tnr Annst, Wissenschaft und geselliges Leben. Redigirt von Leopold Kordefch. ^ A3. Freitag am V. Februar Ä844. Herz und Harfe. Hängend tont die Aeolsharfe, Wenn der Sturm die Saiten schlägt. Und geraubte Mollakkorde I n da« Reich der Lüfte tragt. — Sängerherz und Aeolsharfe Gleichen sich im Sturmgebraus'. Harfe spricht ihr Leid in Klängen — Sängcrhcrz in Liedern »us. Könnt ihr wohl die Harfe schmähen. Wenn der heitre Klang sie flieht? Könnt ihr d'rum dem Sängcr zürnen. Wenn sein Lied der Schmerz durchglüht? Gerne singt er euch von Freude, Gern «°m Glück und süßer Lust; Aber gebt ihm auch de» Frieden Und den Himmel in die Brust! Soll er euch von Wonnen singe». Die ihn niemals noch beglückt? Tagt, ° sagt, könnt ihr denn lächeln. Wenn das «lug' in Thränen blickt? Moriß Siegeiist. Die Rabeneltern. Wahre Begebenheit, erzählt von Leopold Kordesch. (Beschluß) zine gute Stunde mochte unterdessen Verstössen sein. Da klopfte man von innen leise an 'die Thüre und der Verlarvte trat still in die Stube. Freudig brachte ihm die Wehmutter ein frisches, munteres Knäblein entgegen und legte es in seinen Arm. Der Mann aber sprach mit rauher, tiefer Stimme, und als ob er mit einem weichern Gefühle kämpfte: Ih r müßt das Kind auf der Stelle taufen! — Nothtaufe? — Warum das? — Es ist ja ganz mun­ ter, stark und gesund. Fragt nicht; thut, was ich heische und schnell! Die Mutter schluchzte hier tief auf und die Wehfrau sah deutlich, wie ihr große, dicke Thränen hinter der Larve hervor, und den Hals herabrannen. Sie verrichtete nun, ohne den Grund einzusehen, an dem jungen Weltbürger jene heilige Handlung, die Wehmüttern in besonderen Fäl­len erlaubt ist, während der Vermummte das in feine Lin­nen eingewickelte Kind auf seinen Händen hielt. Nicht ohne geheimen Schauer hatte die Helferin in ihrer verlarvten Umgebung die Ceremonie vollendet und dann das muntere, aber beständig stille Kind der Mutter hinge­geben. Diese brach nun in lautes Jammern und Weinen aus, nicht achtend auf die ängstlichen Bewegungen des Mannes; sie lüftete die Larve in etwas, wobei ein seht jugendliches Gesicht zum Vorschein kam, und bedeckte das Kind mit unzähligen Küssen. Unwillkürlich füllten sich auch die Augen unsers alten Mütterchens mit hellen Thränen. Da stand der Mann vom Sessel auf und sagte dumpf: Nun ist's genug! Er trat zum Bette der Wöchnerin und entriß ihr rasch das Kind. Mi t einem eigenen, unartiku­lirten Gewinsel, der der bestürzten Wehfrau wie ein Dolch in's Herz traf, sank die junge Mutter zurück. — Der Schreckliche aber riß jetzt das Fenster auf — machte schnell das Zeichen des Kreuzes über des Kindes Stirn , und — schleuderte es hinaus in die Nacht. — Ein gräßlich plätschernder Schlag aus der Tiefe her­auf belehrte die fast zu Stein erstarrte Wehmutter, daß ihr Täufling in's Wasser gefallen sei. — O entsetzlich, schrecklich, unerhört! rief diese vor Schauer zusammenfahrend und stürzte ohnmächtig zu Boden. Es war ein gräßlicher Anblick! Besinnungslos lagen die beiden Frauen in Ohnmacht; der Entsetzliche aber blickte aus seiner Verlarvung unheimlich und starr vor sich hin, ohne sich um die Beiden zu kümmern. Die tiefherabge­brannte Kerze beleuchtete schauerlich dies gräßliche Bild. Endlich richtete sich die am Boden Liegende auf. Ein edler, heiliger Muth blitzte aus ihren Augen. Sie trat hin zu dem Vermummten, warf die empfangene Goldrolle auf den Tisch und sagte: Hier ist Ih r schändliches Blutgeld! und wenn Sie mich auch ermorden, nie werde ich von einem Tiger ein Geld annehmen! Sein Sie auch, wer Sie 46 wollen, das Gericht Gottes wird und muß Sie treffen. — Jetzt lassen Sie mich fort, oder ich schreie aus Leibeskräften, und wenn ich dem unschuldigen Engel folgen sollte in sein nasses Grab! — Still , oder ich erwürge Dich — uns Alle! sprach der Mann mit schrecklicher Stimme und befestigte der Wehfrau die Binde um die Augen. Darauf drückte er ihr das Käst­ chen unter den Arm und trug mehr die Bebende über die Treppen herab, als sie gehen konnte. Auf der Gasse angelangt, führte er sie, wie früher, hin und her, bis sie vor ihrer Wohnung endlich anlangten. Die tiefste Stille herrschte noch überall; in weiter Ferne nur vernahmen sie das Rollen eines Wagens. Da sprach denn der Fremde eilig: Mein Rath ist — Stillschweigen. — Merke es wohl, Alte! denn all' dein Lärm würde nichts fruchten, wohl aber dir, nur dir schädlich werden, beherzige das. Uebrigens wirst du den Lohn für deine Mühe in dem Kästchen finden, das du trägst; ich bleibe Niemanden schuldig. Lebe wohl und — achte meinen Rath! — Bei diesen Worten begab er sich schnellsten Schrittes hinweg und verlor sich in dem nächtlichen Dunkel. Das arme Weib hatte den Schlüssel in dem Schreckens­hause vergessen. Zitternd vor Angst und Schauer über das Erlebte, stand sie da und pochte, bis man nach langer Zeit sie einließ. Gott, wie seht ihr denn aus, Mutter? rief die Tochter des Hausmeisters, die das Thor aufgesperrt hatte. Geleite mich auf mein Zimmer, gutes Kind. Es ist euch nicht wohl. — Das kömmt von der lan­gen Nachtwache — und dann euer Alter — ich werde euch etwas Stärkendes holen. Hole mir den Herrn Pfarrer, liebe Tochter, und schicke mir indeß deine Mutter, bat die Schwache, die kaum die Thüre ihres Zimmers erreicht hatte und alsbald in dem großen, ledernen Schlafsessel kraftlos zusammensank. Der würdige Pfarrer, wie der Doktor des Viertels kamen zu einer — Sterbenden. Angst, Schreck und Grau­sen wirkten zu heftig auf die schwachen Nerven der armen, ehrlichen alten Frau. Sie verschied bald darauf, als sie unter fortwährendem Frösteln diese Begebenheit erzählt, Und sich durch Empfang der letzten Wegzehrung für die große Reise vorbereitet hatte, sanft in den Armen ihrer weinenden Hausgenossen. I m Kästchen fand man die anfängliche Summe von zehn Dukaten verdoppelt. Sie selbst hatte diesen Betrag, wie auch ihr kleines Vermögen, da sie ohne Verwandte und kinderlos war, den Armen ihres Stadt­ viertels und zu frommen Zwecken vor Zeugen legirt. Die Nachforschungen über die gräßliche That aber blieben trotz den eifrigsten Bemühungen der Gerichte alle ohne Erfolg. — Dichter und Säufer. Belauschtes Selbstgespräch eines armen Poeten. Von 3l. Rigler. Ein Dichter lehnte eines Abends hoch in seinem Dach­ stübchen zum Fenster hinaus, und starrte mit fast gebroche­ nem Herzen auf die stillgewordenen Gassen.hinab, auf deren dunklem Pflastergrunde die symetrisch aufeinander folgenden Laternen, wie Fixsterne, ihr Licht hinabstrahlten; seine Gläu­biger hatten ihn den ganzen Tag über gequält; eine bei­ßende Rede und eine bittere Entbehrung um die andere hatten heute seine Muse verscheucht, die Muse, die bei ihm die Stelle des Raben vertrat, welcher den Propheten Elia s vor Zeiten in der Wüste genährt.. Auch die Gläubiger sind Raben, aber welch'ein sanfter, wohlthätiger Rabe des Himmels ist die Muse gegen die infernalische Rabennatur eines Gläubigers! „D a lehn' ich denn, sprach er zu sich selbst, da lehne ich mit dem Haupte an die Sterne reichend, und mit den Beinen bis über die Taschesteckend im tiefsten Kothe! Wie Ariadn e auf Naros steh' ich hilflos da, mich mit ausgebreiteten Armen hinneigend gegen das weite, ruhige Meer der Zukunft, verlassen in meiner Verlegenheit, das heißt: Geldverlegenheit!" „Geldverlegenheit« ist das regierende Hauptwort in meinem Familiensatze; sie ist die stereotype Auflage meines finanziellen Zustandes in 3 65 Bänden; sie ist das Emblem meines Geschäftssiegels, die stehende Maske meiner Haus­komödie; sie ist derOcean, welcher die „Elendsinseln" mei­nes Lebens von allen Seiten umgibt, und der mich, wenn ich auch zu entschwimmen suche, ewig an die Brandung meiner dürren, sandigen Küste zurückschleudert!" „I n weiter Ferne winken mir die blauen Berge der „glücklichen Eilande" zu, und die Sonne steigt täglich nieder, um ihre rauchenden Gipfeln, woran mein sehnsüch­tiger Blick sich kettet, mit dem fürstlichen Purpur der Herr­lichkeit zu bekleiden! Manches reichbeladne Schiff segelt an mir vorüber und läßt seine lustige Flagge wehen; aber kein Ruder wendet herzu, weil es bei mir nichts zu handeln und nichts zu tauschen gibt! Meine Hütten sind Luftschlösser, meine Bäume tragen Schneider-Rechnungen, meine Winde stöhnen Zahlungsfristen, meine Blumen blühen Ziffern; meine Berge sind zertrümmerte Hoffnungen, und meine Flüsse führen Salz und Schwefel, aber keinen Goldsand mit;, selbst die Quellen sind vergiftet; denn sie schmecken nach Thränen der Verzweiflung." „O warum bin ich geboren, warum fanden meine El­tern gleich nach meiner Geburt, daß ich ein gescheiteres Kind als alle andere sei! warum wiederholten sie mir so lange, daß ich ein Genie sei, bis ich es selbst im Gedächt­nisse behalten konnte! Myrrhen und Weihrauch haben mir die heiligen 3 Könige zur Wiege gebracht, aber kein Gold ! Was soll mir der Weihrauch ohne Gold? Erst gebt mir zu essen, und dann krönet mich!" „Doch halt! was regt sich in der Gasse? — Unten am Eck wankt mein betrunkener Nachbar nach Hause; er schleicht auf den Zehenspitzen einher, damit man ihm seinenRausch nicht anmerke! Verstohlene Freu­de, wie ein heimlich genaschtes Glück, leuchtet sie aus seinen Zügen, die von der nächsten Laterne mit einer weit sicht­baren Glorie verklärt werden. Es ist nur ein alter Tag­schreiber, so arm, und vielleicht noch ärmer als ich; seine Gläubiger quälen ihn so oft, als mich die meinen; aber 4? trotz meinem Leichtsinne vergißt er seinen Kummer doch weit schneller als ich; — wie beneidenswerth ist der Säufer einem armen Dichter gegenüber!« „Der Dichter muß warten, bis ihm die Muse nieder­steigt; der Säufer findet die seine zu jeder Stunde, in jeder Kneipe, an jedem Branntweinständchen! Ein Stän­gelgläschen ist sein Pegasus, da reitet er drauf los, bis er aus dem Nimbus der Erdkugel heraustaumelt; jedes Gläschen mehr hängt ihm eine andere Geige in seinen Him­mel, jedes Schliickchen nagelt ihm einen neuen Stern dar­auf; sein Hirn hebt an, sich zu drehen, das Ringelspiel der Phantasie beginnt mächtig zu kreisen; er sieht die Welt verkehrt, wie ein wahrer Paradiesvogel; und was da Schat­tenseite war, glänzt im heitersten Lichte. Die Steine, die auf seinem Herzen lasteten, fangen an zu blühen, wie Zink vom elektrischen Strahle; sein Funke blitzt durch alle Fibern, und wo der Harm gelagert war, da jagt er ihn heraus, und pflanzt ein Lächeln hin, und über den schmunzelnden Lippen wölbt sich, wie Innsbrucks goldenes Dach, die glän­zende Nase des Säufers, natürlich im nassen Wege ver­goldet!« — Dieser Glückseligkeit des Säufers kann ein Dichter, wie ich, nichts als nüchternen Leichtsinn entgegensetzen; denn die Pieride flieht die Sorgen. — Einzig der Leichtsinn ist der Adler, der der stehenden Glückssonne des Verschwen­ ders kalt in den Strahl blickt, und den darbenden Bettler, wie eine Schildkröte von der Erde aufpakt und in die luf­ tigen Höhen entführt. Aber der Adler ist ein Raubthier, wie der Leichtsinn: er setzt uns nur in Schwindel, und läßt uns dann plötzlich zurück auf die harten Felsen der Wirk­ lichkeit fallen; unsere Schale bricht, und unser innerer Kern wird sein Fraß. — Der Leichtsinn ist ein organischer Feh­ ler im Gemüthe; er hängt an dem Uhrwerke unseres Her­ zens, wie ein zu leichter Perpendikel; hänget ihr die schwere Erkenntniß des Lebens daran, und die Uhr wird gemessener gehen! Wie das Königlein in der Bibel, hält der Leichtsinn in uns offene Tafel; aber der ernste Gedanke, ein trauriges Gefühl werden davongejagt; denn sie haben kein ho chzeit­ liches Kleid an! Wie die Narrenthürme in China, so ist das Herz des Leichtsinnigen: Durchhäuser; Jedermann darf hinein; jedoch die Vernünftigen gehen auf der andern Seite wieder hinaus; die Narren allein werden empfangen und bleiben darin!" »Aber, kann eine Kränklichkeit des moralischen Men­schen mit Erniedrigung, kann ein der Seele angebornes Uebel mit Schmach und Scyande, d. i. mit der moralischen Guillotine bestraft werden? Nein, das Schicksal ist gerecht; es fängt sich die Menschen, wie Vögel in Käfigen zusam­men, und steckt sie unter die Glocke der Luftpumpe, um die konvulsivischen Zuckungen zu studieren, welche sie dabei machen. Das Schicksal ist aber barmherziger in seinen Experimenten, als der Physiker unter den Menschen; es läßt die geängstigten Geschöpfe nicht zu Grunde gehen, und schenkt ihnen am Ende das Leben mit der Freiheit wieder, die nun um so besser mundet und in Ehren gehalten wird." Getrost, lieber Poet! ich glaube, du steckst eben «in wenig unter der Glocke; aber wozu hätte die Natur dir den Leichtsinn gegeben, wäre es nicht, damit du die Prü­fung leichter bestehest? — Alle Menschen sind Kinder, die Reichen, wie die Armen; aber nicht jeder wird in dieser Kinderschule zur Prüfung aufgerufen. Wer da sein Büch­lein kennt, wird nicht zu Schanden werden! „Mein Nachbar hat so eben sein Stübchen gefunden, und poltert in sein Strohlager; ich denke, ich lege mich auch zur Ruhe!" — Der Dichter schloß sein kleines Fenster mit den acht­eckigen, bleieingerahmten Scheibchen, und schlief und träumte von Himmelsglanz und Erdenglück — vielleicht auch von einem Stück Kuchen und einem harten Thaler dazu! Wir wollen ihm gute Nacht wünschen, und daß er lange träu­men möge! Die ärztliche Obduktion. Ein reicher Filz verschied. Sein Leichnam ward seccirt. Und als man überall dem Uebel nachgespürt. Kam endlich man «uf's Herz; d»ch sieh! — er hatte kein'6; D«, w» sonst dieses schlägt, fand man das — Einmaleins. K. Gin kaiserlicher Scherz. Kaiser Rudolph I. besaß bei seinen vielen vortrefflichen Eigenschaften auch eine reichliche Portion guter Laune, so daß sonderbare und witzige Einfälle nicht nur bei ihm nichts Seltenes waren, sondern auch an Anderen ihm sehr wohl ge­fielen. Die altern deutschen Geschichtschreiber drücken dies so aus: Kaiser Rudolph habe sonderlich gerne geschimpft; oder: er sei ein fröhlicher, schimpfender Herr gewesen. Einst kamen zwei Abgesandte einer deutschen Reichs­stadt an seinen Hof, die in einer gewissen wichtigen und dringenden Sache um schleunige Hülfe baten. Das Erste, was dem muntern Kaiser auffiel, als sie in das Zimmer traten, war: daß der Eine einen grauen Kopf und schwar­zen Bart, und der Andere einen schwarzen Kopf und grauen Bart hatte. Der Kaiser, der ihr Verlangen billig fand, und ihnen im Herzen schon seine Unterstützung zugesagt hatte, wollte doch auch nebenher die Entschlossenheit und den Witz der Gesandten auf die Probe stellen. Er gab ihnen daher die Antwort: daß ihnen unverzüglich Hülfe werden sollte, wenn jeder eine befriedigende Antwort der sonderbaren Verschiedenheit ihres Kopfes und Bartes an­geben könnte. Sie stutzten. Da sie aber des Kaisers Sin­nesart schon kannten, so mochten sie ihn doch auch durch eine schickliche Antwort zu ihrem Freunde machen. Sie begaben sich also hinweg, und als sie der erwartungsvolle Rudolph wieder rufen ließ, sagte der Graubart: „Allergnädigster Kaiser! daß mein Bart grau und der Kopf schwarz ist, davon ist die Ursache, daß meine vornehmste Sorge gewe­sen, wie ich das Maul am besten unterhalten möchte, und darum bin ich eher um das Maul grau geworden, als auf dem Kopfe." Der Andere mit dem grauen Kopfe und schwarzen Barte gab folgende Erklärung: „Das Haar auf meinem Kopfe Hab' ich mit aus dem Mutterleibe gebracht, den Bart mir aber erst zwanzig Jahre nachher angeschafft; es ist also ,48 kein Wunder, wenn mein Kopf grau, der Bart aber schwarz ist, denn jener ist zwanzig Jahre älter." . Der Kaiser war mit diesen Antworten zufrieden, und entließ sie mit der Zusage seiner schleunigen Hülfe. Die Gesandten waren nun beruhigt, denn sie wußten, was Rudolph versprochen hatte, war so gut, als schon gethan. GasthausaneVdote. Einem Abendgaste zur »goldenen Schnürbrust« war die Por­tion zu klein; »Herr Wirth,« rief er entrüstet aus, »putzen Sie doch das Licht, damit man mehr sieht!« — Moschus. Feuilleton des Mannigfaltigen. (Statistisches.) Nach Professor M- Franz l's statisti­schem Werke gestaltet sich das Verhältniß der Verbrecher zu der Zahl der Einwohner folgender Maßen: In Dalmaticn . . . . . . wie I zu 280 » Niederdsterreich ... . » » » 653 » Oestcrreich » » » 1265 » Venedig » » » 1477 , » Tirol » » » 1519 » der Lombardie ... . » » » 1588 » Böhmen » » » 173« » dem Küstenlande .. . » » » 1854 » Galizien ...... » » » 2069 » Steiermark .... . » » » 2142 » Mähren und Schlesien . » » » 2884 » Kärnten und Krain » » » »3187 (Rathstitel.) Jemand hat sich die Mühe genommen, alle Arten von Rathstitcln zusammenzuzählen, die in Gesammtdeutsch­land vorkommen, dabei ist denn die nicht unbedeutende Anzahl von neunundsechzig heraus gekommen. sStatistisches.) Eurova's Bevölkerung beträgt nach einem möglichst genauen Ueberschlage 223,446-000 Seelen; darunter sind 10,897.300 Arme, deren Unterhalt der übrigen Bevölkerung zur Last fällt. England, wo so ungeheuere Reichthümer in den Hän­den Einzelner angehäuft sind, hat von dieser Anzahl allein ein Drittel zu versorgen, nämlich 3,900-000; Deutschland (ohne Oe­stcrreich) 680.000; Oestcrreich 1,283.000; Spanien 450.000. — Wiener Msenbahnbriese. Von A. C. Naske. (Beschluß.) Nei l ich gerade von der Literatur rede, so muß ich hier nur andeute»!, daß das literarische Leben Wien's ein sehr reges genannt werden müsse. Un­terhaltungsschriften, und große wissenschaftliche Werke »us allen Fächern er­scheinen im Äugenblicke in großer Quantität. Der thätige Klang hat herr­liche und wohlfeile Ausgaben von Kotzcbue'«, Ifflands, Chr. Kuff­ners, Lichtenbergs, M. Claudius und Stierle-Holzmeister'« Werten veranstaltet, von welchen bis Juli d. I , gewiß eine zweite Auflage erfolgen wird. — Singer und Goering haben mit Ditscheiner'sHand­und Hilfsbüchern einen sehr glücklichen Wurf gethan. Vorzüglich gelobt wer­den: »Der praktische Ruth gel, er,« »derMusterbriefsteller« und das »Titularbuch.« Auch ist das in dieser Buchhandlung erschienene »Häuser-Schema von Wien « ein sehr empfehlenswerthcs Handbuch. — Von dem «ls Schriftsteller rühmlichst bekannten k. k. Feldkriegs-Commissär, Hrn. Ant. Lang in Prag, dessen erstes Werk über Assentirung, Rckrutirung, Werbung u. s. w. sich einer so beifälligen Aufnahme erfreute, erscheint demnächst auf hiesigem Platze abermals ein sehr gediegene« Werk: »Oesterreichs Mili ­tär-, Bau- und Beguartierungswcsen« in 2 Banden mit vielen Ta­bellen und Lithographien. Es war äußerst schwer für dieses Werk einen Ver­leger zu finden, während man von Boz's Werken bereits zwei Bearbeitungen h«t. — »Die Leipziger illustrirte Zeitung« hat hier große Verbreitung gewonnen, und gefällt mit iedcm Tage «ehr, ungeachtet die Holzstiche in dem­selben Verhältnisse schlechter werden. Als theatralische und artistische Zeitung machen gegenwärtig die »Nürnberger Blätter für Theater Kunst und geselliges Leben« redigirtvon G.Winter undW.A.Licboldt viel Aufsehen. Vorzüglich sind es die gediegenen und wahrheitgetreuen Corresponden­zen über das deutsche Bühncnwesen, welche so allgemein gefallen, und als i3i» «vi? in teiri« bewundert werden, — Unter den zahlreichen Journalen Wien's hat nur eines mit Jänner I8i4 eine andere Gestalt ange­nommen. Der Adler ist eingegangen; dagegen ist aus diesem Adler eine »Vindobona« geworden, welche hauptsächlich heimatliche Interessen, und die industriellen Bestrebungen Wien's bespricht, Redakteur dieses Journal« ist Hr. Dr. Groß-Hoffinger, welcher seine Aufgabe mit aller Energie zu lösen strebt. — Da« von dem bekannten, dramatischen Schriftsteller Fried, Hopp nunmehr in'« 4. Jahr redigirtc »Magazin für Lachlustige« — eine Volkischrift empfchlcnswerther Art — hat sich schon einen sehr »nsehnli» chen Lesekreis unter allen Classcn der Bevölkerung Wien's erworben, und wird auch recht häufig in die Provinzen verschickt. Wer sollte auch ein Wcrk­chen, dessen ganze Tendenz «uf harmlosen Scherz hinausläuft, und von Per­sönlichkeiten, Persifflagc«, und gemeinen Bierhausschwänkcn rein blieb, nicht mit Vergnügen lesen? — Der österreichische Anakreon, der biedere, alte Ca­stelli, der sich allem Guten gerne anschließt, schrieb die Vorrede zum vierten Jahrgänge, die äußerst drollig ist. Unter den Mitarbeitern verdienen Franz Gräffer, Gottfr. Rödl, I, C. Stern und Daniel Bardach eine ehren­volle Erwähnung. Ich komme nun «n das Hauptsseckcnpfcrd »Ucr Correspondenten, — das Theater, Auch dieses hat in letzter Zeit viel des Neuen, wenn auch nur Ephemeren geboten. Halm'« »Sompicro,« polt tut c!i«cr!uiill» lermn endlich zur Aufführung gebracht, hat nicht angesprochen. Der fünfte Akt tödtct da« Ganze. Die Sprache ist wohl durchaus herrlich, und wurde verdienter­maßen bewundert, aber der fatale fünfte Akt, in dem Sampiero's Gattin vom Aufziehen der Courtine, bis zum Sinken derselben in einem Athcm stirbt, wird so unausstehlich, daß man sehnsüchtig den Schluß herbeiwünscht. Nach dem ersten Akte wurde der Dichter gerufen; Mod. Rettich dankte im Name» des Abwesenden. Hal m darf dieses Trauerspiel durchaus nur seinen Arbeiten zweiten Range« beizählen. Man sagt, er habe »u« allerlei Gründen de» gan­zen fünften Akt ändern müssen, und dies kann al« Entschuldigungsgrund hin­genommen werden. Die dritte Vorstellung wurde wegen de« plötzlichen Hin­trittes der durchlauchtigsten Erzherzogin Mari e Plötzlich abgesagt. Im Hofoperntheater macht Trouillct's SchauspiclcrgeseUschaftmit eini­gen Vorstellungen immer noch viel Glück. — I n Rücksicht auf Opern werden uns jetzt wahre Kunstgenüsse zu Thcil, denn wir hören meistens die Sänger­inen Lutzer, Hossclt und Stökl-Heinefettcr an einem Abende in Mozart's ewigschönem »Don Juan.« — Das Ballet; »Prometheu«« ist fortwährend noch ein höchst wirksamer Magnet für die Theaterkasse. Zwei neue Opern: »Die Heimkehr des Verbannten« von Otto Nicolai, und »Liebeszauber am See,« von Heinrich Proch — «erden noch im Laufe der deutschen Saison zur Aufführung kommen. Im Theater an der Wien hat Nestroy's Posse: »Eiscnb»hnheira> then» bereit« ihre Schuldigkeit gethan, und ist »<1 »et» gelegt worden. Gegenwärtig wird daselbst das nach dem Französischen bearbeitete Vaudevüle: »Die Kinder des Regiments« von Fr. Blum mit mäßigem Beifalle gegeben. Die nächste Novität soll eine Posse von Fr. Kaiser sein. Im Leopoldstädter Theater erschien nach dem Abgange der Gebrüder Lehmann eine neue Pantomime von unserem verdienstvollen Fenzl. Sie heißt: »Der große und der kleine Satyr,« und gefiel, besonders durch die Leistungen der beiden Fenzl, Eine neue Posse von Blum soll hier die nächste Novität sein. - Im Iosephstädtcr Theater kam endlich am 24. Jänner die oft be< sprochene Posse: »Nochmal Paris bei Tag und Nacht, oder: Die Fahrt mit dem Luftballon« zur Aufführung, Sie war als Original» possc bezeichnet, enthielt aber durchaus nicht« Originelle«, sondern viel Altes und Abgedroschene«, worunter auch eine altbekannte Harfenisten-Scenc, die man schon vor 12 Jahren in allen Bierhäusern aufführen sah. Das Publikum benahm sich sehr nachsichtig. Pokorny stattete das Stück wieder glanzvoll aus, worüber wir mit ihm fast grolle» möchten, daß er so viel — an so wenig wende. Nächstens Einiges über die hervorragendsten, industriellen Erscheinungen Wiens! — Auslesung der Mandeln. 1. »Eisenbahnhcirathcn« von Nestroy, Ei, Eisen, Bahn, Hei, Eisenbahn, rathen, heirathen, 2. Locomotiv, I^c>cc>, ^uiiiu, Noln, Illutlv. 3. Wagehals. Laibach. Druck und Verlag des Josef Blasnik.