erste Jahr meiner Thatigkeit Augen- und Ohrenarzt in Laibach (17. October 1887 bis 16. October 1888). Dr. Emil Bock ehem. Docent fur Augenheilkundc und em. erster Assistent der ersten Augenklinik an der Universitat in Wien. Laibach 1889. -' v v ..M'- i- ; , ,V* . ' . \ •••vv-' ,...... f swr .... >" '>/ ' V ... . ,, • •-,* - -v... p . . ■ ■ .... . : .. '.,v ■ \ Vv , M >■ :■ ;Wv -V r ' | jp^Ž . <• . !»*..• ... :..AV v: ; " * .•/* ' • ••- V.-A'... , • \ ; s s--V ' . ./ ■■.... 'i. ■■■'■• ■■ .' ' - f-'. ... . -.,J. ".•■■■*... ..'..v ' -•-. ■ , . ■ ■' . , ; ■ ' -M •'% ' ■ ■ ■n, . 1 • v .y/. ’ r ■ v’ ... - ■ /■.. : 1 .. • • • v- - . ••• V-..' ■ :■ v • ' • I '"' ‘“'vV V • •. . . ' -v < ■■ ■ .:>"*• igli * v /% . ' ■ -.K "• • .• ... ...' " " ' - „ . • v'>; . ' '• ‘M ■ - ■ ; . “■. . ■ .■■v,.-., .Mir ' ■ ; ■ ,.*• • v '- > <><'* 1 ■ .- '• .“'KV'? ■ v ‘V ^ 1V ‘ vi'.-;. V r-:-. ' M v,- : v. ,'r v- i •>, •. ••!/. :-7 ■ /: 'r v iu , ' '■ ■' t :" ' l' ■ - 'f*. . . 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Docent fur Augenheilkunde und em. crster Assistent der ersten Augenklinik an der Universitat in VVien. Laibach 1889. Im S e 1 L) s t v e r 1 a g e d e s Verfassers. cmzj^fo Buchdruckerei von Kleinmayr & Bamberg in Laibach. 9 Uieser Bericht sei meincn Freunden gewidmet. Als ich vor fast zvvei Jahren bei entscheidender Gelegenheit sah, dass bei der Theilnahmslosigkeit und mangelnden Objectivitat der massgebenden Factoren sowie der geringen Anzahl von Uni- versitaten in Oesterreich an eine akademische Laufbahn als Oculist meinerseits nicht zu denken sei, entschloss ich mich rasch, in einer grosseren Provinzstadt als Augen- und Ohrenarzt die Praxis aus- zutiben. Ermuthigt wurde ich bei diesem Plane durch einige ver- ehrte Fachcollegen, die denselben Weg eingeschlagen und sich eine in jeder Beziehung schone Stellung errungen hatten (die Herren Dr. Kerschbaumer in Salzburg, Dr. Plenk in Briinn und Dr. Purtscher in Klagenfurt). Dass meine Wahl auf Laibach fiel, hatte seinen Grund darin, dass in Kram kein klinisch geschulter Augenarzt ansassig war und ich nach vieljahrigem Aufenthalte in diesem schonen Lande der Landessprachen vollkommen machtig bin. Dem Beispiele deutscher Augenarzte folgend, die auch die Ohrenheilkunde in ihren VVirkungskreis einbeziehen, vervollkomm- nete ich mich auch noch in dieser Specialitat. Es ist mir eine willkommene Gelegenheit, jenen Mannern, die mir es moglich machten, mich in relativ kurzer Zeit in der Otiatrik auszubilden, meinen warmsten Dank auszusprechen. Es sincl dies Herr Professor Dr. Urbantschiisch und sein Assistent Herr Dr. Eitelberg sovvie Herr Regimentsarzt Dr. Tschudi, die mit nimmermudem Eifer Monate und Monate meine Lehrer waren. Die fiir den Ohrenarzt so wich- tige Technik und Erfahrung in der Rhinoskopie verdanke ich Herrn Dr. von Beregszdszy, Assistent an der Wiener Poliklinik, der mir in dem grossen Ambulatorium mit seiner altbewahrten Ttichtigkeit in liebenswiirdigster Weise an die Hand gieng. Auch ihm meinen besten Dank, In Laibach wurde ich von allen Herren Aerzten mit einer wohlthuenden Freundlichkeit aufgenommen. Zu besonderem Danke fiihle ich mich aber verpflichtet Herrn Regierungsrath Professor I* 4 Dr. Valenta, Director der hiesigen Landes-Wohlthatigkeitsanstalten, und Herrn kaiserlichen Rath, Primarius Dr. Fnx, welche mir den regelmassigen Besuch des Laibacher Krankenhauses gestattetcn; ganz speciell rriuss ich aber Herrn Prjpiarius Dr. Fux meinen Dank aussprechen, der mich die auf seiner Abtheilung vorkommenden zahlreichen Augenoperationen ausfiihren lasst und mir auch das Vertrauen schenkt, als standiger Gast an der Behandlung der Augenkranken der chirurgischen Abtheilung theilnehmen zu konnen. Die Zahlen des vorliegenden Berichtes mogen zeigen, dass auch in einem kleinen Gebiete ein Augen- und Ohrenarzt, der eine grosse klinische Erfahrung und operativc Schulung besitzt, ein lebendiges Bediirfnis ist. Wenn nichts anderes, so liatte mir dies bewiesen der herzliche Dank der Staaroperirten, die, zu arm oder durch Alter zu unbehilflich geworden, um in eine Universitatsstadt zu reisen, jahrelang unoperirt blind ihr Leben vertrauerten. Solche Momente sind es, die manche Verbitterung des Lebens vergessen machen konnen. In nicht langer Zeit hatte ich die Freude, durch die von weit hergekommenen Kranken zu erkennen, dass ich im Lande schon bekannt sei, und derzeit schon stammt ein Contingent meiner Patienten aus den Nachbarlandern, vor allem aus Unter- steiermark, Kroatien, Kiistenland und Istrien. In den folgenden Zeilen, fiir die ich um freundliche Aufnahme bitte, habe ich nach meinem moglichst sorgfaltig gefiihrten Protokoli es versucht, eine Statistik der von mir behandelten Augen- und Ohrenkranken zusammenzustellen. Wenn ich derselben noch einen speciellen Theil hinzufiige, so entspreche ich damit nur einem per- sonlichen inneren VVunsche. Nach einer fast sechsjahrigen Dienst- zeit als erster Assistent an der ersten Augenklinik der VViener Universitat bin ich in die Praxis getreten. Die gewonnenen reichen Erfahrungen in klinischer und operativer Beziehung bringen es mit sich, dass ich mein — wenn auch bescheidenes — Ambulatorium mit einem etwas weiteren Horizonte betrachte. So ist es selbst- verstandlich, dass mir als Beobachter mancher Gedanke gekommen ist, der zu Papier gebracht zu werden drangt. Moge daher dieser specielle Theil auch von meinen verehrten Fachcollegen nicht allzu strenge beurtheilt vverden. In der Zeit vom 17. October 1887 bis 16. October 1888 habe ich 1972 Kranke (909 M. und 1063 W.) behandelt; davon waren 1057 Patienten mittellos, die unentgeltliche Ordination genossen, 256 Kranke davon hatte ich Gelegenheit, im Spitale zu behandeln. Die ganze Krankenzahl theilt sicli in: Augenkranke 1597, und zwar 728 M. und 869 W., Ohrenkranke 375, » » 181» » 194 » A. Augenkranke In der Zusammenstellung der nun folgenden Statistik habe ich immer nur jene Krankheit beriicksichtigt, wegen welcher der Kranke meine Hilfe suchte. Daraus erklart es sich, dass die Zahlen dieser Tabellen nicht immer mit jenen des speciellenTheiles stimmen. VVollte der Patient z. B. nur die Bestimmung des Glases jfiir seine Kurzsichtigkeit, und fand ich bei der Spiegeluntersuchung den Be- ginn einer Cataracta, so ist natiirlich die letztere in dieser Tabelle nicht beriicksichtigt, sondern nur die Myopie. Jeder Kranke wurde nur einmal ins Protokoli eingetragen. Snmtnc . . 256 398 654 7 8 V. Netzhaut und Sehnerv. 9 VIII. Augapfel. 10 Summe . . 70 77 147 Tabellarische Zusammenstellung der Augen- krankheiten, Catarrhus conjunctivae. Ausser den verschiedenen ausseren Schadlichkeiten sowie dem Greisenalter, welche die Entstehung von Catarrhen der Bindehaut veranlassen oder wenigstens begtinstigen, war in 63 Fallen (also bei circa dem vierten Theile aller beobach- teten Catarrhe der Bindehaut) gleichzeitig eine Refractions- oder Accomodations-Anomalie, vor allem Hypermetropie und Presbyopie nachweisbar. Blennorrhoea acuta. Alle vier damit Behafteten waren Pa- tientinnen im Alter von 21 bis 55 Jahren, bei denen ein mehr oder vveniger acuter Fluor albus die Ouelle der Infection war. Mit Aus- nahme eines Falles, dessen weiteres Schicksal mir unbekannt ist, weil er sich nicht behandeln lassen \vollte, waren immer beide Augen ergriffen. Ein Madchen kam erst nach zwanzigtagigem Be- stande der Krankheit in meine Behandlung, zu vvelcher Zeit ich bei- derseits je ein grosses randstandiges Geschwiir der Hornhaut mit Vorfall der Iris entwickelt fand. In allen Fallen wendete ich nach alter klinischer Erfahrung Touchierungen mit 2 °/ 0 Lapislosung, Eisumschlage und fleissiges Aussptilen des Bindehautsackes mit einer schvvachen Losung von Kalium hypermanganicum und Atro- pineintraufelungen mit glanzendem Erfolge an; denn alle Corneae blieben intact, und selbst in dem oben erwahnten Falle von schon perforirter Hornhaut wurde der septische Process in derselben auf- gehalten, so dass die Zerstorung der Cornea keine weiteren Fort- schritte machte. Blennorrhoea neonatorum. Die Kinder, drei Knaben und ein Madchen, an beiden Augen erkrankt, standen im Alter von 7, 14, resp. 21 Tagen und kamen also ziemlich spat nach stattgefun- dener Infection in mein Ambulatorium; bei zweien davon war auch schon die eine Cornea fast ganz zerstort. Bei den anderen Augen gelang es, die Cornea intact zu erhalten. Die Behandlung bestand in Touchirungen mit 1 °/ 0 Lapislosung und fleissigem Ausspiilen mit schwacher Solutio kalii hypermanganici. Conjunctivitis crouposa. Der einjahrige Knabe hatte die Bindehaut beider Lider des rechten Auges mit einer ziemlich der- ben Croupmembran belegt, dabei waren die Lider stark odematos, die Conjunctiva bulbi chemotisch, und die Cornea war an zahlreichen Stellen ihres Epithels beraubt. Gleichzeitig bestand leichte Fieber- bewegung. Ich entfernte zweimal des Tages mit in Solutio kalii hypermanganici getauchten VVattabauschchen die Fibringerinnungen, traufelte Atropin ein und trug der Mutter des Kindes auf, in der Zwischenzeit das Auge fleissig mit Losung von Kal. liypermang. auszuspiilen. Das Auge blieb unversehrt erhalten. In den abge- streiften Croupmembranen fand ich eine grosse Menge von Coccen. Conjunctivitis diphtheritica. Helene R. aus Neumarktl in Oberkrain, 1 '/ 2 Jahre alt, Kind eines Landmannes, wurde am 6. Juni 1888 in mein Ambulatorium gebracht mit der Angabe, dass es vor drei Tagen unter heftigem Fieber erkrankt und dass die Lider des linken Auges seit zwei Tagen so stark geschwollen seien, dass das Kind das Auge nicht mehr aufzumachen imstande sei. Die linken Augenlider des kraftigen, gut genahrten Kindes waren heftig geschwollen, hart anzufiihlen, die Haut derselben glan- zend, dunkelroth, stellenvveise livid; die Lidspalte liess sich ma¬ mit Hilfe eines Elevateurs offnen, wobei ich die Bindehaut der Lider mit einem schmutzigen, speckigen, nicht abvvischbaren Belege bedeckt und die Conjunctiva bulbi so stark chemotisch fand, dass von der Cornea nichts zu sehen war. Secretion in geringem Grade vermehrt. Die Haut des linken Oberarms, der Spitze des Muse. deltoides entsprechend, zeigte einen circa kreuzergrossen Substanz- 13 verlust, der schmutzig belegt und von einem intensiven Entziin- dungshof umgeben war. Ueber die Provenienz dieser Affection konntc die Mutter keine Auskunft geben. In Nase und Rachen alles intact. Die Lymphdriisen in der Umgebung des Ohres. am Halse und theilweise auch am Nacken geschwollen; das Kind fiebertc lieftig (40 4 Temp.), war ganz apatisch und refiisirte jede Nahrung. Die Therapie bestand in energischem Desinficiren des Binde- hautsackes mit Kalium hypermanganicum und entsprechenden Dosen von Chinin. Kalter russischer Thee mit Cognac sowie kiihle Milch vvurden als Nahrung gegeben. Am 8. Juni waren die Erscheinungen am Auge womoglich noch vehementer und die innere Halfte des unteren Lides bei prali gespannter Oberflache sehr hart anzufiihlen. Ich Hess daher warme Ueberschlage appliciren. Am 9. Juni fand ich des Morgens die Haut des unteren Lides in der Ausdehnung einer Bohne necrotisch zerfallen, und ein tibelriechender jauchiger ldter entleerte sich auf Druck reichlich. Auf den Substanzverlust wurde Jodoform gestaubt. Am 13. Juni veranderte sich das bishin immer gleich gebliebene Bild, indem die Schvvellung der Lider ab- nahm, der Belag auf der Conjunctiva sich abzustossen begann. Gleichzeitig schwoll auch die Conjunctiva bulbi ab, und man sah nun die Cornea in toto eiterig infiltrirt. Das Kind begann sich zu erholen, die Appetenz steigerte sich, das Fieber erhielt sich aber noch immer auf ziemlich gleicher Hohe, des Morgens 38-5 — 38^7 Temp., des Nachmittags 39—39'5 Temp. Am Nachmittag des 14. begann das Kind plotzlich schwer zu athmen, der bis dahin ganz intact gebliebene Rachen war mit einemmale von einem nicht wegzuwischenden grauweissen Belage bedeckt; gleichzeitig machte sich ein iibelriechender seroser Ausfluss aus der Nase bemerkbar. Das Fieber stieg rasch auf 39'S Temp. des Morgens und 40'2 des Nachmittags, und in der Naclit vom 15. auf den 16. Juni starb das Kind in vollkommenem Sopor. Die Section ergab Diphtheritis der Nase, des Rachens, der Epiglottis mit heftiger Schvvellung und Rothung der Schleimhaut der Trachea. Die relative Ausfiihrlichkeit dieser Schilderung moge damit entschuldigt werden, dass bekanntlich in Oesterreich die Diphtheritis conjunctivae zu den seltensten Erkrankungen gehort. In dem vorliegenden Falle steht wohl ziemlich gewiss die Hautaffection am linken Oberarm mit der Erkrankung der Binde- haut in ursachlichem Zusammenhang, so zwar, dass eine wahr- scheinlich zufallig erlittene Verletzung der Haut die Eingangspforte fiir die Infection abgegeben haben mag. Es sei mir gestattet, einigen Bemerkungen Raum zu geben. Ob man iiberhaupt die Berechtigung habe, eine Conjunctivitis crouposa als eine selbstandige Krankheitsform aufzustellen, scheint mir aus dem Grunde bis zu einem gewissen Grade fraglich, weil bei den heftigen Entztindungen der Conjunctiva palpebrae mit reichlicher Secretion (an der Spitze Blennorrhoea acuta und neona- tomm ) es zur Ausscheidung von grossen Mengen Fibrins kommt, \velches nun, als Membran geronnen, der Oberfiache der Bindehaut anhaftet. Diese Belage stehen bisweilen auch mit dem darunter befindlichen Gewebe in Verbindung, denn ofters sind diese Croup- membranen nur schnver wegzuwischen, und nach ihrer Entfernung sieht man die Bindehaut bluten. Man ist aber ebensowenig berechtigt, aus einem so beschaf- fenen Belage und seinem innigen Zusammenhang mit dem infil- trirten Gewebe des Lides die Diagnose Diphtheritis conjunctivae zu machen. Ich glaube, dass man klinisch die Diagnose Diphtheritis conjunctivae nur dann stellen diirfe, wenn bei schmutzigem, unab- wischbarem Belage der Bindehaut die entziindlichen Erscheinungen an den Lidern die bedeutendste Hohe zeigen, gleichzeitig aber auch das Allgemeinbefinden des Kranken in betrachtlichem Grade gestort ist. Denn gewiss haben vvir es hier nicht nur mit einem localen Leiden zu thun, sondern mit einer schweren Infection des ganzen Organismus. Zvveifellos ist die Diagnose, wenn die Conjunctiva zu zerfallen beginnt und sich Geschwiirsflachen bilden. Dass die Gefahr des ganzen Processes durch die Leichtigkeit des Uebergreifens auf andere Schleimhaute, vor allem des Respirationstractus, noch ge- steigert wird, bedarf eigentlich kaum einer besonderen Erwahnung. Trachoma, Unter den 115 beobachteten Fallen bestanden 9 schon seit mehreren Jahren, 15 weitere P'alle zeigten schon betrachtliche Narbenentwickelung, die anderen 91 waren Erkran- kungen jiingeren Datums. 67 Patienten hatten auf beiden Augen Trachom und 16 zeigten die bekannte Hornhautaffection (Pannus). Eine Patientin von 42 Jahren, welche schon seit sehr langer Zeit an Trachom litt, hatte am linken Oberlid, der Gegend des Tarsus entsprechend, einen circa bohnengrossen Tumor eingebettet, so dass der Verdacht auf die so seltene amvloide Degeneration des Tarsus ziemlich nahe lag. Die Kranke, am Lande lebend, hat sich nicht wieder vorgestellt. In Publicationen neueren Datums ist das Trachom vvieder vielfach besprochen worden. Ob es dazu beitragen wird, unsere Kenntnisse liber diesen so polymorphen Process zu vermehren, wenn man den Catarrhus follicularis mit dem Trachom zusammen- vvirft, mochte ich bezweifeln. In jiingster Zeit hat ein hervorragender Oculist trotz seiner reichen Erfahrung tiber diesen Gegenstand sich dahin geaussert, dass die Infectionsgefahr bei Trachom keine so eminente sei. Ich glaube, dass eine solche Behauptung nicht nur unhaltbar, sondern geradezu gefahrlich ist. Wird man dann docli gewiss noch weniger sorgfaltig die Hygiene des Trachoms betreiben, als es jetzt geschieht. Betrachtet man aber nicht von vornherein das Ganze als eine ernste Infectionsgefahr, dann kann man es sehen — wie ich dazu Gele- genheit liatte — dass bei Nichtbefolgung der arztlichen Vorschriften inbetrefif der Separirung etc. der Kranken von den Gesunden die Anzahl der Trachomfalle binnen 20 Tagen von 19 % auf 51% steigt. Den so vielfach, besonders von Italien ausgehenden An- preisungen der Amvendung von Sublimatlosungen bei Trachom folgend, habe ich ganz frische, sozusagen unter meinen Augen entstandene Trachome damit behandelt. Ich sah nicht nur keinen Erfolg, sondern im Gegentheil: die Reizung nahm zu, die Binde- haut quoll immer mehr auf und wurde immer schlaffer, so dass ich nach den alten bewahrten Mitteln mit Freuden griff, die mich nicht im Stiche liessen. Ueber die vielversprechende operative Therapie bei Trachom will ich bei den Operationen berichten. Conjunctivitis scrophulosa, phlyctaenularis, seu Herpes con- junctivae (et corneae). Conjunctivitis exanthematica. In ana- tomischer Beziehung sind diese Erkrankungen der Bindehaut und des Bindehautblattes der Cornea sicher gleichartig, d. h. die Blaschen oder Knotchen, welche aufschiessen, stehen trotz mehrfacher gegen- theiliger Behauptung im innigen Zusammenhange mit den Nerven- endigungen in der Ilornhaut. Dies ist durch anatomische Arbeiten, an denen audi ich meinen bescheidenen Antheil nahm, bewiesen. Das klinische Bild jedoch ist bei den einzelnen erwahnten Formen ein anderes, und das fur die Therapie so wichtige aetiologische Moment spielt dabei die grosste Rolle. Es gibt gliicklichenveise 16 nur cinen Oculisten, welcher den Bestand der Scrophulose und ihren Zusammenhang mit der Ophthalmia phlyctaenularis leugnet. Dass er fiir sie einen eigenen Namen aufgestellt, andert das klinische Verhalten des Processes gar nicht, und dieses ist es ja, welches fiir den Augenarzt zuerst in Betracht kommt. Es wird einer kraf- tigen Hand bediirfen, um in diesem Capitel Ordnung zu schafifen. Vor allem beriicksichtigt man, wie mir scheint, noch immer viel zu wenig den Zusammenhang zwischen den Blaschen oder Knotchen der Conjunctiva, resp. Cornea, und gleichzeitig vorhandenen Affection der Haut der Lider, besonders des Lidrandes. Meines Wissens nach war Homer der erste, der von dem'gleichzeitigen Eczem der Horn- liaut sprach. In dem klinischen Verlaufe dieser so haufigen Con- junctivitis gibt es noch einige dunkle Punkte. Warum wird das von Conjunctivitis phlyctaenularis beftigst afficirte Auge reizlos, wenn das daran leidende Individuum aus irgend einem Grunde Fieber bekommt ? Von den Verletzungen der Bindehaut mochte ich vor allem drei sich gleichende P’alle hervorheben; allen drei Patienten, Mannern im Alter von 20 bis 50 Jahren, flog ein kleiner Hammer gegen das rechte Auge und verursachte in der inneren Halfte der Con¬ junctiva bulbi einen klaffenden Riss, der mit drei bis vier feinen Naten gut geschlossen werden konnte. Eine Frau von 40 Jahren bekam nach einer Einstaubung mit Calomel eine heftige Sublimatveratzung, so dass, als die Frau meine Hilfe suchte, das linke Auge Chemosis und einen bis in die untere Uebergangsfalte reichenden Substanzverlust zeigte. Der Fali genas nach zehn Tagen vollkommen. Ueber Pulververletzungen vide unten. Argyrosis sah ich bei zwei mannlichen und vier weiblichen Patienten. Nur in einem Fali war noch ein Trachoma inveteratum zu constatiren, in den anderen mag wohl ein Bindehaut-Catarrh die Ursache der gewiss sehr lange fortgesetzten Touchirungen mit Lapislosungen gervesen sein. Das Zustandekommen dieser Veran- derung erklart sich meiner Meinung nach nur durch die Bildung eines Silberalbuminates mit nachtraglicher Ausscheidung des me- tallischen Silbers in der Tiefe. Bei einem Madchen von 22 Jahren sah ich einen circa hanf- korngrossen, tief dunkelgelben Tumo r von hockeriger Oberflache, der an jedem Auge in der rechten Halfte der Conjunctiva bulbi der i7 Hohe der Lidspalte entsprechend sass. Nachdem die Kranke eine Operation refusirte, so kann ich den Beweis fiir meine Diagnose: Lipoma subconjunctivale, nicht bringen. Xerosis conjunctivae. Die sogenannten Bitofschen Flecke fand ich bci zwei Mannern von 39, resp. 44 Jahren, die bei nor- malem Spiegelbefund iiber hemeralopische Beschwerden klagten und auch concentrische Einschrankung des Gesichtsfeldes besassen. Ausserdem sah ich diese Erkrankung auch noch bei drei Madchen im Alter von 9, 10 und 12 Jahren. In keinem dieser Falle konnte eine Ursachc fiir die Hemeralopie nachgewiesen vverden. Von den mit Pterygium behafteten Kranken mochte ich nur eine Frau von 50 Jahren erwahnen. Dieselbe besass am rechten Auge ein Pterygium crassum, welches fast bis zum Cen trum der Hornhaut reichte und durch besondere Rothe und Dicke aus- gezeichnet war. Nahe dem Kopfe des Fliigelfelles sass in demselben ein circa hanfkorngrosser braunschwarzer, kugeliger Korper mit rauher Oberflache, so dass ich Verdacht auf einen pigmentirten 'humor hatte. Bei der Abtragung stellte es sich dann heraus, dass es ein Fremdkorper, eine hockerige Fruchthiilse war. Ulcus corneae. Die Hornhautgeschwure verdankten verschie- denen aetiologischen Momenten ihren Ursprung. Selbstverstandlich steht numerisch das Trauma in erster Linie. Eine lieftige Blatternepidemie, welche Laibach sammt seiner Umgebung im Winter 1887/88 heimsuchte, forderte ihre Opfer auch an den Augen vieler Menschen. Die von mir in dieser Richtung Behandelten finden sich in der Tabelle unter der Rubrik Conjuncti- vitis exanthematica. Bei allen diesen Fallen machte ich die Beobachtung, dass der Beginn der Augenaffection nach der Flohe des Eruptionsstadiums eintrat und dass in den ersten Tagen die Augen ganz reizlos waren. Ist einmal wirkliche Reizung vorhanden, dann findet der Augenarzt schon tiefe eiterige Infiltrationen der Cornea, welche nun in hochster Gefahr schwebt. So wurde, besonders aus den Dorfern um Laibach, eine Anzahl von Kindern zu mir gebracht, bei denen ein grosser Theil der Cornea leider zugrunde gegangen war. Bei 14 Iiornhautgeschwtiren war Blennorrhoea sacci lacr. als unangenehme Complication vorhanden. Die Sepsis war in diesen Fallen eine so starke, dass zur Bekampfung des Eiterungsprocesses in der Hornhaut dreimal der Thermocauter und die Spaltung des — i8 — Geschwiires vorgenommen werden musste, in einem sehr vor- geschrittenen Falle leider erfolglos; denn die Cornea gieng in 48 Stunden durch eiterige Schmelzung vollkommen zugrunde. In den anderen Fallen erzielte ich sehr. giinstige Resultate. Ich lege bei dieser Behandlung auf Cauterisirung des progressiven Geschwiirs- randes ein besonderes Gewicht, ein grosseres als auf die Spaltung, die ich aber immer gleichzeitig vornehme, um den Eiter aus der Vorderkammer auszulassen. EInstaubungen von Jodoform leisten glanzende Dienste in der Nachbehandlung. Die Richtigkeit der Behauptung, dass in einem Hypopyum keine Mikro-Organismen gefunden werden, muss ich nach vielfachen Untersuchungen entschieden bestreiten. Ein zehn Wochen altes, sehr schwachliches Madchen besass im Centrum der grauen Hornhaut einen eiterig belegten Substanz- verlust, und schon am Tage, nachdem ich das Kind zuerst gesehen, war die Cornea ganz sequestrirt, so dass dies wohl ein Fali Kera- tomalacia infantuni gewesen sein vvird. Die mit Keratitis parenchymatosa behafteten Patienten waren vier mannliche und vier weibliche Individuen im Alter von sechs Wochen bis 35 Jahren; fiinfmal war L71.es congenita mit Sicherheit zu constatiren. Ein Knabe von sechs VVochen zeigte nur auf einem Auge eine scheibenformige graue Triibung in der gestichelten Cornea bei Fehlen jeder Reizung. Der Process war durch die zeitweilig auftretende Drucksteigerung ausgezeichnet, kam aber nach fiinf Wochen zur vollkommenen Heilung. Bei einer 3Sjahrigen Frau war Lues acquisita nachzuweisen. Ein hieher gehoriger Fali interessirte mich besonders. Ein 22jahriges gesundes Madchen consultirte mich wegen schlechterem Sehen am rechten Auge. Ich fand reichliche Glaskbrpertriibungen und Hyperaemia retinae. Nach neuntagigem Gebrauche von Jodkali und Ofener Bitterwasser waren diese vollkommen geschwunden, dagegen eine scheibenformige Triibung im Centrum der Cornea vorhanden, die trotz energischer Behandlung eilf VVochen brauchte, bis sie vollkommen verschwand. Keratitis punctata sah ich bei zwei Madchen von 24, resp. 26 Jahren in typischer Form. Bekanntlich wird das Vorkommen derselben von manchen Seiten trotz aller anatomischen Beweise ' x ' * Ivrtikovv, Wedl-Bock. I 9 — bestritten. Die Gegner behaupten namlich, dass es sich immer um Pracipitate an der hinteren Wand der Cornea handle. Stellwag leugnet wieder diese. Ich bin vollkommen iiberzeugt, dass beide Formen vorkommen und dass es immer nur einer genaueren klini- schen Untersuchung der Cornea bedarf, um diese beiden Erkran- kungen auseinander zu halten. Ich kann Moorens Ansicht nur bestatigen, dass in einer grossen Anzahl von parenchymatosen Erkrankungen der Hornhaut Storun- gen in der Menstruation vorliegen, nach deren Beseitigung auch das Augenleiden sich bessert. In der Mitte zvvischen der Keratitis suppur. in ihren verschie- denen Formen und der Keratitis interstitialis stehen die scrophu- losen Infiltrate der Hornhaut, welche trotz ihres oft erschreckenden Aussehens eine relativ giinstige Prognose gestatten, wie ich aber- mals an fiinf Fallen zu sehen Gelegenheit hatte. Staphyloma corneae erheischte in vier Fallen eine operative Behandlung mit der Excision. Einmal war auch nachtraglich die Enucleatio bulbi nothwendig. Bandformige Hornhauttriibung fand ich viermal, und zwar dreimal in atrophischen Augen und einmal bei einem achtjahrigen Knaben in einem sonst ganz gesunden rechten Auge. Ich sah in diesen Fallen nur alles das bestatigt, was ich schon publicirt hatte.* Die in der Cornea sitzenden Fremdkorper wurden selbstver- standlich immer entfernt, ohne dass etwas Besonderes zu bemerken ware. Erwahnen will ich nur ein acht Wochen altes Madchen, bei ■welchem am inneren Rande der linken Cornea eine Hirsehiilse ganz reizlos aufsass. Mortelveratzungen der Hornhaut sah ich viermal, immer an beiden Augen. Sie verliefen alle auffallend giinstig, indem es, mit Ausnahme eines schon ganz zerstort in Behandlung kommenden Auges, immer gelang, die Cornea zu erhalten. Von den anderen Verletzungen der Cornea will ich nur er- wahnen eine Verbrennung mit dem Lockeneisen und zwei Stich- wunden der Hornhaut. Ein siebenjahriger Knabc und ein achtjahriges Madchen stachen sich mit einem Messer in das linke, resp. rechte Auge, welches infolgc der nun eingetretenen Iridocyclitis zugrunde ging. Endlich * liock, Bandformige Ilornhauttriibung, Wien, Braumiiller 1887. 2 * 20 eine Perforation der Hornhaut, die durch die Explosion einer Soda- Avasserflasche entstanden war. In diesem Falle blieb die Sehkraft des.Auges erhalten. Von Neugebilden der Hornhaut sah ich drei Epitheliome, und zwar bei zwei Mannern (66 und 68 Jahre alt) und einer 38 Jahre alten Frau. Die beiden ersten Hessen sich mit bestem Erfolge ope- riren. DieTumoren hatten schon die Grosse einer Haselnuss erreicht. Den so seltenen Keratoconus beobachtete ich bei einem 80 Jahre alten Manne und bei einer 25jahrigen Frau, in beiden Fallen beiderseits. Der Mann hatte auch noch eine Cataracta, welche ich extrahirte. Bei dieser Gelegcnheit collabirte nun die papierdiinne Hornhaut so stark, dass sie wie ein Trichter geformt nach rtick- warts einsank. In beiden Fallen war der Keratoconus von betrachtlicher Hohe. Megalocornea sah ich bei einem Knaben von 11 Jahren auf beiden Augen — bei einer H von 3 ■ 5 D. Die kreisrunden Hornhaute hatten einen Durchmesser von iiber 12 • 5 mm. Melanosis sclerae. Bekanntlich sind ganz kleine Pigment- fleckchen in der Vorderzone der Sclera kein seltenes Vorkommen bei briinetten Personen. Bei einem izjahrigen Madchen mit tief- schwarzem Haar und dunklen Irides war' die Cornea von einem formlichen Kranze bis zu linsengrossen chocoladebraunen Pigment- flecken der Sclera umgeben. Sie sassen bcsonders um die Miindun- gen der vorderen Ciliargefasse. Der Fundus oculi \var getafelt und ungehcuer pigmentreich. Scleritis als genuine Krankheit sah ich dreimal. Besonders typisch verlief sie bei zwei Madchen von 21, resp. 22 Jahren, die als Kinder an Scrophulose gelitten hatten. Beide Augen erkrankten rasch nacheinander unter heftigen Reizerscheinungen mit der be- kannten kuchenformigen Infiltration in der Lederhaut; diese wan- derte um die ganze Cornea herum, und der Process endete erst, als der letzte Knoten neben dem ersten, bereits verschwundenen sich etablirt hatte. So dauerte in dem einen Fali die ganze Krankheit fiinf, im zweiten Falle siebcn Monate. Der dritte Fali, ein schvvach- licher Mann von 35 Jahren, hatte vor Jahren eine Scleritis des linken Auges durchgemacht, \velche mit einer zonularen, ringformigen Atrophie der vorderen Scleralparthic und Seclusio pnpillae endigte. Ursache war keine eruirbar. Der Kranke \var durch haufige Rc- cidiven geplagt. Von Fremdkorpern in der Sclera will ich nur eingesprengte Fulverkorner envahnen. Vulnus scleram penetrans. Ein Bursche von 15 Jahren wurde von ciner Kuh mit dem Horne am linken Auge gestossen. Als icli ihn vier Stunden spater untersuchte, fand ich eine etvvas vor der Insertion des inneren Geraden gelegene, circa 5 min lange perforirende Wunde der Sclera, dem Rande der Cornea parallel verlaufend. In der klaffenden Oeffnung drangte sich der Glas- korper vor. Der Bulbus war reizlos. Ich legte keine Nalit an, sondern nur einen gut sitzenden Druckverband, unter welchem bei absoluter Bettruhe nach zehn Tagen der Bulbus ad integrum geheilt war. Andreas K., 28 Jahre alt, erhielt am 14. December 1887 heim- ttickischer Weise einen Faustschlag aufs linke Auge, so dass eine Ruptur der Sclera in ihrer oberen Halfte, circa 5 mm vom Corneal- rande entfernt, entstand, mit Luxatio lentis subconjunctivalis bei Intactheit der Bindehaut. VVegen der darauf entstandenen Affectio syrnpathica will ich diesen interessanten Fali spater ausfiihrlicher schildern. Iritis, Iridocyclitis, Iridochorioiditis. Fs ist eine rathselhafte Thatsache, dass alle anatomischen Befunde bei diesen Krankheiten nicht imstande sind, alte schematisch aufgestellte und voneinander getrennte Bilder iiber den Haufen zu werfen. Noch immer wird von Iritis und Iridocyclitis als zwei verschiedenen Frkrankungen gesprochen, und doch gibt es mehr als einen klinischen und un- ziihlige anatomische Beweise, dass eine Fntziindung der Regenbogen- haut ohne eine solche des Strahlenkorpers nicht existirt. Ja, man muss noch weiter gehen: immer participirt in grosserem oder gerin- gerem Grade die Aderhaut an der Erkrankung. Jeder Oculist, der normale und pathologische Anatomie des Auges betrieben hat, wird sich der Zusammengehorigkeit dieser Theile nicht verschliessen konnen. Ich sage nichts Neues, wenn ich anfuhre, dass unter den von mir behandelten 26 Iridocyclitiden 11 luetischeli Ursprunges waren, und zwar 6 Manner im Alter von 20 bis 61 Jahren und 5 Weiber (18 bis 35 Jahre alt). In ftinf Fallen war der Process durch das Auftreten von bis zu lianfkorngrossen Granulomen complicirt, die durch grossen Gefassreichthum ausgezeichnet waren. Viermal waren beide Augen erkrankt. Siebeo Falle waren auf Verletzungen zuruckzufiihren: fiinf Manner (io bis 69 Jahre) und zwei Weiber (13 und 50 Jahre). In drei Fallen steckten Fremdkorper im Innern des Auges, und zwar zweimal ein Ziindhiitchensplitter und einmal ein Holzspan. Die Enucleatio bulbi konnte in einem Falle (i3jahriges Madchen) wegen Weigerung der Eltern nicht ausgefiihrt werden. Dreimal (zwei Manner und ein Weib) war als Ursache der Iridocyclitis intensive Verkiihlung nachzuweisen. Zweimal flackerte in atrophischen Aug- apfeln die Regenbogenhaut-Entziindung wieder auf, und in zwei Fallen konnte keine Ursache gefunden werden. Gewiss zu den sel- tenen Vorkommnissen ist es zu zahlen, dass bei einer Dame im Alter von 60 Jahren wahrend des Abschuppungsstadiums nach sehr schwe- ren Blattern eine intensive Iridocyclitis des linken Auges entstand, die sich durch besondere Hartnackigkeit auszeichnete. In nicht un- betrachtlicher Anzahl (17) kamen ungiinstig verlaufene Iridocyclitiden mit Occlusio oder Seclusio pupillae als Endresultat in meine Be- handlung. Zwei waren das Effect von Cataracta-Extractionen. Sechs davon betrafen beide Augen, vier waren mit Drucksteigerung com- plicirt, viermal war buckelformige Vortreibung der Iris vorhanden. An zwolf Augen wurde die Iridectomie ausgefiihrt mit gutem Erfolge, und zwar bei zehn Augen zur Herstellung des Sehvermogens und an zwei zur Sistirung der heftigen, durch Drucksteigerung verur- sachten Schmerzen. Die Details dieser Iridectomien will ich bei den Operationen ervvabnen. Sympathische Affection. Marie W., 44 Jahre alt, hatte vor mehreren Jahren einen Schlag auf das rechte Auge erhalten. Einige Monate darauf bemerkte sie, dass sie auf beiden Augen schlechter sehe. Ich fand jetzt beiderseits fleckige parenchymatose Hornhaut- trtibungen, multiple hintere Synechien und beginnende Cataracta, so dass kein rothes Licht aus dem Fundus zu erhalten war. Die Lichtempfindung war prompt. Patientin wollte eine Operation nicht vornehmen lassen Josef S., 55 Jahre alt, Fleischhauer, vvurde vor 20 Jahren von einem Ochsen ins rechte Auge gestossen und war wenige Tage darauf auf diesem vollkommen erblindet. Nach einem halben Jahre bemerkte er eine betrachtliche Abnahme des Sehvermogens am linken Auge, welches seit 11 Jahren bis auf die Unterscheidung von Licht und Dunkel erblindet ist. Ich fand am rechten Auge 2 3 eine verkalkte Cataracta bei ringformiger hinterer Synechie in einem amaurotischen Auge. Am linken Auge war die Atrophie der Iris auffallend. Die Pupille reagirte dem Alter des Patienten entspre- cbend trage; Glaskorpertriibungen und beginnende Cataracta ver- hinderten eine Untersuchung des Fundus. Die Lichtempfindung war prompt. Diesen beiden Fallen reiht sich ein dritter an, dessen inter- essante Details mir erwalinenswert erscheinen. Andreas K,, Pferdelcnecht, 25 Jalire alt, erliielt in der Nacht vom 14. auf den 15. December 1887 einen Faustschlag auf das linke Auge. Bei seiner Aufnahme ins Spital zeigte er zahlreiche Suffusionen und Abschiirfungen an der Ilaut der ziemlich heftig geschrvollenen Lider; Lidspalte geschlossen. Die Conjunctiva bulbi ist in ihrer unteren Hiilfte starkseros durchfeuchtet und von einzelnen bis linsengrossen Blutaustritten durchsetzt. Die obere Hiilfte der Conjunctiva bulbi ist gleichmiissig dunkelroth gefiirbt, giatt, zeigt keine Continuitatstrennung und ist blasenformig in der Ausdehnung eines grossen Mandelkernes abgehoben. Die Cornea ist gliinzend und durchsicbtig, die Vorderkammer vollkommen mit Blut ausgefullt, Amaurosis. Geringe Schmerzhaftigkeit. Rechtes Auge normal. Therapie und Decursus: Bettruhe, Verband. 22. December die Lider voll¬ kommen abgescliivollen, die Conjunctiva bulbi in der unteren Ilalfte collabirt, geringe Ciliariujection. Blut aus der Vorderkammer verSchvvunden. Iris ein wenig nach aussen oben verzogen, was nur an der Dislocation der Pupille nacli dieser Richtung hin bemerkbar ist. Pupille eng, reactionslos; verandert sich auch auf Atropin nicht. Keine Schmerzhaftigkeit. 2. Jiinner 1888. Bulbus vollkommen reizlos. Die obere Ilalfte der Conjunctiva bulbi ist chocoladebraun gefiirbt und liegt der Sclera fast vollkommen an. Nur der inneren Hiilfte der oben beschriebenen Abhebung durch eine Haemorrhagie entsprechend, ist die Bindehaut noch in der Grosse einer Erbse prominent. Diese Stelle ist auch resistent, aber nicht fluctuirend (subconjunctival luxirte Linse). 31. Jiinner. Der blasse Bulbus fiingt an kleiner, viereckig und vveicli zu werden. Die luxirte Linse hat an Volumen circa um ein Drittel abgenommen. In der oberen Hiilfte der Sclera bemerkt man circa 6 mm vom Hornhautrande entfernt eine mit demselben anniihernd parallel verlaufende, circa 10 mm lange lineare blau- schwarze Narbe, liber ivelcher die Conjunctiva gut verschiebbar ist. Iris hellgriin, Pupille eng. Bulbus iveich, amaurotisch, nicht schmerzhaft. Rechtes Auge normal. Patient wurde so aus der Behandlung entlassen mit der Weisung, sich von Zeit zu Zeit vvieder vorzustellen. Der Kranke kam am I. Marž, um mir mitzutheilen, dass er seit einigen Tagen zeitvveilig schlechter selie. Trotz aufmerksamster Untersuchung bei Atropinmydriase konnte nichts Pathologisches gefunden werden. S. 1. Am 3. Marž zeigte das rechte Auge Spuren von Ciliariujection und Lichtscheu. Ich fiihrte deslialb am selben Tage noch die Enucleatio bulbi sin. aus. Irotz dieses so raschen Eingreifens und eines diclit schliessenden Schutzverbandes konnte die sympatliische AlTection des rechten Auges leider nicht verhiitet vverden. Wenn das- selbe auch die folgenden Tage ganz reizlos blieb und die Pupille auf Atropin sich immer prompt erwSiterte, so war doch am 10. Marž die sympatliische Affection in 24 vollem Gange: intensive Ci iarinjection, griine Verfarbung der Iris, starkes Nebelsehen und Schmerzen. Weitere Details eruirte ich nicht, weil dies nur bei genauer Be- leuchtung moglich gewesen ware, und diesen gewiss schadlichen Einfluss des Lichtes vvollte ich so viel als moglich vermeiden. In diesem Falle hat sich die Dunkelcur im Vereine mit Atropin und Ung. cincr. c. Extr. Bellad. a d frontem glanzend bewahrt. Denn trotzdem der Kranke nach zwei Wochen (ara 24. Marž) gelegentlich des Ver- bandwechsels angab, kaum die Umrisse meiner Gestalt wahrnehmen zu konnen, erholte sich das Auge so weit, dass der Kranke ara 18. Mai 1888 geheilt entlassen wurde. Der Bulbus \var ganz reizlos. Die Iris hatte einen Stich ins Grunliche. Glaskorper rein, Opticus auffallend blass, Gefasse von normaler Fiillung. Dieser Zustand war derselbe geblieben, als Patient sich Ende August \vieder vorstellte. S. 6 /io J- N. 2. Dieser Fali hat in mehrfacher Beziehung mein Interesse an- geregt. Schon bei der Verletzung war es gewiss auffallend, dass trotz der intensiven Gewalt, welche die Sclera zum Bersten brachte und die Linse unter die Conjunctiva schleuderte, die Bindehaut in ihrer Continuitat keine Veranderung erlitt. Nicht nur die genaue Besichtigung der durch das Blut blasenformig abgehobenen Binde¬ haut Hess es erkennen, dass dieselbe nicht eingerissen sei, sondern auch der Umstand, dass die Linse sich nicht entleerte, sondern zwischen Sclera und Conjunctiva sitzen blieb, Hess darauf schliessen, abgesehen davon, dass nach Heilung des ganzen Processes die Bindehaut ober der scleralen Narbe verschiebbar war. Uebrigens ist dieser Beweis auch durch die anatomische Untersuchung des Bulbus zu erbringen, die ich in Ktirze zu verofifentlichen hoffe. Der vorliegende F ali besitzt aber auch eine grosse Bedeutung fur die Lehre von der sympathischen Afifection. Bekanntlich stehen sich gegenwartig zwei Ansichten iiber die Entstehungsart dieser furcht- baren Krankheit entgegen. Durch Deutschmanns Arbeiten haben die Anhanger der Theorie der Uebertragung der Krankheit durch die Ciliarnerven bedeutend an Zahl abgenommen. Aber mit Unrecht, wie mir scheint. Abgesehen davon, dass ganz gut ausgefiihrte mehr- fache Controluntersuchungen die Befunde Deutschmanns nicht be- stiitigen konnten, ist diese Arbeit selbst an mehreren Punkten sehr schwach fundirt, nicht nur durch Lticken in den Experimenten, sondern vor allem durch Unrichtigkeiten der Schlussfolgerungen. Wenn auch in neuester Zeit Untersuchungen angestellt worden sind, um zu eruiren, in vvie weit es moglich sei, dass Mikro-Orga- nismen durch an der Oberflache intacte Gevvebe, also vor allem trotz normaler Epithelbedeckung, in die Tiefe dringen konnen, so gehort zu dem Entstehen der sympathischen Affection durch das VVeitenvandern von Mikro-Organismen von einem Bulbus zum andcrn unbedingt eine Continuitatstrennung der Cornea oder Sclera, welche dann die Eingangspforte fur die betreffenden Coccen darstellt. Dieses Moment findet man stillschweigend auch in allen Buchern angenommen, aber nicht speciell hervorgehoben, sondern es wird eben von Laesionen der Iris und des Corpus ciliare bci Wunden der Cornea oder Sclera gesprochen als denjenigen Ursachen, welche sympathische Affection anregen. In unserem Falle war eine Ruptur der Sclera vorhanden, deren Lage nach man schliessen konnte und musste, dass gleichzeitig aucli das Corpus ciliare stark in Mitleiden- schaft gezogen war. Eine unverletzte Bindehaut bedeckte aber diese Trennung der Continuitat in der Sclera und schiitzte so das Innere des Augapfels vor dem Eindringen von septischen Stoffen. Und trotzdem ist sympathische Affection eingetreten, allerdings nur in jener Form, die man friiher als die serose Iridochorioiditis mit relativ giinstiger Prognose bezeichnete. Ein derartiger Fali spricht wohl sehr dafiir, dass die Ciliarnerven bei der Entstehung der sym- pathischen Ophthalmie eine grosse Rolle spielen. Iridochorioiditis suppurativa als Panophthalmitis, also Er- griffensein der Capsula Tenoni und des retrobulbaren Gervebes, kam dreimal zur Beobachtung, und zwar zweimal i nach Blattern und einmal nach Erysipel. In allen Fallen war keine Hornhautaffection vorangegangen, sondern es handelte sich um eine embolische sep- tische Chorioiditis. Eine mehrere Tage andauernde Iridoplegie fand sich bei zvvei Knaben von 15 und 17 Jahren, deren linkes, resp. rechtes Auge der Stoss eines Kuhhorns getroffen hatte. Der Zustand versch\vand vollkommen. Mydriasis kam zweimal zur Beobachtung. Der eine Kali betraf ein i8jahriges Madchen, bei dem ausser hochgradiger Chlorose nichts Pathologisches nachweisbar war. Alle therapeutischen Bc- miihungen blieben erfolglos. Einer Cur mit dem constanten Strom wollte sich die Kranke nicht unterziehen. Der zweite Fali betraf das rcchte Auge eines 30jahrigen Mannes, bei \velchem im Gegen- satze zu dem friiher erwahnten Madchen die Accommodation nicht in Mitleidenschaft gezogen war. Der Patient hatte nach einer Reihc von Blennorrhoen der Urethra einen heftigen Blasencatarrh zuriick- behalten. Von Lues \var nichts nachvveisbar. Nach Heilung des Catarrhus vesicae verschwand die Mydriasis plotzlich vollkommen, 26 nachdem sic friiher auf Eserin oder Pilocarpin nur auf einige Stun- den gewichea war. Diese Coincidenz scheint mir mit Wahrschein- lichkeit dahin zu deuten, dass hier eine reflectorische Storung im Bereiche des Oculomotorius vorlag. Von traumatischen Defecten der Iris kamen zwei selir lnibsche Falle zur Beobachtung. Eine 68jahrige Frau gab an, dass ihr vor mehreren Jahren ein IAemdkorper ins rechte Auge ein- gedrungen sei. Ich fand in der Iris des mit Cataracta hyper- matura behafteten Auges nach aussen oben in der Mitte der Vor- derflache zwei sebarfrandige, circa hirsekorngrosse Defecte. Nach der mit sehr gutem Erfolge ausgefiihrten Extractio Cataractae konnte man durch diese Liicken rothes Licht aus dem Fundus erhalten, ohne dass es gelungen ware, etwas von einem Fremdkorper zu entdecken. Der zweite Fali betraf das rechte Auge eines 43jahrigen Mannes. Der Kranke gab an, dass ihm vor cinigen Monaten bei seiner Schlosserarbeit ein Eisensttickchen in das rechte Auge ge- flogen sei und er seit dieser Zeit schlechter sehe. Ich fand in einem ganz reizlosen Auge nach aussen oben in der Iris, der Mitte ihrer Breite entsprechend, einen hirsekorngrossen Defect, in demsclben Meridiane eine hintere Synechie und gleichmassige, hellgraue Triibung der Linse. Die Lichtempfindung, mit Ausnahme deutlicher Unsicher- heit nach oben, prompt. Ich schlug dem Patienten die Operation vor, welche er nicht gleich vornehmen, sondern sich erst durch einige Zeit beobachten Hess. Nach drei Tagen zeigte sich am unteren Limbuš ein rostbrauner Fleck, der von Tag zu Tag grosser und deutlicher wurde, so dass am sechsten Tage die Diagnose fest- stand, dass der 1 'remdkdrper hier an die Oberflache drange. Leider wollte der Kranke von einer Operation nichts vvissen, so dass ich iiber den rveiteren Verlauf nicht berichten kann. Ruptura Chorioideae. Ein I7jahriger Viehhirt gab an, am 7. Juni 1888 von einer Kuh mit dem Horn gestossen worden zu sein. Am 8. Juni fanden sich an beiden Lidern und an der Binde- haut zahlreiche Blutunterlaufungen frischen Datums. Die Pupille des rechten Auges war starr und reagirte kaum auf Licht und Dun- kel. Aus dem Fundus war gar kein rothes Licht zu erhalten bei normaler Tension des Bulbus. Nach zwei Pilocarpin-Injectionen war der Glaskorper vollkommen aufgehellt und man sah nun folgende interessante Details: Die Papille vvar durch eine strahlige roth- 27 braune Haemorrhagie vollkommen gedeckt, und man konnte ihre Lage nur an dem Conflux der unter dem Extravasat herauskom- menden Gefasse diagnosticiren. Fast im ganzen Umkreise der Pa- pille war die Retina schmutziggrau und zeigte an mehreren Stellen zackige Risse, welche sich iiber das Niveau der iibrigen Netzhaut erhoben und stellenweise circa zwei Papillendurchmesser von dem Sehnervenkopf entfernt waren. Nach innen, schon im Gebiete der intacten Retina, befand sich eine vertical verlaufende, circa vier Papillendurchmesser lange Ruptur der Aderhaut. Der Kranke sah Bewegungen der Hand vor dem Auge. Fin Mann von 66 Jahren stellte sich mit einem Melanosar- coma bulbi sin. vor. Die zwei ausseren Drittel der Circumferenz der Cornea waren von mehreren bis zu erbsengrossen, schmutzig- braunen Tumoren besetzt; gleichartige Gebilde sah man durch die durchsichtige Cornea auch in der Iris und hinter der Pupille. Ziem- lich dem Aequator bulbi entsprechend in der ausseren Halfte der Sclera drangte sich ein haselnussgrosser tiefschwarzer Tumor hervor, dessen Oberflache bei Beriihrung leicht zu bluten begann. Patient verweigerte die Vornahme einer Operation. Congenitale Anomalien des Uvealtractus waren reichlich vertreten. Membrana pupillaris persistens in sechs Fallen, und zwar zweimal am rechten Auge und viermal am linken Auge (bei zwei Mannern und vier Weibern). Immer waren nur mehrere (zwei bis sechs) Faden vorhanden, welche den bekannten Verlauf be- sassen. In einem Falle war gleichzeitig Chorioiditis areolaris, in einem zvveiten eine vordere Polarcataracta vorhanden. Das Sehvermogen war ein relativ gutes. Korektopia (nach innen oben) sah ich bei einer mit seniler Cataracta behafteten Frau am linken Auge. Sechs Falle von Colobom der Uvea veroffentlichte ich bereits im Laufe des Jahres 1888 in der «Wiener allgem. medic. Zeitung» als «Beitrag zur Kenntnis der angeborenen Colobome des Uveal¬ tractus ». Diesen Fallen kann ich noch einige spiiter beobachtete hinzu- fiigen, und zwar: Mann, 23 Jahre: rechts Colobom der Uvea nach unten, links Phthisis bulbi (nach einer Verletzung). Mann, 35 Jahre: rechts Colobom der Uvea nach unten mit Mikrocornea, beiderseits abgelaufene Kerato-Scleritis. Madchen, 7 Jahre: Colobom der Uvea nacli unten ara linken Auge, rechtes Auge normal. Mann, 67 Jahre alt, beiderseits Colobome der Iris und totale Cataracta. Dieser Fali ist deshalb sehr interessant, v/eil beidc Augen mit einer kleinen Cornea ausgestattet waren, welche eine eiformige, mit der Spitze nach unten gerichtete Gestalt besass. Die Augen des an Tuberculose verstorbenen Mannes besitze ich und werde den anatomischen Befund gelegentlich publiciren. Kndlich ein 65jahriger Mann mit Goloboma maculae oc. sin. Die Gegend der Macula lutea ist von einem circa zwei Papillen grossen weissen Fleck eingenommen, der, eine kaum merkliche Ver- tiefung zeigend, von einem fein gezackten Pigmentsaume umgeben ist; dieses Pigment, ahnlich wie bei Retinilis pigmentosa gestaltet, reicht stellenweise auch in die Netzhaut. Im Gebiete der Colobome findet sich reichliche Gefasszeichnung. Das Auge, in geringem Grade mvopisch, ist nach aussen abgelenkt und erkennt nur mehr grosse Gegenstande. Glaucoma. Unter den scchs Fallen von Glaucom (1 Mann. 5 Weiber) war merkwiirdigerweise nur einer krainischer Abstam- mung, alle anderen waren Fremde; drei davon Semiten oder wenig- stens semitischen Ursprunges. Diese Disposition der Semiten zu Glaucom ist ja schon durch grosse Statistiken enviesen. Das Glaucom hatte in zwei Fallen nur ein Auge ergriffen. I11 drei Fallen var die Iridectomie schon vor langerer Zeit gemacht vvorden. An Glau¬ coma absol. waren sechs Augen schon erblindet. Glaucoma secundarium beobachtete ich nach Iridochorioiditis fiinfmal; nur zveimal jedoch liess die Iridectomie eine Aussicht auf Erfolg offen, vvas sich auch bestatigte. Wenn ich an dieser Stelle noch das Glaucoma simplex an- reihe, so geschieht es nicht deshalb, wcil ich es zum Glaucoma rechne. sondern \veil man dafur noch keinen bessern Namen ge- funden hat. Denn ebenso wie ich liberzeugt bin, dass das echte Glaucom nur durch Verschluss der Emissarien und darauf folgende Hyperaemia chorioideae entstehen konne, ebenso halte ich auch fest daran, dass das sogenannte Glaucoma simplex ein genuines Seh- nervenleiden ist, bei dem Drucksteigerung und jede Veranderung an der Pupille fehlt. Bei einem 6ojahrigen Manne war bei nor- malem rechten Auge trotz einer vor Jahren ausgefiihrten Sclero- tomie am linken Auge schon Erblindung eingetreten. Ein Mann von 29 83 Jahren, der am linken Auge eine fast totale Hornhautnarbe mit vorclerer Synechie und links totale Excavation des blassen Seh- nerven besass und nicht melir zur Selbstftihrung sah, bat mich flehentlich, sein linkes Auge zu operiren, trotzdem ich ihm — bei Fehlen jeder Drucksteigerung und weisser Papillc — davon abrieth. Nach der Iridectomie hatte der Patient Recht behalten; denn er verliess ohne Ftihrung das Spital, ganz sicher gehendl Wie in solchen Fallen die Iridectomie hilft, kann ich mir nicht erklaren. Die Fiillung der Gefasse der Netzhaut ist Veranderungen unter- worfen, die bisvveilen eine nicht zu unterschatzende VVichtigkeit besitzen, besonders dann, wenn sie bei unbestimmten subjectiven Beschwerden das einzige objective Symptom sind. Viermal konnte ich als Ursache der Hyperaemia retinae ubermassige Anstrengung der Augen bei kiinstlicher Beleuchtung constatiren; ein Patient, 27 Jahre alt, war hochgradiger Neurastheniker. Ein mit Netzhaut- hyperaemie behafteter Knabe von acht Jahren leidet seit Monaten an fast continuirlichem Kopfschmerz, ohne dass ein Herdsymptom nachzuweisen ware. Bei einer Frau von 54 Jahren war ausserdem noch geringes Oedem des Opticus vorhanden, welches auf regel- massige Dosen von Laxantien schwand. Eine bedeutende Hyperaemia retinae ist —• wie ich glaubc — eine \vichtige Veranderung; denn sic kann der Vorbote schwerer Processe .scin. Ich machte diese Erfahrung in zwei Fallen; eine Frau von 70 Jahren mit hochgra¬ diger Atheromatose der Gefasse des ganzen Korpers bekam nach einer mehrere Wochen dauernden Hyperacmie der Retina zahl- reichc spritzfdrmige Haemorrhagiae retinae; dasselbe ereignete sich bei einem Manne von 47 Jahren, bei dem ich kein Grundleiden nachzuweisen imstande war. Retinitis. Ich vvill hier nur jene Fallc ervvahnen, in \velchen die Entziindung der Netzhaut ganz rein auftrat, ohne — wenigstens im Anfange — sichtbare Mitbetheiligung der Aderhaut. Bei einem Manne von 25 Jahren war Lues die Ursache der Erkrankung, und die entsprechende Behandlung ergab auch ein glanzendes Resultat, namlich normale Sehscharfe. In vier Fallen (zwei Mtinner und zvvci VVeiber) waren bei Morlms Brightii reichliche Eiweissmengen im Ham nachweisbar, und beide Augen zeigten sich ergriffen. Besonders typisch war das Bild bei einem I7jahrigen Madchen; am rechten Auge war eine «Schmetterlingsfigur» vorhanden. welche weit iiber 3 « die Macula lutea hinausreichte; die Retina des linken Auges war von so zahlreichen Ilemorrhagien — manche bis zu Papillengrosse — durchsetzt, dass man nur wenige Flecke normaler Netzhaut sah. Die Kranke starb nach einem uraemischen Insulte. Amotio retinae. Nordenson’s vor einiger Zeit erschienene Arbeit iiber Netzhautabhebung hat hoffentlich endlich der Ver- wirrung der Vorstellungen Liber diesen Gegenstand ein Ende ge- macht. Denn alle die in den letzten zehn bis fiinfzehn Jahren auf- gestellten Theorien iiber die Entstehung einer Abhebung der Netz¬ haut haben die mechanischen Momente und vor allem die so wich- tige Rolle des Glaskorpers ganz ausseracht gelassen. Mit solehen unrichtigen Pramissen denkend, hat man sich dann gevvundert, dass die operative und die medicamentose Therapie der Amotio retinae iiberhaupt ohne Erfolg ist! Hoffentlich wird man nun beginnen, der pathalogischen Be- schaffenheit des Glaskorpers als Ursache zahlreicher Netzhaut- abhebungen immer zu gedenken. Derartige Amotiones retinae sah ich in drei Fallen bei iilteren Individuen, zweimal die untere, einmal die obere Halfte der Retina einnehmend. Immer waren gleichzeitig GlaskorpertrLibungen nachweisbar. Zvveimal war hochgradige Myopie die Ursache der Netzhautabhebung, in zwei anderen Fallen war der Erblindung durch Amotio retinae ein Schlag aufs Auge voran- gegangen. Selbst die sorgfaltigste Untersuchung konnte keine Rup- tur der Netzhaut oder dergleichen nachweisen. Es mag sich hiebei wohl um ein rasch entstandenes Extravasat, von der Aderhaut ausgehend, gehandelt haben. Beidemale war es die innere Netz- hauthalfte des linken Auges, die, ganz weiss, bei Bewegungen des Bulbus lebhaft flottirte. Bei einer 66jahrigen Frau war trotz nor¬ maler Tension der Verdacht auf Tumor gerechtfertigt; denn am rechten Auge war die Netzhaut innen unten knapp hinter dem Corpus ciliare in der Grosse einer Bohne abgehoben und von dunkel- rothbrauner Farbe. Die Kranke hat sich seit der ersten Unter¬ suchung nicht vvieder vorgestellt. Ich will gleich hier im Anschlusse an die Netzhautabhebung nochmals die Rup tur der Netzhaut envahnen, welche ich oben schon beschrieben habe. Retinitis pigmentosa. Im ganzen kamen vier Falle zur Unter¬ suchung, von denen einer (ein 64jahriger Mann) trotz der typischen Form an der Peripherie doch nicht als rein anzusprechen sein wird, weil er auf beiden Augen um die Papille schone chorioidi- 3 1 tische Plaques zeigte. Die anderen waren auch Manner im Alter von 30, 40 und 62 Jahren. Die Eltern der Betreffenden waren nicht blutsvervvandt gewesen; dagegen war der 30jahrige Mann sammt zwei jiingeren gut sehenden Briideru taubstumm, bei sehr gut ent- wickelter Intelligenz. Das Gesichtsfeld aller Kranken war concen- trisch eingeengt, in einem Falle sogar bis auf io°. Stauungspapille (Papillitis). Es ist gewiss des Guten zu viel getban, wenn man Dinge, die sclion vor langerer Zeit eine richtige und zutreffende Erklarung gefunden haben, jetzt mit dem Einflusse von Mikro-Organismen erklaren will. So war es sehr gut, dass Manz die Ansicht Deutschmanns, der die Stauungspapille auf VVanderung von Mikro-Organismen langs des Opticus erklart, be- kampft. Es kann hier nicht der Ort sein, auf die Details dieses trefflichen Aufsatzes von Manz einzugehen. Ich will hier nur cinen Fali aus meiner Praxis anfiihren, der auch im allgemeinen sehr bemerkenswert ist. Herr F. L., Kaufmann, 24 Jahre alt, kam am 19. Februar 1888 in meine Ordination \vegen zeit\veiligem schlechten Selien. Ich fand H. tot. i-j D. oc. d. und H. tot. 2 D. oc. sin. bei normaler Sehscliarfe; wegen seiner leichten Ermiidung beim Arbeiten ordinirte icli ibm ein Convexglas o 1 75 D. Die starke Fiillung der Netz- hautgefiisse veranlasste mich, den Kranken naher zu untersucben, und ich erfuhr nun, dass er haufig an so intensiven Kopfschmerzen leide, dass er an dem betreffenden Tage arbeitsunfahig sei. In jiingster Zeit verscbaffte ibm Antifebrin bisrveilen Er- leicbterung. Im Harne land ich nichts Abnormes, von Lues war nichts nachweisbar. Am 26. Marž kam der Kranke in einem verzrveifelten Zustande zu mir: Ein conti- nuirlicher Schiittelfrost liess ihn kaum sprecben, dabei waren seine Gesicbtsziige voli- kommen verfallen. Dieser Zustand dauerte bei fortwahrendem Brecbreize seit circa 3 Stunden, und seit dieser Zeit šali er auch schlechter. Die Augenspiegeluntersuchung ergab beiderseits ungeheure Fiillung der Gefasse der Netzhaut und eine Schwellung der Papille des linken Auges, so zwar, dass, wabrend die angrenzende Netzhaut eine II. von 2 D. zeigte, der Gipfel der Papille 3 D. H. entsprach. Gleiclizeitig waren die Rander in geringem Grade verwascben. Der Patient wurde nun in eine Privat- beilanstalt uberfulirt. Herr Primarius Dornig, der ilrn daselbst weiter behandelte, tbeilte mir mit, dass zu den schon bestandenen Zeichen meningealer Reizung auch nocb eine durch drei Tage dauernde Nackenstarre hinzugetreten sei. Die Kopf- scbmerzen dauerten in gleicher Heftigkeit weiter, obne dass das Sensorium getriibt gewesen wiire oder irgend ein Nerv pathologiscb functionirt batte. Nur die con- tinuirlicbe Application des Eisbeutels auf den Kopf machte den Zustand halbrvegs ertraglich. Als nach seinem Austritte aus dem ICrankenliause der Patient sich mir am 8. April wieder vorstellte, war die Stauungspapille auf beiden Augen entvvickelt und in beiden Netzhauten an deren Peripherien eine nicht geringe Anzahl spritz- formiger Blutaustritte zu selien. Dieser Befund bestarkte mich nocb mehr in meiner urspriinglicben Diagnose Tumor cerebri oder ivenigstens in der Annahme des Vorhan- denseins einer im Innern der Schadelhohle zur Entvvickelung kommenden raum- verengenden Masse. Als aber am 13. Mai der Kranke sich abermals mit dem Augen- spiegel untersuchen liess, war nicht nur die Hyperaeinia retina e , sondern auch die Staimngspapille beiderseits geschvvunden, und der ganze Fitndus war vollkommen normal. Wahrend der Abfassung dieses Berichtes wurde ich Anfangs December zu dem Kranken gerufen, um eine Spiegeluntersuchung vorzunehmen. Er theilte mir bei dieser Gelegenheit mit, dass er seit vier Wochen wieder an den heftigsten Kopf- schmerzen leide. Ich fand eine beiderseitige Papillitis und Hacmorrhagiae retinae sin. Der Tumor wird in diesem Falle bei Fehlen jedes Herdsymptoms in einem der Seitenventrikel waclisen. Fast alle jene Falle, welche man friiher unter dem Namen «Amblyopia ohne Augenspiegelbefund* zusammengefasst bat, be- zeichnet man gegemvartig mit richtigerem Namen Neuritis retro- bulbaris, Entziindung des Sebnervenstammes. Die Ursachen kon- nen sehr mannigfaltig sein. wie die nun folgende Zusammenstellung zeigen wird. Man rechnet conventionell hieher jene Falle nicht, welche scbon Verblassung des Opticus zeigen. Subjectiv findet sich eine ver.schiedengradige Herabsetzung der centralen Sehscharfe und bei manchen Formen geradezu typische Veranderungen am Ge- sichtsfelde. Aber auch objectiv kann man bisweilen Veranderungen in der Fiillung der Gefasse und Oedeme oder selbst Exsudationen in der Maculagegcnd und fast immer Anomalien der Pupillengrosse nachweisen. Ein 3 ijahriger Locomotivfiihrer befand sich im Februar 1887 auf einer Locomotive, deren Kessel explodirte. Ohne eine Verletzung davongetragen zu haben, war er durch mehrere Stunden bevvusstlos, ware aber dann kraftig genug gewesen, seinen Dienst \veiter zu versehen, wenn nicht das Sehvermogen rapid abgenommen hatte, so dass der Kranke am 9. November nur mehr mit Muhe Bewe- gungen der Hand unterscheiden konnte. Die Pupillen waren vveit, starr; die Medien rein, das Pigment in der Gegend der Macula lutea stark zerworfen, die Papille aber und die Bevvegungen der Augen waren ganz normal. In diesem P'alle kann durch die Erschiitterung bei der Ex- plosion entweder eine indirecte Verletzung des Opticus oder aber eine Laesion der Rinde des Hinterhauptlappens (Munk’s Sehcentrum) stattgefunden haben. Am 27. November stellte sich in meinem Ambulatorium eine 29 Jahre alte Frau vor, welche angab, seit einigen Wochen immer schlechter zu sehen, und bezeichnete als Ursachc haufige Schlage 33 auf den Kopf, welche sie von ihrem Manne erhielt. Ausserdem gab sie an, an profusen Menses zu leiden. Das Sehvermogen war thatsachlich ziemlich gesunken; denn bei normalen Papillen und geringer myopischer Einstellung hatte die Kranke am R. A. S 6 / eo Ig. N. 8 und am L. A. S */ S6 un< I Ig- N- 6, ohne dass eine Correctur moglich gewesen ware. Das Perimeter zeigte ein normales Ge- sichtsfeld, bei Atropinmydriase fand ich ausser einzelnen Glaskorper- triibungen nur deutliche Hyperaemia maculae. Die Frau war im iibrigen, abgesehen von ihrer deprimirten Gemiithsstimmung, ganz gesund. Ein 28jahriger Landwirt kam am 17. August zu mir mit der Klage, dass er seit drei Monaten alle von rechts kommenden Dinge erst dann sehe, wenn sie un- mittelbar vor ihm standen. Bei prompt reagirenden Pupillen, aber deutlicher Hyper- aemia maculae war das centrale Sehvermogen ein normales; dagegen felilte im Ge- sichtsfeld des R. A. die aussere und in dem des L. A. die innere Halfte bei deutlicher concentrischer Einschrankung des erhaltenen Theiles des Gesichtsfeldes. Das Farben- Empfindungsvermogen war intact. Der Patient erzahlte mir, dass er seit zehn Jahren an Tuberculose des Larynx leide, die bedeutende Deformationen der Epiglottis und der hinteren Larynxwand gesetzt hat, die aber, Dank einer sehr rationell geleiteten Behandlung von Seite renommirter Specialisten in Wien und Graz, auf ein ertragliches Mass herabgedriickt wurden. In Rlicksicht auf die gleichzeitig vorhandene Injiltratio apicis pulmonum war natiirlich an eine eingreifende Behandlung nicht zu denken. Der Kranke begab sicli daher wieder in einen klimatischen Curort, wo er mit reichlichen Jodoformeinbla- sungen in den Kehlkopf behandelt wurde. Als er vor einer Reise nach Sicilien, wo er den Winter zuzubringen gedenkt, mich Anfangs November wieder aufsuchte, waren vvir beide freudig uberrascht, zu finden, dass beide Gesichtsfelder in der ausseren, resp. inneren Halfte normal geworden waren und dass, wenn die Hemianopsie auch noch andauerte, doch schon ein ganzer Halbkreis im Gebiete von 60 bis 70 0 am Perimeter in dem friiheren Defecte wieder als functionstiichtig zu finden vvar. Das laryngoskopische Bild war sich gleich geblieben. Nachdem fiir eine andere Ursache der Hemianopsie kein An- haltspunkt zu finden war, so bleibt in diesem Falle nichts anderes iibrig, als an einen tuberculosen Process zu denken, und zwar im linken Tractus Opticus vor der Durchkreuzung im Chiasma. Dass nach einiger Zeit des Bestandes des Leidens in dem friiheren Defecte wieder functionstiichtige Stellen auftreten, glaube ich damit erklaren zu konnen, dass der Opticus einem langsam anwachsenden Processe, z. B. Tumor, sich bis zu einem gewissen Grade adaptirt. Vielleicht den grossten Procentsatz unter der Neuritis retro- bulbaris liefern aber jene Kranken, die in iibermassiger Weise dem Rauchen und Trinken ergeben sind, so das eine Amblyopia pota- 3 34 toria aut tabacica entsteht. Nur in weit vorgeschrittenen Fallen findet man objectiv eine Veranderung (Verfarbung der Papille ver- scbiedenen Grades). In der Regel sucht man vergebens nach einer Veranderung im Fundus oculi. Sie sind der Typus jener Erkrankung, welche man friiher als Amblyopie ohne ophthalmoskopischen Befund bezeichnet hat. Ich hatte Gelegenheit, 17 solcher Falle zu sehen und genau zu beobachten. Es waren dies eine Frau von 35 Jahren und 14 Manner im Alter von 39 bis 5 2 Jahren. Bei einigen war die Sehscharfe bis auf Fingerzahlen unmittelbar vor dem Auge gesunken; mit Ausnahme zweier Falle fehlte die Empfindung fiir Roth und Griin vollkommen oder war wenigstens sehr unsicher, und bei allen war melir oder weniger deutlich das centrale Scotom fiir Roth oder Griin entwickelt. Die Peripherie des Gesichtsfeldes hatte nur in einem Falle merklich gelitten. Ein Fali war durch das gleich- zeitige Vorhandensein von Diabetes complicirt. Zur Aniblyopia ex Neuritide retrobulbari muss ich auch noch einen Fali rechnen, wo nach einer vor 16 Jahren bestandenen Lues schlechtes Sehvermogen eintrat mit starker Einschrankung des Ge¬ sichtsfeldes. Nach entsprechender Behandlung vvurden Sehvermogen und Gesichtsfeld ganz normal. Die so seltene Amblyopia fugax, das sogenannte Flimmer- scotom, sah ich nur bei zwei Fraulein im Alter von 17 und von 19 Jahren. Beide waren anaemisch und schwachlich, besonders zur Zeit nach den sehr profusen Menses. Der Gesichtsfelddefect dauerte mit wechselnder Intensitat des Farbensehens circa eine halbe Stunde, jedoch waren die Kranken dann den ganzen Tag sehr matt. Nach einer mehrere Monate durchgefiihrten roborirenden Diat wurden die Anfalle viel seltener. Hier muss ich auch eines Falles emahnen, den man nur wegen des raschen Verschwindens der Amblyopie als « fugax » bezeichnen kann. Eine sonst ganz gesunde 22jahrige Dame, die vor zwei Jahren an Hysteria gelitten hatte, bemerkte eines Tages plotzlich, dass sie mit dem rechten Auge fast nichts mehr sehe. Eine augenblicklich vorgenommene Spiegeluntersuchung ergab nur ein negatives Re- sultat. Ich verordnete Bromnatrium. Am anderen Tage S B / 36 , am dritten Tage S a / 0 !! Ich bin weit davon enfernt, dem Bromnatrium diese Wunder- wirkung zuzuschreiben. 35 Atrophia nervi optici. Der altgewohnten Eintheilung folgend, will ich zuerst die Falle genuiner, reiner Atrophie des Sehnerven anfiihren: Vier Manner im Alter von 46 bis 61 Jahren und drei Weiber im Alter von 26 bis 62 Jahren. Bei den Mannern war die Erkran- kung auf Tabes zuriickzufiihren, bei zwei Frauen auf Lues und bei einer 4qjahrigen Frau auf allgemeine, plotzlich eingetretene Anaemia ex haemorrhagia ex utero post parfum. Mannigfaltiger gestalteten sich die Momente bei dem ent- ziindlichen 'Schwunde des Sehnerven. In manchen Fallen war die weisse Papille noch etwas geschwollen, meistens aber war die Diagnose der vorangegangenen Neuritis optici nur mehr aus der unregelmassigen und verwaschenen Begrenzung der Papille zu machen. Bei drei Kindern im Alter von 1 ’/ 8 bis 5 Jahren war bei completem Sehnervenschwund beider Augen und Amaurosis Schadel- deformitat vorhanden, zweimal Spitzkopf, einmal exquisiter Thurm- schadel, ein Umstand, auf welchen Hirschberg schon vor einiger Zeit hingewiesen hat. Es ist klar, dass dies eine descendirende Neuritis optica gewesen ist. Bei zwei Mannern im Alter von 39 und 45 Jahren und einer 63 Jahre alten Frau war bei sehr herab- gesetzter Selischarfe Lues zu eruiren. Eine 2ijahrige, kraftige Frau bemerkte nach einem Puerperium rasche Abnahme des Seh- vermogens. Als ich sie zu untersuchen Gelegenheit hatte, war schon vollstandige Amaurosis vorhanden. Bei einem 70jahrigen, taub- stummen Manne waren beide Optici hellweiss bei vollkommener Amaurosis, ohne dass ich einen Grund fiir die Entstehung der zehn Jahre alten Blindheit hatte finden konnen. Ein I9jahriges Madchen hatte nach einer Meningitis unbekannten Ursprunges an den ganz hellweissen Papillen die Schwellung derselben sehr lange behalten. Als diese geschwunden war, besserte sich das Sehvermogen ohne specielle Therapie von Tag zu Tag, so dass sie, die friiher gefiihrt werden musste, jetzt wieder weibliche Handarbeiten verrichten kann. Ein kraftiger Mann von 56 Jahren hatte einen kleinen apoplektischen Insult erlitten. der sich in einer nur zwei Stunden dauernden Sprach- storung und auch rasch voriibergehenden Schvvache der rechten Hand ausserte. Sechs Wochen spater nahm das Sehvermogen des rechten Auges rapid ab, so dass Patient bei blasser Papille nur mehr Finger in 6 m zahlte. Nach dreimonatlichem entsprechenden diatetischen Regime war das Sehvermogen S tt / 9 . 3* Ueber Hemeralopie klagten eine Reihe von Patienten mit Erkrankungen der Peripherie der Ader- und Netzhaut. Bei man- gelndem objectiven Befunde fand sich diese Sehstorung bei vier Mannern im Alter von 21 bis 65 Jahren ohne nachweisbare Ursache. Alle hatten exquisite Xerosis conjunctivae. Chorioiditis, Retinochorioiditis. Die enge Zusammengehorig- keit der Chorioidea und Retina bringt es mit sich, dass nur in ganz frischen Fallen die Entscheidung sicher zu trefFen ist, von welcher dieser Schichten des Auges der Process ausgeht; nacli einigem Bestande sind immer mehr oder weniger beide ergriffen. Ich will zuerst jene anfiihren, bei welchen ein aetiologisches Moment nachweisbar war, aber die mit Myopie zusammenhangenden vor- laufig nicht beriicksichtigen. Fiinf waren Theilerscheinung von Lues (drei Manner und zwei Weiber). Die Falle gaben die besten Heilungsresultate, indem drei wieder normale und zwei fast normale Sehscharfe bekamen. Eine Frau von 21 Jahren hatte nach einem schweren Puerperium an- gefangen schlechter zu sehen. Viermal war die Macula lutea eines Auges von einer Entziindung mit nachtraglicher Pigmentanhaufung ergriffen, ohne dass eine Ursache zu eruiren gewesen ware. Alle iibrigen vierzelm Falle vvaren einander ganz gleich, die bekannte disseminirte areolare Form, bei welcher oft bis zu papillen- grosse Plaques iiber den ganzen Fundus ziemlich gleichmassig aus- gebreitet sind. Die Kranken, die Frauen weitaus in der Mehrzahl, standen im Alter von 20 bis 64 Jahren; fast immer waren beide Augen ergriffen, und nie war eine Ursache nachzuweisen. Die An- gaben der intelligenteren dieser Kranken, welche dahin lautetcn, dass sie nie ordentlich gesehen hatten, im Vereine damit, dass bei zweien sich Reste von Pupillarmembran vorfanden, lassen den Schluss gerechtfertigt erscheinen, dass man es hier mit einer con- genitalen Erkrankung zu thun habe. Markhaltige Opticusfasern fanden sich in vier Fallen und vvaren in sonst ganz normalen Augen vorhanden, immer hart an die Papille anschliessend. Das Sehvermogen war durch sie nicht beeintrachtigt. Ein prachtvolles Coloboma vaginae nervi optici fand ich zufallig bei einem 3ojahrigen Manne, der als Begleiter seines augen- kranken Kindes iiber schlechtes Sehvermogen ldagte. Leider wollte er von einer genauen Untersuchung nichts vvissen. 37 — Staphyloma posticum. Es ist in den letzten Jahren genugsam darauf hingewiesen worden, dass das, was Scarpa als Staphyloma posticum beschrieb, beiweitem nicht zusammenfallt mit jenem Aus- drucke, der sich in die Oculistik der Neuzeit eingeschlichen hat. Els ist gewiss das einzig Richtige, bei Vorhandensein der bekannten, an die Papille sich anschliessenden Atrophie der Chorioidea von einer Sichel oder einem Conus zu sprechen. Ebenso ist man endlich sicher geworden, dass der Conus keineswegs einzig bei Myopie vorkommt, und hat andererseits gefunden, dass seine Stellung — besonders die nach unten — in enger Beziehung mit anderen Ano- malien des Auges, vor allem jenen der Refraction steht, und dass man es hier nur mit einer Verbreiterung des Bindegewebsringes des Opticus zu thun habe; die damit eventuell gleichzeitig vorkommende Veriinderung im Intervaginalraum hat nur bei Myopie eine Bedeu- tung. Die Sichel besitzt aber vom Standpunkte der Aetiologie einen verschiedenen Wert nach der Richtung, in vvelcher sie sich der Papille anschliesst. Der nach unten gerichtete Conus hangt mit der foetalen Augenspalte zusammen, und damit ausgestattete Augen haben nie normale Sehscharfe, auch nicht nach Correction der Refractions- Anomalie, und nicht selten ist gleichzeitig die Papille abnorm geformt oder selbst Astigmatismus vorhanden. Der Conus nach aussen ist auf mechanische Momente zuriickzufiihren. Trotz der mehrfachen anderen Erklarungen halte ich noch immer an den vor mehreren Jahren schon ausgesprochenen Ansichten fest, dass es sich bei der Sichel nach aussen um eine durch tibermassige Contraction des Rectus internus entstandene Zerrung des Bindegewebsringes handle. Dies ist bei myopischen Augen mit ihrem geringen Fernpunkte leicht erklarlich; besonders auffallend ist es bei Strabismus convergens, bei welchem man nicht selten eine Sichel nach aussen findet; ebenso bei Maculae corn. oc. utqu. ohne Myopie, weiters bei hoher PI oder Anisometropie, alles Zustande, bei welchen das betreffende Indi¬ viduum bei Nahearbeit die Gegenstande sehr nahe an das Auge heranriicken muss. Ich finde in meinem Protokoli (abgesehen von M) bei eilf F"allen speciell die Sichel nach aussen bemerkt. Das jiingste Indi¬ viduum davon war zwolf Jahre alt. Die begleitenden Umstande habe ich in den obigen Zeilen angedeutet. Das Vorhandensein einer mit dem vorgeschrittenen Alter in Zusammenhang stehenden Linsentriibung, Cataracta senilis, wurde 3 » in 119 Fallen constatirt, und zwar war es 67mal Cataracta inci- piens, 27mal Cataracta immatura, i8mal Cataracta matura und 7mal Cataracta hypermatura. Mit Ausnahme von acht Fallen war der Staar beiderseits entwickelt. Die Cataracten zweier alterer Leute waren complicirt, und zwar bei einem 46jahrigen Manne durch Atropina nervi opt. ex Tabe und bei einem 45jahrigen Manne durch Zerreissen der Zonula nach einem Trauma, so dass beide Linsen schlotterten und am linken Auge auch die Lichtempfindung fast ganz erloschen war. Endlich mochte ich noch erwahnen, dass in drei Fallen hohe Myopie vor- handen war. Wenn man auch vveiss, dass die Trtibung der Linse in Ver- anderungen des Epithels der Kapsel ihren Grand hat, ist doch die Ursache dieser Ernahmngsstdrung nicht aufgeklart, trotz der nicht kleinen Anzahl von Theorien dariiber. Eine grosse Reihe von Unter- suchungen bestimmt mich, meine Meinung dahin auszusprechen, dass die Staarbildung alter Leute zusammenhangt mit seniler Atrophie der Gefasse an der Peripherie der Retina und Chorioidea, die fiir die Ernahrung der Linse in- direct gewiss eine grosse Rolle spielen. Fiir diese Ansicht spricht auch die Cataractbildung bei Reti- nitis pigmentosa, Atrophia retinae in peripheria p. retinockorioiditidem und dergleichen. Alle iibrigen Details will ich gelegentlich der Schilderung der Operationen anfiihren. Cataracta secundaria p. extractionem sah ich in sieben Fallen, welche wegen der Sehstorung meine Plilfe in Anspruch nahmen und bei denen ich auch dann die entsprechende Nachoperation ausfiihrte. Cataracta secundaria nach Discissio cataractae perinuclearis fand ich bei einem Knaben von 14 Jahren und einem Madchen von 12 Jahren. Im letzteren F'alle war im linken Auge die Membran eine so dichte, ltickenlose, dass nur eine Iridectomie Aussicht auf ltrfolg versprach, so dass ich den Rath ertheilte, mit dieser Ope- ration noch zu warten, bis das Kind mehr herangewachsen sei. Die so seltene und rathselhafte Cataracta punctata sah ich nur bei einer 32jahrigen Frau auf beiden Augen. Die punktformigen, nur mit dem lichtschwachen Spiegel sichtbaren Triibungen waren in den tieferen Schichten der Corticalis zerstreut. 39 Cataracta polaris anterior war in allen meinen Fallen con- genital. Zvveimal fand sie sich nur am rechten Auge. Bei einem Manne von 40 Jahren war vordere Polarcataract eine Complication von Retinitis pigmentosa. Cataracta polaris posterior ist fast immer eine Begleitungs- erscheinung von Erkrankungen des Fundus. In den von mir beob- achteten drei Fallen war sie zweimal bei hoher M (5 D und 20 D) auf beiden Augen vorhanden. Das linke Auge eines 20jahrigen Madchens mit Cataracta polaris posterior war infolge von Retino- chorioiditis vollkommen erblindet. Cataracta perinuclearis (zonularis). Bei drei Individuen (M. von 9 und 17 Jahren, W. von 11 Jahren) war der Schichtstaar beiderseits vorhanden. Alle drei Kranke trugen die deutlichsten Zeichen der Rhachitis an sich. Zwei davon, die sich zur Operation entschlossen, haben nach Discissio sehr giinstiges Sehvermogen. Cataracta accreta. Mit Ausnahme zweier Knaben von 10 und 16 Jahren war dieser Staar nur auf einem Auge vorhanden. Dreimal war er die Folge einer Verletzung des Auges, und dreimal hatten die betreffenden Kinder in den ersten Tagen des Lebens an heftigen Convulsionen gelitten. Die darauf folgende Iridocho- rioiditis fiihrte wie immer — auch in diesen Fallen — vollkommene Erblindung herbei. Der junge Mann von 16 Jahren soli mit Cata¬ racta accreta geboren worden sein, wofiir auch sprach, dass er exquisiten beiderseitigen Mikrophthalmus hatte. Cataracta traumatica. Zweimal war eine Stichverletzung die Ursache. Bei einem 43jahrigen Manne war der Dorn eines wilden Rosenstrauches in der Cornea stecken geblieben und hatte auch die Linsenkapsel durchbohrt. Hieher gehort auch jener Fali, der gelegentlich der Defecte der Iris genauer beschrieben wurde. Opacitates corporis vitrei. Abgesehen von den bei Myopie und entziindlicher Affection der Uvea oder Retina vorgekommenen Triibungen des Glaskorpers, will ich nur zwei Falle anfiihren, die mir ihrer Genese wegen bemerkenswert erschienen. Sie waren Folgen von Blutungen in das Corpus vitreum, deren Residuen man noch deutlich nachweisen konnte. Beide Patienten, im Alter von 56 und 57 Jahren, litten an hochgradiger Atheromatose der Gefasse. Recente Haemorrhagien in den Glaskorpern sah ich dreimal. Der auf eine Verletzung zuriickftihrenden erwahnte ich bereits bei der Ruptura cliorioideae. Die anderen betrafen beide Augen eines 40 sonst ganz gesunden Mannes von 25 Jahren und das linke Auge eines 57jahrigen Mannes. Bekanntlich ist man iiber das aetiologische Moment von Glaskorperblutungen gerade bei jugendlichen Individuen noch recht im unklaren, trotzdem die Literatur nicht wenige Publi- cationen iiber dieses Thema besitzt. Auch bei diesem jungen Manne konnte ich keinen Grund fiir den Austritt der den Glaskorper diffus durchsetzenden Blutmenge finden. Schon nach drei Pilo- carpin-Injectionen war der Glaskorper so aufgehellt, dass man die Papille verschwommen sehen konnte. Leider wollte sich der Kranke nicht weiter behandeln lassen. In dem zweiten Falle (Mann von 57 Jahren) bemerkte der Kranke nach einer heftigen Gemiiths- erregung eine plotzliche Verdunkelung des linken Auges und war von diesem Augenblicke an nur mehr imstande, Licht und Dunkel zu unterscheiden. Bei prompt reagirender Pupille war die Spannung ganz normal und auch keine Einschriinkung des Gesichtsfeldes nach- weisbar. Alle therapeutischen Versuche, Pilocarpin zur Diaphorese und Inunctionscur, waren ganz vergeblich. Die schwarze Masse hellte sich wohl so weit auf, dass sie dunkelgranatbraun wurde, aber auch nicht mehr. Arteria hyaloidea persistens. Der Giite der Herren Oberstabs- arzt Tonner und Stabsarzt Uriel verdanke ich es, diesen Fali, einen Rekruten, gesehen zu haben. Von der Mitte der rechten Papille eines hochgradig kurzsichtigen Auges stieg ein ziemlich derber Strang durch die Mitte des Glaskorpers bis gegen die hintere Linsenflache. Der der Papille zunachst gelegene Theil war braun- roth gefarbt, im Gegensatz zu dem im iibrigen grauweissen Strange, so dass es schien, als ob der rtickwartigste Theil noch mit Blut gefiillt sei. Im aufrechten Bilde konnte man unmittelbar hinter der Linse eine ziemlich reichliche Verzvveigung grauweisser Faden sehen, welche die Auslaufer des von der Papille aus durch den Glas¬ korper ziehenden Stranges darstellten. Bemerkenswert erscheint es mir, dass mit dem centralen Strange im Glaskorper einzelne Binde- gewebssepta im Zusammenhange standen, welche sich aus verschie- denen Stellen des hinteren Abschnittes des Augapfels erhoben. Solche Falle wie der vorliegende werden einmal — in grosserer Anzahl gesammelt — die Frage losen konnen, wie das venose Blut abgefiihrt wird, nachdem es nur eine Arteria und keine Vena hya- loidea gibt. Ich glaube, die Antwort kann nur dahin lauten, dass das Blut durch Communication mit den sogenannten Glaskorpergefassen aus dem Auge geschafft wird. 4i Atrophia und Phthisis bulbi waren 23mal vorhanden, und zwar bei 15 Mannern und 8 Weibern. Dieses Ueberwiegen der Manner erklart sich wohl daraus, dass sie viel leichter Ver- letzungen ausgesetzt sind. Einmal fand sich der Zustand beider- seitig nach vor mehreren Jahren versuchter Eztractio cataractae, einmal war der Zustand congenital. Mikrophthalmus congenitus sah ich — immer beiderseits — in drei Fallen. Der eine hatte noch dazu auf einem Auge Coloboma iridis und der zweite auf beiden eine geschrumpfte Cataracta. Morbus Basedowii fand ich bei zwei Madchen von 16, resp. 18 Jahren mit allen typischen Zeichen, nur suchte ich wieder ver- gebens die so vielfach und oft beschriebenen Pulsphanomene im Fundus ocidi, die ich noch nie gesehen habe. Unter roborirender Therapie und Luftveranderung wurden beide Falle gut, was be- sonders bei dem einen staunenswert war, nachdem das betreffende Fraulein im Hohestadium der Erkrankung das Bett nicht verlassen konnte. Exophthalmus post trauma. Der nun zu ervvahnende Fali wurde mir von einem Herrn Collegen vom Lande zur Begutachtung geschickt. Fin kraftiger I9_jahriger Bursche erlitt am 19. Juli 1888 bei einer Rauferei einen Schlag auf den Kopf. Ohne dass eine Storung zu bemerken gewesen ware, ging der Mann seinem Berufe (Schmied) nach. Unmittelbar nach der Verletzung soli — ohne Bewusstseins- storung — der Puls etwas verlangsamt gewesen sein. Am 1. August 1888 bemerkte man einen linksseitigen Exophthalmus. Als ich am 6. August den Kranken zum erstenmale sah, fand ich einen sehr deutlichen Exophthalmus und Hyperaernia retinae sin. Die Be\veg- lichkeit des Bulbus war nicht gehindert, auch keine Doppelbilder vorhanden. Der Patient konnte nicht lesen und war auch so wenig intelligent, dass alle anderen Proben fruchtlos blieben. Der ganze Zustand lasst sich wohl nur durch eine im Gefolge der Verletzung entstandene Periostitis und Ostitis der Orbitalknochen mit Verdickungen erklaren. Pulververletzungen des Auges. Nachdem hierzulande bei feierlichen Gelegenheiten das Schiessen mit Pollern sehr im Schwunge ist, so hatte ich fiinfmal die Gelegenheit, ganz recente Verletzungen nach ExpIosionen von Pollern zu sehen. Die Reaction der Haut des Gesichtes richtete sich natiirlich nach der Menge der eingesprengten Schiesspulverkorner. In der Regel waren Augenbrauen und Wim- 42 pern verbrannt. Der vordere Bulbusabschnitt war mit Pulvcrkornern immer reichlich bedacht; in einem Falle waren in der Conjunctiva bulbi und in der Cornea jedes Auges mehr als 30 Kornchen ein- gesprengt, Ich entfernte immer nur die im Centrum der Hornliaut sitzenden, weil ja bekanntlich Pulver in der Cornea ganz gut ein- heilt und man mit dem Herauskratzen der tief eingebrannten Kohlen- stiickchen doch einen betrachtlichen Reiz erregt. Die in der Con¬ junctiva bulbi befindlichen lassen sich wegen ihrer innigen Verbin- dung mit dem Gewebe nicht loslosen. In einem Falle war ein grosses Stiick der Bindehaut des Augapfels verbrannt, und die Pulverkorner sassen in der Sclera, aus welcher sie sich leicht ent- fernen liessen. Die Bestandtheile des Pulvers kommen wohl noch sehr gliihend ins Auge, denn immer fand ich in der Conjunctiva palpebrarum Brandrvunden. Von den Anomalien der Refraction will ich nur einiges erwahnen, was mir riicksichtlich der Hypermetropie und der Myopie erwahnenswert erscheint. Von Hypermetropen (auf beiden Augen) kamen 31 zur Unter- suchung; davon waren 18 M. im Alter von 11 bis 63 Jahren und 13 W. im Alter von 7 bis 45 Jahren. Dem Grade der Hyper- metropie nach gruppirten sie sich folgendermassen : H bis zu 2 D : 5 M., to W., Pl von 2 bis 6 D : 11 M., 3 W., H tiber 6 I) : 2 M. Trotzdem unter meinen Augenkranken die des weiblichen Ge- schlechtes bedeutend iiberwogen, sind bei PIypermetropie doch die Manner in der Ueberzahl, und zwar nicht nur mit der absoluten Anzahl, sondern auch mit der Hohe der Flypermetropie. Dieses Verhaltnis wird noch auffallender, vvenn ich hervorhebe, dass die mannlichen Patienten ausnahmslos Stiinden angehoren, welche sich mit Nahearbeit beschaftigen. Denn dann solite man gerade ervvarten, dass die Hypermetropie beim Wachsthume des ganzen Korpers unter dem Einflusse der Nahearbeit nach und nach in E iibergeht oder durch diese hindurch sich in M verwandelt. Dagegen kamen bei den FI-Mannern mehrere scheinbare M vor, eine darunter ganz excessiv. Ein Knabe von 14 Jahren mit beiderseitigen H 1 D hatte an dem Tragen einer Brille ein solches Gefallen, dass er das Con- cavglas eines Schulfreundes (— 3'S D) beniitzte. Er sah immer schlechter, und die Untersuchung ergab S 0 36 mit — 9 D S 6 / fl ! 43 Ervvahnen mochte ich, dass eine Naherin von 25 Jahren trotz ihrer Macula corneae dextrae auf diesem Auge ihre H 3 D und am linken eine H von 13 D behalten hat. Myopie. Schon die einfachen Zahlen der Statistik sind von einigem Interesse. Wenn ich anfiihre, dass unter meinen sammt- lichen Augenkranken 121 Kurzsichtige waren (64 Manner und 57 Weiber), und ich dabei hervorhebe, dass ich liiebei nur die auf beiden Augen Kurzsichtigen gezahlt habe, so ist dies gewiss eine auffallend hohe Ziffer. Der Hohe der Kurzsichtigkeit nach gruppiren sicli dieselben folgendermassen: Myopie bis 3 D; von 3 ■ 5—5 ■ 5 D; von 6—9 D; 12 D ; 20 D; iiber 20 D M. 17 17 17 8 3 2 W. 11 15 21 7 1 2 Betrachtet man diesen Ausweis, so ist die Anzahl der hoch- gradig Kurzsichtigen, d. h. derjenigen mit einer Myopie von 6 D und dariiber, eine erschreckend grosse, was destomehr in die Wag- schale fallt, als ein nicht kleiner Bruchtheil davon bis zu 20 D und dariiber reicht. Es scheint, dass die Frage nach den Ursachen der Myopie mit unseren heutigen Kenntnissen iiber diesen Gegenstand noch nicht einheitlich beantwortet werden kann. Wenn auch die grosse Mehr- zahl der Kurzsichtigen diese Anomalie ihrer Augen durch Nahearbeit acquirirt hat, so ist doch jene nicht kleine Gruppe von Myopen sehr beachtensvvert, welche ihre Augen nie in betrachtlichem Grade mit Accommodationsthatigkeit beschaftigt hat (Landleute). Und gerade diese Individuen besitzen extreme Gi'ade von Myopie, namlich 12—20 D, und geben an, seit ihrer ersten Schulzeit in die Ferne schlecht gesehen zu haben. Beriicksichtigt man, dass diese Augen immer die Residuen einer Chorioiditis posterior besitzen, so ist der Gedanke wohl nicht von der Hand zu weisen, dass eine im friihesten Alter, vielleicht sogar in utero iiberstandene Entziindung im hin- teren Abschnitte des Augapfels, die Ektasie des hinteren Augen- poles und die damit verbundene Axenverlangerung des Bulbus die Ursache der Myopie sei. Nachdem nicht selten mehrere Mitglieder der Familie — auch im weiteren Sinne des Wortes genommen — kurzsichtig sind, so muss wohl eine erbliche Disposition vorliegen, welche dann die Augen in verschieden intensivem Grade beeinflusst. Als ich nach kurzer Zeit die Beobachtung machte, dass unter den Kurzsichtigen meiner Praxis ein so grosser Bruchtheil hohe 44 Myopie zeigte, babe ich es mir angelegen sein lassen, immer zu erfahren, welchem Volksstamme die Betreffenden angehoren. Mir feblen heute leider noch die dazu nothwendigen anthropologischen Kenntnisse iiber den Schadelbau der hier in Betracbt kommenden Volksstamme. Habe ich einmal die Zeit, so will ich nach Weiss’ und Stilling’s Muster Untersuchungen anstellen, um zu eruiren, ob der Bau des Schadels nicht vielleicht solche Eigenschaften zeigt, die den Schliissel zu diesen auffallend boben Zablen von Myopie geben wiirden. Die folgende Tabelle moge das Vorkommen von Conus und Chorioiditis bei Myopie in Zahlen wiedergeben. Die Lahmung der ausseren Augenmuskeln kam in mehr- facher Form zur Beobachtung. Der ganze Oculomotorius war fiinf- mal ergriffen: zweimal handelte es sich um alte Lues, einmal um ein intensives Refrigerium, einmal um Hysterie, und bei einem 7ojahrigen Manne war die Lahmung der Rest einer vor melireren Monaten erlittenen Apoplexia cerebri. Nur der Rectus internus sin. war gelahmt bei einem 46jahrigen Manne mit Atrophia nervi optici oc. utqu. ex Tabe , und ein 5qjahriger Mann behielt nach einer Haemorrhagia cerebri eine Lahmung des linken Abducens. Paresis accommodationis war zweimal bei Kindern auf tiber- standene Diphtheritis faucium zurtickzufiihren; sie glich sich spontan vollkommen aus. Auch eine mit Lues zusammenhangende gab bei entsprechender Behandlung ein gutes Resultat. Bei einem 27jahrigen 45 Fraulein aber suchte ich vergebens nach einem aetiologischen Mo¬ mente, und auch alle Therapie war ohne nachhaltigen Erfolg. Strabismus convergens. Bei 19 Einvvartsschielenden im Alter von 5 — 22 Jahren war der Strabismus achtmal alternirend, zehnmal war Hypermetropie von 1-5—3-5 D, viermal Myopie von 1-5 —12 D; in den fiinf anderen Fallen waren Triibungen der Cornea oder Linse vorhanden. Strabismus divergens begleitete zehnmal verschiedene Ano- malien der Refraction oder Triibungen der durchsichtigen Medien. Blennorrhoea sacci lacrymalis. Unter den 31 Fallen, welche zur Behandlung kamen, waren 24 Frauen, was die Erfahrung aber- mals bestatigt, dass Frauen viel haufiger von dieser Krankheit ergriffen werden als Manner. Nur in einem Drittel aller Falle ergab eine aufmerksame Untersuchung beiderseitige Thranensack- Blennorrhoea. Es ist wohl nur ein Zufall, dass fast alle iibrigen Falle den linken Thranensack betrafen. Das jiingste Individuum war ein sechsjahriges Madchen, das alteste ein 70jahriger Mann. Sechs Falle waren durch Fistelbildung complicirt. Eine Frau von 67 Jahren und eine von 45 Jahren mit Fistula sacci lacrymalis sin. erregten mein besonderes Interesse dadurch, dass aus der Fistel- offnung epitheliomartige VVucherungen sich in der benachbarten Haut ausbreiteten. Wenn dieses Vorkommen von Epitheliom des Thranensackes in Verbindung mit einer Fistel desselben auch sehr selten ist, so bestatigt es doch die alte chirurgische Erfahrung, dass auf lange granulirenden und oft gereizten VVundflachen Epitheliome entstehen konnen. Ein echter Aegylops bewies mir wieder, dass diese Krankheit von den ersten Stadien einer Dacryocystitis acuta fast nicht zu unterscheiden ist. Nur ist bei einem Aegylops die Akme des Pro- cesses sehr bald erreicht. Dass ich bei einem 29jahrigen Madchen einen congenitalen Defect des unteren Thranenpunktes sah, will ich nur der Curiositat halber envahnen. Tumor carunculae. Bei einem Madchen von zwolf Jahren war die rechte Carunkel auf mehr als Erbsengrosse vergrossert, bei sonst normalem Aussehen, abgesehen von der etwas helleren Farbe und der reichlicheren I-Iaare. Der Fali war ganz analog einem, den ich vor einigen Jahren sammt der anatomischen Unter- 46 suchung der exstirpirten Geschvvulst beschrieb.* Es zeigte sich damals, dass liier eine congenitale tumorenartige Hyperplasie der Carunkel vorliege. Eine 6ojahrige Frau und ein 7qjahriger Mann bemerkten seit kurzer Zeit ein \Vachsen der linken Carunkel. Ich sah beide rasch nacheinander und fand die Carunkel auf mehr als das Dreifache vergrossert, stark injicirt bei himbeerartig rauher Oberflache. Nachdem sich die Kranken nicht operiren Hessen, kann ich nur die Vermuthung aussprechen, dass es sich um Sarkomc gehandelt haben mag. Bei Blepharadenitis mochte ich nur hervorheben, dass man gewiss unrecht thut, wenn man alle mit diesem Namen bezeich- neten Processe als gleichartige aufifasst. An der Haut des Lid- randes spielen sich dieselben Erkrankungen ab, als an der Haut iiberhaupt. Es ware sehr gut, wenn ein Oculist, mit dem noth- wendigen dermatologischen Wissen ausgeriistet, in diese Verwirrung Ordnung schaffen vviirde. Dann verschwande wohl die Blepharitis ganz und an ihre Stelle trate Ekzem, Herpes, Acne, Seborrhoea u. s. w. des Lidrandes. Wenn ich Abscessus palpebrae im speciellen Theile noch ervvahne, so geschieht es nur, um zu bemerken, dass bei drei Pa- tienten von 3, 5 und 24 Jahren diese Erkrankung immer am oberen Lide bei Variola auftrat. Ein Angioma cavernosum sass erbsengross am Rande des rechten unteren Lides. Die Epitheliome waren immer flach ausgebreitete Neugebilde am unteren Lide. Das Alter der Patienten schwankte zwischen 47 und 65 Jahren. Eines davon habe ich durch Operation geheilt. Ueber ein Adenoma glandul. Meibomii brachte ich eine Mit- theilung in der «Wiener klinischen Wochenschrift» Nr. 39, 1888. Ausser den zahlreichen Fallen von Xanthelasma bei alteren Frauen sah ich zwei erbsengrosse Tumoren dieser Art bei einem 5qjahrigen Herrn, und merkwiirdigerweise nur am rechten Oberlide. Das bei einer 5qjahrigen Frau am linken Unterlid beobachtete Cornu cutaneum war fast 1 cm lang. Verletzungen des Augenlides. Das abspringende Kopfchen eines Ziindholzchens verbrannte einem 35jahrigen Herrn (ohne den Bulbus zu tangiren) den Rand des rechten Oberlides so tief, dass eine Narbe mit Cilienverlust zuriickblieb. 0 Klin. Monatsblatter 1886. 47 Zwei Arbeitern vvurde durch das Abspringen eines Stiickes Schmiedeeisen in fast ganz gleicher VVeise das rechte Unterlid zerrissen. Die bis in die Haut der VVange sich erstreckende Wunde heilte nach Anlegung von sechs Nathen tadellos per primam. Trichiasis kam zehnmal zur Behandlung. Bei zwei Madchen von 12 und 16 Jahren war der Zustand wohl angeboren; denn die Bindehaut und der Lidrand waren ganz normal. Alle anderen Pa- tientcn hatten veraltete Trachome. In fiinf Fallen musste die Ab- tragung des Cilienbodens gemacht werden, die anderen Kranken lernten es bald, die wenigen fehlerhaft wachsenden VVimpern sich selbst zu epiliren. Entropium. Bei drei alten Herren waren die senilen Ver- anderungen am Lide der Grund des Leidens. Bei einem achtjahrigen Madchen konnte ich fur die Einwartsrollung des rechten nnteren Lides kein aetiologisches Moment nachvveisen. Die Snellen’sche P'adenoperation bevvahrte sich glanzend. Ein Entropium spasticum war mit Blepharophimosis complicirt, und dreimal entstand nach Staaroperationen unter dem Verbande Entropium, so dass ich die schiefe Blepharotomie ausftihren musste. Ectropium. Dem aetiologischen Momente nach war es fiinf- mal ein Ectropium luxurians (in einem Fali an beiden Lidern an beiden Augen), dreimal ex Blepharitide inveterata ex Eczematepalpc- brae, zweimal bei noch vorhandener Caries des unteren Orbital- randes und einmal nach Pustula maligna entstanden. Bei einem 30jahrigen Madchen war die beiderseitige Blepharo¬ phimosis angeboren. Gleichzeitig war Andeutung von Epicanthus vorhanden. Eine vor mehreren Jahren durch eine Pulverexplosion ent- standene Verbrennung hatte bei einem 40jahrigen Manne zu einem fast totalen Symblepharon gefiihrt. Die beiden beobachteten Falle von Xerophthalmus nahmen mein ganzes Interesse in Anspruch durch den negativen Erfolg meiner Bemiihungen, ein aetiologisches Moment nachzuvveisen. Der 27jahrige Mann und die 44jahrige Frau gaben an, nie augenkrank gervesen zu sein, jedoch schon seit Jahren die Verschlechterung des rechten Auges zu bemerken. Die Conjunctiva bulbi war runzelig, wie eine mit feinen Schuppen bedeckte Fischhaut. Die Uebergangs- falten, in geringem Grade geschrumpft, waren wie die iibrige Binde- 48 haut ganz normal; die Cornea begann in geringem Grade opak zu werden. Drei von den vier mit Ptosis behafteten Kranken waren mit diesem Leiden schon geboren. Ein junger i6jahriger Mann stiess sich durch das Auffallen auf einen spitzen Stein das rechte Oberlid mit dem Levator palpebrae durch, so dass eine vollkommene Ptosis zuriickblieb. 49 Verzeichnis der ausgefiihrten Operationen. Staaroperationen . 43 Extractio cataractae . 35 Discissio cataractae per corneam . 4 Discissio cataractae secund. per scleram ... 4 Iridectomia. 25 praeparatoria (ad cataractam) .. 6 ad occlusionem pupillae . 10 optica. 3 ad Glaucoma. 5 ad cataractam secundariam . 1 Operatio staphylomatis. 4 Paracentesis corneae. 3 Cauterisatio corneae. 4 Operatio epitheliom. bulbi. 2 Operatio pterygii. I Extractio corporis alieni bulbi . 1 Tenotomia interna . 1 Enucleatio bulbi . 4 Operatio sec. Flarer ad Trichiasim. 8 Operatio ectropii . 5 Operatio entropii . 1 Sphincterotomia. 7 Operatio epithel. palpbr. 1 Operatio adenomae gland. Meibomii. 1 Excisio fornicis conjunctivae ad Trachoma . t Operatio vulneris lacer. palpbr. . 2 Operatio Mollusci contag. palpbr. 2 Kleinere Operationen, wie: Entfernung von Fremdkorpern aus der Cornea; Spaltung von Abscessen der Lider, Hordeola, Chalazia; Spal¬ tung des Thranensackes, des Thranenrohrchens u. dgl. 66 Summe . . . 182 davon wurden 94 im Spitale ausgefiihrt. — S« Bevor ich daran gehe, die einzelnen von mir ausgefiihrten Operationen zu schildern, mochte ich mir nur Liber die Methode der Ausfiihrung von Augenoperationen einige Worte erlauben. Ich meine vor allem die Antiseptik bei Augenoperationen. Die grosse Chirurgie ist in der Moglichkeit der strengsten Durchfuhrung der Asepsis und Antisepsis viel besser daran als die Augenheilkunde. Die anatomischen Verhaltnisse biingen es mit sich, dass man das Auge nicht so absolut sicher gegen den Einfluss von aussen kom- mender Organismen schiitzen kann. So lange wir keine Methode kennen, die Thranenrohrchen, resp. den Thranennasengang fiir einige Zeit abzuschliessen (ohne dem Individuum Schaden zu bringen), so lange ist ein hermetischer Abschluss des Auges und des Binde- hautsackes nicht moglich. Wenn auch unter normalen Verhaltnissen der nimmerruhende Lidschlag und Thranenfluss es verhindert, dass durch Aspiration Mikro-Organismen von aussen in den Conjunctival- sack kommen, so ist ja diese Kraft gerade nach Operationen bei Immobilisirung der Lider durch den Vei'band eine ausserst geringe. Dass aber aus der Nase septische Keime in den Bindehautsack kommen, sieht man am besten aus den fast immer schlechten Resultaten von Augenoperationen bei gleichzeitigem Vorhandensein von Ozoena. Ist keine Erkrankung der Lidrander, der Bindehaut oder des Thranensackes vorhanden, so beschranke ich rnich darauf, vor jeder Bulbus-Operation den Patienten ein Bad nehmen und das Gesicht gut mit Seife waschen zu lassen. Ob die heutzutage fast allgemein angewencleten Ausspiilungen des Saccus conjunctivae mit desinfi- cirenden Mitteln auch wirklich die eventuell vorhandenen septischen Keime unschadlich zu machen imstande sind, will ich nicht erortern. Dies zu entscheiden, halte ich mich nicht fiir competent. Berufene Krafte miissten die Wirkung von desinficirenden Mitteln auf die Bindehaut in ahnlicher Weise auf die Starke und Dauer der Ein- wirkung untersuchen, als dies jiingst fiir Vagina und Canalis cervi- calis gemacht worden ist. Folgendes kann ich aber nach vielfacher Erfahrung aussprechen: Nimmt man Losungen von verschiedenen Mitteln, vor allem Sublimat (Carbolsaure wird bekanntlich von Augen sehr schlecht vertragen), in eincr Concentration, die stark genug ist, vorhandene Keime zu zerstoren, so reizt man immer den Bulbus in nicht zu unterschatzendem Grade. Und beniitzt man schvvachere Losungen oder schwachere Antiseptica (z. B. Acid. bor), so ist ihre S 1 Wirkung eine zweifelhafte, abgesehen davon, dass auch sie den Augapfel irritiren. Ist aber eine Bindehauterkrankung oder Blennorrhoe des Thranensackes vorhanden, dann behandle ich dieselbe energisch die letzten Tage vor der Operation. Unter solchen Verhaltnissen ist dann Jodoform, nach der Operation auf die Wunde des Auges gestreut, ganz unschatzbar. Bei Blennorrhoea sacci lacrimalis lege ich einen besonderen Wert darauf, den inneren Augenwinkel ordent- lich mit Jodoform einzustauben. Vielversprechend ist die Methode der Spaltung des erkrankten Thranensackes und Ausfullung seiner Hohle mit Jodoformgaze. Ich besitze dariiber noch zu wenig Er- fahrung, um mir ein Urtheil bilden zu konnen. Das zur Anasthesirung nothwendige Cocain lasse ich mir immer in der letzten Stunde vor der Operation bereiten und dann in ein mit heissem Wasser gereinigtes Tropfglasehen geben. Zur Reinigung der Instrumente vor der Operation verwende ich abso¬ luten Alkohol, den ich dann von denselben mit destillirtem Wasser abspiile. Ich will jedoch erwahnen, dass ich jede Woche mein ganzes Instrumentarium mit Seife und Btirste reinige, jene Instru¬ mente, deren Construction es vertragt, aber auch noch auskoche. Der Verband nach einer Augenoperation besteht in einem einfachen Flanellstiicke, 22 cm lang und 8 cm breit, an welches fingerbreite Bandchen, 70 cm lang, angenaht sind. Die Augen werden mit Bauschchen von Bruns’scher Watta bedeckt. Der zu Operirende liegt wahrend der Operation in jenem Bette, in welchem er die nun folgenden Tage zubringen soli. Staaroperationen. I. Extraction. Ich mache immer den Lappen nach oben mit Iridectomie, letztere bisweilen einige VVochen vor der Extraction. Kein rationeller Operateur wird heutzutage die echte periphere lineare Extraction Graefe’s mehr machen. So ideal sie in ihren theoretischen Grundsatzen ist, so viele Nachtheile besitzt sie in ihrer praktischen Ausfiihrung. Fast alle diese Schattenseiten vverden bei der Operation mit dem Lappen nach oben (womoglich Flachschnitt) vermieden; operirt man hart am Hornhautrande mit einer gehorigen Lappenhohe (grosser Schnitt), so erreicht man mit Leichtigkeit die zur Entbindung einer Linse nothwendige in n er e Hornhautwunde, und diese, nicht die aussere, ist ja bestimmend. Die Bildung eines Bindehautlappens liegt nicht in meiner Intention, kann aber bisweilen nicht vermieden werden. 4 * 5 2 Die Ausfiihrung einer Iridectomie bei der E.vtractio cataractae ist, wie ich glaube, einer der grossten Fortschritte in der Technik der Staaroperationen. Wenn man heute daran geht, die Entbindung des Staares nach oben vorzunehmen ohne Iridectomie, so halte ich dies fiir einen Riickschritt. Wenn auch die strenge durch- gefiihrte Reinlichkeit und die Verbesserung der Instrumente die Resultate der Staaroperationen gebessert, ja zu einer friiher nicht geahnten Hohe gebracht hat, so soli man nicht vergessen, wie viele von den Augen bei dem Lappen nach unten ohne Iridectomie infolge des Prolapsus iridis oder den zuriickgebliebenen Staarresten (die man bekanntlich ohne Irisexcision gar nicht oder nur schwer entfernen kann) zugrunde gegangen sind. Ich bin der Meinung, dass das Operiren ohne Iridectomie eine nicht zu rechtfertigende Gefahrdung des Auges ist. Der geringe oder fast kaum bestehende Nachtheil eines circa 60 bis 65 0 betragenden Goloboma iridis wird vielfach aufgewogen durch die leichtere Entbindung der Linse und der Reste sowie der ausgeschlossenen Gefahr des Prolapsus iridis. Zur Discession gebrauche ich eine Fliete mit rundem Stiel, da sich dieser viel leichter drehen lasst als ein eckiger. Die Entbindung der Linse nehme ich immer mit dem Schlittenmanover vor. Bei der Nachbehandlung einer Cataracta-Operation halte ich mich an die alte, bestbewahrte absolute Bettruhe. Es klingt mir ganz unbegreiflich, wenn ich lese,* dass der Kranke nach der Operation aus dem Operationssaale ins Bett geht oder sogar sich nur auf ein Ruhebett legt, sich selbst aus- und ankleidet und dabei das Auge nicht mehr geschiitzt hat, als durch einige Pflasterstreifen! Und das soli alles ohne Wundsprengung, iiberhaupt ohne Schaden fiir das operirte Auge ablaufen!? Bei mehrtagiger Bettruhe, bei bestem Verbande wird die gelungenste Operation vernichtet oder der Effect bedeutend verschlechtert dadurch, dass der Patient durch starkere Bewegungen des Korpers sich die Wunde sprengt. Ist das Liegen auf dem Riicken schon nach 24 Stunden nicht mehr ertriiglich, so suche ich den Kranken durch Anvvendung einer Bettlehne in eine halb sitzende Stellung zu bringen. In Bezug auf diesen Umstand spielt die Sorgfalt der VVartung die grosste Rolle: dem Operirten immer cine moglichst leicht ertragliche Lagerung zu schaffen. Nur ungerne entschliessc ich mich, vor dem fiinften * Chisolm, The Journal of the American meclical Association IX. 2, S. 39. 53 Tage den Krankeu in einen Lehnsessel zu setzen. Am fiinften Tage verbindc ich dann nur das operirte Auge und schiitze das zweite durch eine dunkle Brille. In Bezug auf Abhaltung des Lichtes bin ich sehr sorgsam, den Operirten vor dem zwolften oder vierzehnten Tage ja nicht dem Tageslichte auszusetzen, sondern ihn immer in einem so weit verdunkelten Zimmer zu halten, dass man sich in demselben ohne Miihe orientiren kann. Aus demselben Grunde sebe ich das Auge auch nur dann vor dem fiinften oder sechsten Tage an, wenn Schmerzeti oder Schwellung der Lider mir den Heilungsverlauf als nicht ungetrtibt erscheinen lassen. Der Ver- band wird bei normalem Verlaufe nur einmal im Tage gewechselt, und bei dieser Gelegenheit werden mit lauem, destillirtem Wasser die Lidrander bei vorsichtiger Oeffnung der Lidspalte gewaschen. Wir Augenarzte werden oft um den Grund gefragt, warum wir einen Cataracta-Operirten iiberhaupt so bald aufstehen lassen. Die Antwort, dass es die Gefahr der hypostatischen Pneumonie sei, wird nicht als ausreichend angesehen, weil ja doch die Chirurgen auch alte Leute (z. B. mit Fracturen) wochenlang im Bett liegen lassen. Die Verhaltnisse stehen hier aber anders. Der chirurgische Kranke hat ober seinem Kopfe den bekannten Galgen, an dessen herunterhangendem Querholze er sich selbst die Lage verbessern und Seitenlage einnehmen kann. Dies ist dem Augenoperirten aber nicht gestattet. Denn gerade diese stemmenden Bewegungen bedin- gen die haufigsten Wundsprengungen. Im Folgenden gebe ich die genauere Beschreibung der Ex- tractionen uncomplicirter Staare ( Blennorrhoea sacci lacr., Affec- tionen der Bindehaut, Marasmus sind wohl unangenehme Beigaben, aber keine Complicationen). Die Resultate sprechen fur die oben beschriebenen Principien; denn unter 32 Staaroperationen hatte nur eine (Nr. 26) keinen nachhaltigen Erfolg aus Griinden, die nicht in der Hand des Operateurs gelegen waren. Bei den iibrigen 31 Kranken war das durch die Operation gewonnene Sehvermogen in 30 Fallen ein vorziigliches, in einem Falle (Nr. 32) sieht die Kranke ganz gut zur Selbstfiihrung und wird durch eine kleine Nachoperation ein sehr gutes Sehvermogen erhalten. 54 :«.3 £ •g S S. j? c ° O " j= o H a bo bo — w ro 02 rt rt w -j-; ■ .E 5 2 ; ’C -O 4! ~ 3 .3 .3 «J h 3 o M 7, U i- S ro bfl « 3 “ h 3 II O U S? C I- £ $ rt u .ti f 8 H 3 « £ £ . E 3 3 “ J *o rt S 374 , O c a ..JI V o Jjj boi5 — O •S Mo H.s > jO 73 g'c s g o -g Ž C/2 rt s & S O 41 - C 3 re _ 4J 3 S -3 £ , i_> t- ! _tj 3 M , rt 'v Jt .J 3 o ra - n v v'z. t -o .'O 00 u -3 >2 -3 O bCTt rt h 3 C Ž -V) 3 lE rt o rt ^ CJ U Lu O CM ■StS 4> 4) O -3 3^ rt J= I! 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