Sännen 3900 '7;.yr. rWWFTN , Ketaete um die Bekehrung der Lhamtten von Lentral-Afrika 51t erlangen. Beten wir für hfe unglücklichen Negervölker Central-Äfrikas, damit (Sott, der alles vermag, von ihren Hcrzcn einmal den Fluch Cham's hinwegnehme nnd ihnen jenen Segen verleihe, den man nur im Namen Jesu Christi, unseres Herrn und Gottes erlangen kann, O Herr Jesus Christus, alleiniger Erlöser des ganzen Menschengeschlechtes, der Du bereits herrschest von einem Meere zum andern und vom Flusse bis zu den Grenzen des Erdkreises, öffne erbarmungsvoll Dein heiligstes Herz auch den unglücklichsten Seelen von Central-Afrika, welche noch tu der Finsternis und int Todesschatten sitzen, auf dass durch die Fürbitte der gütigen Jungfrau Maria, Deiner unbefleckten Mutter, nnd ihres glorreichen Gemahls, des heiligen Josef, die Negervölker ihre Götzen verlassen, vor Dir sich niederwerfen und Deiner Kirche zugesellt werden. Der Du lebst und regierest von Ewigkeit zu Ewigkeit, Amen. Eorrefponöertß 6er Expedition. Eingegangene Geldsendungen, (Vom 25.-29. December 1899.) Anton Mayrhofer, Maria-Schmolln................................................... Katharina Jbinger, Privat, Ried, Ob.-Oesterreich.................................. Peter Woln, Saffig................................................................ Hnbertine Blistain, Ahrweiler, für hl. Messen..................................... Georg Kronabetter, Jnstitntsdirector, Salzburg ................................... Aus der Pfarrei St. Andrä für hl. Messen ......................................... Leonhard Plafeller, Pfarrer, Mühland, für hl. Messen.............................. Eduard Borawski, Jka, Istrien..................................................... Anton Seibold, Stadtpfarrer, Grafenau............................................. Johann Hopfner, Pfarrer, Vandans.................................................. Eduard Kunkel, Mannheim........................................................... Joses gaffn, Jsenheim (Elsaß)..................................................... Dr. Ludwig Kohnle, Pfarrer, Pfronten, für hl. Messen.............................. Generaloberin der Barmherzigeit Schwestern, Innsbruck............................. Joses Arnold, Volders............................................................. Franz M, Doppelbauer, Bischof, Linz a. D.......................................... Joses Aichner, Pfarrer, Gschnitz (theils für hl, Messen).......................... F. Diemer, Kairo.................................................................. Gräfin v, Mervcldt, Freckenhorst (Westfalen), für hl. Messen...................... Anton Hueber, Pfarrer, Nikolsdorf................................................. Jaromir Smolka, Caplan, Fürstenfeld .............................................. Thomas Daum, Flaurling............................................................ I. Kopieczek, Rosenheim........................................................... Anna Sinner, Nieder-Lana.......................................................... Dr. Josef Lesar, Laibach.......................................................... Fr. Stieglitz, Linz a, D.......................................................... Ludwig Brunner, Cooperator, Fügen................................................. Jakob Hinkclbein, Neckarhausen.................................................... 1.50 sl. 3- fl. 3— M. 18,- M. 8.10 sl, 1.50 ft. 39,- M, 1.50 ft. 3,- M. 3.10 M, 220,— M, 2- fl, 1.50 fl, 1.50 fl, 5,- fl, 3.— Frcs. 36,- M. 1 60 fl, 4 50 ft. 1 50 sl, 3,— M. 4 50 fl, 1.50 fl. 1.50 fl. 1 50 ft. 10,- M, Diesen nnd allen übrigen Wohlthätern sagen wir ein herzliches „Wcrgclt's Hott!" und bitten um weitere milde Haben für unser Missionshaus. Messstipcndicn werden mit Dank zu gewissenhafter T'ersolvicriuig angenommen. Vesondere Bitte: Unser Misponshaus braucht für einen unserer Missionare, der in der photographischen Kunst bewandert ist, einen photographischen Apparat (womöglich Ztatibhatnera-Mormat 18 :24 oder doch 13 :18). Wer von unseren Mreunden will uns hiebei behülflich feint Man bittet die Abounenten bei Einsendung des Betrages u, dgl, gefälligst die Schleifnummer anzugeben. Mmtrmte 5ettf4tn.fl fir ^IktcheWe^retlM k Sfrtita. Organ des MssionshauA der „Löhne des HP. Herzens Jesu". Erscheint am Ende jeben Monats. Wr. 1. Jänner 1900. III. Jahrgang. Inhalt: An unsere Leser. — Marien-Verein für Afrika. — Der Stern der Weisen aus dem Morgenlande. — Erste Reise unserer Missionäre im wiedereroberten Sudan. — Brixen am Lisack. — Erinnerungen an eine Reise im rothen Meere. — verschiedenes- All iiiifrrc Kskt! MW it Beginn dieses Jahres wird der „Stern der Neger" nicht, wie bisher, am Ende, sondern am Anfange jeden Monates erscheinen. Wir bitten die P. T. Abonnenten um baldige Erneuerung des Abonnements für 1900. Der Preis beträgt mit Postversendnng fl. 1.50 (3 Mark). Der Herr hat allen zu Ehren seines heiligsten Herzens begonnenen Unternehmungen besonderen Segen versprochen. Unsere Monatsschrift dient der Sache einer Congregation, welche berufen ist, die Segnungen der göttlichen Liebe den ärmsten Völkern zu bringen und dem göttlichen Herzen Millionen von Anbetern im heidnischen Afrika zuzuführen. Es sei uns die herzliche Bitte gestattet: Jeder unserer Freunde und Abonnenten möge nach Maßgabe seines Könnens aus Liebe zum göttlichen Herzen und zu den armen Heiden Afrika's wenigstens einen Abonnenten mehr für das Jahr 1900 gewinnen. Die Wedaction des „Stern der Weger". Banen-W«Mn M Sfnta. /iefer unter dem Protectorate Sr. k. und f. apostolischen Majestät Kaiser Franz Josef I. im Jahre 1851 gegründete Verein für Katholiken der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder unter der Obhut des österreichischen Episcopates hat die Förderung der katholischen Missionen und der Sclavenbefreinng in Afrika znm Zwecke. Der Central-Ansschuss des Vereines befindet sich in Wien. Präsident desselben ist Se. Eminenz Cardinal Fürsterzbischof Dr. Anton Grnscha. In jeder Bischofstadt bildet sich eine Diöccsan-Abtheilnng mit einem DiöcesamAnsschuss; in jeder.Pfarre eine Psarr-Abtheilnng mit Pfarr-Ausschuss. Eine Pfarr-Abtheilnng kann constitniert werden, sobald in einer Pfarre mindestens fünfzehn Mitglieder sich befinden. Ebenso können in den einzelnen Pfarren Franengrnppen sich bilden, meint mindestens zwanzig Frauen dem Vereine beigetreten sind. Mitglied des Vereines kann jeder in Österreich wohnende Katholik werden, der sich verpflichtet, täglich ein Vaterunser und ein Ave mit dem Zusätze j. „Bitte, o Himmelskönigin Maria, für die unglücklichen Neger!" Ich. „Ans dass sie mit uns würdig werden der Verheißungen Christi!" zu beten, und einen monatlichen Beitrag von mindestens 5 kr. ö. W. leistet. Theilnehmer werden solche, die sich znm Gebete nicht verpflichten, aber mindestens 1 fl. im Jahre spenden. Wohlthäter sind solche, welche nach Belieben eine einmalige oder öftere größere Gabe dem Vereine zuwenden. Ablässe für die Mitglieder, verliehen von S H. Papst Pins IX, durch Breve vom 5. December 1852: Ein vollkommener Hlass, nach vorausgegangener würdiger Beicht und Communion und unter den gewöhnlichen Bedingungen: 1. Am Feste der Auffindung des heiligen Kreuzes. 2. Am Feste Mariä Geburt, dem Hauptfeste des Vereines. 3. Einmal in jedem Monate, meint man an jedem Tage des Monates die vorgeschriebenen Gebete verrichtet Ein Ablass von 100 Tagen, so oft man ein Vereins werk (das tägliche Gebet oder das Almosen) verrichtet. Bei Nengrnndnng von Psarrgrnppen übernimmt die Einleitung aller jener Schritte, welche zur behördlichen Genehmigung solcher Psarrgrnppen, resp. des Statutes, nothwendig sind, der Vicc-Präscs des Wiener Diöcesan-Ausschusses, der Hochw. Monsignor Anton Schöpflenthner, Domcapitnlar bei St. Stephan in Wien I., Stephansplatz 6. Möge gerade jetzt, da die alte österreichische Mission im Sudan sich wieder eröffnet und die Missionsthätigkeit in Afrika in steigender Entwicklung begriffen ist, die Liebe zu den unsterblichen Seelen der armen Afrikaner und auch die Dankbarkeit für die Gnade des wahren Glaubens recht viele Österreicher bewegen, sich diesem heimischen Missionsvereine anzuschließen, und für die Ausbreitung desselben recht thätig zu sein. Der Strni irr Prism mis im florjetilmiie. te hochbedeutsame und dabei so schöne und liebliche Erzählung über die (SlÄm Ankunft der Weisen, „Magier" nennt sie die Schrift, in Jerusalem und dann in Betlehem im zweiten Capitel des Matthäus-Evangeliums, hat von jeher in ganz besonderem Grade die fromme Aufmerksamkeit • der christlichen Kreise auf sich gezogen, und wie die „Magier" Gegenstand weitläufiger Erörterung seitens der Theologen wurden, gehören die „heiligen drei Könige" zu den populärsten Gestalten der christlichen Legende und Volkssitte. Bei der Knappheit des evangelischen Berichtes konnte es nicht fehlen, dass weitläufige Untersuchungen angestellt und Conjecturen aufgestellt wurden über Herkunft, Stand, Namen, Zahl re. der wie ex abrupto in der Heiligen Geschichte auftauchenden und dann spurlos verschwindenden Männer, die da gekommen waren „aus dem Morgenlande". Ganz besonders erhöht wird aber das Interesse an diesen in jeder Beziehung so merkwürdigen und sympatischen Figuren der neutestamentlichen Offenbarungsgeschichte durch das geheimnisvolle Himmelszeicheu, das ihnen als Wegweiser diente: der Stern der Weisen hat den Scharfsinn der Gelehrten, die Andacht frommer Betrachter, die Leier sinniger Dichter lebhaft erregt. Diesem Sterne wollen wir eine kurze Erörterung widmen. Der Evangelist erwähnt in dem citierten Capitel des Sternes viermal. Die Weisen sagten zur Begründung ihrer Frage nach dem neugeborenen König der Juden: „Denn wir haben seinen Stern im Morgenlande gesehen." Herodes berief die Weisen heimlich zu sich „und erforschte von ihnen genau die Zeit, da der Stern ihnen erschienen war". Dann: „Und siehe, der Stern, den sie im Morgenlande gesehen hatten, gieng vor ihnen her, bis er über dem Orte, wo das Kind war, ankam und still stand. Da sie aber den Stern sahen, hatten sie eine überaus große Freude." Was war nun das für ein Stern? Ein gewöhnlicher oder ein außergewöhnlicher ? Ein natürlicher oder ein wunderbarer? Eine kirchliche Bestimmung hierüber besteht nicht, und man darf daher an und für sich das eine oder das andere annehmen, und es wurde und wird auch beides behauptet und vertheidigt, wie denn ja gewiss der Schöpfer zu dem bestimmten Zwecke sich sowohl einer ganz speciell hervorgebrachten und außerordentlichen, als einer gewöhnlichen und natürlichen Lichterscheinung bedienen konnte. Es handelt sich nur darum, was dem heiligen Texte angemessener erscheint, und eben von diesem Gesichtspunkte ans i Der Stern der Welsen aus dem Morgenlande. wurde in neuester Zeit wieder der außerordentliche Charakter des Sternes der Weisen mit gewichtigen Gründen vertheidigt, für welche Ansicht auch die Mehrheit der Väter entschieden eintritt. Anbetung ücv Heiligen Drei Ränige. Die Anhänger der Meinung von der rein natürlichen Beschaffenheit des Sternes denken entweder an einen periodisch erscheinenden und verschwindenden Fixstern, wie deren allerdings eine ganze Reihe von den Astronomen beobachtet worden ist, oder weisen ans einen Kometen hin, der nach chinesischen astronomischen Tafeln im Jahre 750 nach der Gründung Roms sichtbar war, wieder andere ziehen die Conjunction der Planeten Jupiter, Saturn und Mars heran, Der Stern der Weisen aus dem Morgcnlande. 5 welche 747 nach der Gründung Roms stattfand, und machen daraus den Stern der Weisen; Andere'sagen Anderes. Man sieht daraus schon, dass die Vertheidiger dieser Meinung zu den verschiedensten Annahmen ihre Zuflucht nehmen müssen, um ihre Meinung plausibel machen zu können. Der Komet von 750 und die Planetenconjunction von 747 nach der Gründung Roms können kaum in Betracht kommen, weil es ganz entschieden unrichtig ist, dass Christus in einem dieser beiden Jahre geboren wurde. Gegenüber diesen Deutungen, die keine rechte Freude an dem himmlischen Führer der drei heiligen Pilger zur Krippe aufkommen lassen, steht die Annahme, dass der Stern der Weisen eine eigens erschaffene Lichterscheinung, eine besondere Veranstaltung der göttlichen Vorsehung war zu dem Zwecke, den Erstbernfenen aus dem Heidenthume die Geburt des Heilandes zu offenbaren und theilweise deren Wegweiser zu seiner Wiege zu sein. Wer einen natürlichen Stern annimmt, vergisst zunächst, dass der ganze Verlauf der Erzählung im Evangelium die Ankunft und das Verweilen der Weisen in Jerusalem, sowie deren Weiterreise am Tage als selbstverständlich erscheinen lässt. Sobald sie Jerusalem verlassen hatten, sahen sie den Stern wieder, was den Schluss gestattet, dass er ihnen auf der Reise nach Judäa bei Tag sichtbar gewesen. Bei Tag sieht man, wie männiglich bekannt, keine Sterne am Himmel glänzen. Bedenkt man dann den Ausdruck der Heiligen Schrift: „Wir haben seinen Stern gesehen", so wird man zur Annahme gedrängt, dass es eben ein eigener, zu dem neugebornen Heilande in Beziehung stehender, seine Ankunft auf Erden auf außerordentliche Weise verkündender Stern gewesen. Wenn es ferner heißt: „Der Stern gieng vor ihnen her", und zwar so lange, „bis er über dem Orte, wo das Kind war, ankam", und dass er dann „still stand", so passt dies alles nur auf eine außerordentliche sternartige Lichterscheinung und kann nur mit gewaltsamer Deutung auf einen natürlichen Stern angewendet werden. Alles deutet auf eine singuläre provideutielle Veranstaltung, ans ein Phänomen, das zu einem bestimmten Zwecke eintrat und dann luieber verschwand. Sriti? Keife unserer Lissionäre im mieZereroöerten Nußan. Won Assuan nach ^möermcin unö zurück. Von P. Wilhelm Banholzer, F. 8. C. it dem Falle von Omdernian waren unsere Blicke unausgesetzt auf den Sudan gerichtet, und wir erwarteten mit Ungeduld die Zeit, wo uns der Eintritt in unser altes Missionsgebiet wieder ermöglicht würde. Dieses ist nun, wenn auch nur vorübergehend, geschehen. Den Lesern wird es hoffentlich erwünscht sein, etwas über unsere Reise nach Chartum-Omderman und unseren Aufenthalt daselbst zu erfahren. — Die einschlägigen Notizen habe ich mir an Ort und Stelle gemacht, so dass die folgenden Ausführungen wohl auf Genauigkeit Anspruch erheben können. Assuan, den 22. September 1899. Aleich nach seiner Ankunft in Omderman im laufenden September hatte der Sirdar, von der Güte und Sicherheit der neuen Wege aus eigener Erfahrung überzeugt, wie auch von der Ruhe und Unterwürfigkeit der einheimischen Bevölkerung versichert, an den österreichischen Bevollmächtigten in Kairo, v. Kallenberg, telegraphiert, die Mission könne einen Vertreter nach Chartum entsenden; derselbe möge aber sobald als möglich abreisen, falls er noch vor Beginn der Expedition gegen den Chalifen eine Wahl treffen wolle zwischen den angebotenen neuen Grundstücken. Den alten Garten der Mission hat die englische Regierung gebraucht für die Ausführung ihrer Baupläne. — Als Vertreter war P. Ohrwalder, der ehemalige Gefangene des Mahdi, bestimmt; es handelte sich nur noch um seinen Begleiter. Einer der Väter, die nach Europa zum Ersten Geueralcapitel der Congregation berufen waren, war dazu ausersehen; er kam aber nicht, und die Abreise drängte. So durste ich mitgehen, da man mich nirgends nothwendig und überall leicht entbehrlich fand. Die Reise hatte um diese Zeit ein besonderes Interesse. Seit der Schlacht von Omderman hatte kein Unberufener mehr den Sudan betreten, soviel auch das unternehmende Capital von außen und die armen Eingeborenen im Inneren auf die Eröffnung des Sudans drängten. Das ganze Land befand sich noch im Kriegszustand. Es waren noch die Spuren der jüngst gelieferten Schlachten vorhanden und von den Gräueln der Mahdistenherrschaft führten verlassene Uferlande, zerstörte Wohnungen, blutbespritztes Gestein und Menschenknochen ein beredtes Erste Reise unserer Missionäre im wiedereroberten Sudan. 7 Wort. Noch unter dem Eindruck der furchtbaren Schlacht bei Dmbeniuin, machten die vielen Berichte ehemaliger Gefangener über die achtzehnjährige Schreckensherrschaft der Derwische die Orte jener Thaten auf immer denkwürdig und fesselten die Augen der ganzen gebildeten Welt. Mehr als all dies jedoch begeisterte mich für den Sudan die Gunst, die Tausende theuer bezahlten, an der Seite eines ehemaligen Gefangenen, der zehn Jahre dort geschmachtet hat, reisen zn dürfen. Einen besseren Bädecker als ?. Ohrw alder konnte ich nicht finden. Er konnte den auftauchenden Bildern eine lebendige, richtige Erklärung geben. Freitag (22.) abends gegen 5 Uhr, fuhr der Nildampfer von Schellal ab. Bis dahin mussten wir eingerichtet und reisebereit sein. In zwei Stunden war ein Tonrist improvisiert, wie er für die Reise verlangt wurde, und ich war marschfertig. Um den Hafenplatz von Schellal zn erreichen, wo die Regierungsdampfer für Haifa bereitstehen, muss man die Militärbahn benützen, die vom südlichen Ende Assuans ausgehend, dorthin führt. Der Bahnhof von Schellal liegt der bekannten Insel Phylä gegenüber. Um 3 Uhr verließ der Zug Assuan, der Ordnung gemäß, und das war etwas außergewöhnliches. Um 3 */2 waren wir auf dem Bahnhof von Schellal; ebenfalls nichts alltägliches. — Eine Menge Schiffe, worunter verschiedene zweistöckige Nildampfer, lagen bereit — die einzigen Verkehrsmittel nach Haifa. Einer derselben dampfte: das musste der unselige sein. Wir stiegen ein mit einem Gefolge von schwarzen Packträgern. Es gab noch eine Cabine für uns; hiemit hatten wir alles, was wir für die Reise zunächst nach Wadi-Halfa benöthigten. Eine andere Frage war, ob wir auch alle Bedürfnisse entdeckt und erraten hatten. Die von den alten Missionären gemachten Erfahrungen — sie schlugen immer die Route Suakin—Berber ein und reisten auf Kameelen — konnten uns auf dem neuen Weg wenig nützen; anderseits war keine Zeit mehr, lange herumzuspringen und nachzufragen, wie wir uns zn verproviantieren hätten. — Diese Gedanken störten jedoch keineswegs unseren Reisehumor; wir reisten im Gewände von Touristen, waren aber Missionäre. Hätte uns nicht das Bewusstsein, Missionäre zu sein, getragen, so wäre unsere Geduld schon jetzt ausgegangen: es war nämlich 5 Uhr und niemand machte Miene, die Anker zu lichten. Noch mehr: unser Schiff, das vor einer Stunde noch so unternehmend gedampft hatte, schien plötzlich „Nichtraucher" zu werden, — der Orientale hat Zeit und glaubt, dass, wie er, niemand Eile habe. So hatten wir Zeit, im Angesicht der Pylonen des Jsistempels, über das herrliche Phylä unsere Gedanken zu machen. Brugsch nennt es „das schönste Bild auf Gottes weiter Erde". Gewiss ist es wunderschön: der Abendsonnenschein, der goldgelbe Wüstensand des Westufers, das palmenreiche Ostufer, die begeisterte Phantasie des Betrachters, machen das kleine Eiland zu einer Zauberwelt. — Welch eine Sprache führen die alten Säulengänge, die mächtigen Pylonen, inmitten der modernen Dampfer, der Eisenbahn und ihrem Gefolge! Mir kam der Gedanke, wenn die alten Heiden zu Ehren ihrer falschen Gottheiten, mit unsäglichem Aufwand an Mühe und Kosten, solche Tempel erbauten, was soll dann der christliche 8 Erste Reise unserer Missionäre im tiuebcm.'oficvten Sudan. Missionär nicht zn thun bereit sein, zu Ehren des wahren, unsterblichen Gottes, und was darf er nicht zur Unterstützung seiner Unternehmung von der Großmuth seiner Glaubensbrüder erwarten! Anstatt um 5 Uhr, fuhren wir um 8 Uhr ab. Zn all dem durften wir noch von Glück sprechen; verschiedene Reisende haben schon an dieser Stelle bis zum folgenden Morgen sich gedulden müssen. — Nach langem Herumstechen mit Stangen kam das Schiff endlich vom Ufer los: die zwei mächtigen Barken, die an seiner Seite festgebunden waren, hatten ein großes Gewicht und verursachten ihm einen nicht gewöhnlichen Tiefgang, der in der Folge immer das Aufsuchen der tiefsten Flussstellen nothwendig machte. Nur langsam kamen wir voran; die Insel Phizlä. anfängliche Geschwindigkeit verbesserte sich auch später nicht; ein guter Fußgänger am Lande hätte leicht mit uns Schritt gehalten. Ein feiner Nordwind wehte. Unsere Cabine hatte aber vermöge ihrer Lage nichts von dieser angenehmen Brise zu verkosten und es herrschte dort eine unerträgliche Hitze. Wir ließen daher Matratze und Wolldecke oben auf das Verdeck bringen und schlugen hier das Nachtlager auf. An das Schlafen war noch nicht zu denken. Es war auf unserem Schiffe ein griechischer Restaurateur, der trotz der großen Hitze seine Industrie ausübte und warme Speisen, Bier und andere Getränke verabreichte. Diese Gelegenheit dürfen wir nicht unbenützt lassen, denn auf der kommenden Eisenbahn und den Süddampfern findet man keine Küche mehr-Man lebt dort von Conserven, Brot und Datteln und trinkt frisches Wasser. — Erste Reise unserer Missionäre im wiedereroüerten Sudan. 9 Nach dem Abendessen setzen wir uns oben auf die luftigen Betten, um noch ein Stück zu plaudern. Es war. Mondnacht. Die Sterne funkeln so rein, der Mond glänzt so scharf, das ganze Firmament leuchtet so klar, schöner noch als in unseren nördlichen Gegenden bei Winternacht. Wie kann man schlafen, wenn der ganze Himmel mit all seiner Pracht in Aug' und Herz sich spiegelt? Wir müssen noch eine Zeit lauschen, „wie die Himmel erzählen von der Herrlichkeit Gottes und das Firmament verkündet seiner Hände Werke." Es ist fast Sünde zu schlafen. Doch gilt es sich auch zu schonen und Ruhe zu suchen in den ersten Tagen, weil nachher auf der langen Wüstenbahn der Schlaf jedenfalls sehr spärlich sein wird. Das Schlafen im Freien ist hier in den Herbsttagen nicht gesundheitsgefährlich, da die Luft sehr trocken und die Feuchtigkeit auch bei tiefem Thermometerstand sehr gering ist. Wie hätte ich zehn Jahre früher daran gedacht, auf dem alten Nile so zauberhafte Nächte zu verbringen, als mein Lehrer in der Geographie-stunde meine Hand vom Ursprünge bis zur Mündung dieses sagenhaften Flusses führte! Die Wege der Vorsehung sind wunderbar und nur zu des Menschen Heil gezeichnet. Mein Nachbar schlief schon lange, während ich mich immer noch hin und herwarf und nicht zur Ruhe kommen wollte. Er hatte dieser Nächte nur zu viele gesehen und lvahrscheinlich nicht auf Rosen gebettet. Ihre Herrlichkeit machte vielleicht sein damaliges Los nur noch schwerer. Die Nacht war schnell durch das Nilthal hingezogen und frisch erwachend in der Früh sah ich, dass der Schlaf mich schließlich doch bezwungen und in sein Reich gelockt hatte. — Gott sei Dank spürte ich nichts von Rheumatismus oder Schnupfen. — Nun zieht die Uferlandschaft in aller Gemächlichkeit vorüber; man kann sie betrachten wie den Kiesel im Büchlein, wie die Blumen in der Hand. Sie weist aber nicht viel neue Formen auf, denn es kehren immer dieselben alten Bilder wieder, die Ober-Aegypten ans Schritt und Tritt bietet. Gestaltlose, verbrannte Gebirgszüge auf dem Ostufer, auf dem Westufer helleres Gestein, bald wild übereinander gethürmt, bald nachlässig verflacht, dazwischen der gelbe Wüsten-flugsayd eingeweht, der bisweilen bis hart ans Wasser reicht. Die immerfort den Nil begleitenden Gebirgszüge lassen im allgemeinen dem Fellachen wenig bebaubares Land. Außer Durrah, Bohnen, Ricinus und Gerste ist nichts angebaut. Von Bäumen findet sich nur der schattenreiche Suntbaum und die zierliche Palme, die jedoch selten zu größeren Gruppen vereinigt sich findet. — Das ist die immer sich wiederholende Scenerie: bloß die Ausdehnung des Bildes wechselt, je nachdem die Gebirgsketten der Wüste näher oder ferner den Nil hinaufziehen. Ober- und Unter-Aegypten ist eben ein Theil der Wüste Sahara, durch welche der Nil sich ein Bett gegraben, aus welchem er alle Jahre zur Zeit des Hochwassers heraustritt und hier größere, dort kleinere Strecken überschwemmt. Der Schlamm, den er überall, wo er gewesen, znrücklässt, ist das fruchtbare Erdreich Aegyptens, das gegenwärtig eine Höhe von durchschnittlich 10 Metern erreicht hat. Ans der Entstehung und Beschaffenheit des Cnlturlandes und der Natur des darüber sich wölbenden Himmels erklärt sich das ewige Einerlei der ägyptischen Vegetation. Soviel Wasser der Nil in die Wüste bringt, soviel Schlamm er auch absetzen mag, er wird selten malerische Landschaften hervorzaubern aus dem eintönigen 10 Erste Reise unserer Missionäre im wiedereroberten Sudan. Wüstenfeld und einer tausendfältigen Flora das Leben geben und einer üppigen Baumeultur zum Dasein verhelfen. Der Nil schwemmt alljährlich neues frucht-bares Erdreich nn, das reiche Ernten gewährt. Das ist die ihm von Gott zugewiesene Aufgabe in der Sahara. Die menschlichen Wohnungen sind sehr selten und hart an die Felsen gebaut, um die mageren Uferstriche ganz dem Anbau zu erhalten. Nicht wenig wunderte mich die Zierlichkeit und Reinlichkeit der Hütten und ich schrieb ihre Vorzüge der großen Arbeitsamkeit, wie der Einfachheit und verhältnismäßigen Unverdorbenheit ihrer Bewohner zu. Die Hütten sind aus Nilschlammziegeln gebaut. Das flache Dach ist aus Palmenzweigen, weil der Regen hierzulande eine Seltenheit ist. Ein jeder muss sein eigener Baumeister sein, denn die Hütten stehen nur zu zweien und dreien beisammen, und bis zu einer neuen Gruppe gilt es oft eine halbe Stunde zu fahren. Eigentliche Dörfer habe ich bis jetzt keine gesehen. Die paar Leute, die hier beisammen sind und ein Dutzend Quadratmeter Erde zum bebauen haben, leben jedenfalls wie Einsiedler. Wir haben bis jetzt noch nicht eine einzige Barke entdecken können, die uns einen Verkehr der Leute mit einander anzeigte. Wenn nicht hie und da wieder der goldgelbe Flugsand in wunderschönen Schwingungen und Strömungen in das Thal sich ergötze, gäbe es keine landschaftlichen Neuigkeiten und man müsste sich langweilen. Man kann es der Gegend nie verzeihen, dass sie keine Flora aufweist nach europäischen Begriffen. Nur das Wasser und der prächtige Nordwind sind die Elemente, in denen wir leben und uns freuen. Der wolkenlose Himmel ist alltäglich geworden, und kein Mensch spricht mehr vom Wetter. Aber nicht von Luft und Wasser allein lebt der Mensch auf die Dauer. Man ruft zum Thee herunter: da war schon alles lebendig, besonders auf den beiden Barken, und die Wassermelone und der schön geschwungene Faggus (lange Gurke) war in aller Hände. Die Boote, die wir an der Seite führen, sind schwere Barken, so lang wie der Dampfer selbst, mit zwei Etagen für Soldaten und Pferde. Das Gepäck ist im Hohlraum untergebracht. Bei dem großen Verkehr, der gegenwärtig zwischen Haifa und Assuan herrscht, müssen alle Personendampfer zivei solche Barken mitnehmen. Die Reisenden haben so zwei Tage länger zu fahren und zu bezahlen. — Von etwa 200 Personen, die auf den drei Schiffen waren, lebten bloß vier aus der Küche des Restaurateurs. Die Uebrigen hatten nach orientalischem Gebrauch das Essen mitgebracht. Es besteht in Brot, rohen Zwiebeln, Datteln, Faggns, Wassermelonen. Das Wasser, ihr einziges Getränk, liefert der Nil. Nach dem Essen fehlen die Cigaretten auch dem Aermsten nicht. Ich wollte mich von den Leuten, die von ihrer Barke aus in unsere Fenster hineinsahen, nicht beschämen lassen und fieng auch an zu dampfen. — Gegen das Trinken des unfiltrierien gelbbraunen Nilwassers wird im Augenblicke viel geschrieben in den französischen und englischen Zeitungen Aegyptens. Nichtsdestoweniger trinken die Eingebornen nach der Art ihrer Altväter weiter und mit Recht. Ihr Magen ist so kräftig, dass er etwaige gesundheitsschädliche Stoffe einfach mitverdaut und dadurch vernichtet. Erste Reise unserer Missionäre im wicdererobertcn Sudan. 11 Gesellschaft hatten wir da unten genug: die Aegygter sind unterhaltende, höfliche und lustige Leute und Fanatismus haben sie jedenfalls weniger als alle andern Mohammedaner der Welt. Trotz alldem war es besser für uns, die Zeit mit Lesen und im Betrachten der vorüberziehenden Landschaftsbilder zu vertreiben, Man kann auch mit besser gebildeten Aegyptern kein vernünftiges Gespräch führen. Essen und Trinken, und die Engländer im Lande bilden den allgemeinen Gesprächstoff, der dann noch in hundert unzugehörigen Vergleichen und Bildern verarbeitet wird. Möchten die unwissenden Aegypter hierin etwas von den Engländern lernen! Es würde ihnen gut anstehen. Unser Berns bringt überdies verschiedene Pflichten mit sich, die ein gutes Stück des Tages in Anspruch nehmen. Eine JL fmlmcnljain am Itilufcr. intime Freundschaft mit unseren geschwätzigen, wie die Mücken aufsässigen Aegyptern ließe uns kaum die Zeit zum Essen finden. So verzichten wir ganz auf die Freundschaft mit unseren Nachbarn, um unsere Freiheit zu bewahren. Um 10 Uhr hielt der Dampfer in Abu-Hor; den ersten größeren Ort Kalabscha wenig unterhalb des Wendekreises des Krebses hatten wir bei Nacht passiert. Der Nil hat hier im Laufe der Jahrhunderte in einer Höhe von mindestens 15 Meter Schlamm abgesetzt und sich ein hohes Ufer gebaut. Vom Schiffe aus sind nur wenige Häuser sichtbar, worunter das weißangestrichene, freundliche Amtshaus. Fallachenmädchen bieten Datteln und Eier zum Verkaufe an. Anderes ist nicht zu haben. Auch in der Zukunft bekamen wir zu verstehen, daß die Eingeborenen an den Landungsplätzen kein Verständnis für den Gewinn 12 Erste Reise unserer Missionäre im wiodereroberten Sudan. haben, den sie durch Verkauf von Lebensmitteln machen können. Sie scheinen den Reisenden noch nicht zu trauen. Nachdem die Postbeamten von drinnen und draußen sich genugsam unterhalten, wurde abgestoßen und im alten Schritt weiter gefahren, immer hart am rechten Ufer, um die starke Strömung des Flusses zu vermeiden und die größte Tiefe sicher zu haben. Die niederen Feldhügel, die vor Abu-Hor die Schiffahrt gefährlich machen, hören auf. Die schmalen Streifen Uferlandes sind vom Flugsand ganz bedeckt, nur noch der Ricinus findet fein Fortkommen. Sonst geht alle Vegetation aus und die reine Wüste beginnt. Die Fußwege, die da und dort von den sandigen Bergen münden, führen jedenfalls nach tiefer liegenden, bebauten Stellen hinter der ersten Bergkette. Bei all dem Mangel an Cultur begegnen wir vereinzelten menschlichen Wohnungen. Wovon ihre Insassen leben, können wir uns nicht erklären, wenn die Lebensmittel nicht von Pflanzungen hinter den Bergen kommen. Boote zum Verkehr zwischen hüben und drüben haben wir nicht gesehen. Die baldfolgenden Tempelruinen von Dendur zeigen, daß schon in alten Zeiten hier Menschen wohnten und zusammenkamen. Nicht weit davon stehen 5 arabische Kuppeln (Kapellen) eine hinter der andern. — Einen malerischen Eindruck macht das winzige Dörfchen Mariet-Esch, ganz in die Felsen eingenistet, da wo das Zurückweichen des Gebirges ein paar Quadratmeter Land Platz macht. Das prächtige Bouquet von Dompalmen am Ufer und die weißgetünchten Häuschen in den Felsen stimmen den wüstenartigen Charakter der Gegend auf einen Augenblick um. Erst nach Gers-Hussein verflachen sich die Ufer wieder und der Anbau wird üppiger: zwischen lichten Palmengruppen ist Durrah, Bohnen, Ricinus, Bamia angepflanzt. Die Hütten hinter dem Kulturland sind durchwegs aus Nilschlamm und stehen in schöner Ordnung beisammen. Der westliche Uferrand ist mit jungen dichten Suntbäumen gesäumt, in denen zahlreiche, winzige Vöglein sich schatten und freuen. Ein von den Eingeborenen CherrLs genanntes, weißgraues Gesträuch kommt hier zum erstenmale zum Vorschein. Zum Schutze gegen die verheerenden Thermiten (weiße Ameisen) sieht man im Lande drin häusig Suebas, d. h. aus Nilschlamm gemodelte und mit Kuhmist bestrichene Kornbehälter von der Form großer gefüllter Säcke. Eine Menge Kinder springen am Ufer, „Backschich, Hauaga" (Trinkgeld, Herr) rufend. Einige Spitzbuben, müde des fruchtlosen Rennens, warfen sogar Steine und Lehmstücke gegen uns. Vor uns her fliegen Scharen von Turteltauben, immer von neuem wieder durch das dahinfahrende Schiff aufgescheucht. Um 3 Uhr kommen die Tempeltürme von Dakka in Sicht. Bei der Landung stand das halbe Dorf am Ufer und Knaben und Mädchen kommen ans Schiff herunter mit Milch und Datteln zum Verkauf. Die Weiber halten sich in geziemender Ferne, mit verhüllten Gesichtern. Vielleicht wollten sie uns ihre Schmutzigkeit verbergen, welche ihre Männer und Kinder zur Schau tragen. — Der Bezirk Halsa macht nun einen Teil des Sudans aus. Die Wasserräder (Saghien) sind von da an besser gebaut als in Oberügypten. Sie sind von fester Struktur, den hohen Ufern gemäß bedeutend hoch und weit Brixcn am Eisack. 13 ins Wasser hereingebaut. So eine Saghie stellt in diesen Gegenden eine Unternehmung ersten Ranges dar und bildet mit den 4 Kühen, die dazu benöthigen, ein Capital, das sich wohl rentiert. Die Schöpfbrunnen (Schadufs) werden dagegen immer seltener. Sie müssen bei dem hohen Uferlande in oft 3—4 Etagen übereinander angebracht werden und würden zu viel Menschenkrüfte in Anspruch nehmen, die nach Abschaffung der Sclaverei nicht mehr zu haben sind. Die Tempelthürme von Dakka verlieren sich bald und das alte Einerlei der Landschaft beginnt wieder, aber in größerem Maßstabe. Der Fluss wird mächtig breit, die Berge sind hoch und öfters von genau pyramidaler Form. Die hereinbrechende Nacht lässt sich darin furchtbar prächtig an. Wir machen das Nachtessen schnell ab, um gleich am Verdecke zu sein, wo inzwischen unser Nachtlager ausgebreitet liegt. Das Abendgebet steigt leicht zum Himmel vor dem Schlaf nnter'm Sternenzelt. (Fortsetzung folgt.) vmxi am Misstet. ist eine uralte Völkerstraße, die das Eisackthal durchzieht! Nicht nach Jahrhunderten, sondern nach Jahrtausenden zählt der Zeiten Flucht, dass das merkwürdige — von Franzensfeste nach Bozen führende — Defilö den Verkehr zwischen den nördlicheren Alpenländern und dem italienischen Sprachengebiete vermittelt. Dieser Verkehr war häufig kein friedlicher, denn gerade hier stießen die Grenzen gewaltiger Reiche und — ihrer innersten Natur nach — verschiedener Cultursphären hart aneinander. Diese hochbedeutsame Grenzmarke stellt der mitten ans dem Eisackthale jäh aufsteigende Felsen von Säben dar, zu dessen Füßen das uralte Städtchen Klausen ruht. Nach Lage und Form dieses denkwürdigen Felsenberges ist es begreiflich, dass die umwohnenden Völker mit scheuer Ehrfurcht nach jener gewaltigen Natur-feste blickten, deren Zinnen wie ein von Gotteshand gefügter Riesenaltar hoch in die Lüfte ragen. Schon in Urzeiten war das Felsenriff von Säben eine weitberühmte Cultus -statte. In der Epoche der Rhätier krönte die gewaltigste Burg des Landes ein dem Sonnendienste geweihtes Heiligthum und als nach heroischen Kämpfen die R ö m e r des militärisch und politisch hochbedeutsamen Felsens, des Schlüssels des Eisackthales sich bemächtigt hatten, überhöhte das zu einem mächtigen Zwinguri umgestaltete Castell ein Jsistempel, dessen Cultus einem zahlreichen Priester-Collegium anvertraut war. 14 Brixen am Eisack. Als im Jahre 314 unter Kaiser Constantin dem Großen die Theilung des römischen Reiches erfolgte, ward Sab io na die Grenzseste zwischen Italien und Jllyrien und die gewaltigen Kämpfe, die nun der Geburt einer neuen Zeit vorangicngen, brandeten immer auch an den Felsenmauern des Südens. Nach dem Zusammenbruche des Römerreiches kam Sab iona unter das Scepter Theodorich's des Königs der Ost go then, dann ware die altehrwürdige Felsenburg von Lon goba rden und Bajuvaren viel umstritten, bis endlich Carl der Große Rhätien seinem Weltreiche einverleibte. Indes hatte sich auf der Cultnsstätte Sab io na eine merkwürde Wandlung vollzogen. Mit dem Römerreiche war das Heidenthum gesunken und das Morgenroth des Christenthums umglänzte die Felsenzinnen Säbens. Eifrige Jünger durchzogen die waldbedeckten Lande, in die fernsten Thaler-drang die beseligende Heilesbotschaft Christi und mit ihr die Kunde einer neuen gottbegnadeten Zeit. Das sechste Jahrhundert begrüßt auf den Trümmern des Jsistempels von Sab io na die Anfänge einer bischöflichen Kirche und bald wird Gäben das geistliche Centrum einer ganz Rhätien umfassenden Diöcese, die zunächst dem Patriarchate von Aqnileja angehörig, im Jahre 798 bei Gründung des Erzbistums Salzburg mit diesem organisch verbunden, durch Intervention Carl's des Großen zum deutschen Bisthum wird. Eben jährte sich das Gedächtnis jenes großen historischen Actes zum t a n s e n d e i n h u n d e r t st e n m a l e, und wohl drängt sich hiemit die Erkenntnis auf, wie damals die Weisheit des Heiligen Stuhles und der Scharfblick eines großen Kaisers Schöpfungen zu formen wusste, welche weitaus das Zeitmaß sonstiger politischer Gebilde überdauern. Unwillkürlich gedenke ich der Worte, die ein hoher Kirchenfürst vor Jahren in Rom zu mir gesprochen: „Eigentlich ist ein Kampf zwischen Kirche und Staat immer ein ungleicher. Wenn Zeit und Raum die Hauptelemente aller irdischen Actionen sind, so ist die Kirche weitaus im Vortheile. Der Staat ist an die Scholle oder an die engen Grenzen bestimmter Nationalitäten gebunden; schon der Verlust einzelner Jahre ist für ihn ein hochbedenklicher, kaum zu überdauernder. Anders in der Kirche! Ihr Raum ist das Erdenrund, ihr Zeitmaß ist die Ewigkeit; auch ihre Entwicklung kann durch Verhältnisse gehemmt, nie aber vernichtet werden. Der Heilige Stuhl rechnet mit anderen Factoren als der Staat und kein Staat, wohl aber Rom, und nur Rom, kann mit Ruhe sagen: wir können warten!" Doch kehren wir zurück zur Entwicklung des Bisthums von Gäben. Mit der Angliederung an das Erzbisthum Salzburg war die weise, liebevolle Sorge Carl's des Großen nicht erschöpft; er wie seine Nachfolger-begabten den Bischofsstuhl von Sabiona mit reichen Gütern, aber auch mit Rechten, welche den nunmehrigen Herrn von Gäben auch weltliche Souveränität verliehen. Eine bedeutungsvolle Schenkung war die im Jahre 901 von Ludwig IV. verfügte Ueberlassung des weitläufigen königlichen Landgutes Prichsn a, das wohl mit dem schon in einer Urkunde des Jahres 828 genannten Pr esse na identisch ist. Brixen am Eisack. 15 Friedlichere Zeiten waren nun den gewaltigen politischen Umwälzungen gefolgt, und die Pacificirung der Alpenländer, die fortschreitende Consolidieruug der deutschen Grenzlande und die extensive, wie intensive Ausgestaltung der Diöcesanverhültmsse begannen den Bischöfen und Landesherren von Gäben eine Verlegung de? Bischofsitzes von ihrer Felsenbnrg herab nahe zu legen. Srijfctt am Der schwer zugängliche Felsen in Mitte des Eisackdefilös und sein beschränktes Areal bereiteten der obersten kirchlichen wie politischen Verwaltung eines ausgedehnten Ländergebietes mancherlei Schwierigkeiten und so lenkte sich denn die Aufmerksamkeit auf das nördlichere, am Eingänge des Defilös und an der Mündungsstelle der Rienz und des Eisack gelegene Br ichs na, das auch günstige Communi-cationen nach dem nahen Brenner- und dem Pnsterthale — zwei hochbedeutsamen Verkehrslinien —- bot. Brichsna war indes zu einem freundlichen allerdings noch offenen Orte herangeblüht. Sein Hauptgebäude, vielleicht schon zur Römerzeit wegen der unmittelbaren Nähe der Mündungsstelle befestigt, ward nun zur bischöflichen Burg, an die sich dann bald kirchliche und profane Bauten schlossen, wie deren die kirchliche und politische Administration bedurfte. Alle diese Anlagen gruppierten sich in heute noch erkennbarer Weise um den berühmten Kreuzgang, der das damals gebräuchliche klösterliche Beisammenleben der Canoniker des Doincapitels vergegenwärtigt. Im Jahre 992 übertrug dann der heilige Albuin den Bischofsitz von Gäben nach Brixen, das nun zur Stadt erhoben und mit Mauern umschlossen wurde. Sab iona, das wohl an politischer, doch noch nicht an militärischer Bedeutung eingebüßt hatte, blieb — unter Obhut vornehmer Burggrafen — landesfürstliche Feste bis 1681, in welchem Jahre sie, ihres fortificatorischen Charakters entkleidet, den Ordensfrauen des heiligen Benedict zur Umgestaltung in ein Kloster überlassen wurde. Mit einer kurzen Unterbrechung während der bayerischen Invasion zu Anfang dieses Jahrhunderts steigen nun von derselben Stätte, die in Urzeiten vielleicht blutigen Menschenopfern, dann dem Cultus eines Sonnengötzen und der tausend-namigen Isis gedient hatte und endlich zum bischöflichen heiligen Krenzesdome geweiht war, immerwährende Gebete zum Himmel auf und so war und ist denn Gäben seit undenklichen Zeiten eine der merkwürdigsten Cultusstätten unserer Alpenländer. Nachdem im Jahre 1803 die Säcularisation des Fürstbisthums Brixen, dessen weltliche Hoheitsrechte über Gäben aufgehoben hatte, vollzog sich im Jahre 1815 noch eine andere merkwürdige Veränderung. Um die Eintheilnng der Landesdiöcesen mit den politischen Kreisgrenzen in völlige Uebereinstimmung zu bringen, ward Säben, die Urstätte des Br ixn er Fürstbisthums, von diesem abgetrennt und der Trie nier Diöcese einverleibt. Nach dieser Reminiscenz an die bureaukratischen Neigungen des ersten Jahrzehnte unseres Jahrhunderts wenden wir uns wieder Brixen zu, wo sich merkwürdige Ereignisse vollzogen. Wenige Jahrzehnte nach der Etablierung des Bisthnms zu Brixen bestieg Bischof Poppo — ein geborener Bayer — als Damasus II. den päpstlichen Thron, starb aber schon 23 Tage nach seiner Wahl. Unter Altw in, seinem Nachfolger im Bisthum, reist der gewaltige Kampf zwischen dem großen Papste Gregor VII. und dem Kaiser Heinrich IV. ein merkwürdiges Ereignis. Brixen am Eisack 17 Im Jahre 1080 versammeln sich in der uralten Johannes-Kapelle zn Brixen in Gegenwart des Kaisers mehrere meist lombardische Bischöfe, die Gregor VII, abzusetzen und Gnibert, den Erzbischof von Ravenna, zum Gegenpapste auszurufen sich erkühnten. Es hieße die ganze Diöcesangeschichte excerpieren, wenn auch nur der bedeutendsten Ereignisse gedacht werden sollte, die sich auf dem Boden der altberühmten sürstlichenBischofs-stadt Brixen im Laufe von 900 Jahren vollzogen. Aus der Fülle jener historischen Daten wäre aber vielleicht doch daran zu erinnern, dass sich im Jahre 1525 die Reformation mit einem bedenklichen Volksaufruhre einführte, der als anarchistisch-plündernde Sturmfluth Brixen überfiel. Die eisernen Thore der fürstbischöflichen Residenz zeigen heute noch zahl-reicheSpnren vonGeschossen, mit denen die „wahre Heilslehre", „das neue Evangelium allgemeiner Brudei liebe" an die Thore der Besitzenden pochte. Selbst der flüchtigste Blick auf die anderthalb tausendjährige Geschichte unseres Bisthums drängt die Erkenntnis auf, dass eine große Zahl merkwürdiger, hochbedeutender . Männer, durch Heiligkeit des Lebenswandels, durch Gelehrsamkeit, durch Hoheit der Geburt und Seelenadel, durch politische Thatkraft und diplomatisches Geschick, das Durchschnittsmaß ihrer 2 16 Brixen am Eisack. Zeitgenossen weit überragend, die Reihe der 92 Bischöfe ziert, die bisher den Hirten-und Fürstenstab von Säben-Brixen in ihren geweihten Händen trugen. „Unter den: Krummstabe ist gut wohnen". Dieses uralte Volkswort hat auch für Brixen seine Geltung. Wenn auch im Laufe eines Jahrtausends elementare Unglücksfälle, dann innere und äußere politische Wirren und Kämpfe aller Art, die an einer der bedeutendsten Verkehrslinien Europas gelegene Bischofsstadt nicht selten heimsuchten, so wusste doch das Wohlwollen der bischöflichen Landesherren die Schäden solcher Zeiten immer wieder bald zu heilen. Brixen war zwar nie eine reiche, immer aber eine wohlhabende, behäbige Stadt, deren Bürgerschaft durch die Residenz eines auch die weltliche Souveränität repräsentierenden Bischofshofes und seine Corona von Adelsfamilien, Ministerialen und Beamten, durch ein gut dotiertes Capitel und eine zahlreiche Clerisei, dann durch die vielen Klöster, Institute, Lehr- und Wohlthätigkeitsanstalten über Resourcen verfügte, die allerdings im Jahre 1803 bei der Säcularisation des Fürstbisthums zum nicht geringen Theile versiegt sind. Ueberdies complicierte sich diese materielle Schädigung mit den furchtbaren Verheerungen der Franzosenkriege, von denen sich Brixen nur sehr schwer zu erholen vermochte. Auch die Vortheile des bedeutenden Verkehres, der früher die große Handelsstraße von und nach Italien belebte, sind geschwunden und nach Anschauung der Landleute durch das rasche Vorübergleiten zahlreicher Eisenbahnzüge nicht ersetzt. So ist denn Brixen eine stille, minder glänzende, aber darum nicht minder liebenswerte Stadt geworden. Aehnlich wie Dr. Pitra von Klausen, kann man auch von Brixen fragen: „Ist es die Romantik einer tausendjährigen Geschichte, die unseren Geist umfängt, sind es die erkergeschmückten Gassen und malerischen Winkel, die Aug' und Herz so heimisch grüßen, sind es die laueren Lüste und die glänzendere Sonne des Südens, das tiefe Blau des Himmels, das helle Grün der schön geformten Berge und die silbernen Wellen des rasch dahineilenden Eisack, die unseren Sinnen schmeicheln, ist es die Atmosphäre wohligen Friedens und aufrichtiger Frömmigkeit, die uns hier umhaucht — oder ist es der Gesammteindrnck aller dieser einzelnen Momente, der es erklärt, dass, wer einmal hier eingezogen, nur ungern scheidet und wer geschieden, immer gerne wiederkehrt?" Brixen hat mit den andern Städten Tirols Vieles des Gemeinsamen, aber es hat auch seine eigenthümlichen Besonderheiten. An Schönheit der Lage, an Großartigkeit der Umgebung, an pittoresken Interieurs seines Weichbildes, an interessanten Bauten und schönen Kirchen und an öffentlichem Comfort wird Brixen von manchen Orten erreicht, von einzelnen vielleicht übertroffen, aber es ist wohl ein specifischer Reiz, dass Brixen die erste Etappe nach dem Süden ist. Noch bei Franzensfeste umrauschen uns die rauhen Winde, die am Brenner ihre Heimat haben und ein ernster Charakter der Landschaft mahnt an die nicht ferne Gletscherwelt; aber wie der Bahnzug hier nach Süden lenkt, umfangt den Reisenden nach wenigen Minuten eine andere Luft, ein anderes Bild! Brixen out Eisack. 19 Der sonnige warme Süden glänzt uns entgegen, schon bei Bahrn überrascht der Anblick gewaltiger Bäume, deren zart und schmal gefingerte Blätter die Edelkastanie erkennen lassen und sorgsam terrassierte Hänge schmücken üppig grünende Rebenspaliere. Aus der hellen sonnigen Landschaft grüßen die goldenen Thurmkreuze des Brixener Domes herüber und in unserem Herzen quillt die Sehnsucht auf, die Goethe zu dem ewigschönen Liede begeistert hat: „Kennst du das Land, wo die Citronen blüh'n?" Und noch ein Anderes ist es, was Brixen ganz eigenthümlich ist. Das ist der Charakter der Bi sch os st a dt, der durchaus unverkennbar ist. Brixen ist des Glanzes einer weltlichen Residenz entkleidet, aber es ist das geistliche Centrum einer ausgedehnten, Deutschtirol und Vorarlberg umfassenden Diöcese, deren Schematismus 400 Pfarreien, 74 Expositnren, 232 Bencfieien und Caplaneien, 834 Weltgeistliche, 872 Ordensmänner und 2222 Ordensfranen verzeichnet. Selbst wenn der kurze Zeitraum vom Jahre 1803 her die Traditionen der früheren Geschichte Brixens zu verwischen vermocht hätte, so genügen doch schon jene Daten, um den legitimen Einfluss zu erklären, der hier das gesammte öffentliche wie private Leben dnrchdringt. Brixen ist eine ausgesprochen katholische Stadt. Dass sie es ist, erklärt ihre Geschichte, dass sie es aber in so hervorragendem Maße ist, bleibt ein unbestrittenes Verdienst ihres überaus ehrwürdigen, allverehrten Fürstbischofs Dr. Simon Aichner. Wohl erntet der hochw. Oberhirt nun auch das, was sein berühmter Vorgänger, der große Bischof Vincenz Gasser in schwieriger Zeit gesäet, aber dass der Clerns der Diöcese ein so sittenstrenger und pflichtgetrener, dass das religiöse Leben in der Diöcese ein so reges und glücklich ausgestaltetes ist, bleibt umsomehr eine Großthat des jetzt regierenden Fürstbischofs, weil er durch Jahrzehnte der treueste Gehilfe des höchstseligen Bischofs Vincenz Gasser war und namentlich durch 30 Jahre der Erziehung des Clerns vorstand, dann weil Bischof Simon, der berühmte Canonist, durch ein dreiundachtzigjähriges überaus frommes Dasein, durch ein neunundfünfzigjähriges treues Priesterthnm und durch eine fünfzehnjährige vorzügliche Verwaltung des Bisthums zum ehrwürdigen Beispiele heiligmüßigen Lebenswandels und nie ermüdenden Seeleneifers geworden ist. Ihn umgibt ein durch Gelehrsamkeit und Tugend ausgezeichnetes Dom-capitel, eine ebensolche Hofgeistlichkeit und ein so trefflich geschulter Clerns, dass jeder einzelne Posten mit der richtigen zweckentsprechenden Kraft besetzt werden kann. Vorzügliche Bildungsanstalten und überaus tüchtige Lehrkräfte arbeiten mit immer noch gesteigerter Sorge daran, dem Clerns einen quantitativ wie qualitativ entsprechenden Nachwuchs zu sichern. Auch in den profanen Lehranstalten ist der geistliche Einfluss ein sehr segensreicher. Abgesehen von dem Musterseminare, an dessen Spitze Prälat Dr. Egg ersteht, und dem bischöflichen Gymnasium, dem Vincentinnm, das vor zwei Jahren in würdigster Weise das fünfundzwanzigjährige Jubiläum seiner ausgezeichneten 2* 20 Brixm am Eisack. Thätigkeit gefeiert, ist auch das vortreffliche öffentliche Gymnasium den regulierten Chorherren von Neustift, dieser altehrwürdigeu Stätte frommen Geisteslebens anvertraut; auch die Bürger- und Volksschulen sind hier echt christliche Anstalten und der Mädchenunterricht wird durchaus von Ordensfrauen besorgt. Der Tiroler Regularclerus, in der ganzen katholischen Welt seines Glaubenseisers und seiner Tüchtigkeit wegen berühmt, unterstützt allenthalben die Weltgeistlichkeit in wirksamster Weise. Der Erhaltung und Schmückung der Gotteshäuser wird, wie die kürzlich vollzogene wohlgelungene Restaurierung des Brixener Domes und der ehrwürdigen Hauptkirche der Chorherrenabtei von Neustift erweist, die liebevollste, keine Kosten scheuende Sorge gewidmet und kaum an einem anderen Orte gleichen Umfanges wird der Gottesdienst in so überaus würdiger Weise gefeiert, wie zu Brixen. Dass die Kirchenmusik hier in auferbaulichster Weise ihren hehren Pflichten nachkommt, dafür birgt der Name des berühmten Tondichters und Domchordireetors Propst Mitterer. Auch die beiden hier etablierten Missionsinstitute unterstützen das religiöse Leben und vervollständigen das Bild der allumfassenden Thätigkeit des hiesigen Clerus. Ueberaus verdiente Männer von glänzendem Rufe zieren die Reihen unserer Geistlichkeit und es genügt die Nennung der berühmten Theologen: Prälat Dr. Egger, Canonieus Dr. Schmidt, Geueralviear Doctor Friedle, des hochverdienten Schulmannes und Philologen Dr. Mitte r r utz n e r, des Bibelgelehrten und Reichsrathsabgeordneten Dr. Schöpfer, des weltbekannten Predigers und Dichters Pater Norbert Stock, Ord. Cap., und Anderer um die Summe von Intelligenz, Gelehrsamkeit und Verdiensten um Welt und Kirche anzudeuten, die sich hier um die ehrwürdige Gestalt unseres Oberhirten gruppiert. Es wäre ganz undenkbar, dass so glückliche Verhältnisse nicht einen bedeutenden Einfluss auf das gesammte Leben der Bewohnerschaft Brixens üben sollten. Die öffentliche Sittlichkeit, die Rechtschaffenheit in Handel und Wandel, der außerordentlich rege Besuch des Gottesdienstes und der sehr häufige Empfang der heiligen Sacramente bestätigen die günstigen Erfolge der so eifrig geübten Seelsorge. Dass der öffentliche Geist hier seit jeher ein frommer war, erweisen viele Denkmale, vor Allem der berühmte Domkreuzgang mit seinen wunderbar stefsinnigen Darstellungen; aber auch zahlreiche Gemälde an und in den Häusern bestätigen den altererbten frommen Sinn und das Kunstgefühl der Bürgerschaft von Brixen. Brixen ist nicht die Stätte rauschender Vergnügungen; sein Charakter weist mehr auf den Genuss der herrlichen Natur und auf die stillen Freuden eines dem nervösen Welttreiben entrückten Daseins. Schon aus dieser flüchtigen Schilderung lässt sich leicht erkennen, welche Erwägungen „die Söhne des hlst. Herzens Jesu" dazu veranlasst haben, gerade die Landschaft von Brixen zum Baue eines großen Missionshauses zu wählen. Erinnerungen cut eine Reise im rothe» Meere. 21 Das stattliche Gebäude steht min — mit Gottes und der Gläubigen Hilfe — wenigstens äußerlich fertig da und mit frohen Hoffnungen erfüllt der Anblick des vom Waldesgrün umrahmten Hauses. Es ist eine Burg, in der die Söhne des hlst. Herzens Jesu sich und ihre Jugend durch Gebet und Wissenschaft zum friedlichen Feldzuge rüsten, der einen ganzen Welttheil erobern will. Mit Ehrfurcht erfüllt der Gedanke an die hohen Aufgaben, deren Lösung in den Mauern dieser Anstalt vorbereitet wird. Afrika und ungezählte Millionen in Elend und Glaubensnacht versunkener Neger erhoffen von hier ihr Heil! Dieses erhabene Ziel erpresst den Lippen Jedes, dem im Herzen ein Fünkchen Menschenliebe glüht, ein aufrichtiges: „Gott segne dieses Haus!" Oberst van Toimmd. friiineniiijicii «n tint Krist im rotlir« Wem. Von P. Xaver Geyer F. S. C. I. Won jüaivo nad? Knez und Aschedda. 20. März mit dem Zuge um ß1/* Uhr abends verließ ich Kairo. Meine Coupe-Begleitung bildeten zwei Effendi, welche sich mit gekreuzten Beineu auf dem Sopha breit machten, den engen Raum mit Cigarettenqualm füllten und unausgesetzt sangen. Auf den einzelnen Stationen herrschte reges Leben und Treiben. Knaben und Mädchen boten kreischend Nahrungsmittel an: «el-bortugän el aal» „Die Prächtigen Orangen", «el-bed u el-aesch» „Eier und Brod", «el gibna» „Der Käse", «el moje» „Das Wasser", erscholl es aus zahlreichen jungen Kehlen. Die Fahrt gieng in kühler Nacht über Zagazik und Jsmailieh. Um 5V2 Uhr morgens hatten wir zur Linken den Süßwassercanal und den Canal von Suez in weiterer Ferne; die Raaen und Maste von Fahrzeugen ragten hoch aus der Wüste empor. Im Süden traten aus dem Morgennebel die Umrisse der Bergkette des Dschebel Ataka hervor, der südlich von Suez in das Rothe Meer vorspringt. Um 71U Uhr am 21. März fuhren wir in den Bahnhof von Suez ein, wo zudringliche Packträger und Eseljungen die Passagiere umschwärmten und sich mit Gewalt der Personen und ihres Gepäckes zu bemächtigen suchten. Ich nahm im Hospiz der Franziscaner, wo ich früher bereits wiederholt Gastfreundschaft gefunden hatte, Quartier und benützte die Tage bis zur Abfahrt nach dem Rothen Meere zu Ausflügen in die Umgegend der Stadt. 22 Erinnerungen an eine Reise im rothen Meere. Suez, das alte Kolzum, verdankt seine Bedeutung seiner Lage am nördlichen Ende des Golfes. Zur Zeit der Arbeiten am Canale herrschte hier reges Leben, aber seit Eröffnung des Canales haben Verkehr und Bevölkernngsziffer wieder bedeutend abgenommen, immerhin aber drängt sich in der verhältnismäßig kleinen Stadt noch jetzt eilt buntes Gewirr von Völkern nitš' allen Welttheilen zusammen. Mit Ausnahme der neuangelegten Quartiere in der Nähe des Bahnhofes, sind die Straßen enge, finster und unregelmäßig, die Häuser der Eingebornen meist in defectem und schmutzigem Zustande; ansehnlicher sind die Gebäude der Consulate und die Agentien der Schiffahrtsgesellschaften. Der Hauptverkehr coneentriert sich im Quartiere in der Nähe des Bahnhofes und auf dem Sug (Markt), welcher in einer engen, düsteren Gasse mit vielen Verkaufsläden besteht. Da herrscht den ganzen Tag über ein endloses Schreien und Lärmen, Feilschen und Anbieten, Kreischen und Zanken: lumpige Lastträger und halbnackte Sclaven, verhüllte Weiber und einäugige Knaben, bettelnde Derwische und zudringliche Antiquitätenhändler, Früchteverkäufer und wandernde Küchen, Pilger aus Aegypten, Tunis und Marokko ziehen und laufen durcheinander. In den Cafö- und Schankbnnden der Griechen ‘ A' ' 7 1 '% I ■ I M - ; ; — si:--' —minL' L- -M Gseljunge un6 Man in Aegizpkon. Die Mehrzahl der Einwohner sind Muselmänner. Außerdem wohnen in der Stadt etwa tausend Griechen, viele Italiener, Malteser, Syrier, Franzosen, Engländer u. s. to. Tie Malteser, größtentheils gute Katholiken, mehrere Italiener und Franzosen schaaren sich um die Mission der Franziscaner, welche eine Kirche mit Schule besitzen. Die schismatischen Griechen haben ebenfalls eine Kirche mit Schule. Die Schwestern vom Guten Hirten leiten ein Asyl und eine höhere Mädchenschule. Die Gesammtzahl der Katholiken mag etwa 2000 Seelen betragen. Mit der Stadt durch einen langen Damm und eine Eisenbahnlinie verbunden sind die Docks oder der Ankerplatz, wo sich die Bureaux der Canalbeamten, große Basins und Werkstätten zur Ausbesserung der Schiffe und das Sanitätsburean der Quarantänen befinden. Seit mehreren Jahren hat die Canalgesellschaft eine Kirche Erinnerungen an eine Reise im rotheii^Bteere. 23 sammeln sich die Muselmänner, welche das Gesetz des Propheten dem Spiritus hintansetzen, während in den wenigen anständigen Wirtschaften Europäer es sich gütlich thun bei einer Flasche Pale Ale, Dreher-, Grazer- oder Bayerischem Bier. Das größte Hotel, das Suez-Hotel, welches zur Zeit des Canalbaues entstand, ist dem Verfalle nahe. Die öffentliche Sittlichkeit lässt sehr viel zu wünschen übrig, und das Laster macht sich ungestört auf offener Straße breit. Keine Stadt Aegyptens weist in dieser Hinsicht so schreckliche Zustände auf, wie das kleine Suez, das man mit Recht das ägyptische Babylon nennen kann. 24 Verschiedenes. mit Schule für Knaben und einer solchen für Mädchen erbaut. Das Ganze bildet eine kleine Stadt für sich, größtentheils von Franzosen und Engländern bewohnt. Von den Terrassen der Häuser aus bietet sich ein schöner Ueberblick über die Stadt und Umgegend. Da liegt das kleine Suez mit seinen Moscheen und Minareten, zahlreiche bunte Fahnen, welche an hohen Stangen flattern, zeigen die Wohnungen der verschiedenen Consulate und Schiffahrtsagenten an. Man sieht die deutsche, englische, französische, österreichische, spanische, portugiesische, russische, belgische, niederländische, dänische, italienische, amerikanische, persische, griechische Nationalflagge, den ägyptischen Halbmond und die Flagge der Terra saneta (Heiliges Land) mit dem Patriarchalkreuze von Jerusalem, letztere ans der Kirche der Franziskaner: ein farbenreiches Bild der weltumfassenden Bedeutung der Stadt Suez, die so recht eine Weltstadt im Kleinen ist. Im Süden zieht sich die kahle, sonnverbrannte Bergkette des Dschebbel Ataka durch die trostlose Sandwüste hin; im Osten läuft der mächtige Damm zum Landungsplätze, der, gleich einer aus dem Meere aufgetauchten Insel, die kleine Beamtenstadt trägt während im Nordosten der Canal sich durch die Wüste schlängelt. Dieses große Werk unserer Zeit, das die Welttheile einander nahe rückt und die Nationen des Morgen- und Abendlandes enger verbunden hat, ist ein herrliches Monument des christlichen Schaffungsgeistes. Die Christen haben sich hier eine Wasserstraße im Lande der thatfaulen Muselmänner eröffnet, die der christlichen Bildung den Weg nach dem Osten erleichtert. Der 160 km lange Suezcanal kostete 380 Millionen Mark. Die obere Breite ist etwa 60 m, die der unteren Fahrsohle 22 m, die Tiefe 8 m. Den Schiffen ist im Canale nur eine Fahrgeschwiudigkekt von stündlich fünf Seeleumeilen gestattet. (Fortsetzung folgt.) ItrfdjitbtMts. Rückkehr unserer Missionäre nach Chartunt. Gleich nach Weihnachten geht die erste Karawane unserer Missionäre nach Chartuin ab. Es betheiligt sich der Hochwürdigste Apostolische Vicar mit einigen Priestern und Laienbrüdern. Das neue Nilschiff „Redemptor" wird bereits mitgenommen. Möge Gottes reichster Segen dieses Unternehmen begleiten zum Heile der armen Neger! Für die- Redaction: P. ilavcr Gctzcr F. S. C. — Druck von A. Weger's fb. Hofbuchdrückerei, Brixeu.