STRATIGRAPHISCHE UND TEKTONISCHE PROBLEME IM BEREICH DES ÖSTERREICHISCHEN ANTEILES DER WESTKARAWANKEN ZWISCHEN ROSENBACH UND THÖRL UNTER BERÜCKSICHTIGUNG DER ALPINEN OROGENESE von Nikolaus Anderle Vortrag gehalten am 23. Mai 1969 beim II. Symposium über die Geologie der Karawanken in Ljubljana INHALT I. Allgemeines.......................116 II. Zur Stratigraphie der Westkarawanken............118 1. Die Schichtglieder des variszischen Unterbaues........118 a) Das Silur......................118 b) Das Devon.....................119 c) Das Unterkarbon...................119 2. Die Schichtglieder der alpinen Orogenese...........121 a) Die Grödener Sandsteine................122 b) Die Bellerophon-Dolomite................122 c) Das Skyt......................123 d) Das Anis......................123 e) Das Ladin......................124 f) Das Kam......................125 g) Das Nor.......................125 3. Die Ablagerungen des Jungtertiärs.............125 a) Die Rosenbacher-Kohlenschichten............126 b) Die Sattnitzkonglomerate................126 c) Das Bärentalkonglomerat................126 d) Die Vinza-Nagelfluh..................127 III. Zur Tektonik und Orogenese der Westkarawanken........128 L ALLGEMEINES Der zwischen Thörl (Gailitz-Durchbruch) und Rosenbach gelegene Anteil der Westkarawanken umfaßt die Hauptkette des Karawankenge- birges. Orographisch bildet die Karawankenkette die Fortsetzung der Karnischen Alpen. Erst östlich von Rosenbach beginnt im Bereich des Singerberges die auf österreichischem Gebiet gelegene Nordkette der Karawanken, welche besonders durch die Berghöhen des Schwarzen 116 Gupf, des Hoch Obir und der Petzen einen zusammenhängenden Gebirgs- zug darstellen und durch die Eisenkappier Aufbruchszone von der Süd- kette (Grenzkamm) der Karawanken getrennt ist. Es handelt sich um die östliche Fortsetzung der Gailtaler Alpen (des Dobratschzuges). Während die paläozoischen Bauelemente der Karnischen Alpen in den Westkarawanken ihre Forsetzung finden, setzen sich umgekehrt die mesozoischen Bauelemente der Westkarawanken in den Karnischen Alpen nach Westen fort, so daß für diese beiden Gebirgseinheiten eine Verzah- nung der variszischen und der alpinen Orogenese kennzeichnend ist. West- lich von Rosenbach sind also vor allem die südalpinen Schichtelemente (Perm, Trias) am geologischen Aufbau des Karawanken-Grenzkammes beteiligt. Der auf der österreichschen Seite zwischen Thörl und Rosenbach befindliche Anteil der Westkarawanken war an den orogenetischen Vor- gängen sowohl der variszischen als auch der alpinen Phase beteiligt. Es müßen daher entstehungsgeschichtlich zwei tektonische Baueinheiten unterschieden werden. Der Sockel des Karawankenzuges wird von den östlichen Ausläufern der variszischen Baueinheiten des Paläozoikums, welche besonders in den Karnischen Alpen ihre Hauptverbreitung haben und noch in den Westkarawanken bis zum Gr. Mittagskogel verfolgt werden können, aufgebaut. Im Westen erreicht zwischen dem Gailitz-Durchbruch und dem östlich davon gelegenen Cabingipfel das Mesozoikum der Koschuta-Einheit das österreichische Gebiet. Zwischen Ofen und Plekowa erreicht der variszi- sche Anteil des Karawankengebirges die jugoslawische Grenze. Die Grenze zwischen den variszischen und den diskordant darübergelagerten alpinen Bauelementen der Koschuta-Einheit befindet sich in diesem Abschnitt auf italienischem, bzw. auf jugoslawischem Gebiet. Erst östlich des Wurzenpasses dringen die alpinen Schichtglieder der Koschuta-Einheit wieder auf das österreichische Gebiet über. Sie bilden zwischen der Plekowa und dem Gr. Mittagskogel den Grenzkamm. Die Bauelemente der Koschuta-Einheit nehmen östlich des Gr. Mittags- kogel eine wesentlich andere Gestalt an. Es schaltet sich nördlich des östlich des Gr. Mittagskogel verlaufenden Grenzkammes ein neuer Ge- birgsrücken ein, welcher durch die Berghöhen des Türkenkopfes, der Gratschützen und des Kapellenberges gekennzeichnet ist. Dieser ist eben- falls aus mesozoischen Schichtgliedern aufgebaut, die dem südalpinen Typ der Koschuta-Einheit angehören. Es ergibt sich also eine Verbreiterung der Bauelemente der Koschuta-Einheit gegen Osten, so daß im Gebiet östlich des Gr. Mittagskogel und Rosenbach die Gesamtbreite des Kara- wankengebirges nur mehr von Triasablagerungen eingenommen wird. Nur gelegentlich sind am Nordrand des Gratschützenzuges oder am Nord- rand des Radisch-Grabens vereinzelt variszische Schichtglieder mit geringer Ausdehnung verbreitet, welche auch in diesem Abschnitt die Basis der Koschuta-Einheit darstellen. Das zwischen dem Gr. Mittags- kogel und dem Kahlkogel gelegene Gebiet weist einen sehr komplizierten tektonischen Gebirgsbau auf, welcher besonders zwischen dem Grat- schützenzug und dem Kapellenbergzug und dem Grenzkamm im Süden 117 durch eine steil nach Norden gerichtete Überschiebungstektonik gekenn- zeichnet ist. Darauf wird im Abschnitt Tektonik noch eingegangen werden. II. ZUR STRATIGRAPHIE DER WESTKARAWANKEN Wie schon hervorgehoben wurde, sind am Aufbau der Westkarawanken sowohl die Schichtelemente der variszischen als auch der alpinen Oroge- nese beteiligt. Die der variszischen Sedimentation angehörenden Schicht- glieder reichen vom Silur bis zum Unterkarbon. Die alpine Sedimentation beginnt mit dem Oberkarbon und umfasst vor allem das Perm und die Trias. Im Folgenden sollen beide Sedimentationsreihen getrennt zusammen- gefasst werden. 1. Die Schichtglieder des variszischen Unterbaues Das Altpalaeozoikum der Westkarawanken beinhaltet sowohl kalkige als auch schiefrige und klastische Elemente. Während die Schieferfazies (Hochwipfelschichten) nicht in allen Fällen stratigraphisch gegliedert werden kann, konnten die kalkigen Elemente besonders durch die Arbeiten von Fr. Heritsch stratigraphisch sehr gut erfaßt werden. Es konnte in den Karnischen Alpen sowohl Silur als auch Devon nachgewiesen v/erden. Dazwischen schalten sich meist die Hochwipfelschichten ein, die sowohl Silur als auch Karbon umfassen können. Es war daher auf Grund" der stratigraphischen und faziellen Verhältnisse des Altpalaeozoikums in den Karnischen Alpen möglich, eine entsprechende tektonische Gliederung vorzunehmen, die auch für die altpalaeozoischen Schichtglieder der West- karawanken die gleiche Gültigkeit haben. Jedoch sind im Bereich der Westkarawanken nicht alle Baueinheiten der Karnischen Alpen vor- handen. Es dominieren hauptsächlich jene Schichtreihen des Altpalaeozoi- kums, welche eine stärkere Metamorphose mitgemacht haben und nur vereinzelt liegen Fragmente der Cellon-Einheit vor, deren Schichtglieder eine kaum in Erscheinung tretende Metamorphose mitgemacht haben. Am reichhaltigsten ist das Palaeozoikum im Feistritz-Graben südlich von Finkenstein aufgeschlossen. Es konnten bei den Aufnahmsarbeiten folgende Schichtglieder festgestellt werden. a) Das Silur Das Silur umfaßt vor allem die Hüllschiefer (Schieferhornfels) der Tonalitaufbrüche südlich von Finkenstein, dann Kieselschiefer und Lydite, dunkelgraue bis graue Kalkschiefer, dunkelgraue Schiefer, rote und graue geflaserte Kalke, geflaserte Orthocerenkalke, schwarze Kokkalke. Graptho- litenschiefer konnten im Bereich der Westkarawanken bisher nicht fest- gestellt werden. Dagegen sind unweit westlich des Gailitz-Durchbruches noch im Bereich der östlichen Ausläufer der Karnischen Alpen bei Pres- sendellach spärliche Kieselschiefer und Graptholiten (Heritsch) be- kannt geworden. 118 Alle Schichtglieder des Silurs weisen eine geringe Mächtigkeit auf. Auf Grund des ausgeprägten steilgestellten Schuppenbaues der variszi- schen Baueinheiten ergibt sich häufig eine Wiederholung der Schicht- gruppen, Die größte Mächtigkeit (100 bis 150 m) weisen die mehrfach auftretenden schwarzen bis ockerbraunen geflaserten Orthocerenkalke auf. Beim Vergleich der einzelnen Querprofile zeigt sich, daß in der Streichrichtung sehr häufig Teile der silurischen Schichtelemente ver- loren gehen oder obertags nicht aufgeschlossen sind oder durch Störungs- zonen in der Streichrichtung ihren Zusammenhalt verlieren. b) Das Devon Das zeigt verschiedene Phasen der Metamorphose. Es ist vertreten durch Bänderkalke, dann durch gebänderte Kalke und schließlich durch wenig metamorphe Riffkalke, die etwa den Riffkalken der Cellon-Einheit entsprechen. Schließlich finden sich auch bunte Flaser- und Netzkalke, so daß man oft auf Schwierigkeiten stößt, wenn die Unterscheidung zwischen den silurischen und devonischen Flaserkalken getroffen werden soll. Im Allgemeinen kommt man der Sache näher, wenn man in diesem Zu- sammenhang den gesamten Schichtkomplex, in welchen die Flaserkalke auftreten, ins Auge faßt und gewisse Leitschichten für die Beurteilung dieser Frage die entsprechenden Anhaltspunkte liefern. In Verbindung mit Kalkschiefern oder mit geflaserten Orthocerenkalke auftretende Flaser- kalke sind im Allgemeinen in das Silur zu stellen. Dagegen sind jene Netz- und Flaserkalke, welche in Verbindung mit B änderkalken oder Riff kalken auftreten, Vertreter des Unter-, bzw. des Mittel-Devons. Trotzdem ist eine auf diese Basis aufgestellte Einstufung der Flaserkalke mit trügerischen Unsicherheiten verbunden, so daß nicht in allen Fällen eine sichere Ein- stufung möglich ist, so lange dies nicht von palaeontologischer Seite geklärt werden kann. c) Das Unterkarbon Das Unterkarbon wird ähnlich wie in den Karnischen Alpen durch die Hochwipfelschichten vertreten. Sie bestehen aus dunklen Tonschiefern, Sandsteinen und brecciösen Konglomeraten. Im Bereich der Westkara- wanken sind alle Typen vertreten. Jedoch ist das Hochwipfelkarbon in den verschiedenen Baueinheiten sehr unterschiedlich entwickelt. So kön- nen einmal die dunklen Schiefer vorherrschen (Hochwipfelkarbon der Eder- und Mauthener Almdecke). Oder es überwiegen grauwackenartige Sandsteine, die häufig in Breccien oder Konglomeraten übergehen. Häufig sind alle drei Typen der Hochwipfelschichten vertreten, so daß auf Grund der tektonischen Strukturen Schichtwiederholungen feststellbar sind. Im Gebiet Maglern-Gailitz weist das Hochwipfelkarbon auch kalkige Ein- lagerungen auf. Es handelt sich um dunkle, geschichtete oder auch ungeschichtete Kalke, die in die hangenden und liegenden Tonschiefer übergehen. Die Hochwipfelschichten bilden im Allgemeinen die Grenzflächen der variszichen Baueinheiten, so daß man sowohl auf Grund der Fazies des Hochwipfelkarbons als auch auf Grund der stratigraphischen Schicht- 119 gruppen des Silurs und des Devons eine Gliederung der tektonischen Baueinheiten des variszischen Anteiles der Westkarawanken vorzunehmen in der Lage ist. Das Palaeozoikum ist im Feistritz- und Goritscher-Graben, sowie an den Nordhängen des Techantinger- und Mallestiger Mittagskogel (Tafel I, Profil IV bis VI) am besten aufgeschlossen. Im Feistritz-Graben können vier übereinandergelagerte Schichtserien auseinandergehalten werden. Jede Einheit zeigt eine vom Obersilur bis zum Unterkarbon reichende Schichtfolge an. Bemerkenswert sind die Vorkommen von roten und grauen Flaserkalken, sowie das zweimalige Auftreten von braunen Ortho- cerenkalken, in welchen bei Kote 800 im Feistritz-Graben schlecht erhal- tene Orthoceren vorkommen. Diese Horizonte geben wichtige Anhalts- punkte für die stratigraphische Gliederung und für die fazielle Zuordnung der Schichtserien in das von Heritsch in den Karnischen Alpen auf- gestellte Deckensystem. Die im Feistritz-Graben relativ gut aufgeschlos- senen Schichtfolgen lassen sich nur schlecht sowohl nach Westen als auch nach Osten verfolgen. Immerhin wurden vom Verfasser an der Nordseite der Illitschhöhe neue, bisher noch nicht bekannte Aufschlüsse der roten Flaserkalke festgestellt. Auf diese Weise ist dann die Möglichkeit der Identifizierung gleicher tektonischer Einheiten zwischen dem Feistritz- Graben, dem Goritscher-Graben und dem östlich davon gelegenen Rauscher-Graben möglich. Der überwiegende Teil der palaeozoischen Schichtglieder fällt mit einem Einfallswinkel von 60 Grad nach Süden ein. Sie zeigen aber auch ein von West nach Ost gerichtetes axiales Gefälle, während die Streich- richtung fast W—O verläuft und erst weiter östlich im Gebiet des Gr. Mittagskogel in eine nordöstliche Richtung abgedrängt wird. Der Fossilgehalt dieser palaeozoischen Schichtglieder ist sehr gering. Es lassen sich gelegentlich gut erhaltene Orthoceren feststellen. Es müßen daher Vergleiche mit den in den Karnischen Alpen sowohl in palaeontolo- gischer als auch in stratigraphischer Hinsicht gut bekannten Profilen durchgeführt werden, so daß dadurch eine Festlegung der im Feistritz- Graben beteiligten variszischen Einheiten vorgeschlagen werden kann. Die interessanteste Position zeigt der Feistritz-Graben südlich von Finkenstein. Am Nordeingang des Feistritz-Grabens sind die schon durch Frech und Teller bekannt gewordenen Tonalité von Susalitsch auf- geschlossen. Im Süden wird der Tonalit von einem Kalkzug begrenzt, während an der Nordseite als Begleitgestein die auch im Eisenkappier- Gebiet im Schichtverband mit dem Tonalit verbreiteten Schieferhornstein- iels-Gesteine in einem Bachbett auf eine Strecke von etwa 100 m aufge- schlossen sind und im Gegensatz zum Tonalit wieder steiles Südfallen zeigen. Im Bachbett westlich der Ortschaft Untertechanting sind auf eine Strecke von fast 300 m dunkelgraue bis schwarzgefärbte Tonschiefer und Sandsteine aufgeschlossen, die häufig von Quarzgängen durchzogen sind. Außerdem sind an der Westseite des Bachbettes am Weg zum Stiegerhof im Bereich der Tonschieferzone zwei Aufschlüsse von grünen Gesteinen (Diabase ?) an der Oberfläche sichtbar. Diese Aufschlüsse erinnern an 120 bekannte, schon von Teller beschriebene Aufschlüsse in den Ost- karawanken und der Verfasser ist geneigt die in diesem Bereich auftre- tenden dunkelgrauen Tonschiefer und Sandsteine als Untersilur anzu- sprechen. Jedenfalls gehören diese Schichtgruppen noch dem Ablagerungs- bereich der Karnischen Alpen an und es handelt sich um das nördlichste Vorkommen des den Karnischen Alpen angehörenden Palaeozoikums, welches auch gleichzeitig dem Dobratsch-Gebiet am nächsten liegt. Mit den Glimmerschiefern und den Phylliten des Gailtaler-Kristallins können diese Gesteine nicht verglichen werden. Damit wäre der Nachweis einer noch weiteren existierenden fünften palaeozoischen Einheit der variszischen Orogenese in diesem Raum erbracht, wobei aber die entsprechenden Aufschlüsse nur auf diesem kleinen Raum begrenzt liegen und beider- seitig in der Streichrichtung vom Glazial oder von jüngeren Ablagerungen bedeckt sind. Dieser Zone mießt der Verfasser eine erhöhte Bedeutung zu, weil in diesem Raum unter den jüngeren Ablagerungen dasselbe Profil zwischen dem Dobratsch im Norden und den Karawanken im Süden zum Vorschein kommt, wie im Osten bei Eisenkappel zwischen der Hoch- Obirzone und der Koschuta-Einheit. Das Palaeozoikum erleidet im Bereich des Gr. Mittagskogel eine sehr starke Reduktion, so daß die palaeozoischen Schichtglieder östlich des Worounitza-Grabens nur mit Unterbrechungen bis südlich von Tscherme- nitzen verfolgt werden können. Ein kleineres Vorkommen des von der variszischen Orogenese betroffenen Palaeozoikums kommt noch nord- östlich des Dürrkogels zum Vorschein. Dieser Teil wird in diesem Raum von mächtigen Triaseinheiten überfahren, wobei auch im Gebiet des Gr. Mittagskogel, ähnlich wie im Gebiet des Gartnerkofel und seiner östlichen Fortsetzung durch das starke Vordrängen der südalpinen Elemente auf das variszisch gefaltete Palaeozoikum wesentliche Schichtbestandteile ver- loren gegangen sind. 2. Die Schichtglieder der alpinen Orogenese Die Sedimentation der alpinen Orogenese beginnt im Oberkarbon. Das Jungpalaeozoikum zeigt im Bereich der Karnischen Alpen und der Karawanken eine typisch marine Entwicklung. So ist das Jungpalaeozoi- kum (Auernigschichten, Rattendorfer Schichten, Trogkofelkalke, Belle- rophonschichten usw.) vom Gartnerkofel beginnend, in den Julischen Alpen, im Karst bis nach Montenegro verfolgbar, so daß daher im Jung- palaeozoikum die Sedimentation dieses Raumes eine gemeinsame Ge- schichte aufweist. Diese marinen Sedimente des Jungpalaeozoikums fehlen nördlich der alpin-dinarischen Grenzlinie vollkommen. Sie fehlen aber auch in den nördlich dieser Linie gelagerten Gailtaler Alpen. Auch in der Trias finden sich vollkommene fazielle Ähnlichkeiten und Gleichheiten zwischen der Südkette der Karawanken, den Julischen Alpen und dem Hochkarst der Dinariden. Im Bereich der Westkarawanken sind die Auernigschichten haupt- sächlich auf der jugoslawischen Seite vertreten. An der italienisch- österreichischen Grenze bei Thörl sind auf der italienischen Seite schmale 121 Zonen der Auernigschichten vertreten. Dagegen konnte im Klausgraben etwas östlich des Gailitz-Durchbruches auf der österreichischen Seite Vertreter der Rattendorfer Schichten festgestellt werden. Es handelt sich um Fusulinenkalke, die räumlich aber keine weite Verbreitung aufweisen. Besondere Bedeutung kommt den jungpalaeozoischen Ablagerungen der sogenannten Vorbergzone zwischen St. Kanzian und Untergreuth zu. Es handelt sich um alpine Schichtenelemente, denn schon von Fr. Kahler wurden die Kalke des St. Kanzianiberges und der Ruine Finkenstein als Trogkofelkalke angesprochen. Schwierigkeiten bereitet in diesem Gebiet die Trennung der Bellerophon-Dolomite von den Trogkofelkalken, wäh- rend die Trias (Schierndolomit) in die jungpalaeozoischen Kalke einge- schuppt ist. Gleichzeitig ist die Trias mit den jungtertiären Konglomerat- bildungen verschuppt, so daß hier eine ganz junge Tektonik vorliegt. Wir sehen sowohl im Norden als auch im Süden der Trogkofelkalke Schierndolomit eingeschaltet, der sehr stark mylonitisiert und zermürbt ist und an verschiedenen Punkten durch das Vorhandensein eines für den Schierndolomit eigentümlichen Verwitterungsproduktes, nämlich des Dolomitsandsteines auffällt. Wenn wir nun die alpine Sedimentationsfolge des Grenzkammes der Westkarawanken von Westen nach Osten in Betracht ziehen, so können folgende Verhältnisse festgehalten werden. Östlich des Gailitz-Durch- bruches, welche die geographische Westgrenze der Karawanken bildet, finden sich im Klausgraben über den Hochwipfelschichten Aufschlüsse der Fusulinenkalke. Darüber folgen Grödener Sandsteine und Bellerophon- dolomite mit einer Gesamtmächtigkeit von 250 m. Schließlich konnten alle Schichtelemente des Skyt festgestellt werden, die den Seiser- und Cam- pilerschichten Südtirols gleichzustellen sind. Diese weisen im Cabin-Gebiet eine Mächtigkeit von 200 m auf. Die Muschelkalke des Anis mit einer Mächtigkeit von 200 m bilden in diesem Bereich die italienisch-österrei- chische Grenze. In dem zwischen Plekowa—Gr. Mittagskogel und Kahlkogel gelegenen Gebietsanteil der Westkarawanken sind folgende Schichtgruppen am geo- logischen Aufbau beteiligt. a) Die Grödener Sandsteine Sie bilden besonders westlich des Gr. Mittagskogel zwischen Plekowa und Schwarzkogel die Basis der Triasablagerungen. Sie weisen eine Mäch- tigkeit von 50 bis 100 m auf. Östlich des Gr. Mittagskogel fehlen auf österreichischem Gebiet die Grödener Sandsteine. Sie sind in diesem Bereich nur im jugoslawischen Gebiet oder in der Südhälfte des Kara- wankentunnels vertreten. b) Die Bellerophon-Dolomite Die Bellerophon-Dolomite sind auf österreichischem Gebiet ebenfalls nur westlich des Gr. Mittagskogel verbreitet. Die Mächtigkeit beträgt 150 m. Sie treten im Allgemeinen im Schichtverband mit den Grödener Sandsteinen auf. Es zeigt sich also, daß im obersten Perm in diesem Raum 122 eine marine Entwicklung der Ablagerungen eingesetzt hat, denn in den nördlich der Gailtallinie gelegenen Gailtaler Alpen sind die zwischen den Grödener Sandsteinen und den Werfener Schichten gelagerten Belle- rophon-Dolomite nicht vorhanden. c) Das Sky t Die Ablagerungen des Skyt weisen vollkommen typische südalpine Merkmale auf. Es sind Quarzglimmersandsteine, dann Schiefer und schief- rige Mergel von bunter Färbung; im oberen Teil finden sich rote Sand- steine und eisenschüßige Kalkoolithe. Westlich des Gr. Mittagskogel schwankt die Mächtigkeit der Skytablagerungen zwischen 150 bis 200 m. Dagegen beträgt im Rosenbacher-Gebiet die Mächtigkeit der Skytstufen circa 400 bis 500 m. Teller hat auf Grund der Aufschlüße des Kara- wankentunnels vom Liegenden in das Hangende folgendes Profil (Tafel И, Säulenprofil I) beschrieben. Das Unterskyt umfaßt an der Perm/Sky t grenze dickbankige Gesteine mit gröberen Korn und reichlichem Glimmergehalt (schiefrige Sandsteine, teils dickschichtige sandige Schiefer mit einer Mächtigkeit von 80 m). Darüber folgen feingeschlämmte Schiefertone (dunkelviolett bis braun- gefärbt), gipsführend mit geringmächtigen Einlagerungen von schwarzen Plattenkalken und Mergelschieferzwischenlagen (Mächtigkeit 150 m). Dann folgen als Übergang zum Oberskyt gipsführende Schiefergesteine (kalkfreie Schiefertone mit Schüppchen von Muskovit (Mächtigkeit 40 m). Darüber folgen, das Oberskyt vertretend, gut gebankte, dunkelaschgraue Kalke mit Einlagerungen von plattigen, glimmerführenden Mergeln, dann rötlich bis fleischrote Kalksteine mit Oolithstruktur, darüber Naticella führende mergelige Kalkbänke und schließlich im obersten Skyt schwarze dünn- plattige Kalksteine mit tonreicheren glimmerführenden Zwischenschichten. Die Gesamtmächtigkeit des Oberskyt beträgt etwa 200 m. In dem zwischen dem Techantinger Mittagskogel und dem Schwarz- kogel gelegenen Gebiet zeigen die Grödener Sandsteine, Beilerophon- schichten und Werfener Schiefer eine wesentlich flachere Lagerung als das tiefer gelegene Palaeozoikum. Die Schichten fallen mit einem Winkel von 30 bis 50 Grad nach Süden ein. Immerhin können bei guten Auf- schlüssen in den südlichen Grabenverzweigungen des Feistritz-, Go- ritscher- und Rohica-Grabens Transgression und Diskordanz zwischen alpiner und variszischer Orogenese schön beobachtet werden. d) Das Anis Das Anis ist in zwei Fazies entwickelt, und zwar als Dolomit des Mendola-Niveaus (mit Knollenmergeln, dolomitischen Kalken und gyps- führenden Kalken) und als Konglomerat in Begleitung von Mergeln und Dolomiten. Die Mächtigkeit dieser Schichten beträgt 300 bis 500 m. Sie ist im Gebiet von Rosenbach am größten. Sie treten sowohl am Grenz- kamm des Cabin östlich des Gailitz-Durchbruches als auch am Grenzkamm zwischen Plekowa und dem Gr. Mittagskogel auf. Im Gebiet zwischen Gr. Mittagskogel und Rosenbach sind die Muschelkalke vor allem auf 123 österreichischem Gebiet verbreitet. Im Gebiet von Rosenbach liegt das klassische Gebiet der Werfener-Muschelkalkzone. Die Lagerungsverhält- nisse sind besonders schön im Gratschützen-, Ardezica- und Bärengraben, sowie auf der Quardia-Alm aufgeschlossen. Die Vertreter der Muschelkalkzone liefern im Rosfenbacher-Gebiet sehr gute Anhaltspunkte für die Tektonik dieses Gebietes. Zwischen dem Nord- Portal des Karawankentunnels und dem hinteren Bärengraben ist der Muschelkalk in drei verschiedenen Zonen anzutreffen. Sie werden entweder durch die Werfener Schiefer oder durch den Schierndolomit der Grat- schützen getrennt. Die nördlichste Zone bildet die Basis der Gratschützen- Trias. Südlich des Gratschützen-Grabens sind die Muschelkalke am Aus- gange des Ardezica-Grabens und des Rosenbaches östlich der Kote 784 m auf größere Strecken aufgeschlossen. Das südlichste Vorkommen baut die Bergkuppen südlich des Alten Bärentales auf. Bemerkenswert sind die in den Muschelkalk-Horizonten häufig verbreiteten Porphyr- und Tuff- vorkommen, die besonders am Nordrand des Gratschützenzuges mehrfach aufgeschlossen anzutreffen sind. Auf Grund der Aufschlüsse des Karawankentunnels kann nach Tel- ler für das Anis folgendes Profil (Tafel II, Säulenprofil II und III) vom Liegenden in das Hangende rekonstruiert werden. Das Unteranis beginnt mit dunklen dolomitischen Kalken, welche mit gelblichen Dolo- miten mit bituminösen Einlagerungen (etwa 100 m mächtig) wechsellagern. Dann folgen nach oben dunkelgefärbte Kalksteine (60 m mächtig), die nach oben in gelblichgraue, tonreiche Mergelschiefer übergehen (etwa 40 m mächtig). Den obersten Teil des Unteranis bilden dunkle kalkige Gesteins- bänke, die mit Kalkspatadern durchzogen sind. Als Grenze Unter/Oberanis können die Rauhwackenlagen angesehen werden. Das Ober-Anis besteht vorwiegend aus rauchgrauen, weißaderigen Kalksteinen, die mit schwarzen bituminösen Schiefertonen wechsellagern (Mächtigkeit etwa 150 m). Im obersten Teil finden sich Bänke von dunklem, sandigem Dolomit und rote eisenschüßige Kalktonschiefer. e) Das L a d i n Das Ladin liegt teils in der tonig-sandigen und hornsteinführenden Kalkfazies (Buchensteiner-Wengener Schichten), teils aber auch in Diplo- poren-Riffazies des Schlerndolomits vor. Die Riffazies des Ladins besitzt eine Mächtigkeit von 700 bis 1000 m (Schierndolomit). Die Stratigraphie des Schlerndolomits ist sehr wechselvoll, teilweise wird bereits das obere Anis vertreten, teilweise ein Teil oder das ganze Ladin und zum Teil auch noch das Kam. Der Schierndolomit hat seine Hauptverbreitung im Gebiet zwischen Plekowa und dem Gr. Mittagskogel und baut vor allem die Grenzspitzen des Techantinger-, Mallestiger-Mittagskogel und des Schwarzkopfes auf. östlich des Gr. Mittagskogel wird das Gebiet des Kl. Mittagskogel, des Türkenkopfes, des Gratschützenzuges und des Kapellenberges von den Schierndolomiten aufgebaut. Der Schierndolomit tritt auch in verschie- denen Positionen innerhalb der Vorbergzone zwischen Untergreuth und 124 der Ruine Finkenstein auf. Dagegen ist im südlichen Rosenbach-Gebiet die Buchensteiner-Wengener-Fazies vertreten, welche in diesem Gebiet große Teile des Ladins aufbaut. Nach Teller kann im Rosenbacher-Gebiet für das Ladin folgendes Profil (Tafel II, Säulenprofil IV) festgehalten werden. Die Basis des Unter- Ladins bilden 100 m mächtige Schierndolomite. Diese gehen nach oben in scharfkantige, klüftige Bänke von dunklen, dolomitischen Kalken über (150 m mächtig). Dann folgen Rauhwackenlagen etwa 100 m mächtig. Darüber folgen Dolomitbänke (120 m mächtig). Dann folgen nach oben schwarze bituminöse Schiefertone in Wechsellagerung mit Dolomitbänken und Rauhwackenlagen. Den obersten Teil des Ladins bilden stark auf- gefaltete schwarze Plattenkalke, bituminöse plattige Kalksteine und schwarze Kalkschiefer der Wengenerschichten mit Posidonomya wen- gensis. Die hier bezeichneten Schichtgruppen können auch im obersten Rosen- tal nördlich des Rosenbacher-Sattels verfolgt werden. f) Das Kam Das Kam ist in den Westkarawanken wahrscheinlich durch die Horn- steinkalke vertreten. Die stratigraphische Einstufung der Hornsteinkalke ist noch nicht gesichert. Da auch die schwarzen Plattenkalke der Wen- generschichten zum Teil schon hornsteinführend sind, kann zwischen dem Ladin und den vermutlich ins Kam zu stellenden Hornsteinkalken sehr schwer eine stratigraphische Grenze gezogen werden. Das gilt vor allem für die Profile des oberen Bärentales und des Ardezica-Grabens südlich Rosenbach. Das Verbreitungsgebiet der Hornsteinkalke reicht vom Kl. Mittagskogel bis zur Golica. Sie bilden die Basis der Hauptdolomite und der Dachstein- kalke und weisen eine Mächtigkeit von 400 bis 500 m auf. g) Das Nor Das Nor ist im Bereich der Westkarawanken durch den Hauptdolomit und den Dachsteinkalk vertreten, die sich faziell vertreten können. Die Verbreitung der Dachsteinkalke ist besonders auf den Gr. Mittagskogel, auf die Tennspitze und auf den Reßmannkogel beschränkt. Hauptdolomit und Dachsteinkalke weisen eine Gesamtmächtigkeit von 600 bis 700 m auf. 3. Die Ablagerungen des Jungtertiärs Im Zusammenhang mit der alpinen Orogenese des Karawanken- Gebirges sollen noch kurz die am Nordrand der Westkarawanken verbrei- teten Ablagerungsprodukte des Jungtertiärs und des Quartärs hervor- gehoben werden. Es handelt sich um Ablagerungen, die während der Ka- rawankenhebung durch Abtragung und Ausräumung der Karawanken- täler am Nordrand entstanden sind. Sie liefern wichtige Hinweise für das Alter der Bewegungs- und Hebungsvorgänge des Karawankengebirges. 125 a) Die Rosenbacher-Kohlenschichten Auf Grund der von W. Klaus erfolgten pollenanalytischen Unter- suchungen sind die Rosenbacher Kohlenschichten dem Sarmat zuzuordnen. Die nicht verfestigten Schotterablagerungen sind aus kalkigen und kristallinen Geröllmassen zusammengesetzt. In diesen Ablagerungen sind besonders bei Rosen bach und auch im Worounitza-Graben häufig schmale Streifen von Kohlenschmitzen anzutreffen. Die Rosenbacher Kohlen- schichten sind besonders bei Rosenbach, dann im Worounitza-Graben, süd- lich von Latschach und schließlich bei Mallestig verbreitet. Über den nicht verfestigten Schotterablagerungen der Rosenbacher Kohlenschichten liegen die Kalkkonglomerate von St. Jakob, über deren Alter noch Unklarheit besteht. b) Die Sattnitzkonglomerate Auf Grund der neueren Stratifizierung werden die Sattnitzkonglome- rate des nördlich des Rosentales gelegenen Sattnitzzuges ins Pliozän ge- stellt. Das Sattnitzkonglomerat verdankt seine Entstehung und seine Geröllzusammensetzung vorwiegend der Ausräumung der Karawanken. Die Mächtigkeit der Sattnitzkonglomerate schwankt zwischen 150 und 200 m. Die Schichten fallen flach nach Süden ein. Sandsteinzwischen- lagen weisen auf einen Sedimentationsrythmus hin. Von dem Sattnitz- konglomerat sind vor allem die nördlich des Faakerseetales gelegenen Höhenzüge des Tabor, Bleiberg und des Petelin aufgebaut. Nördlich des Rosentales besteht der 40 km lange Sattnitzzug aus diesen Ablagerungen. Der Sattnitzzug und auch die Höhen Tabor- und Petelinzug stehen nicht direkt in einem tektonischen Kontakt mit dem Karawanken- Gebirge. Sie weisen eine von den tektonischen Vorgängen der Karawanken losgelöste tektonische Eigenständigkeit auf; lassen aber auf Grund ihrer Ablagerungen die zeitlichen Vorgänge der Karawankenhebung gut er- kennen. c) Das Bärentalkonglomerat Die besonders zwischen Rosenbach und Bleiberg verbreiteten Bärental- konglomerate bestehen, ähnlich wie die Sattnitzkonglomerate, vorwiegend aus Ausräumungsprodukten der Karawanken. Es handelt sich um aus Kalkgeröllen bestehenden Konglomeraten, deren Geröllbestände erheblich größere Kubaturen aufweisen als die aus Kalkgeröllen bestehenden Satt- nitzkonglomerate und dadurch erkennbare Unterschiede gegenüber den Sattnitzkonglomeraten sichtbar werden. Sie stehen in Verbindung mit den miozänen Rosenbacher Kohlenschichten und sind auch von dem Nord- schub der Karawanken erfasst, bzw. tektonisch in Mitleidenschaft gezogen V7orden. Besonders östlich von Rosenbach lassen sich großartige Auf- schiebungen der Karawankentrias auf das Bärentalkonglomerat im Bereich der Talmündungen feststellen, auf die auch Fr. Kahler 1931 hinge- wiesen hat. Über das Alter der am Nordfuß der Karawanken, also südlich der Drau abgelagerten Bärentalkonglomerate besteht noch Unklarheit. Teller stellt sie in das Obermiozän. Das würde bedeuten, daß ein stra- tigraphischer Zusammenhang zwischen den Rosenbacher Kohlenschichten und den Bärentalkonglomeraten vorhanden wäre. Sie wären dann älter 126 als die nördlich des Rosentales abgelagerten Sattnitzkonglomerate. Man könnte auch vermuten, daß die Sattnitz- und die Bärentalkonglomerate gleich alt sind, also beide Ablagerungstypen ins Pliozän zu stellen sind. In diesem Fall könnte dies durch eine entsprechende Kornsortierung erklärt werden, in dem die weiter nach Norden transportierten Kalkgerölle der Sattnitzkonglomerate einen weiteren Transportweg zurückgelegt ha- ben, weil die Geröllbestandteile im Allgemeinen eine kleinere Kubatur aufweisen, als die Geröllbestandteile der Bärentalkonglomerate, die infolge ihres wesentlich größeren Kubikinhaltes nur kleinere Wegstrecken be- wältigen konnten. Dieser Vorstellung haften aber gewisse Schwierig- keiten an, weil doch beide Ablagerungstypen eine sehr verschiedene tektonische Geschichte aufweisen. Während die südlich der Drau verbrei- teten Bärentalkonglomerate fast in allen Fällen von dem Nordschub der Karawankentrias erfaßt wurden und die Triasgesteine der Karawanken sogar mit nicht unerheblichen Schub weiten auf das Bärentalkonglomerat aufgefahren sind, weisen die Sattnitzkonglomerate bereits eine selbstän- dige Geschichte des tektonischen Geschehens auf. Der Sattnitzzug hat als Ganzes einen Nordschub erfahren, wobei sich sogar der kristalline Unter- grund in die Bewegungsvorgänge eingeschaltet hat (Profil von Rupertiberg nach Fr. K a h 1 e r , 1931). Auch die mit der Anlage des Rosentales ver- bundenen Längsstörungen am Südrand des Sattnitzzuges haben die im Bereich des Sattnitzzuges vollzogenen tektonischen Vorgänge nach Süden begrenzt, so daß kein Zusammenhang mit den letzten tektonischen Vor- gängen des Karawankengebirges besteht. Die dritte Möglichkeit der Alterdeutung wäre, daß die Bärentalkonglo- merate jünger sind als die Sattnitzkonglomerate. Sie würden dann entwe- der ein Präglazial oder ein ältestes Interglazial darstellen. Bei dieser Version wären dann die letzten Aufschubtendenzen der Karawankentrias auf das Bärentalkonglomerat in diese Zeit einzuordnen. Im jeden Fall müßen die über den Rosenbacher Kohlenschichten liegenden Kalkkonglo- merate von St. Jakob mit den Bärentalkonglomeraten identifiziert werden. d) Die Vinza-Nagelfluh Die Vinza-Nagelfluh — oder auch Faakerseekonglomerate gennant —, welche besonders in der Umgebung des Faakersees (Faakerseeinsel, Ober- eichwald usw.) ihre Verbreitung haben, können allerdings nicht mit den Bärentalkonglomeraten verglichen werden. Nach meiner Meinung stellen sie ein älteres Interglazial dar. Schließlich ist der Faakersee ein Relikt der Eiszeit und die Orientierung und Anlage, sowie das flachgeneigte Nordfallen der Vinza-Nagelfluhablagerungen und die in der Streich- richtung glazial erfolgte Zerfurchung dieser Ablagerungen liefern deut- liche Hinweise für die Einstufung in das ältere Interglazial. Sie bestehen ebenfalls aus Kalkgeröllen, die ihre Herkunft der Karawankenerosion zu verdanken haben. Zu diesem Ablagerungstypus gehören auch die nord- östlich von Arnoldstein im Bereich der Dobrawa vorkommenden inter- glazialen Nagelfluhkonglomerate. Auf die weiteren in diesem Raum erfolgten Vorgänge des Quartärs soll in diesem Rahmen nicht weiter eingegangen werden. 127 III. ZUR TEKTONIK UND OROGENESE DER WESTKARAWANKEN Es wurde schon im stratigraphischen Abschnitt mehrfach hingewiesen, daß die Westkarawanken sowohl an der variszischen als auch an der alpinen Orogenese beteiligt waren. Hier sollen nur einige Grundsätze über die tektonische Position und über die orogenetischen Vorgänge dieses Gebirgsanteiles hervorgehoben werden. Details über die Tektonik der Westkarawanken können aus den beigelegten Profilen 1 bis VI entnommen werden (Tafel I). Die Aufgliederung der palaeozoischen Bauelemente kann im gleichen Sinne wie in den Karnischen Alpen durchgeführt werden. Auf Grund der detaillierten Aufschlüsse des Palaeozoikums im Feistritzgraben südlich Finkenstein ist es möglich eine Gliederung der variszischen Baueinheiten für dieses Gebiet vorzunehmen. Demnach sind im Feistritzgraben die Bau- einheiten der Eder-Decke, der Mauthener-Alm-Decke, der Rauchkofel- Decke und der Cellon-Decke vertreten. In den westlich und östlich des Feistritzgrabens gelegenen Gräben und Profilen konnten nicht die gleichen Strukturen erkannt werden, sondern es sind nur Fragmente oder lücken- hafte Bestandteile der im Feistritzgraben festgestellten Baueinheiten vor- handen, so daß die Streichrichtung und auch das axiale Gefälle der Bau- einheiten stark schwankt oder durch Querdislokationen unterbrochen ist. Diese Erscheinung ist für das gesamte tektonische Strukturbild der West- karawanken kennzeichnend. Der für diese Baueinheiten eingesetzte Begriff Decke stammt von Fr. Heritsch. Ich möchte aber in diesem Fall lieber von Schuppenstrukturen sprechen, wenngleich die faziellen Unter- schiede der genannten Baueinheiten die Anwendung des Begriffes Decke besser fundieren. Nur können im Bereich der Westkarawanken für die palaeozoischen Baueinheiten keine weiten Überschiebungsbahnen fest- gestellt werden, da alles steil gestellt ist, bzw. der Einfallswinkel der tektonischen Bahnen 60 Grad Süd beträgt. Auch in der Zeit der variszischen Orogenese hat die alpin-dinarische Grenzlinie, welche am Nordrand der Karnischen Alpen die Tektonik des Gailtales prägt und ihre Fortsetzung im Bereich der Karawanken durch die Eisenkappler-Aufbruchszone das Nordalpin der Karawanken Nordkette von dem Südalpin der Koschuta-Einheit trennt, einen wesentlichen Ein- fluß auf die damaligen tektonischen Vorgänge genommen. So läßt sich sehr deutlich erkennen, daß sowohl die Streichrichtung der tektonischen Baueinheiten der Karnischen Alpen und der Westkarawanken, als auch die Streichrichtung des Gailtaler Kristallins, bzw. der Baueinheiten der Gailtaler Alpen von der alpin-dinarischen Grenzlinie transversal ange- schnitten sind und dadurch die Baueinheiten in der Streichrichtung unter- brochen oder auch beendet werden. Davon sind auch häufig die West-Ost verlaufenden Talrichtungen in den Karnischen Alpen bei der Einmündung in das Gailtal betroffen. Auf die während der variszischen Orogenese stattgefundenen Gebirgs- bildungsphasen in den Westkarawanken soll hier nicht eingegangen werden. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Monographie der Karnischen Alpen von Fr. Heritsch, Graz 1936. 128 AUSGEWÄHLTE QUERPROFILE (N-S) AUS DEM BEREICH DER WESTKARAWANKEN Entwurf nach eigenen Aufnahmen von N.ANDERLE, 1969 Die alpinen Sedimente (Perm, Trias) der Westkarawanken überlagern im Allgemeinen mit einer Winkeldiskordanz den variszischen Unterbau. Inwieweit Transgression oder Tektonik dabei mitgewirkt haben, kann nicht immer klar erkannt werden. Auf jeden Fall wurden in den meisten Fällen die Transgressions-Verhältnisse durch die Tektonik überprägt, so daß die heute in den Karawanken erkennbaren tektonischen Verhältnisse ein Abbild der alpinen Orogenese darstellen. So sind während der alpinen Orogenese Streichrichtungen geändert oder zerstört worden. Die auf dem variszischen Unterbau auflagernden alpinen Bauelemente mußten sich nach dem Untergrund richten. Außerdem spielen eine Reihe von regional- tektonischen Faktoren mit, die an der heutigen Gestaltung des Kara- wankengebirges beteiligt waren. Am Nordrand des Karawankengebirges kann fast überall Nordbe- wegung festgestellt werden. So ist sowohl die Karawanken Nordkette zwischen Singerberg und Petzen als auch das Altpalaeozoikum und die Trias der Westkarawanken zwischen Rosenbach und Finkenstein auf jungtertiäre Ablagerungen aufgeschoben. Da auf der jugoslawischen Seite überall Südüberschiebungen feststellbar sind, zeigt das Karawankenge- birge einen Fächerbau mit zwei Schubrichtungen. Das ganze stand unter dem Zeichen einer gewaltigen Einengung im Rahmen der alpinen Oro- genese, die regionale Bedeutung hat. Es ist nicht möglich alle zwischen Trias und Tertiär stattgefundenen Faltungs- und Hebungsvorgänge zu rekonstruieren, weil im Bereich der Westkarawanken weder Jura noch Kreide vorhanden ist. Aber gewisse Anzeichen der am Nordrand der Karawanken abgelagerten jungtertiären Sedimente lassen erkennen, daß die Hauptbewegungen und Hebungen des Karawankengebirges erst im Jungtertiär erfolgt sind und das heutige Gestaltungsbild dieses Gebirgszuges ein Ergebnis der im Jungtertiär und Quartär stattgefundenen tektonischen Vorgänge sein muß. An der Bildung der Rosenbacher Kohlenschichten (Sarmat) waren sowohl ein aus Kristallingesteinen als auch ein aus Kalkgesteinen bestehendes Ein- zugsgebiet beteiligt. Es kann daher der Einfluß des Karawankengebirges an der Bildung der Rosenbacher Kohlenschichten noch nicht sehr groß gewesen sein. Dagegen führen die Ablagerungsverhältnisse der Sattnitz- und der Bärentalkonglomerate zu der Annahme, daß an der Ablagerung dieser Sedimente nur mehr das Karawankengebirge beteiligt war. Es waren also im Obermiozän und im Pliozän starke Hebungen und Über- schiebungen des Karawankengebirges im Gange, die das Gebirge erst in dieser Zeit geformt haben. Dabei haben sich folgende Ereignisse abgespielt: Die auf der österreichischen Seite erkennbaren Nordschübe der Ka- rawanken sind sehr jung. Auch während der alpinen Orogenese wurde der variszische Unterbau von der Gebirgsbildung noch einmal erfaßt und mitbewegt. Die Zerlegung der Rauchkofel-Decke in mehrere Schuppen, die sowohl im Gailitz-Gebiet, als auch im Feistritz-Graben südlich Finken- stein festgestellt werden kann, ist auf alpine Bewegungsvorgänge zurück- zuführen. Außerdem ist an verschiedenen Stellen der östlichen Kara- w-anken im Feistritz-Graben südlich Feistritz im Rosental, nördlich und 9 — Geologija 13 129 nordöstlich der Ortschaft Bärental und südöstlich des Deutschen Peter im Loibltal Silur im alpinen Gebirgsbau mitbeteiligt, so daß der palae- ozoische Untergrund auch von den alpinen Bewegungsvorgängen erfaßt v/urde. Es ist nicht denkbar, daß im Rahmen der alpinen Orogenese einzelne Gebirgsgruppen — etwa das Palaeozoikum der Karnischen Alpen — von den tektonischen Vorgängen nicht erfaßt wurden. Selbst das Gestaltungsbild der Zentral-Karnischen Alpen im Wolajersee-Gebiet muß zum Teil auf alpine Bewegungsvorgänge zurückgeführt werden. Besonders interessant ist das Verhältnis der Vorbergzone zwischen dem St. Kanzianiberg und Untergreuth zum Karawanken-Hauptkamm. Diese aus jungpalaeozoischen Ablagerungen (Trogkofelkalken, Grödener Sandsteinen, Beilerophonschichten und Schierndolomiten) bestehende Vor- bergzone ist im Süden von dem Altapalaeozoikum der Westkarawanken überschoben. Diese Vorbergzone dürfte während der zur Zeit der alpinen Orogenese erfolgten Auffaltung der Karawanken von seinem ursprüng- lichen Gesteinsverband abgesplittert worden sein und dabei eine selbst- ändige Tektonik erfahren haben, wobei Schichtüberkippungen und Ver- schuppungen zustande gekommen sind. Die der Vorbergzone eigentümliche jüngste Tektonik ist nicht aktiv, sondern passiv erfolgt, indem der ganze Karawankenkomplex inklusive das Palaeozoikum, welches schon während der variszischen Orogenese jene geschlossene Deckentektonik erhalten hat, noch während der jüngsten alpinen Orogenese (Pliozän) einen beträcht- lichen Nordschub erfahren hat. Die alpinen Schichten (Perm, Trias) der Koschuta-Einheit fallen im Allgemeinen 30 bis 50 Grad nach Süden ein. Immerhin können bei guten Aufschlüssen in den südlichen Grabenverzweigungen des Feistritz-, Go- ritscher- und Rohica-Grabens Transgression und Diskordanz zwischen alpiner und variszischer Orogenese schön beobachtet werden. Im Streichen sind die LagerungsVerhältnisse häufig durch Querdislokationen gestört, denn die Aipin-Tektonik mußte sich sowohl an den variszischen Unter- grund anpassen als auch waren sehr verschiedene Kräfte, die mit dem Bewegungsmechanismus der südlich der Karawanken gelegenen Südalpen (Julische Alpen, Steiner Alpen) zusammenhängen, im Spiel, durch welche die Bewegungstektonik der Karawanken maßgeblich beeinflußt wurde. Diese Tektonik äußert sich nicht nur an den in verschiedenen Graben- verzweigungen an der Nordseite des Karawankenkammes feststellbaren Querdislokationen, sondern auch an der Änderung der Streichrichtung der alpidischen Schichtglieder, die mit jener der variszischen Schicht- glieder keineswegs parallel und identisch verläuft. Wir sehen also im ganzen Triaszug nach Norden vorgedrängte Vorposten (Mallestiger Mit- tagskogel, Türkenkopf und Gratschützen) und zurückgebliebene Teile (Techantinger Mittagskogel, Schwarzkogel). Besonders das zwischen dem Gr. Mittagskogel und Kahlkogel — Ro- senbach gelegene Gebiet weist einen sehr komplizierten tektonischen Bau auf, da das ganze Gebiet im Spannungsfeld der alpidischen und dina- rischen Bewegungsvorgänge liegt. Es sind daher nicht nur N—S orien- tierte Überschiebungsbahnen, welche durch Schichtwiederholungen und -antiklinalen gekennzeichnet sind, feststellbar, sondern es können auch 130 groß angelegte Westüberschiebungen beobachtet werden, welche auf di- narische Bewegungsvorgänge zurückzuführen sind. Die häufig in den Westkarawanken NW—SO verlaufende Streichrichtung von tektonischen Einheiten und Schichtgliedern sind auf dinarische Bewegungsvorgänge zurückzuführen. Sie sind im Allgemeinen jünger als die alpinen Struk- turen und haben vor allem während der jungtertiären Gebirgsbildungs- phasen den größten Einfluß gehabt. Die Drautal- und die Gegendtallinie zeigen sehr deutlich, daß die im Bereich der Dinariden wirkenden Kräfte bis tief in den Alpenraum ausgestrahlt haben. Sogar in den Hohen Tauern wurde die Streichrichtung dadurch beeinflußt. Auch die NW—SO ver- laufende Streichrichtung des Tabor—Petelinzuges nördlich des Faaker- seetales ist ein Ergebnis des dinarischen Kräfteeinflusses auf den alpinen Raum. Ebenso zeigt die NW—SO verlaufende Streichrichtung des nördlich des St. Kanzianiberg gelagerten Jungtertiärs und des Hügels (Kote 567) südlich der Karawankenbahn zwischen Finkenstein und Mallestig, daß noch in dieser Zeit eine starke Überprägung der alpidischen Strukturen durch die dinarischen Kräfte erfolgt ist. Im Spannnungsfeld der Dina- riden-Tektonik lag auch das aus Hornsteinschichten, Hauptdolomit und Dachtsteinkalken bestehende Gebiet zwischen dem Gr. Mittagskogel und der Golica. Diese Schichtgruppe (Kam, Nor) lagert auf verschiedenen tektonischen Einheiten der Unter- und Mitteltrias. Es besteht kein strati- graphischer Zusammenhang zwischen der Mitteltrias des Türkenkopfes und der Obertrias des Gr. Mittagskogels, sondern die obertriadischen Bauelemente haben eine selbständige Tektonik erfahren, die mit den dinarisch beeinflußten Bewegungsvorgängen in Zusammenhang gebracht werden können. Diese Strukturen können bis in die Gegend des Loibl- passes verfolgt werden. Das Zusammentreffen der in den Karaw^anken feststellbaren alpinen und dinarischen Strukturen hat eine große regional-tektonische Bedeu- tung. Es handelt sich um Strukturen, die auf Grund eines bogenförmigen Verlaufes von Gebirgseinheiten zustande kommen. Da ja die Erde eine Kugel ist, strahlen die Spannungskräfte der Erdkrustenbewegungen nach allen Richtungen aus. Es ist das eine natürliche Erscheinung, denn der Karawankenraum steht ja nicht nur im Kräftespiel der Einengungs- vorgänge des Ablagerungsraumes, sondern auch die nach SW verlaufenden gegen die Adria orientierten Bewegungsrichtungen der Dinariden im jugoslawischen Bereich und die nach NO gegen die Adria orientierten Bewegungsvorgänge des Apennins im italienischen Bereich haben Einfluß auf die Bewegungsvorgänge der Karawanken. Sie wurden im Rahmen der Bogenstruktur des Dinariden- oder Südalpenstammes nach Norden gedrängt, bzw. zum Ausweichen gezwungen. Dies ist vielleicht eine Er- klärung dafür, daß die Karawanken ein so junges Gebirge darstellen und die im Norden vorhandene Anlage des Klagenfurter Beckens die ent- sprechende Vortiefe geliefert hat. Anderseits war sowohl in den Karawanken als auch im Klagenfurter Becken die karpatische Richtung von entscheidendem Einfluß für die Entstehung der SW—NO verlaufenden Störungszonen (Ossiacherseefurche, die Störungslinien bei Arriach und bei Kl. Kirchheim oder das Glantal 131 usw.), die im Rahmen der durch die Karpaten-Strukturen auf den Alpen- körper sich auswirkenden Kräfte verursacht wurden. Wir können in diesem Fall von einer Virgationstektonik im Sinne Staub sprechen, unter deren Zeichen sich die tektonischen Vorgänge im Klagenfurter Becken und des Karawankenraumes abgespielt haben. Die im östlichen Alpenraum entstandenen Einbruchs-Becken (Klagenfurter Becken, Lavant- taler Becken, das Becken von Judenburg-Knittelfeld oder das südost- steirische Becken) sind schließlich die Folge der durch den Karpatenbogen und dem Dinaridenstamm sich auswirkenden Virgationsstrukturen der Erdkruste. So sind also die in den Karawanken feststellbaren orogene- tischen Vorgänge eine Folge der in diesem Raum sich auswirkenden großräumigen regionalbedingten Energiestrahlungen des alpinen Orogens. Abschließend soll der Hinweis nicht unterlassen bleiben, daß die Karawankengeologie noch viele ungeklärte Probleme aufweist und im Rahmen dieses Vortrages nicht ein abschließendes Ergebnis gezeigt wer- den konnte, sondern nur der Weg skiziert und angedeutet werden kann, der in Zukunft im Hinblick auf die Erforschung dieses so vielgestaltigen und reizvollen Gebirgszuges noch zu gehen sein wird. 132