Katholische Miffionezeitfehrift der Missionäre Söhne des hist. Herzens Jesu Stern Heft 8/9 Äuguft/September 1939 dtrltegtr j Inhalt: Im Banne tier Zauberin, S. 113. — Unsere Fahrt ins Negerland, S. 117. — Zwischen Pflug und Sichel, S. 120. — Umschau, S. 123. — Auserwählt. Religiöser Bauern-roman von Withalm, 6. 124. — Abbildungen: 1. Taufe einer sterbenden Zulufrau. — 2. Afrikanischer Zauberer. — 3. Eitle Zulnfrauen. — 4. Der erste madegassische Bischof. — 5. Der erste schwarze Bischof. — 6. Teufelstanz auf Ceylon. — 7. Unsere Neupriester. — ll m s ch l n g b i l d - Einige brave Alumnen aus dem Kleinen Seminar von Sijala, Belgisch-Kongo (Mittelafrika), wollen zeigen, daß sie auch gute Fischer sind. (F!de--Fow.> Preis: ganzjährlich Deutsches Reich 2 Mark, Italiens Lire. Ungarn 2.50 Pengö, Tschechoslowakei 12 cK, Jugoslawien 25 Dinar, Schweiz 2.50 Franken, übriges Ausland 2 Goldmark. — Versand durch Missionshaus Josefstal bei Ellwangen (Jagst) Württbg. Gebetsempfehlungen und =erhörungen. All St. Schr. bittet ums Gebet zur Muttergottes, zum hl. Joseph und zu den Armen Seelen um eine glückliche Wendung in einem Anliegen. Bei Evhörung ist Loskauf eines Heidenkindes, Messen für die Armen Seelen und ein jährliches Almosen für die Missionen, sowie Veröffentlichung im „Stern der Neger" versprochen. — A. R. aus E. Anbei eine Spende für Ihre Zwecke, mit der Bitte um Gedenken im Gebet für meine Familie. — I. M. aus H. Uebersende den Bezugspreis für „Stern" und eine Spende für die Heiden- missionen mit der Bitte ums Gebet in einem schweren Familienanliegen. — Eine betrübte Frau und Mutter sendet 3 RM. und bittet, dafür zwei hl. Messen zu lesen zu Ehren des hlgst. Herzens Jesu, des bl. Joseph und für alle Armen Seelen um Hilfe in schwerem Anliegen. — Th. A. Sende den Bezugspreis für „Stern der Neger", das Uebrige für Missionsalmosen und bitte zugleich um Einschluß ins Gebet und hl. Meßopfer in einem schweren Anliegen und um Glück im Stall. — + TOTENTÄFEL + Es starben von unseren Abonnenten: Jofefine Klinger, St. Marienkirchen/Pols (Oberdonau); Loidl, Attnang (Oberdonau); Kathi Hantsch, Lehrerin M. Wyersk, Janowitz (Schlesien); Joh. Fürstenfeld (Steiermark); Fr. Anna Anner, Lechner, Tobl-Cmmpo-Tures (Italien); Frau Altenmarkt (Steiermark); Rosa Daniel, Wien; M. Gahr, München-Giesing. R I. P. Maria Köttl, Amstetten (Niederdonau); Joh. Gebetsmeinung für Öen Monat August: »Daß durch die christliche Liebe frieden und Eintracht unter öenVölhcrn gefördert werden.« Gebetsmeinung für Öen Monat September: »Daß in öen Missionen die Katholische Aktion eingeführt und verstärkt lueröe.« NEUE BÜCHER Verlag ßenziger, Filiale Köln. Heilige Stunden im Festkreis der Kirche. Von Karl Sommer. Dreizehn Herz-Jesu-Andachten für die monatliche Hl. Stunde oder für den Abend des Herz-Jefu-Freitags aus Worten der Heiligen Schrift und der Liturgie für das Gemeinschaftsgebet. 126 Seiten. Kartoniert RM. 1.—, in Leinwand geto. RM. 2.—. Bei Mehrabnahme Ermäßigung. Köln 1939. Die vorliegenden Andachten wollen besonders der Vertiefung der Herz-Iesu-Andacht dienen, dürften aber auch in der Heiligen Stunde gute Verwendung finden. Dom Wechselgebet ist vielfach Gebrauch gemacht, was die Gläubigen sicherlich zum eifrigen Mitbeten anreizt. Die Gedanken, die in den Texten zum Ausdruck kommen, sind so reich und mannigfaltig, daß es auch einfachen Menschen ermöglicht wird, in den sich ergebenden Pausen sich in stillem Gebet an Gott zu wenden. Zu Beginn wird der Aufbau der Andachten und ihre praktische Durchführung kurz dargelegt. Ein empfehlenswertes Gebetbüchlein. Antonius = Verlag, Breslau 26. Brot vom Himmel hast du ihnen gegeben. Liturgische Texte für die Heilige Stunde. Herausgegeben von Lic. Dr. P. Ambros Styr a O. F. M. 43 Seiten. 12°. Kart. 25 Pfennig. 1939. Dieses zweite Bändchen der „liturgischen Heiligen Stunde" enthält die Mette des Fronleichnamsfestes, die sich für die Zwecke dieser Sammlung gut eignet, soll doch die Feier der Hl. Stunde auch der Einsetzung der Eucharistie gelten. Stephan Linier mann. Das nächste Heft erscheint Anfang Oktober. Herausgeber und Verleger: Kongregation der Missionäre Söhne des heiligsten Herzens Jesu, Josefstal bei Ellwangen (Jagst» Württemberg. Schriftleitung: P. Siephan Lintermann F. S. C., Missionsseminar St. Josef, Ellwangen (Jagst). — Postscheckkonto München 262 66/Missionsseminar 6t. Josef. Ellwangen (Jagst) Württemberg. - Druck der Schwabenmrlng A.-G.. Zweigniederlassung Ellwangen (Jagst). — Mit kirchlicher Druckbewilligung und Erlaubnis des Generalobern. Stern der Neger Katholische Missions -Zeitschrift Herausgegeben von der Kongregation: Missionäre Söhne des heiligsten Herzens Jesu Heft 8/9 August/September 1939 42. Jahrgang Im Banne der Zauberin* Von P. Pius Zeifang, White River (Transvaal). Wenn das Tagwerk vollbracht ist, dann setzt inan sich gerne zu einem Plauderstündchen vor das Haus. Es liegt ein eigener Reiz in diesem Stündlein des verdämmernden Tages. Auch hier in Afrika. Die Sonne ist hinter dem westlichen Rande verschwunden. Roch eine Zeitlang flammt es purpurn auf — ein letzter Gruß der scheidenden Königin — dann breiten sich die langen schwarzen Schatten der Nacht über die schlaftrunkene Erde. Aller Lärm ist verstummt. Weit und endlos liegt vor uns das Land, in dem noch foviele Geheimnisse schlummern. Hoch über uns ziehen die Sterne ihre Bahnen, ein frohes Geschenk des Vaters der Lichter, und das Kreuz des Südens schaut ernst und beinahe traurig herab auf die Menschen, die tief unter ihm wohnen und oft noch so wenig wissen von dem, der einst an des Kreuzes Balken verblutet ist. Ich habe sie gern, diese afrikanischen Dämmerstunden, und oft sind wir draußen gesessen vor unserm Häuschen auf der einsamen Höhe. Wir haben gehorcht und gelauscht, geschwiegen und gesprochen und an die Menschen gedacht, die drunten im Tale wohnen. Eines Abends hörten wir in diese Stille hinein den Klang einer Trommel. Erst leise und zaghaft, als ob aus weiter Ferne, dann wieder lauter und eindringlicher und schneller: to, ta, to, ta; ta, ta, ta, ta. Bald klang es dunkel und dumpf, dann heller und aufwirbelnd. Noch wußten wir nicht, was das zu bedeuten hatte. An den nächsten Abenden hörten wir den gleichen Rhythmus. Nur waren es der Trommeln mehr geworden. Hatten die Leute den ersten Mais geerntet und faßen sie nun beim selbstgemachten Bier um das knisternde Feuer vor der Hütte? Oder rüsteten sie sich zum Empfang eines Zauberers oder einer Zauberin, wie schon oft zuvor? Es wird wohl beides der Fall gewesen sein. Unsere Neugierde aber war geweckt und wir ruhten nicht mehr, bis wir wußten: Eine Zauberin wird kommen, um eine Kranke zu heilen. Da war es auch schon eine beschlossene Sache: Das müssen wir mitansehen. Und wir hatten Glück. Zu dieser Zeit bauten wir nämlich drunten im Tale eine neue Schule. Die Lehrerin erzählte uns nun eines Tages, daß ganz in der Nähe eine Zauberin eine kranke Frau heilen werde. Wir hießen sie gut aufpassen, um den bestimmten Tag herauszubringen. Nicht lange darnach kam sie mit der Nachricht: Am Sonntagabend wird die Zauberin kommen. Bis jetzt seien nur die „kleinen" Zauberinnen dagewesen, aber am Sonntag komme die Oberzauberin. Das war ja mehr als wir erwartet hatten. Der Sonntag kam. So gegen 5 Uhr abends fuhren wir los. Da wir Bruder Hüber jeden Sonntagabend zum Bauplatz brachten — er schlief während der Woche drunten in einer Blechhütte — kam das ganz gelegen. Nach einem be-stheidenen Abendessen, bestehend aus Pfannkuchen und Kaffee, brachen wir auf. Hatten etwa eine halbe Stunde zu gehen hinunter zum Bach und dann weiter durch das hohe Gras auf den kleinen Pfaden, die die Schwarzen so gerne in Schlangenlinienform austreten. Wir hatten noch einen Burschen mitgenommen, einen Halbweißen, der im nahegelegenen Store (Laden) arbeitete. So waren wir also vier Mann: P. Höfer, Bruder Hüber, der Farbige und ich. Es dunkelte schon, als wir aufbrachen. Wir lachten und scherzten und machten Witze, besprachen alle möglichen und unmöglichen Dinge, die sich vielleicht ereignen könnten: was die Leute und besonders die Zauberin sagen würde, wenn auf einmal die aba-fundisi, die Missionäre, auftauchen. Ob sie uns hineinlassen oder ...? Der gute Mond über uns wird wohl manches Mal den Kopf geschüttelt haben über all das, was wir besprachen. In der Nähe des Krales angekommen, setzten wir uns auf eine Felsplatte und schickten den Halbweißen hinüber zur Lehrerin. Sie sollte uns den Zutritt ermöglichen. Die Lehrerin kommt sofort. Nun, da wir wirklich gekommen sind, hat sie doch ein wenig Bedenken und Angst; es steckt eben auch in ihr noch etwas von der Furcht vor der Zauberin, wie in jedem Schwarzen. So kommen wir überein, den Mann der kranken Frau zu rufen, der dann auch kommt. Er kannte uns von früher und war etwas erstaunt, uns hier zu sehen, aber er hatte nichts dagegen und erklärte sich bereit, die Zauberin auf unsere Anwesenheit aufmerksam zu machen. So kamen wir also zur Hütte und wurden eingelassen. Sie war sehr schön gebaut, die Wände glatt gestrichen, keine Fugen und Ritzen zu sehen, der Fußboden natürlich aus Kuhmist wie üblich. Wir setzten uns auf eine Matte nieder. Zum Willkomm wurde uns eine Schale Negerbier gereicht. Den ersten Schluck tat die Lehrerin zum Zeichen, daß das Bier nicht vergiftet sei. Es war nicht schlecht, schmeckte sogar nach dem strammen Marsch sehr gut. Nach und nach kamen immer mehr Leute. Das war ein Begrüßen und Händeschütteln, denn jeder Schwarze will eigens begrüßt sein. Dann brachte der Mann seine kranke Frau zur Begrüßung und erzählte uns den Verlauf der Krankheit. Schon lange Zeit war die Frau krank, konnte nicht mehr aufstehen, noch viel weniger gehen. Natürlich hat sie amadhlozi (Geister) in sich, nur wissen sie nicht, was für einen. Denn jeder Schwarze, der krank ist, hat einen bösen Geist in sich, ob er nun Kopfweh hat oder sonst eine Krankheit. Dieser Geist muß ausgetrieben werden. Zu dem Zweck läßt man die Zauberin kommen. Der Mann erzählte uns auch, daß die Zauberin tags zuvor 'schon dagewesen sei oder vielmehr die Nacht zuvor. Unter anderem habe sie da auch „die Knochen geworfen", um die Art der Krankheit oder vielmehr des Geistes zu erforschen. Dann habe sie noch Verschiedenes am nahen Bach getan. Und merkwürdig, von dem Tage an konnte die Frau aufstehen und gehen, wie die Zauberin es vorausgesagt hatte. Heute abend sollte nun die Sache fortgesetzt werden. Um keinen der lieben Leser zu enttäuschen, möchte ich bemerken, daß der ganze Heilungsprozeß 14 Tage dauerte. Jeden Abend kam die Zauberin. So sahen wir natürlich nur einen kleinen Ausschnitt, der aber für uns doch sehr interessant war, zumal es eine seltene Ausnahme ist, überhaupt dabeisein zu dürfen. Die Vorstellung — denn für uns selbst war es ja nichts anderes — fand in einer-anderen Hütte statt. Der Raum war nicht groß und ziemlich schnell voll, ja überfüllt. Für uns wurde eine kleine Bank an der Schmalseite der Hütte hingestellt. Da saßen wir nun und harrten der kommenden Dinge. Die Lehrerin war bei uns als Dolmetsch, da die Leute alle Sesuto und nicht Zulu reden. Uns gegenüber auf der anderen Seite der Hütte faßen die Frauen, meist mit einem Kind auf dem Rücken oder auf dem Schoß. Neben uns und mehr dem Eingang zu befanden sich die Männer. Noch war die Zauberin nicht erschienen. So hatten wir Zeit, uns alles genau anzuschauen. Ueber uns an der Wand war eine alte Petroleumlampe ausgehängt, deren flackerndes Licht den Raum nur trüb beleuchtete. Wahrlich, eine merkwürdige Gesellschaft, in die wir geraten waren! Das war ein Auf und Ab von Stimmen, ein Kichern und Lachen. Und wie die Zähne und das Weiße der Augen aufblitzten beim unruhigen Hin- und Herzittern der kleinen Flamme und wie die schwarzen Gesichter fettig glänzten, wenn ein Windstoß das Licht jäh auflodern ließ. Dann sahen wir auch genau, wie wir beobachtet wurden, heimlich und aus dem Dunkel des hintersten Winkels, wo sie sich unbemerkt glaubten. —■ Nun standen einige Frauen auf und holten die Trommeln. Diese haben die Wiedergeburt vor dem Tode. Eine 96jährige Znln-frou empfängt dem Tode nahe aus den Händen eines Missionsbenediktiners von 6t. Ottilien im Apostolisch. Vikariat Eshowe die hl. Taufe. (Fides-Foto) Form eines Kegels oder eines Trichters, genau so, wie früher die famosen guckerhüte aussahen. Man nimmt die Trommel beim Schlagen zwischen die Knie und steht dabei halbgebeugt da. Oder kniet sich nieder und hält die schräg aufwärts gerichtete Trommel mit den Beinen fest. Getrommelt wurde hier nicht mit einem Schlegel, sondern mit beiden Händen. Es steht so einfach aus, doch probiert man es selbst, bringt man es nicht recht fertig. Die rechte Hand gibt den führenden Takt und Ton, die linke begleitet mehr das Ganze. Mitten im prächtigsten „Trommelfeuer" wird plötzlich gestoppt, aller Lärm verstummt. Eine Frau kommt zur Tür herein, schreitet an uns vorbei, setzt sich aber dann gleich neben uns nieder, fodaß wir sie gut im Auge haben. Rasch flüstert uns die Lehrerin zu: „Das ist die Zauberin!" Zuerst waren wir enttäuscht. Wir erwarteten ein Weib, phantastisch mit Tierfellen behängen, Hals uird Brust geschmückt mit Medizinbeuteln, Perlen, Knochen und Zähnen wilder Tiere. Und vor allem erwarteten wir ein altes, ausgemergeltes Weib mit Augen, die tief drinnen liegen und unheimliches Feuer sprühen, ein Weib mit weit vorstehenden Backenknochen, spitzem, zahnlosen Mund, ein Weib nur mehr aus Haut.und Knochen bestehend, kurz eine alte, furchterregende Hexe. Und nun saß da uns schräg gegenüber ein Weib, hoch und kräftig gewachsen, mit stumpfem, wuchtigen Hals, darauf ein Kopf, massiv und fest hingesetzt. Das Gesicht fett und wohlgenährt und gut gerundet, mit wulstigen, aufgeworfenen Lippen. Kein Schmuck, kein aufsehenerregendes Gewand. Nur um das linke Handgelenk trug sie einen verkupferten Ring. Das einzige, das ein wenig abstach, war die rote Bluse, die noch einigermaßen ihre Farbe bewahrt hatte. Aber wenn man länger hinsah, konnte man doch Angst und Furcht und auch etwas Respekt vor ihr bekommen. Sie schien bärenstark zu sein. Die „Feier" begann. In einer großen Schüssel hatte die Zauberin ihre Sachen mitgebracht. Langsam, voll majestätischer Würde und Ruhe, wie es ihrem Amte geziemt, packte sie das Notwendige aus. Der Mann der kranken Frau sollte die Sitzung mit einem Tanz eröffnen. In der Mitte der Hütte war ein kleiner Platz freigelassen für den Tanz, gerade groß genug, um ein paar Schritte vor und zurück zu machen. Immer schneller und wilder wurde der Tauz. Bald sank der Mann in die Knie, dann sprang er hoch, machte zwei Schritte vorwärts, warf den Kopf zurück, drehte sich auf einem Fuß schnell herum, klatschte in die Hände, wippte auf den Zehenspitzen auf und ab. Der ganze Körper war ein einziger Rhythmus, so elastisch und biegsam, als fehlten jegliche Knochen. Dazu kam noch ein fürchterlicher Lärm. Denn an jedem Bein hatte er einen Schellenbund mit je 12 bis 15 kleineren Schellen befestigt. Das klingelte nicht mehr wie bei uns daheim das Schlittengeläute im Winter, das rasselte und dröhnte in den Ohren, wenn er mit beiden Füßen wie von Sinnen auf den Boden stampfte, oder sich schüttelte im schnellen Hin und Her. Die Frauen klatschten in die Hände und schrien und sangen mit ihren hohen Stimmen. Die Männer fuhren dazwischen mit ihren klingenden Bässen und die Trommeln klangen dumpf und unentwegt. Man glaubte, die Hölle sei losgeworden, Walpurgisnacht fei angebrochen und der Langgeschwänzte selbst stiebe durch den Raum mit seinem dicken Quastenende. Ja, es schien wirklich so, wenn der Mann den an einem kurzen Stiel befestigten Roßschweif mit der Rechten über seinem Kopf schwang, daß die Haare im Wind auseinanderflatterten und sausend die Luft durchschnitten. Es wollte kein Ende nehmen; keine Spur von Ermüdung war zu sehen. Wieder stampft er mit bloßen Füßen den Boden ... dann steht er mit einem Schlage still. Der Lärm verstummt, die Trommeln schweigen. Still tritt der Mann zur Zauberin und übergibt ihr den Pferdeschwanz und die Schellenbündel, die der Schüssel entnommen waren. Nun steht die Zauberin auf, zieht aus der Schüssel eine Menge Tücher und tritt zu der kranken Frau. Gemeinsam gehen sie in die Mitte der Hütte. Die Frau wird angekleidet, d. h. sie bekommt über ihre Kleider noch Verschiedenes umgehängt. Kreuz und quer werden lange, schmale Tücher gleich Schärpen angebracht. Die Schleifen haben verschiedene Formen und bald ist in der Mitte ein großer Knoten, dann wieder mehr am äußeren Ende. Jeder Knoten hat seine Bedeutung. Eine Schleife wird über die linke Schulter gelegt und auf der rechten Seite mehr gegen unten zusammengeknüpft, sodaß die beiden Enden gleich weit herabhängen; eine andere hat dagegen nur ein Ende herabhängen. Wieder eine andere Schleife wird mehrmals um die Lenden geschlungen und eine auf der Brust gekreuzt. Zuletzt wird noch eine um den Kopf gedreht, die weit herabhängt und beinahe den Boden berührt. So ist die Frau nun eingemummt wie ein kleines Kind: ein richtiger, freilich nicht zu fester Wickel. Nun werden ihr die Schellenbündel an den Füßen befestigt, in die rechte. Hand ein Stab, der „Zauberstab", gereicht, der auch zugleich als Stütze dienen sollte, falls sie beim Tanzen schwach würde, wie wir später sehen sollten. In der linken Hand hielt sie den Pferdeschwanz. Das Zeichen mit der Trommel wurde gegeben, der Gesang sollte beginnen. Eine hohe Stimme singt ein paar Worte, dann schweigt sie wieder. Leises Geflüster wurde vernehmbar, schwoll an und wurde lauter. Einige Weiber gestikulierten heftig mit den Armen. Wir fragten die Lehrerin, was denn los sei. „Ja, sie sind noch nicht einig, was sie singen sollen." Die Zauberin saß da, als ginge sie das alles nichts an. Kein Wort, keine Gebärde verriet, was sie dachte. Wieder klang die Trommel, eine andere folgte und dann wieder eine. Und jetzt setzte der Gesang ein. Die kranke Frau tanzte. Erst setzte sie den einen Fuß ein wenig vor und wieder zurück, ganz langsam und scheu, als habe sie das von Jugend an Gewohnte wieder verlernt, als fühle sie keine Kraft mehr in sich. So scheu und schüchtern waren diese ersten Bewegungen. Noch stützt sie sich auf den Stock und läßt den Pferdeschwanz lässig herabhängen. Noch ist es kein eigentlicher Tanz, sondern mehr ein Gehen, ein federndes, wiegendes, tänzelndes Gehen, wobei der Fuß behutsam aufgesetzt wird, der Körper vor- und rückwärts schwingt. Man merkt, wie sie noch ein wenig unsicher ist und schwach, wie sie ausprobieren will, wieviel sie sich zutrauen kann. Man steht und fühlt, daß sie lange Zeit gelegen ist und ihre Kräfte abgenommen haben. Bei uns daheim würde man es überhaupt als Unsinn bezeichnen, in einem solchen Zustand eine Frau tanzen zu lassen, man würde das roh und gefühllos im höchsten Grad nennen. Nun wurden die Trommeln lauter und eindringlicher, ihr Tempo schneller, der Gesang lebhafter. Auch in die Frau kommt unwillkürlich mehr Bewegung. Sie stützt sich nicht mehr auf den Stock, sie hält ihn frei in der Luft, als diente er ihr nun als Balancierstange. Sie fängt an, den Boden zu stampfen, sich zu drehen. Die Schellen raffeln und lärmen. Jetzt beugt sie sich nieder, sie duckt sich, stiert irgendwohin in die Weite, springt hoch, dreht sich im Kreis. Die Schleifen flattern und wirbeln weit hinaus, das Licht flackert unruhig auf und ab und wirft große, verzerrte Schatten an die Wand. Staub steigt auf, es wird dunstig und heiß und stickig im Raum. Und die Frau tanzt und tanzt, ist wie besessen, die Leidenschaft hat sie gepackt, die Musik reißt sie mit fort. Manchmal, wenn es zu ungestüm und wild geht und sie aus dem Gleichgewicht zu fallen droht, stützt sie sich schnell auf den Stock. Auch sie hält den Roßschweif hoch in der linken Hand und wirbelt ihn über dem Kopf. Das Licht zuckt noch mehr unter diesen unregelmäßigen Windstößen, oft droht es zu erlöschen. Für Augenblicke ist es fast Nacht in der Hütte, und unnatürlich und fremd dringt der Gesang der Männer und Frauen an unser Ohr. (Schluß folgt.) Unsere Fahrt ins NegerlanÖ. Kapstadt, am 7. April 1939. „D ferner Strand, o Negerland, Sei uns gegrüßt mit Herz und Hand!" So sangen die Seminaristen im Missionshaus zu Ellwangen (Jagst) Württ., als wir zehn Schulschwestern aus Eggenberg bei Graz (Ostmark) zu einem Missionsabend eingeladen waren. Die frohe Begeisterung der Missionsjugend ergriff auch unsere Herzen und wir fühlten uns zum erstenmal als Missionsschwestern, zumal wir ja auch von hier aus durch den hochw. Pater General der Herz-Jesu-Söhne in Christi Weinberg nach Transvaal gesandt wurden. In Ellwangen erhielten wir den hochw. Pater Steidle, der bereits sieben Jahre als Missionar in Südafrika gewirkt hatte, zum Reiseführer. Am 5. März 1939 hatten wir unsere engere Heimat verlassen. In nächtlicher Fahrt ging es durch die Berglandschaft unseres Steirerlandes. Zum letzten Male grüßten wir die Hänge, Felder, Wiesen und Wälder der schönen Ostmark. Wir weilten im Geiste bei den Lieben daheim. Erst in der Feierstunde im Missionshaus zu Ellwangen nahmen unsere Gedanken eine andere Richtung: Das Vergangene wich einer hoffnungsfrohen Zukunft. Unser Denken und Sinnen ging ins ferne Negerland. Am Morgen des folgenden Tages, am 8. März, brachen wir nach Hamburg auf, das wir am Abend erreichten. Ganz festlich erschien uns die prächtige Hafenstadt in ihrem nächtlichen Lichterschmuck. Wir träumten von hohen Mastbäumen, von schwellenden Segeln, vom blauen Meer. Der Traum wurde dann Wirklichkeit am 9. März, dem lang erwarteten Einschif- fungstag. Nachdem wir uns mit vier anderen Miffionsschwestern aus Hiltrup bei Münster vom „Stern des Meeres" in der Kapelle des Raphaelsheimes verabschiedet hatten, fuhren wir zum Hafen. Ein Wald von Mastbäumen und riesige Kräne bezeichneten uns die richtige Stelle. Wir passierten die Paß- und Afrikanischer Zauberer ans Angola. Der Fctifchprl ester in Sitnibn (Angola) will durch die Fülle seiner Tracht Reichtum und Wohlstand versinn'bilden. Außer dem Pullover trägt er auf vein Helm Salate und Gemüse als Symbol der Fruchtbarkeit. (5ibes=5oto) Devisenrevision und sahen nach unserem Schiff. Stolz und majestätisch lag es da. Die „Ubena", so hieß es, schien uns der schönste Dampfer von allen. Mit gemischten Gefühlen betraten wir die Schiffsbrücke. Drüben erwartete uns schon unsere liebe Mutter Generaloberin, die sich trotz ihrer Kränklichkeit nicht abhalten ließ, ihre ersten Afrika-Missiona-rinnen zum Hafen zu begleiten. Noch einmal segnete sie uns, dann schlug die Abschiedsstunde. Die Signale ertönten, Musik erklang, die Brücke ward hochgezogen, langsam glitt das Schiff aus dem Hafen. Ein letztes Winken und Grüßen dem lieben Mütterchen am Strande und allen Lieben daheim. Dann ging es weiter in den dämmernden Abend hinein. Bald deckten die Fittiche der ersten Nacht auf See unsre müden Augen. Am 10. März grüßten wir die letzte deutsche Stadt, die alte Hansastadt Bremen. Bald sollte uns das weite Meer vom deutschen Boden trennen. „Herr, segne unsere deutschen Lande, erhalte sie im Glauben an Dich, den einzig wahren Gott", so standen wir in stillem Flehen. Wir dürfen hinausziehen, ein neues Reich zu erobern. 12. März: Der erste Sonntag auf dem Meere. Es war ein herrlicher Morgen. Die aufgehende Sonne ergoß sich in strahlendem Glanz über die rauschenden Wogen der Nordsee. In den ersten Morgenstunden feierten wir gemeinsam die heilige Messe. Täglich würdigte sich der große Gott auch ferner, mit dem winzigen Ruhepunkt unserer sehnenden Herzen inmitten der Unendlichkeit des Meeres vorlieb zu nehmen. Nur an einem Tag beraubte uns die Seekrankheit dieser köstlichen Himmelsgabe. Am Sonntagnachmittag lenkte ein untergehendes Schiff in unserer Nähe aller Aufmerksamkeit auf sich. Als man später noch ein zweites derartiges Schauspiel erleben konnte, meinte eine Schwester furchtsam: „Wenn ich noch ein drittes Schiff sinken sehe, so steige ich im nächsten Hafen aus." Dieser war ja schon nahe, doch die Schwester ist heute noch bei uns. Zwei Tage blieben wir vor der belgischen Stadt Antwerpen liegen. Hier nahm unser Schiff schwere Lasten auf. Unermüdlich rasselten die Maschinen. Wir entflohen dem unliebsamen Geräusch und gingen in die Stadt, besichtigten die herrliche Kathedrale und die schönen Kirchen und mächtigen öffentlichen Gebäude. Die berühmten Gemälde von Rubens und van Dyck konnten wir nur zum Teil sehen, weil die größten verhüllt waren. Am 14. März abends segelten wir von Antwerpen ab, nicht ahnend, was unser noch wartete. Vielleicht wäre mancher Passagier auf sicherem Festland geblieben, wenn er die Schrecken der Nacht vom 14. auf den 15. März voraus gewußt hätte. Doch, so schlimm war es gerade nicht. Gestorben ist niemand, obwohl es manchem zum Sterben schlecht war. Also die allbekannte Seekrankheit hatte einen netten Besuch gemacht. Das Schiff schaukelte so gewaltig, daß alle nicht niet- und nagelfesten Gegenstände mit unheimlichem Lärm von der Höhe in die Tiefe stürzten. Die Kastentüren flogen auf und zu, die Gläser klirrten. Von draußen hörte man das Toben und Wüten der erzürnten Wogen. Kurz, es war eine Schreckensnacht, von der alle Betroffenen sehnlichst Erlösung wünschten. Im Lause des nächsten Tages ward allen Bedrängten wieder neues Leben eingehaucht, denn der Dampfer landete in Rotterdam. Ein Rundgang in dieser schmucken, holländischen Stadt übte einen günstigen Einfluß auf die Rekonvaleszenten aus. Die weitere Fahrt verlies verhältnismäßig sehr gut. Wir hatten lange Zeit günstigen Wind und ruhige See. Selbst im Golf von Biskaya war es nicht schlimm. Wenn hier auch das Meer in stärkeren Tönen sein ewiges Lied singt, so tritt dieses Rauschen und Drängen der Wogen doch nur in einen schönen Gegensatz zum leichten Spiel der Wellen auf offener See, wie wir es auf der Fahrt von Southampton nach Las Palmas erleben konnten. Europa lag hinter uns. „Ein Vorwärts stets, nie ein Zurück, zum Licht empor mit klarem Blick." Rasch ging die Fahrt mit südwestlichem Kurs der Kanarischen Inselwelt zu. Warmer Sonnenschein war dem kalten Nordwest gewichen. Der erste Frühlingstag glich einem linden Maientag in unserer Heimat. Eitelkeit imsiululanö. Die beiden Zuludamen haben einen Spiegel verehrt bekommen und schon missen sie sich desselben zur Schönheitspflege zu bedienen. (Fides-Foto) Am 21. März landeten wir in Las Palmas. An eine kahle, fremdartige Berglandschaft hingebettet, lag die Stadt. Die goldenen Strahlen der Abendsonne ließen sie schöner erscheinen, als dies in Wirklichkeit der Fall war. Wir gingen zwar im Dämmerschein der hereinbrechenden Nacht an Land; mag sein, daß dies einen düsteren Schleier um die erträumte Palmenstadt legte. Wir kehrten bald enttäuscht zurück. Waren es die fremden Gestade oder der fremdartige Menschenschlag,kurz die Fremde drückte uns nieder. Vom 21. bis 31. März legten wir die längste Strecke der Reise zurück. Von Las Palmas bis Lobito sind es 3340 Seemeilen. An Abwechslung fehlte es nicht. Auf dem Schiff wurde fast jeden Tag ein anderes Fest gefeiert. Auch bei uns im Schwesternkreis fehlte es nicht an Frohsinn, Sang und Scherz. Bevor wir den Aequator überfuhren, plauschte uns der hochw. Pater ganz gewaltig an. Die Erde fei eine Kugel, um deren Mitte ein Strick herumgewunden fei: der Aequator. Bisher sei es bergan gegangen, jetzt müsse inan die Schnur überspringen und dann ginge es rasend in die Tiefe. Der Kapitän müsse ohne Unterlaß bremsen. Nach solchen Erörterungen schien es uns wichtig, auch an der feierlichen Aequatortaufe teilzunehmen. Der Herr Kapitän veranlaßte Gott Neptun, den Beherrscher der Meere, auch drei Schwestern unter besonders huldvollen Zeremonien zu tau- fen. Der allmächtige Meeresgott erhob sich mit seiner ewig jugendlichen Gemahlin und seinem Gefolge von seinem Thron und taufte die drei Taufbewerbe-rinnen auf die Namen Rollmops I, II, III. Hie und da hielt auch Frau Seekrankheit Nachschau und erkor sich das eine oder andere Opfer aus unseren Reihen. Als aber am 10. Tag endlich wieder Land erschien, waren alle Schmerzen wie weggeblasen. Der erste afrikanische Boden lag vor unseren erstaunten Blicken. Lobito — Negerland! Ein leiser Schauer durchrieselte uns, als wir die öden Felsen und dunkelfärbigen Menschen erblickten. AIs wir aber näher zusahen und dem Meeresstrand entlang zum Missionskirchlein eilten, waren wir angenehm überrascht über die schönen europäischen Häuser, die fein gepflegten Gartenanlagen und ganz besonders über die Freundlichkeit der Vorübergehenden, die fast ausnahmslos grüßten. Die Frauen und Mädchen trugen Körbchen auf dem Kopf. Die Mütter hatten ihre Kleinen in einer Hängematte auf dem Rücken. Bereitwillig zeigten sie uns den Weg zur katholischen Kirche. Eine Frau zog gar ihren Rosenkranz aus dem Körbchen, um ihre gleiche Gesinnung mit uns zu beweisen. Im Gotteshaus fühlten wir uns nach langer Seefahrt wieder so recht daheim. „Wie lieblich sind Deine Wohnungen, Herr der Himmelsscharen!" Nach kurzem Aufenthalt verließen wir Lobito, das uns stets in lieber Erinnerung bleiben wird. Die nächsten Landungshäfen waren nur einige Tagreisen von einander entfernt. Am 3. April erreichten wir Walfischbai und am 5. April Lüderitzbucht. Obwohl beide Orte Lobito an Größe und Bedeutung weit überragen, so ist es doch eigenartig, daß Lobito landschaftlich einem Blumengarten gleicht, während Walfischbai mitten in einer Sandwüste liegt und Lüderitzbucht rings von steinigen Felsenbergen umgeben ist. In Walfischbai verließen uns die guten Hiltruper Schwestern, mit denen wir manch frohe Stunde verlebt hatten. In der Eingeborenen-Missionsschule, die wir besuchten, konnten wir .uns zum erstenmal vom musikalischen Talent der Neger überzeugen. Der Herr Schulmeister, ein Eingeborener, führte uns mit seiner jungen Schar mehrere Lieder vor, die zu unserem größten Erstaunen in deutscher Sprache erklangen. Die bekannten Lieder „Im schönsten Wiesengrunde" und „Wie ein stolzer Adler" wurden von den jugendlichen Kehlen nur so herunter geschmettert, daß es weithin schallte. Wären steierische Berge in der Nähe gewesen, so hätte Oesterreich vom Widerhall noch etwas vernommen. Auf dem Heimweg von der Schule zum Hafen begleiteten uns die kleinen Schwarzen. Lustig ging es über die sandigen Hügel dahin. Nirgends sieht man ein grünes Fleckchen. Kein Baum, kein Strauch; nur Sand und wieder Sand erblickt das suchende Auge. Anders war es in Lüderitzbucht. AIs wir am Morgen auf Deck gingen, wußten wir nicht, war es Traum oder Wirklichkeit, was sich unseren erstaunten Blicken darbot. Es war wohl ein Spiel der Phantasie, daß wir uns plötzlich in eine Alpenlandschaft versetzt fühlten. Rings von Bergen umgeben, lag die Bucht vor uns, darin das Wasser wie ein Alpensee. Noch vom Schlaf der Nacht befangen, eilte Mutter Natur, uns hier ihr Schönstes zu zeigen. Sie weckte Frau Sonne hinter den Felsenklüften und sandte deren goldigste Strahlen voraus. Das Leuchten der felsigen Zacken erschien uns wie Alpenglühen und wir Alpenkinder fühlten uns wieder zu Haus. Untertags wich das Bild einer wüsten Wirklichkeit. Nichtsdestoweniger freuten wir uns aber, an Land fahren zu dürfen. Wegen der Untiefen des Wassers können große Dampfer nicht bis zur Landungsbrücke vorfahren. Der Verkehr mit dem Festland wird durch kleinere Boote, sogenannte Schlepper, vermittelt. Wir besuchten eine kleine Schwesternstation und freuten uns, von der Höhe aus das blaue Meer auf der einen Seite und die angeblichen Diamantberge — vom Glanz konnte man nichts sehen — auf der anderen Seite betrachten zu können. Am selben Tag, 5. April, fuhren wir weiter. Ostern ist nahe. Den ganzen Gründonnerstag verlebten wir auf sehr bewegter See. Die stillen Tage der Karwoche und das hohe Osterfest sollen nicht spurlos an uns vorübergehen. Wir feiern sie in Kapstadt und wallen hinauf zur Kathedrale. „Mein liebes Heim ist Dein Altar, mein König, Gott und Herr." Wenn die lieben Leser diese Zeilen zu sehen bekommen, werden wir, so Gott will, längst am Ziele sein. Am 13. April werden wir in Durban landen, dann geht es landeinwärts bis Lydenburg. Möge Gott unser Wirken und das aller Leser in der Heimat segnen! Dies wünschen mit vielen Grüßen Zehn Missionsschwestern aus Transvaal. Zwischen Pflug unt> Sichel Von Karl Heinrich Mobr. (Nachdruckverboten.) Heiß brannte die Augustsonne her- Landstraße zu begrenzten, um das Mitnieder. Im Schweiß ihres Angesichts hat- tagsmahl einzunehmen und anschließend ten Wilhelm Karsten und die Seinen das ein wenig zu ruhen und die Glieder zu Kornfeld bis zur Hälfte abgeerntet und recken. Die beiden ausgeschirrten Rosse saßen nun im Schatten eines der großen, standen dichtbei über einen Haufen Heu alten Birnbäume, die den Acker nach der gebeugt, einsam und verlassen harrte allein die am Ort der Arbeit verbliebene Mähmaschine ihrer Wiederbenutzung. Es war eine gute Ernte Heuer, dick stand die Frucht in den prallen Aehren. Um sie rechtzeitig und ungefährdet einbringen zu können, hatte Karsten gleich den übrigen Bauern seines Dorfes fremde Hilfe in Gestalt eines Arbeitsmannes bekommen, der gerade seiner Dienstpflicht genügte. Valentin Diekmann, zwanzig Jahre alt und Buchdrucker von Beruf, ein aufgeweckter Stadtjunge, fand so zum ersten Male Gelegenheit, sich mit dem Leben und den Gewohnheiten der Menschen auf dem Lande vertraut zu machen. Er war mit vollem Eifer bei der Sache, willig und fleißig, und da er sich überdies auch anstellig zeigte, kam seine Hilfe den Bauersleuten kaum minder zustatten als die eines der ihren. Was den Fremdling indessen im Kreise der Karstens schnell heimisch werden ließ, verdankte er dem natürlichen Widerhall, den sein gutes, aufgeschlossenes Wesen fand, und der sich in einer gegenseitigen Teilnahme äußerte, wie nur einander Anziehende sie zu bekunden vermögen. So währte es nicht lange, bis Bauer und Bäuerin sich nach Beruf und Ergehen von Eltern und Geschwistern des jungen Mannes erkundigten und zu wissen begehrten, welche Absichten und Ziele ihn selbst für die Zukunft beschäftigten. Gern Rede und Antwort stehend, benutzte auch Valentin die kargen Pausen der Unterhaltung, um sich über dies und jenes aus dem Leben seiner Gast- und Arbeitgeber zu befragen, was ihn bewegte. AIs etwas ihm seither Ungewohntes kam den jungen Städter das Beten an, wie Karstens es zu Beginn ihrer Mahlzeiten kurz, doch hingebend, zu üben pflegten. Verwundert darüber, daß die Leute ohne jegliche Scheu ihr Denken und Trachten so offen vor ihm, dem Fremden, zutage legten, vermeinte er, sie insgeheim ein wenig bedauern zu müssen ob dieser Einfalt, die, nach seinem Ermessen, nichts Rechtes für starke, gesunde Menschen und allenfalls nur den Kindern und Greisen bekömmlich sei. Gern hätte Valentin auch über diesen Punkt einmal mit seinen Freunden gesprochen; ein gewisses Taktgefühl hin- derte ihn daran, das nach seiner Ansicht heikle Thema anzuschneiden. Daß jedoch Glaube und Gotterkenntnis ganz und gar des Absonderlichen entbehren, bewies der Bauer Wilhelm Karsten dem jungen Städter und Buchdrucker Valentin Diekmann treffend während jener kurzen Spanne Zeit, da sie sich gesättigt und gelabt im Schatten des alten Birnbaums noch ein Weilchen im Grase streckten. „Wird bei euch daheim auch Andacht gehalten?" fragte Karsten unvermittelt. „Rein", gestand Valentin überrascht und selbstsicher zugleich, „wir kennen diesen Brauch nicht." „Seid ihr denn nicht gut Freund mit dem lieben Gott?" lächelte der Bauer ihn an. „O — wir stehen ihm nicht gerade feindlich gegenüber. Wir beschäftigen uns nur nicht so mit ihm, wie es bei Ihnen üblich ist." „lind warum nicht —?" „Weil — doch alles seinen Gang geht!" „Auch ohne ihn —?" „Gewiß doch! Wir sind der Ansicht, daß man nicht mehr tun kann als feine Pflicht und Schuldigkeit, und daß das Ergebnis, der Lohn, so ausfällt, wie unsere Mühe und Arbeit das verdient haben!" „Da halten Sie unser Danken und Bitten gar für überflüssig?" „Offen gestanden: ja." „Run, so werden Sie sicher in Ihrem Sinn auch schon gedacht haben, was diese Karstens doch für komische, dumme Leute sind, nicht wahr —?" „Durchaus nicht, Herr Karsten, wie können Sie das sagen?!" ereiferte sich Valentin, der sich ordentlich schämte ob der schlecht verhehlten Zurechtweisung, obwohl sie in durchaus freundlichem Ton erfolgte. „Wir, die wir Jahr um Jahr zwischen Pflug und Sichel, zwischen Saat und Ernte, verbringen", hub der Bauer nach einem langen Blick über das sich vor ihnen im Glanz der Mittagssonne breitende reife Korn an zu reden, „und hart arbeiten müssen, wissen, daß ohne den Segen des Himmels unser Werk nicht gedeihen kann — mag es noch so viel Mühe und Schweiß gekostet haben. Es ist fürwahr kein Kinderspiel, einen Acker zu stürzen, zu eggen, zur rechten Zeit zu düngen und ihn vorzubereiten zur Aufnahme der Saat. Viele und überaus schwere Tagwerke gehen darauf, bis alles geschafft und der Boden eingesät ist. Damit ist aber unsere Aufgabe einstweilen beendet. Was weiter kommt, mein lieber Valentin, bis zur Erntezeit, das ist allein — Gottes Werk! Nichts vermögen wir noch zu tun, um das Korn keimen, wachsen und reifen zu lassen. Wir verfügen über keinerlei Mittel und Wege und besitzen keine Macht, um der weiteren Entwicklung nachzuhelfen. Sie liegt allein in Gottes Hand, und wir Bauern müssen abwarten, in welchem Maße der Herr das Werk unserer eigenen, schwachen Hände krönt! Und deshalb, mein Freund, begnügen wir uns nicht damit, unsere Pflicht und Schuldigkeit zu tun, bangen darüber hinaus vielmehr tagaus, tagein um den Segen des Allmächtigen. Verstehen Sie nun —?" „Sie haben recht, Herr Karsten", konnte Valentin nicht umhin, ihm beizupflichten, „ich sehe ein, daß ich mich — geirrt habe. Wenn ich ein Bauer wäre, so würde ich es sicher ebenso halten wie Sie und Ihre Familie." „Da Sie aber kein Bauer, sondern ein Buchdrucker sind, glauben Sie, den Beistand des Höchsten entbehren zu können?" forschte der Landmann und alle horchten gespannt aus. „Ich muß mir das einmal durch den Kopf gehen lasten, Herr Karsten", erwiderte Valentin nach einer Weile Nachsinnens sichtlich verlegen. „Tun sie das, junger Freund", befchied ihn Wilhelm Karsten, „vergessen Sie aber auch nicht, daß wir Bauern weniger für uns selbst als für die Ernährung, den Bestand also, des ganzen Volkes arbeiten! Und stellen Sie sich dann vor, wie es den Volksgenossen im großen Vaterland — und somit auch Ihnen und Ihren Angehörigen - erginge, wenn der Allmächtige unsrem Werk das Gedeihen versagte!" „Nicht auszudenken!" entfuhr es Valentin Diekmann, während er, dem Beispiel des Bauern folgend, sich erhob, um neugestärkt die Arbeit wieder aufzunehmen. Der erste madegassische Bischof. 1885 war es einem katholischen Priester durch List gelungen, nach Tananarive zu kommen, wo er vor zwei Europäern und fünf Eingeborenen die Messe las. Heute 't)at Madagaskar feinen ersten einheimischen Bischof, e. Exz. Mons. Ramarosandratana, der am 25. Mai 1939 zum Apost. Bikar von Miarinarivo ernannt wurde. Wir sehen hier den neuen Bischof inmitten seiner einheimischen Katechisten auf einer Missionstour durch den Busch. (Fides-Foto) Umschau* Zmct einheimische Bischöfe in Afrika. Pius XL, der Missionspapst seligen Angedenkens, hatte 18 chinesische, zwei japanische, drei «nnamitische, acht indische Bischöfe, einen ceylonesischen nnd einen abessinischen Bischof ernannt. Der regierende Papst Pius XII. schenkt an der Schwelle seines Pontifikates «dem schwarzen Erdteil zwei einheimische Bischöfe, einen Mwdegassen in «der Person Sr. Exzellenz Mans. Ignatius Ram aro sandratan a auf Madagaskar und einen Bantu in der Person Sr. Exzellenz Mans. Joseph Kiwanuka in Uganda. In ihrer Plenarsitzung vom 15. Mai 1939 beschlossen die Kardinalsmitglieder der Propaganda die Errichtung von zwei neuen Missionssprengeln, die dem einheimischen Klerus anvertraut werden sollen. Der Heilige Bater gab seine Zustimmung zu diesem Beschluß in der Audienz, die er am 25. Mai Exzellenz Co-stantini, dem Sekretär der Propagandakongregation, gewährte. Die verschiedenen religiösen Ordensgesellschaften, die sich für die Missionierung M a -dagaskars und die Heranbildung made-gaffischer «Priester und Bischöfe einsetzten, sehen so ihre Arbeit herrlich belohnt. Der neue Sprengel, der unter dem Namen Apostolisches Vikariat Miarinavivo ins Leben tritt, setzt sich aus dem gleichnamigen Bezirk und zwei weiteren Distrikten zusammen, wo die italienischen Trinitarier seit 1926 arbeiten; dazu kommen noch zwei von den Nachbarmissionen Tananarive und Majunga abgetrennte Gebietsteile. Der Grundstock des neuen Vikariates, schon 1926 von Tananarive losgetrennt, nimmt eine Fläche von 27 000 qkm ein und zählt ungefähr 120 000 Bewohner. Davon sind 37 232 Katholiken, die ihrerseits 21 Kirchen, 176 Kapellen, 35 Schulen mit 68 Lehrern und 2268 Schülern — 1340 Knaben und 928 Mädchen — aufweisen. Außer den italienischen Trinitariern stehen dem neuen Bischof 11 einheimische Weltpriester zur Seite, die «ihm Exzellenz Fourcadier 8. J., der Apostolische Vikar von Tananarive, zur Verfügung stellt. Bereits arbeitet die Mission an der Ansbildung von 12 Seminaristen. Mons. Ramarosan'dratana steht im 46. Lebensjahr und stammt aus einer angesehenen katholischen Familie von Ambohipeno im Apostolischen Vikariat Tananarive, wo sein Vater Bezirksvorsteher war. Seine philosophischtheologischen Studien machte er am Jesuitenseminar in Tananarive, 1925 wurde er zum Priester geweiht. Er war nacheinander Pfarrvikar, Direktor der Lehrerbildungsanstalt der Katechisten und geistlicher Präfekt des Sankt Der erste einheimische Bischof des schwarzen Erdteils. S. Exz. Monsignore Jos. Kiwanuka wurde am 25. Mai 1939 zum Apostolischen Vikar von Mnsaka im Uganda land ernannt. (Jödes-Foio) Michaelkollegs in Tananarive. Ueberall erwarb er sich das Vertrauen und die Zuneigung seiner Vorgesetzten und Pfarrkinder durch seine glänzenden Eigenschaften, vor allem aber auch durch seinen Charakter. Der Gedanke, in U g a n da eine selbständige, für den einheimischen Wciltklerus bestimmte Mission zu gründen, reicht bis ins Jahr 1925 zurück, wo Sc. Exzellenz Mons. Streicher noch als Apostolischer Vikar tätig war. Um diesen Plan zu verwirklichen, übertrug sein Nachfolger Exzellenz Michaud den ganzen Distrikt Buddu seinen schwarzen Priestern: sie sollten so ihre Lehre «durchmachen und selbst fliegen lernen. Das neue Apostolische Vikariat Masnka umfaßt den ganzen gleichnamigen Bezirk, also außer der Provinz Buddu die kleineren Provinzen Koki, Mawogola, Kabula mit Ausnahme der Sefse-Jnseln im Viktoria-See. Es erstreckt sich über 25 000 qkm und zählt 180 000 Bewohner, von denen 12 000 dem Islam und 16 000 dem Protestantismus angehören. Die Zahl der Katholiken hat nach den letzten Stati« stičen 101451 erreicht; cs kommen dazu 5409 Katechumenen. Das Apost. Vikariat Uganda behält 12 non seinen 50 schwarzen Priestern und gibt 38 an die neue Mission Masaka ab, wo sie 11 Mis-sionsstationen unter sich zu teilen haben. 317 Katechisten werden den schwarzen Klerus bei seinem Apostolat unterstützen. Die 43 Schulen Masakas zählen 13 603 Schüler und zwar 7967 Knaben und 5636 Mädchen. Auf dem Boden des neuen Vikariates in der Gegend von Dubdu stehen auch die bedeutendsten Werke, die die Weißen Väter ins Leben gerufen haben: das Große und Kleine Seminar zu Katigondo und Bukalasa; die Zentralhäuser der Weißen Schwestern, der Einheimischen Schwestern Danna-bikira und der Einheimischen Briider Banna-karoli, die Lehrerbildungsanstalt Bikira und andere wichtige Schulen, die von den Weißen Vätern und den Brüdern von Ploermel geleitet werden. Dions. Joseph Kiwanuka ist erst vierzig Jahre alt. Von katholischen Eltern in Nakirebe, Provinz Mawokota, geboren, schloß er seine in Bukalasa und Katigondo begonnenen Studien zu Rom im Angelicum ab, wo er das Doktorat im kirchlichen Recht erwarb. 1929 zum Priester geweiht, trat er 1932 bei den Weißen Vätern ein und fand nach seinem Noviziat Verwendung in der Mission Kabylien. Der Altbischof von llgmrda, Mons. Streicher, der die Arbeit des einfachen Missionärs wieder aufgenommen hat, den kleinen Schwarzen den Katechismus lehrt und den Kranken in der Armenapotheke den Verband anlegt, sieht am Abend seines mühevollen Lebens feine Arbeit und die seiner Missionäre reich belohnt. Die blühende Christenheit im Land der Uganda-Märtyrer hat nach kaum zwei Generationen ihren einheimischen Bischof. Der Lehrer und Meister wird von seiner bescheidenen Residenz Jbanda aus die ersten Schritte seines geistlichen Sohnes in der Verwaltung des großen Erbes von 100 000 Seelen verfolgen können. (Fides.) Die kirchliche Wiedervereinigung aller Christen ist das große Anliegen, das besonders dem neuen Oberhirten der Kirche Papst Pins XII. am Herzen liegt. Es ist allseits beachtet worden, daß der Heilige Vater bei feiner ersten Ansprache an die Welt einen herzlichen Segens-grnß auch an diejenigen richtete, die außerhalb der „Zäune" der Kirche stehen. In der Tat mehren sich die Stimmen der Nichtkatholiken, die sich gedrängt fühlen, mit den katholischen Mitbrüdern gemeinsam um das große Ent der kirchlichen Einheit zu beten und am Brückenbau der Liebe teilzunehmen. Eine eigene „Bruderschaft Una sancta" hat sich zu diesem Zweck gebildet (Mellingen bei Augsburg), die in gleicher Weise Christen in-und außerhalb unserer römisch-katholischen Kirche einigt in gemeinsamem Beten zum einen „Hirten und Bischof der Seelen", „daß alle eins werden". 2iu6eroäl)lt. Mn religiöser 2?auernroman von Berlchold Ich. Mithalm.