| 649 | GEODETSKI VESTNIK | 61/4 | ST RO KO VN E R AZ PR AV E | PR OF ES SIO NA L D ISC US SIO NS Wir Franz der Erste, von Gottes Gnaden Kaiser von Oesterreich; König von Jerusalem, Hungarn, Böhmen, der Lombardey und Venedig, von Dalmazien, Kro- azien, Slavonien, Galizien, Lobomerien und Illyrien; Erzherzog von Oesterreich; Herzog von Lothringen, Salzburg, Steyer, Kärnthen, Krain, Ober- und Nieder - Schlesien; Großfürst in Siebenbürgen; in Mähren; gefürsteter Graf von Habsburg und Tyrol ec. ec. Grundsteuer Patent, 23. december, 1817 In Erwägung der Mißverhältnisse, welche bey der Umlegung der Grundsteuer nach dem bestehenden Maßstabe der Vertheilung für ganze Provinzen, Kreise, Districte und Gemeinden, wie für einzelne Contribuenten hervorgehen, haben Wir nach der reiffesten Erwägung dieses Mißstandes, und der zweckmäßigsten Mittel ihm abzuhelfen, den Entschluß gefaßt, in Unseren sämmtlichen Deutschen und Italienischen Provinzen ein in seinen Grundsätzen billiges, und in seiner Anwendung festes System der Grundsteuer in Ausführung zu bringen. Unsere leitenden Gesichtspuncte bey diesem allgemein nützlichen Unternehmen waren: die Anwendung des Begriffes der strengsten Gerechtigkeit, die vorzüglich durch eine richtige Ausmaß der Grundsteuer bedingte Aufmunterung der Landescultur, und die möglichste Beförderung ihrer heilsamen Fortschritte. | 650 | | 61/4 | GEODETSKI VESTNIK ST RO KO VN E R AZ PR AV E | PR OF ES SIO NA L D ISC US SIO NS Wir befehlen demnach: §. 1. Der Grundsteuer unterliegen die Nutzungen von Grund und Boden, und jene von Gebäuden. §. 2. Als eigentliche Grund-Nutzungen werden der Grundsteuer einbezogen: alle productiven Oberflächen der Erde, im Verhältnisse der zu Geld veranschlagten Producte, welche sie bey Anwendung des gewöh- nlichen Fleißes einbringen können. §. 3. Als Nutzungen von Gebäuden werden der Grundsteuer einbezogen: der Ertrag, welchen die Area, die das Gebäude einnimmt, im Wege der Urproduction abwerfen kann, wenn sie in solche benützet würde, und der, den das Gebäude selbst trägt oder zu tragen vermag. §.4. Die Grundsteuer wird nach dem reinen Ertrage bemessen und angelegt. §.5. Wir als reinen Grundertrag: das Erträgniß, welches der Grundbesitzer von jeder ihm angehörigen productiven Oberfläche nach der dermahligen Cultursgattung, bey Anwendung der gemeindeüblichen Cultivirungsart in Jahren gewöhnlicher Fruchtbarkeit beziehen kann, nachdem die nothwendigen und gemeindeüblichen Auslagen auf Bearbeitung des Bodens, Saat, Pflege und Einbringung der Producte in Abschlag gebracht worden sind. §. 6. Bey den Gebäuden wird auf die nothwendige Unterhaltung derselben, und auf den im Verlaufe einer bestimmten Zeit ganz oder zum Theile zu Grunde gehenden Capitalswerth, durch einen verhältniß -mäßigen Anschlag Rücksicht genommen, und dadurch der reine Ertrag in die Versteuerung gezogen. §. 7. Die Ausmittlung des reinen Grund- und Häuserertrages erfolgt im Wege der öconomischen Vermessung und Mappirung, und der Schätzung. §. 8. Die Vermessung haben eigene, wissenschaftlich gebildete, und practisch geübte Feldmesser aus dem Militär- und Civil-Stande vorzunehmen. §. 9. Es wird im Wege derselben für jede Gemeinde eine eigene Mappe verfaßt, in welcher ihr Umfang, ihre Begränzung, und jede einzelne inner derselben gelegene Grundfläche nach Verschiedenheit der Cultursgattung, der Person des Eigenthümers, der natürlichen oder künstlichen Begränzung, in der topographischen Lage, Figur, und in dem angenommenen Maßstabe bildlich dargestellt ist. | 651 | GEODETSKI VESTNIK | 61/4 | ST RO KO VN E R AZ PR AV E | PR OF ES SIO NA L D ISC US SIO NS §. 10. Die Schätzung werden eigene mit den Local- und öconomischen Verhältnissen des Districtes, für welchen sie aufgestellt sind, genau bekannte, in der practischen Landwirthschaft unterrichtete, durch Rechtlichkeit und Unbefangenheit erprobte Commissäre vornehmen. §. 11. Es wird dabei nach den Bestimmungen des 4., 5. und 6. §. vorgegangen und ausgemittelt: in wie viele Classen sich die Grundflächen jeder Cultursgattung, nähmlich des Acker-, Wies- und Weinlandes, der Weiden, Waldungen u. s. w. in dem Umfange der betreffenden Gemeinde, nach der natürlichen Beschaffenheit des Bodens unterscheiden? Wie viel ein bestimmtes Flächenmaß jeder Cultursgattung und jeder Classe derselben im Mitteldurchschnitte Eines Jahres an den nach der gemeindeüblichen Cultivirungsart gewöhnlichen Producten einbringe, welcher bleibende mittlere Geldwerth derselben in Metallmünze beygelegt werden kann? Wie hoch sich der nothwendige Cultursaufwand im Gelde belaufe, und wie viel nach dessen Abschlag als reiner Ertrag erübrige. §. 12. Der für ein bestimmtes Flächenmaß jeder Cultursgattung und jeder Classe derselben, nach den Bestimmu- ngen des vorhergehenden §. entworfene Tariff wird auf die einzelnen Grundflächen jedes Grundbesitzers in der Gemeinde, im Verhältnisse des Flächenmaßes, welches die Grundstücke einnehmen, angewendet; nachdem jedes derselben nach seiner Cultursgattung der Classe, die es betrifft, mit Rücksicht auf die Lage und die Beschaffenheit des Bodens angereicht worden ist. §. 13. Die Gebäude werden durch Parification der Area und durch die Ausmittlung des Zinsertrages, nach der individuellen Beschaffenheit eines jeden in die Schätzung genommen. §. 14. Die Schätzung der Grundstücke und der Gebäude wird ohne Rücksicht auf die persönlichen Verpfli- chtungen der Eigenthümer oder Besitzer gegen Dritte vorgenommen, es mögen diese Verpflichtungen rein persönlich, oder auf der Realität hypothecirt seyn. Capitalsschulden, Gelddienst, Natural-, Absta- ttungs-Roboth- und Zehentverbindlichkeiten, aus was immer für Titeln sie entspringen, werden bey der Schätzung des reinen Grund- und Hausertrages nicht berücksichtiget. §. 15. Sowohl über die Vermessung und Mappirung, als über die Schätzung, erhalten die mit der Ausführung beauftragten Behörden und Individuen eigene detaillirte Instructionen, deren Bestimmungen, so weit es erforderlich ist, durch eigene Circular-Verordnungen allgemein werden bekannt gegeben werden. §. 16. Die Resultate der Vermessung und Schätzung gelangen, bevor die Steuer nach solchen umgelegt wird, zur Kenntniß der Interessenten, und es ist diesen unbenommen, ihre Einwendungen und Beschwerden dagegen vorzubringen, welche gehört, untersucht, so ferne sie gegründet sind, ausgeglichen, und zur definitiven Entscheidung gebracht werden. | 652 | | 61/4 | GEODETSKI VESTNIK ST RO KO VN E R AZ PR AV E | PR OF ES SIO NA L D ISC US SIO NS §. 17. Auf die nach Anhörung und Ausgleichung der vorgekommenen Reclamationen berichtigten Resultate der Vermessung und der Schätzung wird die jährlich, nach den Bedürfnissen des Staates, von Uns ausgesprochene und postulirte Summe der Grundsteuer in der Art umgelegt, daß jede Provinz, jeder Kreis, jeder District, jede Gemeinde, und jeder einzelne Grund- und Hausbesitzer vom Hundert des ausgemittelten reinen Ertrages einen der festgesetzten Steuersumme entsprechenden gleichen Antheil als Grundsteuer an den Staat zu entrichten hat. §. 18. Die im Laufe der Zeit vorkommenden Veränderungen in der Person des Besitzers, und im Umfange des Besitzthumes, werden aufgenommen, und in der Art in Evidenz gehalten, daß die Anforderungen der Grundsteuer immer an den wirklichen Besitzer der Realitäten, auf die sie angelegt ist, und im Verhältnisse ihres Umfanges gestellt werden. §. 19. Bey eintretenden Elementar-Unfällen, welche das Object der Grundsteuer für immer zerstören, nämlich: bey Wegschwemmungen, Versenkungen von Grundstücken, bey Abbrennung von Gebäuden u. s. w. erfolgt die Ausscheidung derselben, und die Aufhebung der Abgabe. §. 20. Bey eintretenden Elementar-Unfällen, welche des der Versteuerung unterliegenden reinen Ertrag zeitweise ganz oder zum Theile verschlingen, werden zeitweise gänzliche oder theilweise Grundsteuer-Nachlässe gestattet. §. 21. Dagegen werden die neu zuwachsenden Objecte der Grundsteuer, nämlich: Alluvionen von Grundstücken, neu errichtete Gebäude u. s. w., mit Rücksicht auf die erforderliche Ermunterung zu landwirthschaftlichen Verbesserungen, und zur Aufführung neuer Gebäude, der Versteuerung einbezogen. §. 22. Von der Grundsteuer finden nach der persönlichen Eigenschaft der Grund- und Hausbesitzer keine Ausnahmen Statt; doch sollen davon losgezählt seyn: a) Alle Oberflächen, welche im Wege der Urproduction nicht benützet werden können, als: unfruchtbare Gebirge, Steinfelsen, öffentliche Straßen, Flüsse und Canäle; b) Beerdigungsplätze, so lange sie diese Bestimmung haben; c) Staats-Gebäude, Kirchen, Militär-Casernen und Spitäler §. 23. Ueberzeugt von der Nothwendigkeit und den vielseitigen Vortheilen dieser Einrichtung, ist es Unser Wille, daß die Ausführung derselben möglichst beschleuniget, und die zu Gebothe stehenden Mittel in vollstem Maße benützet werden. | 653 | GEODETSKI VESTNIK | 61/4 | ST RO KO VN E R AZ PR AV E | PR OF ES SIO NA L D ISC US SIO NS §. 24. Da jedoch der erforderliche Aufwand an Zeit, Kosten und Hülfsarbeitern zu groß ist, als daß damit gleichzeitig im ganzen Umfange Unserer Deutschen und Italienischen Provinzen vorgegangen werden kann, so wollen Wir dieselbe Länderweise vornehmen. §. 25. Wir behalten Uns vor, die Länder zu bestimmen, so wie sie an die Reihe der nach diesen Grundsätzen vorzunehmenden Regulierung der Grundsteuer zu treten haben, und die Behörden bekannt zu geben, welchen die Leitung und die Ausführung übertragen wird. §. 26. Um jedoch denjenigen Ländern, in welchen das System früher zur Ausführung gebracht wird, die Vortheile desselben noch vor der allgemeinen Ausgleichung in Beziehung auf die Vertheilung im Innern zuzuwenden, wird die dermahl im ganzen angelegte Grundsteuer-Summe im Innern der Provinz nach den Resultaten der neuen Erhebungen umgelegt, die eigentlich stabile Quote für die Provinz im Gan- zen aber erst dann bestimmt, wenn aus der Vollendung der Erhebungen in allen Provinzen das richtige Verhältniß derselben unter einander hervorgegangen ist. Gegeben Wien, am 23. December 1817     | 654 | | 61/4 | GEODETSKI VESTNIK ST RO KO VN E R AZ PR AV E | PR OF ES SIO NA L D ISC US SIO NS Vir: Besedilo zakona o zemljiškem davku z dne 23. decembra 1817 je prevzeto iz gornje uradne zbirke zakonov in predpisov za leto 1817, strani 391–398. Prepis v latinico in oblikovanje ob 200. obletnici zakona izvedel: dr. Joc Triglav. Dr. Joc Triglav, univ. dipl. inž. geod. Območna geodetska uprava Murska Sobota Lendavska ulica 18, SI-9000 Murska Sobota e-naslov: joc.triglav@gov.si