STUDI DI LINGUISTICA GRBCA II, a cura di Emmanuele Banfi; Milano 1997, Francoangeli; Materiali linguistici. Collana a cura dell'Universita di Pavia, Dipartimento di Linguistica Die griechische Sprachwissenschaft galt noch bis vor kurzem als ein Bereich, in dem Methoden der modemen Sprachwissenschaft relativ selten angewendet werden. Wiihrend in den Forschungen des Lateinischen in allen geschichtlichen Perioden sein­er Entwicklung schon seit einigen Jahrzehnten strukturalistische (zum Tei! auch schon poststrukturalistische) Arbeitsweisen und Methoden ihre Annerkennung fanden, blieb die griechische Sprachwissenschaft von derartigen Versuchen weitgehend unberiihrt (oder -wie manch einer Altphilologe sagen wiirde -verschont). Dies diirfte unter anderem mit der Tatsache zusammenhiingen, dal3 das Griechische vor allem im archai­schen und klassischen, aber auch im hellenistischen Zeitalter als ein sehr komplexes Diasystem in Erscheinung tritt, in dem man selbst nach griindlicher Forschung und Darstellung kaum zu eindeutigen Ergebnissen von allgemeiner Giiltigkeit kommt. In einer solchen Lage kann sichjede Schlul3folgerung allzu leicht als ein Trugschlul3 ent­puppen, sobald man Material aus anderen Epochen oder anderen Dialekten, manchmal sogar aus einem anderen Schriftsteller zur Forschung heranzuzieht. Vor allem kann hier die Richtigkeit ('Grammatikalitiit') eines Satzes oder einer Phrase nur im Rahmen eines Dialekt, eines Zeitalters als "giiltig" angesehen werden und dies sogar mit allen Einschriinkungen, die man fiir eine Korpussprache normalerweise in Kauf nimmt. Der Sammelband Studi di linguistica greca II enthiilt Referate, die im Rahmen des Secondo Incontro intemazionale di linguistica greca, das im September 1995 an der Universitiit von Trento stattfand, dargestellt wurden. Die Beitriige sind fiir die Veroffentlichung jedoch betriichtlich erweitert und mit einer Menge an zusiitzlichem Material bereichert worden. Das Thema des Beitrags des Herausgebers (Emmanuele Banfi, Diacronia di un imperativo: gr. a. arper;, ngr. ai:;) ist die bekannte Grammatikalisierung der urspriing­lich imperativischen Form acpi::i; zur neugriechischen Partikel ai; im Rahmen des gro13en Umbruchs in der Entwicklung des griechischen Verbalsystems. Der Beitrag bietet uns eine systematische Studie aller bezeugten Beispiele; diese kommen mehr-heitlich aus Papyrustexten, denen man kaum literarische Ambitionen zuschreiben wiirde. Dabei scheint fraglich, ob die Entwicklung wirklich so verlief, wie im Beitrag dargestellt wird (die Endungen des Coni. Praes. fallen mit Ind. Praes. zusammen, dagegen Ind. Aor. mit Ind. Fut.), da Endungen des Ind. Fut. denjenigen des Ind. Praes. glei-chen. Hinzu kommt, dal3 das Futur ebenso am Schwinden war wie der Konjunktiv, damit bliebe Ind. Praes. das einzige vergleichbare modale Paradigma (da man mit Optativ im hellenistis­chen Griechisch nicht mehr rechnet). Es ist anhand der Samm-lung tatsiichlich zu beobachten, wie der Imperativ &cpi::i; seine lexikalische Bedeutung mehr und mehr ein­biil3t, obwohl dem Kontext gemiil3 besonders fiir die friiheren Belege (Herodot) doch noch mit der lexikalischen Bedeutung 'zulassen, erlauben' zu rechnen wiire. Dem Verfasser nach wurde die Bedeutung der Form acpioc; zuerst in Wendungen, in denen sie durch einen Infinitiv erganzt ist, allmahlich schwacher, dano spielte diese Form (die sich schon aul3erhalb des Paradigmas des Verbs a ac; als einen klaren Fali der Grammatikalisierung. Man kann diesen Vorgang auch wirk­lich diachronisch beobachten, so schwierig es im Spat-und Mittelgriechischen auch sein mag. Die Grammatikalisierung verlauft erwartungsgemal3 in drei Stufen: a) Verlust der lexikalischen Bedeutung, b) Dekategorisierung, c) Spezialisierung (S. 29f.) Der Verfasser halt die Tatsache fiir erwahnenswert, dal3 es statt acpioc; > ac; im heutigen Griechisch einen Imperativ acpTJcrc (von acpi]vco) gibt. Dies ist kaum tiberraschend, da das Verb U<; werde in "subjektiv" (contra-fattuale), on dagegen "objektiv" (fattuale) bewerteten Satzen verwendet. (subjektiv: immer <; in