JHäuj 1999. Hl. Jahrgang. Nr. 3. herausgegeben - v - drv^öhne - dchl-HerIM.-ZWU ZLezugsbedingungen. Der „Stern der Neger" erscheint als illustrierte Monatschrist am Anfange jeden Monates und kostet jährlich 3 Kronen (3 Mark) mit Postversendung. Wir richten an unsere Freunde die innige Bitte, aus Liebe zum göttlichen Herzen Jesu und zu den armen Negern Centralafrikas uns unterstützen zu wollen durch Verbreitung dieser Zeitschrift in ihrem Bekanntenkreise und Werbung neuer Abnehmer. Förderer und Vertreter zur Verbreitung des „Stern der Neger" werden an allen Orten unter sehr günstigen Bedingungen gesucht. Der Ertrag des „Stern der Neger" wird zur Heranbildung von Missionären für die armen Neger in Centralafrika verwendet. Neu hinzukommende Abnehmer erhalten die bereits erschienene» Nummern nachgesandt. Adresse für Bestellung des „Stern der Neger": Missionshaus der Söhne des hlst. Lerzens Jesu in Mühland bei Brixen (Tirol). fionpptton der Söhne des heiligsten Heesens Jesu, Missionäre für CenkrahUfriüa oder Sudan. Bedingungen der Ausnahme. Die Congregation hat neben der Selbstheiligung der Mtglieder die Bekehrung der Neger von Centralafrika oder Sudan zum Zwecke. Sie besteht ans Ordenspriestern und Ordenslaienbrüdern. Zur Aufnahme ist für alle der Beruf zum Ordensstande erforderlich sowie der aufrichtige Wille, sich und seine Kräfte der Bekehrung der Neger zu weihen. Außer Priestern werden aufgenommen Studenten und Laienbrüder. Für die Studenten wird die vollendete V. Ghmnasialclasse verlangt. In Mühland müssen alle 2 Jahre Noviziat machen, worauf sie, wenn nach dem Urtheile der Obern kein Hindernis entgegensteht, die heiligen lebenslänglichen Gelübde der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams ablegen. Die Studenten setzen dann ihre Studien für das Priester-thuni fort. Beim Eintritt muss jeder eine bescheidene Ausstattung an Kleidung und Leibwäsche mit sich bringen und soviel Geld, als zur Rückkehr in die Heimat erforderlich ist, wenn solche aus einem triftigen Grunde sich als nöthig erweisen sollte. Nach ihrem Eintritte, seien sie Studenten oder Laien, übernimmt das Institut ihre Versorgung mit allem Nöthigen, in Gesundheit und Krankheit, wie für seine Söhne. Behufs Aufnahme in die Congregation ist an die unten bezeichnete Adresse einzusenden: 1. Ein selbstgeschriebenes Aufnahmsgesuch mit kurzer Lebensbeschreibung und der Erklärung, Ordensmann und Missionär für die Neger lebenslänglich sein zu wollen. 2. Das Zeugnis des Bischofes der eigenen Diöcese. 3. Das Tauf- und Firmungszeugnis. 4. Pfarramtliches Sittenzeugnis. 5. Aerztliches Gesundheitszeugnis. 6. (Bei Minderjährigen) die Einwilligung des Vaters oder Vormundes. 7. (Bei Studenten) die Zeugnisse der absolvierten Gymnasialclassen, besonders der letzten. 8. (Bei Laien) im Gesuche angeben, ob sie ein Handwerk verstehen. Adresse: Hochw. V. Obern des Missionshauses der Söhne des hist. Herzens Jesu in Mühland bei Sriren (Tirol). II Organ des Ai>sionshaufes der „Zähne des HP. Herzens Jesu". Erscheint am Anfange jedes Monats- Wr. 3. März 1900. III. Jahrgang. Inhalt: Marion-Verein für Afrika. — Nachrichten aus dein Marion-Verein. — vom afrikanischen Sclaven zum katholischen Priester (Fortsetzung). — Erste Reise unserer Missionäre int wiedereroberten Sudan (Fortsetzung). — Eröffnung der Missions-Niederlassung Lhartum-Bmderman. ianm-MKem Dieser unter dem Protectorate Sr. k. und k. apostolischen Majestät Kaiser Franz Josef I. im Jahre 1851 gegründete Verein für Katholiken der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder unter der Obhut des österreichischen Episcopates hat die Förderung der katholischen Missionen und der Sclavenbefreiung in Afrika zum Zwecke. Der Central-Ausschuss des Vereines befindet sich in Wien. Präsident desselben ist Se. Eminenz Cardinal Fürsterzbischof Dr. Anton Grüsch a. In jeder Bischofstadt bildet sich eine Diöcesan-Abtheilung mit einem Diöcesan-Ausschnss; in jeder Pfarre eine Pfarr-Abtheilung mit Pfarr- Bezugsbedingungen. Der „Stern der Neger" erscheint als illustrierte Monatschrift am Anfange jeden Monates und kostet jährlich 3 Kronen (3 Mark) mit Postversendung. Wir richten an unsere Freunde die innige Bitte, aus Liebe znin göttlichen Herzen Jesu und zu den armen Negern Centralafrikas uns unterstützen zu wollen durch Verbreitung dieser Zeitschrift in ihrem Bekanntenkreise und Werbung neuer Abnehmer. Förderer und Vertreter zur Verbreitung des „Stern der Neger" werden an allen Orten unter sehr günstigen Bedingungen gesucht. Der Ertrag des „Stern der Neger" wird zur Heranbildung von Missionären für die armen Neger in Centralafrika verwendet. Neu hinzukommende Abnehmer erhalten die bereits erschienenen Nummern nachgesandt. Adresse sür Bestellung des „Stern der Neger": Missionshaus der Söhne des hlst. Herzens Jesu in Mühland bei Brixen (Tirol). fonpptioit der Söhne des heiligßen Segens Ich, •Missionare für Gmkral-UMa ober Sudan. Bedingungen der Ausnahme. Die Congregation hat neben der Selbstheiligung der Mtglicdcr die Bekehrung der Neger von Centralafrika oder Sudan znm Zwecke. Sie besteht ans Ordcnspricstern und Ordenslaicnbrüdern. Zur Aufnahme ist für alle der Beruf zum Ordensstande erforderlich sowie der aufrichtige Wille, sich und seine Kräfte der Bekehrung der Neger zu weihen. Außer Priestern werden aufgenommen Studenten und Laienbrüder. Für die Studenten wird die vollendete V. Gymnasialclasse verlangt. In Mühland müssen alle 2 Jahre Noviziat machen, worauf sie, wenn nach dem Urtheile der Obern kein Hindernis entgegensteht, die heiligen lebenslänglichen Gelübde der Armut, der Keuschheit und des Gehorsains ablegen. Die Studenten setzen dann ihre Studien für das Priester-thmn fort. Beim Eintritt muss jeder eine bescheidene Ausstattung an Kleidung und Leibwäsche mit sich bringen und soviel Geld, als zur Rückkehr in die Heimat erforderlich ist, wenn solche aus einem triftigen Grunde sich als nöthig erweisen sollte. Nach ihrem Eintritte, seien sie Studenten oder Laien, übernimmt das Institut ihre Versorgung mit allem Nöthigen, in Gesundheit und Krankheit, wie für seine Söhne. Behufs Aufnahme in die Congregation ist an die unten bezeichnete Adresse einzusenden: 1. Ein selbstgeschriebenes Aufnahmsgesuch mit kurzer Lebensbeschreibung und der Erklärung, Ordensmann und Missionär für die Neger lebenslänglich sein zu wollen. 2. Das Zeugnis des Bischofes der eigenen Diöcese. 3. Das Tauf- und Firmungszeugnis. 4. Pfarramtliches Sittenzeugnis. 5. Aerztlichcs Gesundheitszeugnis. 6. (Bei Minderjährigen) die Einwilligung des Vaters oder Vormundes. 7. (Bei Studenten) die Zeugnisse der absolvierten Gymnasialclassen, besonders der letzten. 8. (Bei Laien) int Gesuche angeben, ob sie ein Handwerk verstehen. Adresse: Hochw. 1). Obern des Missionshauses der Söhne des hlst. Herzens Zesn in Mühland bei ßrimt (Tirol). Sthslmk AeitfäsyP fly 4knklswWetinn$ in Hfntttu Organ des Missionshauses der „Löhne des HP. Herzens Jesu". Erscheint am Anfange jeöes Monats. ->~ Wr. 3. März 1900. III. Zahrgairg. Inhalt: Marien-Dersin für Afrika. — Nachrichten aus beut Marien-Derein. — Dom afrikanischen Sclaven zum katholischen Priester (Fortsetzung). — Erste Reise unserer Msstonäre im wiebereroberten Suban (Fortsetzung). — Eröffnung ber Ntissions-nieberlassung Lhartum-Brnberman. amen-swem e®Fiefev unter betn Protectorate Sr. Wm k. und k. apostolischen Majestät ' Kaiser Franz Josef I. im Jahre 1851 gegründete Verein für Katholiken der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder unter der Obhut des österreichischen Episcopates hat die Förderung der katholischen Missionen und der Sclavenbefreiung in Afrika zum Zwecke. Der Central-Ausschuss des Vereines befindet sich in Wien. Präsident desselben ist Se. Eminenz Cardinal Fürsterzbischos Dr. Anton Gruscha. In jeder Bischofstadt bildet sich eine Diöcesan-Abtheilung mit einem Diöcesan-Ansschuss; in jeder Pfarre eine Pfarr-Abtheilung mit Pfarr- Ausschuss. Eine Pfarr-Abtheilung kann conftituiert toerben, sobald in einer Pfarre mindestens fünfzehn Mitglieder sich befinden. Ebenso können in den einzelnen Pfarren Frauengrnppen sich bilden, wenn mindestens zwanzig Frauen dem Vereine beigetreten sind. Mitglied des Vereines kann jeder in Oesterreich wohnende Katholik werden, der sich verpflichtet, täglich ein Vaterunser und ein Ave mit dem Zusatze t. „Bitte, o Himmelskönigin Maria, für die unglücklichen Neger!" IV. „Auf dass sie mit uns würdig werden der V rheismngen Christi!" zu beten, und einen monatlichen Beitrag von mindestens 5 kr. ö. W. leistet. Theilnehmer werden solche, die sich zum Gebete nicht verpflichten, aber mindestens 1 fl. im Jahre spenden. Wohlthäter sind solche, welche nach Belieben eine einmalige oder öftere größere Gabe dem Vereine zuwenden. verliehen von Sr. H. Papst Pins IX, durch Breve vom 5. December 1852: Ein vollkommener Ablass, nach vorausgegangener würdiger Beicht und Communion und unter den gewöhnlichen Bedingungen: 1. Am Feste der Auffindung des heiligen Kreuzes. 2. Am Feste Mariä Geburt, dem Hanptseste des Vereines. 3 Einmal in jedem Monate, wenn man an jedem Tage des Monates die vorgeschriebenen Gebete verrichtet Ein Ablass von 100 Tagen, so o't man ein Vereins werk (das tägliche Gebet oder das Almosen) verrichtet. Bei Neugründnng von Psarrgrnppen übernimmt die Einleitung aller jener Schritte, welche zur behördlichen Genehmigung solcher Psarrgrnppen, resp. des Statutes, nothwendig sind, der Vice-Prases des Wiener Diöcesan-Ausschusses, der Hochm. Monsignor Anton Schöpf!euthner, Domcapitnlar bei St. Stephan in Wien I., Stephansplatz 6. Möge gerade jetzt, da die alte österreichische Mission im Sudan sich wieder eröffnet und die Missionsthätigkeit in Afrika in steigender Entwicklung begriffen ist, die Liebe zu den unsterblichen Seelen der armen Afrikaner und auch die Dankbarkeit für die Gnade des wahren Glaubens recht viele Oesterreicher bewegen, sich diesem heimischen Missionsvereine anzuschließen, und für die Ausbreitung desselben recht thätig zn sein. Ablässe für die Mitglieder, E Z 1 >2 .5 ¥ ! S3.’ ti S n S ti Warien-Acreirr für Afrika. — Marrgr«Ppe St. glodius, III. Wien. Am Mittwoch, 24. Jänner, 6 Uhr abends, fand im Fcstsaale des Gemeindehauses, III. Gemeindeplatz 3, die Generalversammlung statt. Hiebei hielt der Hochw. Herr Canonicus Anton Schöpfleuthner, Vice-Präses des Wiener Diöcesan-Ausschusses eine erhebende Ansprache und der Hochw. P. R e m i-gius Ruez, 0. F. M., eine schöne Festrede. — Anmeldungen zum Beitritt und Zahlungen werden an jedem ersten Monats-Sonntage nach dem hl. Segen in der Sacristei zu St. Rochus entgegengenommen. IZreitenfee Bei Marchegg. (Maricn-Kerein.) Der Hochw. Herr Pfarrer Adolf Sedlaczck schreibt uns unterm 31. Jänner: Am 28. Jänner hielt die hiesige Frauengruppe des Marien-Vereines eine Versannnlung ab, bei der die Neuwahl der Vereinsleitung für das laufende Jahr vorgenommen wurde. Nach einem kurzen Vortrage des Hochw. Herrn Pfarrers über den Zweck des Vereines wurde über Vorschlag per Acclamation die alte, verdiente Vereinsleitung wiedergewählt und dieselbe durch zwei weitere Mitglieder verstärkt. Die Vereinsleitung besteht aus der Präsidentin Frau Eva Nakowitsch, den Bicepräsidentinnen Magdalena Reckendorfer und Maria Hergolitsch, der Cassierin Maria Krippel und der Schriftführerin Anna Ankowitsch. Zgreitensec Bet Marchegg. (Maricn-Mcrein.) Der Hochw. Herr Pfarrer Adolf Sedlaczck schreibt uns unterm 19. Februar: Am 17. Februar hielt Fr. Karl Klodt, Missionsbruder aus Centralasrika, im hiesigen Marien-Berein, der auch mehrere Mitglieder am Bahnhof Marchegg und Lassen hat, einen zwei Stunden währenden, äußerst interessanten Vortrag. Die Frau Präsidentin und der Herr Pfarrer als geistlicher Consulent des Vereines dankten dem Redner für den spannenden Vortrag und munterten die Anwesenden, welche noch nicht Mitglieder des Vereines seien, zum Beitritte auf, welcher Aufforderung auch vielfach bereits entsprochen wurde und gewiss noch Folge gegeben werden wird. Das kleine Dorf war überaus glücklich, mehrere Stunden zwei Missionäre aus Afrika in seiner Mitte zu wissen. Mit Fr. Klodt war auch noch als Begleiter Fr. Wilhelm Richli gekommen. ------------488«------------------ lom nfnliitiiisdmi Stinnett unit htljiilifdmi Priester. Spantes Sorüv H'Harirn pen, Negerpriester aus dem Stamme der Dinka in Central-Afrika, zum Katholicismus bekehrt 1874, Priester seit 8. Mai 1887, gestorben 11. Jänner 1900. (Eine Selbstbiographie.) III. (Fortsetzung.*) (Geburt einer meiner Schwestern. Meine Geburt und zweier anderer Schwestern. Aufnahme eines armen Weibes aus Rnruen und ihrer beiden Kinder in unsere Familie. Tod des Sohnes dieser Frau. Ihr Tod. Krankheit und Genesung ihrer Tochter.) 6-Piok-Den hatte mit Aquid-De-Gele sich verehelicht, und ward diese Ehe nach längerer Zeit mit einem Mädchen gesegnet, das den Namen seines verstorbenen Schwesterchens (mütterlicher Seite) Acciül erhielt. Acciöl war ein hübsches Kind und das Abbild seiner Mutter. Darum hatte *) Siehe Nr. 2 Seite 34. ein Jüngling bei Zeiten schon sein Angenmerk ans selbes gerichtet nnd die Eltern gebeten, als Acciol kaum zehn Jahre alt war, dass er ihr die Fingerringe, die Ohrringe, die Armringe nnd die Ringe an dm Knöcheln (tote sie im ganzen Sudan getragen werden) anlegen dürfe. Diese Geschmeide gelten so viel als in Europa der Brantring — und in dieser Absicht hatte der betreffende Dinka-Jüngling diese Geschmeide Acciol eben angelegt, tint sie dann später als Weib heimführen zn können. (Dieser Brauch ist unter den reicheren Dinkas schon alt, dass sie sich ihre Kinder gegenseitig zur Ehe versprechen.) Diese Zeit rückte heran, während Acciol eine unter dortigen und heidnischen Verhältnissen möglichst gute Erziehung bekam, und als der Zeitpunkt ihrer Verehelichung gekommen war, starb sie in ihrer Blüte dahin. In dieser Zwischenzeit hatte der Herr genanntem Ehepaar einen Sohn gegeben. Wer dieser ist, soll der geduldige Leser wissen: Dieser Sohn bin ich selbst, der nach der Gnade Gottes Dank den apostolischen Mühen seiner Diener heute im Stande ist, diese wenig geordnete Skizze seiner Lebensschicksale zu schreiben. — Um die Rettung des jungen Lebens bei der Schwergeburt der Mutter und die fast wunderbare Rettung des Söhnchens ans den Händen der blutdürstigen BaggLrah zum Ausdruck zu bringen, hieß mich der Vater Pharrm, d. i. der Befreite oder Gerettete. Der geneigte Leser wird aber fragen, worin diese Gefahr, in der mein junges Leben schwebte, bestand? Die fragliche Gefahr war also beschaffen. Nach Hirtengewohnheit der Dinka hatten auch meine Eltern ihr eigentliches Heim verlassen, waren mit den Herden etwa sechs Meilen weit weggezogen und ließen sich in der Nähe eines Flusses oder kleinen See's (ich erinnere mich nicht mehr genau an die Erzählungen meiner Mutter) nieder. Dort erblickte ich etwa zwei Monate nach der zweiten Ernte das Licht dieser Welt. Um diese Zeit war es auch, dass die Baggürah-Araber, die Blntfeinde der Dinka, wieder in unser Gebiet einbrachen und die Bewohner bis in ihre Hutten zurücktrieben und belagerten. Am Morgen nach dem feindlichen Einfalle sah man eine Reiter-Abtheilung der Baggürah, welche in der Nähe des Flusses (oder See's) lagerte. Da die Unseligen im Rücken durch unsere Stammesgenossen sich geschützt fühlten und sahen, dass die Araber bloß mit Lanzen bewaffnet seien, fassten sie, wenngleich in Minderzahl, Muth, zogen von ihren Behausungen weg, griffen die Eindringlinge an und entwickelten einen blutigen Kampf. Durch empfindliche Verluste geschwächt, konnten die Unseligen nicht Stand halten und zogen sich zurück. In diesem Augenblicke feuerte ein Jüngling ans Uen-de-Moren, meiner eigentlichen Heimat, die Weichenden an, die ihm bald Folge leisteten *) und von neuem Muthe beseelt, gleichsam eine feste Mauer bildeten und solchergestalt vorwärts rückten, die Truppen der Araber im Sturme durchbrachen und den Rest in die Flucht trieben. !) Bei bett Dinka müssen alle Jünglinge, welche ungefähr das 18. Lebensjahr erreicht haben, in den Krieg mitziehen. Doch ist die Anführung keine einheitliche, sondern eines jeden Mnthigen Wort wird da gut aufgenommen, was oft aber auch seine großen Nachtheile haben,kann. Während mein Vater im Schlachtgetüminel war, litt meine Mutter die größten Geburtswehen und alle ihre Freundinnen meinten, dass ich todt zur Welt kommen müsste, was der Herr in seiner Barmherzigkeit und Güte aber anders fügte. Aus diesen Gründen nannte mich mein Vater auch Pharim. Später schenkte mir Gott noch zwei Schwestern, von denen die eine Aluöl, die andere, das letzte Kind, Amel hieß. Zur Zeit dieser Kriegswirren kam eine Mutter mit einem Knaben und einem Mädchen in unser Dorf. Das Familienhaupt dieser drei Armen war kurz vorher gestorben, und da die verlassene Witwe weder Mittel noch Wege wusste, sich und ihre Kinder zu ernähren, kam sie in unser Gebiet von Mören, um einen Dienstplatz zu suchen. Meine Mutter bat den Vater, dass er die Armen aufnehmen möge, zwar nicht, um Sclavendienste zu leisten, als vielmehr wie Familienglieder. Diese Bitte hatte beim Vater ein geneigtes Ohr gefunden. Nach wenigen Jahren erkrankte der Sohn dieser armen Mutter, welche nun zu unserer Familie zählte, und ungeachtet der sorgsamsten Pflege seiner und meiner Mutter starb er. Nicht lange nachher wurde dessen Mutter krank, starb in unserem Hause Und fand neben ihrem Sohne die Ruhestätte in der Nähe unseres Heims. Vor ihrem Tode hatte sie noch ihr Töchterlein meinen Eltern anempfohlen und gebeten, dasselbe wie ihr eigen Kind annehmen und behandeln zu wollen. Das arme Weib hatte wenigstens noch den Trost, vor ihrem Scheiden aus diesem Jammer-thale zu hören, dass ihrem Wunsch und ihrer Bitte vollauf Rechnung getragen werden würde. — Ihre Tochter, Kerens bei 15 Jahre alt, wurde ebenfalls sehr krank und litt an Dysenterie. Meine Eltern, welche ihr Wort einlösen wollten, nahmen sich derselben sehr an und beauftragten meinen älteren Bruder Kog, der schon zwanzig Jahre alt war, täglich für die Kranke aus ziemlich weiter Ferne Milch herbeizuschaffen, was dieser stets gern und auch bei schlechtem Wetter that. Allnd, so hieß die Kranke, wurde zusehends besser und genas vollkommen. Als sie ihre Gesundheit wieder erlangt hatte, ward sie förmlich als Familienglied aufgenommen und zu meinen Schwestern gezählt, so dass ich sie von jenem Tage an als solche zu halten und zu nennen anfieng. IV. (Meine ersten Jahre im Baterhause. Krankheit und Tod meines Vaters. Eine große Lebensgefahr. Die Mutter bringt mich nach Gon-de-Moü, um die Herden ihrer Schwester zu überwachen Meine Rückkehr) Bei den Dinka hat eine Civilisation nie Fuß gefasst, und daher gibt es dort auch keine Schule oder dergleichen, worin die Kinder eine Erziehung genießen könnten. Diese werden einfach durch das Beispiel ihrer Eltern erzogen, sowie sie es von ihren Vätern wiederum erlernt hatten: „Uarkua aci kan loy aya“ („Unsere Väter haben das auch so gethan") gilt als oberster Grundsatz. Die Kinder lernen daher nichts anderes, als: wie sie die Rinder behandeln müssen, wie sie die Felder bestellen und wie sie einst das innere Hauswesen lenken und leiten sollen. Das- selbe thaten meine Eltern mit mir. Ein Beispiel zärtlicher Elternsorge ist mir aus meinem frühesten Alter noch im Gedächtnis. Ich hatte einmal jenes Fasteng.'bot bezüglich der neuen Früchte übertreten, das auch den Kindern auferlegt ist, davon nämlich nichts zu essen, bevor die Eltern den Hofraum damit bestreut und des Schöpfers Segen herabgefleht haben. Es dauerte jedoch nicht lange, so fühlte ich auch schon die Strafe für diese meine erste Sünde. Dem Vater war nämlich meine Abwesenheit aufgefallen, und da er später aus meiner Scheu, mich ihm zu nähern, das ganze bald errathen hatte, zauderte er nicht, meine Beichte abzuverlangen. In gütiger und sanfter Weise, damit ich ihn nicht belüge, nahm er mich bei der Hand und fragte mich, wo ich denn die Frucht (welche ich unglücklicher Weise noch theilweise in der Hand hatte) genommen hätte. Vertrauend ans die väterliche Güte, führte ich den Vater zum Orte meines Diebstahls. Der Vater aber hatte schon eine gehörige Ruthe an der Seite verborgen, und als wir auf dem Platze angelangt und der Vater von meiner Schuld sich überzeugt hatte, machte er nach einer heilsamen Ermahnung, dass ich nie mehr vor der angedeuteten Segnung der neuen Früchte solche anrühre, auch Gebrauch von der mitgebrachten Ruthe. Diese Art väterlicher Zurechtweisung wird meinem Gedächtnisse nie entschwinden, und möchte der christliche Familienvater, welcher sie nicht übt, doch vom heidnischen lernen, wie er seine Kinder anleiten soll, Gottes Gebote, die ja ein Gesetz der Liebe sind, zu beobachten und zu befolgen. Als ich schon größer geworden war, gieng auch ich mit meinem Bruder unser Vieh hüten und wir lebten gemeinsam mit den anderen Hirten, fern von unserem Elternhause. Unsere ältere Schwester Aeciöl bereitete uns das Essen, und von Zeit zu Zeit sandten wir Milch und Butter nach Hause. — Bis dahin hatte unsere Familie kein Unglück berührt, und schien Gottes reichster Segen über uns zu sein. Auch hatte der Vater seine Grundstücke vermehrt und gründete in der Ferne ein neues Heim. Dort lebten wir einige Jahre in recht angenehmen Verhältnissen. Da wurde mein Vater, wahrscheinlich infolge seiner Anstrengungen und Sorgen um die Familie, krank und bettlägerig, und nach mehr als jahrelangem Brustleiden verließ er diese Welt. Ich zählte damals acht Jahre, und war wenige Tage vor des Vaters Tod von den Herden nach Hause gekommen. Da nur zwei Söhne da waren, wovon der erste meines Vaters Brudersohn war, wusste die Mutter nicht, wer von uns beiden des Vaters Grabstelle zu bestimmen habe. Weil aber mein Bruder Kog, dem dieses Recht eigentlich zukam, zu weit entfernt war, so entschied die Mutter für mich. Es wurde also mein Vater an dem von mir bezeichneten Orte unter unser aller Thränen begraben. Die Mutter, welche nun allein war, übernahm jetzt die Leitung des Hauses, und nicht ohne Geschick; denn sie verstand es, Haus und Hof zusammenzuhalten. Wenige Jahre nach des Vaters Tode kaufte sie sich ein Anwesen jenseits des Stromes an. In jenem Jahre hatte dieser (Weißer Nil) alle unsere Felder überschwemmt. Die Hütte aber hielt man, obschon sie vom Weißen Nil nicht weit entlegen war, angesichts der Ausbesserungen, die man angebracht hatte, für hinreichend fest und sicher, und so ließ uns die Mutter allein unter der Obhut eines Mannes aus der Dinka-Familie der Nusr, den mein Vater kurz vor seinem Tode in das Haus aufgenommen hatte, zurück, während sie zu den Feldern hinauszog, die jenseits des Stromes lagen. In einer Nacht hatten aber die Flusspferde, au denen der Weiße Nil überreich ist, die Dämme, welche unser Haus vor der Flut schützen sollten, unterwühlt und durchbrochen, und alsbald war das Wasser in unserer Hütte, in der ich mit meinen Schwestern schlief; wir waren in Gefahr zu ertrinken, denn einen zweiten Stock gibt es in einer solchen Hütte nicht. Es blieb uns darum nichts anderes übrig, als zu fliehen und für diese Nacht uns anders SjpJfe'Äs WZM ■lli 1 wohin zu retten. Meine jüngste Schwester Amel nahm ich auf die Schultern, 8Utt6l hielt ich an der Hand, und die älteste folgte mir mit den Kostbarkeiten unserer Hütte, um zu retten, was noch zu retten war. Mitten auf unserem Rettuugsmarsche erschreckt uns das entsetzliche Geheul von Hyänen. Meine Schwestern erfasste große Angst und Schrecken, zumal auch die Nacht kaum ein bischen durch den Mond erhellt war, unterließen aber wohlweislich das Weinen und Schreien, das die Gefahr nur erhöht haben würde. Auch ich hatte meinen Furcht- und Schreckens-Antheil. Zitternd waren wir an einer Hütte angelangt, deren Herrin uns kannte und uns gern für den Rest der Nacht ein Plätzchen überließ. Am folgenden Morgen kehrten wir zu unserer Behausung zurück, um den Schaden in Augenschein zu nehmen, und siehe, es war alles in Ordnung, selbst der Kornspeicher hatte nicht gelitlen! Die Mutter, die von diesem Unglücke gehört, eilte in der Ueberzeugung, dass wir alle umgekommen seien, unverzüglich und schmerzbewegt nach Hause. Wie groß aber war ihre Freude, als sie uns alle unversehrt erblickte! Nicht konnte sie Worte finden, der Vorsehung zu danken, dass wir aus solcher Gefahr wohlerhalten entronnen waren. — Um nicht wieder in ähnliche Gefahr zu gerathen, baute die Mutter auf einem Höhenpunkte ein neues Heim, wo wir dann von der Ueber-schwemmnng nicht mehr zu leiden hatten. In dieser Zeit der Wechselfälle lebte in Gon-de-Moü, im nördlichen Dinka-Gebiete, die Schwester meiner Mutter, deren Mann und einziger Sohn gestorben waren und die niemand hatte, der ihre zahlreiche Herde hütete. Darum bat sie meine Mutter, dass sie mich zu ihr sende, was auch geschah, da mein älterer Bruder bei unseren Rindern war. Ich musste nun gegen meinen Willen und Neigung dahin abreisen und weinte schmerzlich, von meinen guten Schwestern mich trennen zu müssen. Die Mutter überredete mich aber zum Gehorsam und tröstete mich mit dem Hinweise aus die zwei Töchter meiner Tante, die mir eben so gute Schlvestern sein würden, als meine wirklichen. — So reisten wir denn eines Morgens nach Gon-de-Moü ab und gelangten nach einem beschwerlichen Fußmarsche zu einer Verwandten, wo wir schliefen. Am Morgen gieng's wieder fort, und erst am Abend gelangten wir zur Hütte meiner Tante. Meine Mutter hielt sich bei ihrer Schwester nur wenig ans, weil sie meine Schwestern zu Hanse ganz allein wusste, ohne Obhut. Hier verblieb ich ungefähr neun Monate, während welcher Zeit ich beständig bei der Herde mich aufhielt. Obschon mir anfangs das Weiden der Schafe und anderen Viehes in Gemeinschaft mit vielen Knaben meines Alters sehr gefiel und die Gesellschaft meiner Tante und Basen recht angenehm war, so wurde ich ihrer doch bald salt und wollte um jeden Preis in meine Heimat zurückkehren. Eine erwünschte Gelegenheit fand sich bald. Es war nämlich die Erntezeit herangekommen, und da die Tante jemand benöthigte, der sie hierin unterstützte, und in meiner Heimat die Reife erst später eintrat, so bat sie selbst meine Mutter, dass sie ihr meinen älteren Bruder Kog senden möge. Die Mutter kam selbst mit Kog zu ihrer Schwester; aber ich hütete mich wohl, von meinen Plänen der Mutter oder sonst jemanden Mittheilung zn machen. Die Mutter kehrte wieder in gewohnter Eile nach Hause zurück, wo in ihrer Abwesenheit die ältere Schivester das Regiment zu führen pflegte. Eines Tages sprach ich mit dem Bruder über die Angelegenheiten unseres Hauses und theilte ihm mein Verlangen mit. Er versprach mir sofort, Mittel und Wege zu finden, mich wieder mit meinen Schwestern zu vereinigen. Die Ernte war vorüber und noch immer wurde mein Bruder von der zärtlichen Tante mit dieser oder jener Geringfügigkeit zurückgehalten, so dass er sich kaum zu befreien vermochte. Für sich hatte er jedoch bald eine Kriegslist gefunden, die Schwierigkeit lag auf meiner Seite. Desungeachtet erzählte er eines Tages ganz unverfroren der Tante, dass uns ein Ochs gestohlen worden sei, und dass er diesen nun suchen müsse und darum abreise und auch mich mitnehme. Die gute Tante, welche einen Betrug hierin nicht erblickte, machte keinerlei Schwierigkeit bezüglich des Bruders. Anders stand es jedoch mit mir; denn von meiner Abreise wollte sie nichts wissen. Aber die oft und lange wiederholten Bitten und mein Weinen hatten sie ermüdet, bis sie endlich unwillig nachgab, da für alle Falle ihr Neffchen schon ziemlich fähig geworden war, um die Herde überwachen zu können. So hatte ich denn mein Ziel erreicht, und mit ungeheuerer Freude trat ich den Rückweg an und übernachtete mit meinem Bruder wieder bei derselben Verwandten. Am kommenden Morgen fanden wir inis auf dem Weideplätze unserer Herden ein, und erst von da giengcn wir nach Hause. (Fortsetzung folgt.) 3 I K 1 Nsmp Won Afsnan noch ^möerrnclN imö zurück. Voir P. Wilhelm Banholzer, F. S. C. (Fortsetzung*) , Koroško, 23. September 1899. aufgehende Sonne sticht uns die Augen aus, wenn lIlllIlP wir nicht augenblicklich aufstehen. Der Dampfer hält vor Koroško, einem Städtchen an der Mündung einer mächtigen Thalschlucht, dem nächsten Weg nach Abu-Hamed. Zur Zeit der Derwischherrschaft im Sudan wares nach Halfa das stärkste Fort der Engländer nach Osten und Süden. Die Kasernen sind nun verlassen, und nur mehr etwa eine Compagnie Soldaten ist dort verblieben. Seinen Wert als Stapelplatz der von hier nach Abu-Hamed durch die Wüste ziehenden Karawanen wird es beibehalten, so lange die Eisenbahnlinie Assuan-Morad-Abu-Hamed noch nicht gebaut ist. — P. Ohrwalder erinnerte sich noch wohl der Thalschlucht, aus weicherer bei seiner Flucht über Abu-Hamed-Morad herauskam — todtmüde vom siebentägigen unablässigen Ritt durch die Wüste. Auch das Häuschen, in welchem er damals ausruhte, konnte er mir noch zeigen. Mit dem steilen Ostufer wetteifert im Westen eine großartige Berggruppe, die mich an die Berge Tirols erinnerte. Nur ist hier anstatt des Schnees der gelbe Flugsand in die hohen Winkel und Rinnen und Klüfte hineingeweht. Der Sonnenaufgang hat in diesem Panorama unsagbare Reize. — Die ganz fremd gewordenen Barken sindeu wir an beiden Ufern zahlreich vertreten. Das war ein lohnenswerter Aufenthalt. Wenn nur anstatt des von Wallfahrern viel besuchten Grabes mit Kuppel eine Kapelle vom hohen Auas-el Guaram grüßte! — Es ist in Gottes Vorsehung bestimmt, wie lange der Islamismus noch Wege und Mittel findet, zu leben und sich auszubreiten. Am Ende muss er verschwinden, da der Herr »ach seinem eigenen Worte „alles an sich ziehen" wird. Nach Koroško, sagt der Bädecker, hat man hier und da Gelegenheit, Krokodile zu sehen, die sich theils auf den Sandbänken aufhalten, theils in das zerklüftete Ufer ihre Eier legen. Die Eingeborenen und Berberiner am Steuer verneinen diese Behauptung. Vor langer Zeit habe es Krokodile gegeben, jetzt seien aber alle wegen der vielen Schiffe, die auf- und niederfahren zwischen Halfa-Assuan, toeit über Halfa hinaufgegangen. Der Sonntag brachte noch eine Bescherung. Nachdem schon seit einiger Zeit östlich eine größere Bergkette sich angesetzt hatte, die etwas Großes einzuleiten schien, *) Siehe Nr. 1 Seite 13. kommt wirklich ein denkwürdiges Stück Ufer: aus dem Nil erhebt sich, steil wie eine Mauer, gen Westen ein breiter Tafelberg, der die alte, jetzt theilweise verfallene Festung Kasr-Jbrahim trügt. Der Aufstieg ist nur von Norden möglich, weil dort allein eine Verbindung mit der weiterziehenden Bergkette besteht. Ibrahim Pascha eroberte zuletzt die Festung von den Mamelucken, die seit 1811 dort oben saßen. Das ganze macht den Eindruck eines Ranbritternestes in unseren Landen. Weiter südlich, in geringer Höhe, sind fünf in den Berg gehauene Grotten sichtbar. Nach der Vorschiebung dieser majestätischen Bergplatte tritt das Gebirge wieder zurück, dichten Durrafeldern, hübschen Wäldchen und Ricinuspflanzungen den Vortritt gewährend. Die Soaghien heben das Wasser über das hohe Ufer, von wo es weit ins Land hineinfließt, und geben den Fellachen vollauf Beschäftigung. Am Westufer zieht To sch ky vorbei, wo am 3. August 1889 die nach Norden niarschierenden Derwische von den Engländern geschlagen wurden. Das Schlachtfeld ist 11 Kilometer vom Nil entfernt. — Den Tempel von Abu-Simbel verdeckte uns die hereinbrechende Nacht. — Beim gegenwärtigen Hochwasser konnte die Nacht zur Passierung der folgenden, sonst gefährlichen Klippen benutzt werden, und so kamen wir schon am andern Morgen in Taufikia an, einem Theile des aus mehreren Niederlassungen bestehenden Wadi-Halfa. Wadi-Halfa, 24. September 1899. Haltepunkt der Dampfschiffe ist vor der Post. — Taufikia ist, soweit sxM wir vom Schiffe aus sehen konnten, ein ganz nettes, geputztes Städtchen. Lauter weißgetünchte ein- und zweistöckige Häuschen schauen gegen das Ufer. — Auf der Fahrt nach der zweiten, ein Kilometer südlicher gelegenen Haltestelle hatten wir einen schonen Einblick in die luftigen, von viel Volk belebten Straßen, welche von schönen Bäumen beschattet sind. Das Städtchen ist jedenfalls reinlicher und fortgeschrittener als alle seine Geschwister in Oberägypten. — An dieser Haltestelle wurden unsere beiden Schlepper losgelöst zur Ausladung. Eine Compagnie schwarzer Kriegsgefangener, mit Ketten an den Füßen und mit Säcken nach Art von Kapuzen bedeckt, erwartete oben am Ufer d n Befehl dazu. Ans ein Zeichen stieg die finstere Schar herunter, schweigend und in guter Ordnung, um Hand an Gepäck und Eisenbahnmaterial zu legen. Die mit dem Korbatsch (Peitsche) bewaffneten Wachen sichern tüchtige Arbeit zu. Ein paar Schritt vom Lande beginnt die neue Sudanbahn; die Reisenden müssen jedoch gegenwärtig noch an der südlicheren dritten Haltestelle aussteigen, der Controle wegen. — Hier ist das eigentliche Wadi-Halfa, der letzte Stützpunkt der Engländer gegen Süden zur Zeit der Mahdistenherrschaft. Die Kasernen und Festungsmauern aus N-lschlammziegeln sind jetzt dem Verfalle überlassen. — Hart ernt Landungsplätze inmitten eines schönen Gartens hat der Befehlshaber sein Amtshaus. Wir machten ihm einen Besuch und erhielten den Pass nach Omderman freundlichst ausgefertigt. In einer alten Kaserne sitzt immer noch Mahmud — bekanntlich war er der Anführer der Derwische in der Schlacht am Atbara und geriet selbst in Gefangenschaft. Er ist sehr fett geworden, hat schon einmal einen Fluchtversuch gemacht, der ihm eine verschärfte Bewachung eintrug. — Auf dem gegenüberliegenden Westufer waren einmal die Derwische erschienen, um Wasser zu fassen, ja sie hatten sogar von Osten her die Stadt bedroht und sich ganz nahe herangewagt, die Einwohner in großen Schrecken versetzend. Viele Einwohner. flüchteten auf die bereitliegenden Barken, die aber, überfüllt, in dem furchtbaren Durcheinander zugrunde giengen. — Beidemale wurden die Derwische durch die in Reih und Glied anrückenden englisch-ägyptischen Soldaten zurückgeworfen. feste Reise unserer Missionäre im wiedereroberteu Sudan. 63 Wir speisten hier im griechischen Gasthof. Alles ist zu haben, was man sich nur wünschen kann, und zwar zu einem billigen Preise. Auch für die kommende Wüstenreise verproviantierten wir uns da: Wasserkrüge (Güllen), Brot, Käse, Conserven, Lichter sind unentbehrlich, weil bis Abu-Hamed nichts mehr zu haben ist, als das nöthige Wasser. Denen, welche nach uns kommen, rathe ich, untiebiußt eine dünne Matratze oder sonst eine Bettunterlage, ebenso einen Kochapparat an, damit wenigstens Thee oder Kaffee außer der kalten Küche in den Magen kommt. Für die Reisenden erster Classe ist in diesem Punkte bestens vorgesehen; überhaupt kann man nicht genug empfehlen, dass, wer es machen kann, erster Classe fahre. Einen eigentlichen Bahnhof gibt es nicht, man steigt dort ein, wo gerade der Zug steht. Gegen 1 Uhr war derselbe zusammengestellt für Abu-Hamed. Er war ganz in die Wüste vorgeschoben. Welch ein Anblick! Pfeilgerade laufen Eisenbahn und Telegraph in die endlose Wüste hinein, den weit nach rechts hin sich biegenden Umweg des Nils nach Abu-Hamed abschneidend. Kein Mensch, kein Hans, kein Baum ist bis an den südlichen Horizont sichtbar, während hinter uns in dem großartigen Arsenal noch ein Hämmern und Treiben herrscht wie auf einem großen europäischen Bahnhof. — Unser Zug ist sehr lang, hat zwei Wagen erster und zwei zweiter Classe, die übrigen Wagen, bedeckte und unbedeckte, sind für die Eingeborenen und Soldaten, die auf Eisenbahnschienen, Hölzern, Säcken herumsitzen und die Fahrt durch die Wüste machen, ohne weiteren Schutz gegen die Sonne. Die Wagen erster Classe, beide für je eine Person, haben einen Waschtisch, Bettstelle mit Matratze, sowie einen Zir (großen Wasserbehälter). Wir hatten einen Wagen zweiter Classe — einen „Salun" hießen sie ihn, mit drei Abtheilungen — eine für Gepäck, die andere für uns. Hier befindet sich keine Bettnnterlage, und wer ohne solche, wie wir, reist, hat ein hartes Lager auf den schmalen Holzbänken an der Wand. — Hinter der Maschine befinden sich fünf bis sechs Wagen mit großen Wasserbehältern von je zehn bis zwölf Cubikmeter Inhalt, aus denen jeder tiach Belieben an den Haltestellen in der Wüste Wasser entnehmen kann. Da die Bahn, mit Ausnahme der Abzweigung nach Dongola, noch ausschließlich dem Kriege dient, sind Locomotivführer, Heizer, Fahnenschwinger, Schaffner und alle anderen Bedienten längs der Eisenbahn ägyptische Soldaten. Der Europäer wundert sich über den Gebrauch des Korbatsches, den die Aufseher machten. Aber man muss die Aegypter und mehr noch die Sudanesen so behandeln, weil sie eben Kinder sind und bleiben. (Fortsetzung folgt.) Eröffunug 8er- Kission^Meöerlassung 8KarturnMm8errnan. Ombermcnt, 12. Jänner 1900. 'as wir seit vielen Jahren mit stets getäuschter Hoffnung ersehnten — die Wiedererschließung des Sudan — hat sich nun endlich verwirklicht. Unser Apostol. Vicar, Bischof Roveggio, hatte schon längst vorher den Plan gefasst, in Chartum-Omderman eine Niederlassung zu gründen. Die Ausführung dieses Planes erscheint in der That eine Nothwendigkeit, sowohl mit Rücksicht auf die einheimischen Katholiken, welche seit Bestand des Mahdireiches in Om de rman wohnhaft sind, als auch wegen der vielen Fremden, die sich aus den verschiedenartigsten Völkern in CH art um, dem politischen und commerziellen Mittelpunkte des Sudan, in der Folge ansiedeln werden. Drei deutsche Missionäre, unter denen auch der Schreiber dieser Zeilen, wurden dazu bestimmt, an der Gründung dieser ersten Niederlassung des soeben erschlossenen Sudan persönlichen Antheil zn nehmen. In folgendem will ich versuchen, dem geehrten Leser den Verlauf unserer Reise in den Sudan und die Eröffnung unserer hiesigen Mission in kurzen Zügen vor Augen zu führen. Unsere Abfahrt von Assuan, der Residenz des Apostol. Vicars, erfolgte den 29. December, abends 7 V2 Uhr. Nach halbstündiger Fahrt mit der Eisenbahn langten wir auf der durch ihre zahlreichen Alterthümer berühmten Insel Philä an, welche oberhalb des ersten Nilkataraktes gelegen, den Ausgangspunkt für die Dampfschiffahrt bis Wadi-Halfa bildet. Wir bestiegen alsbald den zur Abfahrt bereit liegenden Regierungsdampfer „Tunchar", der diesen Namen einem der bedeutendsten Nilkatarakte entlehnt hat. Die Fahrt auf dem Nile gieng recht langsam von statten, da der Dampfer noch zwei große Barken (Sandal) mitschleppte, welche links und rechts in gerader Linie mit demselben durch Ketten verbunden waren. Jede derselben bestand aus zwei Stockwerken, und war mit Reisenden dritter Classe dicht besetzt, während die auf dem Dampfer befindlichen Kajüten für die Reisenden erster und zweiter Classe bestimmt waren. Die Fahrt des Dampfi bootes, welches in seinem Hintertheil ein Schaufelrad hatte, das durch eine Maschine von 40 Pferdekräften in Bewegung gesetzt ward, wurde noch durch den niedrigen Wasserstand des Nils wesentlich erschwert. Oesters blieb das Schiff unter heftiger Erschütterung im Sande stecken; es kostete Zeit und Mühe, dasselbe wieder flott zu machen, und erst nach langem hin- und herfahren fand man wieder das richtige Fahrwasser. So hatten wir Zeit und Muße, uns das nubische Nilthal und seine zahlreichen aus dem grauen Alterthume herstammenden Baudenkmäler etwas näher anzusehen. Was zunächst die Bodengestaltung des nnbischen Nilthals betrifft, so ist dasselbe von Aegypten durchaus verschieden. Wandelt man in Aegypten (Ein ägyptisches Mädchen. am Ufer des Niles einher, so erblickt das Auge, namentlich im Delta und in Mittelägypten, grüne Saatfelder, die sich zu beiden Seiten des Stromes meilenweit ausdehnen und durch üppige Fülle und Mannigfaltigkeit sich auszeichnen. Baumpflanzen aller Art und die verschiedenartigsten Feldfrüchte, wie Baumwolle, Zuckerrohr, Reis, Mais, Weizen, Bohnen, Klee gedeihen in dem aus fettem Nilschlamme bestehenden Boden vortrefflich und lassen es beim ersten Blick als unzweifelhaft erscheinen, dass der Wohlstand des ägyptischen Flachlandes wie in den ältesten Zeiten so auch heute noch hauptsächlich auf dem Ackerbau beruht. Die hinter der weiten Saatfläche liegende Wüste ist dem Auge meist nur am fernen Horizonte sichtbar, too sie von der arabischen und lybischen Gebirgskette begrenzt wird. Einen ganz anderen Anblick bietet das Nilthal in Nubien. Hier erscheinen die beiden Felsketten viel näher an einander gerückt; selten treten sie auch nur einen Kilometer vom Flusse zurück, um einen lohnenden Anbau des dazwischen liegenden Cultnrbodens zu ermöglichen. Der Gesichtskreis ist meist durch felsige Granitberge eingeengt, die aus aufeinander gethurmten Felsblöcken bestehend die Form einer Pyramide nachahmen und den Anschein haben, als seien sie durch Menschenhand gebildet worden. Und gleich dahinter liegt auf beiden Seiten die kahle, starre Wüste, welche mit ihrem gelben Flugsande, der sich überall zwischen den Bergen vorzudrängen sucht, alles Pflanzenleben im Keime erstickt. Nur ein schmaler Streifen Landes, der mit nubischer Hirse, Erbsen, Bohnen und selten mit Korn oder Weizen bewachsen ist, bringt ein wenig Leben in die trostlose Gebe. Streckenweise sind die beiden Gebirgszüge nur durch den Fluss von einander getrennt, ja sechsmal durchqueren sie sein Bett, gleich als wollten sie ihn in seinem Laufe aufhalten und bilden so die wellberühniten Katarakte, die dem sonst so ruhig dahinfließenden Strome plötzlich ein wechselvolles, wildromantisches Aussehen verleihen. — Die Thier- und Vogelwelt ist nur spärlich vertreten. Von Zeit zu Zeit sieht man höchstens einige wilde Turteltauben, Pelikane, Geier, Sperber oder andere Raubvögel, oder man hört aus der Ferne das Geheul der Schakale oder Hyänen, die hier häufig sind und besonders zur Nachtzeit, wo sie auf Raub ausgehen, jene Wüsten durchstreifen. Die soeben geschilderten ungünstigen Bodenverhältnisse bringen es mit sich, dass das nubische Nilthal mir wenig bevölkert ist. Man kann stundenlang auf dem Nile fahren, ohne auch nur eine menschliche Wohnung, geschweige denn eine größere Ortschaft anzutreffen. Umsomehr drängt es den Reisenden, die B e w o h n e r jener Gegenden etwas näher kennen zu lernen. Dieselben gehören sämmtlich dem Stamme der Verb eri ne r an, welche das Nilthal vom ersten bis zum vierten Katarakt bewohnen. Auf den ersten Blick erkennt man, dass sie zu den sogenannten Nigritiern oder Halbnegern gehören, denn sie haben theils eine dunkle, theils eine hellbraune Hautfarbe; die schwarze Körperfarbe kommt unter ihnen selten oder gar nicht vor. Zum Unterschiede von den eigentlichen Negern haben sie ferner gekräuseltes, doch nicht wolliges Kopfhaar, und ziemlich regelmäßige Gesichtszüge, die zuweilen von einem spärlichen Kinnbart umrahmt sind. Nur ihr Auge mit seinem unruhigen, fast möchte ich sagen tückischen Blick ist nicht vertrauenerweckend und lässt sie uns deshalb weniger sympathisch erscheinen. Ihre körperlichen Kräfte sind, wie man allgemein sagt, gering, eine Thatsache, die in ihrer kargen, schlechten Nahrung ihre hinreichende Erklärung findet. Letztere besteht nämlich vornehmlich aus Datteln, dem Hauptproduct ihres Landes, die sie in getrocknetem Zustande das ganze Jahr hindurch in irdenen Trögen aufbewahren. Aus der Frucht der Lubien, die sie vermittelst eines Reibsteines — Morhaka genannt — zu Mehl zerreiben, bereiten sie ein fladenförmiges Brot, das einen etwas bitteren Geschmack hat und in Verbindung mit Datteln, Bohnen oder Grünzeug ihre tägliche Nahrung ausmacht Was die Religion der Berberiner betrifft, so sind dieselben sämmtlich Bekenner des Islam, dem sie mit Leib und Seele ergeben sind, was um so auffallender erscheint, da sie wegen Mangel an jeglicher Geistesbildung vom Koran, dem religiösen Gesetzbuch des Mohammedaners, so gut wie nichts verstehen. Auf unserem Dampfer hatte ich selbst Gelegenheit, mich hiervon zu überzeugen. Ich sah nämlich, wie die Berberiner, welche den größten Theil der Reisenden dritter Classe ausmachten, nicht bloß bei Tage das fünfmalige, durch den Koran vorgeschriebene Gebet mit den dasselbe begleitenden umständlichen Ceremonien gewissenhaft verrichteten, sondern hörte selbst während der Nacht mehrmals aus ihrer Mitte den Adlan, d. h. Ruf zum Gebete erschallen, der von einem derselben ohne Rücksicht auf die Nachtruhe der übrigen Reisenden mit näselnder Tenorstimme gesungen wurde. Ohne über die geistigen und moralischen Eigenschaften der Berberiner ein bestimmtes Urtheil fällen zu wollen, muss ich doch bemerken, dass der verwahrloste Zustand der Stroh- und Lehmhütten und die äußere persönliche Erscheinung den Sinn dieses Volkes für Ordnung und Reinlichkeit in einem bedenklichen Lichte erscheinen lässt. So oft unser Dampfer an irgend einer Ortschaft anhielt, sah man alsbald die Dorfbewohner, Groß und Klein, am Ufer versammelt. Halbnackte Knaben kamen dem Schiffe schon vor seiner Landung entgegengelaufen und schrien laut um Backschisch, gleich als hätten sie darauf ein selbstverständliches Anrecht. Frauen, in schmutzige Kleider gehüllt, eilten herbei, um ihre bunten, aus den Blättern der Fächer- oder Dattelpalmen verfertigten Matten zum Verkaufe anzubieten. Trotz ihrer abstoßenden Unreinlichkeit legen dieselben augenscheinlich viel Gewicht ans die Frisur ihres Kopfhaares, das in festgedrehten, glänzenden Zöpfen über Stirne und Schultern herabhängt. Ihre Hand- und Fußgelenke sind mit Spangen von Kupfer oder gar ans Eisen geziert, während ihr Hals mit einer Menge von Amuletten behängen ist, was auf ihre abergläubische Gesinnung schließeir lässt. Denkt man sich zu alledem noch zwei silberne Ohrringe und zuletzt sogar einen Nasenring von gleichem Metalle, der schon von weitem entgegenleuchtet, so hat man ungefähr ein vollständiges, allerdings sonderbares Bild einer Berberini-schen Schönheit. Auffallenderweise ist unter den Insassen der Berberinendörfer die Zahl der jungen Leute unverhältnismäßig gering. Damit verhält cs sich also. Der geringe Ertrag des anbaufähigen Bodens genügt offenbar nicht zur Ernährung einer größern Anzahl von Kindern. So wandern denn die jungen Leute in das reichere Unterland, mit Vorliebe in die größern Städte, wie Alexandrien, Kairo, Suez, Port-Said, wo sie als Thürhüter, Vorläufer, Kutscher, Pferdeknechte, Hausdiener oder Köche in wohlhabenden Familien Beschäftigung finden. Es wird ihnen nachgerühmt, dass sie sich durch Familiensinn auszeichnen, infolge dessen sie jeden Piaster, den sie entbehren können, den Ihrigen in der Heimat zuschicken. Ihr Nationalgefühl 6* ist so lebhaft, dass sie nie mit einer Aegyptierin eine Ehe eingehen, noch sich dauernd im Pharaonenlande niederlassen, sondern zu den sonnverbrannten Felsen ihrer Heimat zurückkehren, sobald ihre Vermögensverhältnisse dies als rathsam erscheinen lassen. Doch so arm das nnbische Nilthal an Bodenerzeugnissen ist, um so reicher ist es an Werken der Kunst, vorzüglich an Baudenkmälern, die theils aus der Zeit der ägyptischen Pharaonen, theils aus der römischen Kaiserzeit herstammen, und das Interesse jedes Alterthumsfreundes in hohem Grade beanspruchen. Als die bedeutendsten haben wir vor allem diejenigen der J n s e l P h i l ä zu erwähnen. Letztere enthält eine Menge werthvoller, alter Bauten, darunter die drei vor Jahrtausenden errichteten Tempel von Isis, Horns und Osiris; gleicht die Insel auch heute nur mehr einem Trümmerhaufen, so gilt sie doch mit Recht als ein Kleinod der Urgeschichte, und dies nicht zum wenigsten wegen der zahlreichen Inschriften, die sich an manchen Gemäuern vorfinden. Leider war es mir nicht vergönnt, die beiden Felsentempel von Abu-Simbel, d. h. Vater der Kornähre, in Augenschein zu nehmen, da wir dieselben zur Nachtzeit passierten. Dieselben sind jedem Aegyptologen genugsam bekannt; denn sie gehören anerkanntermaßen zu den großartigsten und doch im einzelnen vortrefflich ausführten Denkmälern der alten Aegypter, die nur mit den Pyramiden und den Riesendenkmülern von Karnak verglichen werden können. Als das wunderbarste an der Tempelfayade werden die aus dem Felsen ausgehauenen vier colossalen Statuen bezeichnet, die Ramses II., den Mächtigsten unter den Pharaonen, darstellen, und von denen jede zwanzig Meter hoch ist. Es ist unmöglich, alle Alterthümer einzeln aufzuzählen, die sich auf unserer Weiterfahrt oberhalb Abu-Simbel darbieten, denn die beiden Nilufer sind förmlich damit besät. Ohne uns daher durch weitere Sehenswürdigkeiten aufhalten zu lassen, gelangen wir nach Verlauf weniger Stunden nach W adi-Halfa, der Schlussstation der Dampfschiffahrt. Die auf hohem Ufer gelegene Stadt mit ihren aus Lehm gebauten, weiß getünchten Häusern macht, besonders vom Flusse aus gesehen, einen freundlichen Eindruck und steht hierdurch in einem wohlthuenden Gegensatz zu allen Ortschaften, die wir auf unserer bisherigen Fahrt gesehen haben. In Wadi-Halfa, wo wir am Neujahrstage, nachmittags 4 Uhr, anlangten, genossen wir die Gastfreundschaft eines katholischen Syriers, der mit mehreren andern Katholiken bei Ankunft unseres Dampfers am Ufer erschienen war, um den hochwürdigsten Herrn Bischof zu begrüßen und ihm zu seinem Eintritt in den Sudan Glück zu wünschen. Unseren dortigen eintägigen Aufenthalt benutzten wir zur Besichtigung der Stadt und ihrer nächsten Umgebung. Nachdem wir uns mit herzlichem Dank von unserem freundlichen Gastgeber verabschiedet, bestiegen wir am 2. Jänner, abends 9 Uhr, den Expresszug der Militär ei sen bahn des Sudan, welch' letztere bekanntlich den militärischen Operationen der englisch-ägyptischen Armee ihre Entstehung verdankt und sich, um wenig zu sagen, in einem gar primitiven Zustande befindet. Hätte der Kostenpunkt es uns gestattet, den Unbequemlichkeiten auf der langen Reise aus dem Wege zu Eröffnung der Missionsniederlassnng Chartum-Omderman. 69 Aegizptische Krauen. gehen, so würden wir den Touristen',ug benützt haben, der am folgenden Tage von Wadi-Halfa abfuhr und mit allem Comfort, selbst mit Schlaf- und Speisefetten, für die Reisenden versehen ist. Unser Zug entbehrte jeder inneren Ausstattung; dennoch enthielt er Waggons erster und zweiter Classe. - Die letzteren bestehen in offenen Güterwaggons, während die Waggons erster Classe von den zum Viehtransport dienenden Wagen in keiner Weise zu unterscheiden sind. Trotzdem wir also Fahrkarten erster Classe besaßen, waren wir dem durch den fensterlosen Waggon von allen Seiten eindringenden Sand und Staub, den der schnell dahinfahrende Zug fortwährend auf dem Bahndamm und den angrenzenden Sandstrecken aufwirbelte, schutzlos ausgesetzt, während wir uns bei der kühlen Nachttemperatur nur dadurch vor einer ernsthaften Erkältung zu schützen vermochten, dass ein jeder sich möglichst fest in Shawl und Bettdecke einwickelte. Uebrigens ließ auch dieser Theil unserer Reise unsere Neugierde keineswegs unbefriedigt. In den beiden zum Theil schlaflosen Nächten, die wir auf dem Zuge 70 Eröffnung der Missionsniederlassung Chartnin-Omderman. zubrachten, leuchtete uns das herrliche Sternenkreuz, das uns schon in früher Jugend als eine Pracht des südlichen Sternenhimmels geschildert worden war, bei Tage ergötzten wir uns au dem Anblick der Fata Morgana, die mitten in der Wüste vor unseren Augen Seen von klarstem Wasser hinzauberte, worin Inseln und schattige Bäume sich spiegelten. Auch sahen wir im Nil ein circa 21/a Meter langes Krokodil in der Nähe der Station At bara, wo unser Zug anhielt, um sich mit Wasser- für die Weiterfahrt zu versehen. Wir sahen, wie es sich auf einer Sandbank inmitten des Stromes ganz behaglich sonnte und eine Weile regungslos dalag, während seine Schuppen beim Scheine der Abendsonne uns in röthlichem Glanze eutgegenleuchteten. Erst als der Zug das Zeichen zur Abfahrt gab, schlich es langsam in's Wasser hinein. Selbst der spärliche Pstanzenwuchs an den Ufern des Nils bot uns Neuheiten, die unser Interesse in Anspruch nahmen, besonders auf der Strecke Berber-Chartum, wo die Baumpflanzen häufiger werden und sich streckenweise zu grünen, wenn auch lichten Wäldchen vereinigen. Ich erwähne nur den sehr häufig auftretenden Suntbaum, dessen hartes Holz als Baumaterial in ganz Nubien eine wichtige Rolle spielt, die Euphorbie, den Tondub, der sich durch seine gezackten Blätter hervorthut, ferner einen Baum, der unter dem Namen Saloh den Eingeborenen bekannt ist, und dessen pflaumenförmige Frucht ihre Lieblingsspeise ausmacht, zuletzt die sogenannte Oschra, eine Asklepiadenart, die sich unter allen Sträuchern durch ihre dicken, fleischigen Blätter, ihre violetten Blüten und ihre beutelsörmige Frucht auszeichnet und aus deren faserigem Stengel die Eingeborenen Stricke und Seile verfertigen. Ein unerfreuliches Bild boten uns aber auf der Eisenbahnstrecke die umherliegenden Dörfer, die sammt den verstümmelten, mitunter halbverbrannten Dumpalmen, die zwischen denselben hervorragen, deutliche Spuren der mahdistischen Zerstörungswuth an sich tragen. Hier und da sahen wir auf freiem Felde eine Menge von Trögen von circa 60 Cmtr. Höhe, die aus Lehm geformt waren, und die, wie man uns sagte, den Mahdisten auf ihrem Feldzuge gegen Aegypten bei Fütterung ihrer Pferde und Kameele dienten. Diese und ähnliche Beobachtungen boten uns während unserer Eisenbahnfahrt manche Kurzweil und wir schützten uns glücklich, wenn wir der Entbehrungen und Strapazen gedachten, die unsere früheren, nun längst verstorbenen Missionäre auf ihrer Reise nach Chartnm ans Mangel an geeigneten Verkehrs- und Transportmitteln zu erdulden hatten. Während in den fünfziger Jahren die Missionskarawane unter Dr. Ignaz Knoblecher, dem ersten Provicar unserer Mission, für die Reise von Wadi-Halfa nach Chartnm mehrere Wochen beanspruchte, legten wir die nämliche Strecke in 27 Stunden zurück. Am 4. Januar, vormittags halb 7 Uhr, langten wir in der That schon auf der Endstation Halfaja an, welche von dem gegenüberliegenden Chartnm nur durch die Wasserstraße des Blauen Nil getrennt ist. Wir waren eben damit beschäftigt, unser zahlreiches Reisegepäck auf den zur Abfahrt nach Omderman bereit liegenden Postdampfer zu transportieren, als mehrere Katholiken aus Omderman erschienen, die ans die Nachricht von unserer Ankunft herbeigeeilt waren, um den hochwürdigsten Herrn Bischof willkommen zu heißen und ihm ihre Freude über Eröffnung der Missions-Niederlassung Chartnm-Omderman. 71 unsere zukünftige seelsorgliche Wirksamkeit in herzlicher Weise Ausdruck gaben. Dieselben zeigten uns den auf dem gegenüberliegenden Ufer befindlichen Garten unserer ehemaligen Missionsstation in CH artn m, der noch in seiner alten Pracht dasteht und durch das volle üppige Grün seiner zahlreichen Limonen- und Dattel-bäume vor allen anderen Gartenanlagen deutlich hervorsticht. Obgleich derselbe der Zerstörungswnth der Derwische entgangen ist, so können wir ihn doch nicht mehr unser eigen nennen, da, wie dem Leser bereits bekannt ist, die Regierung sich veranlasst sah, denselben zu öffentlichen Zwecken in Beschlag zu nehmen, indem sie dafür eine nach eigenwilliger Bestimmung zugemessene Entschädigung verabreichte. Mit wehmnthsvollem Herzen schauten wir hin auf die Trümmer des alten Missionshauses, die noch als Zeugen katholischer Opferwilligkeit und mohammedanischer Zerstörungswnth hinter den Gartenmauern hervorragen. In unserem Schmerze über diese ruchlosen Verwüstungen müssen wir der göttlichen Vorsehung dafür danken, dass es uns vergönnt ist, die auf dem Wege roher Gewalt und während einer so langen Reihe von Jahren unterbrochene Missionsthätigkeit am hiesigen Orte wieder aufzunehmen, und es stärkt uns die Hoffnung, dass unter dem Segen von oben die Mission bald wieder zu ihrer früheren Blüte gelangen werde. Jnterdessen war die Zeit zur Abfahrt des Postdampfers gekommen. Wir fuhren an der Mündung der beiden Zwillingsströme, des Blauen und des Weißen Ni.s, vorbei und landeten nach halbstündiger Fahrt in Omderman, unserem eigentlichen Reiseziele. Die Stadt liegt auf dem westlichen Ufer des vereinigten Nilstromes und hat eine Längenansdehnnng von circa 15 Kilometer, während ihre Ausdehnung in der Breite ungefähr 21/2 Kilometer betrügt. Vergebens suchen wir in diesem ungeheuren, auf Wüstengrnnde liegenden Hänsercomplexe ein steinernes Gebäude; die Stadt besteht theils aus Zelten, theils aus Hütten, die sämmtlich einstöckig und ans Lehm oder ungebrannten Ziegeln gebaut sind. Wie in Wadi-Halfa, so fanden wir auch hier in einer katholischen Familie ein recht gastfreundliches Unterkommen. Unser hochwürdigster Herr Bischof hatte den Trost, alsbald nach seiner Ankunft den Besuch mancher Katholiken entgegenzunehmen, die ihm ihre Anhänglichkeit an die ihnen von altersher bekannte Mission in warmen Worten zu erkennen gaben. Was sie mit besonderer Freude erfüllte, war die Eröffnung, dass wir so bald als möglich eine Schule zur christlichen Erziehung ihrer Kinder gründen würden. Die Gründung einer Schule erscheint um so nothwendiger, als sich bereits die Vertreter einer protestantischen Religionsgesellschaft in letzter Zeit hier niedergelassen haben, welche die gleichen Pläne verfolgen. Ich darf nicht unerwähnt lassen, dass die Katholiken sammt den schismatischen Christen ein eigenes Stadtviertel seit ihrer N>ederlassnng in Omderman bewohnen, ein Umstand, der auf das Gefühl ihrer Zusammengehörigkeit im Schoße einer mohammedanischen Bevölkerung nur fördernd einwirkt und schon aus diesem Grunde die seelsorgliche Thätigkeit wesentlich erleichtert. Nun galt es, zur Eröffnung des Gottesdienstes die nöthigen Vorbereitungen zu treffen. Ein Zimmer im Hause unseres Gastgebers war schnell in eine Kapelle umgewandelt, da wir außer den zur Abhaltung des Gottesdienstes 72 Eröffnung der Missions-Niederlassung Chartmn-Oinderman. nothwendigen Geräthschaften noch einige Ziergegenstände, wie eine Marienstatue, Heiligenbilder und künstliche Blumenbouquets mitgebracht hatten. Um der Eröffnungsfeier eine höhere Weihe zu gebe«, wurde dieselbe in paffender Weise auf das gerade bevorstehende Fest der Heiligen Drei Könige festgesetzt, welches ja beut Gedächtnis der Berufung der ersten Heiden zum Christenthum gewidmet ist und so der weltumspannenden, die schwarze tote die weiße Raye umfassenden Wirksamkeit der Kirche einen lebendigen, gemeinverständlichen Ausdruck verleiht. Der Hauptgottesdienst, der um 9 Uhr vormittags begann und unter Harmoniumbegleitung vom hochwürdigsten Herrn Bischof celebriert wurde, war von circa 100 Personen besucht, worunter sich auch manche schismatische Christen, sowohl koptischen als griechischen Ritus, befanden. Nach der hl. Messe hielt Hochw. P. Hub er eine Ansprache in arabischer Sprache, die ihren Eindruck auf die Anwesenden nicht verfehlte. Mehrere unter ihnen konnten sich der Thränen nicht erwehren, als ihnen das Glück einer ständigen Seelsorge näher geschildert wurde. In der That, wenn man erwägt, welch harte Schicksalsschlüge über diese kleine Gemeinde während der grausamen Willkürherrschaft des Mahdi und seines Nachfolgers, Abdullahi, hereingebrochen, wie dieselbe aller Tröstungen unserer hl. Religion beraubt, die Greuel des Islam in ihrer entsetzlichsten Gestalt kennen gelernt hat, dann sieht man wohl ein, dass sie das Glück zu schützen weiß, das ihr durch Eröffnung des katholischen Gottesdienstes zu theil geworden. Hoffen wir, dass die guten Eindrücke und Entschlüsse, die diese Feier in ihnen geweckt, nachhaltige seien und sich durch die That, das heißt, einen echt christlichen Lebenswandel, bewähren werden. Damit diese Hoffnung sich um so sicherer erfülle, ersuche ich den freundlichen Leser, der bisher so schwer geprüften, nun aber zu neuem Leben erwachenden Mission des Sudan durch Gebete für die Bekehrung der Schwarzen, sowie durch Almosen zu Hilfe zu kommen, welch' letztere sowohl hier in Omderman vom Apostolischen Vikar, als auch vom Obern des Afrikanischen Missionshauses in Müh land bei Brix en, Süd ti rol, dankend entgegengenommen werden. P. Josef Miller, F. S. C. LsK' ^ ^ Für die Redaction: P. XnUct Gcycr F. S.C. — Druck von A. Wcgcr's fl>. Hofbuchdruckcrci, Brixen.