INTEGRATION UBER GRENZEN: KOOPERATIONSPOTENTIALE IM STEIRISCH-SLOWENISCHEN GRENZLAND M. Steiner,* D. Sturn,** R. Wendner*** /rv/eèe^ UDK 911.3:711(497.12-18-04:436) PREKOMEJNO POVEZOVANJE: MOŽNOSTI ZA SODELOVANJE V ŠTAJERSKO-SLOVENSKI OBMEJNI REGIJI Analiza gospodarskih potencialov obeh sosednjih obmejnih obmoèij je osnova razmišljaju o možnostih in potrebah po sodelovanju obeh regij, še posebej gospodarsko. Posebno pozorno obravnava naslednje elemente: narodni dohodek, struktura gospodarskih dejavnosti, naložbe in struktura posesti nepremiènin Kljuène besede: Meje, mejne regije, regionalni razvoj, prekomejno sodelovanje, Štajerska Abstract UDC 911.3:711(497.12-18-04:436) THE INTEGRA TION ALONG BORDERS: COOPERA TION POSSIBILITIES AMONG BORDER REGIONS OF SLO VENIA AND A USTRIAN STYRIA The paper discusses border regions of Styria in Austria and Styria in Slovenia from the viewpoint which would enable further cooperation and would have impacts on general development strategies along the Austro-Slovene border Key words: Borders, border regions, regional development, transborder cooperation, Styria 1. EINLEITUNG "Der Drang, Grenzen zu überschreiten, aber auch die Furcht vor Grenzen begleiten die Geschichte der Menschheit" war vor Icurzem zur Debatte über Gentechnoiogie angemerict worden (Kapellari 1993). Für die neue geo-öiconomische Ordnung in Europa und den damit verbundenen Wandel der Grenzen trifft dies besonders zu: Mit ihnen sind Hoffnungen, aber auch Ängste verbunden. Die auch im Süden/Osten Österreichs auftretenden Grenzveränderungen stellen zweifelsohne eine besondere Herausforderung dar (Steiner/Stum 1993 a, b). Bis vor kurzem war in Europa eine Kooperation zwischen Regionen über Grenzen hinweg nicht als eigentliche Aufgabe angesehen worden. Die Aufsplitterung früherer staatlicher Einheiten in Süd- und Osteuropa * Dr., Doc, Institut für Regionalentwicklung, Technologiepolitik und Grenzlandfragen JOANNEUM RESEARCH, Steyrergasse 17, A-8010 Graz, A ** Dr., Institut für Regionalentwicklung, Technologiepolitik und Grenzlandfragen JOANNEUM RESEARCH, Steyrergasse 17, A-8010 Graz, A ** * Dr., Institut für Regionalentwicklung, Technologiepolitik Universität Graz und Grenzlandfragen JOANNEUM RESEARCH, Steyrergasse 17, A-8010 Graz, A M. Steiner, D. Stum, R. Wendner 206 Integration über Grenzen:... und die allmähliche Auflösung staatlicher Grenzen in Westeuropa läßt die Bedeutung - ja sogar die Notwendigkeit - von interregionalen Kooperationen in neuem Licht erscheinen, vor allem als ein Element, das den Integrationsprozeß Europas auf ganz besondere Weise vorantreiben und zu einer Änderung der räumlichen Organisation führen könnte (Cappellin/ Batey 1993, Ratti/Reichmann 1993). Ausgangspunkt der Überlegungen ist zunächst die aktuelle Herausforderung für Österreich, eine Position zwischen der wirtschaftlichen und politischen Integration in Westeuropa einerseits sowie den vielfältigen Umbrüchen in Osteuropa zu finden. Damit aus dieser vieldiskutierten "Sandwich-Position" kein "small-country-squeeze" resultiert, sind offensive Strategien gerade auch gegenüber Osteuropa zu entwickeln. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, daß die an den bisher "toten Grenzen" im Osten und Südosten Österreichs gelegenen Regionen periphere, vielfach agrarisch dominierte Gebiete sind. Sie litten in der Vergangenheit vor allem am Wegfall kleinräumiger Verbindungen über die Grenzen hinweg. Ein Handel mit den ehemals sozialistischen Ländern existierte zwar, doch es waren fast ausschließlich große Firmen in den Zentren, die Handelsbeziehungen nach Osteuropa unterhielten. Die Hoffhungen der grenznah gelegenen Regionen, mit der erfolgten Ostöffnung nun endlich Beziehungen zu ihren unmittelbaren Nachbarn aufnehmen zu können und auf diese Weise Wachstumsimpulse zu erlangen, mischt sich mit der Befürchtung, aus der ehemaligen Sackgasse könne sich eine Hochgeschwindigkeitstrasse ohne Haltestationen entwickeln. Neben peripheren Grenzregionen befinden sich die im Osten und Südosten gelegenen Zentren Österreichs in der Situation, neue Formen von Handel und Kooperation auf einem qualitativ höheren Niveau finden zu müssen. Während die traditionelle Handelsstruktur von einem Import gering verarbeiteter Waren und Rohstoffe und einem Export verarbeiteter Waren geprägt war, exisitert jetzt die Chance zu einem substantiellen "upgrading" auf beiden Seiten. Obwohl auch hier bedeutende Hemmnisse bestehen (z.B. die starke westeuropäische Konkurrenz, das hohe Risiko, Finanzierungsschwierigkeiten und Regulierungen) können in einem optimistischen Scenario neue Verdichtungsräume entstehen wie - hoffentlich -Graz - Maribor. Die Intensivierung der Kooperation zwischen diesen Zentren soll zum einen die Wettbewerbsfähigkeit der Städte selbst stärken, soll aber auch "Strahlungskraft" entwickeln, soll es den Zentren ermöglichen, stärkere Impulse für ihr jeweiliges Umfeld zu setzen als dies bisher der Fall war. Falls dies gelingt, so kann erwartet werden, daß eine umfassende Kontaktaufhahme der beiden Wirtschaftsräume erfolgt, daß der Wegfall der ehemals toten Grenze eine Etablierung klein- großräumiger Verbindungen impliziert. Im folgenden wird die wirtschaftliche Befindlichkeit der beiden Regionen Graz/Grenzland sowie Maribor/Nordostslowenien grob erfaßt. Die gegenwärtige Wirtschaftsstruktur sowie Entwicklungstendenzen der beiden Regionen bilden den Ausgangspunkt der Überlegungen. Der Beschreibung des regionalen wirtschaftlichen Umfelds folgt eine genauere Analyse der Indikatoren Einkommen, industriebranchenstrukturen, Gründungen und Eigentums- M. Steiner, D. Sturn, R. Wendner_207_Integration über Grenzen:... 2. ERSTE ANALYSE DER REGIONEN NORDSLOWENIEN UND SÜDSTEIERMARK - EINE GEGENÜBERSTELLUNG Werden die Regionen Nordostslowenien und Südsteiermark verglichen, so fallen zuerst die Gemeinsamkeiten der beiden Regionen auf: eine stark agrarische Ausrichtung, ein im Verhältnis zu den weiter von der Grenze entfernten Gebieten niedriges Entwicklungs- und Einkommensniveau, sowie große regionale Zentren (Maribor und Graz), die jedoch nur wenige und geringe Impulse an ihr Umland abgeben. Mit der Öffnung, oder besser dem Offenerwerden der bisher "toten" Grenze(n) ist die Hoffnung verbunden, daß die grenznah gelegenen Gebiete Beziehungen zu den Nachbarregionen aufnehmen können und daß aus dem Aufbau kooperativer Vernetzungen auch Wachstumsimpulse einhergehen (vgl. auch ÖROK 1991). Zur Ermittlung kooperativer Potentiale in beiden Regionen sind in einem ersten Schritt ihre wesentlichen regionalen Charakteristika zu untersuchen und gegenüberzustellen. Dabei wird zuerst Nordostslowenien, der Raum um Maribor, danach der südsteirische Raum beschrieben. struittur. Es sind dies jene Aspekte, denen bei der Beurteilung der Region hinsichtlich ihres Kooperationspotentials besondere Bedeutung zukommt. Daran anschließend wird eine subjektive Einschätzung der Kooperationschancen und Hemmnisse aus Unternehmersicht von steirischer und slowenischer Seite gegeben. Abschließend werden die Möglichkeiten der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit evaluiert: Potentielle Kooperationen der Zentren sind aufgrund der relativen Stärken der beiden Städte im Bereich der Forschung und Technologie vor allem bei know-how-intensiven Produkten bzw. Entwicklungen zu orten. Für das Grenzland ergeben sich prinzipiell zwei mögliche Entwicklungsstrategien: Entweder kann angestrebt werden, direkte kleinräumige Kooperationen zu forcieren oder aber man verbessert die Zuliefermöglichkeiten zu den Zentren, wodurch indirekte Entwicklungsimpulse ausgelöst werden. Welche dieser beiden Wege erfolgsversprechender ist, hängt unter anderem auch von der Entwicklungsstärke der Grenzregionen ab. Kooperationserleichtemd gerade für kleinräumige Grenzüberschreitungen sind die nur geringen Unterschiede in Mentalität und Kultur, die gemeinsame Geschichte und die überaus guten Sprachkenntnisse der Slowenen. M. Steiner, D. Stum, R. Wendner_208_Integration über Grenzen: .¦. 2.1 Abgrenzung der Untersuchungsregion Mit rund zwei Millionen Einwohnern und einer Fläche von etwa 20.000 km- ist Slowenien etwas größer und etwas dichter besiedelt als das Bundesland Steiermark (1,2 Mio Einwohner, 16.000 km- Fläche). Der wirtschaftlichen Entwicklung ist gemein, daß die Grenzregionen beider Gebiete die jeweils am schlechtesten entwickelten Regionen sind. Neben den beiden Zentren Maribor und Graz verbinden hauptsächlich die grenznahen Regionen - das südsteirische Grenzland sowie das nordostslowenische Grenzlen" Koroška, Podravska (mit dem Zentrum Maribor), Pomurska und Savinjiska (siehe Karte: Das Untersuchungsgebiet) genauer analysiert. In der Steiermark besteht das Untersuchungsgebiet aus den grenznahen Bezirken Graz, Graz-Umgebung, Feidbach, Radkersburg, Deutschlandsberg und Leibnitz (siehe Karte: Das Untersuchungsgebiet), sie werden im ftjlgenden als Südsleiermark bezeichnet. 2.2 Die regionalen Charakteristika der Regionen 2.2.1 Nordostslowenien Die vier Regionen Koroška, Podravska, Pomurska und Savinjska produzieren etwa ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts Sloweniens. Die wichtigsten Wirtschaftsklassen, gemessen nach Beschäftigungsanteilen, sind, wie auch in Gesamt-Slowenien, Industrie und Bergbau (mit über 60% der Beschäftigten), Handel sowie das Bauwesen. Im Vergleich zu Gesamt-Slowenien sind jedoch die Wirtschaftsklassen Industrie sowie Land- und Forstwirtschaft weit bedeutender; der Dienstleistungssektor ist weit unterdurchschnittlich ausgeprägt. Auch für den Zentralraum Maribor sind die Bereiche Industrie, Bauwesen und Handel die bedeutendsten. Sie beschäftigen zusammen 76% der Erwerbstätigen. Gemessen am slowenischen Durchschnitt sind es jedoch andere Wirtschaftsbereiche, die von überdurchschnittlicher Bedeutung sind: Finanz- und Wirtschaftsdienstleistungen, Gewerbe sowie öffentliche Dienste. Damit ist Maribor auch das Finanz- und Dienstleistungszentrum der Region Nordostslowenien. Zwischen den Jahren 1980 und 1990 war in jeder der vier Regionen eine Verringerung der Produktion, damit auch der Produktionsanteile an Gesamt-Slowenien - im Durchschnitt um 10,6% - zu beobachten. Ein entsprechend größerer Anteil des Bruttoinlandsprodukts wird in den südwestlichen Gebieten Sloweniens erzeugt. Mit der Verminderung der Produktion bzw. der Wertschöpfung ging zusätzlich eine Abnahme der Produktivität einher. Wird der Index der Arbeitsproduktivität Sloweniens für jedes Jahr gleich 100 gesetzt, ergibt sich für den Nordosten ein Indexwert von 94,6 für das Jahr 1980 und 87,6 für das Jahr 1990. Die seit jeher unterdurchschnittliche Produktivität verminderte sich noch in der letzten Dekade. Beide Indikatoren, sowohl die Entwicklung der Produktion bzw. Wertschöpfung als auch die Produktivitätsentwicklung zeigen deutlich das niedrige Entwicklungsniveau der grenznah gelegenen Nordostregion (InÜtitut za Ekonomska Raziskovanja 1991). M. Steiner, D. Sturn, R. Wendner_209_Integration über Grenzen:... Der Nordosten weist - neben seiner industriellen Ausrichtung - eine weit überdurchschnittliche Agrarquote auf. Maribor kann deshalb als eher dynamische Agglomeration innerhalb eines agrarisch strukturierten, verhältnismäßig schwach entwickelten Umlandes charakterisiert werden. Als Zentrum ist die Stadt Maribor jedoch selbst zu schwach, um auf das Umland genügend, bzw. genügend starke Impulse auszuüben. 2.2.2 Südsteiermark Die bedeutsamsten Wirtschaftsklassen der Südsteiermark sind Metall- und Nahrungsmittelindustrie, Bauwesen und Handel. Sie beschäftigen insgesamt über 57% der Erwerbstätigen des Grenzlandes. Die Wirtschaftsstruktur des Zentralraums Graz unterscheidet sich dennoch stark von derjenigen des Grenzlandes: Zum einen ist die Agrarquote im südsteirischen Grenzland weit überdurchschnittlich, zum anderen sind sämtliche Dienstleistungsbranchen im Zentralraum Graz weit stärker ausgeprägt. Die Entwicklung der Beschäftigung verlief im südsteirischen Grenzland stark negativ. Zwischen 1981 und 1991 verminderte sich die Beschäftigung in der Region um 15%. Im Gegensatz dazu erhöhte sich die Beschäftigung im Zentralraum Graz im selben Zeitraum um beinahe 4%. Ein derartiger Beschäftigungsrückgang kann sich prinzipiell in einer erhöhten Arbeitslosigkeit, einer verstärkten Abwanderung oder/und einer verstärkten Arbeitspendelwanderung niederschlagen. Für die Südsteiermark zeigt sich dabei zunächst keine Erhöhung der Arbeitslosigkeit. Die Arbeitslosenquote liegt unter dem gesamtsteirischen Durchschnitt von 7,4% (1992). Auch die Bevölkerungszahl blieb in der letzten Dekade etwa konstant. Im Zentralraum Graz steht einer leichten Zuwanderung (von etwa 2%) eine negative Geburtenbilanz in gleicher Höhe gegenüber. Das südsteirische Grenzland weist einen Geburtenüberschuß von 2% auf; zwischen den Jahren 1981 bis 1991 erfolgte keine Abwanderung. Dementsprechend war die Pendelwanderung der durch den Beschäftigimgsabbau ausgelöste Reaktionsmechanismus des südsteirischen Grenzlandes: Etwa 42% (!) der Erwerbstätigen pendelten im Jahr 1989 aus. Demgegenüber betrug der Anteil der aus anderen Bezirken in die Südsteiermark einpendelnden Erwerbstätigen nur 9%. Spiegelbildlich stellt sich die Situation fiir den Zentralraum Graz dar: Einem Auspendleranteil von 7% steht ein Einpendleranteil von 66% (der Erwerbstätigen) gegenüber. Der Beschäftigungsrückgang führte daher nicht zu Arbeitslosigkeit oder Abwanderung, sondern zu einer Verstärkung der Pendelwanderung vom grenznahen Gebiet in den Zentralraum Graz. Das Einkommensniveau liegt im südsteirischen Grenzland weit unter jenem des Zentralraums Graz. So liegt das Medianeinkommen im Jahr 1991 bei nur 84% des Einkommensniveaus des Grazer Raums. Zum einen liegt der Grund daftir in der Dominanz von Branchen mit niedriger Qualifikationserfordernis und daher eher niedrigen Einkommen (Handel, Nahrungsmittel, Bekleidung). Zum anderen spielen zwar auch höher entlohnte Branchen M. Steiner, D. Stum, R. Wendner_210_Integration über Grenzen:... eine wichtige Rolle (Metall, Bau), diese werden jedoch im Vergleich zum Steiermark-Durchschnitt im südsteirischen Grenzland schlechter entlohnt. Damit stellt sich der Grazer Raum als Industrie- und Dienstleistungszentrum innerhalb eines stark agrarisch strukturierten, schwach entwickelten Umlands dar. Als Zentrum verfügt die Stadt Graz jedoch über eine nur geringe Strahlkraft auf ihr Umland (Tichy 1990). Für das südsteirische Grenzland kann aber dennoch auf eine erfolgreiche Anpassung in der Vergangenheit - insbesondere hinsichtlich der Umstrukturierung des landwirtschaftlichen Sektors - geschlossen werden: Die teils massive Abwanderung aus dem landwirtschaftlichen Sektor führte nicht zu einer Erhöhung der Arbeitslosigkeit. 2.3 Die Ausgangsposition der Regionen Nordostslowenien und Südsteiermark Beide Grenzregionen sind schwach entwickelte Gebiete innerhalb der Gesamtregion. Sowohl Wertschöpfungs- und Beschäftigungsdaten, als auch Einkommens-, Qualifikations- und Bevölkerungsdaten zeigen ein deutliches Gefälle hin zu den grenznahen Gebieten. In beiden Regionen spielt der industrielle Sektor für die Beschäftigung eine wesentliche Rolle. In beiden Regionen ist aber auch die Agrarquote weit überdurchschnittlich. Beide Gebiete umschließen relativ große Zentralräume, die wirtschaftlich sehr viel besser gestellt sind als die Regionen selbst. Beide Zentren sind selbst zu schwach, um merkbare Impulse auf die sie umgebenden peripheren Regionen auszuüben. Das Fehlen kleinräumiger Beziehungen führte daher zu ähnlichen Entwicklungen in beiden Regionen. Eine Aufhahme grenzüberschreitender Kooperationen kann Impulse für beide Regionen mit sich bringen. Zur Bestimmung von Ausmaß und Art potentieller Kooperationen sind jedoch zusätzlich zu einer ersten Grobeinschätzung der Regionen spezifische Regionalindikatoren (Gründungen, Einkommen, Eigentumsverhältnisse und aussenwirtschaftliche Verflechtungen) sowie Untemehmenseinschätzungen beiderseits der Grenze wesentlich. Diese werden in den folgenden Abschnitten untersucht. M. Steiner, D. Stum, R. Wendner_21J_Integration über Grenzen:... Die sektoralen Konzentrationen werden so berechnet, daß der Anteil der Branche in der betrachteten Region zu dem Anteil der Branche in der Gesamtwirtschaft ins Verhältnis gesetzt wird. Ist die betreflende Branche stark vertreten, so ergeben sich Werte über 1, ist sie schwach vertreten, so ergeben sich Werte unter 1. Die Zahlen beziehen sich auf 1990. Besonders stark vertreten ist die Landwirtschaft mit 10% aller Beschäftigten in der Region Pomurska, besonders schwach vertreten ist sie hingegen im westlichen Teil der Untersuchungsregion. Nur 3,2% aller Beschäftigten Sloweniens arbeiten in der Landwirtschaft. 3. WESENTLICHE ASPEKTE DES REGIONALEN UMFELDS 3.1 Wirtschaftsstrukturen Die Untersuchung der sektoralen Konzentrationen im steirischen und slowenischen Untersuchungsgebiet dient einer ersten, groben Identifikation gemeinsamer industrieller Stärken der Gesamtregion. Im Zentralraum Graz zeigt sich trotz der Konzentration auf die typisch Urbanen Wirtschaftsbereiche wie Unterricht und Forschung (2,5)', Gesundheit (1,4) sowie Rechtsund Wirtschaftsdienste (1,2) vor allem die Industrie stark vertreten. Es ist dies in erster Linie die Fahrzeugindustrie, weiterhin Papier/Pappe sowie Maschinenbau und Elektrotechnik. Im steirischen Grenzland finden sich Konzentrationen vor allem in der typischen Niedriglohnbranche Lederindustrie (4,7), weiterhin in der Holz-, Bekleidungsund Nahmngsmittelindustrie, aber auch der Maschinenbau ist überdurchschnittlich vertreten. In Nordostslowenien ist der industrielle Sektor mit 60% aller Beschäftigten (gegenüber 56% in Slowenien) überdurchschnittlich vertreten, im Raum Maribor selbst - trotz des Im^ ages als Industriestadt - mit 55% allerdings leicht unterdurchschnittlich. Höhere Anteile als in Gesamtslowenien finden sich sowohl im Raum Maribor als auch im gesamten nordostslowenischen Raum für die Bereiche Landwirtschaft- und Handel, niedrigere Anteile bei Handwerk, privaten Dienstleistungen sowie im Finanzsektor. Es deutet dieses Ergebnis daraufhin, daß innerhalb der Industrieregion des nordöstlichen Sloweniens räumliche Ungleichheiten auftreten: Die beiden östlichen Regionen Pomurska und Podravska sind mit Ausnahme des unmittelbar städtischen Raums Maribor stark ländlich geprägt, die westlichen Regionen Koroška und Savinjska weisen hingegen Industrieanteile von über 70% auf Obwohl für die Industrie der Region insgesamt keine ähnlichen Konzentrationen auf die Sektoren Fahrzeugindustrie, Maschinenbau und Elektrotechnik vorliegen wie im steirischen Raum (der regionale Konzentrationskoeflflzient beträgt für die drei Branchen zusammen nur 0,66), so zeigt sich doch Maribor selbst auf Fahrzeugindustrie konzentriert (2,3), während in Velenje - Sitz der Firma Gorenje - neben einem relativ stark vertretenen Maschinenbau (1,4) vor allem die Elektro- und Elektronikindustrie überdurchschnittlich vertreten ist (2,7). M. Steiner, D. Sturn, R. Wendner_212_Integration über Grenzen: ... 1991 1992 Veränderung staatlicher Sektor 163 270 + 65,6 % privater Sektor 406 730 + 79,8 % Gesamt 569 1000 + 75,7 % Quelle: Maribor in Zahlen Die Verteilung der Zuwächse auf verschiedene Größenklassen ist jedoch sehr unterschiedlich: Der Anstieg konzentriert sich stark auf kleine, private Unternehmen (fast 100% innerhalb eines Jahres), während sich die mittel- und großbetrieblichen Sektoren nur wenig veränderten. Der ohnehin kaum vorhandene mittelbetriebliche Sektor (51 -100 Beschäftigte) verkleinerte sich sogar zwischen den Jahren 1991 und 1992. Bei der Betrachtung der Eigentumsstrukturen fällt auf, daß der größte Teil der Beschäftigten nach wie vor in staatlichen Betrieben arbeitet, obwohl es weitaus mehr private als staatliche Unternehmen gibt: Während 1993 fürGesamtsloweniender Anteil staatlicher Unternehmen nur 11%), der privater Unternehmen hingegen 83% beträgt, zeigt sich bei der Betrachtung Damit können hinsichtlich der Branchenstrukturen zwei Ähnlichkeiten zwischen der Südsteiermark und Nordostslowenien festgestellt werden: Das steirische Grenzland zeigt ebenso wie der östliche Teil des slowenischen Untersuchungsgebiets hohe Agrarquoten und eine industrielle Konzentration auf Niedriglohnbranchen (Leder und Bekleidung), allerdings ist in der Steiermark auch der Maschinenbau überdurchschnittlich repräsentiert. Die Branchenstruktur des steirischen Zentralraums weist mit den Schwerpunkten Fahrzeugindustrie, Elektrotechnik und Maschinenbau Ähnlichkeiten mit der Stadt Maribor und dem westlichen Teil des slowenischen Untersuchungsgebiets (vor allem Velenje) auf 3.2 Gründungen und Eigentumsstrukturen Der steirisch-slowenische Raum zeigt sich als ein Raum mit hoher Gründungsdynamik: Im steirischen Grenzland wurden 1981-1990 durch Neugründungen im industriellen Sektor mehr Arbeitsplätze geschaffen als durch Stillegungen verlorengegangen sind. Diese positive Gründungsdynamik mit immerhin 3,4% der Industriebeschäftigten bezieht sich lediglich auf die steirischen Grenzbezirke, in den anderen Grenzgebieten (niederösterreichische Grenzgebiete -1,7%, Burgenland -1,4%>) sind die Gründungssalden negativ. Für Maribor zeigt die Tabelle einen enormer Zuwachs an Betrieben in letzten Jahr; innerhalb eines Jahres stieg die Zahl der privaten Betriebe um beinahe 80 Prozent an. Tab. 1: Anzahl der Betriebe im staatlichen und privaten Sektor im Raum Maribor Število družbenih in zasebnih obratov mariborski regiji M. Steiner, D. Sturn, R. Wendner 213 Integration über Grenzen: ... der Beschäftigten ein Übergewicht in staatlichen Unternehmen (79% gegenüber nur 7,5%) in privaten Unternehmen). Dies deutet auf enorme Größenunterschiede zwischen staatlichen und privaten Unternehmen hin (vgl. auch Zizmond 1993). Die vielen neuen privaten Unternehmen änderten nur wenig an den Größenverhältnissen, die Diskrepanz zwischen privaten Kleinstfirmen und staatlichen Großfirmen blieb auch im Jahr 1993 weitgehend bestehen: Zwar sank die durchschnittliche Betriebsgröße staatlicher Unternehmen von 175 auf 148 Beschäftigte, im privaten Bereich konnte aber nur ein Anstieg der Betriebsgröße von 1,87 auf 1,89 (!) Beschäftigte erreicht werden. Ein Vergleich zwischen Maribor und Slowenien (1992) zeigt mit durchschnittlich 61 Beschäftigten pro Unternehmen in Maribor deutlich größere Betriebe als in Slowenien (33 Beschäftigte). Dies läßt sich auf drei Quellen zurückfuhren: Erstens ist der Anteil staatlicher Unternehmen in Maribor mit 89,5% der Beschäftigten höher, zweitens sind die staatlichen Unternehmen im Schnitt größer und drittens sind auch die privaten Firmen mit 2,7 Beschäftigten pro Unternehmen größer als in Slowenien. Zwischen 1991 und 1992 hat sich die Anzahl der Unternehmen in Maribor fast verdoppeh (von 569 auf 1000), Strukturverschiebungen größeren Ausmaßes zwischen dem privaten und staatlichen Sektor blieben allerdings aus: Der private Sektor stieg von 71%> auf nur 73%) aller Unternehmen. Die hohe Gründungsdynamik geht zwar einher mit einer Verkleinerung der Betriebsgrößen, nicht aber mit einer nennenswerten Veränderung der Eigentumsstruktur. Die beiden zentralen Entwicklungen ftJr Slowenien in den letzten beiden Jahren sind die starke Gründungsdynamik und die langsame Transformation der Eigentumsverhältnisse, die sich an der steigenden Zahl privater Betriebe widerspiegelt. Es zeigt sich jedoch, daß der enorme Anstieg privater Firmen weder in der Lage war, die Beschäftigungsverluste des staatlichen Sektors zu kompensieren noch die Eigentumsstrukturen entscheidend zu ändern. Es handelt sich in der überwiegenden Anzahl um Ein-Personen-Firmen, die nur schwerlich in der Lage sein werden, Funktionen der staatlichen Unternehmen zu übernehmen. In Maribor sind die privaten Unternehmen etwas größer als im slowenischen Durchschnitt, aber immer noch lange nicht groß genug, um filr die regionale Wirtschaft eine sich gegenseitig ergänzende Mischung aus großen, kleinen und mittleren Betrieben zu generieren. 3.3 Die regionalen Einkommen Das Lohnniveau der Reformländer liegt in der Regel weit unter dem westeuropäischen Niveau. Etwas anders zeigen sich die Relationen zwischen der Südsteiermark und Slowenien: Während in der Südsteiermark die Löhne vergleichsweise niedrig sind (Medianeinkommen zwischen 14.000 und 16.000 öS, das sind 25% weniger als im Zentralraum Graz), werden M. Steiner, D. Stum, R. Wendner 214 Integration über Grenzen: ... in Slowenien verglichen etwa mit Ungarn, Tschechien und Polen höhere Einkommen erzielt: Der durchschnittliche Industrie-Monatslohn liegt in Slowenien bei etwa öS 4.000, das ist fast doppelt so hoch wie in den anderen Süd/Osteuropäischen Ländern. In Nordostslowenien liegen die Löhne unter dem slowenischen Durchschnitt. Das deckt sich mit den bisherigen Untersuchungsergebnissen, welche die Region als vergleichsweise entwicklungsschwach darstellen und zeigt ein weiteres Mal die Ähnlichkeit mit dem steirischen Grenzland. In Maribor sind die Löhne zwar etwas höher als in der übrigen Region, doch finden sich in Nordostslowenien keine so starken regionalen Einkommensunterschiede wie zwischen Graz und dem steirischen Grenzland. 3.4 Außenhandelsverflechtungen Wie mit allen Reformländern intensivierte Österreich seine Handelsbeziehungen in den letzten Jahren auch mit Slowenien. Bei hohen jährlichen Wachstumsraten seit 1988 fand eine Exportsteigerung nach Slowenien (bzw. Jugoslawien) vor allem auf der Konsumgüterseite (Nahrungsmittel, Bekleidung, Holzver- und -bearbeitung) statt, die Kapitalgütersektoren mit traditionell hohen Exportanteilen verzeichneten ein deutlich geringeres Wachstum (Ausnahmen sind die Metall- und die Fahrzeugindustrie, deren Export stark anstieg). Auf der Importseite hingegen war eine Entwicklung zu höherwertigen Produkten erkennbar: Weniger Rohprodukte und vermehrt Eisen- und Metallwaren, Maschinenbau- und elektrotechnische Produkte wurden in den letzten Jahren importiert, womit ein entsprechender Anstieg des intra-industriellen Handels einherging. In einer regional disaggregierten Betrachtung (vgl. Steiner/Stum 1993 b) sind für den Zentralraum vor allem in den Branchen Fahrzeugindustrie, Elektrotechnik und Maschinenbau steigende Exportchancen zu identifizieren. Es sind dies jene Bereiche, auf die der Zentralraum spezialisiert ist und deren Export nach Slowenien in den letzten Jahren zunahm. Die höchsten Wachstumsraten finden sich aber nicht bei jenen Produkten, auf die der Zentralraum spezialisiert ist, sondem vielmehr bei den Produkten, die im Grenzland schwerpunktmäßig vorzufinden sind: Bei Nahrungsmitteln, Bekleidung und bei Produkten der Holzbe- und -Verarbeitung wächst der Export nach Slowenien jährlich über 100%. Demnach ergeben sich gute Exportchancen fur das Grenzland, weniger gute für den Zentralraum. Dies kann mit einer Verbesserung der wirtschaftlichen Situation im Grenzland einhergehen - allerdings ist zu berücksichtigen, daß die Exportchancen möglicherweise nur ein kurzfristiges Phänomen darstellen, denn die steigende Konsumgüternachfi-age Sloweniens ist sicherlich auch auf kurzfristige Knappheiten bzw. auf einen kurzfristigen Nachholbedarf zurückzuführen. Auch kann eine steigende Exportaktivität dazu führen, daß die Bemühungen der Grenzregionen, einen Struktuwandel zu forcieren, abgebremst werden. Eine Strategie, die im Grenzland allein jene Bereiche unterstützt, in denen sich aktuell gute Exportchancen ergeben, wäre daher verfehlt. Allerdings ist in jenen Branchen, die in den letzten Jahren aufgrund des vermehrten Exports wachsen konnten und die nicht akut von M. Steiner, D. Sturn, R. Wendner 215 Integration über Grenzen:... 4 KOOPERATIONSCHANCEN UND HEMMNISSE AUS UNTERNEHMERSICHT: ERGEBNISSE VON UMFRAGEN 4.1 Befragung steirischer Unternehmer Im Frühjahr 1992 wurden etwa 70 steirische Betriebe bezüglich ihrer allgemeinen Erwartungen angesichts sich öffnender Grenzen befragt (vgl. Steiner/Sturn 1992a), konkretere Fragen bezogen sich auf ihre Kontakte mit Ungarn sowie Slowenien/Kroatien, auf Kooperationshemmnisse und mögliche Unterstützungen sowie auf die Einschätzung zukünftiger Entwicklungen in der Steiermark. Bei der Auswertung erfolgte eine Unterscheidung der Firmen in solche mit bereits intensivem Kontakt und solchen mit keinem oder nur sehr wenig Kontakte Die Antworten lassen sich wie folgt zusammenfassen: Die Firmen zeigen insgesamt eine optimistische Haltung, insbesondere Finnen mit intensivem 3 Die Umfrage konzentrierte sich auf Unternehmen, die bereits Kontakte aufgebaut hatten. Abwanderung bedroht sind (Nahrungsmittel, Holz), ebenso wie in Branchen, die mit traditonell hohem Exportanteil im Grenzland gut positioniert sind (Maschinenbau und Elektrotechnik), das Kooperationspotential zu stärken. Die Exportentwicklung Sloweniens zeigt für die letzten fünf Jahre einen - wahrscheinlich kriegsbedingten - Einbruch 1991, von dem sich Slowenien allerdings wieder gut erholte. Bei einer starken Orientierung nach Westeuropa ist Sloweniens Handelsbilanz traditionell positiv, der hohe EG-Anteil ist in den letzten Jahren sogar noch angestiegen: 1992 betrug er 71% der gesamten Exporte sowohl Nordostsloweniens als auch Gesamtsloweniens. Insgesamt zeigt sich der Nordosten Sloweniens innerhalb eines insgesamt exportstarken Gesamtsloweniens als leicht überdurchschnittlich exportstark, sowohl was Niveau als auch was Wachstumsraten betrifft. Auch scheint die Region mit Ausnahme von Maribor selbst relativ krisenrobust zu sein: Der Exporteinbruch 1991 fiel in der Untersuchungsregion deutlich schwächer aus als in Gesamtslowenien, die Handelsbilanz war durchgängig positiv. Die engere Verbindung mit Österreich spiegelt sich in den vergleichsweise hohen EFTA-Anteilen wider, wobei insbesondere Maribor eng mit Österreich verflochten ist: Während für Gesamtslowenien Österreich nur der funftwichtigste Handelspartner ist, steht Österreich für Maribor nach Deutschland an zweiter Stelle. Interessanterweise zeigt der Außenhandel Maribors Exportstärken in ähnlichen Bereichen wie der Grazer Raum: Den höchsten Anteil sowohl bei den Exporten (25%) als auch bei den Importen (auch 25%) nimmt demnach die Fahrzeugindustrie ein, ebenfalls stark vertieten bei den Exporten ist die Maschinen- und Stahlbauindustrie mit 19%. Diese drei Sektoren exportieren fast die Hälfte des gesamten Exportvolumens aus Maribor. Die starke Position der Fahrzeugindustrie sowohl bei den Exporten als auch bei den Importen weist auf intraindustrielle Verflechtungen hin. M. Steiner, D. Stum, R. Wendner 216 Integration über Grenzen:... Kontalit. Nur 28 % aller Firmen rechnen mit einem Abbau der Belegschaft in der Steiermark, 47 % erwarten einen Gewinn an dispositiven Funktionen nir steirische Betriebe. Niedrige Löhne wird bei der Intensivierung der Beziehungen als wichtigster Faktor angesehen. Firmen mit intensivem Kontakt messen diesem Faktor allerdings geringere Bedeutung zu als Firmen ohne Kontakt. Firmen mit intensivem Kontakt schätzen auch die Zuverlässigkeit ihrer Partner in den Reformländern relativ positiv ein. Als Haupthindernis wird von allen Firmen die politische Instabilität angesehen, konkreten Problemen wie Sprachbarrieren und Schwierigkeiten bei der Vertragsabwicklung messen die Firmen eine relativ geringe Bedeutung zu. Den größten Bedarf an Kooperationshilfen sehen die Firmen in der Bereitstellung von allgemeinen Informationen über ökonomische, legistische und administrative Strukturen in den Reformländem. Firmen ohne Kontakt wünschen sich eher konkrete Hilfen (Informationen über konkrete Firmen wie beispielsweise Kreditwürdigkeit, Vermittlung von Kooperationen) als allgemeine Informationen. Damit erwiesen sich die Firmen als weitaus optimistischer als vermutet, doch gibt es einige nennenswerte Unterschiede zwischen verschiedenen Firmentypen. Firmen mit bereits existierenden Kontakten oder Firmen, die auf internationaler Basis operieren und kooperieren, zeigten sich durchaus optimistischer als Firmen ohne derartige Kontakte. 4.2 Befragung slowenischer Untemehmer im Vergleich Eine ähnliche Befi-agung wurde mit 37 Firmen in der slowenischen Region Pomurje - an der Grenze zur südöstlichen Steiermark - durchgeführt (Steiner/Stum 1992 b). Bei den Antworten hinsichtlich der Faktoren für Erfolge und Mißerfolge bei der steirisch-slowenischen Kooperation fällt im Vergleich mit der steirischen Seite zweierlei auf Erstens wird die Kooperationsbereitschaft der jeweiligen Partner von beiden Seiten als ein ausgesprochen wichtiger Faktor angesehen. Diese wechselseitige Einschätzung ist sicherlich als ein positives Signal anzusehen, wenn auch die Zuverlässigkeit der jeweiligen Partner von steirischer Seite aus deutlich geringer bewertet wird als von slowenischer Seite aus. Zweitens nennen steirische Firmen das Lohndifferential, d. h. die niedrigen Löhne in Slowenien, als wichtigsten Faktor, während slowenische Firmen diesem Faktor weitaus geringere Bedeutung beimessen, er rangiert auf dem vorletzten Platz. Auch bei der Einschätzung der Kooperationshindemisse divergieren die Antworten von slowenischen und steirischen Firmen. Slowenische Firmen nennen als Haupthindernis, daß ihnen zu wenig Informationen über steirische Firmen zur Verfügung stehen - ein Faktor, den steirische Firmen weniger beanstanden. Übereinstimmung besteht darin, daß speziellen Problemen wie "komplizierte Vertragsabwicklung", "Sprachbarrieren" oder die "Verschiedenheit der Produktpalette" als Hindemisse wenig Bedeutung zukommt. In einer weiteren Frage sollten die Firmen Auskunft darüber geben, welche Art von Unterstützung durch öffentliche Institutionen sie präferieren würden. Auch hier gibt es deutliche Unterschiede in der Einschätzung zwischen slowenischer und steirischer Seite. M. Steiner, D. Sturn, R. Wendner_217_Integration über Grenzen: .¦. 5. DAS KOOPERATIVE POTENTIAL: DIE ZENTREN UND DAS GRENZLAND Potentielle Kooperationen der Zentren sind aufgrund der relativen Stärken der beiden Städte im Bereich der Forschung und Technologie vor allem bei know-how-intensiven Produkten bzw. Entwicklungen zu orten. Sie ergeben sich in erster Linie dort, wo auf beiden Seiten Stärken vorhanden sind, d.h. in der Motoren- und Fahrzeugtechnik (mit den Firmen und Forschungsinstituten AVL, TAM, TVT, Steyr-Daimler-Puch, Eurostar, TU Graz) sowie in der Umwelt-, Energie- und Verfahrenstechnik (mit AE&E, Joanneum Research, TU Graz, Universität Maribor). Darüber hinaus bieten sich Industriekooperationen in den Bereichen Werkzeug-, Maschinenbau, Metallverarbeitung sowie Elektronik, Elektrotechnik an, wobei hier ein Einbeziehen des Grenzlands möglich ist. Für das Grenzland ergeben sich prinzipiell zwei mögliche Entwicklungsstrategien: Entweder kann angestrebt werden, direkte kleinräumige Kooperationen zu forcieren oder aber man verbessert die Zuliefermöglichkeiten zu den Zentren, wodurch indirekte Entwicklungs-impulse ausgelöst werden. Welche dieser beiden Wege erfolgsversprechender ist, hängt unter anderem auch von der Entwicklungsstärke der Grenzregionen ab (vgl. auch ÖROK 1991). Zwei Gemeinsamkeiten des steirischen und slowenischen Grenzlandes, welche die Kooperationsmöglichkeiten der Wirtschaftsräume beeinflussen, können dennoch festgehalten werden: Kleine, überwiegend nahversorgende Firmen kooperieren wenig: Weder existieren enge Verbindungen mit den wenigen großen Firmen in den entsprechenden Regionen, noch gibt es grenzüberschreitende Kontakte in nennenswertem Ausmaß. In beiden Regionen ist ein deutliches Ost-West-Gefälle zu beobachten: Der westliche Teil des slowenischen Untersuchungsgebiets beheimatet einige zentrale Firmen (vor allem Gorenje, aber auch internationale Firmen in der Region Savinjska) und liegt auch innerslowenisch relativ zentral zwischen Maribor und Ljubiljana. Ähnliches gilt fiir den Für steirische Firmen bedarf es insgesamt mehr an allgemeiner als an spezieller Information: Die meisten Finnen möchten insbesondere mehr über die ökonomische, administrative und ökonomische Struktur Sloweniens wissen. Slowenische Firmen hingegen wünschen sich entsprechend ihren Angaben hinsichtlich der Kooperationshindernisse vor allem Informationen über konkrete Firmen in der Steiermark. Eine letzte Frage schließlich bezog sich auf die Beurteilung verschiedener Formen steirisch-slowenischer Kooperation. Slowenische Firmen versprechen sich vor allem von zwei Formen große Vorteile: von einem möglichen Zugriff auf die Dienstleistungen steirischer Unternehmen und von einer gemeinsamen Ausbildung steirischer und slowenischer Unternehmer. M. Steiner, D. Stum, R. Wendner 218 Integration über Grenzen:... 4 In Slowenien reduzierte sich die Agrarbevölkerung - hauptsächlich aufgrund ungünstiger Landbesitzstrukturen - drastisch von 49 % in den Nachkriegsjahren auf 5 % heute (vgl. Klemencic 1991). westlichen Teil des steirischen Grenzlandes mit Firmen wie Siemens in Deutschlandsberg oder Assmann in Leibnitz. Einige dieser Firmen sind das Resultat einer offensiven Ansiedlungspolitik, die in den 70er Jahren in beiden Regionen betrieben wurde, um den Strukturwandel von der Landwirtschaft in die Industrie zu unterstützten\ Allerdings gelang es weder in Slowenien noch in der Steiermark, in diesen Prozeß der Industrialisierung auch stark periphere Gebiete einzubinden: Es ist dies auf slowenischer Seite vor allem die Region Pomurska, aber auch Teile der Region Potravska, wo sich im Flachland einige Niedriglohnindustrien ansiedelten (vor allem Textilindustrie in Murska Sobota), das an Ungarn, Radkersburg und das südliche Burgenland angrenzende Hügelland konnte nur zur österreichischen Grenze hin aufgrund landwirtschaftlicher Wanderarbeiter eine gewisse Siedlungsstabilität aufrechterhalten - die Gebiete an der "toten Grenze" zu Ungam entleerten sich zunehmend (Klemencic 1991, Barbie 1991). Auf steiricher Seite sind es die Bezirke Feldbach und Radkersburg, die - und dies gilt vor allem für Radkersburg - nur über sehr wenige höher qualifizierte Industriearbeitsplätze verfügen und typische Grenzland-Problembezirke darstellen. Aufgrunddessen ist das Potential kleinräumig grenzüberschreitender Kooperationen, d. h. eine Konkaktaufhahme der direkt an der Grenze gelegenen Wirtschaftsräume - zumindest in Hinblick auf den industriellen Bereich - als insgesamt nicht sehr groß einzuschätzen. Eine solche Kontaktaufnahme konzentriert sich eher auf die beiden Zentralräume und eventuell auf die westlichen Grenzregionen. Das Haupthindernis für entwicklungsfördernde Kooperationen ist die mangelnde Komplementarität der beiden Räume: Dort wo argarisch unterentwickeltes Hinterland der Steiermark auf agrarisch unterentwickeltes Hinterland in Slowenien trifft, gibt es nur wenig Anknüpfungspunkte für Kooperationen - außer den grenzüberschreitenden landwirtschaftlichen Wanderarbeitern, die das Einkommensgefälle nutzen. Für diese Regionen sind lokale Kooperationspotentiale möglicherweise in Landwirtschaft, Tourismus und Gewerbe vorhanden, in der Industrie eher nicht. Trotz dieser Diagonose ergeben sich die folgenden Möglichkeiten für das Grenziand, von einer intensiveren Kooperation mit Ostslowenien zu profitieren: Kleinere Medium- und Low-tech Firmen im gesamten Grenzland können von einer intensiveren Kooperation der Zentralräume Graz und Maribor indirekt profitieren, da sich ihre Zuliefermöglichkeiten zum Zentralraum verbessem. Kleine und große Firmen vor allem im westlichen Teil des steirischen Grenzlandes können Industriekooperationen in den Bereichen Werkzeug-, Maschinenbau, Metallverarbeitung sowie Elektronik, Elektrotechnik auch direkt mit dem slowenischen Raum aufnehmen. Es handelt sich hierbei um Kooperationen, die auch ohne eine explizite Hochtechnologiekomponente strukturverbessemd wirken können. Die wenigen großen "Leitfirmen" im steirischen Grenzland können ein "upgrading" aufgrund der verbesserten Technologietranfersituation im gesamten Raum erfahren. Kooperationserleichtemd gerade für kleinräumige Grenzüberschreitungen sind die nur M. Steiner, D. Sturn, R. Wendner 219 Integration über Grenzen: Fig. 1: Das Untersuchungsgebiet Obravnavano obmoèje Italien '\Ungarn M. Steiner, D. Stum, R. Wendner 220 Integration über Grenzen:... LITERATURVERZEICHNIS Barbie, A., 1991, Strategien zur Entwicklung des ländlichen Raumes in der Republik Slowenien, in: AMR Info, Band 22/1991, Heft 1-3, S. 13-24, Wien. 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Zizmond, E., 1993, The Development of the Slovenien Economy after the Monetary Independence, Manuskript. geringen Unterschiede in Mentalität und Kultur, die gemeinsame Geschichte und die überaus guten Sprachkenntnisse der Slowenen. M. Steiner, D. Stum, R. Wendner 221 Integration über Grenzen:... PREKOMEJNO POVEZOVANJE: MOŽNOSTI ZA SODELOVANJE V ŠTAJERSKO - SLOVENSKI OBMEJNI REGIJI Povzetek Èloveštvo se tradicionalno spopada z lastnim nagnenjem, ki posameznika in družbo navaja, da prekoraèi doloèeno mejo, po drugi strani pa je v družbi konstantno zasidrana bojazen pred vsakovrstnimi mejami (Kapellari, 1993). To velja še posebej za geopolitièno podobo sodobne Evrope, v kateri so meje trenutno podvržene intenzivnemu preoblikovanju. S tem so povezana številna upanja evropskih narodov, mednje pa se razširjajo tudi s tem pogojene bojazni. Meje na avstrijskem jugu in vzhodu se po znaèaju spreminjajo, to pa zahteva specifiène, nove geostrateške opredelitve in dolgoroène, nanovo zasnovane koncepte razvoja (Steiner/ Stum, 1993 a,b). Vse do pred kratkim se v Evropi ni razmišljalo o prekomejnem povezovanju in razvoju. Razpad državnih tvorb na vzhodu in jugovzhodu kontinenta in ukinjanje meja med državami Zahodne Evrope postavlja regionalno - tudi prekomejno - kooperacijo v povsem drugo luè. To naj postane element nadaljnega povezovanja v Evropi, posledièno pa lahko privede do povsem novih oblik porstorske organiziranosti družbe in gospodarstva na kontinentu (Cappellin/Batey, 1993; Ratti/Reichmann, 1993). V prièujoèem sestavku obravnavamo mejna obmoèja dežele Štajerske v Avstriji in istoimene historiène regije v Sloveniji. V njem analiziramo gospodarske potenciale omenjenega obmoèja ter poizkušamo, na podlagi dostopnih podatkov, opredeliti možno kooperacijo v prihodnosti. Osnovo temu razmišljanju opredeljuje dejstvo, da je Avstrija geostrateške locirana med gospodarsko moèno in politièno integrirano Zahodno Evropo ter Vzhodno Evropo, ki jo karakterizirajo številni družbeni in politièni pretresi. Ob zavedanju, da se lahko tak položaj utesnjenosti izrodi v nacionalno izoliranost, je za Avstrijo še posebej pomembno, da razvije ofenzivne razvojne strategije, ki bi jih lahko ponudila Evropi, predvsem njenemu vzhodnemu delu. Pri tem mora upoštevati, da so obmoèja ob doslej "zaprtih mejah" na vzhodu in jugu periferna obmoèja nacionalne države ter, daje njih gospodarski znaèaj predvsem agraren. V preteklosti so omenjena obmoèja trpela predvsem zaradi revnosti prostorskih prekomejnih povezav. Avstrija je sicer vedno trgovala z deželami vzhodne Evrope, toda to povezovanje se je odvijalo le na ravni velikih korporacij in nacionalnih centrov politiène in gospodarske moèi. Upanja obmejnih regij, ki si po odprtju meja obetajo razvoj, so pogosto zastrta, saj se v ljudeh poraja bojazen in dvom, ki temelji na dejstvu, da so bila ta obmoèja poprej "slepe ulice" sedaj pa bi lahko postale "avtoceste" po katerih bi razvoj z veliko hitrostjo in za vedno zdrvel kar mimo. Poleg pretežno perifemih obmoèij, je na avstrijskem jugu in jugovzhodu nekaj regij v katerih so se že izoblikovale inovativne oblike lokalnega prekomejnega trgovanja in sodelovanja. M. Steiner, D. Stum, R. Wendner 222 Integration über Grenzen: ... Èe je to temeljilo predvsem na uvozu surovin in polproizvodov, ki so jih predelovali v drugi državi, si od bodoèega razvoja lahko obetamo vsaj sodelovanje na višjem nivoju kooperacije. Pri vsem tem se moramo zavedati institucionalnih in ekonomskih ovir, ki izhajajo iz zahodnoevropske konkurence, visokega rizika naložb v omenjenih deželah in težavnosti financiranja èezmejnih razvojnih projektov. Vendar si v najbolj optimistiènem scenariju lahko obetamo intenziven razvoj vsaj v koridorju Graz - Maribor, ki bo postal novo središèe vzhodnega avstrijsko-slovenskega obmejnega prostora in Osrednje Evrope. Sodelovanje in konkurenèna sposobnost gospodarskih dejavnikov v obeh mestih naj ne bi utrdila le položaja v mestnem, urbanem prostoru, temveè bi naj izžarevala tudi impulze za razvoj sosednjih, doslej agrarnih regij. V kolikor se bo sodelovanje obeh mest na gospodarskem in drugih obmoèjih dejansko okrepilo, bomo prièa zasnovi novega, prekomejnega razvoja ob vsej, sicer desetletja dolgo "mrtvi meji". l.S pogledom usmerjenim v to ciljno premiso, bo moralo biti bodoèe ukrepanje lokalnih dejavnikov odloèanja na avstrijskem Štajerskem usmerjeno v podporo razvoja obmoèij ki so locirana med deželnim središèem inslovensko-avstrijsko mejo. Enakovredno pa bi moralo biti težišèe bodoèega razvoja mariborske regije usmerjeno v prostor, ki leži med Mariborom in državno mejo na severu. Opisu regionalno-ekonomskega položaja obravnavanih regij sledi analiza izbranih indikatorjev. Posebno pozorno se obravnavani naslednji elementi: narodni dohodek, struktura gospodarskih dejavnosti, naložbe in struktura posesti nepremiènin. To so dejavniki, ki jim pri ovrednotenju regionalnih potencialov pritièe odloèilna beseda. Na to navezujemo subjektivno videnje možnosti za bodoèi razvoj in opredeljujemo ovire, ki bi lahko odloèilno vplivale nanj. V zakljuèku predstavljamo možnosti za prekomejno povezovanje: - potenciale za razvoj na medmestni ravni vidimo v povezovanju razvojnih in tehnoloških projektov, predvsem pri izmenjavi znanstvenega "know-how-a" med obema mestoma; - pri opredelitvi razvoja obmejnega obmoèja ob slovensko-avstrijski meji je dobro slediti vsaj eni izmed naslednjih dveh razvojnih strategij: - podpirati neposredno prekomejno kooperacijo na lokalni ravni (trgovina, promet....); - izboljšati povezave s centri, s èemer bi indirektni impulzi, kijih nudita Maribor in Graz pozitivno vplivali tudi na razvoj obnejnega obmoèja. Od dosežene razvojne stopnje posamezne regije je odvisno kateremu scenariju naj bi v posameznih obmoèjih prvenstveno sledili. Kooperacijo preko meje na tem obmejnem podroèju Avstrije oziroma Slovenije omogoèajo: že obstojeèi intenzivni maloobmejni promet, identiènost v mentaliteti in kulturi sosednjih narodov, skupna zgodovina in napovpreèno znanje tujih jezikov med Slovenci.