Nr. ?. Juli I960. in. Jahrgang. nK ^wu»,°Mbk° ■ u ■ Utzzw»O»L,kKFK"°' WE^R m v, J J ■ -.'a ;. A-M i 10m my • s"M j Bezugsbedingungen. Der „Stern der Neger" erscheint cils illustrierte Monatschrift am Anfange jeden Monates und kostet jährlich 3 Kronen (3 Mark) mit Postversendung. Wir richten an unsere Freunde die innige Bitte, ans Liebe zum göttlichen Herzen Jesu und zu den armen Negern Centralafrikas uns unterstützen zu wollen durch Verbreitung dieser Zeitschrift in ihrem Bekanntenkreise und Werbung neuer Abnehmer. Förderer und Vertreter zur Verbreitung des „Stern der Neger" werden an allen Orten unter sehr günstigen Bedingungen gesucht. Der Ertrag des „Stern der Neger" wird zur Heranbildung von Missionären sür die armen Neger in Centralafrika verwendet. Neu hinzukommende Abnehmer erhalten die bereits erschienenen Nummern nachgesandt. Adresse für Bestellung des „Stern der Heger“: Missionshaus der Söhne des hlst. Leezens Jesu in Mühland bei Brixen (Tirol). lütipt'ption kt Söhne des heiligsten Heesens Ich, Missionäre für Genlrnl-Usrika ober Sudan. Bedingungen der Aufnahme. Die Congregation hat neben der Selbstheilignng der Mitglieder die Bekehrung der Neger von Centralafrika oder Sudan zum Zwecke. Sie besteht aus Ordenspriestern und Ordenslaienbrüdern. Zur Aufnahme ist für alle der Beruf zum Ordensstande erforderlich sowie der aufrichtige Wille, sich und seine Kräfte der Bekehrung der Neger zu weihen. Außer Priestern werden aufgenommen Studenten und Laienbrüder. Für die Studenten wird die vollendete V. Ghmnasialclasse verlangt. In Mühland müssen alle 2 Jahre Noviziat machen, worauf sic, wenn nach dem Urtheile der Obern kein Hindernis entgegensteht, die heiligen lebenslänglichen Gelübde der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams ablegen. Die Studenten fetzen dann ihre Studien für das Priester- Beim Eintritt muss jeder eine bescheidene Ausstattung an Kleidung und Leibwäsche mit sich bringen und soviel Geld, als zur Rückkehr in die Heimat erforderlich ist, wenn solche aus einem triftigen Grunde sich als nöthig erweisen sollte. Nach ihrem Eintritte, seien sie Studenten oder Laren, übernimmt das Institut ihre Versorgung mit allem Nöthigen, in Gesundheit und Krankheit, wie für seine Söhne Behufs Aufnahme' in die Congregation ist an die unten bezeichnete Adresse einzusenden: 1. Ein selbstgeschriebenes Aufnahmsgesuch mit kurzer Lebensbeschreibung und der Erklärung, Ordensmann und Missionär für die Neger lebenslänglich sein zu wollen. 2. Das Zeugnis des Bischofes der eigenen Diöcese. 3. Das Tauf- und Firmungszeugnis. 4. Pfarrnmtliches Sittenzeugnis. 5. Aerztliches Gesundheitszeugnis. 6 (Sei Minderjährigen) die Einwilligung des Vaters oder Vormundes. 7. (Bei Studenten) die Zeugnisse der absolvierten Gymnasialclasscn, besonders der letzten. 8. (Bei Laien) im Gesuche angeben, ob sie ein Handwerk verstehen. Adresse: Hochw. V. Obern des Missionshauses der Söhne des hlst. Herzens Jesu in Mühland bei ßrisen (Tirol). |tttšbierfe HeiäselffP fiw IbtWtotmdwetiittg m Jlfnk. Organ des Mjsionshaufes der „Löhne des HP. Herzens Jefn^. Erfcheinl am Anfange jedes Monats. Wr. 7. Juli 1900. III. Jahrgang. Inhalt: Märien-Verein für Afrika.— Erste Reife unserer Missionäre im wiedereroberten Sudan (Schluss). — Dom afrikanischen Sclaven Zinn katholischen Priester (Fortsetzung). — Erinnerungen an eine Reise im Rothen Meere (Fortsetzung). — Verschiedenes. Itiarien-Umm für Afrika. Der Marien-Verein für Afrika unterstützt die afrikanischen Missionen, fördert das Werk der Antisclavereibewegung und nimmt sich besonders der unter dem Allerhöchsten Protectorate Sr. Majestät des Kaisers Iranz Josef I. stehenden Mission für Central-Afrika an. Diese letztere Mission kann nun, da der Mahdi besiegt und der Zugang in den Sudan wieder möglich geworden ist, eine größere Thätigkeit entfalten; bereits sind die Missionäre in Central-Afrika eingezogen und haben in Chartnm ihre Missionsthätigkeit begonnen. , „ t. Dreierlei ist aber nun nothwendig, um m recht ausgiebiger Weise die Christianisierung von Central-Afrika durchzusetzen. 1. Kine grofic Anzahl non Missionären. — Wer Beruf hat, entweder als Priester oder als Student (und zukünftiger Priester) oder auch als Laienbruder (Handwerker) für Afrika thätig zu feilt, wende sich an den Oberen des Missionshauses in Mühland (bei Brixen in Tirol), hochw. P. Laver Geher. 2. Größere Gekdmittek zur Erhaltung und Erweiterung des Missionshauses in Mühland und zur Erhaltung der Missionäre, die in Afrika thätig sind. Für die Ausbringung dieser Geldmittel! sorgt der Marien-Verein für Afrika, weshalb die Ausbreitung dieses Vereines und der Anschluss an selben so wichtig und erwünscht ist. Nach den Statuten kann in jeder Pfarre eine Filiale dieses Vereines gegründet werden. Als Mitglied zahlt man monatlich 10 h, also jährlich 1 K 20 h. Mögen auch bei den jährlichen Kirchensammlungen für Afrika die Gläubigen gerne ein reichliches Almosen spenden. 3. Eifriges Gebet besonders zur allerseligsten Jungfrau und Gottesmutter Maria, auf dass Gott der armen Afrikaner, der Neger, der Wil- den und besonders der unglücklichen Sclaven sich erbarme, und recht vielen Katholiken die Gnade verleihe, mit Opfersinn für die unsterblichen Seelen der schwarzen Afrikabewohner thätig zu sein. Als Mitglied des Marien-Vereines betet man ans dieie Meinung täglich ein Vaterunser, ein Ave Maria und den Zusatz: „Bitte, o Himmelskönigin Maria, für die unglücklichen Neger! Auf dass sie mit uns würdig werden der Verheißungen Christi." Katholiken von Wien und ganz Oesterreich! Tretet recht zahlreich dem Marien-Verein für Afrika bei, erbarmet euch der armen, unglücklichen Neger, dann wird sich Gott auch unser erbarmen und in unseren Drangsalen uns Hilfe senden. Wien. Für den Diöcefan-Ausfchufs des Marien-Verems situ Afrika: Gcrnonicus Antorr SchöpfteutHnerr. Srltc Mise »»serce Wssmniire im miedcreroberte» U»i>an. Won Assuan nach Kmöerrnan unö guritcB. Von P. Wilhelm Banholzer, F. S. C. (Schluss.*) /onnerstag (den 5. October) konnten wir zum erstenmale ausschlafen. Besuche wurden keine eingelassen. Wir wollten Freunde und Bekannte heute in ihren Wohnungen aufsuchen. Bei dieser Gelegenheit konnten wir uns Omderman etwas näher ansehen und in Haus und Familie einen Einblick gewinnen. Da muss ich vor allem etwas über die Bauart der Häuser sagen. Die meisten Häuser sehen sich einander ähnlich wie ein Ei dem anderen. Wenn sie mit Mauern umgeben sind, ist es mit diesen der gleiche Fall. Wenn die Nachbarschaft nicht genügend die Lage eines Hauses bestimmt, bleibt nichts anderes übrig, als zu fragen, wo man zu Hause ist. Auch ganz gewöhnliche Hütten haben einen ummauerten Hof vor sich. Die Thüre in den Hof ist zugleich Eingang zu einer Hütte, welche daran angebaut ist, damit es von außen scheine, als sei dies das eigentliche Wohnhaus. Nach Durchschreitnng des Hofes kommt wieder eine Thüre, welche gleich in das Wohnhaus führt, oder es kommt noch ein zweiter Hof, von dem aus man erst ans Ziel kommt. Diese labyrinthartige Bauerei, die darauf absieht, die Menschen irre zu führen und möglichst ungestört von außen zu bleiben, hat die Furcht vor dem Chalifen und seinen Spionen eingegeben. Ganz direct auf die Straße schauende Häuser hätten zu oft Besuche erhalten. Man denke sich nun, was für ein Labyrinth ganz Omderman sein muss. Der Mahdi hatte in den Wohnungen jeden Schmuck und Luxus verboten. Inzwischen ist in Häusern der Griechen, Orientalen und besseren Eingeborenen die bequeme ägyptische Hauseinrichtung wieder eingezogen. Der Besucher nimmt auf einem fein bedeckten Angareb Platz und kommt nicht sobald wieder los. Kaffee, Limonade und Cigaretten werden überall von den Haussclavinnen angeboten. In verschiedenen Häusern sind *) Siehe Nr. G Seite 123. 148 Erste Reise unserer Missionäre im wiedereroberten Sudan. deren eine nicht geringe Zahl. Ihre Abschaffung geht erst nach und nach vor sich. Die Sclaven und Sclavinnen sind jetzt schon rar. Eine große Anzahl Sudanesen (Sclaven) hat der Sirdar in ihre Heimat zurückgeschickt. Die Waffentüchtigen wurden unter die Soldaten gesteckt. Nur wenige liefen dem Chalifen nach. Ueber« Haupt war dem Chalifen außer den BaggLra von jeher kein Negerstamm aufrichtig ergeben. Er selbst wusste davon und decimierte manche unglückliche Stämme. Die BaggLra flohen auch alle mit dem Chalifen. Nicht ein einziger soll mehr in Omderman sein. Von den NichtbaggLra, erzählt man, seien nach der Flucht sämmtliche dem teuflischen Misstrauen des Chalifen verfallen und niedergemacht worden. Im Kordofan soll kein Mensch mehr leben. Trotz der geringen Zahl von Einwohnern (30—35.000), die jetzt noch in Omderman sind, sind die Lebensmittel, namentlich das Brot, sehr theuer. Die unsicheren und unregelmäßigen Verbindungen machen ihren Preis bald fallen, bald auf einen Schlag steigen. Die neue Regierung thut, was sie kann und hat schon viel geleistet. Wo nichts ist, ist nichts zu vergeben. Aus dem Süden kommt nur wenig Getreide. Die Eisenbahn ist noch nicht vollendet, um große Massen von billigem Getreide aus Aegypten herbeischaffen zu können. Ueber diese Zustünde ärgerten sich kürzlich, so erzählte man uns, die Soldatenweiber und machten ihrem Aerger auch entschlossen Lust. Im Vertrauen auf die Verdienste ihrer Männer im Kriege und gestützt auf ihre eigene Macht, die keine kleine ist, da jeder Soldat eine unbestimmte Anzahl von Weibern hat, sielen sie über den Kornmarkt her, Verkäufer und Verkäuferinnen durchprügelnd und auch fortschleppend, was zur Hand war. Am Tage darauf brachte niemand mehr Getreide zum Verkauf. Die Weiber wurden nun vernünftig und entschlossen sich zu einem universalen „Malssch" (Abbitte). Bei der herrschenden Theuerung gehen die ansässigen Griechen, meist Kleinkrämer, ganz zugrunde. Die Leute hatten sich den Aufschwung Chartums vielleicht zu schnell gedacht und hatten sich verrechnet mit der Annahme, dass die Eingeborenen kauffähig seien. Mit Mühe gewinnen sie das tägliche Brot. Der Getreidehandel ist in den Händen der Eingeborenen. Das Getreide kommt vom Weißen Nil, von Singhat in der Moderia, von Sennaar und auch von Faschoda. Gegenwärtig bringt der Handel mit Waffen, Messern und Kleidern aus der Mahdie einigen Gewinn. Die Eingeborenen selbst liefern feine Geflechte, Filigranarbeiten und ähnliches. Besonders prächtig sind ihre Messer mit Scheide aus Krokodilleder. Den Stahl dazu liefern alte Säbel. Auch Gold und Silber wird verarbeitet zu Amuletten, Perlen, mohammedanischen Gebetsschnüren, Arm und Fußbändern usw. Das Gold kommt meistentheils aus der Gegend des oberen Blauen Nils, auf der Grenze von Abyssinien, aus Beni und Schongal und ist von feinster Qualität. Ein Haupthandelsartikel ist noch das Salz, das sich zwischen Berber und Omderman findet. Die Regierung hat das Monopol davon einem Eingeborenen übertragen. Zahlreiche Arme beschäftigt der Bau von Barken. Für den Aufschwung des Handels sind deren große im Bau. Straußenfedern sind dieses Jahr keine aus dem Kordofan gekommen. Die Gummi-Ernte fiel ebenfalls aus. Während die Moderien (Districte), Berber, Dongola, sehr gute Fortschritte machen, ist Omderman (später Chartnm) Erste Reise unserer Missionäre im wiedereroberten Sudan.' 149 noch im Beginnen. Ganz natürlich; man kann nicht alles auf einmal thun, Krieg führen, Eisenbahnen bauen, Verhältnisse ordnen. Der Krieg hat den Engländern viel gekostet, mit der Eisenbahn allein haben sie für den Sudan viel gethan, und die Verhältnisse sind so weit geordnet, dass die Eingeborenen mit etwas Verständnis zufrieden sein können. Es bekommen wenigstens alle ihr gutes Recht, was früher nie der Fall war. Aber diese Leute wollen lieber die Peitsche eines der Ihrigen, als die Gerechtigkeit und das Wohlwollen eines „Ungläubigen" (Christen). Daher die Unzufriedenheit bei all dem guten Willen der Regierung. Die Aufhebung der ©datieret hat ihnen die Regierung vollends ganz verhasst gemacht. Es gilt eben jetzt, selbst Hand an den Pstng zu legen. Die Sclaven ihrerseits machen sich das neue Recht zu Nutzen und verlassen zahlreich ihre Herren. Nur ist jetzt die Gefahr, dass die Freiheit in Ungebundenheit ausarte. Die Frauen lassen ihre Dienstboten (Sdavinnen) nicht mehr allein an den öffentlichen Brunnen Wasser holen, aus Furcht, sie tnöchten davonlaufen. Die jungen Sclaven sind ebenfalls unter strenger Aussicht. Ans die Dauer geht aber diese doppelte ©datieret nicht fort. Sobald die Europäer im Lande sind, werden sich die Herren Neger und Negerinnen ihre Dienste bezahlen lassen. Die Eingeborenen hofften noch viel auf den Chalifen Scherif, der bei Omderman von den Engländern gefangen genommen, dann aber wieder freigelassen wurde und alsbald für die Mahdie wieder zu werben anfieng, die nach seiner Meinung noch nicht aus war. Die Engländer erhielten Wink von seinem Treiben, umzingelten den Chalifen mit den Seinen und erschossen ihn. Nachdem nun diese Hoffnung dahin ist, vertrauen sie auf den Chalifen (Taischy), obwohl von ihm einst mit Füßen getreten. Er hatte sich damals auf dem Djebel-el-Gadi verschanzt. Die Engländer richteten daher dorthin die Expedition, die jedoch wieder rückgängig gemacht wurde, da der Chalif seine Stellung verlassen hatte und nach Norden gezogen war. Ende November überraschte ihn nun Wingate-Pascha, tödtete ihn mit dreien seiner Emire und nahm die Mehrzahl der Derwische gefangen. Hiermit ist das Haupt der Mahdie abgethan und ein Umschlag der Gesinnung zu hoffen. Kurz vor unserer Ankunft in Omderman wäre es beinahe zu einem kleinen Aufstand gekommen. Die Eingeborenen fassten nämlich ihre alten Sclaven auf der Straße an und schleppten sie mit Gewalt nach Hause. Der Nächstbeste nahm sich einen Sclaven, den er den f einigen nannte. Dagegen erhoben sich zum erstenmale seit Menschengedenken die schwarzen Soldaten, für ihre Landsleute Partei nehmend, welche allein das Sclaventhum ausmachen. Sie hielten dem Modir vor, dass sie ihr Blut für die Regierung einsetzen, und dafür die „Kinder ihrer Mütter" Sclaven sein müssten. Wenn man fernerhin ihre Dienste wolle, seien ihre Brüder und Schwestern freizulassen. Der Modir suchte beide Theile zu befriedigen mit einem Erlass, der den Eingeborenen die Sclaven zugestand, die sie jetzt besaßen, aber niemandem mehr das Recht gab, neue zu nehmen. Außerdem sollten die Sclaven menschlich behandelt werden. Im übrigen bestehe der alte Freiheitsbrief für alle Sclaven fort. Das befriedigte die Gemüther. Neben den Eingeborenen sind die Negersoldaten unzufrieden. Je besser er behandelt wird, desto anspruchs- voller und unzufriedener wird er. Der schwarze Soldat hat 70 Piaster im Monat bei freier Kleidung und Essen, ist gut behandelt und von den Engländern geliebt. Nichtsdestoweniger ist er unzufrieden und will noch mehr. Das lange Kriegführcn sind sie auch satt. Die aus der Mahdie stammenden Soldaten bringen wohl die meiste Verhetzung ins Heer. Sie wollen nur den Chalifen anerkennen. Doch ist nicht zu fürchten, dass diese Neger sich erheben; sie murren und sind unzufrieden, kommen aber nicht zur That. Es fehlt ihnen an einem Haupt dazu. Noch unfähiger sind die ägyptischen Soldaten zu einem Aufstand. Das Allerneueste ist aber, dass diese guten Aegypter nun von den Negern die Befreiung vom Joche der Engländer erhoffen, von denselben Negern, die sie 15 Jahre vorher noch auf dem Sclavenmarkt ausstellten. Es geschieht den Aegyptern ganz recht, dass sie arbeiten müssen und ein anderer commandiert. Die Lage ist so scheinbar unsicher in Omderman. In Wahrheit ist aber, besonders nachdem der Chalif abgethan ist, nichts Ernstes zu fürchten. Eine Hand voll Engländer führt ein strammes Regiment und alle wissen, dass der geringste Versuch einer Erhebung mit der Erschießung bestraft wird. Alle diese Aufschlüsse und Einblicke sammelten wir bei unseren Besuchen den Tag über. Donnerstag-Abend kam ein Bote mit der Nachricht, dass die Ueberreste Combonis gefunden seien. Am Freitag-Morgen, dem ersten Freitag im October, durfte ich im Hause unseres Gastgebers die hl. Messe feiern, die erste, die überhaupt jemals in Om-dermau gefeiert wurde. Alle davon Benachrichtigten kamen dazu. Für die Kinder war es die erste hl. Messe ihres Lebens. Für die Alten seit 18 Jahren die erste. Mit welcher Andacht und Rührung sie derselben beiwohnten, lässt sich denken. Möge das hl. Herz Jesu, dem der Sudan geweiht ist, den armen Eingeborenen die Angen öffnen, damit sie nach so langer Tyrannei den Frieden der Kinder Gottes genießen. P. Ohrwalder begab sich darauf nach Chartum, um die Ueberreste Combonis zu sammeln. Ich gieng mit einem Bekannten in die Häuser der Christen, um Kinder zu taufen und an den Nothgetauften die Ceremonien nachzuholen, Beicht hören usw. Nachmittags besuchten uns zwei Negersoldatcn, Titus und Stephan, einstige Zöglinge des Institutes in Gesira. Beide waren dazumal rechte Schlingel, hatten aber den Glauben fest in Herz und Kopf sitzen. Nach Negerart fassten sie über Nacht den unabänderlichen Beschluss, unter die Soldaten zu gehen. Alle Warnungen, alles Abraten half nichts. Sie verließen Gesira. Aber kaum ein paar Wochen Recruten, bereuten sie ihren Schritt und sahen ein, dass die Väter recht gehabt und es nur gut mit ihnen gemeint hatten. Zu spät. Wer einmal Soldat ist, bleibt Soldat, solange es der Regierung gefällt. — Sie sind nun die einzigen christlichen Negersoldaten im Sudan und figurieren mit ihren christlichen Namen in Appellen und Registern. Trotz aller Verspottung haben sie die Fahne des Glaubens immer hoch gehalten und sogar für die Religion Propaganda gemacht. Ein paar Bessergesinnte haben sich um sie gesammelt, die bereit sind, Christen zu werden. Bei Eröffnung eines Waisenhauses in Chartnm werden sie für uns viel Erste Reise unserer Missionäre int wiedererobcrtcn Sudan. 15t thun können, wenn sie inzwischen nicht versetzt werden. — Titus schlägt die große Trommel bei der Bataillonsmusik, Stephan ist Trompeter. In dieser Eigenschaft haben sie die Schlachten von Dongola, Metemmeh, Atbara usw. mitgemacht. Tiius namentlich ist bei seinen Vorgesetzten wegen seiner Treue und Aufrichtigkeit sehr Dr. Ignaz Hnoblecber, apostolischer Provtear, Erbauer des grossen Itlissionsgebäudes in Khartum. (Originalbild des „Stern der Reger".) hochgeschätzt und wäre schon längst befördert worden, wenn er wollte. Er weist jede Ehre zurück, weil seine Kameraden dieselbe seiner Religion zuschreiben wmden-Auf die Frage, ob er keine Angst habe, wenn er in die Schlacht müsse, und die Kugeln um ihn herum pfeifen, antwortete er: „Nicht die geringste. Bevor ich ausrücke, erwecke ich immer den Act der Reue und Liebe und halte mich durch Stoßgebete mit Jesus, Maria und Josef im Geiste vereinigt. Dann bin ich ruhig und fürchte den Tod nicht." Den Antun — ebenfalls ein Zögling unseres Institutes —, der bei Atbara fiel, habe ich noch am Abend vor der Schlacht daran erinnert, den Act der Liebe und der Rene zu erwecken und immer zu beten. — Im allgemeinen hat der Negersoldat keine Furcht vor irgend etwas und stürzt wie ein Löwe in die Schlacht. Nur von wenigen wusste Titus, dass sie vor Angst im Kriege weiße Haare bekommen haben. Die Verkommenheit und Bestialität seiner Landsleute bedauert er sehr und anerkennt, dass ohne das Christenthum aus seinen Brüdern nie Menschen werden. Respect vor den Kerls. Sie sind in der Schule des Lebens brav geworden. Noch eine Anekdote will ich nicht übergehen. Titus hatte bei der Plünderung von Omderman in einem Loche einen Haufen Gold entdeckt. Aber eingedenk des Wortes einer seiner Freunde, dass, wer Gold besitzt, umgebracht wird, berührte er es nicht einmal. Nach ihm kam ein Nichtschwarzer und packte das Gold zusammen. Eine edle That. Selig der Mann, der nicht auf Gold ausgeht und nicht auf Gold und Freunde seine Hoffnung setzt. In so einem Institut, wie in Gesira, wo 80—90 Buben miteinander leben, miteinander beten, lernen und arbeiten, da dringt eben der Glaube in die Köpfe ein und sitzt fest. Die meisten werden gehörige Schlingel sein, aber im Punkte des Glaubens lassen sie nicht mit sich spassen, achten jederzeit die Priester, gehen öfters zu den hl. Sacramenten und sterben in der Regel sehr ergeben. Man meint oft umsonst zu arbeiten. Die Frucht aber kommt früher oder später. Das meiste muss unser Herrgott thun, denn die Kerle haben harte Schädel. — Mit einem Backschisch zogen unsere zwei Freunde ab und mit einem „Auf Wiedersehen!" Nach ihnen kamen noch viele Besucher. P. Ohrwalder brachte gegen Abend die Ueberreste von Comboni. Es waren nur ein Sacktuch voll. Die Derwische hatten also das Grab geöffnet. Daraufhin wurde das Grab Rillos gar nicht geöffnet, der ja 20 Jahre länger ruht. Der Samstag gehörte vollständig den Freunden und Bekannten. Da und dort wurden wieder Taufen vorgenommen. Verschiedene ältere Burschen mussten zurückgewiesen werden, da ein genügender Unterricht ihrer Taufe voranzugehen hat. Bei diesem Rundgang sah ich die Hütte, in welcher P. Ohrwalder zehn Jahre als Weber gearbeitet hat. — Am Abend hatten wir die Ehre, vom Commandanten, der die ehemalige Residenz des Chalifen bewohnt, zum Essen eingeladen zu werden. Die Residenz hat wie von außen so von innen nichts Großartiges an sich. Die Zimmer sind nur bedeutend höher als die gewöhnlichen. Die Decke ist fein eingelegt mit Geflechten. Im übrigen geht und steht man in den Zimmern auf der nackten Erde. Das denkwürdige Nachtessen fand im Hofe statt, und der dort fließende Rheinwein machte alle schaurigen Erinnerungen, die sich an den Chalifen und seine Residenz knüpfen, vergessen. Wir waren gemüthlich beisammen wie zu Hause. — Auf dem Heimweg riefen uns die Wachen von allen Seiten an. Der Nachtwächter sang mit eintöniger, hoher Stimme sein „Modieh Billah", „Gott sei die Ehre". In unserer Begleitung war diesmal ein Sclave, um nicht irrezugehen. Der Sonntag war ein echt christlicher Ruhe- und Freudentag. Es fanden zwei hl. Messen statt bei vollgefüllten Räumen. Verschiedene hl. Communionen wurden ausgetheilt. Nach den hl. Messen heftete P. Ohrwalder Herrn Trempa das silberne Verdienstkrenz cm, mit welchem Se. Majestät der Kaiser von Oesterreich, unser Beschützer, das treue Einstehen des Mannes für die Schwestern und Missionäre während der Mahdie ehren wollte. Alle Guten freuten sich mit dem Gefeierten, die Schlechten mussten sich ducken und erhielten eine gute Lection. Darauf folgten toieber Taufen im Hause von Bekannten. — Den Eltern wie den Kindern hier thut ein guter Religionsunterricht sehr noth. Achtzehn Jahre hindurch haben die Eltern nicht von Religion sprechen noch weniger sie ausüben dürfen unter den strengsten Strafen. Der leiseste Verdacht von Propaganda, auch unter den eigenen Kindern, hätte den Tod gebracht. So wuchsen die Kinder in der Religion des Mahdi auf und wissen nichts als Formeln und Gebete, die ihnen von den arabischen Scheiks eingedrillt wurden. Durch das Zusammenleben mit den Muselmännern sind sie so verdorben wie jene geworden. Das bischen Religion, das die Eltern gerettet haben, ist arg gering und lange nicht hinreichend, um den Kindern einen genügenden Unterricht ertheilen zu können. — Für die verlassenen Schäflein thut ein Hirte noth. Es wird im Anfang viel Arbeit in Khartum geben. — Der Nachmittag war endlich ruhig für uns. Am Montag sollten wir unsere apostolische Arbeit schließen. Um 3 Uhr nachniittags erschien der Adjutant des Sirdars mit dem Befehl, sogleich abzureisen, da der Postdampfer nach der nächsten Eisenbahnstation bereit stehe und nur noch auf uns warte. Wie mit einem Säbelhieb war so der schöne Aufenthalt in Om-derman abgeschnitten; es war keine Zeit mehr, die Bekannten zu grüßen, Besuche zurückzugeben; verschiedene Taufen und Eheschließungen fielen aus. Alle Erfahrungen, die wir auf der Herreise gemacht in Bezug auf die Reisebedürfnisse, blieben unnütz; mit denselben Siebensachen, mit denen wir gekommen und so lange ge-wirtschaftet hatten, mussten wir wieder abziehen. Nur das Nöthigste konnte noch zusammengekauft werden. In einer Stunde waren wir reisefertig. Esel und Packträger standen bei der Hand. Noch einmal grüßten wir und ließen alle grüßen, dann giengs ab. — Voü der Höhe meines Esels schaute ich mir Omderman noch einmal an. Trotz des hohen Sattels hielt ich mich im Gleichgewicht. Ich ließ die Wüstenstadt zum letztenmale ganz auf mich einwirken, und mein Inneres blieb doch ruhig. Größer war mein Mitleid mit der großen Stadt, als meine Begeisterung. Inzwischen kam das Ufer: das Dampfboot war bereit, wir stiegen ein, und alsbald wurden die Anker gehoben. Lebe wohl, Omderman! Wenn Gott will, erreichen wir noch heute Abend die nächste Eisenbahnstation. — Die Eisenbahn war bereits 28 Meilen vor Chartum angekommen, inzwischen wird sie fertig sein. Es wehte ein starker Nordwind, der Leib und Seele erfrischte. Das ergreifende Schauspiel des endlosen Omderman mit der sterbenden Sonne im Hintergrund zog wieder an uns vorüber. Die vielen zerstreuten Hütten schienen im zunehmenden Dunkel wie Scharen heimlich auftauchender Derwische, die nicht ruhen konnten, weil ihr Prophet verachtet und die Stadt Eigenthum der Christen geworden ist. Darauf brach tiefe Nacht herein. Außer uns waren bloß noch zwei Soldaten auf dem Schiffe, welche die Post von Omderman bis nach Haifa begleiten mussten. Briefe und Pakete hatten sie in Säcken herumliegen, die sie uns in ihrer Gutmüthigkeit als Nachtlager anempfahlen. Leider sollten wir noch auf dem Dampfer übernachten. Unsere Schiffsleute konnten nämlich mit dem besten Willen den besagten Bahnhof nicht finden; sie fuhren von Omderman ab, ganz unbekümmert darum, wo sich derselbe befinde. Es wurden daher die Anker geworfen in der Nähe eines Dorfes. Alles beantwortete das Verfahren des Steuermannes mit einem „bardu kuris“ (alles gut, einerlei). Auch wir mussten darin einstimmen, wohl oder übel. Eine Nacht mehr oder weniger, was lag daran. Mit dem kommenden Morgenlicht versprachen ja die guten Leute, die Station aufzusuchen. Beim ersten Tagesgrauen wurden die Anker gelichtet, und nach einer halben Stunde war der in Frage kommende Bahnhof gefunden. Wir stiegen ans Land; es war aber nichts Bahnhofähuliches zu sehen. Aber einen Kilometer im Lande drin sahen wir eine lange, dichte Staubwolke immer wieder sich erneuern. Wir näherten uns und trafen ein gutes Tausend Arbeiter mit dem Bahnbau beschäftigt. Eine Gruppe wirft den rohen Bahndamm auf, eine zweite misst und schneidet ihn zu. Darauf legen andere die Bahnschwellen. Neue Abtheilungen tragen die Schienen zur Stelle, schlagen die Nägel ein, verbinden die einzelnen Schienen und stellen die nothwendige Kreis- oder Linienform des Geleises her. Hinten kommt zuletzt die feinere Arbeit mit Wasserwage und Winkel. Die Arbeiter, Derwischgefangene und ägyptische Soldaten, leisten unter einer glühenden Sonne zwischen 2 8—3 2 Kilometer fertiges Geleise täglich, so lange das Terrain eben und keine weiteren Schwierigkeiten aufstoßen. Als wir morgens ans Land stiegen, war noch weit und breit kein Geleise zu sehen. Um 10 Uhr hatte sich schon alles geändert. Es wurde bis dahin eine Abzweigung der Hauptbahn, welche weit im Laude ist, nach dem Flussufer gelegt. Zusammen mit der Eisenbahuarbeit gieng die Aufrichtung eines Gerüstes für einen großen Wasserbehälter Hand in Hand, aus dem der um 12 Uhr anfahrende Zug sein Wasser haben musste. Die Arbeiter bauen nun schon mehr als ein Jahr lang am Eisenbahukvrper Halfa-Chartum und haben in dieser Zeit eine staunenswerte Fertigkeit erreicht. Das Eisenbahnregiment in Berlin macht in der Stunde auf ebener Erde drei Kilometer. Zum Unglück ist das Eisenbahnmaterial für die letzten 28 Meilen noch nicht von Europa angekommen, weshalb die Bahn erst anfangs November Chartum gegenüber erscheinen wird. Wir bummelten eine zeitlang in der Umgegend herum, um den Anbau in Augenschein zu nehmen, fanden aber nichts als einige vernachlässigte Durrafelder und wildes Gras. Die Erde ist fett, wie wir sie in Anschnitten am Ufer so oft sahen. Außer dem Nil tragen noch häufige Regengüsse zur Güte und Fruchtbarkeit derselben bei. Es sind jedoch nur wenig Bebauer derselben vorhanden. — Wenn einmal der Sudan geöffnet ist und neuen Ansiedlern günstige Bedingungen entgegengebracht werden, werden hier prächtige Felder erstehen. Die Bebauung der Ufer ist bedeutend leichter als in Aegypten, wo der Nil der einzige Wasserträger ist. Die Regierung hat zwischen Berber-Chartum schon viel für die Eingeborenen gethan durch Wiederherstellung und Neuerrichtung von Wasserrädern. In einem Jahre kann man nichts in die Augen fallendes verlangen in einem so großen Gebiete, wie der Sudan es ist. Nach zwanzig Jahren braucht der Sudan seine Lebensmittel nicht im Süden und Norden einzukaufen, wohl aber wird Aegypten zur Zeit der Wassernoth des Sudans bedürfen. Der Zug, der im§ mitnehmen sollte, fuhr erst um 2 Uhr mit einer kolossalen Ladung von Linsen und Bohnen in das neue Geleis ein. Auf den gespickten offenen Wagen saßen eine Menge Soldaten, nur durch den gewöhnlichen Turban gegen den furchtbaren Sonnenbrand geschützt. Im Augenblick war abgeladen, und der Zug nach Atbara bereit. Wir Br. Giori. Br. Schröer. P/Dtjrtoalber. Br. Blank. Das missicnsschiff „Redcmptor“. (Origmalbild des „Stern der Neger".) erhielten darin, zusammen mit den zwei Postsoldaten, einen Wagen, wie er bei uns für die Pferde bestimmt ist. Es war der einzige gedeckte im Zug und galt als II. Classe. Uebrigens stellte er sich gar nicht so übel heraus, als er ausschaute: man konnte ans dem Boden seine Siebensachen ausbreiten und schlafen ohne Gefahr, irgendwo hinunterznfallen. In diesem Punkte war es besser als der Salnn, den wir von Halsn an hatten. Der Zug setzte sich bald in Bewegung nach der eigentlichen Bahnstation Wadi-Ramla. Hier ein paar Stunden Aufenthalt. Geduld. Es ist eben alles neu: Bahn und Bahnbeamte. Schließlich kam ein Telegramm, dass man abfahren könne. Der Maschinist nahm seine weiße Karte in Empfang und ließ es sich nicht zweimal sagen. (Ohne diese Karte, welche die kommende Linie offen erklärt, darf der Maschinist nicht vom Platze fahren.) Aber kaum zwei Kilometer aus dem Bahnhof draußen kam ein anderes Telegramm, welches besagte, dass ein Zug von der kommenden Station soeben abgefahren sei. Das war zu spät. Man winkte uns noch mit dem grünen Fähnchen und schickte einen Wagen mit Handbetrieb hinter un§ her — alles umsonst. Niemand versah sich dessen. Es musste also nach ein paar Stunden ein Zusammenstoß stattfinden, wenn die Locomotivführer die Begegnung nicht bemerkten und rechtzeitig sich verständigen konnten. Das Unglück musste sich mitten in der Wüste ereignen. Auf der Station, die wir verlassen, konnte man uns nur mehr dem Schutze Gottes anempfehlen. Die Wüste war grell beleuchtet von der Mondsichel. Der Zug fuhr mächtig darauf los. Wir hatten eine schwere, starke Maschine; vor derselben waren 6—7 Wagen mit den oft genannten Wasserbehältern. Ahnungslos öffnete ich eben meinen Koster, um Wäsche zur Bildung einer Unterlage herauszuholen, da gab unsere Locomotive einen schnellen Pfiff von sich — merkwürdig das, mitten in der Wüste — gleich darauf folgte ein furchtbarer Stoß, ehe wir uns versahen, ein zweiter, dann stand der Zng still. P. Ohrwalder, der eben sein Abendgebet verrichtete, sprang entsetzt auf und zum Wagen hinaus und ich ihm nach. Als wir schon draußen waren, kam noch ein dritter Stoß. Es war da ein gräulicher Rauch, der uns jede Aussicht und Orientierung und selbst den Athem benahm. Wir wussten nicht, ob der gegen uns angefahrene Zng nicht auch entgleist sei und ans uns zukomme. In dem grauenhaften Dunkel und dem Zischen der Maschinen klang die Stimme eines Locomotivführers, der seinen Kameraden suchte. Unser Zustand war unbeschreiblich, bis der Nordwind den Rauch wegtrug und das Mondlicht auf die Unglücksstätte fallen ließ. Nun konnten wir feststellen, was geschehen war. Vor allem, Gott sei Dank, war kein Verlust an Menschenleben und auch kein Verwundeter. Selbst die Locomotivsührer waren mit dem Schrecken davongekommen. Beim Anblick des kommenden Zuges hatten die Unserigen noch einen Pfiff hinausgelassen, einhalten und dann abspringen können. Die des anrennenden Zuges hatten keine Ahnung von uns und bemerkten jedenfalls erst auf den Pfiff unserer Locomotive den drohenden Zusammenstoß, hatten aber gerade noch Zeit, hinnnter-zuspringen. Die zwei Armen wären sonst völlig zerquetscht worden. Der Vordertheil ihrer Maschine stand in der Höhe auf einem unserer Wasserwagen, der Kohlenwagen stand hinten in die Höhe und war mit der Locomotive völlig zusammengeklappt. Unsere Behälter lagen einer über dem andern, von ihren Wagen losgelöst, welche aufrecht auf dem Kopfe nebeneinander standen. Unsere Maschine war unversehrt, ihrer kolossalen Länge und Schwere wegen. Die übrigen Waggons hatten nur leichte Beschädigungen. Am Bahndamm war ein wirklicher See entstanden durch das Wasser aus den zerquetschten Behältern. Der gute Gott hatte uns beschützt. Ihm sei tausend Dank dafür. Alles lobte Gott und pries seine Güte. Die einfachen Leute verstanden wohl, dass Gottes Fürsorge allein die Menschenleben beschützt hatte. Wären nicht die Wasserwagen vor unserer Locomotive gewesen, Gott allein weiß, was mit nns geschehen wäre. Einer der Soldaten unseres Wagens, ein Muselmann, meinte, es sei ihnen allen nichts geschehen, weil wir zwei kurz vor dem Zusammenstoß in unserem Evangelium (Officium) gelesen Erste Reise unserer Missionäre im wiedereroberten Sudan. 157 hätten. Dem guten Glauben des Soldaten die Ehre, Gott alles Verdienst. Man schickte alsbald Leute nach der Station, die schon nach einer halben Stunde mit dem von dort uns nachgesandten Rollwagen zurückkehrten. Bon ihnen erfuhren wir den ganzen Sachverhalt. Der Arzt, der mitkam, konnte nur das Wohlsein aller feststellen. Wir mussten nun wieder nach Wadi-Ramla zurückfahren und dort warten, bis das Geleise abgeräumt war. Man besann sich jedoch anders, legte ein Geleise nebenan und stellte so die Verbindung wieder her. Am andern Abend (Mittwoch) war die Abzweigung schon fertig. In der Zwischenzeit lagen wir in unserem Wagen, der auf dem Bahnhof von Wadi-Ramla allein wurde stehen gelassen. Nachdem uns Gott so wunderbar beschützt, ist alles leicht und jedes Opfer gern gebracht. Gegen 6 Uhr fuhren wir wieder ab. Bei der Passierung der Unglücks-stütte dankten wir Gott noch einmal innig für seine gnädige Fürsorge. Er hat es gewollt, dass wir gestern hier nicht unser Grab fanden oder einen Fuß oder ein Bein brachen. Von Wadi-Ramla bis nach Atbara fährt die Bahn fast unablässig in der Wüste. Wir hatten davon nun genug gesehen und verkostet und gaben uns im Wagen einem gemüthlichen Stillleben hin, unbekümmert um das, was draußen vorgieng. Donnerstag-Adend 5 Uhr waren wir in Atbara. Der Zug erhielt eine neue Maschine und ließ alle überflüssigen Waggons zurück. Auch unsere „II. Classe" blieb hier. Wir vertauschten sie mit einer I. Classe, einem kleinen Wägelein ohne Sitze und Bänke. Kaum hatte sich der Zug in Bewegung gesetzt, so sahen wir, was für ein schlechtes Geschäft wir diesmal gemacht hatten. Unser Wügelein sprang und hüpfte umher wie ein Ball, und wir mussten, wohl oder übel, beim Spiele mitmachen. Kopf und Knochen hatten herbe Zeiten und waren am andern Morgen bei unserer Ankunft in Abu-Hamed ganz zerschlagen. In Abu-Hamed war ein vierstündiger Aufenthalt, der ein wenig Ruhe und weitere Verzögerung einbrachte. Dann begann wieder die Wüstentour, die ich auf der Hinfahrt beschrieben habe. Die Nacht war sehr kalt, und wir mussten uns mit allem möglichen umwickeln. Samstag-Morgen um 6 Uhr gelangten wir schon auf dem Gegar von Wadi-Halfa an. Die Leute an der Station waren ganz winterlich ausgerüstet, hatten die Köpfe eingewickelt und schwere Mäntel auf deni Leibe. Auf dem Gegar hört die Eisenbahn auf, und wir begaben uns zu Fuß nach Tausikia. Wadi-Halfa, wovon Tausikia ein Theil ist, wird von wenigen Touristen von Assuan aus auf besonderen Tonristendampfern besucht. Wegen seiner-hohen, exponierten Lage ist die Luft frischer und im Winter kälter als die von Assuan. Am folgenden Sonntage celebrierten wir die hl. Messe im Hause eines gewissen Georg Hebry, der die durchreisenden Geistlichen seit unvordenklicher Zeit beherbergt. Zahlreiche Christen wohnten dem Gottesdienste bei. Nachher tauften wir noch einige Kinder. Auch hier wäre eine Kirche, ähnlich wie in Assuan, dringend nothwendig. Dienstag um 10 Uhr fuhr der Regierungsdampfer von Tausikia ab, wiederum mit zwei schwerbeladenen Sandaln an der Seite. Auf dem einen befanden sich 40—50 kranke Soldaten aus dem Sudan, auf dem anderen, nebst gewöhnlichen Passagieren, 20—25 junge Negersoldaten (16—20 Jahre alt), die nach Kairo bestimmt sind, um dort die Musik zu erlernen. Weil sie zum erstenmale Aegypten sahen, errregte alles ihre Neugierde. Unter sich spielten sie wie die Assen und gaben sich Stoße, die besser anzusehen als zu ertragen waren. Schon Mittwoch um 12 Uhr kamen wir in Schellal an. In 26 Stunden waren wir also heruntergefahren. Der Dampfer hatte Anschluss an den Zug Assuan-Luxor, und wir konnten direct nach Assuan kommen, noch gerade recht zum Mittagessen. Das war die erste Reise christlicher Missionäre nach dem Sudan seit achtzehn Jahren. Umu (ifnliiiiiisrlini Stimmt itnii Ititlfinlistfjcit |Iiirllfr. (parties portir "gffjarim (pert, Negcrpriester aus dem Stamme der Dinka in Central-Afrika, znm Katholicismus bekehrt 1874, Priester seit 8. Mai 1887, gestorben 11. Jänner 1900. (Eine