für Vaterland, Kunst, Wissenschaft und geselliges Leben., Äl> R2« »RN8tiT3 ÄSN 8. V^^dlUHr. 1848s Die Lombardstraße zu Brüssel. (Uebersetzt aus dem Französischen.) ^3^ines Abends, im December des Jahres !6l8, bei regnerischem Weter, so daß man nicht zehn Schritte weit vor sich sehen konnte, und zn einer Stunde, wo die Dunkelheit der Nacht die zweifelhaften Reste eines trüben Tages schnell verschlingt, sasien ein Paar Leute von ziemlich verdächtigem Aenßeren am Fusie eines ungeheuren Lindenbaumes in dem Gehölze von La Cambre, dicht neben einem krummen Pfade, den man »kleinen Löwener Weg" nannte, nieder-gekauert. Obwohl dicht bezweigt, gewahrte der seines Laubes beraubte Baum ihnen wenig Schutz vor dein Regen. Aber sie hatten wollene Mäntel mit Kapntzen an und reichten einander von Zeit zu Zeit, um sich gegen die Nässe und Kälte zu stählen, oder auch, um sich geistig aufzuregen, einen mit Branntwein oder Genever gefüllten ledernen Schlauch 'zu. Dem einen dieser beiden Männer war von einem früheren Hiebe die Nase gespalten, und sein Kinn ragte so weit hervor, daß sein unteres Gebiß der Oberlippe zur Stütze diente. Sein rother, mit grauem Haar vermengter, unordentlicher Bart vermehrte noch das Bizarre seines Bullenbeißergesichts. Es war der alte grauäugige Knops, ein Stra'lchräu-ber, der nie ein anderes Leben geführt hatte. Er hatte das Brabantische mehrere Male unsicher gemacht, und sein leicht zu erkennendes Signalement, das überall hin versandt worden war, würde jeden Andern mehr als ihn gefährdet haben. Aber er hielt sich nur in den Walbungen auf, kam nie nach bewohnten Orten, daher man seiner nie hatte habhaft werden können. Man sagte, daß er von Geburt ein Friese sey. Seine unerhörte Stärke, seine Kühnheit und Gewandtheit hatten ihm überdieß einige zu-verläA'ge Vertraute erworben, die ihm anzeigten, wo ein Eoup zu machen war, die ihn mit Lebensmitteln versorgten und die gestohlenen Sachen für ihn in der nächstgelegenen Stadt zu Gelde machten. Ein solcher war der Gefährte, den er eben bei sich hatte, ein Buckeliger, mit fröhlicher Miene und hinkend, den seine körperlichen Gebrechen aber eben vor allem Argwohn schützten. Man nannte ihn Fritz. Er mochte dreißig Jahre alt seyn und wohnte zu Brüssel im Katzengange, in der Straße Sir-Ietons. »Ja," sagte Fritz zu Knops, indem er aus dessen breiter Faust den Lederschlauch annahm, »es macht mir ordentlich Spaß, mit Euch zu arbeiten, Alter; Ihr wißt, wie man ein Geschäft betreiben muß." »Mein Junge," antwortete der Andere, »nur Feigherzige und Lumpenkerle schlagen die Leute todt. Ist es nicht genug, sie auszurauben? Daß ich ihnen nehme, was sie haben und mir fehlt, das ist ganz recht; ein jeder Mensch will leben! Auch hat mir meine Methode stets Glück gebracht; ich bin nie erwischt worden." »Habt Ihr wirklich nie einen Mord begangen?" »In, Leben kommen böse Augenblicke vor; in diesen habe ich leider auch einen, Paar Menschen das Lebenslicht ausgeblasen. Das will aber bei zwei bis dreihundert Rencontren wenig sagen; überdieß bin ich dazu gezwungen worden, indem ich auf Leute gestoßen war, die keine Vernunft annehmen wollten und sich zur Wehre setzten. Wegen heute sey unbesorgt: wenn der Mann, wie du sagst, allein ist, so soll ihm kein Leid geschehen." »Allein ist er. Er ist diesen Morgen von Löwen ab--gegangen und sollte schon hier seyn." »Die Wege sind schlecht." »Aber er ist zu Pferde." »Um so schlimmer, wenn er, wie du sagst, corpulent und schwer ist." »Er soll auch ein sehr kräftiger Mann seyn. Er ist des Herzogs vertrauter Bote. Werdet Ihr ihn ganz ausplündern?" »Du bist wohl nicht gescheidt, Monsieur Fritz! Damit versehen's die Andern eben. Was soll ich mit seinen Lappalien? Ein verständiger Raub muß so wenig als möglich Spuren hinterlassen. Ich werde ihm nichts, als seine Börse und das Collier abnehmen." »Seine Börse? Ich weiß nicht, was sie enthalten mag. Vielleicht nichts Erhebliches, da er auf dem Heimwege begriffen ist und seinen Einkauf gemacht hat. Ja, wenn wir ihn aufgefangen hätten, als er ausgegangen war —" »Bah! Glaubst du denn, daß er bei den unsichern Wegen Ducaten mit sich genommen haben wird? Er wird irgend einen Wechsel auf Lüttich gehabt haben; nun aber hat er das Halsband." HO »Es soll ein kostbarer Schmuck sey,,, ein Collier von prächtigen Perlen, das der Herzog der Infantil, Isabella am Nelijahrstage schenken will." »Er wird ihr mm etwas Anderes schenken müssen. Aber was können die Perlen werth seyn, nnd wie gedenkst dn das Ganze zn verkaufen? Ich gehe nnr nach deinen Angaben zu Werke; mir ist gemünztes Gold lieber, das verräth sich nicht so leicht." »Ich will Euch aus dein Collier ein hübsches Sümmchen lösen; so ein Infantinenschmnck muß schon etwas werth seyn, und ich »reiß auch, wo ich ihn morgen früh anbringen kann. Vordem machten wir unsere Verkäufe an sogenannte Hehler, böse Menschen, die nns schändlich betrogen; späterhin habe ich die Sachen bei Wncherern versetzt, und das sind auch Spitzbuben. Sie sind mit der Hälfte noch nicht zufrieden, und wenn sie armen Leuten zehn Gulden leihen, so müssen diese ihnen nach Monatsfrist zwölf bis fünfzehn Gulden wiedergeben; dabei schießen sie auf den vollen Werth kaum den vierten Theil vor, und den Nest bekommt man selten wieder zu sehen. Aber der Herzog, der in der That ein wackerer Fürst ist, hat da in der Straße Foulons ein Leihhaus bauen lassen, wo man redlicher Weise drei Viertheile des Werthes eines Pfandes bekommt, nur geringe Interessen zu bezahlen braucht und nach dem Verkaufe bei versäumter Einlösung den etwaigen Ueberschusi zurück erhält." »Mit dem Neberschusse wird es für uns nichts seyn! Aber bringe das Collier immer dorthin und versetze es nur auf drei Monate, damit wir soviel als möglich daraus machen. Die Idee deines Herzogs ist gut gewesen, sein Lombard gefällt mir schon, nnd ich würde ihn deßhalb nicht berauben, wenn ich eben so reich wäre, als er." Während die beiden Raubgesellen in Erwartung des Boten des Herzogs die Materie der Leihhäuser auf Staatsrechnung abhandeln, dürfte es wohl passend seyn, einige Notizen über deren Einführung in Belgien zu geben. Man soll sie Peter Oudegherst, dein berühmten Verfasser der Flander'schen Annalen, verdanken. Dieser mit großer Tugend und den schönsten Eigenschaften begabte, wackere Mann fand, wie Louis de la Cerda berichtet, als er auf ein Mittel sann, wie dem Uebel abgeholfen wäre, das der Wucher in den Niederlanden erzeugte, in der Erfahrung seiner langen Reisen eine so wohlthätige, als leichte Aushilfe: die Begründung von öffentlichen Leihhäusern oder Lombard's, wodurch dem Wucher gesteuert werden konnte, ohne daß ein Mal strenge Gesetze dawider Noth thaten. Erging deßhalb nach Spanien, theilte PhilippII. seinen Plan mit, der mehrere Confe-renzen mit ihm darüber hatte, und der ihm die nöthigen Vollmachten beim Fürsten von Parma mitgab, um in Belgien einen derartigen Versuch zu inachen. Wie es scheint, ist das erste Lombard im Jahre l559 zu Gent angelegt worden. Das Muster dazu hatte man aus Italien genommen, wo dergleichen wohlthätige Anstalten zu Rom, zu Avignou und in den angesehensten Städten der päpstlichen Staaten längst eingeführt worden waren. Aber so lange die Unruhen währten, wußten die Bestrebungen der Wucherer l eine schnelle Ausbreitung dieser Wohlthat in den belgischen Pro-^ vinzen zu hintertreiben. Erst im Jahre l6l? konnten der Erzherzog Albert und Isabella das Etablissement in der Straße Foulons begründen, die danach den Namen »Lombardstraße" erhalten hat. Bald darnach erstand ein ähnliches in dem Fürstenthume Lüttich, und eine Broschüre von l628, unter dem Titel »!>1nnt - vein, dessen wir schon in diesem Blatte erwähnten, macht in unserer Hauptstadt sehr gute Geschäfte, und es freut uns doppelt, daß unsere Anempfehlung dieser berühmten lithographischen Anstalt, in deren Namen Herr H c ldw ein reis't, bei dem kunstsinnige« Publikum eine so entschiedene, sich immer steigernde Würdigung gefunden bade. Vorzüglich werden die drei wirklich autzgezeichneten Bilde«: „Das jüngste Gericht" uon P. P. Rubens, „die Verurtheilung einet Zigeunerbande" von Iacquand, und ,,die Beichte am Krankenbette" von van Beveren, uon allen Seiten bestellt, aber sehr viele Besteller ^ nehme» auch die ganz? Sammlung. Wir michen Kunstfreunde aufmerksam, 5 daß Herr H e ld w ei n so eben die Weisung erhalten habe, daß er die Sill'scription auf die Fortsetzung der bisherigen großen lithographischen Abbildungen der vorzüglichsten Gemälde der k. daierischen Gemälde-Gal« lerien eröffnen könne. Diese Fortsetzung wird enthalten: 1. Fünfzig Blätter Abbildungen der ausgezeichnetsten Ma-lerwerke älterer Meister aus der k. b, Pinakothek zu München, in 12 Lieferungen ä tz Blatter gerechnet, nebst Titel und Textblatt. 2 Vierzig derlei lithogr. Abbildungen aus der neueren Malerschule in der Priuatgallerie Sr. Majestät, des Königs Ludwig von Vaiern, in 10 Lieferungen » ^ Blätter, wozu bei der 10. Lieferung zwei Gralisbeiblätter nebst Tert und Titelblatt verabfolgt werden. Von diesen beiden Sammlungen erscheine» im Jahre vorläufig 2 Lieferungen ooer 8 Blätter, und es kann auf jede abgesondert subscribirt werden. Der Subskriptionspreis für eine Lieferung » 4 Blätter gegen porto - und spesenfreie Zustellung für unsere Staaten beträgt 11 ss. 20 kr. C. M. Wir machen das verehrte Publikum aufmerkjam, daß im Einzelnverkauf die Blätter dieser Sammlungen grösjtentbeils nahe das Doppelle kosten. Herr Heldwein gedenkt sich noch diese ganze Woche hier aufzuhalten und reiset von da aus nack Triest. Leopold Korbe sch. Theater in Laibaeh. Mittwoch am 2. Februar ging das hier immer gerne gesehene Vaudeville: „(Zhonchon, die Zavoyardin" in die Scene. Man muß sagen, daß die Aufführung in allen Theilen gelungen zu nennen war. Dlle. Franz el hielt sich in der Titelrolle sehr tapfer, entwickelte darin viele Anmuth und Lebhaftigkeit des Spieles und sang recht brav. Dlle. Frie-oerike Melchior ist fär die sentimentale, sanfte Marie wie geschaffen, die sie mit aller Innigkeit eines schuldlos,», vertrauenden und liebenden Herzens darstellte- Neben den Genannten macht? sich Herr Schwarzbach durch gelungene Ausprägung des allen Wecken Bois« fleuli beinerkbar, den er mit ckevalereskem Anstand gab. Herr Fritsche. als Pierre, konnte uns Herrn Grambach vom vorigen Jahre nicht vergessen machen; er sah indeß recht stattlich aus, Dlle. Teich mann spielte die Gräfin von Sievri mit Würde, und Herr Köppl war ein tüchtiger Voustaloi. Das Slück gefiel und das Theater war ansehnlich besucht. — Donnerstag am 3. Februar: „Rococo," Original-Lustspiel in Ä Acten von Adolph Väuerle. Dieses heitere Stück, zu den besseren der Gegenwart gehörend, verschaffte uns einen recht vergnügten Theaterabend. Das Ensemble der Darstellung war gut. Herr Köppl stellle den bor-nirten Baron von Bornait zu vieler Grgetzlichkeit dar; ich muß jedoch bemerken, daß ich i„ den letzten 2 Acten von ihm noch mehr erwartete.------ Herr Engel brecht, als Adolph, folglich als uri vnü niuvenü des Wanzen, führte seine Parthle in gewohnter Manier durch. Herrn F r i t sch e's Wolfgang war brau aufgefaßt und erregte daher vieles Lachen. Der liebenswürdigen Dlle. Fried erike Melchior aber sagt zarte Weiblichkeit, das Sentimentale und Züchtige ungleich besser zu, als leichtfertige Eoquetterie; dieß war in der Parthie der Witwe Flora ersichtlich. Herr Holm spielte den Bedienten Andreas beifällig und auch alle Uebrigen wirkten verdienstlich. Die Toilette der Damen war sehr hübsch, die Aufnahme des Stückes eine beifällige. — S-'mstag am 5. Februar zum Vor» theil des Komikers, Herrn Eduard Holm: „Der böse Geist Lumpacivagabundus, oder das liederliche Kleeblatt." Ein komisches Stück, welches so oft gesehen wurde, als dieses, und doch noch immer auf die Lachorgane des Zuhörers wirkt, muß entschiedene Vorzüge vor andern Stücken dieses Genre haben. Obschon wir hier diese Posse besser fah«n, thaten die Vetheiligten sichtlich, was sie konnten- Herr Köck (Kniericm), Herr Holm (Zwirn), Herr Fritsche (Leim) repräsentirten das liederliche Gesellen-Kleeblatt; es wurde zwar hie und da Manches übertrieben, allein bei solchen Gelegenheiten thut man des Guten gerne zu viel. Die Vorstellung wurde besonders von der dicht gepfropften Nallerie jubelnd aufgenommen. — Sonnlag am 6- Februar ging ler von Carlschmidt dramatisch verslümmelte Roman „Monte-Christo" von Alexander Dumas über die Bühne; eine Comödie, die Niemanden amüsiren kann, der vorher den ausgezeichneten Roman gelesen. Leopold Korde sch. Verleger: Ignaz Alois Gdler v. Kleinmayr.