preis ganzjährig: Österreich 2-50 8, Deutschland 2 wark. Italien 8 Lire, Ungarn 2"50 pengö, Tschechoslowakei 12 cK, Jugoslawien 25 Dinar, Schweiz 2-50 Franken, übriges Musland 2 Soldmark. Unser ReiHger Vater pius XI. hat wie schon früher papst pius X. der "Redaktion, den Abonnenten und Wohltätern den Apostolischen Segen erteilt. Für Wohltäter werden wöchentlich zwei heilige wessen gelesen, wit Lmpfehlung der hochwür-digsten Oberhirten von Grixen, Grünn, ©raz, Ueitmerih, Linz, Olmütz, Warburg, Drient, Driest und Wien. Rest 3. wärz 1929. XXXII. Jahrgang. (? Ingcube, das Fest der £rftlmgsfrüd)te. -VI > Von Hochw. P. K. Fisch er, F. 8. C. ■>. An einem Sonntag int April war ich eben auf bent Wege nach der Außenstation Sankt Raphael, um da Gottesdienst zu halten. Der Weg führt am Gehöfte des Häuptlings der Amabaea vorbei. Dieses ist eine Sippschaft des Znluvolkes, welche angrenzend an die Missionsstation Centocow ihre Wohnsitze aufgeschlagen hat. Mit dem Häuptling bin ich wohlbekannt, da ich öfters schon in seinem Kraal zn tun hatte. Er ist zwar noch ein Stockheide, hält aber darauf, daß seine Hausangehörigen im Falle einer Krankheit von einem Missionär besucht und, wenn es nottut, getauft werden-Diesmal traf ich mit ihm zufällig zusammen. Nach einigen Wechselreden lud er mich ein, am kommenden Samstag, den 17. April, zum Ingcube=geft zu kommen. Er meinte ganz zutraulich, daß ich da einmal etwas von der Pracht seiner Leute sehen könnte. Ich wußte erst nicht, was das Ingcube eigentlich bedeute und antwortete auf seine Einladung ausweichend, zumal der Samstag nicht zu den freiesten Tagen eines Missionärs gehört. In St. Raphael erkundigte ich mich dann, was das Ingcube sei und was da gefeiert werde. Es wurde mir nun erklärt, daß es ein Fest sei, wo die ersten reifen Feldfrüchte des Jahres in feierlicher Weise vom Häuptling im Beisein seiner Leute gegessen werden. Dieses Fest sollen besonders die Amabaea sehr großartig feiern, und die Leute von weit und breit kommen beim Häuptling zusammen. Alles erscheint im reichsten Kleiderschmuck. Ich beschloß, mir diese Sache anzusehen und richtete meine Arbeiten so ein, daß mir der Samstag-Vormittag frei blieb. Es hieß auch, ich müsse frühzeitig erscheinen, da das Fest schon vor Sonnenaufgang beginne. Was ich auf diesem Ingcube-Feste sah und « was ein Zulumädchen mir hierüber ausschrieb, will ich berichten. Das Zulumädchen beginnt seine Beschreibung also: „Wenn das Ingcube. Fest kommt, sagt der Häuptling allen Leuten, die in seinerGegend wohnen, sie sollen utshwala (Bier) bereiten. Am Tage dann, wo das Bier geseiht wird, erhebt sich der Häuptling mit 1 seinen Leuten noch vor der Morgendämmerung und geht mit ihnen auf einen Berg. Sie kommen auf den Berg, bevor die Sonne noch ausgegangen ist (auch alles Vieh wird hiehergetrieben, welches ukudwap heißt). Sie fingen hier ihre Lieder und tanzen mit dem Häuptling. Am Berge bleiben sie bis Mittag. Und wenn das Bier geseiht wird, gehen die Burschen Laub holen für die Festhütte des Häuptlings. Sie machen sie fertig an demselben Tage." Ich beobachtete folgendes: Einige Tage vorher kam die Jungmannschaft zu uns und bat, in unserem Walde grüne Lanbbäumchen zu fällen; dafür zahlten sie. Mit diesem Laubzeug errichteten sie beim Viehkraal des Häuptlings eine Laubhütte. Aus allen Richtungen brachten Mädchen Kaffernkorn und Mais herbei, rieben es auf Steinen zu Mehl und kochten es in großen Töpfen zu Bier. Das Bier wurde dann in Fässer geschüttet, wo es gärte. Vom Kochen des Bieres bis zum Seihen, d. h. bis es ausgegärt hat, braucht es vier Tage. Am Samstag in aller Frühe waren die Männer hoch zu Pferd auf einen Hügel in der Nahe des Umzimknlaslusses geritten. Dort sangen und tanzten sie nach ihrer Weise. Das ist aber im Berichte des Mädchens vorausgegriffen, da die Männer am Vorabend im Gehöfte des Häuptlings das Fest einleiten. Der Bericht des Zulumädchens lautet weiter: „Wenn jetzt die Leute zusammengekommen sind, wird in die Laubhütte gegangen. Bei ihrer Ankunst haben sie ihren Körper mit Erde beschmiert, so daß sie ganz weiß sind. Man bleibt in der Laubhütte und schläft da bis zur Morgen-dämmcrung. Sie stehen dann auf und gehen zum Fluß sich waschen. Wieder in die Laubhütte zurückgekehrt nimmt der Häuptling seine imiti (Medizin) und spuckt nach Osten und Westen, nach Norden und Süden. Wenn jetzt der Häuptling wieder in der Laubhütte ist, da er hinausgegangen war (zum Spucken), kommt ein junger Bursche mit einem Krug mit Liebestrank (ubulawu) darin; der Häuptling schöpft nun mit einem Kürbislöffel aus dem Kruge und spritzt dann gegen das Gehöft, indem er um seinen Hos dreimal herumgeht, und dann wiederholt er dasselbe auch bei der Laubhütte. Nun geht man daran, die iselwa lenkosi zu kochen (eine Kürbissrucht für den Häuptling). Sie wird dann genommen und dem Häuptling gegeben; er kostet nur wenig. Sie wird dann den Brüdern des Häuptlings gegeben, damit auch sie selbe verkosten. Hieraus wird die ganze Familie des Häuptlings gerufen; sie setzen sich auf den Boden, die iselwa (Kürbisfrucht) wird auseinandergelegt und sie alle essen sie auf. Dann erheben sich alle Männer und Frauen und tanzen und hüpfen. Wenn auch das fertig ist, wird in die Hütte gegangen, wo den ganzen Tag utshwala (Bier) ausgegeben wird. Die Mädchen find am ganzen Leibe mit Schmuck behängen, alle insgesamt tanzen, ohne daß auch nur eine ruhig steht. Dann gehen auch sie in die Hütte der Mädchen und trinken utshwala, bis nichts mehr da ist. Dann ist das Fest fertig." Die Männer waren am Samstag in aller Frühe auf den Hügel am Umzimkulaslnß geritten, die Mädchen aber stiegen zum Fluß hinab und badeten sich hier, während die Burschen abseits im Grase lagen. So ungefähr nach neun Uhr wurde die Viehherde des Häuptlings heimgetrieben. Hinterher folgten die Mädchen in kleinen Gruppen in tänzelndem Schritt. Burschen und Männer stellten sich dann paarweise ans und zogen in langen Bogen durch die Felder zum Gehöfte des Häuptlings. Voraus ritt der Häuptling mit zwei seiner induna (Ratsherren), dann kamen die Burschen zu Fuß mit Schild und Stecken in den Händen und endlich die berittenen Männer. Der ganze Zug hatte etwas Feierliches an sich und wurde auf beiden Seiten von tanzenden Frauen begleitet. Bei der Laubhütte angekommen, stellte sich der Zug im Kreise herum auf. Der Häuptling ritt in die Mitte hinein und hielt vom Pferde aus eine gewaltige Rede gegen die Laubhütte zu. Nach ihm sprach noch ein anderer ebenfalls vom Pferde aus mit wuchtigen Gesten. Während dieser Rede tanzten Weiber' um sie herum. Da auf einmal trat aus der Laubhütte ein völlig nackter Bursche, den Körper ganz schwarz angestrichen. Er sprach einige Worte und verschwand dann wieder. Jetzt spuckte der Häuptling nach allen Seiten hin, tanzte dann mit dem Pferde, dann sprang er herab und zogen sie dreimal das ganze Gehöft. Die Weiber und Mädchen tanzten in verschiedenen Gruppen bunt durcheinander. Nach dem Umzug ließen sich dann die Männer bei der Laubhütte nieder und der Häuptling erhielt die gekochte Kürbisfrucht. Sie wurde aufgeteilt und verzehrt. Der Bierkrug machte seine stete Runde. Die Frauen und Mädchen tanzten die ganze Zeit und die zuschauende Menge klatschte dazu in die Hände. Tanzende Zulu. tanzte zu Fuß weiter; auch andere taten desgleichen. Wieder erschien der nackte Bursche (mir kam er vor wie der leibhaftige/ Teufel), sprach einige Worte und zeigte im Kreise herum. Auf einmal sprangen alle Männer von den Pferden, welche wegliefen, die Frauen wichen zurück, der Bursche verschwand in der Hütte. Ein Geheul begann. Da erschien wieder der nackte Bursche mit einem großen, schäumenden Bierkrug in der Hand. Der Häuptling und seine Leute nahmen ihn in ihre Mitte und im Gefolge aller Männer und Burschen um» Das war das Ingcube=geft, insoweit ich es selbst gesehen habe, denn als der Trank begann, zog ich mich still zurück und ging nach Hause. Das ist die Zeit, wo der Teufel seine reiche Ernte hält. Das Fest hätte an und für sich einen guten Gedanken: Gott zu danken, weil er die Feldfrüchte dieses Jahr so sehr gedeihen ließ. Die Heiden danken und opfern ihren amadhlozi, den Geistern ihrer Vorfahren, weil nach ihrer Ansicht diese ihren Feldern Fruchtbarkeit oder Unfruchtbarkeit geben. Das ganze Fest läuft l* dabei in einen Tenfelsknlt ans, der ganz dazn geeignet ist, die niedrigsten Leidenschaften des Menschen zn wecken unb zn befriedigen. Unseren schwarzen Christen ist natürlich die ^Beteiligung daran strengstens verboten. Das Fest dauerte drei Tage. Als ich am Montag darauf zn einem Schwerkranken gerufen wurde, begegnete ich am Wege vielen Festgästen ans dem Heimwege. Viele von ihnen fragten mich neugierig, wie mir ihr Ingcube gefallen hätte. „Ja," sagte ich, „es wäre ganz schön gewesen, wenn ihr damit dem lieben Gott gedankt hättet, aber drei Tage habt ihr für den Teufel getanzt. Und das ukudhla, das Brot, von wem bekommt ihr das?" Der arme Kranke lag im Sterben. Er hatte an seinem Heiland einen besseren Trost als seine Verwandten, die nun mit schwerem Kopfe . . . Leider komme ich erst heute wieder dazn, den Brief fortzusetzen. Ich wollte ihn zwar mit letzter Post abschicken, allein „der Mensch denkt und Gott lenkt". Da wir nur einmal in der Woche Post nach Europa haben, liegt zwischen dem Anfang dieses Briefes und seinem Schluß ein Zeitraum von mehr als acht Tagen; und in acht Tagen kann gar vielerlei passieren. Ich glaube zwar nicht leicht an einen unmittelbaren Eingriff böser Geister in die Abwicklung unserer täglichen Geschäfte, und doch? — Vor zwei Monaten besuchte ich Pater Fischer in der Missionsstation Centoeow. Sein Oberer, ein biederer Bayer, erzählte mir eine auffällige Geschichte, an deren Wahrheit ich nicht zweifeln kann. Eiiiflechten möchte ich nur, daß derselbe Pater auch einige persönliche Erfahrungen gemacht hat, als zwei Mädchen in der Mariann-hiller Mission vom Teufel besessen waren. Also dieser eifrige Pater hat einige Außenschulen. Es war im Anfang einer derselben, die ziemlich weit von der Hauptstation entfernt liegt. Wenn unb schuldbeladenem Herzen in der Hütte sich sammelten. Merkwürdigerweise geht gerade bei solchen Gelegenheiten und solchen Umständen bei manchem das rechte Licht im Kopfe auf. Sie ziehen ab vom Heidentum und fangen an zu lernen. Ein Beispiel hatte ich bei einer heidnischen Hochzeit. Die ärgste Tänzerin kam nach Hauie, wo ich gerade einer ihrer Verwandten die Sterbesakramente spendete. Sie setzte sich nieder unb brütete vor sich hin. Einige Tage später, nach dem Tode ihrer Verwandten, warf sie ihren Schmuck von sich und ist jetzt eine eifrige Katechnmene. So führen Gottes Wege! Lieblich leuchtet das Licht des Glaubens durch die heiligen Sakramente in die Seele, während die tobenden Feste des Heidentums die Menschen noch mehr in die Sünde verstricken. nun morgens die heidnischen Kinder sich in der Schule versammelten, ehe der Pater noch anwesend war, erschien plötzlich — man wußte nicht wie und woher — ein kleiner, abstoßender Mann mit rotunterlanfenen Augen, der die Kinder aus der Schule hinauspeitschte und ihnen zurief, sie sollten ja nicht mehr kommen. Solche afrikanische Schulkinder sind aber nicht alle vom gleichen Alter. Es sind immer auch größere darunter. Diese fanden den Mut, den sonderbaren Fremdling zu fragen, wer er eigentlich sei und woher er käme. Er antwortete, das ginge sie nichts an, er käme von weicher. Er gestand auch, daß ihm das Schulhalten des Paters gar nicht gefalle und viel weniger noch, daß der Pater auf dem Heimweg mit Kügelchen spiele und dazu plappere. Da mit der letzten Äußerung offenbar das Rosenkranzgebet gemeint war, das der Pater regelmäßig auf dem Heimweg verrichtete, wurde er doch stutzig. Er segnete die Schule aus, worauf der Fremdling verschollen blieb. Nachforschungen blieben ebenfalls Ftus einem Grief an den pater ‘Redakteur. (Fortsetzung.) erfolglos. Niemand hatte sonst des Männlein gesehen und auch die Beschreibung paßte auf keinen der bekannten Stämme. Nun, Sie kennen bereits meinen Staatswagen. Wenn der alte Kamerad einen Schlaganfall erleidet, so ist es gewiß nicht vonnöten, nach außergewöhnlichen Ursachen zu suchen. Und schneller als gedacht — ward der Lust ein Ende gemacht. Indes, im Zusammenhang mit den Ereignissen dieser Woche, ist sein Untergang wenigstens ehrenvoll gewesen. In den letzten Tagen hatte ich noch die neue Lehrerin für die neue Außenschule in Nooitgedacht oder vielmehr ihr totes und lebendiges Gepäck mit dem Wagen von der Bahn geholt. Ich war immer von der Wichtigkeit und Notwendigkeit dieser Schule überzeugt. Selbst wenn sie nur von wenigen Schülern besucht würde, was ich aber bezweifle, so wäre immerhin die Bresche, die man in die hartnäckige Sektierermauer um Lydenburg geschlagen hat, jedes Opfers wert. Am Sonntagmorgen nun fuhren wir beide, P. Schöpf und ich, nach Lydenburg. Wir hatten dort Aushilfe. Bevor wir die Rückreise antraten, wurde der Wagen nochmals einer gründlichen Musterung unterzogen. Alles in Ordnung nach den besondern Umständen. Nichts deutete aus eine Katastrophe hin. Etwas langsam ratterten wir aus der Stadt hinaus, um die Sonntagsruhe nicht allzusehr zu stören. Außerhalb der Stadt ließ P. Schöpf, der den Fuhrmann spielte, die Tiere eine schnellere Gangart anschlagen. Da auf einmal — hatten wir nur noch ein einziges Rad. Just auf meiner Seite ging das linke Rad seine eigenen Wege und plumps, saß ich schon auf der Erde. Das rechte Rad begann zwar auch bedenkliche Schleifen zu zeichnen, aber es hielt doch siest. Die Wagenachse stand in einem Winkel von 45 Grad. P. Schöpf hatte ulle Kraft aufzubieten, um mir nicht nachzukugeln. Unglücklicherweise hatte er die Zügef am Ende verknüpft, und mein rechter Fuß blieb darin wie in einer Schlinge hängen. So hatte ich noch das zweifelhafte Vergnügen, etliche zwanzig Meter geschleift zu werden, während die beiden Maulesel einen Galopp anschlugen. P. Schöpf lenkte sie gegen eine Anhöhe und brachte sie so rasch zum Stehen. Zu einem größeren Unglück kam es nicht, obwohl Bruder Schmidt nachher meinte: „Diesmal hätte es leicht Tote geben können." Einige Risse an Händen und Beinen war alles. Ich hielt die Tiere und P. Schöpf ging zurück, um das Rad und die anderen verlorenen Gegenstände zu holen. Mit einem Nagel, den wir mittels eines Steines aus dem zerbrochenen Wagenkasten herausschlugen, befestigten wir wieder das Rad auf der Achse. Dann setzte sich der Zug in Bewegung. Die Esel ließen traurig die Ohren hängen und wir trollten eine Stunde lang hinten drein, wie hinter einem Leichenwagen. Das war am Sonntag. Am Dienstag ritt Bruder Huber von der im Bau begriffenen Außenschule in Nooitgedacht nach Hause. Da er neben P. Zorn Bauleiter und Faktotum zugleich war, hatte er den Ritt schon dutzende Male gemacht. Auf einmal scheute das Pferd und Bruder Huber stog in weitem Bogen gegen einen Stein. Wie leicht hätte er das Genick brechen können. Herrenlos kam das Pferd auf die Farm, während Bruder Huber hinkend mit zerschundenen Gliedern hinterher humpelte. Am nächsten Tage ritt die Krankenschwester mit dem Grauschimmel aus. Nachmittags kam das Pferd ohne Reiterin heim. Als die Schwester schon nahe unserer Farm war, wurde sie von dem sonst lammfrommen Roß unversehens gegen einen großen, steinharten Termitenhügel geschleudert, so daß sie einen schmerzhaften Leibesschaden davontrug. Es mag Ihnen vielleicht etwas seltsam vorkommen, daß eine Schwester herumreitet. Darum erlauben Sie hier eine kleine Einschaltung. Die Schule von Nooitgedacht liegt ungefähr zwei Wegstunden nordwestlich von Lydenburg und der Farm aus. Bisher hatten die protestantischen Sektierer das ganze Gebiet in ihren Händen. Freilich taten sie nicht viel. Aber dennoch konnte sich die Gründung der Schule nur unter großen Schwierigkeiten vollziehen. Es bedurfte nicht nur der ganzen Energie des P. Zorn, sondern auch der sichtlichen Fügung des Himmels. Man hatte die Leute jener Gegend mit allen Mitteln, erlaubten und unerlaubten, gegen die Katholiken aufgehetzt. Da war die Krankenpflege eine große Hilfe für uns. In | neuen Schule erst nach Vollendung des Baues Unterricht gegeben werden kann, hat P. Zorn in weiser Voraussicht inzwischen eine in der Nähe liegende Eingeborenenhütte gemietet, um dort einstweilen Unterricht erteilen zu lassen und die Kranken zu besorgen. Dort waren auch eine Frau und ihr Kind schwer krank. Es war ein Halsleiden, so daß die Bedauerns- Krankheiten sind schon viele Menschen wieder vernünftig geworden. Die jetzige Krankenschwester hat alle not- | wendigen Eigenschaften für ihren heiklen und schwierigen Beruf. Körperlich gesund und stark, geistig und geistlich geschult, begabt mit einem unverwüstlichen Humor und stets hilfsbereit, hat sie sich rasch die Zuneigung der Schwarzen erworben. Aber ebenso rasch setzte auch der Widerstand der protestantischen Missionäre ein. Zur Beleuchtung nur ein Beispiel. Da in der werten kaum schlucken konnten. Schon als P. Zorn die Hütte mietete, versuchten die protestantischen Missionäre alles, um den Vertrag annullieren zu lassen. Um die beiden Kranken kümmerten sie sich jedoch nicht. Als nun aber unsere Krankenschwester sich ihrer annahm, dachten auch die Sektierer daran, daß sie selbst Medizinen hätten. Schwester Songina erkannte sofort, daß die häuslichen Verhältnisse der Kranken einer baldigen Heilung nicht zuträglich waren, und riet daher P. Zorn, er möchte Stern der Neger 39 Heft 3 die Kranken in das improvisierte Spital auf der Farm aufnehmen. Das eigentliche Spital ist nämlich noch nicht ganz fertig. Er griff schnell zu und das war ein Glück; denn schon am nächsten Morgen, als die Kranken bereits bei uns im Spital auf der Farm waren, erschien der protestantische Missionär wieder, um die Kranken selbst zu behandeln. Verdutzt ging Doch lassen Sie mich in der Aufzählung der Ereignisse dieser Unglückswoche weiterfahren. Zwei Tage nach dem Unglücksfall der Schwester befand sich P. Zorn auf einem Ritt zu den Außenschulen. In der Frühe war er in Nooitgedacht, um zum raschen Bau anzuspornen. Sonst war er beinahe jeden Tag von morgens bis abends dort, um selbst mitzu- er hinweg, als ihm bedeutet wurde, die Kranken bedürften seiner Pflege nicht, da sie bereits in der katholischen Mission sorgfältig gepflegt würden. Solche Werke der christlichen Barmherzigkeit wirken bei einfachen, gutwilligen Naturmenschen mehr als eine ganze Reihe von Predigten. Der Liebe widersteht eben nichts. Der hl. Alfons hat gewiß recht, wenn er sagt: „Eine Unze Liebe wiegt mehr ans als hundert Wagen voll von Vernnnftsgründen". Ich bin fest überzeugt, die Liebe wird den Boden von Nooitgedacht fruchtbringend machen. arbeiten. Am Nachmittage ritt er zu einer andern Außenschule, die eine halbe Stunde hinter Lydenburg liegt. Da auf einmal erscheint im Hofe der Farm sein Pferd ohne Reiter. P. Zorn hat stets einen schwarzen Jungen bei sich, der auf einem Esel hinterher reitet und das Pferd hält, falls P. Zorn bei einer Hütte oder einem Geschäft absteigen muß. Dieser Schwarze kam bald darauf geritten, um nach dem Pferd zu schauen. Zufällig war P. Raffeiner im Hofe anwesend und fand es auffällig, daß das Pferd allein heimtrabte. Er fragte den Burschen nach dem Verbleib des P. Zorn. Der Diener antwortete ganz gleichgültig: „Drüben am Hügel bei den Bäumen liegt er; er ist beinahe tot." Wäre er nicht gefragt worden, er hätte nichts gesagt. Es war ja ein Weißer, der vom Pferd gefallen war! Sofort sprang Bruder Huber in den Sattel und ritt zurück. Bruder Karl spannte die beiden Maulesel vor einen Pritschenwagen und fuhr fort, um P. Zorn zu holen. Inzwischen war bei dem Verunglückten ein burischer Polizeimann vorübergegangen und stellte Wiederbelebungsversuche an. Schon hatte sich auch die Kunde von dem Unglück in der Stadt verbreitet, und ein guter Katholik kam mit seinem Auto und einem Arzt angesaust. Sie brachten den armen P. Zorn im Auto auf die Farm. Aber wie sah er aus! Er bot geradezu einen schrecklichen Anblick dar. Die Haare, das Gesicht, die Kleidung voller Blut und Staub. Nicht mehr zu erkennen. Immer noch bewußtlos, wimmerte er nur leise. Da auch das Pferd Wunden aufwies über dem rechten Knie, an der rechten Brustseite, über dem rechten Auge und hinter dem rechten Ohr, läßt sich mittels der Spuren auf dem Wege der Sturz nachkonstruieren. Auf ebener, leicht ansteigender Straße stürzt das Pferd in vollem Galopp auf die rechte Vorderseite. P. Zorn wird aus betn Sattel geworfen, bleibt aber mit dem linken Fuß im Steigbügel hängen. Pferd und Reiter werden durch den wuchtigen Anprall Die Regenzeit hat nun auch im Schilluk-lande allen Ernstes Einzug gehalten und damit demselben einen neuen Anstrich, ein neues Kleid gegeben. Das sonst so öde, von der Sonne oder vom Feuer ausgebrannte Land hat sich mit einem saftigen frischen Grün überzogen, das dem Auge eine angenehme Weide bietet. Allent- auf die andere Seite des Weges geschleudert. Das Pferd, das nur leicht verletzt ist, springt auf und versetzt dabei mit dem linken Vorderfuß dem P. Zorn über Stirn und linke Wange einen Schlag, den man allerdings noch glücklich nennen darf, insofern das Hufeisen sich wie ein Kranz um das linke Auge legte. P. Zorn hätte nicht nur durch den Sturz, sondern auch durch den Hufschlag sofort tot sein können. Mitten auf der Stirn hat er ein Loch von dem mittleren Bügel des Hufeisens. Die Oberlippe ist gespalten, der linke Nasenflügel zerrissen, das ganze Gesicht mit Wunden übersät. Seither sind drei Tage vergangen. Das Bewußtsein kehrt allmählich wieder, und wir hoffen, das P. Zorns kräftige Natur sich bald von diesem Unglück erholen wird. Wenn ich so betrachte, wie jetzt, da der Bau der neuen Schule, die ihre Entstehung doch besonders der unermüdlichen Tätigkeit des P. Zorn verdankt, bald seiner Vollendung entgegengeht, Schlag auf Schlag gegen die Mission fällt, so kommt mir wohl auch der Gedanke, ob schließlich doch nicht gerade jener, der jedenfalls diese Schule mit höllischem Haß verfolgt, seine unsichtbare Hand dabei im Spiele hat. Sei dem wie ihm wolle. Die Opfer und Mühen, die diese Schule der Mission schon gekostet haben, sind der beste Beweis dafür, daß Gott sie segnen wird. Das unser Trost. . . (Schluß folgt.) halben, aus Feld und Flur, in Wald und Garten, sproßt es und keimt es und man könnte wirklich für einen Augenblick fast versucht sein, sich in die grüne Steiermark oder in die Bozen-Meraner Gegend versetzt zu glauben gegen Ende eines milden Märzmonats, würde nicht der unzertrennliche Begleiter, der tropische □BQ Cp 0eruitter im 5d)illuklcmde. DB HP □□ Von Hochw. P. Pschorn, P. 8. C. □OC DO Regen, die häufigen und ungewöhnlich heftigen Gewitter, uns erinnern, daß man sich eben doch im Schilluklande nahe dem Äquator befindet. Nicht nur auf den Europäer macht das Schauspiel eines Ungewitters mit seinen gewaltigen elektrischen Entladungen einen mitunter fast unheimlichen Eindruck, auch für den Eingebornen sind die Gewitter ein Gegenstand der Furcht und Besorgnis, deren etwaigen schädlichen Folgen man durch Beschwörungen vorzubeugen sucht. Wenn irgendwo möglich, wird der Schilluk es zu vermeiden suchen, bei einem solchen Aufruhr der Natur im Freien sich aufzuhalten, sondern es vorziehen, in seiner Hütte Unterschlupf und Schutz zu finden, wohin der grelle Schein der Blitze nicht dringt und wo die Donnerschläge nur gedämpft vernommen werden. Ist dies jedoch unmöglich, so suchen sich die Leute anderweitig vor dem Blitz zu sichern. Jeglicher Schmuck, den sie am Leibe tragen, wie Armbänder, Perlen, Halsschmuck, wird mit Straßenkot beschmiert. Sie lassen sich hiebei vom Glauben leiten, daß der Blitz sich stets ein Opfer aussucht, das durch Schmuck und Zieraten hervorragt aus den übrigen; deswegen das Bestreben, durch Beschmutzen der Ornamentstücke wertlos nnd unbedeutend vor dem Blitz zu erscheinen. Die Lanzen, sonst stets in der herabhängenden Hand wagrecht mit der Spitze nach rückwärts getragen, trägt man zur Zeit des Gewitters auf der Schulter aufliegend, mit der Spitze nach aufwärts. Leute, die sich zur Zeit des Ungewitters in einer Hütte befinden, haben, um vor Blitzschlag sicher zu sein, mannigfache Gebräuche einzuhalten. Da es nach Schillukansicht als gefährlich gilt, direkt dem Hütteneingange, einer ovalen Öffnung, gegenüber zu sitzen, so kauern sich die Leute den Hausinnenseiten entlang nieder. Mit Vorliebe sitzt man zur rechten Innenseite des Hauseingauges; nur wenn der Unterschlupfsuchenden zu viele werden, so daß dieselben zur rechten Seite nicht Platz haben, setzt man sich auch zur Linken. Doch achtet man sorgsam darauf, einen ziemlichen Raum an der dem Eingang direkt gegenüberliegenden Rückwand freizulassen. Alle Arbeit ruht während des Gewitters; der Mann, der eben behaglich seine Pfeife rauchte, muß dieselbe beiseite legen, und die Frau, die beschäftigt war, ihr Korn im Mörser zu zerstampfen, niuß ihren Stößel ruhen lassen. Doch die Frauen sind auch im Schilluklande rasch zur Hand mit einem Gegenmittel gegen Blitzschlag; sie binden ein Büschel Gras an ihren Stößel und fahren in der Arbeit ruhig weiter. Das Grasbüschel feit sie gegen Ungemach. Treibt es das Ungewitter zu bunt, so sucht man etwaiges Unheil durch Opfer zu beschwören. Ein Jäteisen muß an der Türschwelle in den Boden gesteckt werden. Ist kein Jäteisen zur Hand, tritt ein Speer oder irgendein Eisenstück an seine Stelle zur Beschwichtigung und zur Ablenkung des Blitzes. Hat sich das Ungewitter gelegt, so wird das eben gebrauchte Eisenstück wieder profanen Zwecken zugeführt. Ist jedoch gar nichts Eisernes in der Hütte, das man zur Gewitterbeschwichtigung verwenden könnte, nimmt einer der Inwohner eine Handvoll Getreideköruer und, sich nahe der Türschwelle niederkniend, schiebt er die als Haustür dienende Strohmatte ein wenig zur Seite und wirft die Körner gegen den Himmel, seinen Ahnen auf diese Weise ein Speiseopfer darbringend. Schlägt der Blitz in eine Hütte ein, so ist es im Schilluklande Brauch, durch die Dachgiebelspitzen aller im Umkreis befindlichen Hütten eine Schnur zu ziehen und sie so miteinander zu verbinden; in die Schnur werden Knochenüberreste und Schneckenmuscheln hineingebunden. Ward jemand in der Hütte vom Blitze erschlagen, so gibt die Mauer der Hütte, die durch dieses Unglück unbewohnbar wird, den Grabhügel für den Toten ab, da derselbe nicht wie die anderen Sterblichen im Dorfe, sondern außerhalb desselben bestattet wird. Mau legt ihn dortselbst auf den Boden und sämtlich Mauerüberreste der zerstörten Hütte werden \ Stelle, wird es alsbald getötet, gekocht und über ihn aufgetürmt. Fast ausnahmslos ruft sofort verzehrt. Sodann vergräbt man einen man, wenn der Blitz in eine Hütte einge- Teil der Gebeine des Opfertieres im Hofe des schlagen, einen Diener des Deng, des Ahnherrn vom Blitz zerstörten Hauses, Pflanzt darüber der Denkaneger, der als besonderer Herr und j einen ziemlich großen Ast des Higligbaumes —■— St . E=j iš 1 qp f — 4 Korbflechter. (Phot, oort Hochw. P. Pröbstle, F. 8. C.) ÖP □O 4 „Diese Riesenkörbe (das Bild zeigt nur den unteren Teil des Korbes vollendet), aus Gras geflochten, sind so stark und dicht wie aus Eisen gegossen. Sie dienen zur Aufnahme von Kaffernkorn, Mais u. dgl., sind also die Vorratskammern der Schwarzen. Sie werden manneshoch, gehen nach oben eiförmig zusammen, so daß nur mehr ein kleines Loch zum Einfüllen des Getreides bleibt. Diese Öffnung wird dann nach der Füllung mit einem geflochtenen Deckel und Erde wasserdicht verschlossen. Eine Woche nach Aufnahme des Bildes fand ich den Korb fertig mit Mais gefüllt." (Hochwürdcn P. Pröbsile.) Donnerer gedacht wird. Dieser Dengdiener befragt nun den Deng und das Ergebnis ist: „Das Haus wurde von unserem Ahnherrn geschlagen. Drum bringe einen Ochsen." Sind die vom Unglück Betroffenen arm, so tut es wohl auch ein Schaf. Freilich fügt der Schlaumeier so sicher, wie 2X2 4 ist, hinzu: „Nicht ich verlange, daß ihr dies Opfer darbringt, sondern Deng verlangt dasselbe." Ist das Tier zur in die Erde und hängt die übrigen, nicht verscharrten Knochen des geschlachteten Tieres, dessen Hörner und Schwanz daran auf. Alle, die am Opferschmaus teilgenommen, opfern einen von den vielen Eisen- oder Messingringen, die sie an Armen und Füßen tragen, werfen ihn zu dem in den Boden gepflanzten Higligast und die obdachlos gewordenen Hausbewohner hängen alle diese Ringe an demselben auf. Einer, der vom Blitz getroffen wurde, aber mit dem Leben davongekommen ist, gilt als Liebling des Deng. Um was immer solche Lieblinge des Deng in dessen Namen bitten, wird ihnen selten verweigert. Wird einer vom Blitz nur betäubt, so nimmt man den Bewußtlosen bei den Füßen und taucht ihn im Wasser unter, damit er wieder zu sich komme. Man will gesehen haben, wie Frösche und Schnecken aus eines Bewußtlosen Munde herauskamen. Wird einer auf freiem Felde vom Blitz getötet, so bringen alle Bewohner seines Dorfes und alle jenes Dorfes, das der Unglücksstätte am nächsten ist, Erde herbei und bilden so einen Erdhügel über ihn. Jedermann befleißt sich dieses Liebesdienstes, da im Weigerungsfälle auch ihn der Blitz eines schönen Tages töten würde. Ein vom Blitz Erschlagener erhält auch nicht die sonst im Schilluklande üblichen Trauerfeierlichkeiten. Der Ochse, der nach seinem Tode geschlachtet wird, gilt, wie schon oben erwähnt, dem Ahnherrn Deng und nicht dem Toten. Die Angehörigen des Toten dürfen nicht weinen, was sonst bei Unglücksfällen eine starke Seite der Schillukweiber bildet. Allgemeine Ansicht ist es, daß ein vom Blitz Getöteter vom Deng abberufen wurde, um in dessen engeres Gefolge aufgenommen zu werden, eine Ehre für ihn und seine Angehörigen. Weinen, Heulen und Klagen ob eines solchen Todes wäre eine Beleidigung für Deng. Die Familie, die den Verlust eines ihrer Glieder durch Blitz zu beklagen hat, gilt als vom Himmel besonders bevorzugt. Sie durfte dem Überirdischen ein besonderes Opfer darbringen, und Segen und Glück wird in dessen Gefolge sein, denn der Ahnherr läßt sich von seinen Kindeskindern an Großmut nicht übertreffen. (Schluß folgt.) XD er RäuptHngsfotm von Tandem. Der Roman eines Schwarzen von P. Johannes Emonts, S. 0. J. (Fortsetzung.) 3. Kapitel. Der umgehende Tod. Über dem ganzen Häuptlingsdorf lastete eine tiefe Stille, die Ahnung eines unheimlich sich nahenden Verhängnisses. Bis in die entferntesten Gehöfte und in die weitesten Dörfer drang die Kunde von den kranken Haussah und dem schrecklichen Zorn Mbämbäs. Die mutigsten Männer wagten kaum zu sprechen. Die Frauen zitterten und verkrochen sich in die äußersten Winkel der Hütten. Mvämbä saß lange allein auf seinem Äudienzplatz; niemand erschien. Wer hätte es auch gewagt, dem zornigen Mbämbä unter die Augen zu treten! Der schreckliche Tag ging zur Neige. Membula hatte sich nach seiner grausamen Beschwörungstat auf sein Zaubergehöft zurückgezogen. Die Glut seiner Augen war erloschen. Abgespannt und ermattet ging er in sein Zauberhaus. Da wimmelte es von Amuletten, Fetischen, großen und kleinen Messern, Schlangen- und Affen- häuten, Totenschädeln, Masken, Büffel- und Antilopenköpieu und sonstigem Zaubcrkram. Membula fühlte sich nicht wohl; ihm wurde angst in seiner Hütte. Er begann zu zittern. Die Totenschädel grinsten ihn höhnisch an. Die Büffelschädel mit den breiten, wuchtigen Hörnern schienen sich zum Stoße zu neigen und ihn aufspießen zu wollen. Die Tier- und Menschenmasken wurden lebendig; ihre Augen schauten ihn zornig und wütend an. Kalter Angstschweiß trat dem Zauberer auf die Stirn. Er zitterte heftig. Stimmen glaubte er zu hören, die von ganz weil her wie aus einer unbekannten, schaurigen Welt an sein Ohr drangen. Vergebens suchte er Schlaf; die Wahngebilde seiner wirren Phantasie ließen ihn nicht frei, und so tanzten vor seinen geistigen Augen Gewalten und Gestalten mancherlei Art, Geisterspuk mit häßlichen Gesichtern und teuflischen Fratzen. Der sonst so mutige Zauberer, der noch niemals Angst verspürte, zitterte und bebte wie ein ängstliches Kind. Und dann — o, nun wußte er, was ihn so krank und armselig machte. Er hatte den umgehenden Tod bannen und vernichten wollen, und nun war er wohl der erste, der ihm zum Opfer stel. „Membula muß sterben den gräßlichen Tod. Ha! Sterben .. . ? — Ich! Nein, ich will nicht ■—!" Der Morgen brach an, die Sonne erhob sich mit strahlendem Glanz über die Bandariebene, stieg höher und höher, aber in Bandari war alles ruhig. Mbämbä hatte eine unruhige Nacht gehabt und war erst gegen Morgen eingeschlafen. Erst als die Sonne schon hoch am Himmel stand, trat er in sein kleines Gehöft. Der Morgendschindar erschien ängstlich auf das Zeichen des Häuptlings und fragte nach dem Begehr des Herrschers. „Wo ist Membula?" — „Er ist krank und liegt in schrecklichen Fiebern. Er schreit laut auf und spricht nur vom umgehenden Tod." Mbämbä sank aus seinem Lager zusammen und schwieg. Seme Gedanken galten nur dem umgehenden Tode, der bereits sein grausiges Werk in Bandari begann. Der Zustand Membulas verschlimmerte sich zusehends. Schon nach zwei Tagen starb er. Dumpf erdröhnten die Sprachtrommeln und verkündeten den Tod des Zauberers. Alle Bigmänner und Dorfgroßen wurden aufgefordert, sich sofort im Häupllingsgehöft zu einer wichtigen Beratung einzufinden. „Wer nicht erscheint, wird aufhören, Bigmann zu sein", ließ Mbämbä verkündigen. Die geflüchteten Bigleute sahen sich gezwungen, zurückzukehren und den Zorn Mbämbäs über sich ergehen zu lassen. So begaben sie sich denn in größter Angst aus ihren Verstecken zum Häuptlingsplatz, wo der Häuptling finstern und zornigen Blickes saß und sie einzeln musterte. Manche der Bigleute zitterten und wagten nicht, den Blick zu dem Erzürnten zu erheben. Mbämbä erhob sich und sprach: „Ein großes Unglück hat unseren Stamm heimgesucht. Membula, der große Zauberer und Medizinmann, ist als erster vom großen Tod ergriffen worden. Bereits sind weitere drei Männer und zwei Frauen dem schnell umgehenden Tode zum Opfer gefallen. Unserem Stamme droht ein großes Sterben. Zum Zeichen der Trauer lege ich vor euch die Farbe der Trauer an." Mbämbä gab einem Dschindar einen Wink, worauf dieser eine bereitgehaltene Kalabasse mit weißer Farbe herbeibrachte. Ter Häuptling nahm von der Farbe und rieb Gesicht, Arme und Beine damit ein. Er sah drollig aus, aber bei den Bandari war das die gewöhnliche Art der öffentlichen Trauerkundgebnng. Seinem Beispiel folgend traten alle stillschweigend hinzu und rieben Kops, Arme und Beine mit der weißen Trauerfärbe ein. „Hört nun, ihr Großen von Bandari", fuhr Mbämbä fort. „Weiß jemand von euch ein Mittel gegen den umgehenden Tod?" Kein Mensch antwortete. „Ihr wißt kein Mittel. Ich weiß auch keines. Der große Tod kommt und geht, wie es ihm beliebt. Und dennoch müssen wir als Führer des Stammes alles versuchen, das große Unglück von unserem Stamme abzuhalten. Vielleicht können wir das weitere Umsichgreifen verhindern. So denkt nach, überlegt, tauscht eure Gedanken untereinander aus und sagt dann, was ihr meint." Die Männer saßen zuerst schweigsam und zusammengekauert auf ihren Plätzen. Alles Beraten und Überlegen schien zwecklos. Allmählich hörte man leises Gemurmel. Einzelne Bigleute teilten sich gegenseitig ihre Ansichten mit, aber keiner erhob sich zu einer Gegenänßerung. So stand denn Mbämbä wieder auf und sagte: „Ich denke mir, wir rufen alle Zauberer und Medizinmänner des ganzen Stammes zusammen. Hoffentlich finden sie ein sicheres Mittel, das den Stamm vor weiterer Gefahr behütet." Viele Stimmen murmelten wohlgefällig zum Zeichen der Zustimmung, aber ein alter, bereits ergrauter Bigmann stand auf und sprach: „Ich bin anderer Ansicht. Membula war der größte Zauberer und Medizinmann der ganzen Ebene. Was haben feine Medizinen für Wirkung gehabt? Was er nicht vermochte, das werden auch die anderen Zauberer nicht fertig bringen. Ich halte dafür, daß man die Kranken in ein abgelegenes Gehöft bringt, daß man ihnen Wasser und Lebensmittel in reicher Fülle gibt und dann jeden Verkehr mit ihnen meidet. Sterben sie, dann sterben sie allein, aber der Stamm wird gerettet sein." Jetzt stimmten die meisten Leute diesem Gedanken zu, wenn auch andere noch immer an dem Vorschlag Mbämbäs festhielten. So einigte man sich denn dahin, daß sowohl die Zauberer ihre ganze Zauberkunst versuchen sollten, daß aber anderseits die Kranken auf ein abgelegenes, mit reichlicher Nahrung versehenes Gehöft gebracht würden, mit dem jeder Verkehr strengstens untersagt sein sollte. Die Versammlung Stern der Neger 45 Heft 3 löste sich auf, und der Häuptling gab sofort seine Anweisungen. Im Gehöfte Membulas, des toten Zauberers, hatte sich viel Volk versammelt. Die Hütten waren umlagert von trauernden, heulenden und kreischenden Totenweibern. Die herbeigeeilten Männer hatten die Trauerfarbe angelegt und sagten kein Wort; sie stützten sich auf ihre Lanzen und schauten in wehmütigen Gedanken auf den Boden. Eine Anzahl Männer schaufelten in äußerster Eile mitten auf dem Platze ein fälle im Häuptlingsgehöft und in der Umgegend, wie es bei den schlechten und eingeengten Wohnungsverhältnissen selbstverständlich war. Immer heftiger und plötzlicher trat die Seuche auf und die Toten, von denen ein derart unausstehlicher Geruch ausging, daß man sich weigerte, sie zu begraben, lagen oft lange unbegraben und verpesteten die Luft. Kaum waren genug Leute aufzutreiben, die die Kranken forttrugen zu jenem von den Big-leuteu bestimmten Ort. Die Gesunden zogen Ochsengespanne in Südafrika. In Afrika sind die Wege schlecht, führen durch Bäche, über Stock und Stein. Es genügen daher zum Lastentransport nicht ein oder zwei Ochsenpaare, sondern man braucht vier, sechs, acht und selbst noch mehr, also 16—20 Ochsen vor einem Wagen. Grab, gruben in einer Seitenwand eine Grabkammer und die Bestattung begann. Zwei ergraute Männer hoben so schnell als möglich die Leiche in die Seitenkammer, stellten zwei Körbchen mit Kola und Erdnüssen neben den Toten, legten ein Bündel Muschelgeld daneben und verschlossen die Grabkammer mit einer ausgehobenen Hüttentür. Der scheußliche Leichengeruch belästigte sie derart, daß sie die Zeremonien, die sonst langsam ausgeführt zu werden pflegten, äußerst schnell und oberflächlich vornahmen. Das Grab wurde zugeschaufelt und damit war die Totenfeier beendet. Schnellstens verließen die Teilnehmer den Platz, und bald war das Totengehöft menschenleer. Es mehrten sich die Krankheits- und Todes- sich von den Kranken zurück. Die Kinder flohen vor den kranken Müitern, die ÜDiütter vor den kranken Kindern, die Männer vollends taten nichts zur Hilfe der kranken Frauen. Jeder dachte nur an sich selbst. Das Häuptlingsgehöft wurde wie der leibhaftige Tod von den Bewohnern der andern Gehöfte gemieden. Eine allgemeine Flucht der Bewohner setzte ein und die entfernteren Nachbardörfer erhielten reichen Zustrom. Viele Männer begaben sich mit ihren Familien in den Busch und bauten sich dort in aller Eile für sich und die Ihrigen eine armselige Buschhütte aus Zweigen und Blättern. Bald war der umgehende Tod in Fonkar und Banden und verlangte zuerst einige, dann viele Todesopfer, so daß auch dort die Flucht zu den noch immer verschonten Orten einsetzte. Mbämbä hatte sich schon am dritten Tage von seinen sämtlichen Dienern und besten Freunden verlassen gesehen. Durch die Zauberer hatte er den erzürnten Geistern Hühner, Ziegen, Schafe, Palmöl und Palmwein opfern lassen. Die Geister hatten trotzdem nicht geholfen. Da hatte Mbämbä in flammender Wut sämtliche Zauberdinge zerschlagen und ins Feuer geworfen. Einen der Zauberer durchbohrte er mit einer Lanze, den anderen rettete eilige Flucht. Einsam und gebrochen saß er nun auf seinem geschnitzten Häuptlingsstuhl. Er wollte dem großen Sterben ein Ende bereiten. Aber wie? Er sann, grübelte, dachte nach. Mit Gewalt rettete er seine Leute und seinen Stamm nicht. „Alles ist umsonst", sagte er dumpf vor sich hin. „So bleibt mir nichts anderes übrig, als mit meinem Stamme zu sterben. Aber fliehen werde ich nicht!" Erregt sprang er auf und ging schnellen Schrittes hin und her. Er blieb für einige Augenblicke stehen, stampfte wütend den Boden, murmelte unverständliche Worte, setzte sich wieder und begann von neuem zu überlegen und zu sinnen. Armer Mbämbä! Füge dich! Einen Ausweg aus diesem Elend gibt es nicht! 4. Kapitel. Dschembana und sein Freund. Dschembana und sein Freund Debu waren unterdessen mit der Ausführung ihres Vorhabens beschäftigt. Auf Schleichpfaden hatten sie sich durch das Gebirge am Stamme der feindlichen Tankili vorbeigearbeitet. Trotz der vielen Gefahren waren sie auch durch einen kleinen Geläudestreifen der Bakalo gekommen, ohne ergriffen zu werden, und hatten dann in dem dichtverschlungeuen und stellenweise fast unzugänglichen Gebirgswald von Jamonga, der sich ungefähr einen Tag weit nach Norden erstreckt, ein passendes Versteck gefunden. Aus den Farmen der Jamongaleute holten sie sich Lebensmittel und speicherten sie auf, denn sie mußten mit wenigstens drei bis vier Tagen Aufenthalt rechnen. In aller Eile wurden sodann kräftige Lianen abgeschnitten und starke Baststricke gedreht, die sie später benötigen würden. Dann überlegten sie noch einmal ihren abenteuerlichen Plan, und als der zweite Abend hereinbrach, gingen sie an die Ausführung. Diesmal beabsichtigten sie, nicht ohne weiteres in das Gehöft des Häuptlings einzudringen. Der Rat Mdämbäs, mit mehr Klugheit und List ans Werk zu gehen, hatte ihnen den Gedanken nahegelegt, verschiedene Jamongaleute zu fangen und sie so lange festzuhalten, bis der feindliche Häuptling dem Dschembana die Erlaubnis geben würde, sich selber mit eigener Hand das Blatt vom heiligen Medizinstrauch seines Gehöftes zu holen. Aus den vorhergehenden vergeblichen Versuchen wußten sie bereits, daß das Gehöft eines der Zauberer Jamongas etwas abseits vom Dorfe lag. Dahin wandten sie ihre Schritte. Leise, vorsichtig schlichen sie sich in das anliegende Bananenwäldchen. Das Zaubergehöft bestand aus neun Hütten, von denen zwei durch eine Bambuswand von den anderen getrennt waren und etwas zurückstanden. Das mußten die beiden Hütten des Zauberers sein. Bei den Frauen v ginq's laut her. Doch der Zauberer schien abwesend zu sein, jedenfalls bemerkten sie weder Licht in den beiden abseits stehenden Hütten, noch hörten sie sprechen. Sie warteten daher in ihrem Versteck. Etwa eine halbe Stunde war vergangen, als sie Schritte und Stimmen von Männern vernahmen. Zwei Männer kamen auf den kleinen Platz geschritten; der eine von ihnen war sofort als Zauberer kenntlich. Auf dem Kopf trug er einen wüsten Haarbüschel, in welchem allerhand kleine Zauberdinge eingeflochten waren. Sein Begleiter war ein gesetzter Mann mit einer Kette blauer Perlen um den Hals und einem ziemlich langen und guten Lendenschurz. In der Hand trug er eine Lanze und am rechten Handgelenk einen fein polierten Elfenbeinring. Er war so sicher ein Bigmann, daß weder Dschembana noch Debu daran zwei-fellen. Gern hätten sie sich sofort auf die beiden gestürzt und die Ahnungslosen in schnellem, mutigem Handeln niedergeschlagen, als sie vor die Zauberhütte traten. Aber es war besser, jedes Geräusch zu vermeiden und die Frauen nicht aufmerksam zu machen. Der Bigmann war stark, und es hätte leicht zu einer schnellen Gegenwehr kommen können. So warteten sie eine Zeitlang und begaben sich dann auf die Suche nach einer geeigneten Stelle, wo sie den Bigmann überwältigen konnten. Endlich kam er. Sie ließen ihn einige Schritte vorbeigehen, dann warf ihm Dschembana mit katzenartiger Schnelligkeit einen der starken Baststricke um den Hals und schnürte ihm die Kehle zu. Der Mann taumelte, schnappte nach Luft, siel hin Stern der Neger 47 Heft 3 und wurde von Debu mit einigen starken Schlägen betäubt, dann geknebelt und gebunden, so daß er weder schreien noch sich bewegen konnte. In kurzer Zeit waren sie mit dem Big-mann fertig, schafften ihn vorsichtig fort und banden ihn mit Lianen an einen Baum, so daß eine Flucht unmöglich war. „So, Debn! Das ist geschafft! Ein herrlicher Fang! Schnell zurück zum Zaubergehöft!" Auch bei der Überrumpelung des Zauberers war ihnen das Glück hold. Kaum hatten sie ihr erstes Versteck in dem Bananenwäldchen wieder aufgesucht, als der Mann aus einer der Frauenhülten heraustrat. Blitzschnell sprang Dschembana hinter den Zaun, ergriff den Ahnungslosen mit kräftigem Griff am Halse und schnürte auch ihm die Kehle so heftig zu, daß er nicht schreien konnte, während Debu im selben Augenblick ihn von rückwärts faßte und fest umklammerte. Ohne auch nur einen Laut ausstoßen zu können, und ehe er noch recht wußte, was mit ihm geschah, war der Jamongazauberer gefesselt. Nachdem sie sich vergewissert hatten, daß der Bigmann nicht entfliehen konnte, brachten sie zuerst den Zauberer in Sicherheit. Dann holten sie den zweiten Gefangenen, den sie ebenfalls im Dickicht in der Nähe ihres Versteckes mit starken Lianen und einem doppelten Baststrick derart an einen Baum fesselten, daß an eine Flucht nicht zu denken war. Auch sorgten sie dafür, daß es bett Gefangenen unmöglich war, zu schreien oder ein Zeichen zu geben. In der zweiten Nacht unternahmen sie einen neuen Streifzug nach Jamonga, doch mußten sie noch vorsichtiger zu Werke gehen, da man aus dem Verschwinden des Zauberers und des Bigmannes Verdacht geschöpft hatte. Es gelang ihnen nur, einen Jamongaknaben von etwa siebzehn Jahren zu ergreifen. Mit knapper Not entgingen sie selber der Gefangenschaft. Diesen dritten Gefangenen verbargen sie bis zum Morgen an einem anderen Ort im Gebirge, damit er nicht wisse, wo die beiden ersten Gefangenen versteckt gehalten wurden. Er sollte dem Häuptling von Jamonga die Botschaft Dschembanas überbringen. Zwar hätte dieser gern noch einige andere angesehene Jamongalente zu Gefangenen gemacht, aber sie durften ihre Waghalsigkeit nicht zu weit treiben. In Jamonga herrschte große Aufregung über das Verschwinden der drei Stammesangehörigen. Alle Jamongamünner waren mit den Big-leuten und Dorfgroßen beim Häuptling ver- sammelt, um gemeinsam zu überlegen, was zu tun sei. Endlich, nach langem Hin- und Herreden beschloß man, die ganze Umgebung nach feindlichen Bandarileuten abzusuchen. Gerade wollte man auseinandergehen, als eine Anzahl junger Burschen aufgeregt heranstürmten. Einer von ihnen war der verschwundene Jamonga-knabe. Er trat vor den Häuptling, grüßte ehrerbietig und begann: „Großer Häuptling von Jamonga! Ich habe dir eine Botschaft zu bringen von dem Bandarimann, der mich gefangennahm, von Dschembana, dem Sohn des Bandarihäuptlings." — „Der Hund! Was will er, und weshalb schickt er dich zurück?" — „Daß du ihm erlaubest, in dein Privatgehöft einzutreten, damit er sich dort mit eigener Hand ein Blatt des heiligen Medizinstrauches abpflücke." — „Und wenn ich es ihm nicht erlaube?" fragte der Häuptling wütend. — „Dann müssen die Gefangenen sterben. Bis sein Wunsch erfüllt ist, wird er unser Dorf belästigen und nicht zur Ruhe kommen lassen. Er will ein Gehöft nach dem anderen verbrennen. Auf den Feldern werden die Frauen und Mädchen seinen vergifteten Pfeilen zum Opfer fallen. Er wird Tod und Verderben in unseren Ort bringen und alle Bandariburschen werden mit ihm zusammenarbeiten, um uns zu schaden, wo sie nur können." Die versammelten Männer schauten sich gegenseitig an. S.e tobten vor Wut. Der Häuptling redete laut und aufgeregt mit den Bigleuten; die ganze Versammlung redete wild und wütend durcheinander. Endlich gebot der Häuptling Ruhe und stellte weitere Fragen an den heimgekehrten Gefangenen. „Wieviel Bandariburschen hatte Dschembana bei sich?" — „Ich weiß es nicht, aber gesehen habe ich nur ihn und seinen Freund." — „So meinst du, daß sie zu zweien gewagt hätten, sich in unser Dorf hereinzuschleichen und Gefangene zu machen?" — „Ich glaube es beinahe. Dschem-bana will sogar ohne alle Waffen am Hellen Tage in unser Dorf kommen, um selber das Blatt vom Medizinstranch zu holen. Doch, großer Häuptling, noch eine Botschaft habe ich auszurichten." — „Welche?" — „Wenn ich heute mittags, wenn die Sonne den höchsten Punkt am Himmel erstiegen hat, nicht mit der Erlaubnis zurückkehre, daß Dichembana ungehindert in dein Gehöft kommen darf, um sich das Blatt zu holen, dann werden Tabane und Keguna die ersten Qualen der Stammes- rache erdulden." — „Und wenn wir seinen Wunsch erfüllen, wird er die beiden Gefangenen freigeben?" — „Er hat es geschworen beim Geiste seines Großvaters, des verstorbenen Häuptlings von Bandari." — „Es ist aber fraglich, ob er seinen Schwur hält", meinte der Häuptling. „Ein Bandarimann ist zu allem fähig." — „Ich bin sicher, daß er sein Wort hält", antwortete der Bursche lebhaft. „Ich drückte ihm dieselbe Befürchtung aus, aber da hat er mir geantwortet: ,Der Sohn Mbäm-bäs fürchtet keinen Menschen, auch den Häuptling von Jamonga nicht, aber er will um keinen Preis ein ehrloser und wortbrüchiger Mensch sein; sage das deinem Häuptling/" Die Jamongaleute besprachen das seltsame Ansinnen des Bandariburschen. Man redete hin und her. Ungeheuer war die Aufregung. Man kam zu keiner Einigung. So erhob sich denn der Häuptling und redete zu seinem Volke: „Ihr Leute von Jamonga! Wir müssen uns entscheiden, denn die Zeit drängt. So hört, was ich sage. Der Sohn Mbämbäs ist zwar unser Feind, aber er ist ein mutiger und kluger Bursche. Ich hasse ihn, aber ich ehre seinen Mut. Es ist keine Schande für uns, wenn wir den Mann hochschätzen, der uns in so kluger Weise überlistet hat. Der Sohn Mbämbäs mag kommen, ich führe ihn selber in mein Gehöft, aber wenn er mich oder unseren Stamm oder einen einzigen aus euch beschimpft oder etwas tut, was gegen unsere Staiumesehre geht, dann muß er sterben und unsere Rache wird schrecklich sein." Die Männer in der Runde wagten keine Gegenrede und der Bote eilte mit der Antwort davon. Dschembana erhielt die Nachricht und ging ohne Lanze mit dem Boten ins Dorf. Alle schauten erwartungsvoll auf den Eingang, durch welchen Dschembana eintreten mußte. Der Bote ging vor ihm her, und dann zeigte sich der mutige Sohn des Bandarihäuptlings im Türrahmen. Mit stolzem und festem Blick überschaute er den Hofraum und die Männer, trat sicheren Schrittes zum Häuptling und grüßte ehrfurchtsvoll nach der (Sitte der Bandari. „Du bist Dschembana, der Sohn Mbämbäs?" fragte der Häuptling. — „Ja, der bin ich", antwortete Dschembana. — „Weißt du, was dem Bandari geschieht, der in unsere Hand fällt?" — „Er verfällt der Stammesrache." — „Und dennoch wagst du es, in unser Dorf zu kommen?" — „Du stehst, ich stehe ohne Furcht und Zittern vor dir und deinen Kriegern." — „Was willst du denn hier in meinem Gehöft?" — „Ich hole mir ein Blatt von deinem heiligen Medizinstrauch, weil der Zauberer mir sonst keine wirksame Medizin bereiten kann." — „Und wenn ich dir nicht erlaube, das Blatt zu pflücken?" — „Dann müssen der Zauberer und der gefangene Bigmann sterben. Sie verfallen von selber der Stammesrache der Bandari." — „Und wenn ich nun an dir die Stammesrache ausüben lasse?" — „Das wird der Häuptling von Jamonga nicht tun. Dann wäre er wortbrüchig und ehrlos, und ich würde ihm meinen Abscheu dadurch bekunden, daß ich ihn anspeie." — „Du bist ein tüchtiger Bursche, Dschembana. Ich bewundere deinen Mut. Aber noch eine Frage! Wirst du die beiden Gefangenen zurückschicken, wenn wir dich ziehen lassen?" — „Ich werde es, so wahr ich der Sohn Mbämbäs bin!" — „Es ist gut. Komme mit mir in mein kleines Wohngehöft und pflücke dir mit eigener Hand das gewünschte Blatt." Was niemals einem Bandarimann geglückt war, das durfte Dschembana sehen: das Innere des Häuptlingsg-höites von Jamonga. „Hier ist der heilige Medizinstrauch", sagte der hohe Führer. „Komm und nimm dir selber das Blatt, das du durch eine klug ersonnene List verdient hast." Dschembana suchte sich das schönste Blatt, pflückte es ab und tat es in sein kleines Lederamulett, das er am Halse trug. Dann wandte er sich noch einmal zum Häuptling und sagte: „Großer Häupiling! Ich bewundere dich unö dein Volk. Du bist ein Ehrenmann und deine Leute haben mich mit keinem Worte belästigt, obichon ich ihr Todfeind bin. Sie haben ihr Wort gehaltn. Ich werde ebenfalls mein Wort halten!" — „Gut!" antwortete der Häuptling. „@age_ dem großen Mbämbä, daß er einen großen -Lohn hat, der seines Vaters würdig ist. und daß man in Jamonga den heutigen Tag nicht als eine Schmach empfindet." Dschembana schritt durch die Männerscharen davon. Noch in derselben Nacht kehrten Keguna und Tabane in ihr Dorf zurück. (Fortsetzung folgt.) Eigentümer, Herausgeber und Verlegern Kongregation der Missionäre Söhne des heiligsten Herzens Jesu. Verantwortlicher Schriftleitern P. AI. Wilfling, Missionshaus Graz, Paulustorgasse 10. — Universttäts-Buchdruckerei „Styria" in Graz.