A. Skapin: NICHTS IST VORBEI, ALLES KOMMT WIEDER ... 261 Anja Skapin UDK 82L112.2.09"18/19" Filozofska fakulteta Univerze v Ljubljani anja_skapin@hotmail.com NICHTS IST VORBEI, ALLES KOMMT WIEDER ROMANTIK - RING DER EWIGEN WIEDERKEHR - UND DIE DEUTSCHE LITERATUR DES 20. JAHRHUNDERTS Die deutsche Kultur lässt sich fast immer mit Vernunft, logischem Verstand und Ordnung verbinden. Im Prinzip ist genau das Gegenteil der Fall. Die Schattenseite des Menschen, das Unbewusste und der Sturm der Gefühle sind die Hauptmerkmale einer der einflussreichsten Epochen der deutschen Geistesgeschichte. Dieser Aufsatz folgt den Spuren der Romantik in der neueren deutschen Literatur mit dem Schwerpunkt auf der postmodernen Literatur, deren Tendenz ist, die Welt wieder zu poetisieren, und die These wird verfochten, dass die Romantiker mit ihrer Betonung der Subjektivität und der immer sehnenden Seele unser Denken stark beeinflusste. Daraus ergibt sich zuerst die Notwendigkeit zu erklären, warum die Wurzeln der Romantik noch heute zu spüren sind. Es wird im Folgenden erst einmal ausführlich von philosophischen Problemen die Rede sein, wobei drei deutsche Philosophen, Immanuel Kant, Arthur Schopenhauer und Friedrich Nietzsche, in den Diskurs der Romantik eingesetzt werden werden. Schon im Zeitalter der Aufklärung entwickelte sich der Gegenpol zu den von der Vernunft geleiteten menschlichen Angelegenheiten - der Sturm und Drang. Da diese literarische Strömung sich als Geniezeit versteht, sollte erstmals der Begriff Originalgenie besondere Aufmerksamkeit erfahren. Die Entwicklung des Geniebegriffs ist von großer Bedeutung für die literaturästhetische Entwicklung des 18. Jahrhunderts; die Geschichte des Genie-Gedankens reicht jedoch zurück bis zur Antike. In der römischen Religion war Genius ein Schutzgeist und hatte noch nichts mit dem künstlerischen Schaffen zu tun. Dem Mittelalter folgte die anthropozentristisch orientierte Renaissance, als der Mensch zu einem schöpferischen Individuum wurde. Im 18. Jahrhundert gehört der Begriff Genie der Sphäre des Ästhetischen an und der Sturm und Drang, die bedeutendste deutsche Strömung des 18. Jahrhunderts, die der Romantik ihre Basis geschafft hat, wird als die Blütezeit des Genies, die Geniezeit proklamiert (Originalgenie als Vorbild des höheren Menschen und Künstlers). Eine der zentralen Figuren dieser Epoche und die Symbolfigur der neuen Perspektive auf den Menschen ist Prometheus. Johann Wolfgang Goethe hat das Gedicht mit dem Titel Prometheus (1998) verfasst, in dem der dichterisch-schöpferische Mensch mit dem mythischen Prometheus verglichen wird. Die Aufklärung löste den Glauben an den transzendenten Gott und bezeichnete den Menschen als einen Schöpfer, wobei der Begriff Originalgenie zum Paradigma des schöpferischen Menschen wird, der nicht nur die Originalität und 298 VESTNIK ZA TUJE JEZIKE die innere Autarkie besitzt, sondern auch nur aus seinem Inneren schöpft (vgl. Schmidt I 2004: 261f). Die gleiche Idee hat auch Immanuel Kant in seiner Kritik der Urteilskraft (1974) vertreten, wo er fachgerecht von einem unbewussten Prozess spricht. Seine Geniedefinition lautet: Genie ist das Talent (Naturgabe), welches der Kunst die Regel gibt. Da das Talent, als angebornes produktives Vermögen des Künstlers, selbst zur Natur gehört, so könnte man sich auch so ausdrücken: | Genie ist die angeborne Gemütsanlage (ingenium), durch welche die Natur der Kunst die Regel gibt. (ebd.: 241f) Wenn wir zusammenfassen: Die Originalität des Genies besteht darin, dass ein Talent nicht gelernt werden kann und es unmöglich ist, den Prozess des Schaffens zu beschreiben oder wissenschaftlich anzuzeigen. Kant spricht nur von den schönen Künsten und allein diese werden als Künste des Genies betrachtet. Die Kernaussage seines dritten Hauptwerks ist aber noch der von dem Titel ausgehende Begriff der reflektierenden Urteilskraft, die sich auf die Ästhetik als Lehre vom ästhetischen Urteil bezieht. Innerhalb dieses Begriffs kommt eine Dualität zustande. Obwohl Kant in den meisten Fällen zu den Hauptvertretern der aufklärerischen Philosophie zählt, sollte in seiner Kritik der Urteilskraft (1974) der romantische Aspekt nicht abstrahiert werden. Die Geschmacksurteile (ästhetische Urteile über das Schöne) sind empirisch, was der Sinnsphäre und demnach den aufklärerischen Zügen entspricht. Der Ausgangspunkt dieses Schönheitserlebnisses könnte aber eine ganz andere Subjektivität darstellen, sodass der Geschmack zu einer besonderen Art des inneren Erlebnisses wird und nicht mehr zur Sinnsphäre zählt, sondern ein Sonderfall des autonomen Empfindens ist, so konstatiert Kos (1986: 70). Und eben das autonome Empfinden entspricht dem vorromantischen und romantischen Kunstbegriff. Neben der traditionellen Kategorie des Schönen steht im Mittelpunkt noch die Kategorie des Erhabenen. Beide Begriffe werden ausgehend vom Subjekt bestimmt, wobei das Schöne eine Harmonie zwischen Einbildungskraft und Verstand und das Erhabene eine Mischung zwischen Furcht und Lust ist. Lustvolle Empfindungen kommen erst vor, wenn der Betrachter erkennt, dass er selbst nicht gefährdet ist, sondern nur die Ideen in ihm erhaben sind - die Natur selbst, ohne Vernunftideen im Subjekt, ist nicht erhaben. Die Übermacht der Natur, das Unendliche, das Dunkle sind schon die Gegenstände der Romantik, deswegen verbindet man das Erhabene am meisten mit einem der berühmtesten Bilder der Romantik, mit Caspar David Friedrichs Wanderer über dem Nebelmeer, aber das ganze Konzept Kants des Erhabenen wird durch die Vernunft aufgelöst. Warum sich Kant aber an der Grenze zwischen Aufklärung und Romantik befindet, zeigt auch sein Geniekonzept. Das Genie ist eine Naturbegabung und besitzt eine große Einbildungskraft sowie eine Originalität. Weil das Genie ein Naturwesen ist, gibt die Natur der (schönen) Kunst ihre Regeln und was dem Genie eigen ist, ist seine Einbildungskraft, die keinen Regeln untergeordnet ist. Im Bereich des Ästhetischen bleibt auch Arthur Schopenhauer, einer der wichtigsten Vertreter der Philosophie des 19. Jahrhunderts, der bedauerlicherweise im Schatten Nietzsches stehengeblieben ist, obwohl er Schüler und Vollender des großen Geistes Immanuel Kant war und Friedrich Nietzsche unmittelbar A. Skapin: NICHTS IST VORBEI, ALLES KOMMT WIEDER ... 263 stark beeinflusste. Sein Opus ist vergleichsweise gering, sollte aber nicht vernachlässigt werden - das ganze Schicksal der Romantik spricht aus ihm heraus. Gehen wir zurück zu Kant, sind einige Parallelen zu Schopenhauers Lehre zu finden -die Außenwelt als eine subjektive Vorstellung. Kant erklärte seine Begriffsbildung Ding an sich in Prolegomena (1977): „Es sind uns Dinge als außer uns befindliche Gegenstände unserer Sinne gegeben, allein von dem, was sie an sich selbst sein mögen, wissen wir nichts, sondern kennen nur ihre Erscheinungen, d. i. die Vorstellungen, die sie in uns wirken, indem sie unsere Sinne affizieren." Das Ding an sich existiert unabhängig von der Tatsache und wird erst durch die Wahrnehmung des Subjekts zum Objekt - Kant vernichtet die Geformtheit der objektiven Welt. Jedoch bleibt Kant als Vertreter der Klassik in einer durch Vernunft begrenzten, geformten Welt, während die Romantik den Versuch unternimmt, eine neue Welt aus der Subjektivität zu bilden. Die Romantik begrüßt die Unendlichkeit der Welt und geht über die Grenzen der Vernunft hinaus. Anstelle der praktischen Vernunft wölbt sich der Abgrund des unbewussten Willens. Bevor Schopenhauers Begriff des Willens geklärt wird, ergibt sich noch die Notwendigkeit, Schellings Gegenstände der Natur und des Geistes näher zu definieren. In dem System des transzendentalen Idealismus (Schelling 1907) ist die Rede von Natur und Geist, die den gemeinsamen Ursprung haben und im Absoluten eine Einheit bilden; daraus geht hervor, dass der Geist das Produkt der Natur und die Natur das unendliche Produzieren ist - Natur als reale und Geist als ideale Seite. Die Natur ist nach Schelling der ,sichtbare Geist', das Unbewusste, das erst im Menschen zum Objekt wird. Die Erhebung des Absoluten im Naturprozess läuft graduell ab, bis zum Menschen als vollkommenstem Produkt der Natur. Im Menschen beginnt ein neuer, höherer Prozess - Geistesprozess, worin sich das Absolute zum Bewusstsein, zur (Selbst)Anschauung erhebt. Da die unendliche Produktivität der Charakter der Natur ist, kann sie nie zur Ruhe kommen; deswegen kann eine romantische Seele nie vollkommen, zufrieden, ruhig sein. Die einzige, die diese Trennung wieder überwindet und versucht, die Einheit herzustellen, ist die Kunst und der Künstler der einzige, der mit seiner Intuition das Kunstprodukt schafft.1 Das Kunstprodukt ist also kein anderes als das Genieprodukt und damit schließen wir den Kreis, der zurück zu Kant führt. Bei Arthur Schopenhauer, dem apokalyptischen Reiter der Romantik, ist die Tragik der romantischen Welt klar geworden. Seine pessimistische Philosophie ist die Folge der entgotteten, entformten Welt und ein sehnender, leidender, zur Selbstformung und Selbstverwirklichung unfähiger Wille die Folge der romantischen Unendlichkeit. Der Begriff des Willens taucht schon wieder auf und ordentlich muss dieser im philosophischen Diskurs Schopenhauers auch geklärt werden. In seinem Hauptwerk Die Welt als Wille und Vorstellung (2002) werden zwei Begriffe zur Diskussion gestellt: erstens die Welt des Willens als der Bereich des Triebhaften und zweitens die Welt der Vorstellung als die Sphäre der erkenntnishaften Anschauung. Schopenhauers Gebrauch des Begriffs des Willens unterscheidet sich vom heutigen 1 Oben beschriebene (Kunst)-Ansichten stellt Schelling in seinem System des transzendentalen Idealismus (Schelling 1907) dar; später, in der Philosophie der Kunst (Schelling 1966) nimmt die Kunst der Philosophie gegenüber eine untergeordnete Stellung ein. 298 VESTNIK ZA TUJE JEZIKE Verständnis des Willens. Der Wille wirkt wie ein Trieb, eine Selbsterhaltung und hat mit einer bewussten Willensentscheidung (Willensfreiheit) nichts zu tun; ist eher ein Gegensatz dazu. Der Mensch kann sich nicht aus freiem Willen entscheiden, sondern wird von dem Willen gefordert. Und was steht hinter diesem Willen oder besser, wo kommt dieser Wille her? Schopenhauer kehrt hier weit zurück zu Platon und seiner Ideenlehre. Die Ideen sind die Urbilder oder, wenn man sie nach Kant versteht, Dinge an sich, und der Mensch steht an der Pyramidenspitze als die höchste Objektivation des Willens. Der Wille an sich hat kein Motiv, deswegen ist die Welt die Willensfolge, so auch der Mensch. Die platonischen Ideen (der Wille) sind hinter unseren Erscheinungen verborgen - sie wirken in uns wie die Vorstellungen, so Kant in Prolegomena (1977). Das Syntagma die Welt als Vorstellung gilt für jedes Wesen, aber nur der Mensch als vernunftbegabtes Wesen hat das Vermögen, es bis zu einem denkenden, abstrakten Bewusstsein aufzuheben - im Höchstpunkt wird die Welt als Vorstellung zur Welt der intellektuellen Anschauung. Die intellektuelle Anschauung ist die Selbsterkennung (Besinnung) des Willens als des immer leidenden, sinnlosen Lebens; die Folge ist die Verneinung des Willens, d. h. sich gegen den Willen zu entscheiden, die nur durch Kunst möglich ist. Denjenigen, der die Kunst schafft, d. h. die Objekte unabhängig vom Willen wahrnimmt, nennt Schopenhauer das Genius und die Hauptkomponente eines Genies ist die Fantasie (so ist auch das Leben eines Romantikers). Die Musik als die höchste Kunstgattung ist die einzige, die dem Lebensgefühl der Romantik entsprechenden Ausdruck geben kann. Die Kunst „wiederholt die durch reine Kontemplation aufgefassten ewigen Ideen, das Wesentliche und Bleibende aller Erscheinungen der Welt." (Schopenhauer 2002: 251) Aber nur die Musik ist auch von der erscheinenden Welt unabhängig und könnte gewissermaßen ohne die Welt bestehen. „Die Musik ist nämlich eine so unmittelbare Objektivation und Abbild des ganzen Willens, wie die Welt selbst es ist, ja wie die Ideen es sind, deren vervielfältigte Erscheinung die Welt der einzelnen Dinge ausmacht. Die Musik ist also keineswegs, gleich den andern Künsten, das Abbild der Ideen, sondern Abbild des Willens selbst, dessen Objektität auch die Ideen sind: deshalb eben ist die Wirkung der Musik so sehr viel mächtiger und eindringlicher, als die der andern Künste: denn diese reden nur vom Schatten, sie aber vom Wesen." (ebd. 341) Wo eine Verneinung ist, gibt es auch eine Bejahung - wieder ein philosophisches Paradox. „Aus der Bejahung des Willens entspringt die Erscheinungswelt: wo Bejahung ist, da ist Individualität. So liegt im Willen zum Leben die Tragik der Individuation; jedes Sein-Wollen bedeutet: nicht-das-Ganze-Sein, und trägt in sich Leid und Sehnsucht der Begrenztheit. Erlösung ist das Zerbrechen der Einzelform. Wer durch Verneinung der Individuation sich erlöst, wird im Sinne der Erscheinungswelt, zu Nichte, im wahren Sinne zum Gegensatz des Nichts, zu absolutem Sein", so konstatiert Gebhardt in seinem Aufsatz über Schopenhauer und die Romantik (1921: 52) Was noch zu betonen ist und von Bedeutung für die Analyse Grass' Blechtrommel (2009) ist, ist die Askese. Die Basis alles Wollens ist Mangel und im Einzelsein liegen Schuld und Leid, wozu der Mensch prädestiniert wird. Er überwindet das Leiden (neben der Kunst) durch die Askese - damit er in der Lage ist, den Willen zu negieren. A. Skapin: NICHTS IST VORBEI, ALLES KOMMT WIEDER ... 265 Arthur Schopenhauer als der Begründer des metaphysischen Pessimismus hat die Tragik der Romantik gestaltet: „Das Streben der Materie kann daher stets nur gehemmt, nie und nimmer erfüllt oder befriedigt werden. So aber gerade verhält es sich mit allem Streben aller Erscheinungen des Willens. Jedes erreichte Ziel ist wieder Anfang einer neuen Laufbahn, und so ins Unendliche." (Schopenhauer 2002: 229) Eine romantische Seele kann, so auch bei Schelling, niemals ausgefüllt werden. Wenn wir Schopenhauer für den Übergangsdenker halten, steht Nietzsche schon ganz in der neuen Philosophie, im europäischen Nihilismus. Der junge Nietzsche wurde stark von seinem Lehrer Schopenhauer beeinflusst; er übernahm seine zwei Begriffe und verfasste daraus die berühmte Formulierung des Apollinischen und des Dionysischen. Das Dionysische (triebhaft, mystisch, rauschhaft, Chaos) wird mit dem Willen gleichgesetzt und das Apollinische (reine Form, Harmonie, beliebig auch Ratio) mit der Vorstellung. In seiner frühen Phase beschäftigte sich Nietzsche vornehmlich mit der Frage der Kunst, wobei die Musik eine zentrale Stellung einnimmt und die Freundschaft mit Richard Wagner von großem Gewicht ist. Da das Dionysische das Wesen des Genies sein sollte, manifestiert Wagner in seiner Musik nämlich das, was den Stil der Romantik vollendet. Rüdiger Safranski, der sich mit der ganzen Biographie Nietzsches beschäftigt hat, stellt fest, dass die unendliche Melodie und das romantische Lebensgefühl beim jungen Nietzsche die Tendenz erweckten, das deutsche Geistesleben, das durch Materialismus, Ökonomismus und Historismus gestört wurde, wiederzubeleben. Der moderne Mensch, der der Tragik der zeitgemäßen Kultur geweiht wird und der ,Verzauberung' der Welt beraubt, benötigt „die Kunst des metaphysischen Trostes", so Safranski (2003: 80). Diese neue Kunst wird durch ein Mythos und Mythisierung ermöglicht. Nietzsche nimmt Impulse der (frühen) Romantik auf mit der Absicht, die Lebensansichten der Menschen zu vereinigen. „Das Experiment mit neuen Mythen soll, so die romantische Vorstellung, für die Vernunft ein Fundament, eine Orientierung und eine Begrenzung geben und eine gesellschaftliche Einheit stiften. Die Romantiker sind davon überzeugt, daß man solche Mythen auch künstlich und künstlerisch hervorbringen kann, wenn es denn an brauchbaren Traditionen mangelt." (ebd.: 85) So kehrt das Wagner'sche Musikdrama zurück zur griechischen Antike und sollte ,eine Sprache der richtigen Empfindung' sein - die richtige Empfindung ist das Dionysische, das tiefste Gefühl und „jene Kommunikation durch die Kunst" (ebd.: 95) Schopenhauer meinte, die Musik sei der Spiegel des Willens und wenn wir das in die Sprache Nietzsches übersetzen, wird die Musik durch den reinen dionysischen Prozess geschaffen - „die Musik sei die älteste Universalsprache". (ebd.: 96) Noch ein Paradigma Nietzsches verknüpft sich mit der Lehre Schopenhauers, und zwar die ewige Wiederkunft des Gleichen, womit die Sinnlosigkeit, die Ziellosigkeit und die Ausweglosigkeit der Welt gemeint ist, und folglich verbindet Nietzsche diesen Gedanken mit der äußersten Form des Nihilismus, wobei Schopenhauer noch in der Sphäre der Romantik weilt. Während Schopenhauer keine Erlösung mehr empfindet, eröffnet Nietzsche die Möglichkeit, den Nihilismus durch den Übermensch zu überwinden. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstand in Deutschland das Genre des Bildungsromans, dessen Voraussetzung für seine Entstehung die Entdeckung 298 VESTNIK ZA TUJE JEZIKE der Individualität war und der häufig zugleich auch ein Künstlerroman ist (Wilhelm Meisters Lehrjahre (Goethe 1990), Heinrich von Ofterdingen (Novalis 1963)), Der grüne Heinrich (Keller 2003)). In einem Bildungsroman wird der Held mit der Welt konfrontiert, wobei die zentrale Stellung seine geistige Entwicklung einnimmt, die sich in drei Teile teilen lässt; Lehrjahre, Wanderjahre und Meisterjahre. Dem gleichen Schema folgt Goethes Roman Wilhelm Meisters Lehrjahre (1990), der auch als Prototyp des deutschen Bildungsromans gilt. Da die Romantik die Kunst hochschätzt, wird im Künstlerroman ein Künstler bzw. ein Genie geschildert, der durch den Geniekult Kants gekennzeichnet ist. Wegen dem offenen Ende und dem unmittelbaren Einsetzen der Handlung eignete sich für die Romantiker noch besser die (Künstler) Novelle, so Virk (202:56). Daher ist es kein Zufall, dass die Romantik die Novelle wiederbelebte. Die Struktur der deutschen Novelle ist nicht mehr der der klassischen Novelle Boccaccios ähnlich, sondern wird zu der Struktur der modernen Novelle, worin die Handlung nicht mehr als die Intrige fungiert, sondern sich bis zum Wendepunkt steigert; die Novelle ist dementsprechend länger und innerlich, psychologisch orientiert. (vgl. ebd.) Im Weiteren wird besprochen, wie die Romantik in den neueren deutschen literarischen Texten inszeniert wird und warum sie sich als eine der stärksten literarischen Epochen im deutschen Kulturraum definieren lässt. Nietzsches philosophischer Weg ist nicht konsistent und sein Werk schwer zu fassen - die Widersprüche bestimmen Nietzsches Denken, jedoch lässt er sich in diese Widersprüche nicht verstricken und ist sich seiner Widersprüchlichkeit bewusst. Seine Philosophie, der erkenntnistheoretische Nihilismus und Perspektivismus, die sich als totale Verantwortungslosigkeit ,entpuppt' und im Extremfall in den Faschismus gerät (vgl. Schmidt 2004: 132), könnte man in einem Satz fassen: „Nichts ist wahr, alles ist erlaubt." (Nietzsche 1976: 275) Einerseits reduziert er alles auf den Positivismus, zugleich verhält er sich nicht aufklärerisch-realistisch zum Dasein und begrüßt den romantischen Mythos, dessen wichtigste Figur Dionysos ist. Die Entwicklung von Nietzsches Genie-Gedanken spiegelt seine philosophische ,Entwicklung' von dem idealromantischen künstlerischen über das realwissenschaftliche und rebellisch-freigeistige bis zum politischen und dekadenten Genie. Lassen wir uns aber nicht in Widersprüche verstricken und bleiben bei der Phase, in der die Kunst und das Genie noch die romantische Signatur tragen. Das in der Geburt der Tragödie (Nietzsche 2000a) entwickelte Konzept des Dionysischen sei das Wesen des Genies, was Nietzsche auf den genialen Musiker Wagner projiziert und er nennt ihn einen „Zauberer und Beglücker unter den Sterblichen und einen Vereinfacher der Welt" (vgl. Schmidt II 2004: 162). Die Ideologie des Lebensmythos sollte „eine vereinfachende Flucht vor der zunehmenden Kompliziertheit der Moderne" (ebd.) sein. Die Überwindung des Nihilismus durch das geniale Musikdrama, durch den Rausch und Mythos kommt in dem späteren Werk Menschliches, Allzumenschliches (Nietzsche 2000b) zum Tragen. Er traut dem schöpferisch-dionysischen Rausch nicht mehr - der Rausch wird durch die bloße Kunstfertigkeit ersetzt - und das Genie ist keine große Natur mehr, sondern eine Tätigkeit des Genies als ,nur' Arbeiters. Damit wird das Ende der Kunst proklamiert und das Genie ist im Milieu untergegangen. Im Realismus und noch stärker im Naturalismus wird die romantisch-idealistische Vorstellung der autonomen Kunst sowie des autonom-schöpferischen Subjekts A. Skapin: NICHTS IST VORBEI, ALLES KOMMT WIEDER ... 267 aufgelöst und das Genie-Ideal abgelehnt. Die konkrete gesellschaftlich orientierte Wirklichkeit drängt sich in den Vordergrund und macht sich zum Gegenstand des geistigen Lebens. Nietzsche hat dagegen auf die künstlerischen Strömungen um die Jahrhundertwende (Symbolismus, Jugendstil, Expressionismus) großen Einfluss genommen, als die mondäne Welt ihn entdeckte. Europa verfiel in die NietzscheEuphorie, aber ein Mann blieb ihm zeitlebens treu - Thomas Mann, der literarische Dekadent par excellence. Das Fin de siècle, die künstlerische Bewegung, die den kulturellen Verfall darstellt und den Künstler nochmals aufhebt, verbindet man mit dem Begriff der Dekadenz, die bei Thomas Mann als Mangel an Genie zu sehen ist. „Das Leiden an einer ausweglosen kulturellen Situation und die Überzeugung, wahrhaft schöpferische Tätigkeit sei nicht mehr möglich", (Schmidt II 2004: 238) bestimmt das Werk Thomas Manns. „Daß die Kunst aus dem Dionysischen entspringt und, ironisch gebrochen, zur apollinischen Gestalt wird, war für Thomas Mann eine unverlierbare und unverzichtbare Einsicht für das eigene Schaffen." (Safranski 2003: 338) Das Begriffspaar apollinisch - dionysisch erweist sich als ein tiefer Riss zwischen der Natur und der Moral, dem Rausch des Künstlertums und der (dekadenten) Sterilität des bürgerlichen Lebens. Was bei Thomas Mann besonders zu betonen ist, ist das ästhetische Pseudokünstlertum, „das nicht mehr legitim ist" (Schmidt II 2004: 238) - die romantische Unterscheidung von Künstler und Bürger geht nicht mehr auf die typische Genie-Ideologie zurück, da die Kunst kein Produkt der Naturgabe mehr ist, sondern der Arbeit, Verpflichtung und Selbstzucht. Das künstlerische Schaffen ohne Genie fundiert das Künstler-Schema der Dekadenz und das wird zum Hauptthema der Mann'schen Werke. Nehmen wir zwei Künstlernovellen, Tristan (2004) und Der Tod in Venedig (2004). In beiden Fällen porträtiert Mann die Künstler der Dekadenz, Spinell und Aschenbach, zwei Schriftsteller, die dem Schwachen und Tödlichen zuneigen. In der Tristan-Novelle wird das bekannte Tristan-Motiv verwendet, das Symbol der unglücklichen Liebe, des wahnsinnigen Begehrens nach dem Ewigen und Absoluten und des Todes, das auch in der Wagner-Oper erscheint. „Weil diese Nachtseite der Romantik der Auflösung und dem Tödlichen zuneigt, eignete sie sich ideal zur Darstellung des dekadenten Syndroms. Dem Wagner-Delirium geben sich in der Tristan-Novelle bezeichnenderweise nicht die Gesunden hin, sondern die Kranken - die Kranken des Sanatoriums Einfried, das an Wagners Bayreuther Haus Wahnfried erinnern soll." 2 (Schmidt II 2004: 242) Zu Krankheit und Tod neigendes Künstlertum wird in Manns Meisternovelle, in der er die Stadt des Verfalls und den Sterbeort Wagners - Venedig - wählt, mit dem Gegensatzpaar dionysischapollinisch noch hervorgehoben. Einerseits ist der Junge Tadzio die Verkörperung des Apollinischen und der Erzähler bewundert seine Marmorschönheit, andererseits schreibt er dem Tadzio gleichfalls die ,krankhaften' dekadenten Züge zu.3 Andererseits stellt Aschenbach das Dionysische dar, was in diesem Fall seine pervertierte Seite mit dem homoerotischen sexuellen Phantasieren von Tadzio eröffnet. Mit der Ironisierung von Nietzsches Gegensatzpaar wollte Mann auf die repressive Welt 2 Der Wagner-Kult wurde vor allem bei Nietzsche und Mann als ein Prototyp der europäischen Dekadenz hervorgebracht - Wagners Interpretation der Musik sei dionysisch und todesnah. 3 Kariöse Zähne, auch bei Spinell in der Tristan-Novelle (Mann 2004), als feste Symbolisierung der Dekadenz bei Thomas Mann. 298 VESTNIK ZA TUJE JEZIKE und die europäische Dekadenz aufmerksam machen - alles scheint steril und voller Moral, jedoch führt diese übertriebene Kultivierung paradoxerweise zum Perversen und zur Ästhetik des Hässlichen. (vgl. ebd.: 248ff) Siehst du nun wohl, daß wir Dichter nicht weise noch würdig sein können? Daß wir notwendig in die Irre gehen, notwendig liederlich und Abenteurer des Gefühles bleiben? Die Meisterhaltung unseres Stiles ist Lüge und Narrentum, unser Ruhm und Ehrenstand eine Posse, das Vertrauen der Menge zu uns höchst lächerlich [...] Aber Form und Unbefangenheit, Phaidros, führen zum Rausch und zur Begierde, führen den Edlen vielleicht zu grauenhaftem Gefühlsfrevel, den seine eigene schöne Strenge als infam verwirft, führen zum Abgrund, zum Abgrund auch sie. (Mann 2004: 84f) Nach dem Wirtschaftswunder ereignet sich mit der Blechtrommel (Grass 2009) auch noch ein literarisches Wunder, für das der Autor Günter Grass mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet wurde. Die allgemeine Sinnkrise nach dem 2. Weltkrieg und die Betrachtung der Welt mit berechtigter Skepsis spiegeln sich auch in der Literatur wider. Grass wählt die traditionelle Romanform absichtlich, um die Sinnlosigkeit der Welt anzuzeigen, und man könnte feststellen, der Roman sei schon ein Text der Postmoderne. Im Roman finden sich Spuren der Romantik - Die Blechtrommel (2009) ist ein Bildungsroman und zugleich ein Künstlerroman. Der Roman könnte einfach in drei Phasen gegliedert werden: Lehr-, Wander- und Meisterjahre, was der klassischen romantischen Form des Bildungsromans entspricht. Der verkrüppelte Held Oskar verfügt über eine Begabung und wird zum Meister auf seiner Trommel sowie zum Meister im Glaszersingen. Sein Spielzeug, der Inbegriff der Kunst, ist das Mittel, um sich gegen Gott und die Welt zu stellen. Die Verweigerung des Künstlers gegenüber der Gesellschaft und die Kritik am Spießertum, die Hauptanliegen des Romans, reichen zweifellos zurück in die Romantik. Die Romantik, eine Poetisierung des Lebens und zugleich eine subjektive Einfühlungs- und Erlebniskraft, zeigt sich im Roman als ein ganz subjektives Welt- und Geschichtsverständnis Oskars. Das Dasein wird zum ästhetischen Phänomen. Das Wander- und Reisemotiv ist ein oft auftretendes literarisches Motiv der Romantik, das entweder eine Suche im Sinne einer Selbstverwirklichung bzw. Selbstbildung oder ein Abenteuer beinhaltet, das am meisten durch eine kritische Haltung zur Gesellschaft ausgelöst wird. Oskars Protesthaltung besteht darin, von seinem dritten Lebensjahr an nicht mehr zu wachsen, Kind zu bleiben, aber den Roman als typischen Bildungsroman einzuordnen wird an dieser Stelle problematisch, da keine wahre Entwicklung des Protagonisten zu bemerken ist. Der Roman ist eher ein Antibildungsroman; Oskar strebt nach keinem höheren Ideal, sondern nach der Rückkehr in seine embryonale Kopflage - das Motiv der Umkehrung - und lässt seine Einstellung zur Welt durch die Aussage von Pedro Calderón de la Barca für zutreffend erklären: „Da die größte Schuld des Menschen ist, dass er geboren ward." (Schopenhauer 2002: 336) Ich gehörte zu den hellhörigen Säuglingen, deren geistige Entwicklung schon bei der Geburt abgeschlossen ist und sich fortan nur noch bestätigen muß. So unbeeinflußbar ich A. Skapin: NICHTS IST VORBEI, ALLES KOMMT WIEDER ... 269 als Embryo nur auf mich gehört und mich im Fruchtwasser spiegelnd geachtet hatte, so kritisch lauschte ich den ersten spontanen Äußerungen der Eltern unter den Glühbirnen. Mein Ohr war hellwach. [...] Was ich mit dem Ohr einfing, bewertete ich sogleich mit winzigstem Hirn und beschloß, nachdem ich alles Gehörte genug bedacht hatte, dieses und jenes zu tun, anderes gewiß zu lassen. (Grass 2009: 52) Seine negative Einstellung zum Dasein wird im Laufe seines Lebens immer wieder bestätigt. Oskar ist sich von Geburt an der Sinnlosigkeit des Lebens bewusst, jede Suche nach einem metaphysischen Sinn ist vergeblich, was auf die Erkenntnistheorie der Philosophie des Absurden deutet. Der Verlauf des Romans hat zyklischen Charakter: „Nichts ist vorbei, alles kommt wieder." (ebd.: 621) Ausgehend davon wird die Hauptidee des Romans mit dem Leitmotiv der Schwarzen Köchin und mit Schopenhauers pessimistischer Philosophie in Verbindung gesetzt. Die Schwarze Köchin ist ein Archimedischer Punkt der Erzählung und eine lebensbeherrschende Kraft, die durch die zerstörerischen Episoden des Lebens immer deutlicher wird; durch Schuld, Leiden, Qual, Mord, Krieg, Zerstörung, Tod, so Neuhaus (2010: 78). Oder mit den Worten Grass': „Sie wächst parallel mit dem, was in der Zeit geschieht." (ebd.) Der Willenskern, der sich in der Erscheinungswelt auf verschiedene Arten objektivisiert und demzufolge wiederholt, ist unvergänglich und der Mensch dem ewigen Leiden geweiht. Die Schwarze Köchin ist die dominante, destruktive Lebensseite, ist der Wille, der den Menschen mit seiner Natur der uralten Schuld (chr. Sündenfall, bud. Karma) prädestiniert. Der Mensch wird zwei möglichen ,Erlösungen' unterworfen, der Kunst und der Askese, so auch unser Trommelvirtuose Oskar. Die Kunst nimmt im Roman eine besondere Stellung ein. Versteht man das nach Kant, hat Oskar ein angeborenes künstlerisches Talent und entspricht der Originalgenie-Bezeichnung. Grass stellt die Kunst (mit dem Abbild des Musikgenies Beethoven) der hässlichen, grausamen Wahrheit (mit dem Abbild Hitlers) gegenüber. „Die Wahrheit ist hässlich: wir haben die Kunst, damit wir nicht an der Wahrheit zugrunde gehen," so Nietzsche (1954: 832). Neben der BeethovenHitler-Vergleichsreihe setzen sich noch zwei Weltprinzipien entgegen, Goethe und Rasputin, der vernünftige Geist der Ordnung und Harmonie gegen den wahnsinnigen, rauschhaften Extremisten, die mit Apollo und Dionysos gleichgesetzt werden. Wenn Apollo die Harmonie, Dionysus Rausch und Chaos anstrebte, war Oskar ein kleiner, das Chaos harmonisierender, die Vernunft in Rauschzustände versetzender Halbgott, der allen seit Zeiten festgelegten Vollgöttern außer seiner Sterblichkeit eines voraus hatte: Oskar durfte lesen, was ihm Spaß machte; die Götter jedoch zensieren sich selbst. (Grass 2009: 423) Am Ende erscheint ihm Goethe aber „verkleidet, schwarz und als Köchin, nicht mehr licht und klassisch, sondern die Finsternis eines Rasputin überbietend." (ebd.: 769) Die ewige Wiederkehr der schwarzen Köchin schließt mit der Anspielung an Dostojewskis Schuld und Sühne „Nichts ist vorbei, alles kommt wieder, Schuld, Sühne, abermals Schuld!" (ebd.: 621) Oskar verweigert jede Teilnahme an der Welt und bleibt asketisch allein als Insasse einer Heilanstalt, im weißlackierten Bett: 298 VESTNIK ZA TUJE JEZIKE „Mein Bett ist das endlich erreichte Ziel, mein Trost ist es und könnte mein Glaube werden, wenn mir die Anstaltsleistung erlaubte, einige Änderungen vorzunehmen: Das Bettgitter möchte ich erhöhen lassen, damit mir niemand mehr zu nahe tritt." (ebd. 9f) Und sie, sie war immer schon da, die Schwarze Köchin. Der Grat zwischen der pessimistischen Philosophie Schopenhauers und dem Nihilismus Nietzsches ist schmal, wie schon beim oberen Schopenhauer-Diskurs festgestellt wurde. Das Bindeglied dazwischen ist die Idee der ewigen Wiederkehr des Gleichen - es gibt kein Ziel und keinen Fortschritt in der Geschichte und darin steht das unvermeidliche Schicksal der Menschheit. Der Nihilismus, der alle Ideale, Sinne (des Lebens) und ewige Instanzen verneint, hatte großen Einfluss auf die Postmoderne, worin keine objektive höhere Wahrheit und keine großen Ideologien mehr herrschen. Die Postmoderne als die letzte ,definierbare' literarische Epoche verbreitete sich in den 80er Jahren, wobei keine authentische literarische Form mehr hervorzubringen ist. Ihre Tendenz zu den alten Formen lässt sich am Beispiel zweier typischer postmoderner Romane deutlich erkennen. Einer der berühmtesten deutschen postmodernen Romane Das Parfum von Patrick Süskind erschien erstmals im Jahre 1985. Der Roman kann vorwiegend wegen der Tendenzen zur Romantik und wegen der inneren, geistigen Entwicklung des Protagonisten Grenouille dem Typus des Bildungsromans zugeordnet werden. Der erste Teil des Romans erzählt über seine Geburt, seiner Kinderjahre, seine Adoleszenz und seine Lehrjahre in Paris. Geboren als Wunderkind, mit einer überragenden Gabe, ist Grenouille ein Kant'sches Originalgenie par excellence, um seinen dionysischen Trieben gerecht zu werden, und ist in der Lage, aus sich selbst heraus etwas Großartiges zu schaffen - er trägt die Züge des Sturm-und-Drang-Genies, dessen Autonomie in keinem Punkt angezweifelt wird, und setzt sich sogar an die Stelle Prometheus'. Er war noch größer als Prometheus. Er hatte sich eine Aura erschaffen, strahlender und wirkungsvoller, als sie je ein Mensch vor ihm besaß. Und er verdankte sie niemandem - keinem Vater, keiner Mutter und am allerwenigsten einem gnädigen Gott - als einzig ich selbst. Er war in der Tat sein eigener Gott. (Süskind 1994: 304) Nachdem er sich die olfaktorischen Techniken zu eigen gemacht hat, wäre zu erwarten, dass er zum größten Parfümeur aller Zeiten wird, jedoch strebt er nach keinem Ruhm, sondern nach der Verwirklichung seines inneren Ideals -alle Düfte der Welt in einem idealen Parfum zu sammeln. Im zweiten Teil des Romans flieht er vor der Gesellschaft ins Private der Natur und wendet sich vom gegenwärtigen Geschehen ab (apolitische Existenz des Künstlers), im dritten Teil macht er sich selbst zu einem Gott, zum „omnipotenten Gott des Duftes" (ebd. 198) - die Narziss-Tendenz taucht bei autarken Künstlern häufig auf. Ja! Dies war sein Reich! Das einzigartige Grenouillereich! Von ihm, dem einzigartigen Grenouille erschaffen und beherrscht, von ihm verwüstet, wann es ihm gefiel, und wieder aufgerichtet, von ihm ins Unermeßliche erweitert und mit dem Flammenschwert verteidigt gegen jeden Eindringling. Hier galt nichts als sein Wille, der Wille des großen, herrlichen, einzigartigen Grenouille. (ebd.: 161) A. Skapin: NICHTS IST VORBEI, ALLES KOMMT WIEDER ... 271 Sein Geruchsuniversum wird zu seiner fantastischen Welt, worüber seine Gottheit herrscht. Während er in der unberührten Natur seine schöpferischen Anlagen perfektioniert, wird sein Traum zum Alptraum, da er sich seiner Geruchlosigkeit bewusst wird und seine Identität somit auf den Prüfstand gestellt wird. Der Identitätsverlust wird im Roman zu einem der Hauptprobleme erhoben, mit großer Ironie ausgehend davon, dass der Protagonist die ganze Welt durch Gerüche definiert, er allein aber wegen seines eigenen fehlenden Duftes nicht definiert ist, also existiert er nicht. Es ist sein Wunsch gewesen, das perfekte Parfum zu kreieren und damit die Liebe der Menschen zu gewinnen. Wie zart der Übergang von der Genialität in den Wahnsinn eigentlich ist, zeigt sich an seiner Entwicklung zum Massenmörder. Seine Sehnsucht nach Liebe ist so brennend und ungeachtet irgendwelcher Moralvorstellung setzt er alles daran, mit dem perfekten Parfum die Macht über Menschen auszuüben. Mit Rücksicht auf die verweigerte Sozialisation und den Mangel an Mutterliebe ist er nicht imstande, zwischen dem Guten und Bösen zu unterscheiden - Morde bedeuten nur Mittel zum Zweck, zu seinem (romantischen) Sehnsuchtsideal. Er versteckt sich hinter der Duftmaske und resigniert schließt er den Kreis des Lebens mit der Rückkehr an den Ort seiner Geburt und lässt sich dort von den ,Liebeshungrigen' auffressen. „Sie hatten zum ersten Mal etwas aus Liebe getan." (ebd.: 320) Das Wandermotiv, die Rückkehr zur Natur und der Identitätsverlust sind die Hauptanliegen der Romantik und zugleich dieses Romans; dazu noch wird der Protagonist mit der grotesken abnormen körperlichen Gestalt stigmatisiert, was der Schattenseite der Romantik gemäß ist. Die Schattenseite der Romantik repräsentiert ebenfalls die kriminelle Komponente des Genies bzw. Künstlers, die sich für die Nachtseite der menschlichen Seele interessiert (vgl. Frizen/Spancken 2008: 51). Zum Vorbild nimmt Süskind E. T. A. Hoffmanns Fräulein von Scuderi (2001), das klassische Doppelgänger-Motiv; Jean-Baptiste Grenouille und Grenouille der Große als Dr. Jekyll and Mr. Hyde (Stevenson 1985). Der zweite typische postmoderne Roman, der Antibildungsroman Schlafes Bruder von Robert Schneider, der schon mit dem Prolog das tragische Schicksal des Protagonisten Elias ankündigt, erschien erstmals 1992 in Österreich. Die Geschichte eines verkannten Gehörgenies, eines Originalgenies ist ein typischer romantischer Künstlerroman. Der Protagonist verfügt über überragende Hör-und Stimmkapazitäten und gehört zu den „zeitlebens ungeborenen Menschen" (Schneider 2007: 14) Obwohl er als Originalgenie klassifiziert wird, wird Schneiders Gehörgenie nicht ganz nach den Merkmalen des Sturm-und-Drang-Genie-Gedankens konzipiert. Während Süskinds Grenouille mit Prometheus und Gott verglichen wird, greift Gott immer wieder in Elias' Leben ein und prädestiniert ihn zum Leiden. In diesem Sinne hält sich Schneider strikter an die Vorlage von Schopenhauers pessimistischer Philosophie - die ewig leidende und sehnende romantische Seele. Neben der Idee der absoluten Liebe wählt Schneider noch eine starke Tendenz der Romantik - die musikalische; Nach Schopenhauer sei Musik der Spiegel des Willens, die das reine subjektive Gefühl zur Entfaltung kommen lässt. Wenn Elias die Musik spielt und interpretiert, macht er sie zur Trägerin der romantischen Idee, zum Medium, durch welches er seine Empfindungen erkennt und seine Liebe artikuliert. Da ihm die Möglichkeit fehlt, sich durch die Sprache auszudrücken, ist die Musik seine einzige Ausdrucksform, welcher Elsbeths 298 VESTNIK ZA TUJE JEZIKE Herzschlag den Rhythmus gibt. Die Sprachskeptiker mit Hofmannsthals Brief des Lord Chandos an Francis Bacon (1991) als dem wichtigsten Dokument der kulturellen Krise am Ende des 19. Jahrhunderts bezweifelten die traditionelle Aufgabe der Sprache und waren der Meinung, einige Dinge, allen voran Emotionen, seien durch Sprache nicht ausdrückbar. Eine höhere Wahrheit könnte nur durch die poetische Sprache zum Ausdruck kommen und am Beispiel Elias' „drückt die Musik das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist", so Victor Hugo (1864: 120). Da Elsbeth seine ,musikalische' Sprache nicht erfassen kann, bleibt Elias in seiner eigenen Welt gefangen und entschließt sich, im Einklang mit dem Predigtmotto „Wer liebt, schläft nicht" (Schneider 2007: 9), sein unglückliches Leben zu beenden. Das Eros-Thanatos-Motiv verdeutlicht die Tragik des Protagonisten und vertieft den Charakter bis zum tragischen Märtyrer. Es gibt Parallelen mit der Goethe-Tradition und seinem Kult der unglücklichen Liebe, der im Roman Die Leiden des jungen Werthers (Goethe 2001) etabliert wurde. Wie Oskar und Grenouille lässt sich auch Elias als die Figur der Schwarzen Romantik einordnen, die ihre Protagonisten mit dem Unheimlichen, Gespenstischen und Grotesken ,schmückt'. Sehnsucht (nach Liebe, nach dem Absoluten), Zuflucht zur Natur, Glaubenszweifel an Gott, Besessenheit, Wahnsinn und Selbstmord/Tod sind noch weitere Schwarz-Romantik-Motive, die im Roman zur Entfaltung kommen. Mit der Postmoderne lässt sich die letzte literarische Epoche definieren. Robert Schneider äußerte in einem Interview, es sei heute nicht mehr möglich, eine Welt so im Ganzen zu beschreiben (vgl. Kruse 2004: 31); deswegen auch die postmoderne Neigung zur ,Restauration' der traditionellen Erzählformen. Die Postmoderne wird ständig in die (negative) Kritik geraten, als Literatur der Erschöpfung, Nachahmung der alten Formen, ein Pastiche der Vergangenheit, die alleserlaubende Grauzone ohne feste theoretische Grundlage und, drastischer Weise, Untergang der Literatur. Kritiken an ihren wackeligen Theoriekonzepten sind nicht ganz gerechtfertigt; man muss etwas weiter ausholen und generell den geistesgeschichtlichen Hintergrund berücksichtigen. Die Postmoderne ist eine alternative Denkweise zur Moderne und bedeutet die Auflösung aller Eindeutigkeiten und Sicherheiten, die durch die Neigung zum (technischen) Fortschritt ausgelöst wurden. Diese Auflösung bedeutet aber zugleich auch den Zerfall der höheren Wahrheit und Pluralität der (Lebens-)Sinne. Deswegen ist die Postmoderne eine logische Konsequenz der Suche nach dem verlorenen Sinn und zählt zum zeitgenössischen Nihilismus, sogar als seine äußerste Form. Die Menschheit trägt die volle Verantwortung für ihre Existenz; entweder überwindet sie die Postmoderne und heilt die globalen Probleme, oder Nietzsches Prognosen des letzten Menschen, der dem Untergang entgegengeht, werden wahr. Die Gesellschaft mit ihrer Inhalts- und Ziellosigkeit hat einen (selbst)destruktiven Charakter, der den Nihilismus wieder aufgehoben hat. Der Nihilismus ist die Krankheit der zeitgenössischen Gesellschaft, hat seine Wurzeln in der Vergangenheit und zieht die neuen weit in die Zukunft. Was bleibt der Menschheit übrig? Entweder die sinnlose Welt mit der Resignation zu ,bejahen' oder neue Werte herzustellen. Und was macht die Literatur als subtiler freimütiger Kritiker der Gesellschaftsumstände? Sie kehrt sich nach innen und so ist auch ihre Subjektseinstellung zur Wahrheit nach innen gerichtet - nur in sich selbst kann man A. Skapin: NICHTS IST VORBEI, ALLES KOMMT WIEDER ... 273 die Wahrheit finden (und diese ist, ironisch, die Erkenntnis, dass es keine Wahrheit gibt) - und die objektive Wahrheit ist unter verschiedene subjektive Interpretationen und Aspekte gesunken. Jegliches Kunstwerk vermittelt seine eigene Wahrheit, in der der Autor als Deus wirkt. Seine Überlegenheit demonstriert er durch die Methode der Metafiktion, die in der Postmoderne popularisiert wird, greift aber zurück auf die Romantik mit der romantischen Ironie, die schon zu den Metatechniken zählt. Die Selbstreflexion des literarischen Textes, das Hauptanliegen nicht nur der postmodernen Metafiktion, sondern auch der romantischen Ironie, ist ein ästhetisches Verfahren, „das Produzierende mit dem Produkt darzustellen", so Friedrich Schlegel (1967: 204). Obwohl manche Werke die Suche nach der absoluten Wahrheit inszenieren, besteht das Bewusstsein, diese Wahrheit sei nie zu erreichen. Deswegen unterbricht der Autor die Erzählfunktion absichtlich, damit der Leser die Fiktionalität des Textes im Bewusstsein hält. Neben dieser Ironie sind noch weitere romantische Elemente zu spüren: Absage an den technischen bzw. geistlichen Fortschritt (vergleichbar mit der aufklärerischen Vernunft), Suche nach der Identität, Formlosigkeit und Pluralismus (vergleichbar mit der progressiven Universalpoesie), Mystifizierung, Hinwendung zur menschlichen Affektivität und Emotionalität, Trivialliteratur für ein breites Publikum (vergleichbar mit der romantischen Neigung zu den Volksmärchen und Sagen), etc. Die Postmoderne ist eine Antwort auf die Moderne und verhält sich zu ihr wie die Romantik zur Aufklärung; ausgehend davon darf sich die Postmoderne als die Neu-Romantik verstehen lassen, auf die gleiche Weise wie auch das Fin de siècle (darunter auch die Neoromantik) seine Kritik am Naturalismus übt. Reflektiert man das oben Diskutierte, ist der rote Faden zu spüren - an jeder Jahrtausendwende könnte man von einer Art Dekadenz sprechen. Jede Dekadenz lässt sich in der Literatur durch einen Versuch von Ästhetisierung (Poetisierung) und Subjektivierung retten und sie hebt wieder und wieder das Bedürfnis nach dem Künstler hervor, wobei die Besinnung des unvermeidlichen Schicksals die Menschheit zum tragischen Ende prädestiniert. Und in diesem Sinn gibt es eine romantische Tradition. Die postmoderne Literatur hat den Weg aus der sinnlosen Realität schon gefunden, obgleich mit Ironie. Nun muss noch die Gesellschaft den Dionysos-Mythos erneuern, um den Nihilismus zu überwinden und im Chaos tanzen zu lernen. LITERATURVERZEICHNIS FRIZEN, Werner/Marilies SPANCKEN (2008) Patrick Süskmd: Das Parfum. 3. Auflage. München: Oldenbourg. GEBHARDT, Carl (1921) Schopenhauer und die Romantik. Eine Skizze. http://www. schopenhauer.philosophie.uni-mainz.de/Aufsaetze_Jahrbuch/10_l921/10_ Gebhardt.pdf/. (Zugriff: 20. September 2012). GOETHE, Johann Wolfgang von (2001) Die Leiden des jungen Werther. 3. Auflage. Stuttgart: Philipp Reclam jun. 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Kljub stereotipnemu povezovanju nemške kulture z razumom pa je bistvo nemške literarne (in tudi filozofske) ideologije temna stran človeka z vsemi viharnimi čustvi, ki jih le-ta premore. Družbeno krizo, ki se zrcali tudi in predvsem v literaturi kot subtilnemu, prefinje-nemu pokazatelju družbenih razmer, le-ta rešuje z obujanjem tradicionalnih pripovednih oblik, predvsem razvojnega romana oziroma romana o umetniku. Ker je človek zapisan večnemu trpljenju in hrepenenju (Schopenhauer) ter zgodovina človeštva večnemu vračanju ponavljajočih se oblik in idej (Nietzsche), ne gre zanemariti dejstva, da se v ospredju nemške literarne produkcije vedno znova pojavlja tista smer, ki je to človeško usodo odkrila in definirala - romantika. Literatura v vsaki krizi prikliče v ospredje umetnika kot protagonista, ki se s svojimi čustvi in dionizično naravo bori proti družbi. Vendar pa je usoda mnogih protagonistov zavezana propadu, najsi je ta fizične ali psihične narave, ravno tako, kot je sama narava človeštva naravnana k dekadenčni (samo)destruktivnosti. Ključne besede: romantika, nemška literatura 20. stoletja, dionizično, krivda, hrepenenje, umetnik, večno vračanje enakega 298 VESTNIK ZA TUJE JEZIKE ABSTRACT Nothing is Transient, Everything is Recurring: Romanticism - the Circle of the Eternal Return - and German literature of the 20th Century German Romanticism and its rich tradition remain deeply rooted to this day. Despite stereotypical linking of German culture with reason, the essence of German literary (and as well philosophical) ideology is nevertheless the dark side of human nature and all the raging emotions that comprise it. Social crisis, which is reflected as well, and primarily, in literature as a subtle and refined indicator of social conditions, is dealt with by revival of traditional narrative forms, particularly coming-of-age story (Ger. Bildungsroman) with its subgenre artist novel (Ger. Künstlerroman). Man is doomed to eternal suffering and longing (Schopenhauer) and the human history to eternal recurrence of the same forms and ideas (Nietzsche). Consequently, one cannot ignore the fact that the literary movement surging to the forefront of German literary production time and again is precisely the one that revealed and defined this human fate: romanticism. No matter what the crisis, literature places an artist in the foreground and portrays him as a protagonist who utilizes his emotions and Dionysian nature in the fight against society. Numerous protagonists are, however, doomed to either physical or mental decay in the same fashion as the human nature is predisposed to decadent (self)-destruction. Key words: Romanticism, German literature of the 20th Century, Dionysian, guilt, longing, artist, eternal recurrence of the same ZUSAMMENFASSUNG Nichts ist vorbei, alles kommt wieder: Romantik - Ring der ewigen Wiederkehr -und die deutsche Literatur des 20. Jahrhunderts Die deutsche Romantik ist eine der einflussreichsten Strömungen der deutschen Literatur. Trotz der Stereotypisierung, die deutsche Kultur sei zu rational, ist der romantische Künstler durch das Dionysische und das Gefühl definiert. Die Gesellschaftskrise lässt sich in der Literatur durch das Restaurieren der traditionellen Erzählformen, vorwiegend des Bildungsromans bzw. Künstlerromans entfalten. Da der Mensch dem ewigen Leiden und der Sehnsucht, so Schopenhauer, und die Geschichte der Menschheit der ewigen Wiederkunft der gleichen Ideen und Formen geweiht ist, so Nietzsche, drängt sich in den Vordergrund des literarischen Schaffens immer wieder diejenige Strömung, die ein solches Schicksal der Menschheit entdeckte und definierte - die Romantik. Die Literatur neigt dazu, in der akuten Gesellschaftskrise den Künstler zum Protagonisten zu erheben, der sich der Gesellschaft und der Welt entgegensetzt. Da aber die menschliche Natur dekadent und (selbst)destruktiv ist, soll der Protagonist kein glückliches Ende finden. Schlüsselwörter: Romantik, deutsche Literatur des 20. Jahrhunderts, das Dionysische, Schuld, Sehnsucht, der Künstler, die ewige Wiederkehr des Gleichen