43301 Der Nutzen der Horfstreu für Stüdtr und Landwirtr. — 2 — werden die Mooswürfel in einen cylindrischen Behälter gebracht, in dessen Längsachse eine mit gekrümmten Eisenzähnen versehene Walze rotiert (Reißwolf), und gleitet die zerrissene Masse aus dem Mundstück des Cylinders über ein Sieb, welches die Fasern und die Staubtheile sortiert; letztere, ein sägemehlartiges Ge¬ menge, geben den Torfmull, erstere die Torfstreu. Diese Fabrikate werden nun mittels einer ein¬ fachen, nach Art der amerikanischen Heupressen kon¬ struierten Maschine zusammengepresst, mit Latten an den Kanten versehen, mit Eisendraht verbunden und bilden nun rechteckige, circa 125 Meter lange und 0'75 Meter im Querschnitte haltende Ballen im Ge¬ wichte von 3 bis 4 Centner, von denen 50 bis 60 Stück gerade einen Eisenbahnwaggon ausfüllen. Die Verwen- wiegend für die Städte, die andere für die Landwirt¬ schaft von Interesse. Erstere bezweckt die Unschädlich¬ machung der Abfälle, hauptsächlich der menschlichen gaben, dass^bei Anwendung von Torfmull die feinen Theilchen die Wirksamkeit haben, die Flüssigkeiten auf¬ zuhalten und in erster Linie die Fäcalien zu einer völlig geruchlosen, bröckeligen Masse umzuwandeln, die einen höchst wertvollen Dungstoff repräsentiert, ein Verfahren, das berufen ist, in den^ nächsten Jahren die die den berechtigten Forderungen der Landwirte wie der Städtebewohner Rechnung zu tragen vermag, besser und billiger als alle die gepriesenen Systeme (Beriefe- 3 dm Gase zu binden. Die Fäcalstoffe gelangen nach dem bisherigen Systeme in Laibach zum Theile direct in die Canäle, welche in den Laibachfluss münden, zum Theile bleiben sie in den Gruben, aus deneu sie perio¬ disch, in der Regel nur ein- oder zweimal im Jahre, abgeführt werden. Wenn nun die Gruben ursprünglich auch aus dem besten, den jetzigen Bauvorschriften ent¬ sprechenden Materiale hergestellt worden wären, so mussten dieselben doch durch die Einwirkung der Kälte und Wärme, die Ausdehnung und Zusammenziehung der sie umgebenden Erde nach und nach durchlässig werden. Hieraus ergibt sich als natürliche und durch Untersuchungen bestätigte Folge, dass der Erdboden unter und neben allen Gruben vollständig mit Fäcal- stofsen durchsetzt ist. Der so infiltrierte Grund bildet nun den allergünstigsten Nährboden für Bakterien, Ba¬ cillen u. dgl. Mikro-Organismen, welche nach den un¬ umstößlichen Ergebnissen wissenschaftlicher Forschungen die Erreger und Träger der Epidemien und Jnfec- tionskrankheiten (Cholera, Typhus, Masern, Diphtherie, Influenza re.) sind. Wenn auch der Erdboden ursprünglich ein gutes Filter ist, dass auch die eindriugenden fauligen Stoffe verarbeitet werden, so darf man nicht übersehen, dass dieses gute Filter längst übersättigt und außerstande ist, zu functioniereu, da er schon seit vielen Jahrhun¬ derten ohne jede Erneuerung immer in gleicher Weise missbraucht wird. Vom Erdboden aus gelangen nun die mangelhaft oder gar nicht gereinigten flüssigen Excremente in das Grundwasser, aus welchem bis vor ein paar Jahren in Laibach das Trinkwasser vermittels Pumpbruunen bezogen wurde. Die nothwendige Folge war, dass bis zur Ausführung der jetzigen Wasser¬ leitung die Sterblichkeit hier eine unverhältnismäßig große war und Laibach eine traurige Berühmtheit für gewisse Specialitäten von Jnfections-Krankheiten erlangte. 4 Man leitet noch heute in vielen Städten an Fluss¬ läufen, so auch in Laibach, die flüssigen Fäcalstoffe ver¬ mittelst ober- oder unterirdischer Canäle in die Flüsse. Das Wasser, glaubt man, nimmt denselben ihre schäd¬ lichen Eigenschaften, und damit wird man am schnellsten vom ekelhaften Unrathe los. Das Wasser verdünnt nun allerdings denselben und entzieht ihm hiedurch seinen lästigen Geruch; die schädlichen Stoffe werden indes durch das Wasser noch weniger zerstört, als durch den Erdboden, sondern weiter getragen, um au einem anderen Orte zu wirken. Es haben sich deshalb die Wissenschaft und die Technik seit Jahrzehnten bemüht, ein System zu finden, die kolossalen Fücalmeugen auf bequeme und möglichst geruchlose Art aus den Städten zu schaffen. Die beste Methode zur Erfüllung dieser beiden Voraus¬ setzungen glaubt man im Berieselungssysteme gefunden zu haben, wie z. B. in Berlin. Diese Methode hat sich infolge der großen Kosten der Neuanlage und durch die Beschränkung nur für gewisse ebene Terrainverhält- nisse mit sanfter Neigung nicht bewährt. In einigen Städten, wie in Augsburg, Graz re., führte man das System beweglicher Tonnen ein. Dieses System ist, vom sanitären Standpunkte allein betrachtet, sehr günstig, weil eine lange Lagerung der Fäcalmassen in den Städten damit überhaupt ausgeschlossen ist, be¬ sonders, wenn mindestens zweimal in der Woche die Tonnen abgefahren werden. Dieses System hat den Nachtheil, dass der Tonneninhalt nicht immer sofortige Verwendung findet, außer wenn Poudrette-Fabriken, wie in Graz, einen großen Theil weiter zu chemischen Producten und Kunstdünger, wozu jedoch großes Anlagecapital erforderlich ist, verarbeiten. Auch ist die Instandhaltung der Fässer und das zu jeder Zeit erforderliche Fuhrwerk kostspielig, und es betragen die Kosten zwischen 1'50 fl. bis 2 fl. pro Jahr und Kopf der Bevölkerung. 5 Ferner behilft man sich in vielen Städten, sv auch in Laibach, noch immer mit dem alten Gruben¬ system und sucht zum Theile durch die sogenannten geruchlosen pneumatischen Tonnenapparate den lästigen Nebelstaud, nämlich den Gestank bei dem Entleeren und der Abfuhr, zu vermeiden. Damit ist jedoch für Verbesserung der sanitären Verhältnisse nur ein minimaler Fortschritt geschaffen, indem durch die Gährung der faulenden Stoffe die Verschlechterung der Luft in den Gebäuden monatelang fortbesteht und auch der Untergrund der Gruben insiciert wird, was namentlich bei Epidemien und Jnfeetionskrankheiten die ungünstigsten Folgen hat. Es ist in der Neuzeit durch praktische Versuche erwiesen worden, dass wir im Torfmull das vorzüglichste Materiale besitzen, um alle Uebelstände und Nachtheile für die Gesundheit bei dessen Anwendung in Senk¬ gruben und Aborten am besten und billigsten zu beheben. So entstanden in Deutschland die zahlreich eingebür¬ gerten Torfstreuclosets. Den Aborten wird statt der üblichen Wasserspülung Torfmullstreu zugänglich ge¬ macht, wodurch nicht bloß die Desodorisierung der Ab¬ fallstoffe bewirkt, sondern auch desinsicierend gewirkt wird, da in den humosen Verbindungen dieses Streu¬ mittels die schädlichen Bakterien keinen geeigneten Boden zur Entwicklung finden, demnach eingehen müssen. Hie¬ durch erhält die Verwendung von Torfmull auch eine weittragende Bedeutung für die Assanierung der Städte. Torfmull besitzt die größte Fähigkeit, Flüssigkeiten in großen Mengen aufzusaugen und die in Fäcalstvffen entstehenden Gase zu biuden, beziehungsweise, wenn richtig angewendet, die Bildung dieser Gase überhaupt zu verhindern. In den Aborten nimmt die Torfstreu nicht bloß die dorthin gelangenden flüssigen Fäcalstoffe vollkommen in sich auf, sondern sie saugt sie auch aus den umgebenden Wänden auf und verhindert dadurch das Eindringen der fauligen Flüssigkeit in den um- - 6 - - M gebenden Erdboden. Die Verwendung des Torfmulls ist sehr einfach, derselbe wird in die Grube geworfen, wo er sich vollsaugt; auf ein Kubikmeter flüssigen Grubeninhalt — 1000 Liter — 20 Centner genügen 2 Centner guten Torfstreumulls, welcher wenigstens 1000 Procent Flüssigkeit aufzusaugen imstande ist. Torf mull von geringerer Sorte braucht man natürlich entsprechend mehr. Nach einigen Tagen ist der Gruben¬ inhalt aufgesogen, geruchlos und kann dann ausgeschau¬ felt werden wie Erde. Am zweckmäßigsten ist es, mit dem Einstreuen nach Entleerung der Grube zu beginnen. Es wird zu¬ nächst der Boden derselben mit einer 30 bis 40 Centi¬ meter hohen Schicht überlegt und hierauf periodisch durch die Grubeuöffnung oder, wo weite und gerade Afallrohre vorhanden sind, durch die Sitzlöcher nach¬ gestreut, und zwar je öfter, desto besser, weil hiedurch die innigste Verbindung der Fäealftoffe mit der Streu ermöglicht und damit die Bildung der übelriechenden Grubengase gleich von vornherein verhindert wird. Die natürliche Folge dieser Anwendung von Torfmull ist, dass mau auch ohne theuere Closets selbst in den ärmsten Häusern das ganze Jahr und auch bei Grubenräumung keinen üblen Geruch wahrnimmt, daher die Abfuhr des Grubeninhaltes bei Tage von Landwirten gerne geschieht, wobei man für den vor¬ züglichen Dünger noch Bezahlung erhält. Wenn man in Betracht zieht, dass gegenwärtig die Stadt Laibach mit 30.000 Einwohnern, nach der Praxis per Person und Jahr 10 Centner Fäealien ge¬ rechnet, somit im Jahre 300.000 Centner Verwesungs¬ stoffe produciert, welche theils im flüssigen Zustande durch theuere Canäle den Laibachsluss verunreinigen, theils in durchlassenden Gruben durch das ganze oder halbe Jahr lagern und die Luft verpesten, so erscheint 7 - es gewiss von Interesse für jeden denkenden Bewohner, eine Abhilfe dieser Uebelstände je eher desto besser zu schaffen. Die Stadtgemeinde Laibach könnte sich durch Ein¬ führung des Torfstreu-Verfahrens im Regiewege an Stelle der bisherigen unproductiven Ausgaben für Gruben- und Canalräumungen eine respectable Ein¬ nahme verschaffen und das Straßenkehricht, Asche rc. mit den durch Torfmull gebundenen geruchlosen Fäcal- massen mischen und compoftieren. Für den Anfang könnte man sich auf die Communal- und Landes¬ gebäude, z. B. Kasernen, Spitäler, Schul- und Amts¬ gebäude, beschränken und dadurch wenigstens die Gruben¬ räumungskosten ersparen und durch den Wert des Torf¬ düngers die Kosten des Verfahrens einbringen. Hat sich einmal der Absatz für Dünger eröffnet, so könnte das Verfahren auch auf die Privatgebäude successive ausgedehnt werden. Wenn der Absatz wegen der Neuheit des Materiales anfänglich auch schwach sein sollte, so wird er sich gewiss bald heben, sobald die Landbevölkerung die vortreffliche Wirkung solcher Düngung einmal kennen gelernt hat, wie dies die Er¬ fahrung in Deutschland und in neuester Zeit auch in Böhmen gezeigt hat. Für die ausgedehnten Gebiets- theile des Laibacher Moores, welche gegenwärtig theil- weise fast keinen Ertrag liefern, würde durch die Ver¬ breitung der Torfmull- und Torfstreuverwendung die Stunde wirtschaftlicher Verwertung schlagen, viele Hunderte Arbeiter würden Sommer und Winter bei Gewinnung und Verarbeitung des Torfes zu Torfmull und Torfstreu durch Maschinenbetrieb lohnenden Ver¬ dienst finden, und durch diese Wechselwirkung würden Stadt und Land gewinnen. Man könnte Tausende von Centnern Torfmull für besprochene Zwecke, so wie hier, auch für die nächstgelegenen Städte Trieft, Villach, Klagenfurt, Cilli, Marburg, Graz rc. verwerten. 8 Die Torfstreu hat sich nach tausendfältigen Ver¬ suchen zur Verwendung als Streumaterial auch als . Ersatz für Stroh in Stallungen für die Hausthiere vollkommen bewährt, und es hat sich ergeben, dass 1.) Torfstreu den Thieren ein vollkommen zusagende-, weiches und elastisches Lager zu bieten vermag; 2H dass die Torfstreu die thierischen Ausscheidungen besser zurück zuhalten vermag, als jedes andere Streumateriale, und ein höheres Aufsaugevermögen besitzt, als alle übrigen in Verwendung stehenden Streumaterialien; 3H der infolge Verwendung von Torfstreu gewonnene Düngs ist wertvoller, als jeder durch andere Streumaterialien erzeugte Bodenersatz, da in demselben die wertvollsten Nährbestandtheile dem Boden wieder in zweckentsprechen der Form zurückgegeben werden, überdies vermehrt durch die Masse des Streumateriales, das Humus bildend einwirkt. In Ställen jeder Art ist die Torfstreu (nicht Mull) leicht und einfach anzuwenden. In Pferde¬ stallungen wird, wenn guter Moostorf als Einstreu zur Verwendung kommt, ein dichtes Lager von zwölf Centimeter Höhe über den ganzen Pferdestand aus¬ gebreitet, und es wird daun täglich nach Entfernung der nassen Stellen die Streudecke durch Nachfüllung mit frischer Torfstreu ergänzt. Die vollständige Er¬ neuerung der Streu erfolgt alle 4 bis 5 Wochen. Die durchschnittlich Pro Tag und Pferd verwendete Torf¬ streu schwankt, je nach Torfqualität, zwischen 1'5 bis 4 Kilogramm. Die Wiener Omnibus-Aetiengesellschaft verwendet gegenwärtig 3'3 Kilogramm Torsstreu, währenddem sie früher 4'8 Kilogramm Stroh pro Pferd und Tag verwenden musste. Bei Torfstreu ist die Reinigung der Pferde erleichtert. Die Strahlfäule kommt bei dieser Streu nicht vor, im Gegentheile ge¬ deihen die Hufe bei der weichen Bettung außerordentlich gut. Desgleichen bewährt sich die Torfstreu in Rinder- - 9 — stallungen, wobei man auf ein Rind und Tag 2'5 Lager. Was den Wert von Torf-Latrinendünger sowie auch i Torfstalldünger ^etrifft^ so^ lehren^ die ^Analysen bewährt. Die Gärtner verwenden in erster Linie diesen gehaltvollen Dungstoff zur Erzielung der wertvollsten Gemüsearten, wie Spargel, Karfiol, Salat re., wie nicht minder die Landwirte, wo sie denselben erhalten können, sür Düngung der Rüben-, Mais- und Kartoffeläcker und für Getreide jeder Art'mit vorzüglichem Erfolge. Laibach rind Umgebung, die Bevölkerung zur Einsicht gelangt und durch praktische Versuche erkennen leryt, welchen großen Schatz die Natur in denk ungeheuren Torflager geschaffen hat, den sie nur zu heben und richtig zu verwenden braucht, um zum Wohlstände zu gelangen.