Zur häuslichen Gesundheitspflege der Schuljugend. Bemerkungen für die Eltern und die Pfleger von Kostzöglingen. Von Leo Burgerstein in Wien. Preis 10 Heller. Wien. Im kaiserlich-königlichen Schulbücher-Yerlage. 1904. Die in einem k. k. Schulbücher-Verlage herausgegebenen Schulbücher dürfen nur zu dem auf dem Titelblatte angegebenen Preise verkauft werden. Alle Reckte vorbehalten. Im selben Verlage ist erschienen : „Gesundheitsregeln für Schüler und Schülerinnen" von Leo Burgerstein. Preis 10 h. Die Schüler und Schülerinnen mögen dazu verhalten werden, nach dem Erwachen am Morgen nicht im Bette zu verweilen, sondern sofort aufzustehen. Das Aufstehen geschehe zu einer solchen Stunde, daß für "Waschen, Ankleiden, Frühstücken und Schulgang ausreichend Zeit bleibt und das Frühstück ohnfe Hasten eingenommen werden kann, was auch voraussetzt, daß es rechtzeitig und nicht heiß auf den Tisch kommt, sowie daß die Schulbesucher rechtzeitig zu Bett geschickt werden. Wenn der nötige Appetit vorhanden ist — bekanntlich kommt dieser oft beim Essen — so möge ein weit ausgiebigeres Frühstück verabreicht werden als das bei uns meist übliche, z. B. mäßige Mengen von abgekochter Milch, Kakao, schwachem Milchkaffee oder schwachem Tee mit abgekochter Milch, aber dazu Beilagen je nach Vermögens Verhältnissen, wie z. B. Butterbrot, Fleisch, Fisch, Wurst, Eier. Nach dem Frühstück ist wie nach jeder Mahlzeit das Gebiß tüchtig durchzuspülen. Erweist sich das starke häusliche Frühstück undurchführbar, so sorge man doch dafür, daß die Kinder für die Unterrichtspause, welche sie nicht im Lehrzimmer sitzend verbringen mögen, einen ausgiebigen Imbiß mitbekommen; dieser wird am besten in einer gut verzinnten Blechdose und keineswegs in unsauberem Papier mitgenommen. Besonders bei Kindern, welche zur Näscherei neigen, ist dieser Weg dem Mitgeben von Geld vorzuziehen. * _ 4 — Die Schulbesucher mögen weder zu spät noch auch zeitlicher vom Hause entlassen werden als derart, daß sie frühestens eine Viertelstunde vor Beginn des Unterrichtes zur Schule gelangen; ebenso möge darauf geachtet werden, daß sie nicht verspätet zu Hause eintreffen. Vieljährige Erfahrungen an den Mittelschulen beweisen, daß manche Schüler höherer Klassen von ihrer Freizeit teilweise einen ebenso gesundheitsschädlichen als unwürdigen Gebrauch machen, indem sie in Gasthäusern, gewöhnlich solchen niederster Sorte, gemeinsame Kneipereien abhalten. Überwachung seitens der Eltern sowohl hinsichtlich des Umganges als der Zeitverwendung wird es möglich machen, diesen verderblichen Abweg zu vermeiden. Überhaupt muß es als ganz verfehlt bezeichnet werden, daß Schulbesucher gewohnheitsgemäß und nicht von verläßlichen Erwachsenen begleitet ohne Not Gast- oder Kaifeehäuser besuchen. Kommen die Schulbesucher mittags nach Hause, so mögen sie sich wie vor jeder Mahlzeit die Hände waschen. An Tagen mit Nachmittagsunterricht empfiehlt es sich, ihnen nur leicht verdauliche und nicht zu massige Mittagskost zu bieten. Erzieherisch wertvoll ist es, daß die Kinder die Mahlzeiten gemeinsam mit den Eltern einnehmen. Nach der Hauptmahlzeit ist Rast von geistiger Arbeit unbedingt geboten und sind heftige körperliche Bewegungen zu vermeiden. Das Abendessen wäre ausgiebig zu wünschen, wenn das Mittagmahl nur ein schwaches war; jedoch müßte besonders ein stärkerer Abendimbiß nicht kurz vor der Schlafenszeit, sondern mindestens zwei Stunden früher eingenommen werden. Die passende Zeit richtet sich allerdings auch nach der Verdaulichkeit des Genossenen. Überhaupt sei die Kost für die Jugend, welche nicht nur Verbrauchtes zu ersetzen, sondern auch Neues anzusammeln (zu wachsen) hat, reichlich, reizlos, gemischt, nicht abwechslungs — o — arm ; Leckereien und Näschereien sind jedoch mindestens überfliissig. Rohe Nahrungsmittel (rohe süße Milch, roher, d. h. bloß geräucherter Speck u. s. w.) sind, ausgenommen frisches Obst, welches geschält oder in reinem Wasser abgespült oder gut abgewischt genossen werden mag, durchaus zu vermeiden. Die Mahlzeiten mögen zu festen Stunden dargeboten, ohne Hast verzehrt, Speisen und Getränke weder eiskalt noch heiß auf den Tisch gebracht und feste Speisen gut durchgekaut werden. Es ist ein leider noch vielfach verbreiteter Irrglaube, daß geistige Getränke kräftigen; sie sollen — außer auf ärztliche Anordnung im Sinne eines Medikaments — Schulbesuchern überhaupt nicht verabreicht werden, namentlich nicht Wein oder gar gebrannte Getränke und ganz besonders nicht den Besuchern der Volksschule oder der unteren Klassen der Mittelschule; ebenso sind starke Erregungsmittel (starker Kaffee oder Tee) vom Übel. Das Tafelgetränk sei Wasser. Für den Gebrauch in der Schule mögen die Eltern den Schulbesuchern eigene Trinkbecher anschaffen und vor dem Wegborgen an Kameraden warnen. An Orten, wo das Wasser nicht zweifellos unschädlich ist, namentlich aber dort, wo Cholera oder Typhus aufzutreten pflegen und ganz besonders zu Zeiten, wenn dies der Fall ist, muß zur größten Vorsicht hinsichtlich des Wassertrinkens geraten werden; man koche das Trinkwasser für den täglichen Gebraiich ab, lasse es zugedeckt abkühlen und verbessere den Geschmack gegebenenfalls durch Zusätze (etwas Zitronensaft o. a.). Der Tabakgenuß greift leider unter den Schulknaben immer mehr um sich und auf immer jüngere Altersklassen über; erfahrungsgemäß bildet hier die verbotene Frucht den Hauptreiz ; der Takt der Erzieher wird in den einzelnen Fällen entsprechend der Individualität des Schülers die richtigen Mittel zu wählen haben, um dem vorzeitigen Rauchen wirksam zu begegnen. — 6 — Es ist gesundheitlich von Nutzen, die Schulbesucher an eine bestimmte Stunde der Stuhlentleerung zu gewöhnen. Schon mit Rücksicht auf die große Zahl der Schüler' einer Klasse und das Vorhandensein gewöhnlich nur einer Abtrittszelle für eine solche, wird sich zu dem genannten Zweck Gewöhnung an eine Stunde außerhalb der Schulunterrichtszeit empfehlen. Namentlich in Wohngebäuden, wo eine Abtrittszelle für mehr als eine Mietpartei bestimmt ist, muß peinliche Reinhaltung, besonders des Sitzbrettes, im Hinblicke auf die Möglichkeit der Übertragung ansteckender Krankheiten dringend angeraten werden. Vor dem Schlafengehen sind Armbewegungen mit Hanteln oder Stäben oder ohne solche als empfehlenswert zu bezeichnen. Ferner mögen sich die Schulbesucher gründlich mindestens Hände, Gesicht und Hals waschen, im Winter mit abgestandenem Wasser ; die Zahnfugen sind mit einem nicht zu harten Werkzeug (Zahnstocher aus Holz, Federkiel) von gröberen Speiseresten zu reinigen; zeitig möge auch bei den Kindern mit dem Bürsten des Gebisses begonnen werden, und zwar so, daß die Zähne innen und außen je von den Hälsen gegen die Kronen zu, dann die Kronen selbst mit einer weichen Bürste geputzt werden und ferner das Gebiß gründlich durchgespült wird. Endlich soll auch gegurgelt werden. Zum Bürsten leistet die in den Materialwarenhandlungen erhältliche feine Schlämmkreide, zum Durchspülen des Gebisses ein Zusatz von reinem Spiritus zum Wasser wohlfeil gute Dienste. Wenn irgend tunlich, studiere der Schulbesucher nach dem Abendessen nicht mehr, sondern betreibe eine selbstgewählte leichte Beschäftigung. Vor aufregenden oder in die Nacht andauernden Vergnügungen sowie vor aufregender Lektüre muß auf das entschiedenste gewarnt werden. Der Schlafbedarf ist zwar individuell durchaus nicht gleich, doch kann man durchschnittlich für die verschiedenen Altersstufen rechnen: auf das siebente bis neunte Lebensjahr (sechs- bis achtjährige) 11 Stunden, das zehnte und elfte Lebensjahr 10—11 Stunden, — 7 — das zwölfte und dreizehnte 10 Stunden, das vierzehnte 9 Va, das fünfzehnte und sechzehnte 9 Stunden, die folgenden Lebensjahre der Schulbesucher 8 V2 Stunden. Dementsprechend wäre auch die Stunde des Zubettegehens zu regeln. Es ist gut, die Kinder daran zu gewöhnen, die Hände beim Schlafen über der Bettdecke zu haben. Jeder Schulbesucher soll täglich einige Freizeit haben, sowohl um ausgiebige Bewegung, namentlich solche in freier Luft zu machen (Bewegungsspiele, Eislauf u. s. w. ohne Übertreibung), als um sich mit unschädlichen freigewählten Beschäftigungen zu befassen; es ist hier nicht nur an Tätigkeiten, wie Musikbetrieb, Lektüre oder Handfertigkeit gedacht, sondern überhaupt an die Möglichkeit, eigenen Gedanken nachzuhängen, eigene Ideen auszuführen; alles dies ist sowohl zum körperlichen Gedeihen als zur Entwicklung einer kraftvollen Individualität in jedem Sinne zu wünschen. In volkserzieherischer Hinsicht ist darauf hinzuarbeiten, daß auch eine volle, von Zwangsleistungen möglichst freie Sonntagsruhe gewährt und angewöhnt werde. Dies gilt nicht zum mindesten vom Sonntagsmorgen. Namentlich die Mittelschulen stellen jedoch, besonders in den oberen Klassen hohe Forderungen; es ist daher dringend davon abzuraten, Schulbesucher mittlerer Begabung noch mit anderer Zwangsarbeit als jener für die Schule zu belasten (Musik, Fremdsprachen außer den in der Schule behandelten u. s. w.). Dies gilt nicht zum mindesten bezüglich der Mädchen. Kinder, welche den Schulforderungen allein nur mit Aufwendung aller freien Zeit oder gar mit Verkürzung des Schlafes zu entsprechen vermögen, sollten nicht zum Studium an Mittelschulen gezwungen werden; solches wird auf die Dauer mit dem wertvollsten Gut für die Zukunft, der Gesundheit, bezahlt werden. Nach überstandener Krankheit soll die Arbeit nicht forciert, sondern sollen die Rekonvaleszenten um jeden Preis geschont werden, selbst auf die Gefahr hin, eine Schulklasse wiederholen zu müssen. — 8 — Besonders die Lebensjahre, welche bei den Knaben der Pubertätsentwicklung unmittelbar vorangehen, bei den Mädchen auch die ersten Zeiten der Pubertät sind erfahrungsgemäß solche geringerer Widerstandsfähigkeit und bedürfen daher in gesundheitlicher Beziehung besonderer Umsicht seitens der Erzieher. Rast nach der Mittags- und Abendmahlzeit und genügender Schlaf sind keine Zeitvergeudung ; in ermüdetem Zustand oder wenn der Organismus nach vorausgegangener Anstrengung die Verdauungsarbeit leistet, wird das Studieren entweder einen sehr geringen Erfolg haben oder nur auf Kosten der natürlichen Körperentwicklung geschehen können. Wenn die Schulbesucher arbeiten, möge es im ausgeruhten Zustande geschehen und dann sehe man darauf, daß sie ernst bei der Sache sind. Derart wird manche sonst nutzlos verbrachte Sitzstunde erspart werden können. Entschieden weisen der großen Masse nach die Mädchen im Schalalter eine geringere Widerstandsfähigkeit gegen dauernd einwirkende Schädlichkeiten auf als die Kn'aben (Verbreitung von Bleichsucht, Appetitmangel, öfter wiederkehrendem Kopfschmerz, Rückgratsverkrümmungen etc.). Diese Tatsache ist durch in mehreren Ländern vorgenommene ausgedehnte Untersuchungen als zweifellos bestehend festgestellt. Vernachlässigungen in den früher erwähnten Jahren können schlimme Folgen für das ganze künftige Leben nach sich ziehen; nicht zum mindesten gilt dies von den Zeiten des ersten Auftretens der Reifezeichen bei den Mädchen. Viel wird gesündigt durch vermeidliches Musikstudium, solches von Fremdsprachen, übertriebene Leistungen in Handarbeiten; Eltern, denen das Wohl ihrer Kinder am Herzen liegt, mögen sowohl hinsichtlich eines etwa beabsichtigten Mittelschulstudiums ihrer Töchter als überhaupt in den erwähnten Jahren öfter den Hausarzt zu Rate ziehen. Während der Lese- und Schreib- sowie der weiblichen Handarbeiten zu Hause ist darauf zu achten, daß ausgiebig Lichtaber nicht Sonnenstrahlen auf den Arbeitsplatz gelangen, beziehungsweise, daß das Lampenlicht kräftig, jedoch nicht grell sei und daß es nicht flackere. — 9 — Für das Schreiben ist Licht von links nötig (Fenster links seitwärts, Lampe links). Tische mit runden Platten eignen sich nicht gut zur Schreibarbeit. Es ist darauf zu achten, daß nicht mit schief gehaltenem, verkrümmtem, verdrehtem oder stark vorgebeugtem Rumpf oder mit an die Tischkante gelehnter Brust gesessen werde; die Eltern sollten in dieser Hinsicht immer und immer wieder bei der häuslichen Arbeit mahnen und trachten, den Kindern eine gute Haltung von allem Anfang anzuerziehen, wozu auch gehört, daß die Sitzgelegenheit eine gesundheitlich angängige Körperhaltung ermöglicht. Die Tischplatte sei so hoch über der Sitzfläche, daß bei herabhängendem Arm des Sitzenden die Tischfläche in der Höhe der Ellenbogen liegt ; um Aies zu erreichen, wird man den kleinen Schulkindern den Sitz durch eine passende Auflage erhöhen müssen. Anderseits würde ein zu niedriger Tisch starkes Herabbeugen beim Schreiben (Behinderung der Atmung u. s. w.) nötig machen. Die Kinder sollen mit dem ganzen Gesäß auf dem Stuhle sitzen und Mädchen ihre Kleider hiebei nicht nach einer Seite zusammengeschoben haben. Der Sitz soll so nahe an den Tisch, beziehungsweise wenn nötig unter den Tisch gerückt werden, daß die Entfernung zwischen Stuhllehne und Tischkante nur wenig größer ist als die Körperdicke. Das zu benutzende Stück der Stuhlplatte sei (von vorne nach hinten gerechnet) kürzer als der Oberschenkel; zur Verkürzung des Sitzes mag ein festes Kissen an die Lehne gelegt werden. Die Lendengegend kann im besondern noch durch eine an die Stuhllehne gehängte feste ^Schlummerrolle" u. dgl. gestützt werden. („Kreuz hohl"). Die Beine sollen weder übereinandergeschlagen noch unter den Sitz gezogen werden noch in der Luft baumeln, sondern die Sohlen voll, und zwar so aufruhen, daß die Knie nicht an den Unterleib angezogen werden; für kleinere Schulbesucher wird ein Schemel nötig. — 10 — Ganz besonders ist die richtige Höhe des Tisches über dem Sitz und der richtige Abstand der Lehne (Anlehngelegenheit für den Rücken) von der Tischkante wichtig und jedenfalls bedeutet das Einhalten der aufrechten Sitzhaltung an sich eine beträchtliche Arbeitsleistung. Der Kopf werde nur leicht gebeugt gehalten und die Entfernung der Augen von der Arbeit sei so groß, als die Körpergröße der Kinder gestattet: mit den allerkleinsten Schulbesuchern wird es leider nicht möglich sein, beim Schreiben das wünschenswerte Mindestmaß von 30 cm Entfernung zu erreichen. Die Vorderarme mögen beim Schreiben mit etwa 2/s ihrer Länge auf dem Tische aufruhen, die Oberarme recht wenig vom Rumpfe abgezogen werden. Vorlagen, aus denen abgeschrieben wird, sollen nicht links seitwärts liegen, sondern vor dem Heft aufgestellt werden. Hefte mit langen Zeilen sollen zeitweise so nach links geschoben werden, daß die zu beschreibende Stelle immer annähernd vor der Körpermitte liegt; beim Beschreiben tieferer Zeilen ist das Heft entsprechend aus der Körpernähe wegzuschieben. Der Zeigefinger der Schreibhand bilde einen flachen Bogen, der weder sehr glatte (poliertes Metall) noch sehr dünne Federhalter werde lang, nicht nahe der Feder gefaßt, damit das Kind den Kopf nicht links seitwärts neigen müsse, um das Geschriebene entstehen zu sehen. Man unterbreche das Schreiben zeitweise, um dem Kinde kurze Rasten von der, richtig ausgeführt, anstrengenden Schreibarbeit zu bieten und dehne diese Arbeit bei den Anfängern überhaupt nicht lange aus. Die Tinte sei gleich beim Niederschreiben tiefschwarz; solange die Schiefertafel benutzt wird, werde sie recht sauber gehalten; beim Privatunterricht beginne man sofort mit Papier und Blei und gehe nach einem halben Jahre zu Feder und Tinte über. Beim Lesen ist eine einigermaßen ausgesprochene Ruhehaltung, Anlehnen an eine geneigte Lehne bei etwas zurückgeschobenem — 11 — Stuhle weit besser möglich als beim Schreiben. Da eine starke Abwärtsdrehung der Augen auf die Dauer anstrengend ist, so wird der Kopf beim Schreiben immer etwas zur Arbeit gebeugt sein müssen; beim Lesen kann eine günstige Stellung des Buches durch ausgiebiges Neigen des letzteren (Unterlegen eines Gegenstandes, Halten in der Hand u. s. w.) leicht erzielt werden. Wohlhabende Familien mögen sich ein verstellbares Arbeitspult für die Kinder anschaffen; vortrefflich zu diesem Zwecke geeignet ist das von Dr. Schenk erfundene. Die Schulsachen werden am besten in einem Tornister getragen. Die Eltern mögen den Schulbesuchern nicht erlauben, Nahearbeit an kleinen Gegenständen (Lesen etc.) in der Dämmerung, im Liegen, Fahren oder beim Essen zu leisten oder anhaltend Druck zu lesen, der kleiner oder feiner und enger ist als etwa jener der (amtlich daraufhin geprüften) Schulbücher. Auch der Aneignung einer sehr kleinen und zarten Handschrift sowie längerer ununterbrochener Beschäftigung mit feinen weiblichen Handarbeiten wäre entgegenzuwirken. Die der Jahreszeit entsprechende Kleidung soll Atmung, Blutumlauf und Verdauung nicht behindern; es mögen also enge Halskragen, enge Gürtel oder Leibriemen, Strumpfbänder überhaupt, enge Schuhe mit schmaler Sohle und hohen Absätzen, Mieder, schwere Halsbinden vermieden werden. Bei nassem Wetter empfiehlt sich, falls nicht Galoschen benutzt werden, die Fußbekleidung zu Hause zu wechseln, um die Füße trocken und warm zu halten; bei feuchter Straßenoberfläche wird das Ablegen der Straßenschuhe auch die Zimmer vor dem Eintragen des staubliefernden Straßenschmutzes bewahren helfen. Galoschen sollen nicht im Schulzimmer anbehalten werden. Mindestens alle 14 Tage möge ein Reinigungsbad genommen werden; wo in den Schulhäusern Schulbrausebäder eingerichtet sind, wird diese — überall sehr empfehlenswerte — Einrichtung — 12 — den meisten Eltern die Sorge für gründliche Körperreinigung der Schulkinder abnehmen; in Orten mit wohlfeilen Volksbädern mögen die Schrdb esu eher, welche sie benutzen wollen, Stunden wählen, in denen sowohl die Verdauung weit vorgeschritten ist als das Bad wenig benutzt wird und in der rauhen Jahreszeit nach dem Bade warm bekleidet sofort nach Hause gehen. In der heißen Jahreszeit trachte man, den Schulbesuchern kalte Vollbäder an ungefährlichen Stellen zu bieten. Kühle Abwaschungen mögen in jeder Jahreszeit zur Abhärtung benutzt werden. Es empfiehlt sich, die Bettwäsche wenigstens alle 14 Tage, die Leibwäsche wenigstens wöchentlich zweimal zu wechseln. Wohn- und Schlafräume für die Schuljugend seien hell und luftig. Das Benutzen ungeheizter Schlafzimmer im Winter stellt bedeutende Ansprüche an die Erzeugung der natürlichen Körperwärme; es ist daher nur bei größereren, und zwar robusten Kindern und auch bei diesen nur dann unbedenklich, wenn sie nicht in der Nacht die Decken u. s. w. abwerfen. Von den Arbeitsplätzen, welche bei Tageslicht benutzt werden, sollte der Sitzende ein Stück Himmel erschauen können. Räume, welche dem Sonnenlicht Zutritt gestatten, sind sonnenlosen entschieden vorzuziehen. Souterrainräume, schlecht heizbare, fußkalte (z. B. über Torwegen gelegene) sind ungünstig, feuchte, solche die ihr Licht aus zweiter Hand erhalten, durchaus zu widerraten. Auf einen Schulbesucher sollten nicht unter 20 m3 Luftraum entfallen, eine bescheidene Forderung, da diese Zahl bei einer Zimmerhöhe von 3 V2 m einer Bodenfläche von nicht einmal 3 m Länge und 2 m Breite entspricht. In den von Schulbesuchern bewohnten Zimmern mögen unbequem zu reinigende staubfangende Gegenstände, wie große Teppiche, Portieren, nur zur Zierde dienende, den Lichtzutritt vermindernde Vorhänge nicht angebracht werden. Klaffende Fugen zwischen Fußbodenbrettern möge man verschließen; gut ist es, dasselbe mit den Holzporen zu tun (Anstriche etc.). — 13 — Das Bett biete keine weiche Unterlage, sondern eine festgestopfte Matratze oder einen solchen Strohsack. Jeder Schulbesucher sollte sein eigenes Bett haben, der Länge nach gleichlaufend aufgestellte mögen wenigstens auf Armeslänge voneinander entfernt sein. Kostzöglinge verschiedenen Geschlechtes sollen nicht im selben Zimmer wohnen, noch weniger im selben schlafen. Zu jedem Schlafzimmer gehört eine Waschgelegenheit. Das Spucken auf den Fußboden oder in das Taschentuch ist durchaus zu vermeiden; von Spucknäpfen eignen sich solche aus Glas oder glasiertem Material, welche nicht leicht umgestoßen werden können und etwas Wasser enthalten, das täglich gewechselt und hiebei nicht z. B. in einen Kübel entleert wird, der etwa zum Aufwischen von Fußböden in Verwendung kommt. Die Zimmer mögen alltäglich ausgiebig (Zug) gelüftet werden, morgens bei offenen Betten. Vor der Aufnahme eines Kostzöglings ist dessen ärztliche Untersuchung sehr zu wünschen, um die Einschleppung Übertragbarer Krankheiten in das Kosthaus zu vermeiden, deren manche, wie Lungentuberkolose oder Trachom („ägyptische Augenentzündung ) dem Laien als Leidenszustände nicht auffallen müssen. Bei andauernd schlechtem Aussehen des Zöglings, auch wenn derselbe sich persönlich nicht unwohl fühlt, ist der Arzt zu Rate zu ziehen; beim Auftreten einer Infektionskrankheit muß seine Wohlmeinung hinsichtlich der Isolierung des Kranken ausschlaggebend sein. Wird eine Brille nötig, so wende man sich an einen Augenarzt; es sei darauf aufmerksam gemacht, daß in den großen Städten für Unbemittelte unentgeltliche Armenordination zu bestehen pflegt. Die Kinder sollen dazu verhalten werden, mit geschlossenem Munde zu atmen; solche, welche nicht durch die Nase zu atmen vermögen, wolle man durch einen Spezialarzt untersuchen lassen; es haben Schulbesucher von geringer geistiger Leistungsfähigkeit — u — nach Ermöglichung der Nasenatmiing zuweilen bessere Fortschritte gemacht. Es ist zu wünschen, daß jeder Schulbesucher alljährlich den Zahnarzt zu Rate ziehe ; dies ist mit geringeren Kosten verbunden, als wohl häufig angenommen wird, da nach der ersten, allerdings öfter umfänglichen Reparatur vielfach durch eine Reihe von Jahren der Arzt nur die Gesundheit des Gebisses feststellt; der Vorteil der alljährlichen Untersuchung liegt aber darin, daß ein Defekt jedesmal schon zeitig behoben wird und die Zähne derart länger erhalten bleiben. Fühlt man Zahnschmerz, dann ist das Übel gewöhnlich schon weit vorgeschritten. Bei Schulbesuchern, deren Gebiß besonders hinfällig ist, wird der Zahnarzt selbst öfteren als jährlich einmaligen Besuch anraten. An ansteckenden Krankheiten Leidende oder deren Wohnungsgenossen dürfen nicht zur Schule kommen und auch keine Besuche von Schülern oder Schülerinnen empfangen; diese sollen mit den Wohnungsgenossen der Erkrankten auch nicht außer Hause (auf Spielplätzen u. s. w.) verkehren. An Leichenbegäügnissen von Personen, die ansteckenden Krankheiten erlegen sind, sollen sich Kinder nicht beteiligen. Das Küssen der Kinder auf den Mund von Seiten fremder Personen sollte nicht geduldet werden, ebenso nicht das Liebkosen von Hunden, Katzen, Papageien u. s. w. seitens der Kinder. Bei körperlichen Züchtigungen vermeide man es, den Kopf oder Rücken zu treffen ; es können hiedurch schwere Gesundheitsschädigungen hervorgerufen werden. »><=>o<« Buchdrucker ei Karl Gorischek. Wien V.