Toshiko Yamaguchi. Japanese Linguistics: An Introduction. London/New York: Continuum. 2007. XVIII + 220 s. IsBN: 9780826487896 Das hier zur Besprechung vorliegende Werk unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von Büchern ähnlicher Art, die Japanisch zum Gegenstand haben. Der Leitgedanke scheint zu sein, dass der Erwerb des Japanischen als Zweitsprache oder Fremdsprache durch die richtige Anwendung wissenschaftlicher Forschungsergebnisse erleichtert werden kann. Diese werden für den Lernenden aber unbewusst eingesetzt und nicht, wie man erwarten würde, durch vorheriges Definieren erklärt und anschließend angewendet. Um diese Technik zu erreichen werden die Erscheinungen, von denen die Rede ist, anhand von Beispielen aus realen, authentischen Texten exemplifiziert. So wird man sich dessen bewusst, dass es sich um Erscheinungen handelt, die im realen, täglichen Sprachgebrauch vorkommen. Die Fachbegriffe, die notwendig sind, werden in dem jeweiligen Kontext anhand solcher realer, authentischer Beispiele eingeführt, aber nicht wie es üblich ist anhand vorheriger theoretischer Erklärungen. Als „authentisch" werden solche Texte verstanden, die nicht für den Zweck der Darstellung verfasst worden sind. Das sind geschriebene Texte, die uns im täglichen Leben begegnen: in Zeitungen, Zeitschriften, Romanen, Gebrauchsanleitungen, Bildbänden und anderen Veröffentlichungen. Diese bilden das Gerüst, in das die grammatischen und fachlichen Erscheinungen integriert sind. Das Buch besteht aus sieben Kapiteln: Chapter 1 Speech sounds; Chapter 2 Sound Structure; Chapter 3 Vocabulary; Chapter 4 The Writing System; Chapter 5 Word Structure; Chapter 6 Word Meaning und Chapter 7 Sentence Structure. Jedes Kapitel enthält Übungen zu den behandelten Themen. Die authentischen Texte werden teilweise übersetzt, aber gelegentlich nur kommentiert, so dass der Lernende gefordert ist, um das besprochene Phänomen zu verstehen. Obwohl einige Abschnitte sicherlich auswendig gelernt werden können, ist Auswendiglernen nicht angestrebt. Die Übungen sollen vielmehr in erster Linie sowohl selbständiges Denken als auch kritisches Lernen fördern und zum Reflektieren über die Sprache anregen. Daher könnte das Buch gleichermaßen als Arbeitsbuch und Lehrwerk charakterisiert werden. Der Leser entwickelt eine Begeisterung für das Thema. Er entdeckt, dass er die Sprache auf diese Weise nicht nur lernen, sondern auch gleichzeitig verwenden kann. Die Sprache erscheint ihm als ein lebendiges Element, das in seine tägliche Tätigkeit integriert wird. Sie wird somit zu einem natürlichen Bestandteil im täglichen Leben, in welchem sie assimiliert wird. Dieser Assimilationsprozess geht jedoch nicht mühelos vor sich hin, aber der Lernende erlebt jeden Schritt mit Freude und wird nicht den Frust empfinden, der sich häufig bei sprachlichen Lehrwerken bemerkbar macht. Wenn die Überschriften der einzelnen Kapiteln betrachtet werden, scheint das Buch recht traditionell zu sein. Solche oder ähnliche Kapitelüberschriften finden sich in sehr vielen Lehrwerken. Dieser Eindruck täuscht jedoch. Dies ist kein Lehrwerk im traditionellen Sinne. Die inhaltliche Darstellung bereits bekannter Fakten ist vielfach anders und in gewissem Sinne revolutionär. Vermieden werden große Aufzählungen von Wörtern und Beispielen, die häufig in Lehrwerken zu finden sind. Statt dessen werden die Beispiele langsam eingeführt, in kurzen gut strukturierten Paragraphen erläutert, die der Lernende schnell assimilieren kann und anhand authentischer Beispiele exemplifiziert. Beispiele dieser Strategie lassen sich im Buch fast überall finden. Besonders eindrucksvoll sind in dieser Hinsicht die Kapitel 3, 5, 6 und 7 strukturiert. Es werden aber nicht nur Daten und Fakten präsentiert. Der Inhalt wird pädagogisch vorbereitet und so dargestellt, dass Lernende das Buch optimal verwenden können. Allerdings werden gewisse Vorkenntnisse vorausgesetzt. Dies gilt insbesondere in zwei Bereichen. Einerseits im Bereich des japanischen Schriftsystems, das hinreichend bekannt sein muss, um die Texte verstehen zu können. Der Lernende muss wissen, wie das Schriftsystem zusammengesetzt ist und wie es funktioniert. Es ist ein Novum, dass hier nur begrenzt mit Transliteration gearbeitet wird. Die Texte werden in der ursprünglichen japanischen Schrift präsentiert. Im übrigen ist zu betonen, dass im Buch streng zwischen Transliteration und phonetisch/phonologischer Transkription unterschieden wird. Dies ist sehr nützlich, um dem Lernenden deutlich zu machen, in welcher grundlegender Hinsicht sich das japanische Schriftsystem von der Lateinschrift unterscheidet. Andererseits werden in der Morphologie ebenfalls gewisse Vorkenntnisse erwartet. Genaue Erläuterung der Verbmorphologie erfolgt nicht. Erläutert wird die Verwendung der Formen, deren Bildung als vorausgesetzt angenommen wird. Es wird dem aufmerksamen Leser auch aufgefallen sein, dass kein Kapitel die Überschrift Morphology trägt. Die morphologischen Formen werden in dem Kontext, in dem sie verwendet werden, eingeführt und die Stelle in ihrer Verwendung erläutert. Die Formen selbst werden als bekannt vorausgesetzt. Dieses Werk gehört zu einer neuen Generation von Lehrwerken1, in denen Daten auf wissenschaftlicher Grundlage und pädagogische Elemente integriert werden. Es ist nicht nur für Japanischlernende ein sehr gutes und nützliches Werk, sondern auch für jeden Linguisten eine wichtige Informationsquelle, die beispielhaft eine Sprache in ihrer Struktur und Anwendung zeigt. Es hat einen Anwendungsbereich weit über den Kreis der Japanischlernenden hinaus. Wissenschaftliche Erkenntnis und pädagogische Eignung sind in diesem Werk hervorragend miteinander verbunden. Magnus Petursson Universität Hamburg 1 Ein anderes Lehrwerk, das ich auch dieser neuen Generation von Lehrweken rechnen würde, da es wissenschaftliche Begriffe anhand einfacher Beispiele einführt und so in einfacher Sprache eine sehr bemerkenswerte Genauigkeit erreicht, ist meiner Ansicht nach Heidi Harley: English Words: A Linguistic Introduction (Blackwell, Malden (USA) and Oxford (UK) 2006)