ist, daß diese Blöcke von den hohen Gebirgen stammcu, die hier die Küste umsäumen und ganz von derselben Fclsart sind wie die Blöcke, nämlich von schwarzem, kristallinischem, an der Sonne lebhaft glänzendem Kalkstein, kann man daraus folgern, daß das ganze Gebirge zwischen Selcvke und Kilandria dem Devon anheim fällt. Leider verschwinden alle Spnrcn von Fossilien in dem Littoralgebirgc westlich von Kilandria, wo Glimmerschiefer mit stark aufgerichteten Schichten vorwaltet; da aber dieser letzte mit dunkelm Kalkstein wechselt, der sehr an den petrefaktenführenden von Kilandria erinnert, ist es wahrscheinlich, daß der Devon einen bedeutenden Teil Cilicicns *) Im Interesse der Wissenschaft wie der Menschheit wünsche ich, daß der Zustand, in welchem der Anti-Tanrntz war, zur Zeit (i»^8), als ich meine abenteuerlichen Wandcrnna.cn dort unternahm, sich henle geändert habe, jedoch scheint es, daß die Gegend für Äc'atmforscher nicht viel zngnng-licher gcwuxdcn ist, denn sonst würden cnropäischc Gelehrte meine hier kamn begonnene Arbeit, die ich schon seit I? Jahren veröffentlichte, gewiß fort-gcseht, nnd den Anti-Tanrns zn einer wirtlich klassischen Wegend für Geologen gemacht haben, was, so viel ich weis;, nichl geschehen ist. &g. 10. fcabjm. SSom Sßerfaüet naß ber SRatut gejei^net. — 124 — westlich von Mandria einnimmt. Dies ist alles, was ich von dem Devon Ciliciens sagen kann; jedenfalls ist dadurch die interessante Thatsache erwiesen, daß im Gegensatz zu dem Bosporus, die übrigen Örtlichkeiten (Anti-Taurus und Cilicien) wo ich Gelegenheit hatte, den Devon zu beobachten, der oberen Abdachung desselben gehören. 2. Stcinkohlcnformation. Da ich die im Anti-Taurus vorkommenden lokalen Vertreter dieser Formation schon besprochen habe (p. 116), bleibt uns dieselbe auf der nördlichen Küste Klein-Asiens zu erwähnen, wo sie nicht mehr als Bergkalk, sondern als Kohlenlager auftritt. Das Vorhandensein solcher Lager ist dort auf drei Punkten nachgewiesen*), nämlich bei Eregli, Ineboli und Amasry. Das Kohlengebiet von Eregli mag von Nordost und Südwest etwa eine Länge von 48 km und von N. nach S. eine Breite von 14 Km betragen; das von Nmasry in der ersten Richtung etwa 4 Km und in der zweiten bloß 2 Km, endlich das von Incboli scheint einen rundlichen Fetzen von 8 Km Breite und ebensoviel Länge zu bilden. Gs ist noch nicht bekannt, ob diese drei Steinkohlenlager scharf von einander durch die Kreide gesondert sind, oder ob sie einen unregelmäßigen nur stellenweise von der letzten unterbrochenen Streifen bilden, der von Incboli bis Eregli reicht und somit eine Länge von etwa 200 Km beträgt; jedenfalls kann dieser Streifen sich nicht weit vom Meere entfernen (höchstens 20 km), denn schon in einer ziemlich geringen Entfernung südlich von Eregli und südwestlich von Amasra habe ich Kreide-Fossilien beobachtet. Die von mir in Eregli erhaltenen und von meinem unvergeßlichen Freund Brogniart beschriebenen Pflanzcnabdrückc und versteinerten Stämme ^) tragen den ausdrücklichen Stempel unserer europäischen Kohlen gebiete, aber merkwürdigerweise sind sie, *) SicTjc Asio Minouic, (irologio, V. I, p. 406. *:1:) treten zu sein, indem der Dyas, soviel ich weiß, dort noch nicht beobachtet wurden ist. 1. Jura. In Klcin-Asien sind, soviel ich weiß, bloß drei Punkte bekannt, die diese Formation, und zwar in unbeträchtlichen Fetzen darstellen, nämlich: auf der Küste Paphlagoniens, in der Umgegend von Amasra; in Vithynien, südlich von der Stadt Boli und in Galatien, südwestlich von Angora. *) Aaie Min., Göol. V. 1, p. 723. — 12s. — Das in" der Nähc Amasras sich befindende kleine Iuragc-biet ist von H. Schlehan zuerst nachgewiesen, aber von mir nicht untersucht worden*). Die zweite jurasische Ortlichkeit befindet sich zwischen Angora und dem Dörfchen Vatikoyundji. Sie besteht aus einem grauen Kalkstein von muscheligem Bruche, sich in globulärcn Massen ablösend, und dessen Schichten Nord 30" West, / 35—40° einfallen. Der Kalkstein enthält Ammonitenreste, die so gut erhalten sind, daß man folgende Arten ganz bestimmt erkennen farm: Ammonites tortisulcatus, A. arduennensis, A. plic-atilis imb A. tatricus. Die oberen Lager der, diese für Oxford-Claye sehr bezeichnenden Fossilien enthaltenden Schichten, gehen in einen mergelichten gelblichen Kalkstein über, der wie Glas unter dem Hammer zerspringt und keine organischen Neste enthält; überhaupt verschwinden diese vollkommen, je mehr man sich dem Dörfchen Batitoyundji nähert. Endlich was die dritte jurasische Örtlichkeit betrifft, so habe ich dieselbe auf einem zu geringen Naume beobachtet, um sie auf meiner Karte zu verzeichnen. Es handelt sich bloß um den zwischen dem Städtchen Boli und dem Dorfe Nullikhan sich erstreckenden Streifen. Jedenfalls ist anzunehmen, daß das Iura-gebiet von Boli sich nicht weiter erstreckt als etwa 4 km östlich von Nullikhan, denn in dieser Entfernung sieht man schieferige kalkige, weiße oder gelbliche Mergel, nach Nordost oder Süd 30o W. / 50—60 einfallend und ?eot6n .lacodsu» und ?. duräiZii1«i8i8 enthaltend, was auf tertiäre (Miocän) Ablagerungen hindeutet. Aus alledem, was ich über die sehr beschränkten Iurage-biete zu beobachten Gelegenheit hatte, ergiebt es sich, daß sie hauptsächlich aus Kaltstein und Mergel bestehen, deren vorherrschendes Streichen von Südwest nach Nordost nnd von Nord- *) Asie Min. Göol. V. I, p. 723. $ig. il. Sregli. 33om SSerfaffev nac^ ber «Ratut gejete^net — 128 — west nach Südost ist; daß die wenigen von mir gesammelten Fossilien hinreichen, um dieselben in die Oxfordabdachung zn versetzen, und endlich, daß die jurasischen Ablagerungen Klcin-Asiens annähernd von demselben Alter sind, wie jene der Krim und des übrigen enropäischen Rußlands, wo der Inra nicht jünger zn sein scheint, als der Coral-rag nnd nicht älter als Kelloway-rock, was auch der Fall zu sein scheint mit dem größten Teil der das Schwarze Meer umgebenden Länder und vielleicht sogar in Bnlgarien*). 2. Kreide. Die bis jetzt in Klein-Asien durch krctacische Fossilien charakterisierten Örtlichkciten beschränken sich fast aus-schließlich auf die vou nur in den nördlichen Küstenstrecken lind in den östlichen Regionen der Halbinsel beobachteten Gegenden, so daß die übrigen auf meiner Karte verzeichneten tretacischen Gebiete mehr auf stratigraphischen und pctrographischm Analogien, als auf paleontologischen Gründen beruhen. Ich will nun die von meinen Beobachtungen erhaltenen allgemeinen Resnltatc in folgende kurze Sätze zusammenfassen. l,,. In Hinsicht ihres Alters, insofern dasselbe durch organische Neste bestimmbar ist, können die krctacischcn Abdachungen Klein-Asiens zn den zwei oberen Abdachungen dieser Formation gehörend betrachtet werden, nämlich die weiße Kreide ^ruis dlanc^) und die Tuffeaukreidc sl^i« Wtt'^u), von welchen die letzte, bloß an einem Punkte (zwischen Kizildja-bunar und Eregli) voll mir beobachtet worden, und somit einen isolierten, inmitten der weißen Kreide liegenden Fetzen bildet. d. Die stratigraphischcn Verhältnisse der Kreide-Formation Klcin-Asiens bieten die größten Verschiedenheiten dar, jedoch scheinen die folgenden Streichungslinien vorwaltend zu sein: Nordost-Südwest, und N-W. oder W-N-W.—Südost oder Südwest, mit einfallenden Schichten nach N-W., N-O., S-O., S-W. und S-W-S., während das Streichen Ostwest und Nord- *) Asle Mineure, Geol., V. II, p. 5—26. — 129 — süd nut Fallen nach N. S. O. und W. verhältnismäßig selten zu sein scheinen. Die horizontale Schichtung findet zuweilen statt in der Tuffcaukreide, die die älteste Kreideabdachnng in Klein-Asien bildet, während die nächstens darauffolgende (weiße Kreide) durch Hiftpnriten bezeichnete Abdachung gewöhnlich größeren oder geringeren Störungen unterworfen ist. Solche Störungen werden besonders häufig und stark, jemchr man sich dem östlichen Teile des Kreidegebletes nähert, besonders östlich von dem Meridian Amasias, d. h., gerade in den Regionen der Halbinsel, wo Dolerite und Pyroaxcn Porphyre das Maximum ihrer Entwickelung und Thätigkeit erreicht zu haben scheinen; auch sind in dieser Gegend nicht bloß die heftigsten Aufrichtungen und Vcrferfungcn der Schichten, sondern auch auffallende Veränderungen in den sie zusammensetzenden Felsartcn, wie unter andern in der Umgegend von Hipsala (Pontus südöstlich von Tokat), wo Kreidegebiete ihre Hauptbestandteile den Serpentinen entnommen zu haben scheinen, worans es sich ergiebt, daß in dieser Region Klein-Asiens die Serpentine älter als die Kreide ist. Eine andere sehr merkwürdige Thatsache, die ich erwähnen muß, ist die zwischen Nitsar und Akdjagyl (Pontus) auftretende Abwechseluug von eruptiven und Sedimentgesteinen, wie es das auf Tafel 12 beigefügte Profil darstellt^), aus welchem es sich crgiebt, daß bloß auf einer drcinndzwanzig Icin betragenden Strecke (zwischen Niksar und Nkdjagyl) die Dolcrite zehnmal mit Kalksteinen und Mergeln wechseln, und an einem Punkte, (beim Dorfe Elmenek) denselben bedecken; daß zwischen den krctacischcn Schichten von Kotanis und dem Dolcrit von Iagh-sian sich ganz uncrwartetcrweise ein Tcrtiärstreisen cinschiebt; dah sowohl dieser letzte als die kretacischen Schichten sehr reich an Pctrcfaktcn sind, indem der Tcrtiärfetzen (5l des Profils) nicht weniger als fünf Nummulitenartm enthält, und mannigfaltige Fossilien ebenfalls die kretacischen Streifen bezeichnen, *) Dieses Profil ist mNwmimm aus meiner ^.ßi« Nin., (^«oloßil?, V. ll, p. 128, wo ich cingchrude Erläuterungen darüber gebe. Tchihatches. Klein-Asien. 9 ®ut#F<$nitt swiften STCtisar unt> Slftjagt)!. D SDoIerit. — Tv SalffJeine mit SftergeU unb Settiär=2Jetfteiitetunfl£!i. C1 ffalfsteine mit Äretbc=3Secfteinenmgen (3tubift«n). eon SDoterit iiberbecft. C4 aSetfteijientngflloFe, unbefiimmt gef^i^tete Sa«= unb Satifcftetne. CS UnbeftlittTOt gefc^t^itete öerfteinerungStofc Äalfftäite unb TOcrgel naäf Ce Äallfietne unb HWetgel mit Äre!be*93etfteüterungen načj ©üboft C7 SSerfteinerung Stofe ftaltffrine nacfe SüboB faHenb. C8 Unbeptmmt gef(^i(^tete Salffteine mit $?reibe=a?etfteinentngen. ^V^. 1889 in. Bach Tchiflil lbiu m. !L!,»e»cl, 1!4? m, Kotani«, ilU!» m. Kassaba, 1080 in, Thal des Dllcbjl Tu. Gagl)isilll>, >625 in. Tchangal, ib^'0 m Hoilli Hlsslll, 1U50 m, AldjaM, 955 m. &ig. is. — 131 - besonders dcn Streifen (^, wo die NxoF^ra ooluinb«. mit Or-bitoiden auftritt, eine Vergesellschaftung, die in Europa unbekannt oder wenigstens sehr selten ist; endlich, daß in stratigraphischer Hinsicht das Profil ein antiklynales Fallen der Schichten darbietet, indem zwischen Niksar und Kassaba dieselben nach Nordost, und zwischen Kassaba und Akdjagyl nach Südost einfallen. Ich übergehe hier sehr viele andere interessante Folgerungen, die sich aus diesem, vielleicht einzig in seiner Art vorhandenen Profil ableiten lassen würden. 0. Die Hiftfturitcn enthaltenden tretacischcn Ablagerungen Klein-Asiens scheinen unmittelbar auf paläozischcn Gebilden zu ruhen. 6. Vergleichen wir die lrctacischcn Ablagerungen Klein-Asiens mit denen der am nächsten von der Halbinsel liegenden Länder, nämlich: dem europäischen Rußland, Kaukasus, Pcrsicu, der europäischen Türkei, Griechenland und Syrien, so sehen wir, daß in allen diesen Ländern die Krcideformation eine größere Entwickelung hat als in Klcin-Asien, oder jedenfalls, daß da, wo diefc Formation auf die oberen zwei Abdachungen, wie in Klein-Asien beschränkt ist, dieselben petrcfaktenrcicher sind*). I). Tertiär-Formation. Diese Formation ist in Klcin-Asien durch die folgenden Gruppen vertreten: 1. Eocän, 2. Miocan und 3. Pliocän. 1. Eocäns. Die diese Gruppe bildenden petrcfaktcn führenden Ablagerungen schließen sich durch ihre stratigraphischcn oder Petrographischcn Verhältnisse so enge an solche, die durch keine Fossilien bezeichnet sind, daß man beide mit der größten Wahrscheinlichkeit als zu derselben Gruppe gehörend betrachten kann. K. Unter den, die pctrcfaktcn führenden Gebilde zusammensetzenden Bestandteilen sind vorwaltend mehr oder weniger kieselige oder mergelige Kalke, die zuweilen an paläozoische Kalke *) Geologie de l'Aaic Mineute, p. 136 150. **) Ibid., p. 151-466. «,* __ 1 Z2 __ erinnern. Das petrefaktenlose Eocän besteht hauptsächlich in Sandsteinen, Konglomeraten und Gyfts. d. Die petrefaktenführendcn Ablagerungen sind bald horizontal geschichtet, bald stark aufgerichtet und zwar manchmal in großer Entfernung von eruptiven Felsarten. o. Trotz der bedeutenden lokalen Abweichungen scheint das vorwaltende Streichen von Nordost nach Südwest und von Nord-wcst nach Südost zu sein. ä. Soweit meine Beobachtungen reichen, ruht das Eocän Klcin-Asiens am häusigsten auf paläozoischen Gebilden. s. Nur an wenigen Örtlichkeitcn der Halbinsel bildet das Eocän das unmittelbare Substratum des Mioca'ns. Am häufigsten ist das Eocän vollkommen unbedeckt, mit der seltenen Ausnahme von Süßwassergebilde (wahrscheinlich Pliocän). Dies scheint zu beweisen, daß der größte Teil des Eocän Klein-Asicns schon vor dem Miucän erhoben war. i'. Die Eocänepoche dieses Landes scheint keine bedeutende Süßwasserablagcrungen hervorgebracht zu haben, sodaß allem Ansehen nach der charakteristische Zug dieser Periode ein pela-gischer war, auch dann, wenn die Süßwassergcbilde Smyrnas wirtlich dem Eocän gehören sollten. Jedenfalls ist wahrscheinlich, daß in Thracien das Eocämnecr mehrere Inseln enthielt, oder sich in der Nähe des Festlandes befand, welches allein die vegetabilischen Neste liefern konnte, die ich auf den südlichen Ufern des Dcrkossee sammelte, und uuter welchen zwei neue von Unger aufgestellte Geschlechter sich befinden, nämlich: IHidll-tolis^vito» und (ÜonlMntiniuin*). S. In Hinsicht der Fauna gehört das Eocän Klcin-Asiens dem großen Asiatisch-Mittelmeer Typus, den H. d'Archiae unter dcm Namen von I^ps ^8iÄtiL0-lli6äit6ir»,ii66ii trefflich in seinem bekannten Werke geschildert hat^*). Was die Fauna des *) Siclje Asio Min., 1'aleonfcologie p, 324, %a\d XVII. **) Histoire des progr&s de La Geologie, T. Ill, p. 221, — 133 — Eocäns von Klein-Asien besonders bezeichnet, ist der Reichtum an Rhizopoden, nämlich des Geschlechtes Nummulitcs, indem allein in der Halbinsel und ganz unabhängig von den Nachbarländern, dieses Geschlecht nicht weniger als fünfundzwanzig Arten zahlt, d. h. mehr als das Drittel der in d'Archiaes NonoFi'g.pIiis ä<38 Nuinllm1ite8 angeführten Gesamtzahl der Nummuliten*). Unter den zahlreichen merkwürdigen von mir entdeckten Eoäcenlokalitäten will ich hier bloß der folgenden erwähnen: Zasiranboli, Merdjemek-dagh und Samsun. Die senkrechten hohen Wände der zahlreichen Schluchten der Umgegend Zafiranbolis sind durch schnurgrade horizontale Kalkschichten gestreift, die eine solche Menge Petrefakten enthalten, daß ich etwa in einer Stunde (länger konnte ich mich leider dort nicht aufhalten) scchsundfünfzig Arten fammeln tonnte, von denen mehrere neue (wie unter anderen ?6oten ^oliilmtHoil, Om-illünlu ^oiMaw« 6w.) ^). Es ist eine wirklich llafsische Ortlichkeit, die gewiß in Europa Aufsehen erregen würde, wäre sie von Geologen studiert, was, wenn ich mich nicht irre, seit meinem Besuche nicht geschehen ist, obwohl ich dieselbe schon seit sechzehn Jahren (1869) angekündigt hatte. *) Zu den an Nmnnliten reichsten Ländern gehören die lybischc Wüste und EaWten, wo Zittel (Beiträge zur Gcol. nnd Palaeontol. der lybischen Wüste R'. 1. Teil, Palaeontographica, li. XXX) 20 Nmnnlileu-Arlen angiebt, niit der Vemectnng, dasz, obwohl die gefallenen Formen vorwalten, gewisse derselben vollkommen fehlen, wie unter anderen N. ^cliili.riLkLli. Nun aber ist diese von mir in Klcin-Asien entdecttc Art ebenfalls in Frankreich dnrch H. Herbert nachgewiesen, der diese Spczics sogar als eine Lcit-inuschel für gewisse NmnnlUen Schichten Süd^Frantreichs betrachtet, dieses Überspringen ausgedehnter Näiune, nm an einem weit entfernten Pnntte abermals anfzntauchcn, ist eine interessante Thatsache, die anch im Pflanzenreiche stattfindet, wie es nntcr andern der Fall init ltnoclo6«näl«n pauti-eum ist, der an der pontischcn Küste des Schwarzen Meeres lokalisiert nnd an der westlichen Extremität Europas, nämlich bei Gibraltar, ganz unerwartet auftritt. ••) Asie Min., Palčontol., p. 112—165, Xafelu I, IV, XI. — 134 — Nicht minder wichtig (und ebenfalls seit mir, soviel ich weiß, noch von keinem Naturforscher besucht), ist der Merdjemek-dagh oder Linsenbcrg*), so genannt wegen der ungeheuren Masse von Nummuliten, die gleich Linsen seine Abhänge bedecken. Der Berg erhebt sich inmitten des großen Trachytge-bietes des Argeus, bloß 6 Km östlich von der Stadt Kaisaria. Der obere Teil des Berges, dessen Gipfel nach meiner Messung 1798^ erreicht, besteht aus mehr oder weniger schwarzem Kalke, der unter dem Hammer zerspringt, einen bituminösen Geruch aushaucht; er ist bald in mächtigen Lagern, bald in dünnen Platten oder sogar Blättern geteilt; das vorherrschende Fallen ist nach Süd 30« Ost, / 75-80«. Dieser Kalk scheint keine organischen Spuren zu enthalten. Dagegen wimmelt das N-O-N.-Ende des Berges von Petrefakten, die besonders die zahlreichen Schluchten anfüllen, wo man sie mit der Schaufel wie Sand aufhäufen kann. Der pctrefattcnführende Kalk ist schmutziggrau oder gelblich, sandig, manchmal in den obenerwähnten bituminösen Kalk übergehend; allein nur die grünlichen oder weißgclblichen Varietäten sind der ausschließliche Sitz der Organismen, die diese Gegend bewohnten und die für den bituminösen Kalk einen entschiedenen Widerwillen zu hegen schienen. Die petrefaktenführende Gebirgsart ist sehr undeutlich geschichtet, indem sie rundliche Massen bildet, während da, wo sie in den bituminösen Kalk übergeht, die Schichtung sichtbar wird mit einem Fallen nach Süd 63" West / 45—50", aber an manchen Punkten bloß 10-15; sodaß zwischen den bituminösen und pctrefaktcnführenden Kalken ein fast antiklines Fallen stattfindet. Ich fammelte auf dem Linsenberg 26 Molluskenarten, worunter 6 Nummuliten, von welchen die N. ItÄinouäi massenhaft auftritt'"'). Die dritte interessante Eocänlokalität, die von Samsun, ist *) Merdjemek -- Linse, Dagh -- Berg. **) S. ^si6 Nin. I^'ontol,, p. 125, 150, 15s, 160,186. Tafeln III, IV, V. — 135 — nicht wie die zwei vorhergehenden durch ihren Petrefaktenreich« tum charakterisiert, sondern durch ihre absonderliche Lagc, denn es ist bloß ein isolierter Fetzen, inmitten doleritifcher Felsarten, den ich seiner Beschränktheit wegen ans meiner geologischen Karte nicht verzeichnen konnte. Als ich die Samsnn umgebenden, aus Eruptivgesteinen zusammengesetzten Hügel studierte, war ich be» troffen, in der Nähe des Dörfchens Kadi, etwa 3 kiu vom Meere entfernt und 40—50 iu über dem Niveau desselben sich befindend, eine Anzahl zerstreut umherliegender Conchylim zu erblicken, fast alle zu den noch jetzt im Schwarzen Meere lebenden Arten gehörend, jedoch mit gewissen fossilen Pliocänformen vergesellschaftet wie: L^eeinuui nsritoum, Ostrea unoinatg,, o»,!'-äium «äulo 6w. Was aber eine noch viel interessantere Erscheinung bildet, ist, daß die auf ihrer Oberfläche diese Conchylien tragenden Felsen hier und da mit Lagern von mergeligten Kalt, ganz von derselben Färbung wie die Dolerite, die demselben ihre Hauptbestandteile geliefert hatten, bekleidet sind. Auf den Abhängen der Hügel und in den Schluchten sind diese Lager manchmal zu dünnen, mit dem Dolerit auf das innigste verwachsenen Krusten reduziert, und gerade diese winzigen, dem geübtesten Auge so leicht entschlüpfenden Fetzen enthalten eine Menge von vollkommen bestimmbaren Nummuliten, Nlveolinen, Opcrculinen, Orbitoiden?c. Das Vorhandensein in der Umgegend von Samsun sowohl von Eocängebilden als auch von Conchylien, die noch im Schwarzen Meere lebenden Arten gehören, führt zu zwei interessanten Folgerungen: erstens, daß die Ausbrüche der Dolerite dieser Küste vor der Eocänperiode stattfanden, und zweitens, daß in einer rezenten Epoche, vielleicht sogar zur Zeit des Menschengeschlechtes, dieser Teil des Littorals noch unter dem Wasser des Schwarzen Meeres lag, sodaß seine Wogen nicht bloß über die Ebene, wo jetzt Samsun steht, rollten, sondern auch die Abhänge der Hühe bespülten, denn Kadi-kol liegt in einer Entfernung von 3 km vom Meere. — 136 — Obwohl das Eocän ausgedehnte zusammenhängende Räume im westlichen, südlichen und zentralen Klein-Asien einnimmt, tritt es an manchen Punkten in isolierten Fetzen auf, wie unter anderen auch in der Umgegend der Stadt Kutaja, von welcher ich hier eine Skizze gebe. Die im Hintergründe sich erhebenden Befestigungen waren während meines Aufenthaltes in dieser Stadt der politische Gefängnisort des berühmten Ungarn Kossut, den zn besuchen die türkische Regierung mir nicht gestattete. 2. Miocän. Wir wollen, wie in den vorgehenden Formationen, fogleich zu den allgemeinen Resultaten schreiten, den Leser, der die Beweise solcher lakonischen Aphorismen zu lernen wünscht, auf mein großes Werk verweisend*). «,. Wie es beim ersten Blick auf meine geologische Karte auffällt, tritt das Miocän Klein-Asiens mehr zerstückelt und zerstreut auf, als irgend ein anderes Sedimentgebilde der Halbinsel. Dies ist eine der zahlreichen Erscheinungen, die in dem jetzigen Stand unserer sehr unvollkommenen Kenntnisse dieses Landes nicht leicht zu erkläret: sind. d. Die vorwaltenden Gebirgsarten der Miocänablagcrungcn bestehen in weißem oder gelblichen:, mehr oder weniger kieselhaltigem, amorphem oder krystallinischem Kalkstein, in Sandstein, Mergeln, Konglomeraten und Gypsen. o. Diese Gebirgsarten sind am häufigsten horizontal geschichtet, was jedoch lokale Störungen nicht ausschließt. Aus den zahlreichen von mir gemachten stratigravhischen Beobachtungen ergiebt sich, daß in dem mit geneigten Schichten auftretenden Miucän das vorwaltende Streichen von Nordost nach Südwest und von Nordwest nach Südwest mit Fallen nach N-W. S-O-S., O. und S-W. ä. Das Miocän Klein-Asiens ruht zuweilen (jedoch selten) auf Eocän, häufiger auf paläozoischen Gebilden, beide mit mehr oder weniger stark aufgerichteten Schichten. Was das Alterver- *) @. Asie Min. V. Ill, p. 5—147. 8f»s. is. ihttaija. aSom SBerfaffer natfi ber 3Jatur geäetcfinet. — 138 — Verhältnis des Miocän zu den jüngeren Ablagerungen betrifft, so scheint hier dasselbe vor dem Pliocän emporgehoben zu sein, denn größtenteils ist das Miocän vollkommen entblößt oder bloß durch ganze junge lakustrische Sedimente bedeckt, die manchmal so innig mit der unterliegenden Felsart verschmolzen sind, daß ohne die Hülfe paleuntologischer Kennzeichen es unmöglich wäre, die zwei chronologisch ganz verschiedenen Gebilde zu unterscheiden. 6. Die in Cilicien von mir beobachteten Miocän-Ablage-rungen sind durch ihren Reichtum an organischen Resten ganz ausgezeichnet, besonders das Thal von Ermcnet und die Umgegend von Tarsus. Zugleich bieten sie die merkwürdige Thatsache dar, daß sie sich ganz anders verhalten, wie die miocänen Gebilde der von der cilicischcn Küste bloß durch einen etwa 90 kni breiten Meerarm getrennten Insel Cypcrn. Während das Miocän Ciliciens durch eine überaus reiche Fauna*) und eine horizontale Schichtung charakterisiert ist, bieten die miocäncn Gebilde Cypcrns entgegengesetzte Verhältnisse; denn erstens scheinen sie sehr pctrcfaktcnarm zu sein, da H. Gaudry darin bloß drei Arten finden konnte, nämlich: ^traea ftnßtt^i-sli, ^axodri8ou8 er68t:6nt,!Nli8 und (^6NOP8 pt?« Ar^ouli, von denen die zwei letzten nicht bloß in Cilicien, sondern auch in allen Miocän-Ab-lagerungen Klein-Asiens fehlen; und zweitens haben sie aufgerichtete Schichten und ruhen konform auf dem Eocän**). Berücksichtigt man einerseits die wesentlichen Verschiedenheiten zwischen dem Miocän Cyperns und der cilicischen Küste, und andererseits die wichtige Rolle, die die Serpentine -in Cypern spielen, nnd deren Wirkung die Aufrichtung der eocänen und miocänen Schichten zuzuschreiben ist, so wäre man geneigt anzunehmen, daß die Serpentinausbrüche Cyperns keinen Einfluß hatten auf die so naheliegende cilicische Küste, und daß folglich sie zu einer *) Vlos in der Umgcgcnd der Stadt Tarsus habe ich 64 Species, 38 Geschlechtern gehörend, gesammelt. Siehe /^i» Nin. ttöow^is, V. III, p. 08 und r^isonwloßis, p. 295—298. Tafeln VliI und IX. **) Siehe H, Gandry, Nsoloßie äs I'lis äß Ok^pre, p. 170—200. — 139 — Epoche stattfanden, als die miocä'nen Gebilde Ciliciens noch nicht emporgehoben, und vielleicht auch, als Cypern von dem klein-asiatischen Kontinent schon getrennt war. t'. Die so häufigen Salzlager in Klein-Asien sind wahrscheinlich von miocäuem Alter, was, wie bekannt, auch in Europa der Fall ist. Jedenfalls ist der zwischen Cyftcrn und der cilici-scheu Küste vorhandene schroffe Gegellsatz höchst merkwürdig und es wäre von großem Interesse zu untersuchen, ob eine ähnliche Erscheinung auf den zahlreichen in der Nähe der Westküste von Klein-Asien gelegenen Inseln ebenfalls auftritt, denn die von Goreciz*) auf der Insel Cos nachgewiesenen sehr petre-faktenrcichen Miocänablagerungen scheinen eine Fauna zu besitzen, die von der des Miocäns Klciu-Asicns wesentlich abweicht. A Der größte Teil des Miocäu Klem-Asicns ist von pelagischcr Herkunft. 1i. Obwohl das Miocän Klein-Asiens mir eine Anzahl von Fossilien (138 Arten) geliefert hat, die der des Eocän (163 Arten) nicht viel nachsteht, gcbm doch diese zwei Fauuen zu ganz verschiedenen Folgerungen Anlaß**). Das Eocän Klein-Asiens gehört einem besonderen Typus an und kann also bloß mit den Vertretern desselben verglichen werden; nun aber haben wir gesehen (p. 125), daß diese Vcrgleichung mit dem in der Nachbarschaft der Halbinsel liegenden Eocängebilde sehr günstig für *) ©orcciy, Note sur l'ile de Cos et siir quelques bassins terti-aires de 1'Eubee, de la Thessalie et de la Macedoine (Bull. Soc. geol. France, 1874). **) Die von mil' beschriebeneu Miocä'n-Fossilien haben vor kurzem elucn beträchtlichen Zilwlichs erhalten durch die von v>-. Luschan und Or. Tiehe in Lycien gcsam>nelt«i und von Th. Fuchs bestimmten Fossilien (Vcrhaudl. d. k. f. neol. Reichsanst., l«85, Nr. 4, S, 107). Sie stammen teils aus der von nur beschriebenen LokalitiU Eaaret (/^zie Nin. 6«o1. V. III, p. 2l) teils alls den Thalern Fcllmtschai und Aktchai, die ich nicht besucht hntte. Eine interessante Folgerung, zu der die von diesen Herren gesammelten Fossilien führen, ist das wahrscheinliche Vorhandensein des Schliers, einer bisher in Klein-Asien nicht bekannten Formation. — 140 — diese letzte ausfällt, indem sie nicht bloß die Hauptformen der zu dem Asia tisch-Mittelmeer-Typ us gehörenden Länder besitzt, sondern sich auch durch eine ganz außerordentliche Entwickelung der für diesen Typus charakteristischen Formen auszeichnet, nämlich: der Rhizopoden, von denen Klein-Asicn sechsunddreißig Arten besitzt, folglich etwa ein Viertel der zahlreichen Eocänversteinerungen. Ganz anders steht es mit dem Miocän Klein-Asiens. Hier handelt es sich nicht mehr um einen lokalen Typus, sondern das Miocän der Halbinsel muß mit dem der übrigen Länder in absoluter Weise verglichen werden, und in dieser Hinsicht ergicbt die Vergleichung des Miocäns Klein-Asiens mit dem, nicht bloß von Europa, sondern auch des Kaukasus, Persiens, der europäischen Türkei und Griechenlands, eine auffallende Armut und Einförmigkeit. Ferner hat das Miocän Klein-Asiens noch sehr wenige Vertreter der sarmatischen Stufe aufzuweiscn. Zwar ist die Anzahl dieser letzten kürzlich durch die Forschungen der Herren Calvert und Ncumayr vermehrt, indem sie auf den Küsten des Hellespontus höchst interessante Tertiär- und Quartärablage-rungen nachgewiesen haben*). In dem Tertiär unterscheiden sie 5 Gruppen, von denen die 3. (von unten nach oben) Süßwasser-konchylien enthält und die 4. Gruppe sarmatische Kalksteine mit ^^s« ^rLAarin,, Ni'vilia ^oäolion. und Nilotr«. poä^1i. Asie MiiuHiro, tjt'jul., V. ill, p. 472. — 144 — Klein-Asiens, sind keineswegs mit mannen oder brakischen Formen vermengt, und außerdem beziehen sich diese Formen auf andere.Arten, als die, welche in dem Steppcnkalk Nußlands nnd Österreichs auftreten. Übrigens ist es wahrscheinlich, daß eine kleine Anzahl der Süßwasserscdimente Klein-Asiens dem Eocän oder Miocän anheimfallen, während der größte Teil dem Pliocän gehört. F. Die wenigen Pliocänablagcrungen ftelagischen Ursprungs haben mir etwa 12 Spezies geliefert, deren geringster Teil die aralo-kaspische Fauna abspiegelt. Dies ist eine um so merk« würdigere Thatsache, da sie auf der Klein-Asien so naheliegenden Insel Cyftern keineswegs stattfindet, indem H. Gaudry in dem Pliocän derselben 47 Arten fammeln konnte, von denen 15 zugleich tertiär und quartär sind und 1 miocän, was die Anzahl der ausschließlich pliocänen Arten auf 31 reduziert, von welchen keine einzige in dem Pliocän Klein-Asicns vertreten ist; anderseits enthält die pliocäne Fauna Cypcrns 11 Arten, die in Wein-Asien bloß in dem Miocän vorhanden, und 3 ausschließlich Quartär (I^eton ^eoliLang, I'. variu« und Venu« Ag^ina,). Aber einen viel größeren Gegensatz in dieser Hinsicht sehen wir zwischen Klein-Asien und den der Halbinsel am nächsten liegenden Ländern, namentlich Griechenland uud Italien*), wo der Reichtum und die Mannigfaltigkeit der pliocänen Fauna die Armut Klein-Asicns in dem grellsten Lichte hervortreten lassen. k. Die große Seltenheit in Klem-Asicn der soliden oder flüssigcu bituminösen Substanzen kontrastiert ebenfalls mit der beträchtlichen Entwickelung dieser letzteren in mehreren Nachbarländern der Halbinsel, namentlich in den Doucmfürstcntümern, Albanien, Insel Zante u. s. w.; und da in allen diesen Ländern das Ausströmen brennbarer Gase und das Vorhandensein von Bitumen und Petroleum enthaltenden Lagern verknüpft ist, während in Klcin-Asicn Gase dieser Natur fast bloß inmitten crup- *) <5. A sic Min. Güologie. V. Ill, p. 479. — 145 — tiver Gesteine auftreten, so wird es wahrscheinlich, daß diese Gase nicht ganz denselben Ursprung in den erwähnten Ländern und in Klein-Asien haben; auch scheinen sie auf der Halbinsel den Charakter von vulkanischen Äußerungen zu besitzen, gleich der Kohlensäure, diesem treue«: Begleiter aller alten und neuen eruptiven Erscheinungen. X Quartäre Formation. Wir wollen in derselben die folgenden zwei Gruppen unterscheiden: diluviale Periode und alluviale Periode. 1. Diluviale Periode. Sie scheint in Klein-Asien bei weitem weniger Spuren hinterlassen zu haben, als in dem größten Teile der alten und neuen Welt, denn in Klein-Nsien sind die organischen Neste nicht allein selten und einförmig, sondern die klassische Halbinsel scheint den Wirkungen der großen Eisperiode vollkommen entrückt gewesen zu sein*). ") Schon seit 15 Jahren war ich bemüht, dir Ansicht festzustellen, dnsl die Glacial-Periode überhaupt weit weniger merkwürdig ist durch ihre Verbreitung, als durch ihre Lotalisation, Meine Forschungen in Klein-Asien, Persic», Sibirien und Algerien haben mir zahlreiche und gewichtige Argnmcnte zu Gunsten dieser Ansicht geliefert; ich habe diesen Gegenstand niustäudlich iu den folgenden Schriften abgehandelt! H«i6 Ninsui-e, <3üo-logw' V. 111, p. 485; 1a V6Z6wt,ion <1u (l!odc>, V. I, p. 217; N8paFNsi, ^iFerie ot i'uniLie, p. 425. Hier will ich bloß die folgende Amnerlnug hinzufügen. In seinen gediegenen Studien nnd Forschungen :e., S, ö3>>, erwähnt Nordenstjüld der vollkommene!: Abwesenheit der Glacinl-Crschei' nnngen in Spitzbergen, wenigstens seit dein Devon bis zur Tertiär Zeit, aber zugleich führt er die Meinung des Herrn Nothorsttz an, der zufolge die Glneial-Periode eine allgemeine Verbreitung sowohl iu dem östlichen als westlichen Teile des asiatischen ContinentÄ gehabt I>aben soll, eine Mei nnng, zu deren Gunsten er das Don Nordenstjo'ld iu Iapau ("?0 Kin südlich von Nangasati) entdeckte Lager von fossilen Pflanzen anführt, die aller^ dings ein viel kälteres Klima als das jetzt in Japan herrschende verraten. Allein dieser Umstand beweist gerade das Gegenteil der von Nolhorst vertretenen Ansicht, denn wäre die Maeial-Periude eine allgemeine gewesen, so mußte sie sich anf das in der Nähe liegende China verbreiten, nun aber hat Freiherr von Nichthoscn die vollkommene Abwesenheit glacialer Erscheinungen iil diesem Lande nachgewiesen. Tchihatchcf, Klci„ Asicu. 10 — i4i; — 2. Die Armut des Diluvialalters Klein-Asiens offenbart sich durch die Vergleichung nicht bloß mit den europäischen, nahe oder fern von der Halbinsel liegenden Gegenden, sondern auch mit der Insel Cypern, die fast als ein Bruchstück der cilicischen Küste erscheint. Die von den Herren A. Gaudry und F. Unger*) in dieser verhältnismäßig kleinen Insel gesammelten Fossilien betragen 190 Arten Mollusken, von denen 13 ausgestorbcne, nebst 5tt Furaminiferen, von denen 24 neue, sodaß mit Einschluß der Vryozoarien, Nadiaten und Korallen das Total der bloß von zwei Naturforschern beobachteten Quartärfossilien Cyfterns die ungeheure Anzahl von 270 Arten geben würde. Nun aber hat mir die Diluvialformation ganz Klein-Asiens bloß 19 Arten geliefert**). Zwar haben Calvert und Neumayer'"*) in dem Quartärgebilde des Hellesvontus 33 Conchylien angeführt, von denen 15 noch heute das Schwarze Meer bewohnen, allein dies würde höchstens ein Total von 52 Arten für das Quartär von Klein-Asien geben, und somit weniger als ein Fünftel der von Cypern. 3. Die Abwesenheit oder jedenfalls große Seltenheit organischer Neste in den diluvialen Ablagerungen Klein-Asiens, die häufig deutliche Schichtung derselben, ihr Facics mehr an lakustrische als Mccrgebilde erinnernd und endlich die Natur ihrer Bestandteile, die augenscheinlich den nahe anstehenden Felsarten entnommen worden sind, scheinen zu beweisen, daß der größte Teil dieser Trümmer und Schuttanhäufungen, die in der Halbinsel sehr beträchtlich sind, sich dort, wo sie jetzt liegen, gebildet haben, statt von weither angeschwemmt gewesen zu sein. Deshalb bieten die Trümmeranhäufungen in Klein-Asien nichts, was auf jene heftigen Diluvialströmungen deuten könnte, die in Europa solche ungeheure Näume erfüllen und so zahlreiche Pctre- *) Die Insel Cyftern, S. 37-50. **) ftl^) — 150 — Vlick auf meine geologische Karte zeigt, die eruptiven Fclsartcu einen so bedeutenden Raum einnehmen, daß wohl schwerlich irgend ein anderes Land ein ähnliches Verhältnis zwischen den eruptiven und sedimentären Felsarten darbieten möchte. Unter den ersten erscheinen vorherrschend: Trachyt, Dolerit und Pyroxen Porphyr, dann Serpentin und Diorit; die Basalte nud Euritc scheinen in der Halbinsel eine untergeordnete Nolle zu spielen. 1. Trachyt. Betrachtet mau die 6 Gruppen, in welche G. Rose die Trachyte einteilt, so crgiebt es sich, daß, obwohl die Trachyte Klein-Asiens fast alle diese Gruppen vertreten, mit den einzigen Ausnahmen der Leucitporphyrc und Leucit enthaltenden Trachyte, fie sich hauptsächlich dem Trachytentypus vom Etna, Stromboli und von den Feldern des Ararat und in einein Avvcndix zu dieser Arbeit die Ansicht ausgedrückt, das die von mir in Klein-Asien als Trachyt bezeichneten Gebilde Andcsit seien. Habe ich in dieser Hinsicht einen Irrtmn begangen, so kann ich mich damit trösten, daß ich denselben mit einem der ausgezeichnetsten Mineralogen unseres Jahrhunderts teile, nämlich mit meinem teuren Frenndc Gustav Rose, der die zahlreichen von nur aus Klein-Asien mitgebrachten Handstücte mit der ihm eigenen Sorgfalt nnd Sachkenntnis untersuchte, kein einziges als Andcsit zn bezeichnen geglaubt hat, nicht weil er diese Bcnennnng nicht kannte, denn sie war schon seit längerer Zeit von L. v. Buch vorgeschlagen, sondern weil er den Andesit als eine Varietät des Trachyt betrachtete. A. von Humboldt, der größte Kenner der Anden seiner Zeit, hat diese Benennung ans-drncklich zurückgewiesen und in seinem Kosmos (V. IV., ^>. 633, Anmerkung 85) nmständlich die Grunde angeführt zur Verwerfung „der min schon veralteten Mythe des Andesits". Jedenfalls, da es sich blos um einey Namen handelt, der mehr einen vctrografthischen als geologischen Wert hat, verbleibe ich treu der Ansicht Gustav Noses und werde deshalb die von iym als Trachyt bezeichnete Fclsart unter diesen, Namen anführen. In meinem großen Werte (8. ^Vni« Ni»ear«, <^eul, V. I. Ito«ll6s «'ruptiven, p. I—472) habe ich absichtlich die Bestandteile dieser Felsart sehr umständlich angegeben, was gewiß das wesentlichste ist, denn wie man nun auch eine sselsart lausen mag, die einmal auertmintcu Bestandteile verlieren niemals ihrrn Wert, besonders wen» sie von eiuem Gelehrten wie Gustav 5!lose wstimmt worden sind. - 151 — des Kaukasus anschließen, besonders diesen letzten zwei Gebirgen, deren Trachht Andcsit enthält*). Zwar auf der ganzen Oberfläche Klein-Asiens zerstreut, bilden jedoch die Trachyte besonders häufige, wenn auch verhältnismäßig nicht sehr ausgedehnte Ausbrüchc in dem westlichen Teile der, Halbinsel, wo ich bloß des bedeutenden Trachytgebiets erwähnen will, inmitten dessen die Stadt Afiim Karahissar, von welcher ich hier eine Skizze gebe (Fig. 14), am Fuße einer riesenhaften Trachyt-Pyramide malerisch liegt**). Viel größere Näume nehmen diese Fels arten in den mehr zentralen Regionen ein, wo das trachytische Gebiet des Argeus alle übrigen in Ausdehnung und Mannigfaltigkeit seiner Gebilde übertrifft; auch müssen wir uns begnügen, bloß auf dieses Gebieth emeu raschen Blick zu werfen. Der Argeus (Erdjias-dagh), etwa 4 km südlich von Ka'i'saria entfernt, und dessen wir in dcu meteorologischen und botanischen Teilen dieser Arbeit erwähnt haben, erhebt sich fast im Zentrum ciucs trachytischen Gebietes, welches von W-S-W. nach O N-O. ein verlängertes unregelmäßiges Oval bildet, das eine Oberfläche von fast 2000 qkm, einnimmt, sonnt eine beträchtlichere als die der Insel Corsica uud siebenmal größer als die der vulkanischen Gebiete des Etna. Der von mir bestiegene südliche Abhang des Argcus gestattete selten das feste Gerüste des Berges zu erkennen, indem dasselbe nur hier und da unter dcu ungeheuren Trümmeran-häufungen sich zeigt; jedenfalls, nach den lokalen Entblößungen zu urteilen, scheint die vorwaltende Felsart folgende Zusammcu- *) Ich lml'l' OV^. Ni,,„ (!<'>«)!, V. I, i>- !N) ums!m,dlich dic vm, (^. )!,'ost' glümichk' (iintt'ilnug dcr Truchyk- in 6 Gnippm cmgcfi'chvt, mit dcr Atu^ix, zu welcher dicstr Gruppc» dic Ul'rschn'dcm'n Tmchytc Klcm-?lsn'tts sichmoil; au^ dicscr Aii^abl- crsiicl'! l'? sich, das, dn> in der Halbinsel vm-hl'rrschcndcii Tvachyle sich ans dic Orü>.',>,ic lu^ichon, Nu'lchc Andcsit cntlMt. — 152 — setzung zu haben: Grundmasse weiß, hellgrau oder rötlich gestreift und gefleckt, enthaltend kleine Krystalle von Oligoclas, sehr verschieden in ihrer Anzahl, Größe und Gruppierung; die Fläche ? fast stets durch mehr oder weniger deutlichen Streifen charakterisiert. Neben dem Oligoclas oder denselben vertretend, sieht man in einer hellgrauen, kompakten, etwas glänzenden Grund-massc zahlreiche Amphibolkry stalle. Das ausgedehnte, auf meiner Karte angegebene argeische Gebiet besteht mit wenigen lokalen Ausnahmen aus Trachyt, der häufig sehr bedeutende, von dem eigentlichen Argeus unabhängige Gebirge bildet. Einer der am meisten charakteristischen Züge dieses Gebietes sind die häusigen Schluchten, die dasselbe in allen Richtungen durchsetzen ohne wie die lli^noou aus einem Mittelpunkte zu strahlen; auch befinden sie sich nicht bloß auf den Bergen, sondern auch in den Ebenen. Ihr Ursprung ist ziemlich räthselhaft. Es sind Gänge von sehr verschiedener Breite und Tiefe, deren senkrechte Wände regelmäßig abgeschnitten sind. Man könnte kaum diese Schlünde entweder der crosiven Wirkung des Wassers oder den explodierenden unterirdischen Kräften zuschreiben, denn da sie nicht bloß weiche Tuffe, sondern auch Trachytfelsen durchsetzen, so wären diese letzten zu harte Substanzen, um durch Wasser allein ausgehöhlt zu werden; dahingegen die Regelmäßigkeit, mit welcher die Wände sich entsprechen und besonders die vollkommen horizontale Schichtung der sie bildenden Trachyte oder Tuffe heftige Zersprengungen und Spaltcnöffnungen durch vulkanische Kräfte ausschließen; endlich, habe ich an denselben keine Spuren von abgeglätteten Flächen oder Ritze entdeckt, die an Wirkungen von Gletschern erinnern könnten. Diese offenen Gallerien oder Schlünde, gewöhnlich mit flachem Boden, enthalten oft Gärten und Dörfer. Zwei solcher Schlünde befinden sich etwa 16kin östlich von Kaisaria in der Nähe des Städtchens Sarmusakly; der eine enthält das Dorf Gessi, der andere das Dorf Vcksi, dessen weiße aus Tuff erbaute Häuser grell von den schwarzen Trachytwanden dtiß- 14. 91fiun = $oraljiffjr. S8om SSerfaffer nad) ber ilatui gejcic^net. — 154 — abstechen; die Stadt Nigdc liegt ebenfalls an einem solchen Schlnnde. Unter den zahlreichen Bergen, von denen das argeische Gebiet strotzt, sind Hassan-dagh und Iechil-dagh, beide nebeneinander an der südwestlichen Grenze des Gebietes stehend, die beträchtlichsten. Aus dem südöstlichen Abhang des zentralen Kegels des Berges Hassan sieht man drei Lavaströme entspringen, die aber bloß den Fuß des Kegels erreichen, ohne sich in die Ebene auszubreiten, was zu beweisen scheint, daß der Strom nicht flüssig, sondern tcichartig war. Der die beiden Berge zusammensetzende Trachyt ist dem des Argeus ziemlich ähnlich, nur daß iu diesem letzten die homogene basaltoidc Varietät mehr vorherrschend ist, als in den beiden zwei Bergen, wo die por-phyroide Varietät häufiger auftritt, und auch zugleich eine mehr poröse Textur hat, die an die heutigen Laven. Schlacken und Bimmssteinc erinnert; außerdem ist am Hassau-dagh der Trachyt mit glasigem Feldspath vorwaltend, während in dem Argcus Trachyte mit Oligoclas die Hauptrolle spielen. Im Nordwestcn schließen sich die Trachythöhen des Hassan an die Dioritmasscn, die die Stadt Aksera'i umringen, die aber in das eigentliche argeische Gebiet nicht hineindringen. Dagegen will ich schon hier zwei merkwürdige Ortlichkeiten anführen, wo die Trachyten dieses Gebietes plötzlich durch audcrc eruptive Gesteine unterbrochen werden, aber doch auf verhältnismäßig beschränktem Naum, sodaß sie als Insel in dem großen trachytischcn Meere auftreten. Die eine dieser Örtlichkciten ist die Gegend zwischen dem Dorfe Tatlar und der Stadt Nevchehr, und die zweite die Anhöhe von Ertelet. Das Dorf Tatlar (etwa 80kin westlich von Ka'lsaria) liegt in einem der schon oben erwähnten merkwürdigen Schlünde, nur ist hier der Schlund nicht in Trachyt, sondern ill Dolerit ausgehöhlt; diese Gcbirgsart bildet den oberen Teil der senkrechten Wände desselben, während der untere Teil von weißem Tuff eingcuommen ist; sowohl der Dolerit als der Tuff — 155 — sind in Bänke oder Schichten abgelagert, die so regelmäßige horizontale Streifen bilden, als wären sie mit der Schnur gezogen. Der sehr feinkörnige Dolcrit geht häufig in einen schwarzen oder grauen Amygdaloid über, der hcxagonale Täfcl-chen von Bronzit enthält und dessen Höhlungen mit Kaltspath gefüllt sind. Der lange Schlund mündet in das Thal des Kizil-Irmak. Die Gegend zwischen Tatlar und Nevchehr bietet ein auffallendes Bild flüssiger, feuriger, vulkanischer Ergießungen und Auswürfe, denn allerwärts treten Schlackcntcgel nnd breite Ströme von schwarzen Doleriten, poröser Wacke und qnarz-führendcr Porphyre auf; diese letzten aus einer grün-gräulichen Grnndmassc, enthaltend gelb-weißliche Krystalle von translncidem Feldspath, hexagonalc Dodekaeder von Quarz und Blüttchen von Chloritglimmer. Die Ströme erinnern (in Hinsicht ihres äußeren Ansehens) an jene der Anvergne oder der Eifel, nnr sind sie hier in einem weit größerem Maßstabe. Es ist wahrscheinlich, daß der Herd, welcher alle diese eruptiven Massen geliefert hat, in der Gegend selbst sich befindet, denn unter den zahlreichen kegelförmigen Höhen, von denen die Ebene strotzt, tragen mehrere an ihrem Gipfel kratcrförmigc Einsenknngen. In der Nähe von Nevschchr schließen sich die in Säulen abgesonderten oder Eunuchen bildenden Dolerite an Gebirgsmasscu, die fast ganz aus Blöcken und Bruchstücken von Bimmsstein bestehen, deren Poren alle in derselben Richtung verlängert sind. Es ist der einzige Ort in Klcin-Asien, wo ich den Bimms-stcin su massenhaft auftreten gesehen habe. Häufig ist er in horizontal geschichteten Dolcrit-Tuff eingebettet. Nevchehr (1200 m Höhe) befindet sich auf diesem Tuff, ans dem anch die Hänser der Stadt erbaut sind, wie es so oft in dem trachytischcn Gebiete des Argeus der Fall ist. Zwischen Ncvschehr und Atfarcü bietet der Trachyt merkwürdige pctrografthische Eigentümlichkeiten dar, indem in der Umgegend des höchst malerisch gelegenen Dörfchens Kayadjik, von dem ich hier (Fig. 15) eine Skizze gebe, die Grnndmasse des Trachyts so sehr von Krystallen von — 156 — Quarz und Magnesia-Glimmer wimmelt, daß die Porphyr-Struktur der Felsart ganz verschwindet*). Die zweite in diesem Gebiete sich befindende nicht trachy-tische Örtlichkeit ist Erkelet, ein großes etwa 4 km nördlich von Ka'i'saria liegendes Dorf. Von Ka'isaria aus gesehen, erscheint Erkelct, das durch eine aus trachytischen horizontal geschichteten Bänken bestehende Ebene von der ersten Stadt getrennt ist, als eine Anhöhe von Süßwasserkalk, denn sie hat die linearen schwach ondulierten Umrisse, wie auch die weiße und gelbliche Färbung, die für die lacustren Ablagerungen Klein-Asicns so charakteristisch sind; deshalb ist es nicht ohne Aefremdung, daß man, an Ort und Stelle angelangt, sich überzeugt, daß der Berg, auf dessen südlichem AbHange in einer Höhe von 1475 ui Ertelet liegt, ausschließlich aus schwarzem Dolerit besteht, dessen Verwitterung zu ungeheuren Massen von weißlichein Sand Anlaß gab. Der Dolerit besteht aus Pyroxene, Labrador und nur selten kleinen Körnern von mehr oder weniger zersetzten Olivin. Manchmal geht die homogene Struktur der Felsart in eine porphyroide über, mit schwarzer Gruudmasse, die Krystalle glasige»: Ortoclas enthält, was dann wirklichen Trachyt bildet. Ich möchte das große Trachytgebiet des Argeus nicht verlassen, ohne einiger, ganz in der Nähe der südwestlichen Grenze desselben sich befindenden höchst merkwürdigen Trachytausbrüche zu erwähnen. Bloß 4 km südwestlich vom Hassan-dagh erhebt sich inmitten der ausgebreiteten Süßwasserablagerungen Lycao-niens die Trachytbcrgkcttc von Karadja dagh. zwischen deren südwestlichem Ende und dein Städtchen Karabunar eine große Anzahl von abgestumpften Kegeln auftritt, unter welchen einer, 4 Klu südöstlich von Karabunar durch seine Gestalt ganz besonders auffällt: es ist ein von Nordost nach Südwest ver^ längerter, stark abgestumpfter Kegel, eine breite und tiefe, fast *) to8 i-en-aus 8oe sslx>1. äo 1^!w«6. 2m ßor., 1°. VII, p. 178. Prof, Unger (Dic Insel Cypcrn, p, 4) erwähnt in dieser Insel häufig nnftretendcr Diabase und Dioritcn, die in Klein-Asien ebenfalls ziemlich feltcn sind. ^) V. V. ^8. Um, Uvo^. Z)k^8. eoin^. j,. 23?. — 167 — eine solche Erscheinung auf so alten historischen Zeugnissen lieruht, wie die Chinuiera; denn wenn wir sie bloß von dem Zeitalter Humeros annehmen, so würde diese nach dem passenden Ausdruck des Plinius: ,Mmmu, immortals" schon beinahe drei-tansend Jahre lodern. Die klassische Chimera, jetzt im Lande unter dem Namen Manartach (verbrannter Stein) bekannt, ist ein etwa 300 m hoher Hügel, der an seinem Gipfel eine Öffnung trägt, ans Vereine 3^4 Fnß hoheFcuersä'ule ohue Unterbrechung emporwirbelt, während kleinere Flämmchcn aus anderen Spalten schießen. Der den Hügel bildende Serpentin enthält Diallage und ist oft sehr zersetzt*). Die Serpcntmansbrüchc in Klein-Asien haben in kleineren oder größeren Zwischenräumcn stattgehabt, indem sie bald älter bald jünger als die Eocängebilde sind, und zwar an Örtlichkeiten, die nicht weit von einander entfernt liegen. Was ihr Verhältnis zu dem Miocän betrifft, so scheint es, daß dort, wo dieser in unmittelbarer Nähe der Serpentine sich befindet, sie älter als *) 1!m1 ft. 424—432. Die ernptive Natur des Serpentins hat Tan-bwe bewiesen in seinem gediegenen Werke: Nwäos ^ntliotnM^ . 558, worin er die wichtige Rolle hervorhebt, die der Peridot in den eruptiven Gesteinen spielt; nun aber ist dieses basische Magnesia-Silikat ein Hauptbestandteil des Serpentins, und e^ ist dem ge< lehrten französischen Akademiker gelungen, auf trockenen! Wege den Serven-in in Peridot zu verwandeln; er macht dabei aufmerksam auf die merkwürdige Tendenz des Serpentins in Peridot überzugehen, „als ob," sagt er, „die Felsart blos in ihren normalen Zustand zurückkehre". Prof. I. W. Iudd hat kürzlich eine umfassende Abhandlung si'lm (Hüint,, .lour. (lool. 8«e. an. 1885 v. XI^I, p. 35l) bekannt gemacht über gewisse Felsarlcn Schottlands, in welcher er sie mit dem Mmen »ltw-basisch bezeichnet, für dieseldeu eben falls den von Prof. Nosenonch vorgeschlagenen Namen uon Peridotiles als ganz passend annehmend. Der gelehrte englische Petrograph betont die große Wichtigkeit solcher Felsarten fnr Geologen, indem er folgende Ausschlüsse erwähnt, die dieselben darbieten: 1) Die Art ihres Auftretens beweist, daß sie ans sehr betrachtlichen Tiefen der Erde stammen 2) Sie haben durch Hydratation die Serpentine erzeugt, 3) Sie haben den Diamanten in «lw dargeboten, 4) Endlich beschen sie eine Ähnlichkeit mit den Meteoriten. - 168 — das Miocän sind, weil dieses letzte scinc horizontale Schichtung beibehalten hat, was sich abermals ganz anders in Cypcrn gestaltet, wo H. Gandry zufolge, die Miocängebilde von den Serpentinen, Euphotitcn und Granitonen emporgehoben und ausgerichtet worden sind, woraus zu folgen scheint, daß dic Serpcn-tinausbrüchc dieser Insel reccnter als die von Klein Asien seien. Anderseits haben die Serpentine der Halbinsel das mit den Serpentinen und Gabbro Cyperns (wie auch in Italien, nämlich in Toscana) gemein, daß diese Felsarten besonders mctallrcich sind, was unter anderen in Lycicn, auf dem Vulgar-dagh und im Attti-Taurus der Fall ist*), dahingegen die übrigen eruptiven Gebirgsartcn an edlen Metallen nicht ergiebig zu sein scheinen. Zu den rccentestcn eruptiven oder vulkanischen Erscheinungen Klein-Asiens gehören die häusigen Aufrichtungen und Störungen der Schichten der vulkanischen Tuffe, die in ihrer Verbreitung und Mächtigkeit denen Italiens nicht viel nachgeben; und doch sind die vnlkamschen Tuffe Klein-Asicns sehr junge Gebilde, indem sie noch jetzt lebende Süßwasjerdiatomaceen enthalten**). Aber unter allen recenten eruptiven Erscheinungen ist keine so merkwürdig als die, welche das schon erwähnte Argeusgebirge darbietet, denn sie beruhen auf historischen Dokumenten, von denen ich nur die folgenden anführen will. Strabo*") in seiner umständlichen Beschreibung der Umgegend von Mazaw (des heutigen Ka'isaria) sagt: „in geringer Entfernung von der Stadt betritt man eine weite Ebene, mehrere Stadien lang, die vom Fcner verwüstet und von feuerspeienden Vertiefungen durchfurcht ist, fodaß die Bewohner der Stadt gezwungen sind, sehr weit Zu gehen, um ihre Nahrungsmittel anzukaufen . . . Während ganz Cappadocien waldlos ist, umringen Wälder den Argeusf), die den Bewohnern den Vorteil gewähren würden, Holz in ihrer *) V. meine Asie Mineuro Geol. V. I, p. 418, 44, 44G. *") V. memc As. min. Inc. ctt. p. 29, 54, 59, 80, 90, 172. ***) XII, 2. 1') Was, wie w!v g^schon haben, hrnte kmicswcgs der Fall ist. — 169 — Nähe zu besitzen, wenn die an die Wälder stoßenden Örtlichkeiten nicht ebenfalls durch Feuer heimgesucht wären. Auch kaltes Wasser fehlt nicht, allein weder das Feuer noch das Wasser befinden sich an der mit Rasen bedeckten Oberfläche des Bodens. Hier und da ist der Boden morastig und man sieht Nachts aus demselben auflodernde Feuerflammcn. Die es wissen, betreiben das Fallen des Holzes mit Vorsicht, aber für den größten Teil der Bewohner wird es höchst gefährlich, sich an solche Orte zu wagen; besonders leidet das Vieh davon, denn vieles desselben findet seinen Tod in den äußerlich kaum sichtbares Feuer enthaltenden Vertiefungen." Ein anderes wichtiges, diesen Gegenstand betreffendes historisches Zeugnis liefert uns Claudianus (IV. Jahrh. p. I. C.), der in seiner Aufzählung der schauerlichen, während der Regierung des Kaisers Honorius stattgehabten Vorzeichen des von Feuer glimmeudcn Giftfels des Argcus erwähnt: „^u^adocuni t^iäi» ^rAilous llcsi'vi» asstuat,." Endlich mehrere alte in der Umgegend Ka'isarias gefundene Münzen, von denen ich einige selbst gesehen habe, stellen einen kegelförmigen, mit lodernden Flammen gekrönten Berg dar, der augenscheinlich kein anderer, als der Argcus sein kann. Es ist also nicht dom geringsten Zweifel unterworfen, daß nicht bloß znr Zeit Strabos, sondern auch im vierten Jahrhundert unferer Zeitrechnung der Argeus noch ein thätiger Vulkan war, aber ebenso gewiß ist es, daß er seitdem aufgehört hat, es zu sein (um vielleicht abermals ins Leben zu trctcu), denn allen Erkundigungen zufolge, die ich an Ort und Stelle während meines viermaligen Besuches in Ka'i'saria eingezogen habe, ist hier niemals etwas beobachtet worden, was an die vulkanischen Erscheinungen, von denen Strabo und Claudianus so ausdrücklich sprechen, erinnern könnte. Dahingegen sind Erdbeben in der ganzen Umgegend von Ka'isaria nicht selten. Da in meinem leider zu raschen Überblick des geologischen Gcrüstes Klem-Nstcns ich gezwungen war, die iu den verschie- — 170 — denen Gebirgsarten enthaltenen nutzbaren Mineralien mit Stillschweigen zu übergehen, glaube ich, hier schließlich ein paar Worte über den Bergbau in Klein-Asien sagcn zu müssen. Die in diesem Lande hauptsächlich gewonnenen Mineralien sind: Silber, Blei und Kupfer. Der jährliche Ertrag kann (in runden Zahlen) auf folgende Art angegeben werden: Silber 2600 kg, Blei 900,000 kg und Kupfer 1,200,000^. Das Total der rohen Erzeugnisse stellt ungefähr einen Wert von 4 Millionen Franks dar, und der für die Regierung gewonnene Nettoertrag belauft sich auf 2 Millionen Franks. Außer diesen drei Mineralsuvstanzen könnte Klein-Asien eine ungeheuere Menge Eisen liefern. Ferner enthalten, wie wir gesehen haben, die Gebirge Cariens wahrscheinlich ausgedehnte, noch nicht bearbeitete Lager von Schmirgel, und die östlichen Teile des Pontus sind reich an Almut, der einen vorzüglichen Alaun liefert, trotz dem höchst ungenügenden technischen Verfahren und der Gleichgültigkeit, die die lokalen BeHürden für diesen bedeutenden Erwcrbszweig hegen. Endlich, außer dem schlecht verwerteten Kohlenlager von Eregli, ist es höchst wahrscheinlich, daß der Anti-Taurus und besonders die östlich von demselben liegende Gegend viel ausgedehntere Kohlenlager enthalten, die bis jetzt gar nicht berücksichtigt worden sind. Aber auch der auf die drei obenerwähnten Mineralien betriebene Bergbau giebt einen Ertrag, der, bloß einen sehr geringen Teil desjenigen darstellt, den das Land liefern könnte, wenn der Abbau derselben nicht auf eine kleine Anzahl von Örtlichkeiten beschränkt, aber besonders wenn die bergmännischen nnd metallurgischen Verfahrungen nach wissenschaftlichen Grundsätzen betrieben würden. Nun aber ist das durch die einheimischen Schmclzhnttcn gewonnene Quantum von Silber, Blei und Kupfer schwerem Verlust an wertvollen Substanzen unterworfen, em Verlust, der bei dem Schmelzen silberhaltiger Erze auf 20"/,, und der kuvferhaltigen auf 11"/u angeschlagen werden kann, während in Europa kein praktischer Hüttenmann beim Schmelzen — 171 — der Silberwerke einen Verlust über 5"/o schwerlich annehmen dürfte"). Höchst merkwürdig ist es, daß zahlreichen Zeugnissen alter Schriftsteller zufolge Klcin-Asien und gewisse Gegenden der europäischen Türkei eine der Hauptauellen der nützlichen Mineralien des Altertums bildeten, trotzdem das Bergwesen damals in seiner Kindheit lag, besonders die Metallurgie betreffend, die so innig mit Chemie verbunden ist, einer den Griechen und Römern vollends unbekannten Wissenschaft. Unter den Thatfachen, die in dieser Hinsicht zu Gunsten Klein-Asiens sprechen, will ich bloß die folgenden anführen. Noscnmüller**) glaubt, daß das von Jeremiah erwähnte Eisen des Nordens von den Chalybdiern stamme, die als Bewohner des Pontus für die Hebräer ein nordisches Volk waren; außerdem macht der gelehrte deutsche Altertumsforscher darauf aufmerksam, daß die Griechen den Stahl mit dem Worte Oka- *) Die zu meiner Zeit im Gange stehenden Haupt-Bergwerke Klein-Asiens beschränken sich fast auf 10 Örtlichleiten, von denen 5 (Gümüchkhcme, Denek, Atdagh, Geban und Hadji) Silber aus sehr reichen, silberhaltigem Vleiglcmz enthielten; 4 Kupfer-Gruben (Argana, Esseli, Küre und Halva) und 1 Blei-Grube (Vcreketli). Es soll ehedem eine grUßere Anzahl von Bergwerken vorhanden gewesen sein, allein man hat mehrere derselben ans Ursachen aufgegeben, die in Europa als für unbegründet gelten würden. Zwar hat die türkische Regierung häufig ausgezeichnete europäische Fachmänner bernfen und ihnen offizielle, gut besoldete Stellungen angewiesen, aber man braucht nur diese Herren zu befragen (und ich war häufig in dem Fall, es zu thun), um sich einen Begriff von der peinlichen Lage zu machen, in welche Europäer (besonders wenn sie wissenschaftliche Specialisten sind) unter solchen Umständen versetzt sind. Ihr offizieller Charakter hat keine andere Wirkung, als Neid und Haß zu erwecken, und sie vergeuden ihre besten Krlifte in dem fruchtlosen Kampf mit Unwissenheit, Starrsinn und Vorurteilen, ohne die nnentbehrliche Mithilfe einheimischer, sachkundiger Untergebenen. Ihre Stellung ist gewissermaßen die eines Generals, den man beauftragt, einen Feldzng zu machen, aber ohne ihm Soldaten und Waffen zu gebcu. **) Bibl. Naturg. %. IV, p. 03. — 172 — 1^d68 bezeichneten. Wir haben schon der Schätze erwähnt, die die goldführenden Sande des Berges Tmolus dem lydischen König Crösus spendeten, geradeso wie später die Schätze des Königs Philippus aus den Bergwerken Maccdoniens flössen, von denen Herodot mit Bewunderung spricht, besonders von den in dem Thalc des Strymon sich befindenden Silberwerken; ferner berichtet cr^), daß der gegenüber der Insel Thasos gelegene Teil von Thracien von Grubenbauten strotzte, die den Bewohnern der Insel ein jährliches Einkommen von 200 bis 300 Talenten (1 bis 1650000 Franks) lieferten, somit die Hälfte des Einkommens, das die türkifche Regierung jetzt von ganz Klein-Asien erhält; während Rumelien, welches die im Altertum berühmten metallreichen Gegenden Macedoniens und Thraciens begreift, heutzutage fast bloß zwei Bergwerke besitzt, nämlich: das von Ikupmaden und das von Sidere-Kapusi, die zusammen 7601^ Silber und 1900^ Blei lieferten. Und doch liegen die verschmähten Schätze Macedoniens auch noch jetzt, so zu sagen, an der Oberfläche des Bodens, denn die angeschwemmten Ablagerungen, die sowohl das nördlich von Saloniki sich erstreckende Land, als die vom Karasu (Nestos der Alten) bewässerten Thäler bekleiden, enthalten viele Goldsplitter und manchmal sogar ziemlich große Stücke gediegenen Goldes, was die Bewohner (Griechen und Armenier) sehr gut wissen, indem sie einen geheimen Abbau betreiben, der ihnen jährlich über 300 k^ Gold verschafft. Die geheimnisvolle Beute wird für niedrigen Preis den Juden abgetreten, die Mittel finden, dieselbe nach Transsylvanien zu schmuggeln, wo die Besitzer der goldführenden Sandablagerungen den willkommenen Betrag um so lieber erwerbeu, als sie denselben für das Erzeugnis ihrer eigenen Goldwäschercien angeben, und als solches der österreichischen Regierung für den gesetzlich bestimmten Preis überliefern, sodaß die österreichischen Behörden, des Betruges unbewußt, die Kontrebande als einen Vertreter *) VI, 46r 48. — 173 — des National gcwerbes empfangen, und sich wahrscheinlich zu dem blühenden Zustand desselben Glück wünschen. Endlich, sogar nach der Eroberung Konstantinopcls, scheint der von den Alten mit so großem Erfolge betriebene Bergbau sich noch eine gewisse Zeit anfrecht erhalten zu haben, denn Ismail Bey, unabhängiger Fürst von Sinope, dem Mohamet II. sein Land im Jahre 1460 entriß, bezog aus den in der Umgegend liegenden Kupfergruben ein jährliches Einkommen von 200.000 Dukaten, also gerade soviel wie die türkische Regierung heute von den Bergwerken ganz Klein-Asiens erhält*). VIII Schluß. Die geologischen Erscheinungen in Klein-Asicn schließen den sehr allgemeinen Umriß, den ich von den physischen Verhältnissen dieses Landes Zu geben versucht habe, sodaß, um das Bild der klassischen Halbinsel zu vervollständigen, es mir noch übrig bliebe, dasselbe in archäologischer, ethnographischer und statistischer Hinsicht zu betrachten. Allein, da in diesen Hinsichten, besonders in archäologischer, Klein-Asien schon so ziemlich ausgebeutet wurden ist, hielt ich es für ratsam, den mir gestatteten sehr engen Naum fast ausschließlich den teilweise gar nicht, teilweise höchst unvollkommen bekannten physischen Verhältnissen zu widmen. Deshalb mögen zum Schlüsse ein paar Worte über das noch Fehlende genügen. *) Die unerwartete Thatsache, daß Mein Asien muh in bergmännischer Hinsicht während des Altertums viol höher stand als jetzt, wiederholt sich m einer merkwürdigen Weise, ebenfalls in Spanien, wo, wie ich es nach^ gewiesen habe (N8p^no, ^,I^6ri« ot lumsio, i>. 59), die Silberbergwerte des Landes, unter den Carthaginiesem nnd Römern zehnmal mehr Silber als heute produzierten, und doch ist der Bergbau in Spanien anf eine viel wissenschaftlichere Weise betrieben als in Klcin-Asim. — 174 — Wie bekannt, ist außer Italien kein Land so reich als Klein-Asien an historischeu Denkmälern, von denen viele schon beschrieben, aber vielleicht noch ein großer Teil unter dem Schütte vergraben liegen. Welche beträchtliche Rolle dieser Schutt in dem Relief des Bodens eines klassischen Landes spielen kann, ergiebt sich aus den interessanten Resultaten, die meine Beobachtungen in Rom mir geliefert haben*), wo ich Messungen der Tiefe, in welcher eine große Anzahl von ausgcgrabenen Denkmälern liegen, ausführte, was mir die Mächtigkeit des auf denselben einst lastenden Schuttes angab. Das Mittel der erhaltenen Werte war: für die Mächtigkeit des Schuttes über 3 Meter, und für den von demselben blos in der Stadt selbst eingenommenen Raum 9 lukm, mit einem Umfange von etwa 16 Km. Wie man sieht, handelt es sich hier um eine von Menschenhänden bewirkte Schutt-Anhäufung, die die Mächtigkeit gewisser geologischen Sedimente besitzt, indem die berühmten pctrefaktenreichen Schichten von Öningen kaum 2 m Mächtigkeit haben und einen viel beschränkteren Raum als der Schutt in Rom einnehmen. Das von Rom gelieferte Beispiel ist gewiß auf Klein-Asicn anwendbar, sodaß es wahrscheinlich ist, daß die zahlreichen, bis jetzt beschriebenen Denkmäler dieses klassischen Landes nur einen Teil derjenigen darstellen, die noch unter der Oberfläche des Bodens vergraben liegen, und die vielleicht uns neue Aufschlüsse geben werden über die mannigfaltigen alten Völker, die die Halbinsel einst bewohnten, denn wir kennen sie blos dem Namen nach und bezeichnen mit demselben die einst von ihnen wahrscheinlich eingenommenen Regionen, wie Phrygien, Lydien, Carien, Lycao-nien, Cappadocien u. s. w. Die während so vieler Jahrhunderte über die ganze Oberfläche Klem-Astcns wogenden Völker-Fluten haben alle Spuren der uralten Bewohner des Landes verwischt, sodaß heutzutage nur drei Hauptnational-Typen in demselben zu unterscheiden sind: die Osmanli (in Europa mit dem Kollek- •) Sß. As. Min. Geol., b. I, p. 596. - 175 — tiv-Namen Türken bezeichnet)*), die Griechen, die Armenier und Kurden. Die Osmanli, hauptsächlich in den südlichen und Zentral-Regionen Klein-Asiens ansässig (obwohl immer mehr oder weniger mit Griechen und Armeniern gemischt), sind teilweise die Abkömmlinge der letzten Eroberer des Landes. Der nomadische Teil derselben wird gewöhnlich mit den Namen von Turkmenen nnd Guruk bezeichnet, während gewisse Stämme, wie die der Zeibek, noch ganz den Charakter der älteren osmanifchen Eroberer beibehalten haben und das Gebirge Missoghis (Lydien) bewohnen, wo sie durch ihre höchst malerische Tracht, ihren kräftigen Körperban und ihre kriegerischen, abenteuerlichen Gesinnungen von den übrigen Bewohnern der Gegend auffallend abstechen**). Was den Osmanli überhaupt besonders auszeichnet, ist eine gewisse Würde, ein gewisser Anstand in seinem ganzen Wesen, die kein Earopäer imstande ist, vollkommen nachzuahmen. Er ist tapfer, ausdauernd, mäßig und gastfreundlich; er verbleibt dieser letzten Eigenschaft treu, ohne Unterschied der Nationalität und Religion, während er seine übrigen moralischen Grundsätze blos inbezug auf die Rechtgläubigen, nicht aber die Christen als streng bindend hält, da er diese letzten als untergeordnete Geschöpfe betrachtet. Wenig zu körperlichen Anstrengungen geneigt, ist für den Osmanli die Ruhe (l^wy der höchste Ausdruck des Wohlseins und Glückes, und er kümmert sich wenig, das „äoloe far nitmts" durch intellektuelles Arbeiten zu unterbrechen, besonders wenn er das Glück hat, eine jener Wohnungen zu besitzen, die durch ihre malerische Architektur oft wirklich als zauberisch erscheinen. Ich gebe hier (Fig. 19) eine Skizze der Wohnung eines reichen Osmanli in *) Sowohl in Kleinasien als in allen übrigen niohmnedanischen Ländern ist der Name Türke nicht blos nnbekannt, sondern als ein Schmäh-Ausdruck ausdrücklich zurückgewiesen. **) E. Recws (Nonv. «0<^r. Univ. I. IX, s>. 510) hat eine sehr gelungene Abbildung der Zeibeten, nach einer Photographie von H. Herun gegeben. — 176 — Ünich, an der Küste des Schwarzen Meeres gelegen, zwischen Sümsun und Trebisond. Das stattliche Gebände macht einen unerwarteten Eindruck. Allerdings wird derselbe durch den Eintritt in das Innere der Wohnung sehr vermindert, nicht nur durch die Abwesenheit der für Europäer unentbehrlichen Bequemlichkeiten, sondern auch durch das düstre Aussehcu der leeren, von keiner Fraueugestalt belebten Räume, denn die Fran ist für den Muselman ein Geschöpf, das allen Blicken der Welt entzogen, nur für die Gelüste ihres Herrn und Gebieters bestimmt ist, ein Geschöpf, welches die ausdrückliche Negation aller persönlichen Würde und intellektuellen Entwickelung darstellt. Daher, so lange die Polygamie durch Religion oder Sitten erlaubt und befördert ist, bleibt der Osmanli ein isoliertes, unvollständiges Wesen, dem die höheren geistigen Genüsse des häuslichen und gesellschaftlichen Lebens unbekannt sind. Die Armenier, besonders die die östlichen Provinzen Klein-Asiens bewohnenden, besitzen eine ausgezeichnete Anlage für fiuan-zielle Thätigkeit und sind die wahren Bantiere und Kapitalisten der Türkei. An ihre Heimat haltend, und mehr den scdcntären als häufige Plahveränderungen erheischenden Beschäftigungen ergeben, sind sie weder für die militärische Bahn, noch für Emigrationen ins Ausland geneigt. Der Grieche, unternehmender, leichtsinniger und beweglicher als der in seinem Äußeren etwas schwerfällige Armenier, schmiegt sich an alle Verhältnisse und weiß von denselben seinen Vorteil zu ziehen. Dazu kommt eine außerordentliche Gabe für fremde Sprachen, die die Griechen zu Vermittlern zwischen den Enropäern und Türken macht. Es ist nicht leicht, die Abstammung der Griechen Klein-Asiens von den alten Einwanderern dieser Nation zu bestimmen, obwohl gewisse historische Namen, wie die der Cantamzene, Comnene, Mavrocordatc ?c., welche die das Fanar genannte Quartier Konstantinopels bewohnenden griechischen Familien tragen, für Abkömmlinge (wenn auch gewiß nicht immer direkte) der in der Geschichte des byzantinischen Reiches bekannten Per- gtg. 19. Siirfifdjež ®c6äube in Untefj. SSom SScrfaffcr nadj bee »Katur gcjeiditiet. Tchihatchef, Klein Asini, 12 — 178 — sönlichkeiten gelten. Anders steht es mit den ebenfalls griechisch sprechenden Bewohnern der Vorstadt Pera, die hauptsächlich von Venezianern nnd Genucscn abstammen, denen während oder knrz nach der Eroberung Konstantinopels die Sultane hier Ansiedelungen angewiesen hatten, je nach dem Vorteil, den sie von den damals mächtigen Republiken Venedig und Genua zu ziehen glaubten. Aus diesen Ansiedelungen ist eine ganz eigentümliche Nasse entstanden, mit dem Namen Peroten bezeichnet, die die charakteristischen Züge des Italieners nnd des Griechen vereinigt, und sich der ottomanischen Negierung, aber besonders den Gesandtschaften der europäischen Mächte unentbehrlich oder wenigstens sehr nützlich gemacht hat, denn nicht blos ist es ans ihrer Mitte, daß die türkische Regierung häufig ihre diplomatischen Repräsentanten wählt, sondern sie haben als Dolmetscher, Sekretäre, Konsuln und Agenten der verschiedensten Art w allen Gesandtschaften festen Fuß gefaßt, und Zwar mit dem Vorteile, nicht blos während ihres Dienstes von der türkischen Jurisdiktion vollkommen befreit zu sein, sondern auch manchmal für ihre Kinder diesen Vorzug in Anspruch zu nehmen. Sehr häufig sieht man die Glieder einer perotischen, denselben Familiennamen tragenden Familie bei verschiedenen Gesandtschaften angestellt, so-daß, um diese Herren von einander zu unterscheiden, man ihrem Namen den der Nation, der sie dienen, hinzufügt, und z. B. vom russischen, französischen, österreichischen oder englischen P. F. oder G. spricht. Die bedeutende Anzahl, die auf diese Art sich der türkischen Nationalität entzieht, ist ein Verlust (und in gewisser Hinsicht eine Demütigung) für die Türkei, die dadurch viele ihrer brauchbarsten Unterthanen einbüßt, umsomehr, da mehrere Peroten Gelegenheit finden, auch im Auslande (besonders in Nußland) Dienste zu nehmen, wo sie häufig sehr vorteilhafte Stellungen erhalten und das Zutrauen ihrer neuen Herren durch ihre Gewandtheit, Thätigkeit und Ausdauer gewinnen, Eigenschaften, die natürlich sehr gut bezahlt werden. In mancher Hinsicht könnte man die Peroten als die Schweizer — 179 — des Orients bezeichnen, ein Vergleich, der jedenfalls richtiger und besonders ehrenvoller ist, als die Assimilationen, die der gelehrte Ios. von Hammer sich in Betreff der Peroten erlaubt hat*). Die Armenier sind entweder katholisch oder der armenischen Kirche von Etschmiadzin angehörig, während die Griechen Klein-Asiens (nicht aber der Inseln) fast ausschließlich der griechischen Kirche anheimfallen. Die Griechen und besonders die Armenier sind gewöhnlich des Türkischen vollkommen mächtig, gebrauchen aber unter sich ihre Muttersprache. Dessenungeachtet habe ich ein paar Ortschaften im Innern Klein-Asiens gefunden, wo die Griechen ihre Muttersprache ganz verlernt hatten, wovon mir das Städtchen Isbarta (in Pisidien) ein merkwürdiges Beispiel lieferte. Als die dortigen griechischen Priester von meiner Ankunft hörten, beeilten sie sich, mich zu bewillkommnen mit der Einladung, ihrem Gottesdienste beizuwohnen; da sie mich türkisch ansprachen, setzte ich voraus, daß sie bei dieser Gelegcuhcit sich der offiziellen Sprache des Landes bedienen zu müfsen glaubten, aber wie groß war mein Erstaunen, als ich die Kirche betrat und den Priester das Evangelium türtisch verlesen hörte, unseren Heiland in der Sprache Mohameds, des Erzfeindes des Christianismus, verkündend. Die Erklärung dieser Erscheinung war: daß die Griechen so lange Zeit von Muselmännern umringt und von ihren Glaubensgenossen durch weite Räume abgesperrt, ihre Muttersprache gänzlich verlernt hatten, sudaß die Priester gezwungen waren, aus Konstantinopel die von der englischen Bibelgesellschaft ins Türtische übersetzte Heilige Schrift kommen zu lassen. Aber nicht blos ihre Sprache, sondern auch ihre Religion haben manchmal *) V. Ios. U. Hammer, Constantinupolis und der Bosporus V. ^, i>. 111—118. Die violleicht etwas übertriebenen Anßernngcn in Hinsicht der Peruten thuen keineswegs dem hohen Werte des Wertes Abbruch, das nls die gründlichste Beschreibung Consiantinopels und des Bosporus immer gelten wird, sowie auch die Geschichte de>? Omanischen Neich^ einzig ill ihrer Art ist, 12" — 180 - die Griechen, wenigstens dein Anscheine nach, aufgeben müssen, was ich die Gelegenheit hatte, in dem wilden Pontischen Gcbirgs-lcmd (von Strabo unter dem Namen Paryadres erwähnt), zwischen den Städten Gumuchhane und Tercboli zu beobachten: dort sah ich mehrere Dörfer, von welchen das ansehnlichste Krom heißt, deren Bewohner weiße und grüne Turbane trugen (Farben, die den Christen streng untersagt sind), ihr Gebet in der Moschee laut hersagte«, und doch trotz allem dem geheime Christen waren und sich des Nachts an einem einsamen Orte, oft in Felsenhöhlen versammelten, um den christlichen Gottesdienst in ihrer Muttersprache zu verrichten. Ich würde es nie geahnt haben, hätte nicht in Krom ein ehrwürdiger Graubart Namens Suleiman darauf bestanden, mich in Tercboli besuchen zu dürfen, was er auch zu thun sich beeilte, aber mir sogleich erklärte, daß er, wie die übrigen Bewohner der Gegend, nur Schein-Muselman, und daß sein christlicher Name Parthenios sei, sowie auch seine Mitbürger stets zwei Namen trugen: einen türtischen für öffentlichen Gebrauch und einen christlichen, mit dem sie sich in ihren geheimen Versammlungen begrüßten*). Es ist wahrscheinlich, daß diese abnorm pseudo-muhamedanischc Bevölkerung des Paryadrcs-Gcbirges ans den Zeiten der ersten Eroberung stammt, wo die Bewohner mit Gewalt zum Islamismus gczwungcu wurden. Jedenfalls ist es ein merkwürdiges Beispiel der Zähhcit der griechischen Nationalität, eine Eigentümlichkeit, die mich an ein anderes, noch auffalleuderes Beispiel erinnerte, das ich nicht mehr im Orient, sondern in der Mitte Europas beobachtete, nämlich in Italien; dort fand ich in Calabrien, besonders in den Städten Coscnza (Consentia der Alten) und Catanzaro eine ziemliche Anzahl von Bewohnern, die, obwohl vollkommen der italienischen *) Den interessanten Besuch des Pscudo-Mnselmans Suleiman, der meinen Cchlch anflehte, um seine schöne Tochter vor dem Harem des Paschas zu retten, habe ich umständlich erzählt in meinen I^KU-e« 8^r 1^ 'l'u^nle, Seile I«—20, die in Brüssel an. 1859 kei ^luqnste Schuhe erschienen, aber so rasch verbissen wurden, das; dic Schrisl nicht mehr im Buchhandel ist. - 181 — Sprache mächtig, unter sich das Griechische gebrauchten, während ihre Priester das Gewand der katholischen Priester trugen, doch dem griechischen Kultus zufolge verheiratet waren. Nun aber ist dieser Teil Calabricns gerade die von den Alten als Magna Graecia bezeichnete Region, wo so viele reiche griechische Kolonien blühten, unter anderen die weltberühmten Städte Sybaris und Crotun, deren Gründung bis zu der von Nom hinaufsteigt. Seit dieser uralten Zeit ist Magna Graccia durch verschiedene Völker eingenommen worden, sodaß zwcitausendfünfhuudert Jahre nicht vermochten, in dieser Gegend alle Spur des griechischen Elementes zu vernichten; ein gewiß einziges, ganz mit dem Judentum wetteiferndes Beispiel, das die Geschichte von der nationalen Vitalität oder Zähhcit darbietet. Die angeführten Fälle der Zurückdrängung der Sprache und der Religion der Griechen in Klein-Asicn sind jedenfalls ganz lokale, abnorme Erscheinungen, indem der National-Charakter der Griechen sich in seiner ganzen absorbierenden Kraft entfaltet, wo er sich selbst überlassen oder wenigstens nicht einem zu überwältigenden Druck der türkischen Bevölkerung preisgegeben ist; dies ist namentlich der Fall mit den am Meere liegenden Ortschaften, wo der Grieche nicht blos alle Gewerbszweige an sich gezogen, sondern auch als ausgezeichneter Seemann auftritt, und in dieser Hinsicht den marinen Tendenzen uud Fähigkeiten des Engländers nichts nachgiebt. Trotz der großen geistigen Überlegenheit der Griechen und Armenier über den eigentlichen Osmanli ist doch dieses christliche Element (auch wenn es zahlreicher wäre) nicht geeignet, die Vormundschaft der mohamedanischcn Bevölkerung zu übernehmen, um dieselbe iu die Bahn der Zivilisation zu leiten. Nach einer fast fünfhundcrtjährigen Knechtschaft können die Naya schwerlich die für eine solche Stellung erforderliche Autorität und Achtung erlangen, sodaß schlechtenfalls der Osmanli vorziehen würde, von Vertretern europäischer Mächte geleitet und regiert zu werden, >als durch seine früheren Diener. — 182 — Außer den Armeniern und Griechen giebt es noch Vertreter mehrerer anderer christlichen Völker, die als ansässige Bewohner Klein-Asiens und somit bis zu einem gewissen Grade ebenfalls als Raya zu betrachten sind; zu solchen gehören Bulgaren, Walachen, Tschertessen und Kosaken. Diese letzteren bilden in den von Konstantinopcl nicht weit entfernten Provinzen kleine Kolonien, von denen die beträchtlichste das unter dem Namen Kofallu bekannte, am Abulonasee gelegene große Dorf ist. Als ich dort übernachten wollte, wurde ich von mehreren Reitern bewillkommnet, die ich ihrem äußeren Ansehen nach für wahre Osmanli hielt, aber mit Erstaunen sie unter sich russisch sprechen hörte und sogleich erfuhr, daß das ganze, ziemlich beträchtliche, gut gebaute und reinliche Dorf, ausschließlich von seit langer Zeit aus Rußland desertierten Kosaken bestand, die sich hier angesiedelt und vervielfältigt hatten, indem sie sich mit griechischen Frauen vermählten. Das Hauptgeschäft dieser Kosaken ist die sehr ergiebige Fischerei, und die Bewohner der Gegend sehen den Arbeiten der steißigen Fremden müßig zu, ohne den geringsten Wunsch zu haben, daran teilzunehmen, denn sie finden es viel bequemer, die Fische abzukaufen, als selbst zu fangen, was natürlich den Kosaken sehr behagt. Endlich haben wir ein interessantes Element der mohame-dänischen Bevölkerung, nämlich die Kurden, welche aus dem eigentlich so genannten Kurdistan, sich bis über die Gegenden von Erzerum, Erzindjan und Ka'isaria verbreitet haben. Diese Völkerrasse ist ganz von anderem Ursprung als die türkische und hat eine den Philologen noch unbekannte Sprache. Es ist wahrscheinlich, daß seit Xenophon, der sie als Karduchi erwähnt und als ein räuberisches Volk bezeichnet, die Kurden sich nicht viel verändert haben*). Ich hatte im Jahre 1858 Gelegenheit, sie *) Merkwürdig ist es, das; der heutige Name vollkommen nut dem türkischen Wort Kurd übereinstimmt, welches Wolf bedeutet; gewiß für einen Räuber ein höchst bezeichnender Name, — 183 — in dem damals noch ganz unbekannten Gebirgsland des Bingöl-dagh zn beobachten. Ihre Physiognomie erinnert an den schönen persischen Typus; sie spiegelt zugleich die Kraft und den Mit des Löwen und die Schlauheit des Fuchses ab. Trotzdem sind sie gastfreundlich gegen Fremde, die ihre Gebräuche zu achten wissen und ihnen keinen Argwohn, besonders als türkischer Spion oder Agent einflößen, denn vor allem hassen sie die Osmanli und haben nicht die geringste Scheu vor türkischen Soldaten. Ihre Weiber sind oft von ausnehmender Schönheit und verschleiern sich nicht wie die türtischen. Die Kleidung ist der der Männer sehr ähnlich: der Kopfputz besteht aus einer filzenen, hohen weißen Mütze, mit einem weißen oder gefärbten Zeug, in Form eines Turban umwunden; die Kleidung ist ein eng an den Körper schließender, bis zu den Knieen reichender Rock mit langen und breiten Ärmeln, sehr breite rote oder blaue Hosen, die sich am Schenkel verengen und den mit einem roten, in einer umgebogenen Spitze endigenden Schuh bekleideten Fuß freilassen. Fast immer sind sie zu Pferde mit einer langen Lanze bewaffnet. Der Anblick dieser von dem Gebirge in das Thal hinuntersprengenden Reiter erfüllt die Stadt- und Dorf-Bewohner mit Schrecken. Nirgends habe ich ein auffallenderes Beispiel davon gesehen, als in dem armenischen Dorfe Sarykaya, weil dieses Dorf auf der großen Poststraße von Erzerum liegt, bloß 48 km von Erzindjan entfernt, wo ein Pascha mit 3000 Mann Truppen, 5 Kanonen führend, residierte. Trotzdem erschienen eines Morgens zwei Reiter, die im Namen Schah Husseins, Häuptlings des kurdischen, den Berg Djurdjak bewohnenden Stammes den Einwohnern den Befehl erteilten, die Hälfte ihrer Ernte, die sie eben beschäftigt waren einzusammeln, ihnen zu überliefern, was die armen Leute mit Beben und Zittern sogleich vollzogen. Als ich ihnen mein Erstaunen und meinen Unwillen ausdrückte, daß die über 300 Individuen zählende Bevölkerung des Dorfes sich den Befehlen nur blos zweier Räuber so demütig füge, antworteten sie mir schluchzend und jammernd, daß der — 184 — geringste Widerstand die Verwüstung und den Mord des ganzen Dorfes zur Folge haben würde, und eine ähnliche Antwort gab mir auch der Pascha von Erzindjan, hinzufügend, daß er keinen Befehl von der türkischen Negiernng habe, mit den Kurden zu kämpfen, die seinem Angriffe sogleich 20MX) Reiter entgegenstellen würden. Die durch die Ohnmacht der türkischen Negierung ermutigte Dreistigkeit der Kurden geht so weit, daß einer ihrer Stämme, Avcharcn genannt, bis zu den Thuren der großen Stadt Kaisaria streift, die Dörfer der Umgegend Plünderlid, wovon ich ebenfalls Zeuge war, als ich in Kaisaria bei Herrn Suter, dein brittischcn Konsul, wohnte. EZ wäre für Altertumsforscher, besonders für den Philologen von großem Interesse, diese merkwürdige Nace näher zn studieren. Während meines Aufenthaltes in Erzcrum hatte ich das Vergnügen, den besonders iu dieser Hinsicht höchst belehrenden Umgang des Herrn Iaba's, russischen Konsuls, zu genießen, der die Stadt seit zwanzig Jahren bewohnte und der kurdischen Sprache vollkommen mächtig war, einer Sprache, die gewiß zu den ältesten gehört, denn es ist wahrscheinlich, daß sie noch die der Karduchi des Xenophonts ist, indem dieses Volk seit mehr als zwölf Jahrhunderten weder sciue Aufhaltungs-Orte noch seine Sitten geändert hat. Herr Iaba hatte die Güte, mir nicht bloß seine zahlreichen Handschriften zu zeigen, die unter anderen eine Grammatik und ein Wörterbuch der kurdischen Sprache enthielten, sondern mir auf nieine Bitte eine Übersetzung einer kurdischen dichterischen Ballade zu geben, die die Liebes-Abenteuer Segamad's und Chamiscs in dem Gebirge Vmgöl> dagh schildert''). Wir wollen nun ein paar Worte über die statistischen Verhältnisse Klein-Asicus sagen, nämlich über die Gesamtzahl seiner *) Ich hade dieses inttrchante Probestück der turdisän',! Littemwr in meinen Lettres sur la Turquie, p. 35 unter bem %\ti\: Avonturen tie Soganiiul et de Chamisc fcctniiul t]iniad]t. — 185 — Bevölkerung. In einem Lande, wo, wie in Klein-Asien (und überhaupt im ganzen Orient) die in Europa üblichen, auf Schätzung der Population abzweigenden Mittel unbekannt sind, wird es fast unmöglich sein, in dieser Hinsicht etwas der Wahrheit annäherndes zu erlangen. Sowohl meine so häufig diesem Lande abgestattetcn Besuche, als die Anfragen, die ich in Konstantinopel an offizielle Behörden richtete, ergaben mir für die gesamte Bevölkerung Klein-Asicns (die Insel nicht inbegriffcn) eine sechs Millionen nicht ganz erreichende Zahl, was etwa 13 Individuen auf das Quadratkilometer giebt. Gewiß ist sie sehr geringfügig für ein Land so groß wie Frankreich, da sie kaum die vereinigte Bevölkerung zweier europäischen Hauptstädte darstellt: nämlich London und Paris. Bei einer so geringen Population kann man natürlicherweise nicht erwarten, weder zahlreiche noch stark bevölkerte Städte zu finden. Auch besitzt Klein-Asien außer Konstantinopel (600,000), das in dieser Hinsicht mit Europa verglichen als Hauptstadt zweiten Ranges betrachtet werden kann, keine einzige Stadt, welche die in Europa keineswegs seltene Zahl von 150,000 erreicht, indem die am meisten bevölkerten Städte der Halbinsel die folgenden sind: Smyrna 130,000, Erzerum 80,000, Ka'isaria 60.000, Trebisonde 50,000, Afinn-Karahissar 40,000, Angora 39,000. Kutayia 37,000; die Bevölkerung aller übrigen Städte oszilliert zwischen 20,000 und 6000"). Wir haben schon so zahlreiche und auffallende Gegensätze zwischen der Vergangenheit und der Jetztzeit Klein-Asiens angeführt, daß es kaum nötig wäre, zu bemerken, wie groß auch in *) Die geringe Bevölkerung Klein-Asicns wird besonders auffallend, wenn man dieselbe nicht blos mit Europa, China und Indien, sondern mit gewissen ziemlich armen und unbedeutenden Staaten Ost-Asiens vergleicht, wie nämlich Korea, das etwas kleiner als Klein-Asien ist und doch eine Bevölkerung von «,840,000 besitzt nnd dessen Hauptstadt Soul, nach T. E. Hall 240,000 nnd nach I. Müllcr-Beck sogar eine Million zählt (V. Geograph. Jahrb. 1884, B. X, p. 314^. Tchihatches. Klein-Wen. 12** — 186 — dieser Hinsicht dieser Gegensatz sein muß. Zwar besitzen wir keine hinlänglichen Angaben, um die Population der Halbinsel in ihrer Blütezeit zn bestimmen, aber wir wissen, daß unter der römischen Herrschaft Klein-Asien, außer dem festgesetzten jährlichen Tribut, sehr häufig ungeheuere Summeu zu liefern hatte; davon giebt uns Aftpianus hinreichende Belege, und Cicero in seinem aus Cilicien, das er verwaltete, an den Senat gerichteten Schreiben macht demselben ernsthafte Vorstellungen, Kleiu-Asicn zu schonen, „eine Provinz", wie er ausdrücklich sagt, „die die reichste Quelle für den römischen Fisms sei", und doch besaß Nom die reichsten Länder der damals bekannten Welt. Es ist augenscheinlich, daß ein für Nom so einträgliches Land stark bevölkert sein mußte, was übrigens auch so viel andere Betrachtungen beweisen. Jedenfalls habe ich versucht, eine annähernde Zahl zu erhalten, und glaube, daß sie wenigstens zwanzig Millionen betrugt). Wie in dem übrigen Orient, so auch in Klein-Asien, ist die Vergangenheit ein Bürge für die Zukunft, indem was unter denselben klimatischen Bedingungen einst war, auch abermals werden kann. Der Charakter des Werkes, für welches meine Arbeit bestimmt ist, verbannt politische Fragen, so daß es mir nicht gestattet ist, aus die Bedingungen einzugehen, unter welchen Klein-Asien abermals zu seiner früheren Blüte gelangen könnte. Es mag jedoch mir erlaubt sein, hier daran zu erinnern, daß ich seit zwanzig Jahren sowohl Klein-Asien, als mehrere andere Teile des ottomanischen Reiches an Ort und Stelle studiert habe, und daß ich zu einer Überzeugung gekommen bin, deren Richtigkeit ich vollkommen bewiesen zu haben glaube**), nämlich: daß *) V. Tchihatchef, uns ?a^s sur 1'Orisut p. 298. **) In meinen zahlreichen, in verschiedenen Jahren erschienenen politischen Schriften, von welchen ich blos die fulgendcn erwähnen will: I,«ttrs8 Bur la Turquiu, La Pnix de Paris est-elle une Paix solide, Italio et Tur-quie, La Turquie-Mires, Nouvelle phase de la questionn d'Orient, Chances de paix et de guerre. ' — 187 — eine Regeneration Klein-Asiens einzig und allein möglich ist nur durch die Verwandlung dieses Landes entweder in einen integrierenden Teil eines kräftigen europäischen Reichs, oder in einen unabhängigen, unter den Schutz der christlichen Großmächte gestellten Staat. So lange das nicht geschieht, verbleibt Klcin-Asien ein schwacher Schimmer eines erloschenen Gestirns. Stat inagni nominis umbra. Uegister. ^1, 60 f. Acterbau ««f. Adjituz-Göll 17. Akiztcha'i-Sec 1«. Ala-Dagh 53. Alluviaigebilde 148. Alunit 170. Angoraziege 98. Ararat 54^ 58. Argeus 48, 58,151,169. Armenier 176. Asiatisch-Mittclmecr- Typus 132. Basalt 164. Baumwollenstaude 70. Bcischehr-Sec 18. Bin-göll-Dagh 51. Blei'i?0. Lomd^x Nori 108. Bor «3. Bosporus 6 f. Brussn, Quellen von, 23. Vulgar-Dagh 53, k>8. dlipra iio^^ruß 100. (!g,rpiml8 oriontaii» <>0. Chimera 167. Dardanellen 9. Dattelpalme 63. Devon 117. Diluviale Periode 145. Dwrit 162. Dolerit 161. Eocäns eblldc 13l. Egilup's-Viche 60. Ergias-Dagl) s. Arsscus. Erlelct 156. Eruptive Gesteine 149. Eurlt 166. ssischerei 106. Forellen 107. Geogravhische Lage 4 f. Geologische Verhältnisse iio'f. Gerste 65. Glimmerschiefer m. Gneis 112. Granit 113. ! Griechen 176. Hafer 65. Hassan-Dagh 53, 154. Hierapolis 26 f. Hornvieh 96. Hunde 88. Hydrographie 4 f. Hidja-Quellcn 24. Ilkaz-Dagh 53. Ismid-Göll 16. Ismk-Göll 16. ! Iohannisbrotbamn 79. I Jura 125. Kamele 100 f. Karaduuar 157. Karadja-Dagh 156. Kastanienbauin 78. Kcreli-Sec l8. Keudjez-Liman 16. Kirschbaum 7?. Kizildere 54. Klima der kontinentalen Zone 37. ! Klima der titoralen Zone Klimatische Verhältnisse 36 f. Kohlenlager i?u. Kotchis-Tanne so. Kreide 128. ! Kupfer 170. Kurden 182. Libanon-Eiche 60. ! Löwen 91. 188 Mais 66. l Marmara-Sce 3. Mcmlbcerbaum 73. Mesozoische Formationen ^ 125. ! Mineralquellen 23 f. Miomnablngerungen 136. Muglalit 162. Nev'chchr 154. Numulitcn 133. Nußbaum, 77. OUventultur 70. Orangentultur 63. Osmanli 175. Ovi« ^.untolie«, 98. Paläozoische Formationen 117. Pambuk-kaleffi 26 f. Panther 90. Pferdezucht 94. i ?inu« orientnii« 60. Platanus?b. Pliocänablagernngen 141 Plutonium 28. Population 185. Porphyr 164. QnartärcFormation 145. I. 107. Samsun 134. ! Schafzucht 97. z Schakal 88. ! Schmirgel 170. Seecn 16. Seidcnwurm 108. Serpentin 166. Silber i?o. Soglu-Sce 18. Steinkohlenformation 124. Störche 106. Syenit 115. Tatlar 154. Tschorut-Mll 17. Tcrtiärformation 131. Thunfisch 107. Tierreich 87 f. Topographische Verhältnisse 31 f. Trachyt 150. Trojaner-Eiche 60. Tschihatschcws-Eiche 60. Tuz-Göll 21. Tuzla !i4. Vegetation 55 f. Vulkanische Erscheinungen 166 f. Wälder 80 f. Weinrebe 62, 72. Weizen 65, 67. Haloua, Quellen von, 23. Yechil-Dagh 154. ^usiriLin»