Dient vornehmlich der Unterstützung und Ausbreitung der tltissionsfätigkeit der Söhne des heiligsten Berzens Aesu und sucht Verständnis und werktätige hiebe des Ulissionswerkes in Wort und Schritt zu fördern. Das Arbeitsfeld dieser Missionäre ist der Sudan (Zentral-flfrika.) Der „Stern der Reger" erscheint monatlich und wird vom Missionshaus [Rilland bei Brixen (Südtirol) herausgegeben. flbonnemenfspreis ganzjährig mit Posfcersendung 2 K — 2 Mk. — 3 Frc. Der Heilige Vater Papst Pius X. hat der Redaktion, den Hbonnenfen und Wohltätern den apostolischen Segen erteilt. Für die Wohltäter werden wöchentlich zwei heilige Hiessen gelesen. Mit Empfehlung der hochwürdigsten Oberhirten von Brixen, Brünn, üeifmeritj, Uinz, Olmüb, Marburg, Orient, Triest und Wien. Heft 11. Hovember 1014. XVII. 3ahrg. Es ist eine ernste Zeit, in welcher die Redaktion des „Stern der Neger" diese Zeilen an ihre Freunde und Gönner richtet. Österreichs-Ungarn und Deutschland kämpfen mit größter Erbitterung auf den Schlachtfeldern um ihre von Neid, Habsucht und Kulturfeindlichkeit bedrohte Existenz. Leicht begreiflich, wenn dadurch eine Lage geschaffen wurde, welche schon durch sich selbst die Anspannung aller Kräfte zur Linderung der Not unserer Landsleute im Felde wie daheim fordert. — Kann aber da der Mifsionsgedanke und feine Betätigung nach außen hin noch Platz haben? — Ja, er hat auch setzt noch Platz und muß es haben! — Drohende Schicksalsschläge wecken naturnotwendig von selbst den Gedanken zur Abwehr. Darum eilt das Menschenherz gerade in dieser Zeit zu demjenigen, der allein die Macht hat über Leben und Tod, zu Gott dem All- mächtigen. Durch Gebet und Opfer, durch Liebesgaben und andere Werke der Barmherzigkeit suchen die Bedrängten seine strafende Hand von sich und den Ihren abzuhalten. — Wo wäre nun aber eine Gabe, ein Almosen, das dem lieben Gott angenehmer wäre und für uns darum um so segensreicher als jenes für die Missionen? Steht doch in denselben vieles, ja in manchen Missionen vielleicht alles auf dem Spiele: jahrzehntelange uiid harte Arbeit, das Opfer des Lebens zahlreicher Missionäre, ja der christliche Glaube selber unter den jungen Neubekehrten; — alles das wäre umsonst gewesen, wenn die Liebe und der Opfergeift der Katholiken den Heidenmissionen gegenüber gerade jetzt in dieser kritischen Zeit erlahmen sollten. — Hier bei uns wetteifert -alles in Liebes-tätigkeit für die im Kampfe stehenden Soldaten und deren Familien und werden in edler christlicher Nächstenliebe große unlb bedeutende dem Roten Kreuze zugeführt; allein für die Pioniere des Glaubens, für die Soldaten Jesu Christi im Heidenlande, die da in edelster Selbst-entäußerung Mut und Leben einsetzen, um der Hölle ihre Opfer, d. i. die durch Christi Blut so teuer erkauften Seelen, zu ent-reißen, für diese christlichen Glaubenshelden vertrocknen fetzt die Hilfsquellen immer mehr. Darum, liebe „Stern"-Leser, vergesset in dieser schwierigen Lage nicht unserer Missionäre, sondern traget vielmehr bei, das Elend und die 9iot derselben im Heidenlande zu lindern. Das nun könnt ihr in hervorragender Weise, wenn ihr auch Die IHoden „Die Moden der Neger" — das klingt ja merkwürdig, denkt vielleicht mancher Leser oder wohl noch eher manche junge Leserin. Die Neger tragen ja kaum Kleider, wie können sie denn Moden kennen? Ja, es ist wahr, in bezug auf die Kleidung ist es bei den Negern schwach bestellt; auch beziehen sie weder von Wien, noch von Berlin oder von Paris ihre Moden, und in den Modezeitungen werden dieselben, wie ich glaube, auch wohl nicht verzeichnet sein, — aber trotzdem herrscht die Mode ebenso stark unter den Negerdamen und Negerstutzern, wie es in Europa der Fall ist; und wenn die Mode in Europa ihr Regiment leider über jedes, auch das kleinste und abgelegenste Dörfchen auszudehnen beginnt, warum sollte ihr dies denn nicht auch in Afrika möglich sein? Die Mode herrscht somit auch unter den Negern, und zwar lassen es sich dieselben nicht weniger kosten, um die gerade herrschende mitzumachen, als manche europäische Dame; für bas kommende Jahr wieder den „Stern der Neger" abonniert. Zu diesem Zwecke haben wir dieser Nummer einen Posterlagschein beigelegt, damit euch da-durch jede weitere Auslage erspart bleibe. — Wir bitten jedoch, bei Übersendung des Abonnementsbetrages auch die Nummer anzugeben, die sich auf den weitaus meisten Schleifen firibet, da dieses ganz wesentlich das Verbuchen der eingelaufenen Beträge erleichtert. Im folgenden Hefte wird dann unter „Mbonnementsernen-erung" die betreffende Schleifennummer ersichtlich fein, was die verehrten „Stern"-Leser als Empfangsbestätigung des eingelaufenen Betrages betrachten wollen. Die Redaktion. der Degen auch darin stimmen die Negermoden mit denjenigen Europas überein, daß viele den vernünftigen Menschen recht unvernünftig und lächerlich erscheinen und daß sie den Körper viel eher entstellen als zieren. Ich will nur ein paar dieser ebenso häßlichen als komischen Moden hier anführen. Den meisten Schilderungen zufolge, wie wir sie in zahllosen Reisebeschreibungen lesen können, sind die Neger nach unseren Begriffen eben nicht schön zu nennen, aber gerade das, was uns als häßlich an ihnen erscheint, ist für sie von besonderem Liebreiz. So z. B. halten wir die wulstigen, dicken Lippen nicht gerade für ein Zeichen besonderer Schönheit, viele Negerstämme aber glauben, ihre Lippen seien noch nicht groß genug und sie müßten nachhelfen. Wie fangen es da nun die Negerdamen an, um ihre dicken Lippen noch dicker zu machen? Sie haben zu diesem Zweck einen besonderen „Schmuck" erfunden, das „Pe-lele", d. h. einen großen Ring, durch den sie ihre Oberlippe so ausweiten, daß dieselbe wie eine kleine Schüssel im Gesichte hervorsteht. Der berühmte Reisende Livingstone erzählt z. B. timt den Manga nd sch a, einem Negerstamme, welcher in Ostafrika, am Schire, dem größten linken Nebenflüsse des Sambesi, seine Wohnsitze hat, folgendes: „Schon den kleinen Mädchen wird die Oberlippe mit einer Nadel dicht unter der Nase durchstochen; nachdem die Wunde verharscht ist, wird die Nadel herausgezogen und durch eine dickere ersetzt, auf die wieder eine dickere folgt, und so fort mo-nate- und jahrelang, bis schließlich das Loch so groß geworden ist, daß ein Ring von etwa 5 Zentimetern (1 bis 2 Zoll) Durchmesser mit Leichtigkeit hineingesteckt werden kann. Das Pelele besteht bei den Ärmeren aus Holz, bei den Reicheren aus Elfenbein oder Zinn. Kein Frauenzimmer erscheint öffentlich ohne diesen Schmuck, ausgenommen, wenn sie in Trauer ist. Das Gesicht wird dadurch ganz entstellt, namentlich wird das Lachen geradezu abscheulich, weil die Wangenmuskeln das Pelele bis über die Augenbrauen aufwärts-ziehen, während zu gleicher Zeit die Nasenspitze durch das Loch des Ringes schaut unib die spitz abgefeilten Zähne des großen Mundes sichtbar werden, der nun dem Rachen eines Krokodils gleicht. Natürlich können infolge dieser Verunstaltung die Lip-penlaute nicht ordentlich ausgesprochen werden, allein es ist so Modesache und gilt daher für schöne" Also die Mode macht auch bei den Negern schön, was an sich häßlich ist; gerade wie wir über das Pelele der Mangandscha lachen, ebenso herzlich würden diese hinwieder über manche europäische Dame lachen, wenn sie deren Putz sähen. Wie Livingstone uns berichtet, wird das Pelele bei allen Negerstämmen am ganzen un- teren und oberen Schire und in dem sich daranschließenden Hochland getragen, — ja weiter im Innern tragen es auch die Männer. Ein anderer Reisender, Cameron, der im Jahre 187-3 und 1874 eine Reise quer durch Afrika machte, sand die nämliche Mode bei den Ubudscha am Westufer des Tanganjika-Sees, und Schweinfurth, der längere Zeit „im Herzen Afrikas" verweilte, berichtet das gleiche von den Dinka und den Nuer. Auch die Unterlippe muß sich zuweilen einen solchen Schmuck gefallen lassett. Sobald bei den Bongo (int oberen Nilgebiet) ein Mädchen heiratet, beginnt es, die anfänglich nur eng durchlöcherte Unterlippe durch Einführung von Holzpflöckchen, die an Umfang immer mehr zunehmen, nach und nach zu erweitern, so daß sie schließlich das Fünf- bis Sechsfache ihrer ursprünglichen Größe erreicht. Ganz ähnlich sind die Holzklötze und Knochenstücke, welche die Frauen der Musgu in die Unterlippe einfügen; sie find im Durchmesser nicht unter einen Zoll dick. Durch die auf solche Art erzeugte Spannung wird die Unterlippe breit aufgetrieben und ragt weit über die obere hinaus. In die gleichfalls durchlöcherte Oberlippe dagegen werden ein kupferner Nagel oder ein kreisrundes, kleines Plättchen, hin und wieder auch Ringelchen und Strohhalme von der Dicke eines Zündholzes gesteckt. -Ebensowenig wie die Lippen läßt man die Nasenflügel unberührt; gleichfalls durchlöchert, erscheinen sie mit ebensolchen Strohhälmchen, je eines bis drei in jedem Nasenflügel, gespickt. Kupferringe werden mit besonderer Vorliebe durch den Knorpel der Nasenscheidewand gezogen. Zum 'Überfluß fügen die koketten Bango-Frauen noch kupferne Klammern in die Mundwinkel ein, als handle es sich darum, ihre Mund- fertigfeit im Zaume zu halten. Überall, wo nur ein Hautstückchen hervorragt, da wird ein Koch durchgestochen; so erfordert es die Sitte dieses Volkes. Am meisten Löcher haben die Ohrmuscheln; das Ohrläppchen allein z. B. ist imstande, ein halbes Dutzend kleiner Kupferringe zu tragen. So gibt es wohl Frauen im Lande, die an mehr als hundert Stellen ihres Leibes durchlöchert erscheinen. So verbreitet nun auch über ganz Afrika hin das Pelele in der Ober- und Unterlippe ist, so ist doch die Mode, die Zähne zu verunstalten, noch viel verbreiteter. Die Zieger haben im allgemeinen eine sehr starke Zahnbildung, aber bei fast allen Stämmen werden die Zähne auf die eine oder andere Weise mißhandelt. Während man in Europa jeden fehlenden Zahn gern durch einen falschen zu ersetzen sucht, scheinen die Neger zu meinen, sie hätten der Zähne zu viel. Daher brechen die Dinka und andere Stämme im Gebiete des oberen Nils sich die unteren, die Batoka und deren Nachbarn im Gebiete des oberen Sambesi dagegen die oberen Schneidezähne aus. Fast durch ganz Afrika finden sich Stämme, welche entweder alle Zähne, wie die Mangandscha und die Einwohner von Uhidscha, oder wenigstens die beiden oberen Schneidezähne, wie die Wa-tuto, spitz zuzufcilen pflegen. Bei den Mandingo in Westafrika lassen Bräutigam und Braut, wenn sie heiraten wollen, den Schmied kommen, welcher mit einem scharfen Instrument, — denn Feilen haben sie nicht, — ihnen alle Zähne zuspitzen muß. Das ist zwar schmerzhaft, aber die Mode will es einmal so. Eine ganz besondere Sorgfalt verwenden die Neger auf die Behandlung ihres dichten, wolligen Haupthaares. Wenn man die zahlreichen Negerfrisuren sieht, wie die Reisenden sie uns übermitteln, so könnte man fast auf den Gedanken kommen, die europäischen Haarkünstler müßten alle eine Reise ins Herz von Afrika machen, um sich dort neue Muster zu holen. Baarfracht eines Stfiilluk:slegers. Heft 11. 245 Stern der Neger. „Mit Ton, Gummi oder Mist," sagt Schweinfurth von den Schilluk-Negern am oberen Nil, womit auch die Berichte unserer Missionäre übereinstimmen, „wird das Haar solange in der gewünschten Form zu-sammengekittet, bis es bald eine helmoder kammartige, bald eine schirmartige Gestalt annimmt. Die größte Mehrzahl der Schilluk trägt quer über den Scheitel einen handbreiten Haarkamm, der gleich einem massiven Heiligenschein von Blech, von einem Ohr zum andern sich erstreckt und nach hinten unter den Ohren in zwei runde Lappen auslauft. Am seltsamsten nehmen sich solche Köpfe aus, die nicht genug an einem Haarkamm haben, sondern deren zahlreiche aufweisen, die dann parallel und in geringen Abständen über den Kopf verlaufen. (Ganz ähnliche Frisuren fand Livingstone am Tanganjika-See.) Sehr drollig erscheint eine dritte, nicht seltene Form, die man am passendsten mit dem Helm des Perlhuhnes vergleichen Storni, von welchem sie offenbar eine Nachahmung zu sein scheint." Von den Niam-niam sagt der nämliche Reisende, „es wäre schwierig, eine neue Form ausfindig zu machen, das Haar in Flechten zu legen urtlb diese zu Zöpfen und Knäueln aufzuhäufen oder wieder in Toupets aufzulösen, welche nicht bereits von diesem Volke schon ersannen Worden wäre." Äußerst beliebt ist in einem Großteil Afrikas die Gestaltung des Haares zu einer Art Hörner; so muß das Haar sich bald zu einem gerade aufragenden Horn, bald zu zwei seitlich stehenden, gewundenen Hörnern, bald zu mehreren kleinen, über den ganzen Scheitel verteilten, zusammenkneten lassen. Die abenteuerlichsten Haartrachten fand Livingstone bei den Balunda im Gebiete des oberen Sambesi. Die Balunda sind überhaupt, wie es scheint, ein eigentümliches Volk; bei der Beschreibung, die Livingstone uns von ihnen gibt, wäre man fast versucht, zu meinen, der berühmte Reisende habe uns einen Bären aufbinden wollen. „Die Balunda," sagt er, „arbeiten nicht gern und haben darum Zeit genug, sich allerhand Liebhabereien hinzugeben. Es gibt da Stutzer, die den ganzen Tag gesalbt und geputzt einherspazieren; andere quälen Tag und Nacht irgendein musikalisches Instrument; manche können nicht ausgehen, ohne ihren Singvogel im Käfig bei sich zu führen. Die Damen pflegen mit Vorliebe eine Art Schoßhündchen, die aber, sobald sie fett genug find, verspeist werden. Vor allem jedoch ist ihnen die Frisur ihres überreichen Wollhaares eilt Gegenstand großer Aufmerksamkeit und sie lassen dabei ihrer Erfindungskraft vollen Spielraum. Einige tragen aus Büffelhaut und Glas-perlen geformte Aufsätze, die bald Kronen ähnlich sind, bald zwei Hörner auf der Seite oder eines gerade auf der Stirne bilden, zu denen noch eine ganze Menge gerade herabhängender Haarrollen kommen." Am auffallendsten erschien ihm eine andere Form, die auch Schweinfurth am oberen Nil bei einigen Leuten aus dem Gebiete von Kifa gefunden hat. Die Köpfe find da von einem strahlenartigen Gebilde, gleich dem Glorienschein eines Heiligen, umgeben. Dieser Strahlenkranz wird aus dem eigenen Haare der betreffenden Person hergestellt. Ganz feine Flechten gehen ringsum vom Kopfe aus und werden, an einem Blechreifen befestigt, ausgespannt; die kunstvolle Frisur erfordert große Schonung und viele Stunden mühsamer Arbeit. Es wird nicht nötig sein hinzuzufügen, daß das eigene Haar für einen solchen Schmuck natürlich nicht immer hinreicht. Wie viele weiße Damen durch Wülste und Flechten fremder Haare sich verunstalten, so verstehen es auch die schwarzen, fremde Haare in ihre eigenen hineinzuflechten. Sie bedienen sich dazu aber nicht immer gerade der Menschenhaare; die Balunda z. B. benützen mit Vorliebe die Haare der Büffelschwänze; jüngst las ich in einer Zeitung, eine junge europäische Dame habe dem Pferde ihres Vaters die Schwanzhaare ausgerifsen, um sich damit zu zieren. Wir könnten das noch weiter ausführen, aber es ist unmöglich, alle Verunstaltungen und Torheiten aufzuzahlen, zu welchen die Gefallsucht die Schwarzen verleitet; nur an dne wollen wir noch erinnern, die einen mehr praktischen Zweck besitzt. Wie schon eingangs gesagt, ist es mit der Kleidung der Neger durchwegs sehr eleird bestellt; bei den meisten Stämmen findet man nur eine Binde um den Unterleib, und bei vielen schrumpft selbst dieser Gürtel noch so sehr zusammen, daß man kaum noch von einem solchen reden kann; einige endlich begnügen sich überhaupt nur noch mit Baumblättern. Die fehlende Kleidung nun suchen manche Stämme dadurch zu ersetzen, daß sie ihren Leib bemalen. Sehr geschickt in dieser Beziehung find die Mon-buttu-Fraucn, welche nach Schweinfurths Bericht eine unerschöpfliche Mannigfaltigkeit der verschiedensten Muster zu erfinden wissen. Bald find es Sternchen und Malteserkreuze, bald Blumen und Bienen, die sie mit beim Saft einer bestimmten Pflanze malen; bald sind es streifenförmige Zeich-nungen über den ganzen Körper verteilt, bald Tigerflecken und gefleckte Muster von unregelmäßiger Form, marmorierte Adern, schächlWttartige Klarierung uißv. Jede Mon-buttu-Frau sucht bei festlichen Zusammenkünften die andere durch eine neue Erfin- dung auszustechen. Die ausgeführten Muster besitzen eine Haltbarkeit von zwei Tagen, dann werden sie sorgfältig abgerieben und durch neue ersetzt. Indessen, nicht diese Bemalung l>atte ich im Sinne, sondern ich wollte von den Einschnitten reben, welche fast alle Neger, sei es im Gesichte oder auch an anderen Körperteilen, anbringen. Sozusagen jeder Stamm, ja manchmal jede Familie, hat eine bestimmte Zahl von Einschnitten an einer bestimmten Körperstelle, an denen man sofort erkennen kann, zu welchem Stamme oder auch wohl zu welcher Familie er gehört. Wie uns Pater Courdioux erzählt, werden an der Benin-Küste diese Einschnitte den Kindern im achten oder neunten Jahre gemacht und bleiben dann das ganze Leben hindurch. Es gibt eigene Leute, welche diese Einschnitte anzubringen haben; mit einem kleinen Eiseninstrument, fast wie ein Federmesser, schneiden sie die betreffende Zeichnung und reiben sie dann gleich ein mit einer Salbe, die hauptsächlich aus Ruß und Pstmöl besteht; nach vier bis fünf Tagen wird die Wunde ausgewaschen und die Zeichnung ist fertig. Bald sind es gerade Striche, bald kleine Kreise oder Kreuze in verschiedener Zahl, bald auf der Stirn, bald auf den Wangen, bald einer, bald mehrere; die einen bezeichnen den Stamm, während andere es gibt, die den Stand oder Gewerbe angeben. Das wäre so Einiges über die Maden der Neger. Man fiefijt daraus, daß, wenn dieselben von der europäischen auch sehr abweichen, ihre Macht und ihr Einfluß doch der gleiche ist, und daß sie den weitaus größten Teil der schwarzen Bevölkerung zu ihrem begeisterten Anhänger zählt. Heft 11. 247 Stern der Neger. üofem und Über dieses -Wort und seine geheimnisvolle Bedeutung ist schon seit Jahrzehnten in den Kreisen der Religionsphilosophen gar viel des langen und breiten geschrieben -worden, ohne daß man sich hierüber ei-gent-lich so recht klar geworden wäre; die einen betrachten den Totemismus als -die ursprüngliche Religion, welche die Menschen überhaupt besessen hätten, andere stellen ihn als eine Abart timt Religion hin, und wieder andere gibt es, die im Totemismus den letzten Grund gefunden zu haben meinen für den Glauben an die Geister, für Die Existenz eines religiösen Gewissens usw. Mag dem nun sein, wie ihm wolle, wir -begnügen nies mit der Erklärung, wie sie uns der gelehrte Missionsbischof, der hüchw. Herr Le Roy, in seinem anerkannt wertvollen Werke „Tie Religion der Naturvölker" gibt; wir können derselben um so mehr beipflichten, als der hochw. Herr während seiner fast 40jährigen Tätigkeit in Afrika, die ihn namentlich als Oberhirt mit zahlreichen Volksstämmen in innigste Berührung brachte, gewiß reichlich Gelegenheit besaß, den Totemismus in seinem innersten Wesen kennen zu lernen. Seine Erklärung kann uns genügen; habe ich es mir ja doch nicht zur Ausgabe gemacht, eine wissenschaftliche Untersuchung über den Totemismus anzustellen, sondern nur an der Hand einiger Beispiele zu zeigen, wie derselbe, auch unter unseren Negern in Zentralafrika allenthalben -vorkommt. 3jie§ vorausgeschickt, fragen wir uns also einmal: „Was versteht man unter Totemismus?" und „Was versteht man unter Totem?". Beantworten wir' zuerst die zweite Frage: „Was versteht man unter Totem?". Ein englischer Gelehrter, Frazer mit Namen, der im Jahre 1887 zu Edinburgh eine Studie über diesen Gegen- Cofemismus. stand veröffentlichte, gibt uns folgende Erklärung: „Ein Totem ist eine bestimmte Klasse materieller, meist belebter Objekte, gegen welche der Wilde eine abergläubische Ehrfurcht hegt, indem er glaubt, daß zwischen ihm und jedem Gliede aus dieser Klasse eine innige und ganz besondere Beziehung bestehe". Totem ist somit nicht das gleiche, was das Wort Fetisch besagen will; denn der Fetisch bezeichnet nur einen einzelnen, individuellen Gegenstand, während das Totem -eine ganze Klasse von Gegenständen darstellt, die als schütz- und se-genspendend angesehen werden. — Zum besseren Verständnis .mögen -hier die Worte folgen, mit denen Bischof Le Roy das Wesen des Totem uns zu erklären versucht; war er doch selbst Inhaber eines solchen: -auch kann -er uns genau Die Umstände angeben, unter denen dasselbe entstand: „Es- ivar," so erzählt der hochw. Herr, „in Ostafrika aus dem Kilimandscharo, einem herrlichen Berge, der in einer einzigen Felsenmasse aus einer weiten Ebene fast unter dem Äquator emporragt und sein majestätisches, mit -ewigem Schnee bedecktes Haupt 6000 Meter in die Lüfte erhebt. Wir wollten auf dem Berge eine Missionsstation gründen; der Häuptling von Kilema, Fum-ba, hatte uns inständig darum gebeten; er verlangte aber vor allem, daß man in feierlicher Weise die Zeremonie der „Verbrüderung" vornehme (in Amerika „Totemis-ation"). Ich wurde dazu -auserlesen.' Als wir, Fumb-a und ich, zur anberaumten Stunde in Gegenwart aller Krieger des Stammes -auf einer gemeinsamen Ochsenhaut inmitten des großen Dorfplatzes saßen, begannen unsere Paten oder Bürgen unser Verhör und überschütteten uns hieraus mit den schrecklichsten Flüchen und Verwünschungen, die 248 Stern d er Neger. Heft 11. uns treffen sollten, wenn wir unserem Bunde jemals untreu würden. Dann wurde eine weiße Ziege geschlachtet und mit einem Messer an Fumbas und an meinem Arme eine Schnittwunde angebracht, so daß Blut herausfloß. Nun nahm man die Leber des Opfers, zerlegte sie in sechs Teile und rieb dieselben mit unserem Blute ein; hierauf gaben wir uns diese Stückchen gegenseitig zu essen. Die Verbrüderung war geschehen. DasBlutFumbas war jetzt das mei-nige und mein Blut das seinige; wir waren „Brüder" (auf Suaheli „Udugu", auf Odschippeway Totem): wir schuldeten uns Freundschaft, Rat, Hilfe und Beistand, unsere Interessen waren gemeinsam, unsere Familien waren Schwesterfamilien. Und was dabei interessant ist; es sind jetzt fünfzehn Jahre her, und kein einziges Mal inmitten aller Ausstände und Kriege, die seither den Kilimandscharo gegen die Europäer in Harnisch gebracht haben, hat Fumba sein Wort gebrochen . . ., noch ich das meinige. Meine Söhne, d. h. die jetzigen und künftigen Missionäre, sind seine Söhne, wie auch die Kinder Fumbas, d. die Männer von Kilema, meine Kinder geworden sind. Sie sind gegenseitig Brüder und Verbündete. . ." Wem: nun auch diese Verwandtschaft durch Auswechslung des Blutes noch nicht ganz und gar Totemismus ist, so ist sie ihm doch schon sehr nahe und wird uns sein Verständnis erleichtern. * * * Vergegenwärtigen wir uns einmal den Naturmenschen, wie er so dahinlebt inmitten der Wildnis und seine Kenntnisse, die er mittels der Sinne sich aneignet, immer mehr erweitert. Nirgends trifft er ein Geschöpf an, das ihm gleicht, das seine Haltung, sein Äußeresund seine Sprache hat, -----aber überall begegnet er verschiedenen Wesen, die klettern, die gehen, die fliegen, die nagen, die die Erde durchwühlen usw. Obgleich er nun diesen Wesen in vielen Stücken überlegen ist, so fühlt er doch auch ihnen gegenüber in manch anderen Dingen seine Schwäche. Ja, wenn er die Behendigkeit des Affen, die Kraft des Elefanten, die List desLeoparden, die Klugheit der Schlange hätte, wenn er ein Vvglein wäre! Zwei Biicharinen. Dieser Gedanke, der int Geiste des Kindes so natürlich aufsteigt, ist dem Natur-kinde in seiner Wildnis itichts Fremdes; es hatte diesen Gedanken und hat ihit noch; ja noch mehr, es behauptet sogar, ihn verwirklicht zu haben. . . . Es handelt sich hier nicht etwa darum, sich zunt Zeitvertreib oder aus Liebhaberei in ein beliebiges Tier zu verwandeln, — nein, sondern da der Naturmensch sowohl infolge der gefahrvollen Umgebung, in der er lebt, als auch infolge des seiner Natur eigenen Instinktes den Drang verspürt, sich enger an seine Familie anzuschließen, so ist er zugunsten seiner Interessen bestrebt, auch seine Beziehungen und Verbindungen auszudehnen. Je weiter nun diese Beziehungen reichen, desto stärker ist seine Familie. Weil es nun aber vor allem die Blutsverwandtschaft ist, welche die Familie ausmacht, so sucht der Naturmensch diesem oder jenem Menschen, dessen Freundschaft, Macht und Trene er hoch einschlägt, einen Bund einzugehen, der durch Blutaustausch geschlossen wird; ist dies geschehen, so gehört man zu derselben Verwandtschaft,Ndugn,wie man in Ostafrika sagt, Stierte in Guinea, oder Totem, wie die Indianer sich ausdrücken. Der Mensch ist aber nicht das einzige Wesen, mit dem man einen solchen Pakt eingehen kann. Durchs ein geheimnisvollles Rituell, das lstets mit Blutaustausch verbunden ist, wird es ermöglicht, auch ein Tier, das an der Spitze einer Herde oder eines Rudels steht, sich zuzugesellen, sich dessen Gunst zu erwerben, von seinen Kräften und Geheimnissen einen Vorteil zu erlangen, sich in seine Gestalt zu verwandeln, aus ihm einen „Bruder" zu machen, kurz, mit ihm und seiner Rasse einen Bund zu schließen. „Es gibt Leute," sagt man in Sansibar und in ganz Afrika, „die ein Tier zunt ständigen Gefährten haben. Der Mensch und das Tier kennen sich; sie helfen sich gegenseitig. Wenn der Mensch des Tieres bedarf, so ruft er es, und es erscheint." Aber man beachte dabei recht wohl: der Mensch hat bei einer solchen Verbindung nicht allein die Absicht, das Tier, so wie es ist, für sich zu gewinnen und dessen Fa-nttlie der feinigen anzugliedern, sondern er sieht es auch, und zwar ganz besonders auf b-tefe Tier f a nt Ute ab, weil sie durch die Gegenwart und Tätigkeit eines tun sichtbaren Geistes getragen und gekräftigt ist; — dieser Geist ist die Seele des Tieres selbst, der Geist der Vorfahren oder ein Schutzgeist. Auf diese Weise wird' dieser Vertrag durch die Vermittlung einer s i ch t b a ten Kreatur e i it B u n d m i t de r u n s i $ t b a tut Welt________ Und wenn ein Häuptling, der so unter dem günstigen Einfluß eines magischen Bündnisses in freundlichen Beziehungen zu einem Tiere gelebt hat, dem Tode nahe kommt, wenn er jene seiner Kinder um sich Dcrfantmelt, die ihn verstehen können, menu er ihnen sein Geheimnis offenbart und ihnen befiehlt, seinen geschlossenen Bund aufrechtzuerhalten, und wettn er ihnen zu verstehen gibt, daß sein Geist, nachdem er die menschliche Hülle verlassen hat, von seinem Tier-Bruder getragen und gerne zu ihnen zurückkehren toerbe, so ist das für die Nachkommen dieses Mannes der Tote m i s m u s oder die gegründete T i e r-Verwandtschaft. Mag nun diese Familie sich ausbreiten und vervielfältigen oder zerstreuen, ihre Nachkommen wevden, wenn auch nicht immer die genaue klare Erinnerung an diesen Bund, so doch noch die Wirkungen desselben mit sich herumtragen: das betreffende Tier wird ihr Verwandter bleiben, sie werden häufig seinen Namen und sein Abzeichen tragen, sie wer- 250 Stern der Neger. Heft 11. den ihm Ehre erweisen und stets festhalten an der Überzeugung, daß ihre 'Seelen nach dem Tode in seine geheimnisvolle Gesellschaft aufgenommen werden. Das also wäre 'der wahre Totemismus. Wir können somit, um noch einmal sein Wesen kurz zu bezeichnen, sagen: Der Totemi s m it s ist ein Bund, der eine Verwandtschaft, eine Verbrüderung außernatürlicher Ordnung bildet, ein B u n d, d n r ch welche n unter der sichtbaren Form eines Tieres oder eines anderen Körpers ein u n s i ch t b a r e r Ge i st zwecks gegenseitige! Hilfe-le i stu n gen einem anderen, sei es nun einem ganzen Stamme oder bloß einer Familie oder auch nur einer einzelnen Person v e r w a n d t wir d. Nachdem wir also gesehen haben, worin das Wesen des Totemismus besteht, wollen wir nun unserem Geiste das eine oder andere Totem vorführen, wie deren unter den Negervölkern Afrikas sich finden. Da ist vor allem der Schimpanse. Dieser große unld häßliche Affe wird namentlich von den Negern in den Wäldern von Gabon sehr viel als Totem verehrt, weshalb dieser Stamm von seinen Nachbarn das Bolk der Schimpansen genannt wird. Die Achtung, deren sich dieses Tier bei seinen Verehrern erfreut, ist so groß, daß sie es nie beim Namen nennen und nur in Umschreibungen von ihm reden, aus Besorgnis, sich gegen die schuldige Ehrfurcht zu verfehlen und so sich seinen Unwillen zuzuziehen. Die Buschmänner betrachten als ihr Totem eine Art Insekt, welches sich ähnlich der Larve der Wassermotte beständig in seiner Umhüllung verborgen hält und nur den Kopf und die Vorderfüße herausstreckt. Wollen sich die Buschmänner auf die Jagd begeben, so suchen sie zuvor, ein solches Tierchen zu finden, und richten alsdann an dasselbe ihre Bitten, damit es ihnen helfe. sich dem Wilde unbemerkt nahen und es fangen zu können. Ein recht eigentümliches Verhältnis besteht zwischen den Fan-Negern und dem Krokodil. Nach einer Sage wurde einst ein berühmter Ahne der Fan, der ein sehr tatenreiches Leben hinter sich hatte, von einem Krokodil umgebracht unb verzehrt. Damit sind nun aucsj alle Tugenden und Vorzüge dieses Mannes auf das Krokodil, ja auf dessen ganze Klasse übergegangen. Um sich nun einen kleinen Anteil an diesen Vorzügen zu sichern, werden von diesen Negern große Krokodilsjagden veranstaltet und die erlegten Tiere bei festlichen Gelagen verspeist. Auch tragen die Fan-Neger zum Zeichen ihrer Zusammengehörigkeit mit dem Krokodil ihre Zähne eigens keilförmig zugespitzt, ähnlich wie sie ihr viersüßiger Verwandter hat. Etwas Ähnliches finden wir auch bei einem kleinen Zweige des Schillukstam-mes, welcher seine Abkunft von einer Frau des Landes und einem Krokodil herleitet. Aus diesem Grunde nehmen die betreffenden Schilluk niemals teil an Jagden auf dieses Reptil und halten sich auch mit peinlichster Sorgfalt von all jenen Gastmählern fern, bei welchen Fleisch dieses Tieres vorgelegt wird. Dafür glauben sie aber auch bag Privileg zu besitzen, sicher zu sein vor jedem Angriff dieses gewaltigen Anverwandtem ein Vorrecht, für dessen Vorhandensein sie unzweifelhafte Belege aus grauester Vorzeit aufweisen. Wie jo Ute auch ein Stammvater, und mag, er auch ein Krokodil sein, es über sich, bringen, seine eigenen Kinder und Kindeskinder zu töten J Immerhin aber empfiehlt es die Klugheit, sich stets in ehrerbietiger Entfernung von ihm zu halten; denn man weiß halt doch nicht . . .! Bei einem Negerstamme an ber Ost lüfte Afrikas gilt die Hyäne als Totem und nimmt unter allen anderen Tieren Heft H. Stern der Neger. 251 eine ganz bevorzugte Stellung ein. Wird ein solches Tier irgendwo tot aufgefunden oder tontbe eines getötet, so veranstalten die StammesäWsten ihm zu Ehren eine regelrechte Totenfeier, gerade so, wie wenn einer der Ihrigen gestorben wäre. Auf den Klang der großen Trommel, die dumpf dröhnend das Schreckliche verkündet, erschallt von allen Seiten Weinen und Klagen. Ist das Tier begraben, so wird ein Rind und eine Ziege geschlachtet, und drei Tage hindurch wird das Totenfest gefeiert. Die Mahlzeiten, und Trinkgelage werden von Zeit zu Zeit unterbrochen, um den toten „Bruder" zu beweinen. Bei dieser Gelegenheit müssen sich noch außerdem alle das Haar scheren. Die Zulnkaffern zeigen eine besondere Zuneigung zu beit Schlangen. Sie züchten dieselben und lassen sie in ihren Hütten herumkriechen, ohne die leiseste Furcht vor etwaigen Bissen. Bei einigen Negerstämmen erfreuen sich die Vögel, die Hyänen und die Schakale, alle drei gemeinsam, einer besonderen Verehrung. Diese Stämme tragen nämlich ihre Toten, anstatt sie zu beerdigen, in den Wald oder in die Wüste und lassen sie dort liegen. Die obengenannten Tiere, die sich alsbald über die Leichen hermachen, werden so zu Trägern der Seelen der Verstorbenen. So ist es auch leicht begreiflich, weshalb sie geschont werden. Wer würde denn auch seine eigenen Verwandten und Freunde schlecht behandeln oder gar auszehren? Man kann eventuell Schilluk=Barke auf dem Flil. Sklaven, Kriegsgefangene, Feinde oder auch Leichname anderer Stammesangehörigen verspeisen, aber niemals Tiere, welche die Seelen der eigenen Stammesgenossen in sich beherbergen.. Das um so mehr, da man sich Hilfe und Segen von deren neuen Existenz verspricht, Wirkungen, welche diese ganz besonders an den I Tag legen, wenn sie gut behandelt werden. 252 Stern der Neger. Heft 11. In Kissi sind es Die Fische, in denen die Verstorbenen ihre Wohnung nehmen, und barum wehe dem Unglücklichen, der sich -an ihnen vergreift! Der Tod ist ihm sicher. Über kurz oder lang muß er die Schuld mit dem Leben büßen. Handelt es sich um einen Weihen, so schwebt der ganze Stamm in Gefahr, wenn er sich nicht beeilt, das drohende Unheil mit dem Mute des Frevlers zu beschwören. Daher schreibt sich auch die Sorgfalt, mit der jeder Schritt des Missionärs, des fremden Wanderers und Jägers bewacht wird. Sorgfältig halten sie ihn fern von jeder Versuchung, ja sie bitten ihn sogar flehentlich darum, einen solchen Frevel ja nicht zu begehen. Man könnte so noch eine ganze Reihe dieser und ähnlicher Beispiele- anführen; denn fast jeder Stamm besitzt das eine oder andere Totem, welches ihm heilig gilt. Ich möchte nur noch ein einziges Beispiel von Totem erwähnen wegen des ihm speziell eigenen Charakters; es zeigt uns dasselbe nämlich so recht anschaulich, wie weit der Totemismus entfernt ist von jeder Religion und wie grundfalsch daher auch die Behauptung ist, daß der Totemismus die ursprüngliche Form aller Religion gewesen sei. Wie unseren verehrten Lesern schon aus früheren Artikeln des „Stern" bekannt fein wird, genießt bei den Schilluk unter allen Tieren die Kuh das größte Ansehen. Es ist dies auch vollkommen begründet; machen doch diese Tiere den gan- zen Reichtum eines Schilluks aus; sie bilden seine einzige verläßliche Einnahmsquelle, mit ihnen kauft er sich sein Weib, und darum sind sie ihm heilig, unantastbar, ein natürliches Glied der Familie. Sie sind ihm heilig, und zwar schon in sich selbst betrachtet, ohne daß er deswegen glaubt, dieselben feien von Geistern bewohnt, und sie bleiben ihm etwas Heiliges, solange sie leben und solange sie Eigentum eines Schilluks sind. Ist die Kuh dagegen tot oder ward sie Eigentum der Mission, so verliert sie diesen Zauber und dieses Ansehen vollständig. Weil die Kuh in den Augen der Schilluk etwas Heiliges ist, so ist es strengstens untersagt, sie zum Lastentragen zu verwenden, sie zu schlagen oder gar sie zu quälen; ist sie aber einmal tot, so wird sie verzehrt, wie die meisten Tiere, und mag ihr Fleisch vielleicht auch noch so unappetitlich aussehen. Man kann daraus ersehen, daß diese Achtung, deren sich dieses Haustier bei den Schilluk erfreut, im Grunde genommen gar sehr jener Anhänglichkeit ähnelt, wie sie viele Hirten zu der ihnen anvertrauten Herde haben, und daß sie somit von einem religiösen Kult sehr weit entfernt ist. . . . Soviel also über den Totemismus. Er kommt vor unter den Negern Afrikas, und zwar nicht bloß bei dem einen oder anderen Stamm, sondern bei den meisten; immerhin aber findet er sich nicht so häufig wie in dem klassischen Lande des Totemismus, unter den Indianern des wilden Westens, in Nordamerika. Eine Reite im Rande der Schiüuk, Von Br. 3. Hl. Rronlfeiner F. S. C. Heuer im Monate Juni machte ich mit meinem Obern, dem hochw. P. Kohnen, meinen ersten Missionsausflug, wie solche unsere Missionäre hier des öfteren unternehmen müssen, wenn sie in den von der Station weiter entlegenen Dörfern den Samen des Christentums ausstreuen wollen. Bisher war mir die Teilnahme an solchen Wanderfahrten immer versagt gewesen, - mein Gott, ich bin eben der Ben- Stern der Neger. 253 Heft H. fantin unter meinen Mitbrüdern hier in Tonga, und als solcher muß man immer hübsch bescheiden sein, sonst könnte man sich, nnd dies gilt von diesen Missionsans-flügen ganz besonders, bei dem hierzulande herrschenden Klima Krankheiten zuziehen, an denen man vielleicht dann lange Zeit hindurch zu leiden hat. Aber diesmal durfte ich meinen Obern Begleiten; es war, wie gesagt, das erstemal. Lange zuvor schon freute ich mich darauf; denn abgesehen davon, daß man bei solchen Gelegenheiten unter den armen Negern so viel Gutes stiften, so viel Segen verbreiten kann, bietet sich dabei auch uns Missionären mancher Vorteil, und nicht zum mindesten der, daß man das Land und die Leute näher und besser kennen lernt. Frühmorgens, da die Hähne krähten, bestiegen wir, nämlich P. Kohnen, ich und vier Schilluk, eine Barke, und mit unserem unentbehrlichen Medizinkasten, sowie einigem Mundvorrat ausgerüstet, ging es den Nil hinab. Anfangs schien sich unsere Fahrt zu einer recht angenehmen zu gestalten; denn unsere Barke, „o, wie glitt sie dahin in den bräunlichen Fluten!" — „Doch mit des Geschickes Mächten ist kein ewiger Bund zu flechten!" — Allmählich ging uns die Fahrt zu langsam, da unse-ren Ruderern die Kräfte zu schwinden begannen und der Nil selbst nur ein ungemein geringes Gefälle hat. Darum stiegen zwei unserer Schwarzen ans Land, um den Kahn von hier aus mittels eines langen Seiles zu ziehen. Auf diese Sßeife ging nun die Fahrt viel flinker und flotter voustatten, so daß nach ungefähr drei Stunden bereits ein sehr bedenteüdes Stück Weges hinter uns lag. Doch es sollte nicht immer so bleiben; mit der Zeit stellten sich auch dieser Schiffahrtsmethode größere Hindernisse in den Weg. Da nämlich die Ufer des Nils infolge der häufigen Überschwemmungen vielerorts einen sehr günstigen Grasboden bilden, so find sie oft lange Strecken hindurch mit dichtem, nicht selten 3 bis 4 Meter hohem Grase bestanden; schon dieser Umstand allein hemmt nicht wenig ein erfolgreiches Ziehen des Kahnes. Geradezu unmöglich aber wird es, wenn das Gras 10, 15 und noch mehr Meter weit in den Fluß hinein wächst. In einem solchen Falle bleibt nichts anderes übrig, als wieder zu den Rudern zu greifen. Weil wir aber bei unserer diesmaligen Fahrt noch dazu mit einem ziemlichen Gegenwinde zu kämpfen hatten, der immer mehr an Stärke zunahm, so waren wir nach ungefähr einer Stunde angestrengtesten Ruderns mit unserem Kräftevorrat vollständig zu Ende, während auch unser Magen energisch seine Rechte verlangte. Deshalb beschlossen wir, nach Passierung der nächsten Grasbank am Ufer anzulegen und eine Stärkung zu uns zu nehmen. Wie wir nun so, nachdem wir an derselben vorüber waren, unsere Barke herumschwenkten, um auf das Ufer loszusteuern, und nur noch 2 bis 3 Meter von diesem entfernt sind, da erfaßt uns auf einmal ein so heftiger Windstoß, daß wir mit aller Wucht gegen die Grasbank geschleudert werden, so zwar, daß wir weher vor- nodj rückwärts mehr können. — Nun, vorderhand konnte es uns ja gleich sein; wir hatten auf diese Weise einen sicheren Mittagstisch erhalten und brauchten somit nicht zu füvWen, etwaigen unliebsamen Schwankungen und Störungen ansgeliefert zu werden; darum konnten wir auch mit vollster Gemütsruhe unseren Imbiß einnehmen. Nachdem dieses Geschäft glücklich erledigt und unsere Kräfte wiederhergestellt waren, suchten wir nun auch, unseren Kahn aus seiner Notlage zu befreien, eine Arbeit, die nach zweistündiger Anstrengung auch von 254 Stern der Neger. Heft 11 Erfolg gefront war. Da wir Mer jetzt wegen der unfreiwilligen Verzögerung nicht inehr imstande waren, das geplante Reiseziel heute zu erreichen, so stiegen wir 'Beim nächsten Schillukdarfe ans Land, um da- selbst zu übernachten und am folgenden : Tage unsere Fahrt fortzusetzen. Als wir das Dorf betraten, wurden wir alsbald von einer Schar Neugieriger umringt und mit dem hierzulande allgemein üblichen „ibi, ubi“ („bist gekommen, seid gekommen") Begrüßt. Da unsere Missionäre j mit den Negern dieses Dorfes bekannt sind, wird uns ein Hof eingeräumt und säuberlich hergerichtet, woselbst wir nun unser Nachtlager aufschlagen kannten. Nachdem dies geschehen war, fingen wir an, die Kranken zu besuchen. Manchem dieser Unglücklichen konnten wir da sein Leiden lindern, sei es durch Verabreichung einer Medizin, wie sie seine Krankheit erheischte, oder durch das Reinigen und sorgfältige Verbinden seiner Wunden und Geschwüre, mitunter auch schon durch ein paar Worte des Trostes und der Ermunterung. Bei unserer Rückkunft zum Nachtlager fanden wir bereits den Tisch gedeckt. Einer unserer Neger von Tongo hatte eine Wild-gans erlegt, während die Töchter des Ortes es sich zur Ehre anrechneten, uns den Braten zubereiten zu dürfen. Am anderen Morgen brechen wir schon zeitlich auf und kommen, da völlige Windstille herrscht, ziemlich rasch vorwärts. Noch am Vormittag erreichen wir das angestrebte Reiseziel, den Ort Niloak. Wir besitzen daselbst im Schatten zweier hoher Deleb-palmen eine Niederlassung, zwar nicht in der imponierenden Gestalt eines mehrstöckigen Hauses, sondern nur in der einer ganz gewöhnlichen, kegelförmigen Lehmhütte, wie solche eben hier gang und gäbe sind; aber sie ist groß genug für unsre Bedürfnisse. In Niloak blieben wir nun einige Tage. Es dauerte nicht lange, und wir waren von allen Seiten in Anspruch Heft 11. Stern der Neger. 255 genommen. In unserer Hütte ging es zu wie in einem Taubenschlag; es war ein beständiges Kommen und Gehen. Die einen fanden sich ein aus Neugierde, die anderen, um etwas zu bekommen, wieder andere, um Brennmaterial, Hühner, Eier, Schafe u. dgl. zu verkaufen. Viele kamen auch, um Erkrankungen ihrer Angehörigen anzumelden, aber die weitaus meisten erschienen, um ihre Not und ihr Elend zu klagen; denn eine Hungersnot steht vor der Tür, da bereits seit zwei Jahren nicht mehr der notwendige Regen gefallen ist. Des anderen Tages begannen wir mit dem Besuche der Kranken. .O, wie viel Schmerz und Kummer gab es da zu lindern! Der eine hatte Zahnweh, der andere Kopfweh, ein dritter klagte über Bauchschmerzen, ein vierter litt an offenen Füßen, kurz, den einen drückte dies, den anderen das. Zahlreiche Erkrankungsfälle fand man auch, Die lediglich auf die Hungersnot zurückzuführen waren; denn um nicht vor Hunger sterben zu müssen, nehmen sie mit allem nur möglichem fürlieb. Wie Leute infolge der Hungersnot auf gut alles angewiesen sind, davon konnte ich mich selbst mit eigenen Augen überzeugen. Auf den beiden Palmen, zwischen welchen unsere Hütte steht, waren gerade die Früchte reis. Nun aber find dieselben nur dann genießbar, wenn sie von selbst herabfallen. Da setzte es nun manch harten Kampf ab, wenn solch eine Frucht herabkam; denn eilt jeder wollte sie haben. Halbe Nächte werden geopfert, nur um in den Besitz einer solchen Frucht zu gelangen, da sie meist eine ganz ordentliche Größe erreichen und zudem aikch noch einen sehr guten Geschmack besitzen. Einmal saß eine alte Frau den ganzen Nachmittag da und roartete und wartete, aber vergebens; es wollte keine Frucht her- abfallen. Da kamen von ungefähr einige Burschen des Weges daher, und wie sie eben beim Bannte vorbeigehen, fällt eine herunter. Natürlich hoben diese die Burschen alsbald auf und behielten sie für sich selbst. Kein Wunder, wenn die Alte, über eine solche Tat aufs äußerste erregt, den „Bösewichtern" eine ganze Flut der kräftigsten Segensworte nachschickte und in diesem ihrem edlen Beginnen nicht eher aufhörte, als bis nach abermaligem langem Warten endlich wieder eine Frucht herabfiel, die nun s i e auflas und vergnügt nach Hause trug. — Die wenigen Tage, die wir in Niloak verlebten, zeigten uns so recht, was es heißen will, von einer Hungersnot heimgesucht zu sein. Während unseres Aufenthaltes dahier wurde auch durch die treffsicheren Kugeln des hochw. P. Kohlten ein altes, ziemlich großes Krokodil vom Leben zum Tode befördert, weil es die Schilluk schon zu wiederholten Malen int ruhigen Besitze ihrer Güter störte und zahlreiche gestohlene Ziegen, Schafe, ja selbst junge Rinder auf dem Kerbholz hatte. Grausame Rache nahmen die Neger deswegen an diesem ihrem Erzfeind, indem sie ihn mit Haut und Haaren, — wenn er solche gehabt hat, — verzehrten. Nachdem wir mit unseren Arbeiten, die zumeist im Unterrichterteilen, im Ausfragen des Katechismus, in der Besorgung der Kranken usw. bestanden hatten, fertig waren, traten wir die Heimreise in die Station Tonga an, unsere ließen Schilluk von Niloak wieder sich selbst überlassend. Möge uns Gott der Herr doch recht bald in den Stand setzen, auch unter ihnen eine bleibende Station errichten zu können! — So habe nunmehr also auch ich meine erste Missionsreise gemacht! Vivant se-quentes! 256 Stern der Neger. Heft 11. Die Giftprobe und die Zauberer der Kongoneger. Eine sehr interessante Erscheinung im Leben der Neger des Kongogebietes ist die sogenannte Giftprobe oder Nkassa, welche eine Art Gottesgericht darstellt. Sie bildet vielfach den Hauptgegenstand, um den sich die Unterhaltungen der Kongoneger drehen, da sie den meisten Stoff zu Neuigkeiten bietet, leider aber auch zu Streitigkeiten vielfach Anlaß gibt. Die Folgen dieses abergläubischen Gebrauches sind ungemein traurige. Fordert doch diese Unsitte bei den Negern viel mehr Menschenleben als selbst Kriege und Krankheiten. Wir finden auch hier wieder eilt Beispiel, wie auf der einen Seite religiöse Irrtümer geeignet sind, in die Wurzeln des sozialen Lebens die giftigsten Keime zu legen, wie aber anderseits auch hier wiederum unsere heilige Religion den Beruf hat, wie so vielen anderen Melständen in der Gesellschaft so auch diesem Elende durch ihr siegreiches Vordringen ein Ende zu machen. Infolge der Zurückhaltung, mit der die Eingeborenen den Weißen begegnen, hat es einige Schwierigkeit, einen tieferen Einblick in deren religiöse Anschauungen zu gewinnen. Denn die Scham, welche die Neger darüber empfinden, daß -sich die Weißen gar häufig über ihre lächerlichen Ansichten lustig machen, sowie die Furcht vor der Rache, welche ihre Götzen an ihnen nehmen würden, wenn sie deren Geheimnisse verrieten, schließt ihnen den Mund. Es könnte -vielleicht einer einwenden, daß man wohl von den Kindern, die in der Mission Unterricht erhalten, wird diesbezüglich Aufschlüsse erhalten können. Allein dieselben verlassen gewöhnlich schon in sehr jungen Jahren Heimat und Verwandte und sind somit in diesem Punkte ebenfalls in Unwissenheit, wenigstens in bezug auf das tiefere Verständnis. Was wir trotz der angeführten Schwierigkeiten über ob-genanntes Thema feststellen können, ist ungefähr folgendes: In den Krankheiten, Unglücksfällen, kurz in allen Widerwärtigkeiten des Lebens, speziell aber im Tode, erblickt der Neger nicht etwa eine Fügung oder Zulassung der göttlichen Vorsehung oder das Ergebnis eines natürlichen Prozesses, den Gott walten läßt, sondern das Werk feindseliger ^Geister ober Götzen, oder aber er schreibt es Zauberern zu, welche Ndotschi heißen. Wenn also jemand krank wird oder sonst verunglückt, so ist man fest überzeugt, daß ein Ndotschi seinen Untergang herbeizuführen sucht; stirbt jemand, so war es gewiß ein Ndotschi, der ihm das Leben genommen, oder wie sich die Schwarzen auszudrücken pflegen, es „gegessen" hat. Die Eingeborenen glauben an eine Fortdauer der Seele nach dem Tode. Sie geben zwar zu, niedriger zu stehen als die Weißen, betonen aber immer wieder, daß sie durch ihre unsterbliche Seele sich wesentlich vom Tiere unterscheiden, für welches mit dem Tode alles aus ist. Als Aufenthaltsort der abgeschiedenen Seelen nimmt man die Umgebung der Dörfer an, besonders die Wälder und die Friedhöfe. Es gibt zwei Kategorien dieser Seelen. Die einen, die Seelen der Bösen (oder der Lebenseffer), befinden sich an einem Orte ewiger Pein, welcher Clunschi heißt und aus dem es keine Erlösung gibt. Die andere Kategorie hingegen, d. i. die Seelen der Guten, kommen ab und zu, ihre Gräber zu besuchen. Deshalb schmückt man die Grabstätten mit den verschiedensten Gegenständen, meist jedoch mit Schüsseln, Krügen, sehr oft auch mit Flaschen, von denen dann häufig eine mit Schnaps oder Palmwein gefüllt ist zur Labsal für die Seele des Verstorbenen. Die religiöse Scheu vor diesen Wtihegeschenken ist so groß, daß selbst der leidenschaftlichste Branntweintrinker es nicht rangt, davon zu stehlen. Wie in der Geisterwelt, so unterscheiden die Neger auch unter den lebenden Menschen zwei Klassen: Cantu ba Nsambi (das ist Menschen Gottes) und die Ndotschi (das ist Lebensesser). Die Menschen Gottes zeichnen sich aus durch Güte und Wohl-tätigkeit, ihre Eingeweide sind normal; die Lebensesser hingegen sind nicht bloß geizig und böse, selbst ihr Körperbau weist eine Verschiedenheit auf; neben den großen Eingeweiden haben sie nämlich in ihrer Brust einen kleinen magischen Sack, Mankundu geheißen; dieser ist eine Art Persönlichkeit und besitzt Zauberkraft. Dies ist das Organ, dessen sich der Ndotschi bedient, um das Leben des Nächsten zu essen, zwar nicht auf natürliche, wohl über auf unsichtbare, geistige Weise. Dieser Prozeß wickelt sich nicht immer schnell ab, sondern kann selbst mehrere Jahre dauern, so daß der davon Betroffene allmählich abmagert und immer schwächer wird, bis er endlich dem Tode zum Opfer fällt. Derjenige, welcher einen Mankundu hat, wird in einen ekstatischen Zustand versetzt, und nun sieht und durchdringt der Ndotschi die Seelen und kann den Raum ebenso schnell wie der Gedanke durchlaufen. Der Mankundu selbst kann sich entflammen, und wenn er Hunger nach Menschen hat, so sendet er Feuerflammen aus. In diesem Stadium wird er timt den Negern am meisten gefürchtet, und darum sucht man der Begegnung mit ihm auf alle nur mögliche Weise auszuweichen. Im Glauben, daß der Ndotschi sein grausiges Handwerk besonders zur Nachtzeit ausübe, ist es das Bestreben der Neger, wo möglich vor Sonnenuntergang zu Hause zu sein. Da sich der Ndotschi auch unsichtbar machen kann, trägt der Neger zum Schutze gegen ihn beständig verschiedene Amulette, wie Glöckchen, Schellen, Leopardenkrallen, Schwänze von kleineren Tieren usw. mit sich. Vor der Türe des Schlafgemaches stellt man häufig die verschiedensten, mitunter ungemein häßliche Götzenbilder aus. Sie verwehren nach der Ansicht der Schwarzen dem Ndotschi den Eingang in die Hütte während der Nacht, und man glaubt sich so vor dem Tode sicher. Ein anderes Schutzmittel gegen die Lebensesser besteht in der Bemalung des Körpers. Selten wird man einen Neger im Kongogebiete treffen, welcher nicht von Zeit zu Zeit verschiedene weiße oder rote Punkte und Striche im Gesicht trüge. Eines Tages hatte ich Gelegenheit, diese Zeremonie an einem Häuptling zu beobachten. Nachdem er sich in aller Frühe von seinem Lager erhoben, nahm er einen kleinen Spiegel in die Hand unh setzte sich langsam und bedächtig auf eine alte Kiste, über welche er zuvor mit beiden Händen allerlei komische Bewegungen gemacht hatte. Zur Rechten war ein kleiner Tops mit weißer, kreideartiger Erde, zur Linken ein solcher mit rotem, zerstoßenem uitd mit Palmöl und anderen Ingredienzien vermengtem Holze. Es waren die vom Götzenpriester bereiteten Medikamente. Nun begann die wichtige Hand-lung. Zuerst ward mit der Kreide auf die Stirn ein Punkt gemalt, hernach auf die 'Brust ein Kreis und von da aus ein dicker Strich gegen den Hals. Darauf bemalte er noch die Ohrläppchen, die Augenwinkel und endlich die Oberarme. Die gleiche Prozedur wiederholte sich sodann mit der roten Farbe; schließlich betrachtete sich der Neger noch einmal im Spiegel und fand nun zu seiner vollen Zufriedenheit, daß er jetzt •258 Stern der Neger. Heft 11. gegen alle sichtbaren und unsichtbaren Feinde sichergestellt sei. Handelt es sich bannn, den Ndotschi entgegenzuwirken und sie mit Hilfe der Götzen und Arzneimittel unschädlich zu machen, oder gilt es, ihnen das Löben des Gefährdeten zu entreißen, falls sie schon an seinem Untergänge arbeiten, oder will man die Schuldigen ausfindig es mir anzusehen. Ein katholischer Neger-knabe von Landana wurde in seine Heimat gerufen, da zwei seiner Onkel schwer erkrankt waren. Da sie in großer Gefahr schwebten, ließ er mich sogleich zu ihnen entbieten. Den einen traf ich bereits tot an. Die Leiche war in mehrere Tücher eingewickelt, mit einem roten Stoff umhüllt und mit verschiedenen Bändern und Lia- 3m Baten zu machen, wenn ein Todesfall sich sollte ereignet haben, und sollen die betreffenden, wenn sie durch die Giftprobe ihres Vergehens überführt sind, gestraft werden, so hat man sich an die Götzenpriester oder Ganga zu wenden. Es dürfte vielleicht von Interesse sein, einen Teil des Zeremoniells kennen zu lernen, das üblich ist, wenn man den schuldigen Ndotschi -entdecken will. Bei einem meiner letzten Ausgänge hatte ich Gelegenheit, Omdurman. neu geschnürt; die Räucherung sollte bald beginnen. Schon beim Eintritte in das Dorf war mir eine Person aufgefallen, die zwischen den Hütten auf und ab spazierte. Sie hatte ein rotes Hüftentuch, war in einen großen grauen Schal gehüllt und trug auf dem Kopfe eine rote Zipfelmütze; diese merkwürdige Persönlichkeit war der Götzenpriester, ein schon ziemlich bejahrter Mann, welchen der Häuptling des Dorfes schon vor einigen Tagen hatte kommen lassen, um .den Kranken zu kurieren. Ter Gerufene hatte zwar an betn nunmehr Verstorbenen seine Kunst versucht, aber ohne Erfolg. Alle Neger gaben mir zum Gruß die Hand, der Götzenpriester blieb ferne. Nachdem ich dem Kranken von den mitgebrachten Medizinen gegeben hatte, begann ich, da sein Zustand hoffnungslos war, alsogleich mit dem Unterricht. In der Hütte fand sich derartig Qualm und schlechte Luft, daß sie einen Gesunden hätten krank machen können. Außerdem saßen und kauerten rings um das Lager des Schwerkranken dessen Verwandte, 'hauptsächlich Weiber und Kinder, in solcher Anzahl, daß die Hütte gesteckt voll war. Ich forderte sie auf, sich zu ent-sernen und dem Leidenden frische Luft zu lassen. Sie antworteten mit ihrem stereotypen „ngete" (ja), blieben aber nach wie vor an ihrem Platze. Nicht weit von dieser Hütte befand sich eine Art offenen Schuppens, in welchem sich bei Einbruch der Nacht die Männer des Ortes rings um ein Kohlenfeuer versammelten. Sie kauerten auf dem bloßen Bo- den, während in ihrer Mitte auf einer Strohmatte der Götzenpriester oder Ganga Platz nahm. Zweck der Zusammenkunft war, vom Zauberer den Ndotschi zu erfragen. Nachdem man sich lange unterhalten und auch mehrere Lieder teils gesungen, teils gebrummt hatte, erklärte schließlich der Ganga nach mehrmaligem Klopfen auf seinen Fetisch, nach öfterem Bespucken desselben mit Palmwein und Begucken des Spiegels, welcher in des Götzen Brust eingefügt war, die Sache verhalte sich also: Der Kranke sei ein geschickter Jäger, habe jedoch seine Beute selten unter seine Landsleute verteilt, sondern meistens verkauft; darob seien ihm einige gram. Unter diesen sei mm ei net, welcher ihm nach d em Leb en strebe, und das sei der Ndotschi. Dieser befinde sich aber nicht in der Klasse der Prinzen und Prinzessinnen, — sondern in der Zahl der Sklaven und freien Neger sei er zu suchen. Würde man ihm 30 Cortados (24 Kronen) geben, so sei er bereit, ihn anzugeben. (Fortsetzung folgt.) $ Ein Tiroler HIMoncir in Äquatorial = Afrika. Es? Dem heben nacherzählt von Robert Conolli. (21. Fortsetzung.; „Im Jahre 1876 sah ich," schrieb mir .Friedrich/ „diesen Priester, als er eben aus diesem Vorgebirge ankam. Heute traf ich ihn wieder, aber wie erschrecklich abgemagert sah er aus! Leiden jeder Art hatten ihm hart mitgespielt. Die Einrichtung seiner kleinen Behausung war ungemein ärmlich. Den einzigen Schatz dieses verlassenen Apostels bildete ein Bild des Erlösers, unter welchem die Worte geschrieben standen: „Wer Jesus hat, hat alles!". Welch tiefe Wahrheit, welchen Trost schließen diese einfachen Worte in sich! . . . Und - dachte ich bei mir — ich sollte nach Europa zurückkehren, um dort ein Leben zu führen!, das, wenn es auch nicht müßig ist, doch meinem Berufe nicht entspricht, während in diesen Gegenden mehrere Millionen verwahrloster Neger wohnen, die keinen Glaubensbaten haben, welcher sich ihrer annehmen und fie aufrichten könnte." Da auf der Weiterfahrt ein heftiger Sturm -die Reise verzögerte, traf Friedrich erst Anfang Oktober in Porto Novo ein. Nachdem der Obere aus Friedrichs Munde den ganzen Sachverhalt vernommen hatte, beschloß er, ihn bei der ersten Gelegenheit, die sich bieten würde, nach Europa zurückzusenden. Unser junger Missionär fügte sich der Anordnung seines Vorgesetzten und traf die nötigen Vorbereitungen zur Rückkehr. Auf sein Ansuchen hin durfte auch Pius mitreisen. In einem Briefe au die Patres und die Christen der St. Josef-Mission nahm er rührend von ihnen Abschied, bat alle, die mit ihm im Verkehr gestanden hatten, um Verzeihung, empfahl sich ihren Gebeten und versprach, die afrikanischen Missionen, besonders jene von Dahomey, stets in liebevollem Andenken zu bewahren. . . . Doch „der Mensch denkt und -Gott lenkt". Die Wahrheit dieses Spruches sollte sich auch hier wieder zeigen. 33. Kapitel. Während sich nun unser Tiroler Missionär zur Rückkehr nach Europa anschickte, brachte kurz vor der Abreise ein Bote vom St. Josefstal die Unglücksnachricht, daß dortselbst ein Krieg ausgebrochen sei, welcher die junge Christengemeinde ganz in Aufruhr und Verwirrung bringe. — In dieser Gefahr war nun Friedrich allein der Mann, welcher beim König, seinem guten Freunde, Schutz und Gnade für jene Orte, die in den Besitz der Missionäre übergegangen waren, etlangeu konnte; er würde sodann auch zu bewirken vermögen, daß die Europäer und Christen das Heer als Krankenwärter begleiten dürften. Unserem jungen Freunde schien diese Nachricht ein sicheres Zeichen, daß die Vorsehung ihn noch in diesem Lande haben wolle. Er gab darum inzwischen den Gedanken an die Rückkehr in seine liebe Heimat auf, weihte aufs neue sein Leben und alle seine Kräfte Gott dem Herrn, und trat, nachdem er hiezu die Erlaubnis erhalten hatte, die Rückreise nach Ebamy an, um wiederum ant Heile der dortigen Neger zu arbeiten. Er mußte diesmal den Landweg wählen; denn infolge der Kriegsunruhen Sonnte die Fahrt aus dem Whemi-Flusse gefährlich werden. Kurz vor Weihnachten erreichte er glücklich St. Josef. Der Krieg ist in Dahomey wegen der Barbarei, mit der er geführt wird, noch viel schrecklicher als ariderswo; er erweckt aber unser besonderes Interesse wegen der Zusammensetzung des Heeres, das sich größtenteils aus Frauen rekrutiert. Obwohl die Reise während der Regenzeit unternommen worden war, so erfreute sich Friedrich doch bei seiner Ankunft in St. Josef recht guter Gesundheit. Aber von den drei daselbst stationiert gewesenen Priestern war nur noch einer ordentlich gesund und -gut beieinander. Von den beiden anderen litt der eine sehr stark an heftigen Fieberanfällen, während der andere vor wenigen Tagen gestorben war. Der Fieberkranke ward nach Friedrichs Eintreffen alsbald nach Porto Novo geschickt, um sich dort in der frischen Meeresluft zu erholen. Die Leitung der Station übernahm unterdessen Pater Leopold, der soeben mit Friedrich angekommen war, wobei ihm unser Katechist und die zwei Schwestern treu und helfend zur Seite standen. Als Friedrich dem König seinen ersten Besuch machte, um ihm seine Dienste anzubieten, war derselbe eben damit beschäftigt, dem Feuer, dem Blitz und den Schlangen, als den Schutzgottheiten seiner Krieger, Opfer darzubringen, um sie günstig zu stimmen. Kaum sah dies unser eifriger Missionär, so machte er dem Herrscher alsbald Vorstellungen. „Wenn dein Krieg gerecht ist," sagte er zu ihm, „so wird dir Gott ohne Zweifel helfen. Aber du mußt ihn anrufen, und zwar ihn allein, nicht aber diese verächtlichen Fetische." „Ich gebe zu, daß der Fetisch der Weißen mächtiger ist," antwortete der König, „aber er bedient sich seiner Macht nur zum Schutze der Weißen; uns Schwarzen aber ist es nicht möglich, seine Huld zu gewin-nen; wir müssen uns mit diesen Heiligen begnügen." Dabei wies er auf seine Fetische hin. Friedrich suchte sodann den König für die Missionäre, für deren Wohnung und für die Christen überhaupt günstig zu stiminen, was er auch tatsächlich erreichte. „©age deinen weißen Brüdern," erklärte der Herrscher, „ihr Herz soll nicht schwarz werden — soll nichts fürchten. Sammelt nur die Verwundeten und verabreicht ihnen Medizinen. Unseres Dantes dafür könnt ihr sicher sein; wir werden uns für alles erkenntlich zeigen. Dein Gott," fügte er hinzu, „hat ein Wunder-gewirkt. Der Zauberer Kekele ist gestorben, aber vor seinem Tode hat er sich noch in einen Hund verwandelt." Friedrich war diese letztere Nachricht in besagter Form zu märchenhaft und unverständlich; darum zog er diesbezüglich Erkundigungen ein und erfuhr ibalBti, daß Kekele als ein Opfer der Hundswut gestorben sei. Einer der Missionäre hatte sich, als er hörte, daß der Unglückliche von schrecklichen Schmerzen gequält werde, schleunigst zu dessen Wohnung begeben. Allein eine Schar übermütiger Jungen hatte den Zauberer bereits mit Steinwür- fen getötet und, damit nod), nicht zufrieden, ihn zum nahen 'glitfs gebracht und in dessen Fluten begraben. Der Krieg, womit Eofselo die Nachbar-gebiete überzog, verfolgte, soviel man erfahren konnte, keinen anderen Zweck als den des Raubes, um mit dem Erlös die schon erschöpfte Staatskasse wieder zu füllen und die Zahl der unglücklichen Sklaven wieder um einige hundert zu vermehren. Für alle Eventualitäten wurde im St. Jo-sesstal eine lange Hütte errichtet, um die Verwundeten, die Bresthasten und- alle jene aufzunehmen, die irgendeiner Hilfe bedurften. Das Heer Coffelos suchte immer, sich dem Feinde nröglichst zu nähern, ohne daß dieser es gewahr wurde, und stürzte sich dann mit unwiderstehlicher Gewalt auf ihn. Beabsichtigten sie, ein Dorf oder eine Stadt anzugreifen, so sandten sie zuerst geeignete Leute als Auskundschafter, und diese Spione, welche meist als Kaufleute oder Fetischpriester verkleidet waren, studierten die Lage des Ortes genau, wobei sie sich den Anschein gaben, als ob sie kaufen oder verkaufen wollten. Hatten sie alles ausgeforscht und dem Könige hierüber berichtet, so überfiel dieser ganz unvermutet während der Nacht die Ortschaft. Seine Leute brachen in die Wohnungen der nichts Schlimmes Ahnenden ein, töteten alle, welche Widerstand leisteten, und machten die üßrigelt zu Gefangenen. Aufgabe der Missionäre war es nun, die Sterbenden, die schwachen Greise und die Waisen aufzusuchen und sich ihrer anzunehmen; sie verbanden die Verwundeten, trösteten die Überlebenden und tauften die mit dem Tode Ringenden. Eines Tages wurde Friedrich zu einem Häuptling gerufen, dessen Dorf ebenfalls im Kriege zerstört worden war; das Lager, auf dem der Häuptling ruhte, bestand nur aus einigen nebeneinander gelegten Holzftücken. -Sein ganzer Körper war sonst unversehrt, nur am Fuße hatte er eine kleine Wunde, die ihn dB er, weil von einem Vergifteten Pfeil verursacht, unrettbar dem Tode weihte. „Du hast mich rufen lassen," sprach Friedrich, „was willst du von mir?" „Gieße über mich das Wasser deines Gottes; denn ich fühle, daß ich sterben muß. Weil ich mich aber vor dem einigen Feuer fürchte und nicht darin brennen will, darum bitte ich dich, gib mir das Wasser, damit meine Seele unverzüglich in den Himmel emgelfen könne." „Liebst du noch deine Fetische?" „Nein, Vater, nimm sie nur und verbrenne sie. Ich will nur mehr den Gott der Weißen lieben." Der Missionär bereitete ihn auf die Taufe vor und verließ ihn erst spät abends. Dem siegreichen Heere folgend, war unser Katechist bereits bis Usova gekommen. Hier aber entschloß er sich, weil er wieder oft von Fieberanfällen belästigt wurde, Kehrt zu machen, um sich in St. Josef zu erholen und dortselbst auch das Olftersest zu feiern. Schon hatte er einen Teil des Weges wieder hinter sich, als er ganz unerwartet mit Pater Leopold zusammen- traf, der eben auf der Suche nach ihm begriffen war, um ihm den Befehl des Obern zu überbringen, daß er sobald als möglich nach St. Josef zurückkehren solle. Am Passionssonntag feierte Pater Leopold inmitten eines fast undurchdringlichen Waldes das heilige Meßopfer, während Friedrich den Ministranten machte. — Allein noch am selben Tage mußten sich die beiden Missionäre voneinander trennen. — Pater Leopold mußte einige Stunden weit fort, um einem sterbenden Christen die letzten Tröstungen der Religion zu bringen; da Friedrich von neuem vom Fieber befallen worden war, konnte er seinen Mitbruder nicht begleiten, versprach ihm aber, als sie sich trennten, beim Einbruch der Nacht in der Hütte eines Christen, den er in nicht zu großer Entfernung im Innern beg Waldes wußte, mit ihm zusammenzutreffen. Doch das Fieber hatte die Kräfte Friedrichs bereits so geschwächt, daß er sich, um zur verabredeten Zeit an Ort und Stelle sein zu können, schon am frühesten Nachmittag, also in der ärgsten Hitze, auf den Weg machen muhte. Mühsam schleppte er sich eine Strecke Weges fort; als er aber von neuem einen dunklen Wald betrat, da wollte es das Unglück, daß er eine ganz falsche Richtung einschlug. (Schluß folgt.) Verschiedenes, Tiger- und Schlangenplage in Indien. Eine höchst interessante Diskussion fand vor geraumer Zeit im englischen Oberhanse über die „Menschenfresser", d. h. über die Tiger statt, die im englischen Indien ganz unglaubliche Verheerungen anrichten. Die dem Oberchause mitgeteilten Aktenstücke können auch dem unerschrocken-ften Missionär ein bißchen Gruseln ver- ursachen. In Unter-Bengalen, so hieß es in diesen Aktenstücken, sind in den letzten sechs Jahren 13.400 Personen von den Tigern zerrissen worden; man schätzt die Zahl der Menschen, welche jährlich im ganzen englischen Indien diesen Tieren zur Beute fallen, aus 10.000. Einmal wurde eine Tigerin erlegt, welche ganz allein mehrere Wochen hindurch den Verkehr auf einer sonst sehr belebten Straße verhindert und hun d ertsiebe rt -it n d z w a n -zig Menschen getötet hatte; in Haydonke hat ein einziger Tiger in drei Jahren hundertund a ch t Menschen umgebracht, darunter eine ganze Familie, bestehend aus Vater, Mutter und drei Kindern. Natürlich nimmt die Verheerung, welche diese Bestien unter den Herden anrichteten, noch ganz andere Ausdehnungen an; der Durchschnittsverlust, den die Landbevölkerung von Indien jährlich durch sie erleidet, beträgt 25 Millionen Franken. Daher ist es nicht zu verwundern, daß bie Auswanderung aus den ge-fährlichstjen Gegenden ganz außerordentlich groß ist; in einer der Provinzen des Zentrums sind die Bewohner von 13 Dörfern vor einer Tigerin geflohen und ließen ihr Eigentum, ein Gebiet von ungefähr 250 (engl.) Quadratmeilen, vollständig brach liegen. Zwar hat man an einigen Orten von Staats wegen eine Kompagnie besoldeter Jäger ausgestellt; man ist aber so töricht gewesen, die Höhe der Prämien für die erlegten Tiere nach dem größeren oder geringeren Schäden zu bemessen, den dieselben bereits angerichtet hatten. Die patentierten Jäger ließen nun dem Tiger Zeit, sich einen gehörigen Ruhm zu erwerben und großen Schaden anzurichten; war dieses ihr Ziel erreicht, dann ward er erlegt und die Jäger strichen eine hübsche Summe ein. Doch nicht die Tiger allein sind in Indien zu fürchten; gefährlicher sind beinahe noch die Schlangen. Einem Werke Doktor Fahrers zufolge sind in einem einzigen Jahre bloß in der Präsidentschaft Kalkutta nicht weniger als 6219 Todesfälle infolge von Schlangenbissen zur Anzeige gelangt. Ohne die geringste Übertreibung darf man also die Zahl solcher Opfer auf der ganzen indischen Halbinsel auf reichlich 20.000 in jedem Jahre veranschlagen. Diese erschreckend große Auzähl wird uns nicht wundernehmen, wenn wir bedenken, daß das Festland Indiens unter seinen beinahe 150 Schlangenarten nicht weniger als 25 giftige zählt, und daß zu diesen noch eine fast gleiche Zahl giftiger Seeschlangen hinzukommt, welche die Küstengewässer bevölkern. Trotz dieser großen Mannigfaltigkeit von -giftigen Schlangen sind aber dennoch nur drei ober vier Arten dem Menschen wirklich gefährlich. Am meisten zu fürchten ist die aus Museen und Menagerien hinlänglich bekannte Cobra oder Brillenschlange (Naja tripudians). Ihr Gift ist von unfehlbar tödlicher Wirkung, und ihre Verbreitung, löic ihre Neigung zum Angriffe eine so große, daß ungefähr zwei Drittel aller vorkommenden Todesfälle durch Schlangenbiß auf Rechnung der Cobra kommen; ja, man kann sagen, daß keinem anderen Tiere so viele Menschenleben jemals zum Opfer gefallen sind, als der Cobra. Eine zweite, sehr häufige und gefährliche Giftschlange ist die, welche von den Wengalesen Sankerchor, d. h. „Rindenbrecher", genannt wird, weil sie Bei ihrem plötzlichen Hervorschießen aus dem Innern der Baume zu kommen scheint, — ihr wissenschaftlicher Name ist Ophiophagus claps. Sie ist die größte und stärkste der indischen Giftschlangen und käme sie an Zahl der Individuen nur einigermaßen der Cobra nahe, würde sie unzweifelhaft noch größere Verheerungen anrichten als diese. Von den 6219 Todesfällen, welche, wie dBert erwähnt, in einem einzigen Jahre in der Präsidentschaft Kalkutta zur Anzeige gelangten, blieb in 4752 Fällen die Art der Schlange, von welcher der tödliche Biß herrührte, unbekannt; unter den 1467 bekannten Fällen trafen 929 auf die Cobra 264 Stern der Neger. Heft 11. und 160 auf die Krait (Bungarus cacrn-leus), eine dritte, ebenfalls sehr verbreitete, aber weniger gefährliche Art, da ihr Gift minder rasch wirkt und bei rechtzeitig angewandter ärztlicher Hilfe unschädlich gemacht werden kann. Endlich soll noch eine Viper (die Vipera oder Daboia Rus-sellii), die auf Ceylon unter dem Namen Tic-Polonga bekannt ist, in Indien sehr verbreitet und nicht weniger giftig fein als die Cobra. Diese vier Arten sind die eigentlich gefährlichen in Indien, so zwar, das-, wo immer man einer Schlange, die einen Menschen getötet hat, habhaft wird, diese mit größter Regelmäßigkeit einer der vier Arten angehört, und daß Fälle, in welchen die tötende Schlange als einer andern Art angehörig erkannt wird, zu den seltenen Ausnahmen gehören. Soeben kommt die ganz unerwartete trauerdepefcbe: P. Schumann — gestorben. Um 11. September 1879 zu Engers a. R. (Diözese Crier) geboren, trat er mit 17 (jähren in unsere Kongregation ein und legte am Jejte Jlllerbeiligen 1898 in die Bände (eines Obern, unseres gegenwärtigen bocbwürdigjten apostolischen Uikars J. X. Beyer (eine ewigen Gelübde ab, um (ich dadurch ganz dem heile der Heger zu widmen. Flach Absolvierung (einer Studien am theologischen Konvikte zu Innsbruck im jähre 1905 zum Priester geweiht, weilte er bis 1910 in Afrika, wo er in der lDi((ionszentra1e Khartoum das Amt eines Prokurators für die gesamte FTli((ion bekleidete. Krankheitshalber nach Europa zurückgekehrt, redigierte er, (obald er genesen war, durch nahezu 4 jähre den „Stern der Deger“, bis heuer im Mai neuerdings die Einladung des Herrn an ihn erging und ihn zum zweiten Male nach Afrika berief. Mit Jreuden folgte er der Stimme (eines göttlichen Meisters. Doch nur kurze Zeit sollten dem lieben Pater zu (einem apostolischen üüirken bejcbieden (ein; denn der eingelaufenen Dachricht zufolge rief der göttliche Heiland (einen treuen Sohn und Mitarbeiter am Merke der Beiden-bekebrung bereits am 25. Oktober zu (ich. Möge er nun die ewige Ruhe und den (eligen Srieden finden am heiligsten Berzen jesti, das er stets (o innig auf Erden geliebt und verehrt hat. Mir empfehlen den guten Pater recht inständig dem Debete aller unserer Eefer. R. I. P.