Die Ursachen der Mumstülm-schwemmmig iur Äctobev 1888. Von Fran; Kraus. 4« Laibach 1889. pföMo 06 unscis 2S upravljonjs imovins Gpormkov Es circulieren seit einiger Zeit Gerüchte über die Ursachen der Morastüberschwemmungen und ihrer mög¬ lichen Folgen, welche geeignet sind, Beunruhigung in weiten Kreisen der Bevölkerung zu verbreiten. Es ist daher nothwendig, den wirklichen Ursachen nachzufor¬ schen und zu zeigen, wo der eigentliche Sitz des Uebels steckt. Dass die abnormen meteorologischen Verhältnisse des Jahres 1888 an der Intensität der letzten Ueber- schwemmungen einen wesentlichen Antheil besitz», geht aus den mir von Seite des Centralinstitutes für Mete¬ orologie und Erdmagnetismus gütigst zur Verfügung gestellten Daten hervor. Nach diesen waren die Niederschlagsmengen für Laibach und Umgebung Anfangs October 1888 nrcht sehr bedeutend, wie aus nachfolgender Liste erhellt. Laibach: Summe der Niederschläge im ganzen Mo¬ nate 230 mm, Maximum am 7. Oclober mit 56 mm, vorherrschende Windrichtung Nordost. Diesen Zahlen sind jene von Jdria gegenüber zu stellen, weil sie für jene Gegenden maßgebend sind, aus denen die großen Wassermengen kamen. Jdria: Summe der Nieder¬ schläge im ganzen Monate 447 mm, erstes Maximum am 4. October 70 mm, zweites Maximum am 7. Octo¬ ber 70'6 mm, vorherrschende Windrichtung Nordost; Windrichtung vom 3. bis 6. October Südwest, am 6. October Nordwest. Aus dieser Gegenüberstellung leuchtet vor allem hervor, dass die Summe der Nieder- 4 schlage im Gebiete von Jdria fast das Doppelte von jener des Gebietes der Stadt Laibach betrag. Noch auffallender aber wird der Zusammenhang der Nieder¬ schläge, die aus der Richtung von Jdria kamen, mit den Herbstüberschwemmungen, wenn man die Liste der einzelnen Tage prüft. Jdria: Niederschlag Windrichtung October, auf welchen Tag auch das erste Maximum von 70 mm fällt. Am 5. October erfolgte das Aus¬ treten des Laibachflusfes, dessen Bett bis an diesen Tag für die Zuflüsse aus dem ganzen Niederschlagsgebiete genügt hatte, die aus den Regentagen des 1. bis 3. Octo¬ ber stammten. Es wäre falsch, den Jdrianer Gewittern eine bloß locale Bedeutung zuzuschreiben, denn dass sie weit über dieses verhältnismäßig schmale Gebiet hinausgereicht haben müssen, geht aus der Beobachtung der Windrichtungen hervor. Dieselbe war am 2. und 3. October eine südliche. Die Gewitterwolken kamen daher aus der Gegend des Nanos über Schwarzenberg. Am 4. drehte sich der Wind und wehte aus Südwest. Er trieb daher die Wolkeu mehr in die Richtung von Hotederschitz, Gereuth, Sauraz und Zaplana. Selbst die Stadt Laibach erhielt an diesem Tage Nieder- o schlage. Die vier erstgenannten Orte gehören nicht zum Flussgebiete der Uuz, wohl aber zum Niederschlags¬ gebiete des Oberlaufes der Laibach. Es ist bedauerlich, dass über die Niederschlagsmengen von Podlipa, wel¬ ches so ziemlich im Centrum dieses Gebietes liegt, keine Daten vorliegen, man weiß aber, dass um den kriti¬ schen 4. October in dem nordöstlich davon gelegenen Billichgraz (also in der Windrichtung dieses Tages) wolkenbruchartige Regen fielen. Die Regenmengen wer¬ den sich also in den beiden nicht zu weit auseinander¬ liegenden Localitäten wohl ziemlich gleichgeblieben sein. Für die große Breite der Gewitter spricht auch der Umstand, dass die östlich vom erwähnten Gebiete ge¬ legenen Kesselthäler zur selben Zeit inundiert worden sind, als die Niederschläge im Jdrianer Gebiete begannen. Das Stadtgebiet von Laibach wurde aber von den ersten Gewittern nicht berührt. Der am 6. October von Südwest nach Nordost umschlagende Wind jagte die schweren Gewitter den ganzen Jnnerkrainer Karst entlang und brachte für Jdria selbst 60 mm an Niederschlägen, also mehr als das Maximum des Monates von Laibach betrug. Der am folgenden Tage (7. October) wehende Südostwind trieb sie wieder zurück, und auf diesen Tag fallen auch die stärksten Regenmengen (das zweite Maximum von 70'6 mm) für Jdria. Auf denselben Tag trifft auch das Maximum für Laibach ein (mit 56 mm), was ganz erklärlich ist. Vom 8. October an blieb der Ost¬ wind herrschend, und die Regenmengen von Jdria ver¬ loren ihre Bedeutung für die Morastgegend. Der Regen hörte überhaupt mit dem 10. October vollstän¬ dig auf, und die Hochwässer hatten daher Zeit zum Ablaufen. Zieht man aus Vorstehendem die Consequenzen, so zeigt es sich, aus welcher Gegend und mit wel¬ cher Raschheit die Hauptniederschläge in die Morast- 6 ebene gelangt sind. Der Unzfluss war schon durch die eisten Niederschläge, die ihm der Hauptsache nach aus der Richtung von Kaltenfeld zugekommen sein mögen, übervoll, und trat am 3. Oktober aus seinen Ufern. Das Unzwasser legt die 10 Kilometer seines unterirdi¬ schen Laufes zur Laibacher Ebene in circa 14 Stunden zurück, muss also schon am 4. October mit seiner grö߬ ten Menge dort aufgetreten sein. Die Laibach trat aber trotzdem erst am 5. October aus ihren Ufern. Das Unzwasser hat also die Ueberschwemmung nicht verur¬ sacht, wie später noch näher erwiesen werden wird. Woher kam also jenes Quantum von Hochwasser, wel¬ ches den Laibachfluss zum Austreten brachte? Nach der vorhergegangenen Schilderung der Loka¬ litäten, welche von den Jdrianer Niederschlägen mit betroffen wurden, aber zum Niederschlagsgebiete der Laibach gehören, können die fraglichen Hochwässer nur aus dem Westen und dem Südwesten der Moorebene gekommen sein. In diesem Bezirke befinden sich theils offene Thäler, deren Zusammengehörigkeit zum Morast¬ gebiete nicht erst nachgewiesen zu werden braucht, lheils aber auch Kesselthäler, bei denen dieselbe minder klar ist. Man weiß jedoch bestimmt, dass die Gewässer von Loitsch und Hotederschitz mit den Laibachflussquellen in direktem Zusammenhänge stehen, ohne das Unzfluss- gebiet zu berühren. Nur bei sehr starken und andauern¬ den Niederschlägen genügen die unterirdischen Canäle der Hotenka nicht, und das Ueberfallwasier ergießt sich aus Speilöchern bei Gartschareuz in das Planinathal, was auch im Oktober 1888 durch einige Tage der Fall war. Nach welcher Richtung die Niederschläge aus Schwarzenberg, Gereuth, Sauraz und den zahlreichen anderen Mulden abfließen, lässt sich heute, wo man erst am Beginne der Erforschung der Karst-Hydrographie steht, nicht mit Bestimmtheit sagen. Auf keinen Fall 7 aber steht dieses ausgedehnte Gebiet mit der Unz in directer Verbindung, und es ist die größte Wahrschein¬ lichkeit vorhanden, dass es beinahe vollständig zum Niederschlagsgebiete des Morastes gehört. Aus diesem Gebiete, welches wir kurz das Südwestgebiet nennen wollen, kamen die Hochwässer, wie aus folgender Auf¬ stellung erhellt: Niederschlag im Südwestgebiete Dauer der Überschwemmung im Moraste : 5. bis 15. October, » » - in Planina : 3. » 2b. - 8 Dauer der großen Niederschläge im Südwest¬ gebiete : 2. bis 9. Octvber, Aufhören der großen Niederschläge im Süd¬ westgebiete : 9. October, Fallen des Wasserstandes im Moraste: 9. » » - »in Planina : 12. » Gleich starker Zufluss von Planina zum Moraste: 2. Oct. bis 6. Nov. Diese Daten sprechen so deutlich als nur möglich aus, dass die Hochwässer des Südwestgebietes die Ursache der Morastüberschwemmung waren. Diese mit ungewöhnlicher Raschheit zuströmenden Wassermassen wären durch kein anderes Mittel zurückzuhalten, als durch das Abbauen der Thäler mittelst starker und hoher Dämme. Abgesehen von den enormen Kosten, wäre jedoch die Wirkung eine sehr problematische, denn erstens bestünde die Gefahr einer Versumpfung für die abgebauten Thäler und zweitens würden die Hochwässer aus den unterirdischen Canälen doch in gleichem Maße hervorbrechen wie bisher. Nachdem aber ein Zurückhalten der Hochwässer nicht ausführbar ist, so gibt es nur einen einzigen Weg, um sie unschädlich zu machen, und dieser ist: die Ableitung auf dem Wege des natürlichen Gefälles. Das Gefälle des Laibachflusses beträgt nur 45 Centi¬ meter für die ganze Strecke durch den Morast. Der Fluss schleicht daher träge dahin. Nur dann, wenn am oberen Theile des Morastes eine Aufstauung statt¬ findet, die zur Vermehrung des Gefälles je nach ihrer Höhe beiträgt, wird der Lauf der Laibach rascher. Man sieht es deutlich, dass das jetzige Gefälle un¬ genügend ist, um größere Niederschlagsmengen mit der¬ selben Raschheit aus dem Moraste zu schaffen, als sie in denselben gelangen. Ohne dem definitiven Projecte der Laibach-Regu¬ lierung vorzugreifen, kann eine Tieferlegung der Sohle des Laibachflusses sofort in Angriff genommen werden. 9 Diese Arbeit ist die einzig wirksame und kann allein die Versäumnisse der früheren Jahre wieder gutmachen. Die Berechnung der erforderlichen Tiefe der Baggerung und die Vertheilung des so gewonnenen Gefälles auf den Oberlauf des Flusses ist Sache der Landesingenieure und des Morastcnltur-Ausschusses, welch letzterer auch dafür zu sorgen hätte, dass nicht unnölhigerweise Zeit verzettelt und mit den bezüglichen Arbeiten bald begon¬ nen werde. Ebenso wichtig ist die Constatierung der Fluss¬ tiefe, weil nach der Theorie dieselbe abgenommen haben muss, wo die Sedimente am meisten sich zu Boden senken. Bei der wenig rationellen Art der Mo- rastcultur, werden die von den Ueberschwemmungen her¬ rührenden dünnen Sedimentlagen durch den Pflanzen- wuchs alljährlich aufgebraucht. In der Flusssohle aber bleibt der zähe Schlamm zurück, und die geringe Ge¬ walt des Wassers reicht nicht hin, um ihn fortzuspü¬ len, das Missverhältnis zwischen Uferhöhe und Fluss¬ tiefe muss daher fortwährend steigen. Sollte sich diese Besorgnis auch als unbegründet Herausstellen, so ist eine Neuaufnahme der Flusssohle und ihres Grund- materiales doch sehr wünschenswert, um daraus weitere Schlüsse zu ziehen, deren Anführung hier jedoch zu weit führen würde. Auch mit kleinen Mitteln kann viel er¬ reicht werden, wenn sie zur rechten Zeit und am rich¬ tigen Platze angewendet werden, aber bei Debatten allein darf es nicht bleiben. Diese führen nur zu Ver¬ bitterung und Animositäten, welche durchaus nicht zur Förderung irgend einer Sache beitragen, wo nur durch einträchtiges Zusammenwirken ein Erfolg erreich¬ bar ist. Die Tieferlegung der Sohle des Laibachflusses ist ein Meliorationswerk, welches zu den dringendsten Arbeiten in Krain gehört. Mit dem Angriffe dieser Hauptarbeit wird die Entwässerungsfrage nicht nur für 10 die 15.000 da Morastgrund, sondern auch für weitere 7000 k-r Ueberschwemmungsterrain in den Kesselthälern der Lösung entgegengeführt. Ist erst ein genügender Ab¬ fluss im Moraste geschaffen, so wird es sich bald zei¬ gen, dass es nur Vorurtheil ist, den Entwässerungs¬ arbeiten in Planina einen erheblichen Antheil an den Morastüberschwemmungen beizulegen. Dass der Antheil stets nur ein minimaler sein kann, geht schon aus den Größenverhältnissen der beiden Flächen hervor. Selbst wenn die Wassermenge aus Planina die 25 Tage zum Abstichen gebraucht hat und die, sehr hoch gerechnet, auf 30 Mill, veranschlagt werden kann (was viel zu viel für 1888 ist) — wenn dieses Gesammtquantum an einem einzigen Tage sich in die Laibacher Ebene ergießen würde, so könnte der Morast nur um 20 Cen¬ timeter überstaut werden. Bei einer 25tägigen Ablaufs¬ zeit kann aber auch nur der 25. Theil hinabgelangt sein, weshalb der Auftrag nicht mehr als ein Centimeter betragen konnte. Wie unerheblich im Vergleiche zu dem gesummten Zuflusse des Morastes die Zuflüsse aus Planina sind, zeigt ferner die Berechnung des täglichen Ablaufes aus letzterem Thale, der bei Hochwasser kaum 20 per Secunde erreicht. Durch eine Erhöhung dieses Ablaufes auf 25 bis 30 ir? würde die Mög¬ lichkeit einer Aufstauung für Planina bis auf außer¬ ordentliche Ereignisse beseitigt werden können. Die übrigen Zuflüsse aber betragen zumeist das Fünffache, im Jahre 1888 vielleicht sogar das Zehnfache, und ist ihnen daher bei Berechnung des zukünftigen Quer¬ schnittes und des Gefälles des zu regulierenden Laibach¬ flusses ein besonderes Augenmerk zu schenken. Bis zur definitiven Regulierung der Laibach wird noch geraume Zeit vergehen, die Morastentwässerung kann aber nicht so lange warten, wenn nicht die einst¬ weilen aufgelaufene Schadensumme jene der Baukosten übersteigen soll. Die Natur selbst gibt uns den Finger- — 11 — zeig, wo das Nebel steckt, und wenn der Erkenntnis rasch die That folgt, so kommt die Hilfe nicht zu spät für die jetzt lebende Generation. -e Nachdem ich mir durchaus nicht einbilde, Fach¬ mann in meteorologischen Angelegenheiten zu sein, so habe ich Vorstehendes dem Direktor der k. k. Central¬ anstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus, Herrn Hofrath Hann, zur Begutachtung und Ergänzung unter¬ breitet. Herr Hofrath Hann war so gütig, hiezu Fol¬ gendes zu bemerken: «Wir haben leider in Kram gegenwärtig wenig RegewStationen, so dass das Beifolgende alles ist, was ich gegenwärtig über die Regen des October in Kram geben kann. Sie finden in der Tabelle Stationen, welche zu dem in Betracht kommenden Gebiete nicht gehören; ich halte die Angaben trotzdem auch für Sie nicht ohne Belang, weil sie die große Verbreitung der Regen¬ güsse zeigen und eine Bestätigung dafür geben, dass die außerordentlichen Regen in Jdria nicht local waren, sondern wohl an den Gebirgsabhängen hie und da noch heftiger aufgetreten sind. Vom 3. zum 9. fand eine continuierliche Reihe von Regengüssen statt; dass eine Regenmenge von 425 mm (Jdria) innerhalb acht Tagen (in Wien fallen im ganzen Jahre durch¬ schnittlich nur 560 mm circa) zu großen Ueberschwem- mungen Veranlassung geben muss, ist klar. Die durch¬ schnittliche Regenmenge des October zu Jdria ist 231 mm; es fiel demnach im October 1888 fort die doppelte normale Regenmenge, und zwar innerhalb 8 Tagen; Gottschee hat normal 150 mm im ganzen Monate, diesmal fielen 247 mm in 9 Tagen. Die Ueberschwemmung des Laibacher Moores findet also ihre, wie mir scheint, ganz naheliegende natürliche Er¬ klärung in den außerordentlichen Regenmengen des — 12 — October 1888, welcher sich auf die kurze Periode von 8 bis 9 Tagen zusammendrängten. Was Ihren Artikel anbelangt, so scheint mir das, was Sie zuletzt anführen, die relativen Flächeninhalte der Becken von Planina und des Laibacher Moores, als eines der triftigsten Argumente, und es würde viel¬ leicht gut sein, wenn Sie dieses Argument mehr in den Vordergrund stellen würden. Ich theile Ihnen schließlich mit, dass ich in den 12- bis 14jährigen Regenmessungen in Jdria nur einen October gefunden habe, der sich in der unmittel¬ baren Aufeinanderfolge heftiger Regengüsse mit jenem von 1888 vergleichen kann.» 13 14 — — 15 — Indem ich Herrn Hoiralh Hann meinen schul¬ digen Dank für die wertvolle Bereicherung dieses Auf¬ satzes abstatte, hoffe ich, dass nun der wahre Sitz des Uebels erkannt werden wird, und dass alle jene, welche es mit dem Lande gut meinen, mit vereinten Kräften trachten werden, das nicht zu leugnende Uebel der großen Morastüberschwemmungen auch mit dem allein richtigen Mittel zu heilen, welches in Vorstehendem angedeutet ist.»