-Ei fern 6er Meaer. Deutscher Glaubensbote. « « herausgegeben von der Gesellschaft der „Söhne des hist, berzens 3e$ir. « «= Erscheint monatlich 33 Seiten stark. — Preis ganzjährig 3 K = 3 Mk. —4 Frcs. Wr. 4. April 1902. V. Iahrg. J n F? a I f: Seite 97 IGO Zum l?npft-§ußifäuin.................... Ankunft der Missionäre in yiondolloro. . Missiousfoljrten auf dem weihen Nif. Von Br. Clemens Schröer, b. f. H. . • 100 Asritionisäie Dlaudereien. Von P. Josef Münch, S. d. h. H..................105 Aegcrmnsili.............................108 Die ÄfaitßensOtftcn des deutschen Iolkcs: Hl. Wiho................."... 112 Lebensbilder deutscher Missionäre: P. H. Seiner. Von P. Lover Geyer (Schluss). Seite Ans dem Mislionsleben: Schwergeprüftes Leben und erbaulicher Tod der Negerin Osna. — Missionsarbeiten in Uganda. — Msisionsarbeiten in Bularra. . . . 121 Verschiedenes: Ans Assuan................128 Zn unsern mildern........................128 Abbildungen; Papst Leo XIII. — Krokodil. — Ein Sänger der Niam-Niain. — Ein Bongo-Conccrt. — Hl. Wiho. Moschee Kait Bey in Kairo. •M. Missionshaus Mühianä bei Brixen (Eirol). Um Gotteslohn! erbittet das gefertigte von seinen Freunden und Sönnern entbehrliche Micher. « wenn auch älteren Datums, besonders « asketischen und theologischen Inhaltes. Missionshaus Mühland bei Brixen. pf 2tclterc Jahrgänge ^ ükS „.Stern 5er Neger" sind noch erhältlich und zwar: öer erste Jahrgang ä 2 K, 5er zweite (2. für sich abgeschlossenes Halbjahr) ä ] K, 5er dritte ä 2 K, 5er vierte ä § K. Alle Jahrgänge zusammen bezogen Kosten nur 6 Kronen 6 Mark. Behufs Erleichterung in der Versendung ersuchen wir die verehrlichen Ab-nehmer höflichst, bei allen Anfragen, Geldsendungen u. s. w. stets die “"L gedruckte Echleifnummer und Adressenänderungen etc. stets bis zum 20. des Monats angeben zu wollen. D DD Kerzlichc 3jitie an unsere verehrt. Leser! Wir bitten unsere Freunde, uns neue Abnehmer gewinnen zu wollen. Durch Bestellung des „Stern der Neger" wird ein hervorragend katholisches Werk unterstützt und zugleich ein österreichisches und deutsches Unternehmen, nämlich die Entwicklung unseres Missionshauses, gefördert, worin Kinder unserer Heimat und Söhne unseres Vaterrlandes zu Missionären ausgebildet werden. Die wenigen unserer verehrl. Leser, deren Bezugsbetrag von 1901 noch aussteht, ersuchen wir hiemit höflich, denselben (3 Kr. = 3 Mk.) der Ordnung wegen gütigst einzusenden. Zwecks Erleichterung in der Versendung erlauben wir uns, die verehrl. Leser höflichst zu bitten, Adressveränderungeu rc. stets bis zum 15. dCS IDonatS anzuzeigen, wie auch bei Anfragen und Einsendung von Bezugsbeträgen gütigst die gedruckte Schleifeunummer angeben zu wollen. M K f f M F ^iesenigen unserer verehrten Leser und Wohlthäter, welche von den vergriffenen Uummern 1 bis 5 incl. des 2. Jahrganges des „Stern der Neger" überzählige Exemplare besitzen, erlauben wir uns herzlichst zu bitten, uns dieselben um Gotteslohn und der guten Sache wegen gütigst zukommen laffen zu wollen, da wir an deren Desitz ein lebhaftes Interesse haben und selbe mit dem gröhten Danke entgegennehmen. Mriefkaften. P. 3. Ih. in H. Wir Bitten, an Frl. Therese Dirr, Gutsbesitzerstochter in Biberbach bei Augsburg eine Ansichtskarte z» senden! J\. £. in j\., Tirol. Die Bitte um Einsendung der Beträge von 1901 im letzten Hefte betrifft nicht die verehrlichen Abnehmer in Ä. und M., sondern diejenigen Abonnenten, die eben noch im I Rückstand sind. Eorrefpondeng der Expedition. Eingegangene Geldsendungen. (Vom 26. Februar bis 24. März 1902.) Unfern geehrten Abonnenten zur gest. Kenntnisnahme, dass wir der Einfachheit halber milde Gaben ec. für unser Missionshaus nur mehr an dieser Stel le quittieren werden. Jür das Ihlsslonsbausi Kronen Kindheit Jesu-Verein, Wien................. 800.— Alexander Müller, Seitenstetten . . . 2.40 Ehrw. Schwestern, Ilnterlangendorf . . 4.— Aus dem Pinzgau............................ 53.— Regina Oettl, Pinzgau...................... 3.— Joh. Gottstein, Pfarrer, Großaupa . . 13.87 Georg Lener, Deutsch-Matrei .... 17.— Ed. Federte, Pfarrer, Petersburg ... 1.— Jakob Buchstätter, Kirchenthal, Salzburg . 3.40 Aus dem Salzburgischen.....................11.— Alfred Kirchberger, Brixen................. 7.— Amalie Kleinlercher, Lienz................. 1.— Anton Paminger, St. Pölten .... 1.— Von einem bayrischen Wohlthäter durch Pius Metzler, Pfarrer, Sulzberg 117.— Peter Gschweitl, Pfarrer, Gleisdorf . . 1.— Aus Mariatrost, Steiermark .... 1.— Jos. Wilfling, Heiligenkreuz a. W. . . 3.— Grast, von Buquoyfche Forstverwaltung, Pressnitz bei Komotau, Böhmen . . 30.— Thomas Zdechlik, Diacon, Rom . . . —.62 Joh. Bächter, Dören bei Bregenz ... 7.— Jos- Hörburger, „ „ „ ... 2.— Fridol. Baldauf, „ „ „ ... 2.— Senf (Stpiirpr 2____ Jos. Schmied, Postmeister, Sulzberg ." . lo‘- Pius Mähler, Pfarrer, Sulzberg . . . 12.— Anton Ammann, Pfarrer, Langen . . . 5.— Rosa Daporta, Campill, Tirol .... 17.— Prälat Schneider, Stuttgart .... 2.34 Pfarrer Huber, Zimmern, Bayern . . . 8.21 Ermengildo Costa, Colfaters, Strigno . 4.— Marie Beer, Lehrerin, Altdorf b. Landshut 3.52 Peter Oberhäuser, Brixen...................20.— Allen unseren Wohlthätern sagen wir ein herzliches Kronen Michael Hinkelbein, Mannheim .... 11.73 Jos. Hiller, Pfarrer, Höchst am Rhein . 2.— Aus Vorarlberg......................... 495.— Jos. Rüf, Au............................ 2.— Ferd. Berlinger, Au ...... . 2.— Jakob Giesinger, Pfarrer, Au ... . 7.— Anna Müller, Mittelberg................. 5.— Gedeon Fritz, „ 5,— Th. Keßler „ ............. 11.— I. Köberle „ ............. 1.— Crescenz Diem, Dornbirn, für Heidenkinder 180.— Franz Wiedermann, Klosterneuburg . . 1.— Florian Schöps, Möhrn................... 5.— R. Franke, Rudolfsthal.................. 5.— Joh. Nagl, Neustift-Stnbai.............. 6.— Durchlaucht Herzogin von Sabran-Pontevös spendete Malz-Kaffee. Jtir heilige Messe«: Joh. Godec, Lipoglav..................... 6.— Aus betn Pinzgau......................... 2.— Joh. Stieber, Nentitschein...............10.— P. Mohn, Kaplan, Mehlsack .... 46.88 N. N., Zell am See....................... 2.— Fl. Schimitscheck, Nentitschein .... 10.— Ed. Zaruba, Pfarrer, Komornik - . . 62.35 Fuchs, Erzpriester, Kreuzdorf .... 38.68 Elise Fröhlich, Ahnveiler................12.90 Aus Steiermark........................... 6.— Baronin M. Nagel, Vornholz . . . 40.99 Anna Ww. Gehring, Bezau .... 2.— Alois Schmidt, Pfarrer, Baycrseld . . 85.59 Heinr. Schwer, Steele....................28.15 Dörgens, Nürnberg........................46.92 Vergelts Gott" und bitten um weitere Unterstützung Dieser unter dem l^rofecforafe g>v. k. u. k. «postolisthen Majestät Kaiser Ironz Josef I. im Jahre 1851 gegründete Verein für Katholiken der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder unter der Obhut des österreichischen Episcopates hat die Förderung der afrikanischen Missionen und besonders jener von Central-Afrika zum Zwecke. Der Central-Ausschuss des Vereines befindet sich in Wien. Präsident desselben ist Se. Eminenz Cardinal Fürsterzbischof pr. Anton Krujcha. Mitglied des Vereines kann jeder in Oesterreich wohnende Katholik werden, der sich verpflichtet, täglich ein Vater unser und ein Ave Maria mit dem Zusatze: V. „Bitte, o Himmelskönigin Maria, für die unglücklichen Neger!" ß. „Auf dass sie mit uns würdig werden der Verheißungen Christi!" zu beten und einen monatlichen Beitrag von mindestens 10 Heller leistet. Hheilnehrner werden solche, die sich zum Gebete uicht verpflichten, aber mindestens 2 Kronen im Jahre spenden. Wohlthäter sind solche, welche nach Belieben eine einmalige größere- Gabe dem Vereine zuwenden. Katholiken von Wien und ganz Oesterreich! Tretet recht zahlreich dem Marien-Verein für Afrika bei, erbarmet euch der armen unglücklichen Neger; dann wird sich Gott auch unser erbarmen und in unseren Drangsalen uns Hilfe senden. Weiträge und Anrnelöungen für Wien werden bei den Vorständen der einzelnen Filialen, in den meisten Psarrkanzleien und Sacristeien, in der Kanzlei der kath. Vereine (I., Annagasse 9), bei der Firma Janauschek u. Co., (I., Singerstr. 18) und bei Frau Baronin Constanze Pillersdorff (I., Zedlitzgasse 4, 3. St.) entgegengenommen. Für Errichtung neuer Filialen stellt Statuten, Aufnahmsbilder und Drucksorten zur Verfügung der Vieepräses des Wiener Diöcesan-Ausschusses ____________Dotttcapitular Jfnton Scböpfleutfrner, Cükn L Stephausplatz 6. Allen christlichen Trauen und Töchtern wird empfohlen die Monatsschrift „Das Ipftalat der djriflL Tochter" (Arrgela-Mlatt.) Die katholische Frauenwelt wird durch diese Zeitschrift angeleitet und angeeifert zur Ausübung eines recht zeitgemäßen Apostolates. Redacteur: Ant. Schöpfleuthner, Domcapitular Lei St. Stephan, Wien, Stephansplatz 6. Preis p. Post jährlich 2.80 Kronen - 3 Mark = 4 Francs. Probenummern umsonst. *3801 Deutscher Glaubensbote. mr. 4. April 1902. Y. Jaljrg. wirst nicht die Tage Petri sehen!" wird jedesmal dem neuerwählten Papste von einem Cardinal zugerufen. Der heilige Petrus hat nach einer alten Sage 25 Jahre lang die junge Christenheit regiert; von der stattlichen Zahl von 256 Nachfolgern, die von ihm bis auf den vorletzten Papst Pius IX. die Kirche Gottes geleitet haben, hat kein einziger so lange seine Ka-thedra innegehabt. Am längsten haben regiert: Pius VI. 24 Jahre, 8 Monate, 14 Tage; Pius VII. 23 Jahre, 5 Monate, 6 Tage; Hadrian I. 23 Jahre, 10 Monate, 27 Tage; Leo I. der Große 21 Jahre, 1 Monat, 13 Tage; Silvester I. 23 Jahre, 10 Monate, 27 Tage; die kürzeste Regierungszeit war beschieden Stephan I., nämlich nur 3 Tage. Sicher nicht ohne eine besondere Fügung der göttlichen Vorsehung war es dem vorletzten in der laugen Reihe der Päpste, Pius IX., beschieden, die Tage Petri nicht nur zu sehen, sondern sie auch, nach der gewöhnlichen Annahme der Regierungsdauer des hl. Petrus, um 6 Jahre, 5 Monate und 15 Tage zu überschreiten. Und in diesem Jahre feiert die katholische Welt das freudige Ereignis, dass auch der Nachfolger Pius IX., unser glorreich regierender hl. Vater Leo XIII. die Tage Petri gesehen hat. Als Cardinal Joachim Peeei sah, dass die Papstwahl auf ihn fallen könnte, da fiel ihm die Feder-aus der zitternden Hand, Thränen traten ihm aus den Augen, und er bat die im Conclave versammelten Cardinäle, sich, wenn schon nicht seiner, so doch wenigstens der Kirche zu erbarmen und ihr einen jungen und kräftigen Papst zu wählen, um nicht die Wahl bald wieder vornehmen zu müssen. Aber die Cardinäle glaubten ihrer Ueberzeugung und ihrem Gewissen unb der Erleuchtung des heiligen Geistes folgen zu müsse», und Joachim Peeei wurde zum Papst gewählt. Nun ruhen die Cardinäle, die ihn gewählt haben, zwei ausgenommen, alle im Grabe, Leo XIII. aber hat die Tage Petri gesehen! 98 Zum Papst-Jubiläum. Das Pontifical Leo XIII. gehört zu den glänzendsten und fruchtbarsten der Kirchengeschichte. Um alles, was er auf verschiedenen Gebieten angeregt und vollbracht, anzudeuten und in Umrissen zu zeichnen, müsste man ein umfangreiches Buch schreiben. Wenn wir seine Thätigkeit auf dem Gebiete der auswärtigen Missionen in einem kurzen statistischen Zahlenbilde zusammenfassen, so ergibt sich, dass Leo XIII. im ganzen nicht weniger als 2 Patriarchate, 103 Erzbisthümer und Bisthümer, 62 Apostol. Vicariate, 50 Apostol. Präfecturen, 3 Apostol. Delcgaturen und endlich 5 Hierarchien neu errichtet hat, die Ernennungen für schon bestehende Sitze nicht mitgerechnet. Diese Zahlen geben allein schon ein beredtes Zeugnis. Dank der, man möchte sagen, von jugendlicher Begeisterung getragenen Initiative des hl. Vaters hat auch in A sr i k a die katho li s ch e Missions-thätigkeit einen ungeahnten Aufschwung genommen. Die tüchtigsten Missionskräfte der Kirche wurden herangezogen und das Arbeitsfeld unter sie vertheilt. 16 verschiedene männliche und nahezu 30 weibliche Ordensgenossenschaften entfalten auf afrikanischem Boden ihre Thätigkeit. Ein tiefgreifendes Hindernis der Mission in Afrika ist der Islam und die Sclaverei. Und hier wiederum hat sich Leo XIII. durch den Feuereifer, mit dem er in seinen zwei herrlichen Rundschreiben über die Sela, verei und in vielen Erlässen und Kundgebungen den großen afrikanischen Kreuzzug gepredigt, sich als den wahren Hirten der Völker bekundet. Welch' mächtigen Widerhall die Aufrufe des hl. Vaters in der ganzen katholischen Welt gefunden, ist bekannt. Neun katholische Missionsgenossenschaften traten auf den Plan, fast in allen Ländern entstanden kathol. Asrikavereine, die für die Sache der armen Schwarzen eintraten und sie unterstützten. Während früher die Missionsarbeit hauptsächlich von romanischen Völkern gepflegt wurde, nehmen jetzt auch die deutschen 'immer mehr Antheil daran und haben bereits in edlem Wetteifer in manchen Punkten ihre Nachbarn übcrtroffen. Stets neue Missionshäuser entstehen in Deutschland und Oesterreich und nehmen einen erfreulichen Fortschritt, immer mehr deutsche Missionare arbeiten an der Ausbreitung des Reiches Gottes auf Erden, und so gestaltet sich die Missionsthätigkeit unter Leo XIII. immer mehr zu einer wahrhaft internationalen, universellen, echt katholischen. M < I j Papst Les XIII. Ankunft öer Missionäre in Gondokoro. (Wir haben unseren Lesern bereits von der neuen Missions-fahrt berichtet, welche im letzten November auf dem weißen Nile unternommen wurde Heute können wir die Ankunft in Gondokoro melden.) ^>er Hochw. P. 28. Banholzer, S. d. h. H., s'-' schreibt uns aus Gondokoro am 11. Jänner 1902 (in Brixen eingelangt am 1. März): Wir sind am 29. November mit dem Missionsschiffe „Redemptor" von Omderman ans stromaufwärts gegangen, haben am 13. December Lul und am 28. Gondokoro erreicht. Wir sind nun hier auf einer kleinen Anhöhe etwa 10 Stunden von Gondokoro einstweilen angesiedelt, um die Antwort der Regierung des Uganda-Schutzgebietes, in welchem wir uns an diesem Orte befinden, über unser Verbleiben hier abzuwarten. Vom ehemaligen Hause und Missionsgarten unserer früheren Mission ist garnichts mehr übrig. Nur die Erinnerung daran lebt noch allerorts fort. Ich hätte Ihnen gerne etivaS geschrieben, wenn ich nicht schon seit 5 — 6 Tagen am Fieber darniederläge. Es ist auch deshalb, dass Br. Heinrich den Brief geschrieben hat und nicht ich. Das nächstcmal hoffe ich Ihnen etwas senden zu können. Zum Schluffe möchte ich Sie noch bitten, mir ein paar Bari-Grammatiken von Dr. Mittcr-rutzner zu schicken, sowie die Beschreibung von Gondokoro und Umgebung von Kaufmann. Viele herzliche Grüße an Sie und Ihre werte Gemeinschaft. Mssionssahrlen auf dem weißen Kil. Von Br. Clemens S ch r ö e r, S. d. h. H. (Fortsetzung.) hier, so wurden wir in der Folge fast über-all in gleicher Weise aufgenommen. Es schien, als wenn die Kunde von unserem Eintreffen wie ein Lauffeuer durch die ganze Gegend uns vorausgeeilt sei. Es mag das wohl zum Theil den Abgesandten des Mak zuzuschreiben sein, die den Willen ihres Herrn kundmachten; aber auch bei den anderen Stämmen, die nicht unter der Oberhoheit des Sultans der Schilluk stehen, war das Schauspiel ein gleiches. Man sah mitunter Schwarze am Ufer entlang laufen, die uns baten, doch auch zu ihnen zu kommen, ihr Dorf zu besuchen. An anderen Orten erwartete man uns schon mit einem Hammel oder dergleichen. Welch herrliche Stimmung uns gegenüber. Es schien, als wenn die Ernte reif sei und nur der Schnitter harre. Doch, fahren wir weiter den Nil hinauf! Nachdem die Männer in Vau uns noch mit einem Kriegstanz beehrt hatten, dampften wir weiter, passierten viele Dörfer, hie und da sahen wir einen Palmenhain; Inselgruppen in üppigem Grün und den verschiedensten Gewächsen erfreuten das Auge, Vögel jeder Art und Gattung in Menge, und so kamen wir am 30. in Taufikia an. Hier, am rechten Ufer nämlich, ist der Sitz der Provinz Faschoda. Zwei Reihen Lehmhütten, einige Zelte, ein Krankenhaus, dann eine größere, viereckige Hütte mit zwei Flügelbauten, welche das Regicrungs-gebäude vorstellt, ist so ungefähr Alles. Die Schilluk wohnen weiter landeinwärts in verschiedenen Dörfern. Das Ufer ist ziemlich hoch und mit Delebpalmen und Mimosen bewachsen. Wir erwarteten den Gouverneur, der *beS anderen Tages von Gondokoro zurückkehrte und sehr freundlich gegen uns war. Nachdem wir den Jahreswechsel und den ersten Tag des neuen Jahres dort zugebracht hatten, schifften wir am 2. Jänner weiter und kamen nach ca. einer Stunde an die Mündung des Sobat-flusses in den Nil. Daselbst war eine kleine Festung mit einigen alten Krupp'schen Geschützen. Der Befehlshaber derselben, ein geweckter, schwarzer Officier, nahm uns freundlich auf und gab uns aus seinem Gärtchen etwas Salat, Gemüse u. dgl., was ein Leckerbissen für uns und sehr willkommen war, da man, wie ich schon früher erwähnte, für Geld oder Geldeswert und gute Worte nichts haben kann, weil eben nichts da ist. Die Eingeborenen sind eben in der Bebauung des Bodens noch weit zurück, und Missiousfahrten nuf beut Weißen Nil. 101 das Hauptsächlichste, ober besser gesagt, fast das Einzigste, was sie in der Regenzeit säen, ist das Durrah. Ist dasselbe reif, so schneiden sie unten den Stengel ab, worauf es zum zweitemnale Frucht bringt. Diese beiden Ernten genügen ihnen zum Leben. Das Durrah, einfach in Wasser gekocht, essen sie mit Fischen, Milch, Honig oder sonst etwas, was ihnen die liebe Mutter Natur leicht bietet. Auch bereiten sie sich aus dem Durrah eine Art von Bier, Merissa genannt, die Engländer nennen es Kaffern-bier. Es sieht ungefähr so aus, wie Caffee mit Milch, ist aber im Geschmacke mit diesem grundverschieden und auch dem Gerstenbier in Europa wenig ähnlich. Auch ist es nicht sehr berauschend, und ich glaube, man müsste schon einen ganzen Eimer voll trinken, um etwas angeheitert zu werden. Es ist jedoch ein erfrischendes Getränk, wenn es gut zubereitet ist, für den, dem es eben schmeckt. Trotz dieser einfachen Nahrung oder besser gesagt, gerade wegen dieser schlichten Lebensweise, sind die Neg^r hier meistens gesunde, kräftige Leute, und Kranke oder Krüppel haben wir fast gar keine gesehen. Wir ließen nun unsere große Barke bei der Festung zurück und fuhren mit dem Dampfer allein den Sobat hinauf. Nachdem wir unterwegs noch etwas Holz gehauen hatten, kamen wir am 3. nachmittags in Netschok am rechten Ufer an, dem letzten Dorfe der Schilluk in dieser Richtung. Die Aufnahme dort seitens der Eingeborenen hat mir besonders gut gefallen. Nach Austausch gegenseitiger Geschenke fragte der Bischof den Häuptling, ob er nichts dagegen hätte, wenn wir uns bei ihm ansiedelten. Der Häuptling im Verein mit seinen Söhnen, welche Verwandte des Maks sind, gab vermittelst des Dolmetschers zur Antwort, dass ihm das sehr lieb sei. Obwohl wir die Sprache nicht verstanden, so sah man es ihnen doch am Gesichte an, dass es ihnen von Herzen kam, so schlicht und traulich wie ein Kind. Dieser Augenblick ist mir unwillkürlich im Gedächtnis verblieben; denn ich hatte mir die Schwarzen ganz anders vorgestellt. Was ist das doch für ein Unterschied zwischen diesen natürlich aufgewachsenen Menschen und den Arabern oder den von der Pest des Islams angesteckten Negern! Des Abends sandte uns der Scheich oder-besser gesagt, Dorfoberhaupt noch Milch und Merissa, dass uns ja nichts fehle. Beim Scheine der feuer-rothen Sonne besang ein armer Schilluk uns und unsere Ankunft in seinen heimatlichen Weisen und erhielt dafür ein paar Ellen Tuch. Des Nachts ließen uns die Menge von Fischen, welche sich wie toll um unser Schiff herumtummelten, fast kein Auge zumachen, und so fuhren wir denn beim ersten Morgengrauen weiter und kamen ins Gebiet der Dinka. Rechts und links ziehen sich zahlreiche Dörfer den Ufern entlang, die streckenweise bewaldet, zum großen Theile aber nur mit hohem Grase bewachsen sind. Der Fluss hat ein gelblich-weißes Wasser, starke Strömung, viele und große Windungen und ist, wie auch der Nil, von Fischen jeder Art und Größe zahlreich belebt. Weniger zahlreich sind die Nilpferde vertreten, desto mehr aber die Krokodile. Zahlreiche schwimmende Inseln kamen uns entgegen, d. h. große Flächen von fest ineinandergewachsenen Gras-, Wasser- und Schlingpflanzen, die sich abgesondert hatten oder von Menschenhand abgetrennt waren. Letzteres ist besonders auf dem Nil der Fall, weil man dort viel arbeitet, um den Weg für die Schiffe frei zu machen. Wir passierten dann eine Insel, bis wohin früher unsere Missionäre vorgedrungen waren, und wo in der Nähe die Residenz der Sultanin der Denka ist. Ein Besuch bei derselben war für die Rückreise bestimmt. Sodann dampften wir an der Krokodils-itisel vorbei, die mit Recht diesen Namen verdient, da hier viele und große dieser Ungeheuer Hausen. Außerdem waren hier versammelt Schaaren von Vögeln der verschiedensten Gattungen: Pelikane, Ibisse, Marabuts und wie sie alle heißen mögen. Abends warfen wir den Anker am linken Ufer, im Gebiete der Anuoak. Es ist dies ein kleiner Stamm, der unter der Oberhoheit des Maks der Schilluk steht, und mir schien es, als wenn es recht arme Leute seien und mehr der Hilfe bedürften, als die anderen Stämme. Sie baten uns denn auch inständigst, doch bei ihnen zu verbleiben, jedenfalls, um wirksameren Schutz zu haben gegen die räuberischen Einfälle benachbarter Stämme, besonders der Nu er. Einmal, so erzählte man, hatte der Mak ihnen 14 Kühe zum Geschenk gemacht, welche unterwegs . von der Königin der Denka geraubt wurden. Dass die Armen unter solchen Umständen auf keinen grünen Zweig kommen, lässt sich leicht denken, besonders wenn man erwägt, dass der Vieh-stnitd fast ■ die einzige Habe dieser Stämme bildet. Für diesesmal jedoch konnte ihrer dringenden Bitte nicht willfahrt werden, und mussten wir sie auf ein anderesmal vertrösten. Indem mir nun unsere Fahrt fortsetzten, sahen mir tun rechten Ufer in einiger Entfernung einige Giraffen tveiden und am linken Ufer eine lange Kette von Nuer-Hütteu. Das rechte Ufer ist bewaldet, und so machten wir ant 6. Jänner Halt, um Holz zu hauen. Es hauSteti dort eine Menge Krokodile, kleine und große, wenn mein Auge mich nicht txügte, 4—5 Meter lange. 102 Missiousfahrtcn auf bom weißen Nil. Einer von unseren Vätern erlegte ein kleines, welchem man die Haut abzog, und der Rest verschwand in die Kochtöpfe unserer Schiffsleute. Auch ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, einmal eine Büchse in die Hand zu nehmen, denn ich dachte, ein wenig Uebung schadet nichts und kann einmal gut zustatten kommen. In der Folge werden wir sehen, wie richtig dies war. Am Abend warfen wir die Netze und Angeln ans, um einige Fische zu fangen. An denselben war stets UeberflusS vorhanden, und manches schöne Exemplar hat seine Haut lassen müssen. Einmal maß ich einen größeren, der 130 Centimeter lang und im Gewicht schon wie ein kleines Kalb war. Nachdem wir zur Genüge Holz geladen hatten, gieng'S wieder weiter. An den Ufern entlang saßen Schwarze, die uns freundlich zuwinkten, hier und dort trafen wir Anpflanzungen von Tabak, dann sahen wir dem Flusse entlang einige Nner uns nacheilen, die uns zuriefen und sich beklagten, dass wir nicht zu ihnen gekommen seien. Wir vertrösteten sie auf die Rückreise. Am 7. langten wir in Nass er i an, das Endziel unserer Sobatreise. Es ist dort eine kleine Befestigung mit geringer Besatzung, und schon von weitem zeigte uns eine hohe Dumpalme mit aufgehisster Flagge den Platz an. Nachdem wir dem Befehlshaber, einem schwarzen Dfficier, unsere Aufwartung gemacht hatten, besuchten wir des andern Tags verschiedene Dörfer an beiden Ufern. Wir wurden, wie überall, gut empfangen, besonders auch von den Nuern. Hier wäre vielleicht auch ein guter Punkt zur Niederlassung, doch kann man kein genaues Urtheil abgeben, da wir eben in der trockenen Jahreszeit waren. Es war dort et,ras kühl und nebelig, und es soll die Regenzeit sechs Monate dauern. Am 9. Jänner machten wir Kehrt. Auf dem Rückwege besuchten wir noch verschiedene Dörfer, wo uns jedes Haus offen stand, nur ein Häuptling wollte nichts von uns wissen und nicht zu uns kommen, ich weiß nicht warum. Er schützte Krankheit vor. Am 11. hielten wir, um die S u l t a n i n der Denka aufzusuchen. Nach einigem Hin- und Herfahren fanden wir sie am linken Ufer, und sie erschien denn auch bald mit großem Gefolge, uns mit ihrem Besuche zu beehren. Aud, so ist ihr Name, ist ein kleines, altes, mageres Weil lein: bekleidet war sie mit einem bunten Tuche, mit eisernen Armbändern behängt, und unter einem großen, aschgrauen Hute war ihr kleiner Kopf fast ganz versteckt. Sie kam mit einer Hofdame an Bord, indes die Männer sich am Ufer niederkauerten, mit zur Erde gerichteten Lanzen, als Zeichen friedlicher Gesinnnng. Nach kurzer Unterredung cmpfieng sie einige für sie passende Geschenke, worauf sie sich entfernte. Dann setzte sie sich bei ihrem Gefolge am Ufer zur Erde nieder und cmpfieng dort eine große, mächtige Pfeife, aus der sie mit Behagen schmauchte. Was sie dort mit ihren Ministern verhandelt hat, weiß ich nicht. Sie soll auch Wahrsagerin sein, und ich muss gestehen, auf mich machte sie wirklich den Eindruck einer alten Hexe. Auch glaube ich, dass ihre Macht und ihr Einfluss mehr in ihrer Hexerei, als in ihrer Würde als Sultanin besteht. Wir machten sodann einen Rundgang durch die verschiedenen Häuser-gruppen und sprachen zuletzt auch bei der Maka vor. Wir fanden sie in einem Hofe, auf einem auf der Erde ausgebreiteten Felle sitzend, natürlich mit der Pfeife im Munde. Das Rauchen ist überhaupt eine Lieblingsbeschäftigung der Neger, besonders der alten Weiber. Junge Leute dürfen nicht rauchen, bevor sic nicht eine eigene Familie gegründet haben. sTaS ist auch eine gute Lehre für manche grüne Bürschchen in Europa, die man nie anders als mit dem Stengel im Munde antrifft.) Die Pfeife besteht aus einem mächtigen, irdenen Kopf, in den man schon eine ordentliche Menge hineinschieben kann; daran sitzt ein ca. einen halben Meter langes Rohr, und als Mundstück dient eine spitzzugewachsene halbe Kürbisschale. Diese drei Theile find mit aus Häuten geschnittenen Streifen geschmackvoll miteinander verbunden. Häufig wandert die Pfeife von Mund zu Mund, und wenn der Tabak alle ist, hilft man sich mit brennenden Holzkohlen. Den Tabak vermischt man meistens mit Asche, besonders den Kautabak. Des Abends fant te uns die Maka eine Borma mit Merissa durch eines ihrer Hoffräulein, das eine Tochter des Maks der Schilluk ist. Dieselbe konnte sich nicht genug wundern über die verschiedenen Gegenstände, die sie in unserem kleinen Salönchcn, sozusagen, sah, über die Spieldose und bergs. Besonders konnte sie nicht begreifen, wie man, wie sie sagte, ein Licht in eine Borma hineinstecken kann. Nämlich die Glaskugel des Kerzenleuchters hat einige Aehnlichkcit in der Form mit ihren irdenen Gefäßen, Borma genannt. Am anderen Morgen empfiengcn wir noch einen kleinen Ochsen und ein Schaf von der Maka, und dann fuhren wir weiter stromabwärts. Etwa mach 2 Stunden hielten wir am rechten Ufer bei dem Dorfe des Atet u ad Kur, Großhäuptlings der Denka, der, wie man sagt, von der Regierung anerkannter Thronerbe ist. Derselbe kam an Bord und schien uns recht wohlwollend gesinnt zu sein. Unter anderem bekam er als Geschenk auch Missionsfahrten auf dem weißen Nil. 103 einen Anzug nach europäischem Schnitt. Da gab's nun ein Zeigen und Turnen, bis er seine Beine in die Hose hineingesteckt hatte, was natürlich nicht ab-gieng, ohne große Heiterkeit zu erregen; dann wurde ihm »och eine buntgestickte indische Mütze aufgesetzt, und der Prinz war fertig. Er ließ sich natürlich auch nicht lumpen, wie man sagt, und sandte uns alsbald einen fetten Ochsen, den wir jedoch nicht an Bord nehmen konnten, da wir noch an dem zu kauen und zu verdauen hatten, welchen uns die alte Hexe geschenkt hatte. Deshalb versprach er uns, ihn nach Faschoda zu schicken, um denselben dort bei unserer Rückkehr in Empfang zu nehmen, und er hielt Wort. Sodann verabfchiedeten wir uns und kamen am 12. abends wieder an der Mündung des Sobat an. Die Festung war inzwischen geschleift und die Soldaten nach Taufikia geschickt worden. Wir ruhten nun etwas aus von der Sobat-rcise, die gewiss recht schön und interessant war, und nach meiner Ansicht wäre dort mehr als eine gute Lage zur Gründung einer Missionsniederlassung. Der Boden scheint gut zu sein und nur des Pfluges und der Bearbeitung zu bedürfen, um reichliche Frucht zu bringen. Die Frage^wäre nur wegen des Klimas. Im Winter oder zur Trockenzeit wäre es schon ganz gut, aber während der Regenzeit müsste man erst die Probe machen, ob es einem dort nicht gleich an den Kragen geht. Indem wir nun eine kleine Besichtigung der Umgegend vornahmen, sahen wir etwas im Flusse treiben. Wir ruderten mit dem Kahn hin und fischten eine todte Boa-Schlange, die jedenfalls von einer Lanze gelobtet worden war. Sie maß 3'/2 Meter in der Länge. Schlangen, groß und klein und in den verschiedensten Gattungen gibts denn auch in Ueberfluss in diesen Gegenden, auf Schritt und Tritt begegnet man denselben. Dann giengs weiter gegen Süden auf dem Kiro, wie man den Nil dort nennt. Der Himmel war bewölkt und die Sonne brauchte mitunter geraume Zeit, um sich Bahn zu brechen durch den dichten Nebel. Die Strecke ist reich an Inseln, das rechte Ufer ist bewaldet, das linke dagegen nur mit hohem Gras bedeckt. Hinter demselben, tu einiger Entfernung, zieht sich dem Flusse entlang eine lange Kette von Schilluk-Dörfern, und so landeten wir am 15. Jänner in Tongo oder T u n. Die Luft war verhältnismäßig kühl, und die Gegend ist ziemlich eintönig, nur einige Dumpalmen sieht man in den Dörfern. Das gegenüberliegende Ufer machte dagegen mit seinem Gebüsche einen angenehmen Eindruck. Der Besuch und 104 Missionsfahrten auf bent weißen Nil. Aufenthalt in Tongo ist bereits erzählt worden, weshalb ich ihn hier übergehen kann. Am 19. giengs weiter nach Süden, und wir sahen am rechten Ufer Herden von Elefanten und Antilopen weiden. Gegen Abend sahen wir eine prächtige Sternschnuppe in rotem, gelbem und grünem Lichte gegen Westen fallen. Solche Naturerscheinungen sind hier an dem klaren, afrikanischen Sternenhimmel besonders reizend und erhellen für einen Augenblick die ganze Gegend, sodass einem wirklich aus der Brust ein „Ah!" der Bewunderung entschlüpft. Ich hatte öfter Gelegenheit, solche Erscheinungen beobachten zu können. Nachdem wir nun den See No passiert hatten, waren wir am 19. auf dem Bahr el Dschebel, wie man den dortigen Theil des Nils nennt. Derselbe schlängelt sich in einer Breite von 50—100 Metern zwischen hohem Papyrus und Schilfrohr dahin und erweitert sich abwechselnd 'in große, weite Seen. Mitunter fuhr unser Steuermann, indem er den Weg verfehlte, in einen solchen See, und wir mussten halt wieder umkehren, oder wenn es dunkel geworden war, warten bis zum folgenden Morgen, um den Strom wieder aufzusuchen. Hie und da sahen wir auch, wie Schwarze erlegte Nilpferde zertheilten, und in Riemen geschnitten, an die Sonne hängten, sie zu trocknen. So gieng es 2— 3 Tage weiter, zwischen Schilfrohr und Papyrus, mitunter auch wohl einer Lotospflanze, und immer wieder Papyrus, dass es einem schließlich langweilig wurde. Es schien, als wenn es auch den Thieren, die wir auf der Barke mitsllhrten, nicht recht zu Muthe sei. Ein Geisböckchen stürzte sich ins Wasser und schwamm dem Ufer zu, um sich im Grünen zu ergötzen und zu weiden. Wir machten Halt und brachten den Flüchtling mittels des Kahnes bald wieder zurück. So giengs weiter in dieser eintönigen Gegend, unser Brennholz verminderte sich schnell, kein Wald, um Ersatz zu holen, keine Dörfer, um einen 2(6= stecher machen zu können, ja, man konnte nicht einmal landen in den sumpfigen Gegenden. So kamen wir am 22. in die Gegend, Hell et Nu er genannt. Da wir sahen, dass wir unter den Umständen, in denen wir uns befanden, und mit den Leuten, die wir hatten, nicht den nächsten Holzplatz erreichen konnten, machten wir Kehrt. Ich war nicht im mindesten traurig darüber, sondern dachte: „Da bleibt für ein anderesmal auch etwas übrig, wo man, durch Erfahrung belehrt, die Sache anders eintheilen kann!" In den folgenden Nächten ließen uns die Mücken und Nilpferde keine Ruhe. Letztere brüllten so unverschämt und machten einen solchen Lärm, wenn sie Lust schnappten, als wenn es lauter Braudspritzen gewesen wären, und mitunter regnete cs auch ein wenig. Am 24. Jänner kamen wir wieder am Mo grau el Bah an, von wo aus man den Berg Lire, etwa 30 Meilen nordwestlich, erblickt, mit welchem Nuba beginnt. Die ganze Gegend am DschcbclflusS bis Tongo und weiter kam mir sehr traurig vor und rief mir unwillkürlich die Worte in Gedächtnis, die der liebe Gott an unseren Stammvater richtete, da er ihn aus dem Paradiese verwies: „Dornen und Disteln soll sie dir tragen, und im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen." Wirklich gibts in diesen Gegenden der Dornen in Hülle und Fülle und es braucht wirklich vielen Schweiß, dieselben auszurotten und das Land urbar zu machen. Dasselbe kann man mit noch mehr Recht sagen im geistlichen Sinne betreffs Bildung und Gesittung der Völker, die dort heimisch sind. 2lm 25. waren wir wieder in Tongo, welches wir nach zwei Tagen verließen, um zum Mak zurückzukehren betreffs Unterhandlungen. Des Tags darauf erreichten wir wiederum di Residenz des Königs der Schilluk, der uns gleich einen Ochsen und ein Schaf sandte. Letzteres, nämlich das Geschenk von einem Ochsen und einem Schaf, soll nach 2lussage der Dolmetscher das Zeichen größter Zufriedenheit und des höchsten Wohlwollens sein. Er war denn auch wirklich sehr freundlich und zuvorkommend gegen uns und wollte uns unbedingt in seiner Nähe haben. Die Klugheit ricth, seinem Wunsche zu entsprechen, nur handelte es sich um einen geeigneten Platz. In der Besichtigung verschiedener Punkte, die der Mak uns als zur Niederlassung geeignet angab und nach einigem Hin- und Herfahren vergicngen etwa acht Tage. Tagelang war mitunter Se. Hoheit nicht zu sprechen oder überhaupt nicht zu Hause, indem er anderswo Streitigkeiten seiner Unterthanen zu schlichten hatte. Jedoch unterließ er nicht, uns während dieser Zeit mit Milch, Butter usw. zu versehen, dass uns nichts mangelte. Endlich am 7.Febr. war der Vertrag abgeschlossen, und der Bischof heftete ein Krenzchen und eine Medaille an eine hohe Dumpalme in Lul, wo wir das Grundstück erworben hatten. Tags darauf dampften wir wieder ab nach Tongo, um unsere Barke abzuholen, weil wir dieselbe dort gelassen hatten in der Absicht, uns dort anzusiedeln. Wir hielten in Taufikia. Dort trafen wir zwei amerikanische, protestantische Missionäre, zwei schon bejahrte Männer. Sie hatten ihre Zelte am Ufer unter Dornbäumen aufgeschlagen und wollten den Sobat hinauf, um sich irgendwo dort anzusiedeln. Sie hatten einige schwarze Knaben Afrikanische Plaudereien 105 um sich versammelt und ertheilten ihnen Unterricht in folgender Weise. Was sic sagen wollten, erklärten sic ans Englisch einem Dolmetscher, dieser einem andern auf Arabisch n»d letzterer in der Sprache der Schilluk den Kindern. Was bei einem solchen Katechismus wohl herauskommt, ohne die Sprache der Eingeborenen zu verstehen, kann der verehrte Leser sich leicht vorstellen. Und wirklich schon nach einigen Wochen traten die beiden Herren ans einem Regierungsdampfcr den Rückweg an. Nachdem dem Gouverneur unsere Ansiedlnng in Lull mitgetheilt worden war, dampften wir weiter. Unterwegs sahen wir einen dunklen Koloss am Ufer liegen; was war es? Ein todtes Nilpferd, mit den Hinterbeinen noch im Wasser und mit den vorderen am Ufer ausgestreckt. Wir hielten an und konnten nun mit Muße ein solches Ungeheuer betrachten. Es hatte einen Büschel Ambasch im Maul und verschiedene Wunden durch Lanzenstiche, woraus mir entnahmen, dass cs von den Schwarzen erlegt worden sei, und so durften wir uns nicht der Haut bemächtigen. Bald begegneten uns denn auch schon die Schilluk, die eilten, um ihre Beute zu vertheilen. Wir erreichten am 9. Februar gegen Mittag wiederum Tongo. Der Häuptling dort gab sich mit der Entschließung seines Herrn zufrieden, besonders da wir ihm versicherten, auch bald zu ihm zu kommen. Dann kehrten wir wieder mit der Barke zurück und kamen tags darauf gegen Abend wieder in. Lull an. Nun hieß es, die Arbeiten zur Gründung der Station in Angriff zu nehmen. Haben wir bis jetzt in Kürze die Lichtseiten der Fahrt in etwa gesehen, so wollen wir in nächster Nummer aber auch in Wenigem die Schattenseite betrachten. (Fortsetzung folgt.) Afrikanische Von P. I. M ü „Stern der Neger". — Seelsorge in Schcllal. — Krankenbesuch. — Nothkapclle. — Gottesdienst am Feste der Unbefleckten Empfängnis. — Taufe. A s s n a n, 2. Februar 1902. ^Afrikanische Plaudereien sind diese armen Zeilen ** benamst, trotzdem in ihnen manches spanisch sein mag, weil sie aus Afrika stammen! Ein Wörtchen an die lieben Leser lag mir schon längst am Herzen, habe es aber für gut befunden, zu warten, bis ich die erste Nummer des 5. Jahrganges des „Stern der Neger" zu Gesicht bekommen haben würde. Und nun ist er richtig auch schon in Assuan eingetroffen. Mit einigem Herzklopfen habe ich seiner Ankunft entgegengesehen, denn noch bei meiner Anwesenheit in Mühland sprach man von einer Ersetzung des schönen Titels „Stern der Neger". Gott sei Dank, der schöne Titel prangt auch im 5. Jahrgange auf der Missionszeitschrift. Der „Stern der Neger" ist mit einem Worte der alte geblieben, nur wird er öfters neue und schöne Missionsberichte bringen, als es im vergangenen Jahre der Fall ivar; dazu haben sich die deutschen Missionäre in der Mission verschworen! Mauöereien. n ch, S. d. h. H. Wie kommt cs aber, dass der Schreiber sich herausnimmt, gar so viel Interesse.für den „Stern" und alles, was drum unv dranhängt, zu zeigen? Nun, ich meine, wer mit dem Schriftleiter an der Wiege dieses Schmerzenskindes gestanden und mitgeholfen hat, dass es glücklich in die erste Hose und in die ersten Schuhe kam und hernach so unbarin-herzig war, den unbeholfenen in ein rothes Röcklcin gesteckten Knirpsen mitten im Winter in ganz Tirol umher und noch weiter darüber hinauszuschickeu, der darf sich so etwas schon erlauben. Ja, das waren schlimme Zeiten vor vier Jahren! Der rothe Bursche wurde wohl hinausgeschickt in die weite Welt mit einer Zeitnngsmarke als Zehrgeld und Laufpass zugleich — aber oft hat er kein Gehör gefunden und musste den weiten Weg so ganz im Winter wieder zurücklegen nach Mühland, wo man es so gern gesehen hätte, wenn er draußen geblieben wäre und in Pfarrhöfcn, Klöstern, Familien, in Hütten gleichwie in Palästen gastliche und immer-währende Aufnahme gefunden Hütte! Biele wollten ihn garnicht verstehen, obschon er ganz schön hochdeutsch zu reden wusste. Der arme Bursche hatte 106 Afrikanische Plaudereien. es gewiss gut gemeint, aber — mit dem guten Willen seinerseits allein war nicht alles abgethan. Man hatte auch Erbarmen mit ihm — von unserer Seite! Mehrere der Unseriösen, Priester und Brüder und andere nahmen ihn bei der Hand und zogen mit ihm wieder hinaus über Berg und Thal, bei gutem und schlechlem Wetter, um die Leute über den Rothrock aufzuklären und ihm so recht tüchtig Quartier zu verschaffen. Es hat geholfen! Und da ich schon aus der Schule plaudere, will ich noch mehr verrathen: Die Leser des „Stern" nützen ungemein durch ihre Bestellung der Mission von Centralafrika. Denn je mehr man dem Missionshause Mühland durch Unterstützung zum Blühen und Gedeihen vcrhilft, desto größere und d a u e r nd e | Erfolge werden in der Mission von Centralafrika zu verzeichnen sein! Erst jetzt sehe ich, dass dieser Predigtstyl wenig Afrikanisches enthält, und es Zeit wäre, den Stiel umzukehren; denn auch über Afrikanisches sollen ja die Plaudereien gehen! Unter all meinem Thun und Lassen nimmt selbstverständlich die seelsorgerische Thätigkeit, so beschränkt sie auch durch die örtlichen Verhältnisse sein mag, den ersten Platz ein. Es wäre ermüdend, alles haarklein aufzählen zu wollen; daher will ich den verehrten Lesern nur ein wenig schildern, wie ich die großen Feste der letzten Monate begangen habe. Ich muss vorausschicken, dass ich für den Sonn-und Feicrtagsgottesdienst in S ch e l l a l zu sorgen habe. Tort wird nämlich ein großer, langer Damm quer durch den Nilsluss gebaut, um am Ende der Nilüberschwemmung eine ungeheure Wassermenge angestaut zu halten und so einestheils die Bewässerung des schon bebauten Landes länger fortsetzen, andern-theils noch große Strecken unbebauten Landes befruchten zu können. Es ist dies ein Riesenwerk, und die Arbeiter haben sich damit ein großes und gewiss dauerhaftes Denkmal gesetzt. Der Fußweg nach Unterschellal (Chasan) sowohl wie die Bahn nach Oberschellal führen durch die Wüste; auf ersterem braucht man eine Stunde, mit der letzteren nur eine halbe von Assuan bis zu den angeführten Orten. Ich benützte in den verflossenen Monaten zur Hinfahrt die Bahn, zur Heimkehr den Esel: also morgen Früh 6 Uhr Auszug mittels Dampf, Mittag Einzug auf dem Langohr! Zur Abwechslung konnte auch hie und da der Grauschimmel die ganze Ehre haben, wie z. B. gegenwärtig, da der Gottesdienst in Oberschellal infolge Abzugs der Arbeiter aufgegeben wurde und so die Bahnfahrt von selbst wegfällt. Die Adventszeit, besonders wenn der Winter früh sich eingestellt, hat etwas Düsteres an sich. Wer freut sich da nicht, wenn eine Abwechslung geboten wird? Diese bringt für den Katholiken das Fest der Unbefleckten Empfängnis Mariens, für unsere Kirche dahier in Assuan noch dazu Titclfcst. Da liebt man cS, den Vorabend so ganz für sich zu haben und sich still vorzubereiten auf den folgenden Tag. Nun ja, derselben Meinung war auch der Schreiber am Vorabend des Festes der Unbefleckten Empfängnis im Jahre 1901. Da wurde auf einmal die Hausglocke geschellt. Der Postbote war cs mit einer Drahtnachricht folgenden Inhalts: „Eine Frau in Schellal schwer krank, bitte zu kommen! Der Arzt." Damit hatte ich also schon den Arbeitsplan für den Vorabend und auch für das Fest. Schnell nahm ich die Krankenöle und verließ daS Haus. Es mochte ungefähr 6 Uhr abends gewesen sein. Kein Stern ließ sich noch am Himmel sehen und die wirklich ägyptische Finsternis war so dicht, dass ich den Weg sozusagen greisen musste, wenigstens solange, bis ich mir einen Esel fand; von da an war es an diesem, sich zurechtzufinden! Ich ritt also zur Stadt hinaus und ins Dunkel hinein, über Hügel und Graben, über und zwischen mohammedanischen Gräbern, dann in die Wüste hinab Schellal zu. Ueber den Umkreis von ein paar Metern hinaus war gar nichts zu sehen und bezüglich des Weges war ich ganz der guten oder schlechten Laune und der Spitzfindigkeit meines Esels anheimgegeben. Die Sicherheit des Lebens stand unter dem Schutze Gottes, und da der Schöpfer auch natürliche Vorsorge angewendet wissen will, noch unter dem eines tüchtigen Stockes und eines Dolchmesscrs. .©er zu passierende Weg ist zur Nachtzeit ziemlich unsicher; auf den Eseltreiber war kein Verlassen, der wäre der erste gewesen, welcher ausgerissen wäre. Aber ohne Unfall und Fußfall des Esels gelangte ich glücklich nach Unter-S ch e lla l. Als ich mich dort im Krankenhaus um die Kranke umschauen wollte, sagte man mir, ich müsse nach Oberschellal, denn sie befinde sich in ihrer eigenen Hütte. Schnell wurde ein Rollwagen von den dienstbaren Geistern des Krankenhauses auf die Bahnschienen gestellt, und ich rollte weiter. Da muss ich bemerken, dass Ober- und Unterschellal durch eine Nebenbahn, die nur zur Beförderung des Bedarfes für den Schleusendamm über den Nil dient, verbunden ist. Mancher jähe Stoß machte mich zu allem Ueberflusse auf die bedenkliche Harmlosigkeit dieser nächtlichen Spazierfahrt im Rollwagen aufmerksam und nicht weit vom Ziele wären wir beinahe an Beförderungswagcn angefahren, wobei ich als Erster und Einziger zum Handkuss gekommen Afrikanische Plaudereien. 107 fein würde. Man kanns den Schiebern nicht verdenken! es war noch stockfinster. Mit Hilfe von zwei Mann und einer Laterne fand ich die Hätte, in der die Kranke lag. Sie war schon ihrem Ende nahe. Während einer Woche war sie schon gelegen, allein in ihrer Wohnung, ihr Mann, ein versoffener Italiener, fand es nicht der Mühe wert, für sie den Arzt, der nichts gekostet hätte, vom nahen Chasan zu holen. Ganz leicht wäre zu helfen gewesen, aber jetzt war cs zu spät. Sie hatte nicht mehr so viel Kraft, um die letzte Beichte ablegen zu können. Ich spendete nach der möglichsten Vorbereitung die letzte Oelung und da für diese Nacht ihr Ende unwahrscheinlich schien, so verließ ich nach einiger Zeit wieder die Stätte. Der Rollwagen führte mich dahin zurück, wo die Esel ihre Haltestätte zu haben pflegen. Ich bestieg wieder meine lebendige Maschine und kehrte glücklich nach Assuan zurück. Es war 10 Uhr nachts. Für die Beleuchtung sorgte diesmal der Mond, der vom östlichen Himmel jetzt neugierig über die Wüste hin-schieltc. Schnell gieng ich zur Ruhe, denn in der Frühe um 6 Uhr galt cs wieder auszurücken nach Oberschcllal, um dort und in Unterschellal die hl. Messe zu lesen. Mit der Kapelle in Unterschellal kann man in Anbetracht der dortigen Verhältnisse so ziemlich zufrieden sein, aber, der Schuppen in Oberschcllal, in dem leider Gottes der liebe Heiland bei der Wandlung hcrabkonimcn muss, erinnert schon an Bethlehem. Er hat die Gestalt einer Lagcrhütte, die man hie und da für Arbeiter oder Soldaten baut, nur ist er nicht aus Holz, sondern von Lehm. Von den anderen Lehmschuppen, in denen die Arbeiter schlafen, unterscheidet ihn nur ein rohes, hölzernes Kreuz, das oberhalb der Thüre —- die man aber bei'uns schwerlich als Hausthüre möchte, aufgestellt ist- Im Innern haben wir die nackte Erde als Fußboden! Drei oder vier rohe Bänke, einen Tisch mit den nothwendigen Altartüchern als Altar, vier Kerzenleuchter und einige rothe Lappen als Schmuck oder vielmehr um eine Oeffnuug in der Mauer hinter dem Altar zu verhüllen. Die hl. Geräthe sind die Woche hindurch bei einer Familie aufbewahrt. Als Glocke dienen zwei an einem recht gebrechlichen Holzgestell bei der Thüre aufgehängte Stücke einer Bahnschiene, die aneinandcrgeschlagen werden und so das Geläute ersetzen.-Nebenbei ist von dieser Zweigkirche i» Schellal noch zu berichten, dass sie selbst an hohen Festtagen nur 10 Percent der dortigen italienischen Arbeiter zu sehen bekommt, dass ich zum Schrecken der inwohnenden Mäuse, Eidechsen und sonstigen Gethicrs ganz verzweifelt lauten muss, bis ein paar schwerhörige Schafe ihren Schafstall finden, und dass es ein Jude gewesen, der sie weißen und Herstellen ließ, so gut er konnte und zuletzt noch das hölzerne Kreuz oberhalb der Thüre anbrachte! Die Verwahrlosung dieser Arbeiter machte eine Seelsorge für sie doppelt nothwendig. Es musste ihnen wenigstens Gelegenheit zur Erfüllung ihrer christlichen Pflichten gegeben werden und daher der Gottesdienst in Schellal. Die wenigen regelmäßigen Kirchenbesucher geben es übrigens auch ziemlich nobel: sie kommen, wenn sie wollen, große Eile hat das nicht! So geschehen auch am Feste der Unbefleckten Empfängnis. Um 7 Uhr war ich schon dort, besuchte die Kranke und fand sie noch am Leben, ordnete einige Vorbereitungen für die Spendung der hl. Wegzehrung an, welche ich ihr nach der zweiten hl. Messe in Unterschellal zu bringen gedachte und gieng dann der Kapelle zu. Dort bereitete ich den Altar, betete das Brevier, stieg hernach auf einigen Steinhügeln herum, kehrte zuletzt zur Kapelle zurück, machte mit dem Geläute Lärm für zwölf und übte mich in der Geduld und Ungeduld, als ich sah, dass man trotz alledem keine Eile hatte! Endlich um halb 9 Uhr konnte ich das hl. Messopfer beginnen. Dabei geht es hie und da ganz eigenartig zu. Oft bin ich bis zum „Sanctus" I ohne Messdiener, wenn sich aber ein solcher findet, I so gibt er mir meistens auf mein gutes Latein Antworten, welche mit dem Chinesischen verzweifelte Achnlichkcit haben. Rach der hl. Messe packte ich schnell die Messgeräthe zusammen und eilte nach dem eine Viertelstunde entfernten Unterschellal, wo bei der dortigen Kapelle die Leute bereits auf mich warteten. Da las ich die zweite hl. Messe. Nach Beendigung trug ich die hl. Wegzehrung zurück nach Oberschcllal. Die Kranke wär noch bei Sinnen, aber schon ohne Kräfte und der Erlösung von ihren Leiden nahe. Nach fünf Stunden hatte die christliche Dulderin unter meinem Beistände Schellal mit einem besseren Jenseits vertauscht. Der saubere Gemahl begleitete am anderen Tage mit einem beträchtlichen Rausche ausgestattet den Sarg zum Friedhofe! Ich musste wieder zurück zur Kapelle, dann zum gewöhnlichen Krankenbesuch ins Spital. Nachdem ich allen Obliegenheiten meines Berufes genügt hatte, bestieg ich einen Langohr. Wie ich so dahin trabe und ungefähr ein Viertel des Weges zurückgelegt hatte, sehe ich einen Haufen Leute, Männer und Frauen, alle hoch zu Esel, vor mir herreiten. Wie ich näher komme, erkenne ich ' meine Pappenheimer: zwei Familien mit der ganzen I Vetter-, Gevatter- und Verivandtschaft stehen im Be- 108 Neger-Musik. griffe, einen kleinen Weltbürger und eine Wickelb äse nach Assuan in die Kirche zur hl. Taufe zn bringen. Mit der Kleinen hatte ich schon vor drei Wochen Bekanntschaft gemacht, da ich ihr die Nothtaufe spenden musste. Der andere junge Heide aber geruhte erst nach einem Vierteljahre feit seiner gnädigen Ankunft in dieser Welt in Assuan anzufragen, ob das Taufwasser etwa auch für ihn geweiht worden sei. Dass er es mit der Tanse auch ernst nahm, geht daraus hervor, dass er mit sichtlichem Behagen das 3stsg leckte. Selbstverständlich bin ich vor diesem Taufzuge daheim angekommen, gerade um alles für die Taufe bereiten zu können. Diese nebst Nachtragung der kirchlichen Tausceremonien bei der kleinen Nothgctaustcn nahm ich vor, und als ich dann wieder ans der Kirche gieng, war halb 1 U h r vorüber. Uebrigens musste ich froh sein, dass diese Gesellschaft die Kleinen zur Taufe brachte, denn solche Leute sind auch fähig, ein halbes Jahr und noch länger ihre Neugeborenen dem Teufel zur Wartung zu überlassen! (Fortsetzung folgt.) ---- Keger-Musik. (Schluss.) as die lärmende Musik angeht, wird den Bongo wahrscheinlich der Vorrang gebüren vor allen übrigen Stämmen, doch die dabei verwendeten Instrumente sind unter den meisten Negerstämmen des Sudan im Gebrauch. Auf die Beschreibung derselben werden wir bald zurückkommen. Zunächst beschäftigt uns die Veranlassung solcher Festaufführungen, und größerer Productionen. Entweder ist ein gelungener Beutezug, ein glücklich vollendeter Krieg gegen die Nachbarstämme und dergleichen ein erwünschter Anlass für Volksfeste ober es ist die Anwesenheit eines Gastes, den man ehren roiC; die gewöhnlichste Veranlassung ist aber das Einheimsen der Ernte. So gab z. B. König Munsa großen Festtanz als Mummeris von einem Feldzug gegen die Momwe siegreich zurückkehrte, auch den Asrikasorscher Schwein-snrth ehrte er durch Festversammlungen. Die Bongo aber sind aus solche Feierlichkeiten so versessen, dass sie das Erntefest so lange wiederholen, bis die ganzen Vorräthe ausgezehrt sind. War die Ernte ergiebig und sind die Speicher gefüllt, so schwelgt, singt und tanzt man solange beim „Legst", einem bierartigcn aus gcgohrenem Sorghum bereiteten Getränke, bis in kurzer Zeit das geerntete Getreide ausgebraucht ist und man sich für den Nest des Jahres mit den Wurzeln des Waldes das Leben fristen muss. Nicht denken sie an die Zukunft, sondern „leben und leben lassen, solange einer von ihnen noch etwas hat", das scheint ihre Parole zu sein. So ziehen sie denn Tag für Tag, besonders wenn Mondschein die dunkeln Wälder geheimnisvoll beleuchtet, hinaus in den Urwald und lärmen, schreien und tanzen die ganze Nacht hindurch. Die ungezügelte Unterhaltungssucht lässt sie nicht ruhen, sie selbst aber geben vor, die Mosquitos verhinderten den Schlaf, darum müsse man lärmen und tanzen; in Wirklichkeit ist aber im Binnenland diese Plage gar nicht so arg, wie in der Nähe des Nil oder an anderen Gewässern. Da tönt dann aus dem nächtlichen Waldesdunkel in die stille Flur hinaus räthselhastcr, vielstimmiger Hall. Gleich dem fernen Rauschen der Meercs-brandung fallen und steigen die gewaltigen Schallwellen und bald kreischende, bald brüllende Stimmen aus hundert Kehlen hallen weit durch die Waldeinsamkeit. Dieser Chor mit Orchesterbegleitnng gleicht freilich in der Nähe betrachtet mehr einer ausgelassenen Katzenmusik. Kräftige, unermüdliche Schläge der Pauken, Rindcrgcbrüll, erzeugt aus Riesenhörnern, die den Bongos eigenthümlich sind und Manjinji genannt werden, dazu mannigfache Hörnerklänge, bilden die Basis des meilenweit durch die Wildnis erschallenden Höllenlärmes, während hunderte von Frauen und Kindern die mit kleinen Steinchen gefüllten Flaschenkürbisse schütteln oder mit Stöcken und dürrem Reisig aufeinanderschlagen, was einen ganz eigenthümlichen Effect macht. Die Pauken und Trommeln sind im Sudan allgemein verbreitet und für dieses noble „Orchester" obligat. Die Herstellung ist höchst primitiv. Man wählt einen möglichst dicken Stamm der Tamarinde, schneidet ein cylindrischcs Stück heraus und höhlt cs aus. Beide Schnittflächen werden mit enthaartem Fell überzogen, die so entstandenen beiden Membranen werden durch Riemen aneinandergeschnürt und so gespannt. Man schlägt beide Seiten, und Neger-Musik. 109 da die Felle ungleich dick sind, so hört man den Schlag zweier Trommel», einer größeren und einer kleineren. Diese Bemerkung machte der tüchtige Gewährsmann Anton Kaufmann bei den Diu-fa; er war nämlich mehrere Jahre als Missionär in Gondokoro und Hl. Kreuz thätig. Das zweite Ricsen-instrumcnt sind die M a n j i n j i. Es sind dies die Posaunen der Bongo. Eine solche besteht aus einem laugen Holzrohr, das am obern Ende immer massiv geschlossen und mit zwei Hörnern oder mit einem Schnitzwerk, das einen Meuschenkvpf darstellen soll, verziert ist. Am andern Ende ist der hohle Baumstamm offen und im oberen Viertel, nach dem Kopfende zu, ist das Mundstück angebracht, in welches auS Leibeskräften hineingeblasen wird. Bei den Mittu wird dieses Instrument ersetzt durch länglicheFlaschenkürbisse mit Lochern an der Seite. Beim Blasen wird das Instrument zwischen den Knieen wie ein Vivlincell gehalten, oder falls cs zu schwer ist, legt der Musikant cs auf den Boden und bückt sich darüber hin. Außerdem sind die langen, schmalen Blasrohre zu erwähnen, welche die Bongo • „Mbur a h", die M i t-tu aber „Dongarah" nennen. Sie werden ans Holz geschnitzt und sind am Blasloch mit einem aufgetricbenen und erweiterten Hohl-raum versehen, ähnlich wie durch die Signalhörner aus Elfenbein oder Antilvpcngehörn. Solche werden bei allen Negervölkern des Sudan gefunden. Die Bongos Gin Sänger der niam-niam. nennen sie Mongul; sie haben drei Mundlöcher und erzeugen eigenthümliche, piepende Tone. Bei den Monbuttu ist noch ein eigenes Instrument, das für den Ncgercharakter bezeichnend zu sein scheint. Der Fcstgebcr oder der König bedient sich desselben, um den Takt der Hornbläser und Paukenschläger zu dirigieren. Es ist eine mit Sternchen und Muschelschalen gefüllte, aus Korbgeflecht hergestellte Kugel an einem Stiele, ganz vergleichbar den „Klappern", die man den kleinen Kindern zum Spielen gibt, nur in etwas größerem Maßstabe. Ein solcher „Musik-abend" der Bongo hat ungefähr folgenden Verlauf. Ganz kläglich und langsam beginnt zuerst ei» altes, zahnloses Weib oder auch ein bejahrter Mann mit plappernder Stimme ein Recitativ. Dann tritt einer oder der andere aus der uinstehenden Volksmenge, streckt die Hände gegen den Vortragenden aus, deutet auf ihn mit dem Zeigefinger und singt eine Art Gcgenstrophe; nun fällt plötzlich der Chor ein in gemäßigter Fuge; auf eingegebenes Zeichen erhebt sich dann auf einmal ein gewaltiges Geschrei, und nun geht der Tanz los. Es beginnt eilt Zappeln unter diesen öltriefenden Kautschukgestalten; sie vollziehen ihre Schaukelbewegungen mit solcher Behendigkeit und unermüdlichen Beharrlichkeit, als ivolle es gar kein Ende nehmen, bis endlich die Lungen der Posauncu-blüser erlahmen und die Fäuste der Paukenschläger 110 Negermusik. «•steifen. Eine Pause schaltet sich ein in dieses wilde Getriebe, um Athem zu schöpfen und neue Kräfte zu sammeln; daun beginnt das Toben von neuem. Der Gegenstand der Spässe ist gewöhnlich sehr derber Natur, aber ihre Leidenschaft geht so weit, dass die Füße, um irelche sie, den Lärm zu vermehren, hohle Eisenringe mit Kugeln und Schellen tragen, durch das Zusammenschlagen zu bluten beginnen. Diese Leidenschaft des Tanzes ist betn Neger so angeboren, dass sogar die Stammesfürsten sich ganz derselben hingeben. Ein Beispiel erzählt Schweinfurth von dem König M u n s a. Infolge des siegreichen Feldzuges gegen die Momwu hielt er ein großes Fest. Im Innern der großen Halle saßen die 80 Weiber des Königs in einem einreihigen Qitarree um den freien Platz in der Mitte, wo sich der König befand, herum. Sie wären abenteuerlich bemalt, so wie auch die Kleidung des Königs eine höchst abenteuerliche war. Hinter den Weibern standen in vollem Waffenschmuck die Krieger, und ein Wald von Lanzen starrte zur Decke. Alle musikalischen Kräfte, über welche der König verfügte, waren aufgeboten worden, wie Kesselpauken und Holztrompeten, Hörner und Pfeifen aller Art, Schellen und Glocken. In dieser Umgebung tanzte nun der König Munsa. Er sprang rasend umher, die Arme wie ein Besessener nach allen Richtungen von sich schleudernd, aber im Takte der Musik. Die mit klappernden Ringen besetzten Beine schnellten wie bei einem Kosakentanz bald horizontal am Boden hin und her, bald wurden sie hoch in die Luft geworfen. Dazu tobte die Musik in wüstem, unaufhörlichem Einerlei: Arbeit, die neben gründlicher musikalischer Kenntnis auch allseitige Beobachtung und Berücksichtigung der Natur, Anlage und Umgebung der Negervölker erforderte. Eines aber ist sicher. ES zeigt sich, dass der Neger des Sudan auch für Musik, die doch den edelsten Genuss bildet, noch zugänglich ist und also noch edlerer Regungen fähig wäre. Freilich, da er ganz dem Naturtriebe und der menschlichen Leidenschaft ausgeliefert ist, so muss sich die Frucht auch dieses edleren Strebens zu einem in manchen Punkten gar traurigen Zerrbild gestalten. Ueberdies sieht man hier aber sehr deutlich illustriert, dass der Neger eine eigene Nachahmungsgabe besitzt, mit der er einmal der Natur die Mittel zur musikalischen Darstellung abgelauscht, daun aber ihr gewaltiges Wirken, wie es in der Tropengegend zum Ausdruck kommt, wiederzugeben sucht. Ganz treffend sagt unser Gewährsmann, dass die Orgien der Bongos auf ihn immer den Eindruck gemacht hätten, als wäre ihr einziger Zweck, das entfesselte Treiben der Elemente zu verherrlichen. Um die Gewalt eines Tropenorkans schildern zu können, muss jedes Instrument, das der Mensch zu ersinnen vermag, schwach und ohnmächtig erscheinen; daher die gewaltigen Keulenschläge, mit denen das Fell der Riesentrommel in Schwingung versetzt wird, sie sollen den eichenspaltenden Donnerkeil vergegenwärtigen; die rasende Sturmeseile, das Brausen und Sausen des vom Wind gepeitschten Regens, das vermag nur ein hundertstimmiger Chor der stärksten Lungen andeutend wiederzugeben; das Gebrüll der geängstigt«! Waldthiere findet seinen Ausdruck in den Hörnerklängen; die kreischenden Vogelstimmen in Pfeifen und Flöten; dazu tönt taktbildend das dumpfe Gebrüll der großen Mit gehobenen Armen begleiteten alle Weiber diese Klänge, die flachen Hände nach dem Takte zusammenklatschend. Munsa selbst raste in einer Ekstase durch die Halle, die einen an die Wuth eines kreisenden Derwisches erinnern könnte. Jeden Augenblick musste man erwarten, er werde hinstürzen und mit schäumendem Mund in epileptische Zuckungen verfallen; aber die Central-Afrikaner haben stärkere Nerven. Jede halbe Stunde wurde etwas pausiert, dann gieng es von Neuem los, unerschöpflich, unermüdlich. Nach dem Gesagten bleibt uns freilich noch übrig, die musikalischen Leistungen der Sudanesen auf ihren musikalischen Gehalt und Wert zu prüfen, doch diese Frage zu entscheiden, wäre eine noch zu leistende Manjinji durch alles hindurch, betn lange nachrollenden Donner vergleichbar; es rasselt und plätschert in den Zweigen, die hohen Laubwipfel beugt der Sturm, und in dem derben Lederlaub der Gesträuche klappert es von herniederrieselndem Regen — das stellt der Chor der Weiber und Kinder dar, welche die Kürbisflaschen mit den Steinchen schütteln und der rasselnde Lärm der aufeinandergeschlagenen Hölzchen. Schließlich zeigt sich auch noch die Gemüthsart der Neger in ihren Gesängen und musikalischen Producten. Es ist ein Gemisch von Wehmut und ausgelassener Fröhlichkeit, die oft ohne Vermittelung aufeinanderfolgt und rasch abwechselt. Dem Neger fehlt es also tveder au guten Anlagen noch an Bildungsfähigkeit, aber an Selbständig- Negermusik. Ill feit. Wie ein Kind kann er sich in vielen Dingen nicht selbst helfen und ist auf andere angewiesen. Er muss geleitet und erzogen werden, dann vermag auch er Tüchtiges zu leisten. Wie er beeinflusst wird, so ist er; er gleicht hierin einem Baume: wie man ihn ansägt, so fällt er. Daher die traurige Erscheinung, dass er dem Islam so leicht anheimfällt. Dieser tritt dem Neger gegenüber mit Äuetorität auf und schmeichelt seinen Leidenschaften, und ohne viel Nachdenken und Überlegung wirst er sich ihm in die Arme. Aber leider ist es gerade der Islam, der den Neger noch schlechter macht, als er ist; er erstickt in ihm jede bessere Regung letzte Fünkchen eigenen Strebens; Ein 8ongo-6oiicett. Kreuzestod erduldet hat, werde und eine Herde. damit und ertödtet das er macht ihn fast unzugänglich für bessere Einflüsse und für Culti-vierung. Darum auf, liebe Leser, lasset uns zusammenstehen und mit vereinten Kräften das arme Regervolk von der Knechtschaft der ungezügelten Leidenschaften befreien, noch ehe die kalte Hand des Islam das Negerherz vollends erstarren macht. Hinführen wollen wir ihn zu Christus, der für alle unsere Brüder den ein Cchafstall u k.WVWWWWVWWVWVWV'V 1 W\\\\\\\V\\\\\\\V\\\V\\\\\V\\\\\\\\\\VV\VVV\\V\\\VV\\V\\\\\Y -E vf Die Glaubknsbolen öes deutschen Volkes. Der.- H t. W i H o. (t 805.) . CX§ war wohl der inhaltsreichste Augenblick für <^s das deutsche Volk, als im Jahre 772 Karl der Große mit Ucbergchung der beiden unmündigen Söhne seines Bruders Karlmann als alleiniger Herrscher des Gcsammtrciches der Franken auf den Schild erhoben wurde. Eines stand damals außer allem Zweifel. Sollten die germanischen Völker „ein einig Volk von Brüdern" werden, sollten sie dauernd und fruchtbringend den Glauben Christi annehmen, so musste der Bruderkrieg, welcher den Teutschen mit dem Deutschen von jeher entzweite, zum endgiltigen Austrag kommen. Aber seitdem der Franke den stolzen Nacken unter das Joch des Christenthums gebeugt, war dieser innere Krieg nicht bloß ein alter Streit um Grenzen, um Land; es war ein Kamps um Principien. Das altdeutsche Heidenthum mit seiner uneingeschränkten Freiheit und Willkür trat gegen den christlich-germanischen Staats-gedankcn in die Schranke. Sachsen und Franken waren die heldenhaften Vorkämpfer. Der junge Frankenkönig schien von der göttlichen Vorsehung dazu bestimmt, diesen Strauß zugunsten der kathol. Religion und der deutschen Einheit auszufechten. Aber die Sachsen waren wild, härter als Stein. „Ihr Herz," sagt ein Zeitgenosse, „ist wie aus Eisen geschmiedet. In der Niederlage kommen sie zu keiner Ruhe, und jemehr der Krieg sie drückt, umsomehr verdoppelt sich ihre List und wilde Tapferkeit; das Unglück gibt ihnen neues Leben und reizt sie zur Rache." Achtzehnmal erhoben sic sich unter dem kühnen Wittekind I allein Odins Macht war gebrochen, der Franke siegte. Wenn nun Karl schon in den ersten Jahren dieses Riesenkampfes bei dem unterjochten Volke „das Christus auf den Lippen, Odin im Herzen hatte", Bisthümer gründete und Bischöfe einsetzte, so kann man ermessen, mit welchen Schwierigkeiten dies verbunden war und welche Eigenschaften derartige Oberhirten besitzen mussten. Ist cs ohnehin schwer, einem heidnischen, kriegslustigen Volke den Frieden des Christenthums zu predigen, so wollten sich dem Missionär bei den Sachsen geradezu unüberwindliche Hindernisse entgegensetzen. Immer argwöhnten sie hinter ihm einen politischen Spion, immer hatten sic die Entschuldigung im Munde: „Vor dem starken Gott der Christen, Vor der Milde seiner Lehren Beugt' ich mich, wenn nicht verhasste Franken die Verkünder wären." (Dreizehnlinden XIX, 24.) Der umsichtige und kluge Frankcnkönig suchte denn auch dieses krankhafte Nationalgcfühl der Sachsen zu schonen, indem er ihnen nach Möglichkeit Nichtfranken als Missionäre und Bischöfe sandte. So haben wir bereits den hl. Ludger aus Friesland im Bisthum Münster angetroffen. Diesmal stellt sich uns Ludgers Landsmann, der hl. Wiho, dar. Die Wiege des hl. Wiho stand zu Leu warden in Friesland. Hier stand damals das Christenthum in voller Blüte. Willibrord und seine Vorgänger, Bonifacius und Ludger hatten mit ihrem ständigen Gebet und ausdauernden Wirken das Heidenthum fast völlig ausgerottet und wie immer durch Klöster und Schulen für die leibliche und geistige Hebung des Volkes gesorgt. Unter allen Tic ©snubcnstiotcii des deutschen Volkes. Schulen des Landes genoss jedoch die des hl. Gregor zu Utrecht den größten Ruf. Da sich Wiho schon in früher Jugend für den geistlichen Stand entschied, wurde er im zarten Knabenalter dahin gebracht, um neben der wissenschaftlichen Ausbildung auch den festen Grund eines großen Tugendgcbändcs zu legen. Das U t r e ch t c r Semina r war eine sogenannte Canonicatsschule. Es war ein gemeinsames Haus für den Bischof oder Abt, die Priester und Zöglinge. Wie die Priester und Zöglinge gemeinsam mit dem Bischof wohnten, so lebten sie auch von gemeinsamen Einkünften, speisten an gemeinsamer Tafel, beteten zusammen die Tagzeitcn und lebten nach einer gemeinsamen Tagesordnung. Tagesordnung oder Lebensregel heißt im Griechischen C a -non, weshalb man die Priester solcher Häuser Canoniker, ihre Schule Canonicatsschule nannte. Die Knaben erhielten ihren Unterricht durch den Abt und die älteren Priester. Die Studienordnung, welche in Utrecht herrschte, war dieselbe wie in England. Der kleine Wiho musste demnach im dortigen Seminar zunächst Sprach-, Predigt-und Denklehre studieren, das sogenannte Trivium oder die drei niederen Fächer; nach Bewältigung dieser Gegenstände gieng man zu dem Quatrivium oder den vier höhern Fächern über. Es waren dies die Rechenkunst, Musik, F e l d m e s s e r e i und Sternenlehre. Nachdem Wiho auch diese Studien vollendet hatte, wurde er in die erhabenen Lehren der K ot t e s wi ss ens ch as t eingeweiht. Einzelheiten über die Art und Weise dieses Unterrichts finden wir in einem von dem hl. Ludger verfasste» „Leben des heiligen Gregorius". Dort erzählt nämlich der große Apostel des Münsterlandes im fünfzehnten Capitel u. a.: „Von Gott erleuchtet und angetrieben, entbrannte der hl. Gregorius in Liebe zu seinen Schülern und zum Unterrichte derselben, so dass kein Tag vorübergieng, an welchem er sich nicht zur frühen Morgenstunde hinsetzte und mit väterlicher Sorgfalt Allen einzeln, welche zu ihm kamen, den Becher des Lebens reichte und sic tränkte mit dem Worte Gottes." Fasst man noch die große Anzahl der Zöglinge ins Auge, so erhellt die Lehrmethode, in welcher Wiho erzogen wurde, eine weitere, wenngleich unsichere Erläuterung. Dass aber die Anzahl der Schüler in Wirklichkeit eine große war, geht aus demselben Capitel hervor. „Aus der Blüte aller benachbarten Nationen," heißt cs da, „waren die Schüler hier beieinander. Einige von ihnen kamen von dem edlen Stamme der Franken, andere von dem religiösen Stamme der Engländer, wieder andere aus der neuesten, erst in unsern Tagen begonnenen Pflanzung Gottes bei den Friesen und 113 Sachsen, endlich aus Bayern, Schwaben, oder von welchem Volke auch immer sie Gott hergesandt hatte." Wenn nun vorher gesagt wird, dass Gregor schon in früher Morgenstunde jedem Einzelnen, der zu ihm kam, Unterricht ertheilt habe, so können wir uns ein lebhaftes Bild von dem Leben Wihos im Seminar machen. Schon längst hat die Stunde zum Aufstehen, welche für alle ohne Ausnahme gleich ist, geschlagen. Bereits sind einige Stunden im Gebete, durch die hl. Messe und andere geistliche Uebungen verflossen; aber es ist noch früh am Morgen. Da begeben sich die Zöglinge zum Büchersaal und empfangen von Gregor die nothwendigen Schulbücher. Die jüngeren, soweit sie kein besonderes Anliegen auf dem Herzen haben, verfügen sich sofort in die Schule, während die älteren und die Frager zurückbleiben. Zuerst werden den kleinen Zweiflern die Bedenken gelöst, so dass sie alsbald zu ihren Altersgenossen eilen können. Der Heilige setzte sich sodann im Kreise der älteren Schüler, unter welchen sich auch Wiho befindet, nieder und erklärt ihnen die hl. Schrift und die Kirchenväter. Dass Wihos Lehrgang derartig oder wenigstens ähnlich war, erhellt aus dem zwanzigsten Capitel der angeführten Lebensbeschreibung: „Meinen weiter vorangeschrittcncn Mitschülern", schreibt hier Ludgcr, „erklärte er das Buch des hl. Augustin, welches dieser »Enchiridion« d. h. Handbuch nannte." Der Tag war in bestimmte Zeiten getheilt, welche nicht nur dem Unterricht in der Wissenschaft, sondern auch der Bildung und Erziehung gewidmet waren. Die Zöglinge trugen alle dasselbe Kleid und mussten alle zur gleichen Zeit schlafen gehen. Die Ordnung ist überall und immer die Mutter des guten Erfolges. Allein daraus ließen sich keineswegs die herrlichen, tief eingewurzelten Eigenschaften erklären, wie sie Männer wie Ludgcr, Wiho und so viele andere in dieser Schule sich erwarben. Vielmehr war cS neben dem planvollen Vorgehen des Lehrers dessen erhabenes Tugcndbeispicl selbst, das die Schüler mit inniger Liebe zur Kirche und wahrhaft apostolischem Glaubenseifcr beseelte. Hier, in betn abgetödtetcn Wandel des Lehrers der Wissenschaft, in der flammenden Brust des trefflichen Meisters des innern, geistigen Lebens, in dem glühenden Herzen des berühmten Schülers eines hl. Bnnifacius entsprangen die segensreichen Quellen, die Deutschland wirksam befruchten sollten. Niemand tvar treuer als er in der Erfüllung seiner schweren Berufspflichten, in der Behandlung derer, die ihn beneideten, verleumdeten, anfeindeten. 114 Die Glaubensbotcn des deutschen Volkes. „Keiner als er, der aus königlichem Stamme entsprossen, von Reichthümern umgeben war, konnte besser lehren, wie man im kleberflnsse Entsagung übt, so dass man mit Christus sagen kann: Die Füchse haben ihre Höhlen und die Vögel des Himmels ihre Nester, aber ich, euer Lehrer, habe kaum, wohin ich mein Haupt lege. — Er zeigt, wie man statt zu entfremden durch Rache und Strafe, durch Milde und Güte verstockte Herzen gewinnt." — Wenn er außer durch sein Beispiel noch ans die Herzen seiner Schüler zu wirken strebte, so war cS besonders die christliche Liebe, die er in ihre Herzen zu pflanzen und zu beleben suchte. Er selbst war mit seinen Schülern und diese untereinander in innigster Liebe verbunden. „Es scheint mir," sagt der hl. Ludger, „der Mühe roe rt zu sein, zu erzählen, wie er mit jedem Einzelnen durch ein so enges Band der Liebe umschlungen war, dass er jenen heiligen, berühmten apostolischen Ausspruch nicht bloß zur Erbauung der Hörenden mit dem Munde verkündete, sondern in der That uud Wahrheit allen zur Nachahmung vorhielt, den Ausspruch nämlich Ap. G. X. 35:. „Aus jedem Volke ist Gott angenehm, wer ihn fürchtet und Recht thut"; denn nicht aus einem einzigen hatten sich seine Schüler zusammengefunden, sondern sie waren aus der „Blüte aller benachbarten Völker vereinigt." (Krimphove, Ludger S. 28.) Dass unter einer solch frommen, umsichtigen, hingebenden Leitung die Schüler wie an Alter, so auch an Weisheit und Gnade bei Gott uud den Menschen zunahmen, kann uns nicht mehr auffallen, uud wir kennen den tiefen Grund jener Thatsache, die der hl. Ludger im sechszehnten Capitel mit den Worten anführt: „Unter ihnen waren viele so edlen Herzens, mit so reichen Geistesgaben ausgestattet und mit so gediegener theologischer Wissenschaft ausgerüstet, dass sie zur hohen Burg des bischöflichen Amtes, wie sie es verdienten, berufen wurden." Unter diesen Berufenen befand sich auch Wiho. Wir haben seine Erziehung und Ausbildung im Utrechter Seminar so ausführlich gegeben als Beweis, dass die Kirche in ihren treuenSöhnen es war, welche jederzeit und auch in jenen so sehr verschrieenen Abschnitten der Geschichte Bildung und Wissenschaft besaß und sie unsern Voreltern zugleich mit dem Gute unseres hl. Glaubens brachte. Gewiss, der protestantische Theologe und Philosoph hat recht, wenn er sagt, dass damals „Alles sozusagen in dem Schifflein der (katholischen) Kirche schwamm." Andererseits waren wir aber dazu gleichsam gezwungen, da einmal die Lernjahre den Schlüssel bieten zum Verständnis der Lehrjahre, und sodann das Leben Wihos wegen J?er Gleichheit der Verhältnisse mit dem Ludgers uns veranlasst hätte, heute ebenso von Wiho auszusagen, was wir letzthin über Ludger erwähnt. Darum dürfen wir uns auch im Folgenden kürzer fassen. Wie Ludger, so predigte auch Wiho zuerst seinen Landsleuten in Friesland das hl. Evangelium. Durch seinen glühenden Eifer und abgetödteten Lebenswandel, seine gewinnende Liebenswürdigkeit uud sein hinreißendes Wort erntete er reichliche Früchte in die Scheune des göttlichen Säemanncs, und gewann er sich ein solches Ansehen, dass der Ruf seiner Tugenden uud seines segensreichen Wirkens bald zu den Ohren des Frankenkönigs drang. In der Ueberzeugung, dass der Staat ohne die Kirche unmöglich etwas Ersprießliches für die dauernde Hebung des Volkes leisten könne, war für Karl den Großen der Sieg seiner Waffen über den sächsischen Löwen nur der erste Anfang einer Unterwerfung. Diese erhielt für den christlichen Kaiser ihre wahre und volle Bedeutung nur durch die Unterwerfung unter das Kreuz Christi. Darum folgten auch dem Siegeslauf seiner tapfern Truppen sofort die Missionäre. Im Jahre 772 hatte der große 33jährige Kampf mit den Sachsen begonnen, uud bereits 4 Jahre nachher sah man das Bisthum Osnabrück errichtet. Nur ein Wiho schien für den neuen Bischofsstuhl geeignet. Der Bischof Alfrid von Lüttich oder vielleicht der Papst selbst legten ihm die Hände auf. Die hohe Würde brachte diesmal eine ungewöhnliche Bürde. Der unbändige Stolz der Sachsen und ihr heidnischer Fanatismus, das lodernde Feuer in dem Herzen eines unterdrückten Volkes, das nichts höher schätzt, als die verlorene Freiheit, selbst die blutigen politischen Maßregeln Karls und deren Folgen bildeten für den neuen Oberhirten beinahe unüberwindliche Hindernisse. Dazu kam noch, dass der König nach Wittekinds Taufe ein Gesetz erließ, dass jeder Sachse, der sich ferner verberge, um sich der Taufe zu entziehen, des Todes sterben solle; desgleichen, wer in der vierzigtägigcn Fastenzeit Fleisch esse, wer die Leichen Verstorbener nach heidnischer Sitte verbrenne. Alle ohne Ausnahme, Edle, Gemeinfreie und Dicnstleutc mussten den zehnten Theil des Vermögens wie des täglichen Erwerbs den Priestern und den Kirchen geben. Die Kirche verdammte diese Strenge, aber erst 797 gab Karl mildere Verordnungen aus und erst 803, also zwei Jahre vor Wihos Tod, gelobten die Sachsen auf einer Versammlung zu Solz Treue, Glauben und den Kirchenzchnten (vgl. Weiß Weltgeschichte IV. 3. S. 88). Die Glaubensboten des deutschen Volkes. 115 Trotz alledem war der hl. Bischof in seinem Sprengel unausgesetzt thätig. Heine Arbeit war ihm zu hart, keine Reise zu lästig, kein Weg zu rauh »ud zu beschwerlich. Lehrend, predigend, katcchcsicrend gieng er von Ort zu Ort bis zu dem entlegensten Weiler und erreichte mit seinem unermüdlichen Eifer und seiner liebevollen Fürsorge, dass in kurzer Zeit die ganze Diöccse von der Vcr-erehrung der heidnischen Götzen zum christlichen Glauben übergieng. Ilm seine Errungenschaften für die Kirche Jesu Christi dauernd zu befestigen, baute der eifrige Bischof neben seiner Kathedralkirche ein prächtiges Collegium für Cauo-niker, sorgte für Unterhalt der Geistlichen, errichtete Pfarreien und Kirchen und bestellte tüchtige Priester und Pfarrer für dieselben. In O s n a b r ü cf gründete er ein Gymnasium mit griechischer und lateinischer Schule und übernahm selbst die Oberleitung mit dem glücklichsten Erfolge für die sächsische Jugend, welche mit inniger Verehrung zu ihrem berühmten Lehrer aufschaute. In Qtr der Stiftungsurkunde vom 20. April 804 schreibt Karl der Große an Wiho: „Wir bestimmen, dass au diesem Orte für ewige Zeiten griechische und lateinische Schulen bestehen und vertrauen auf Gottes Barmherzigkeit, dass die Kenntnis beider Sprachen dort niemals unter den Geistlichen mangele." Von dieser Beit an blühte in jenen Schulen das Studium beider Sprache» viele Jahrhunderte laug. Rachem der heilige Bischof unsterbliche Verdienste um die Ausbreitung und Befestigung des Christenthums in seinem Bisthum gewonnen hatte, legte er fein müdes Haupt nieder, um sich von dem All vergelter den Lohn für seine Arbeit auszahlen zu lassen. Am 20. April 805 gieng er zur einigen Ruhe ein. Wihos Hauptverdienst bestand neben der rastlosen Ausbreitung des Glaubens vornehmlich in der Erziehung der Jugend durch Bild u n g u. Wisse n sch a ft. Zwar überlud er die Köpfe seiner Knaben nicht mit dem Niel-wissen von heutzutage, aber dadurch vermied er auch die Oberflächlichkeit unserer Zeit und errichtete den wissenschaftlichen Bau auf dem Fundamente der Gründlichkeit. Ebenso war bei ihm Lehren und Erziehen ein und dasselbe, beides jedoch nicht nur durch das bleichsüchtige Wort, sondern vielmehr durch die lebendige That. So erklärt sich der ungeheure Erfolg in Zeiten, die so wirr und aufgeregt, dabei auf so wenig Hilfsmitte l angewiesen mibo, waren, dass wir es uns kaum mehr vorstellen können- Selbst heute noch zehren die Kinder der Wissenschaft, die artigen wie die ausgearteten, au dem Fleiße der GlaubenSboteu unseres Volkes. „Die meisten Institute unserer Wissenschaften", sagt der gelehrte Protestant Herder, nähren sich von den Brosamen dessen, was einst die Mönche mühsam erwarben, andächtig stifteten, heilig bewahrten und der Nnchkommcuschaft fromm vermachten. Ohne die Männer und Frauen der Klöster 116 Lebensbilder deutscher Missionäre. bettelten jetzt vielleicht alle Musen (Künste und Wissenschaften) in Europa, ober vielmehr, cs märe ohne sie an Musen gar nicht zu denken." Jene Männer verdienten daher unsere volle Achtung, auch wenn sie sich die Ehre der öffentlichen Verehrung als Heilige nicht erworben hätten; umsomehr aber jene, die zugleich als Muster der Vollkommenheit am christlichen Sternenhimmel voranleuchten. Der Name Wiho soll im deutschen Volke nicht erstorben sein! Möchte er auch heutzutage noch recht viele Schützlinge erhalten, die in der hl. Taufe seinen Namen bekommen! In unsern Tagen vollends, wo Kunst und Wissenschaft immer mehr einer heidnischen Richtung zustreben, möge er am Throne Gottes für unser geliebtes Vaterland bitten, dass Schein und Trug vor der Sonne der vom christlichen Geiste getragenen Wissenschaft in ihr Nichts zerfließen und die Wahrheit einer gläubigen Erziehung überall wieder in Haus und Schule einziehe, damit auch wir mit dem Dichter des glanbens-innigen Mittelalters singen können: „Deutsche Zucht geht über alle, Zucht und reine Minne. Wer die sucht und liebt, Komm' in unser Land, wo es noch beide gibt; Lebt' ich lange nur darinne." (Walther von der Vogclweide: Dentsch'ands Ehre) Webensbilöcr öeutscher Wssionäre. P. K>. Seiner, S. 6. H. K. Bon P. Xaver Geher. 2. Ter Lrdensmann. achdem die zweijährige Probezeit vorüber war, | durfte Heinrich die hl. Gelübde ablegen. Mit welcher Rührung er dies gethan, lässt sich nicht in die armselige Hülle der Sprache kleiden. Aber diese Gefühle blieben eben nicht nur Gefühle; sie hielten stand. „Mit der ganzen Liebe (eines Herzens," schrieb bald nach seinem Tode ein ehemaliger Mit-brudcr, „hieng P. Seiner an unserer Congregation. Wenn er von ihr sprach, so war es nur mit dem Ausdrucke höchster Begeisterung. Er liebte und schätzte sie umsomehr, als ihm der Eintritt in dieselbe erst nach Ueberwindung großer Schwierigkeiten möglich geworden war." Nunmehr begann aber auch zugleich die Zeit eines ernsten, anhaltenden Studiums als Vorbereitung auf die hl. Priesterweihe. Wir haben früher gesehen, dass er eine eiserne Ausdauer im Lernen besaß. Dieselbe bewährte sich auch jetzt wieder. So heißt cs in einem Briefe über ihn: „In seinen Studien war er äußerst fleißig und eifrig. Er gicng nie aus dem Studierzimmer ohne sehr triftigen Grund. Ueberhaupt war er ein abgesagter Feind alles Zeit-verlierens. Jeden Augenblick suchte er so gut als möglich auszunützen. Entweder studierte, las oder schrieb er, niemals fand man ihn unbeschäftigt." „In Betreff der Beobachtung feiner hl. Ordcns-gelübde," schreibt ein Pater, der ihn genau kannte, „kann P. Seiner im vollsten Sinne des Wortes als ein Muster hingestellt werden." ' Bei solchen Eigenschaften ist cs wahrlich nicht zu verwundern, wenn der junge Ordcnsmann das ganze Vertrauen seiner Obern besaß, die ihn daher auch zum „Pedell" machten. Als solcher hatte er die Führung seiner Miibrüder und die Geschäfte zwischen den Obern und der Gemeinschaft zu erledigen. Jedermann weiß aber, wie gerade bei solchen und ähnlichen Verhältnissen die menschliche Leidenschaft ein derartiges Amt zu verbittern pflegt. Es ist daher sicherlich kein kleines Lob, wenn man uns mitzutheilen vermochte: „Er war einige Jahre Pedell und als solcher kam es ihm zu, seinen Mitbrüdern alles Nöthige zu verschaffen. In diesem seinem Amte war er immer so dienstfertig und so sorgfältig, dass keiner sich über ihn beklagen konnte." Inzwischen hatte der rastlos thätige Scholastiker das Lyceum und Priesterseminar besucht, sodass er mit dem Herbste 1897 schon in die Missionsstation Kairo geschickt werden durste, um hier die näheren Vorbereitungen ans den Empfang der hl. Priesterweihe zu treffen. Am Vorabende des hochheiligen Weihnachtsfestes 1898 legte ihm Lebensbilder deutscher Missionare. 117 beim auch sein hochwürdigster Herr Bischof und Apostolischer Vicar die Hände auf. Eigentlich wäre eü hier am Platze, angesichts der ewigen Beschimpfung katholischer Geistlichen vonseiten liberaler Zcitungsscribcntcn, als ob sie recht ungebildet und unwissender wären als eine gewisse Sorte modern-blasierter Platt- und Flachköpfe, deren ganze Kunst und Wissenschaft im geschickten Gebrauch eines rücksichtslosen Mundstücks besteht, etwas zu sagen, allein es sei nur auf eine Stelle aus dem berühmten Volksschriftstellcr Alban Stolz hingewiesen: „Um geistlich zu werden, muss einer solange studieren, als einer studieren muss, um Professor, Bezirksarzt, Schulvisitator, Amtmann oder Minister zu werden, und sechsmal so lang als ein Herr Oberlehrer: Aber der Unterschied ist der: die weltlichen Herrn, welche studiert haben, kommen dem Volke theuer zu stehen. Zeitweise kommen Anträge in die Ständekammern, die Angestellten müssten mehr Zulagen, Diäten, größere Besoldungen haben. Wer muss das zahlen? Wer muss die Pferde und all die glitzerigen Uniformen auf den Paradeplätzen zghlen? — Antwort: Die Landstände und die Fürsten zahlen cs nicht, sondern lassen sich selbst noch bezahlen. Wohl oder übel muss das Volk alles zahlen. Der Stand hingegen, welcher ebensoviel oder noch mehr Zeit und Kosten verwenden muss, um sich vollends auszubilden, ist der geistliche Stand; aber was muss das Volk beit Geistlichen bezahlen! Soviel als nichts; denn die Wenigkeit der Stolgebürcn kann man kaum anrechnen. Von Bcsoldungszulage ist aber beim Pfarrer niemals die Rede. Selbst wenn der Geistliche sein Quartal beim Domänenverwalter holt, so ist das wieder kein Geld, das von den Abgaben kommt, welche das Volk zahlt, sondern cs sind Brosamen von den großen g c i st l i ch c n Gütern, welche früher massenhaft von der weltlichen Herrschaft weggenommen d. h. säcularisicrt worden sind. Darum ist es eine bodenlose Dummheit und Schlechtigkeit, wenn die Leute sich non den liberalen Blättlein Hetzen lassen gegen die Geistlichen." (Kalender f. Zeit und Ewigkeit 1875. 4. Aufl. 1898 S. 11.) Demgegenüber möchte man eS vielleicht als befremdend finden, dass P. Seiner alles in allem bloß ungefähr 9 —10 Jahre dem Studium obgelegen ist. Allein cs ist zu bedenken, dass die obige Bemerkung von Alban Stolz den Seclsorgcrclerus bei uns im Auge hatte. Ferner ist sicherlich ein großer Unterschied, ob ein Priester in Europa bei gebildeten Leuten oder unter wilden Negern amtieren muss. Das will allerdings nicht sagen, ein Missionär dürfe deshalb weniger wissen, sondern seine Erziehung und Heranbildung müsse vielfach eine andere sein. Uebcrdics weiß ja ein jeder, wie sehr Ausdauer und Fleiß eines geregelten Privatstudiums voranbringt, während in der Schule auch der Gescheidteste seinen schlechtcstveranlagtcn Mitschülern nicht einmal um einen Tag in dem Pensum voraneilcn kann. Nebst-dcm müsste auch das Beispiel oftmals gerade der befähigsten und gebildetsten Männer unserer Zeit die letzten Bedenken zerstreuen. So schreibt der Kupferschmied Lahape an seinen ehemaligen Lehrjungen Janssen, den großen Geschichtschreiber des deutschen Volkes: „Dass aus einem Kupferschlägerlehrling in neun und einem halben Jahre ein Doctor werden könnte, haben wir alle nicht gedacht." (Johannes Janssen, Ein Lebensbild von Ludwig Pastor Seite 8.) Das erste Feld der priesterlichen Thätigkeit von P. Seiner war die Negercolonie Gesira. Hier unterrichtete er die schwarzen Knaben in den weltlichen Schulfächern und im Katechismus. Nebenbei bekleidete er noch das Amt eines Vorstehers der Knaben. In der Eigenschaft eines Lehrers zeigte er ebensoviel Menschenkenntnis als Takt in der Anwendung seiner Methode. „Er war nicht einer von denen," heißt cs in einem Briefe, „die einer gar einseitigen und darum falschen Erziehungsmethode folgend, nur darauf auszugehen scheinen, die Jugend durch Strenge und Furcht vor der Strafe im Zaune zu halten, nein, er suchte vielmehr durch Güte und herablassende Freundlichkeit die Herzen der kleinen Schwarzen zu gewinnen, um ihnen den Hass gegen alles Böse und die Liebe zur Tugend einzuflößen. Ebenso angenehm als nntzbringend war daher auch sein Schulunterricht, auf den er die größte Mühe und Sorgfalt verwendete. Für seine Person selbstlos und ohne Ansprüche, widmete er sich ganz den idealen Aufgaben seines Berufes, indem er das geistige und leibliche Wohl der seiner Leitung anvertrauten Negerknaben auf alle Weise zu fördern suchte. Allgemein geliebt und geschätzt, wirkte der junge Missionär segensreich gegen ein Jahr in der Colonie, als ihn seine Obern nach der Missionsstation Assuan in Obcrägypten beriefen. Hier sollte er seine in Gesira so glänzend erprobte Lehrtätigkeit fortsetzen und zugleich die religiösen Bedürfnisse der europäischen Arbeiter befriedigen, die in dem benachbarten S ch c l l a l an dem Nilstauungswerke beschäftigt waren. Während er so an den Werktagen dem Unterricht der Jugend oblag, ritt er regelmäßig an Sonn- und Feiertagen auf einem Esel durch die Wüste nach dem etwa eine Stunde entfernten 118 Lebensbilder deutscher Missionäre. Schellal, wo er in einer Kapelle die hl. Messe saS und das Wort Gottes verkündigte. Als dann im Jahre 1901 die neue Station Lull oberhalb Faschoda im Gebiete der Schillukneger gegründet ward, wurde P. Seiner nach O m d cr m a n zur Aushilfe in der dortigen Seelsorge versetzt. Aber seine Gesundheit war nicht für den Sudan. Hier war es, wo der geistig frische, doch körperlich schwache Missionär, der von jeher etwas an Blutarmut litt, von einem hartnäckigen Wechselfieber ergriffen wurde, das seine Kraft fast völlig aufzehrte und ihn in kurzer Zeit an den Rand des Grabes brachte. Einem ärztlichen Bescheide gemäß sollte er, sobald es sein Zustand nur eben erlaubte, zur Herstellung seiner Gesundheit ein gemäßigteres Klima aufsuchen. Kaum war er daher wieder auf den Beinen, als er auch wohlgemuth die Reise nach Aegypten antrat. Dieselbe war aber mit großen Schwierigkeiten verbunden, da die Eisenbahnen, besonders auf der Strecke Char tum—Habt Halfa aller Bequemlichkeiten entbehren. Nach einer sechstägigen Fahrt, die er theilweise mit dem Dampfschiffe auf dem Nil zurücklegte und in Assuan für wenige Tage unterbrochen hatte, langte er am 26. Juni vorigen Jahres in Kairo an. Beim Empfange am Bahnhöfe war auch der hochwürdigste Herr Bischof anwesend, was den Kranken sichtlich erfreute. Pater Seiner war von der Reise außerordentlich erschöpft. Das magere, leichenfahle Gesicht gab die hochgradige Blutarmut deutlich zu erkennen. Niemand glaubte jedoch an einen ernstlichen Ausgang. „Alle hegten wir," schreibt der Miffionsobere, „die Hoffnung, dass es der ärztlichen Sorgfalt gelingen merde, das kostbare Leben des verehrten Kranken zu retten, zumal da er selbst ungebeugten Muthes war und mit Zuversicht einer baldigen Genesung entgegenharrte." Aber das war nur ein letztes Aufflackern seines Lebenslichtes, das in Wirklichkeit dem Erlöschen nahe war. Seine Kräfte nahmen zusehends ab, wohl infolge der fast unaufhörlichen Blutungen, die sich abwechselnd in Mund- und Nasenhöhlung einstellten und ihm öfters, besonders im Schlafe, Athem-noth und innere Beklemmungen verursachten. Man hielt es nun für rathsam, ihn imOester-reichisch-Ungarischen Nudolfsjpital unter-zubringen, woselbst die Missionsschwestern, „d,ie frommen Mütter des Negerlandes", die Krankenpflege ausüben. Das Rudolfsspital liegt, wie überhaupt alle Krankenhäuser, dicht am Rande der Wüste und bietet daher manche klimatischen Vortheile. Vor allem aber ist es die trockene, reine Luft, die ja mit Vorzug auf Blutarme und Schwindsüchtige heilsam einwirkt. Doch brachte auch diese Luftveränderung keineswegs den gewünschten Erfolg. P. Seiner konnte nicht mehr das Bett verlasse», und die Blutungen nahmen dermaßen zu, dass trotz aller Sorgfalt und ärztlichen Kunst die nahe Auflösung unabwendbar schien. Der Kranke selbst sah mit vollkommener Ruhe und Ergebenheit seiner letzten Stunde entgegen. Der Tod ist das Echo des Lebens. So war denn auch sein Hinscheiden gleich seinem Leben in hohem Grade erbaulich. Gegen 6 llhr abends empfieng er am 14. Juli noch einmal alle heiligen Sterb'sacramente. P. Seiners Pilgerfahrt auf Erden war damit zu Ende. Der Glockenklang, welcher die sechste Stunde ankündigte, bildete gewissermaßen das Sinnbild seiner Heimfahrt. Er war die Einladung und der Will-kommcngruß für das ewige Vaterhaus. „Jesus, Maria!", das waren die letzten Worte des Sterbenden, dessen edle Seele mit dem letzten wehmüthig verhallenden Ton der Glocke die Banden des Körpers abstreifte und sich in ein besseres Jenseits emporschwang. Am folgenden Tage wurde in der Herz-Jesukirche in Kairo ein feierliches Todtenamt für die Seelenruhe des Verstorbenen, abgehalten. Daraus folgte das Leichenbegängnis, dem außer den Söhne» des hl. Herzens Jesu und den fromme» Müttern des Negerlandes sämmtliche Knaben und Mädchen der Ncgercolonie Gesira, sowie eine große Anzahl von Mitgliedern der verschiedenen religiösen Genossenschaften Kairos beiwohnten. Wenn an einem schönen Frühlingsabend die Sonne bereits hinter den Bergen verschwunden ist und auch ihre letzten Pürpurstrahlen an dem dämmernden Himmel verglühen, um den dunklen Schleier der Nacht über die stille Erde zu breiten, da macht sich unter allen Blumen, die in den düstern Schatten sich verlieren, das demüthige Veilchen am meisten durch seinen Wohlgeruch bemerkbar. Ein solches Veilchen war P. Seiner. Hatte er schon im Leben durch sein kindlich frommes Wesen, durch seine bescheidene Liebenswürdigkeit und gewinnende Freundlichkeit, durch seine zuvorkommende Höflichkeit, ungezwungene Heiterkeit und natürliche Offenheit alle, die mit ihm verkehrten, unwillkürlich an sich gezogen, so musste der Tod umsomehr alle Erinnerungen an ihn lebhafter wieder aufwecken. Wer den Verstorbenen auch nur von ferne kannte, musste gestehen, dass mit ihm ein gutes, edles Herz aufhörte zu fragen; wer aber in näherer Beziehung zu im stand, wer ihm Freund und Mitbruder war, fühlte es nur zu wohl, dass er in P. Seiner ein Lebensbilder deutscher Missionare. 119 Stück deS eigenen Ich verlor. Von allen Seiten erhoben sich denn anch alsbald Lobstimincn auf die Tilgenden bcS früh Heimgegangenen Missionärs. „Was mich anbelangt", schrieb sein Firmpathe, „so lag er mir sehr nahe am Herzen. Erstens war ich im Jahre 1886 sein Firmpathe, und zwei Jahre ivar er jedesmal durch zwei Monate als „Holterbube bei mir bedicnstct. Ich will nun nichts übertreiben und die volle Wahrheit schreiben. Heinrich war cin M ti st e r von eine m Knaben. Auf jedes Wort war er gehorsam und pünktlich in der Befolgung seines damaligen Berufes. In ihm war weder Lüge noch List oder Bosheit, wie cs bei den meisten seinesgleichen vorkommt. Erhalte einen kindlich frommen, heitern Sinn, woran man seinen edlen Charakter schon damals erkannte. Heinrich zeigte auch bei un.liebsamen Vorkommnissen nie eine Böswilligkeit. Ich sagte oft zu meiner Ehegattin: Das ist ein braver Knabe! Wie ich aber hörte, dass er diesen schönen, aber sehr schweren Beruf wählte, war ich sehr erfreut, weil ich geiviss wusste, dass er, wenn nicht besondere Umstände einträten, ivie Krankheit usw., sein Ziel gewiss erreichen würde, wie cs auch mit Gottes Hilfe wirklich eingetroffen ist. Oft habe ich seiner im fernen Afrika gedacht, wie er die armen Negcrkinder mit seinem heitern Gemüth erfreuen und im Glauben unterrichten wird. Aber ich hoffe, Gott wird ihm gewiss seinen verdienten Lohn dafür ausbezahlt haben." Sicherlich kann man einem Knaben kein glänzenderes Lob ausstellen, als es hier Heinrich zuthcil ivird. Aber auch aus dem Kreise seiner Ordensbrüder kamen nur Stimmen der uneingeschränktesten Anerkennung. Viele haben wir ja osien schon vernommen. Von anderen mögen hier zur näheren Charakterisierung nur noch einige Platz finden. „Zn dem hl. Herzen Jesu hegte P. Seiner eine innige Verehrung. Ein Sohn des hl. Herzens Jesu sein, war für ihn soviel als ein eifriger Nachahmer dessen Tugenden sein und ein vollkommener Ordensmann werden zu müssen. Sein ganzes Sinnen und Trachten war denn auch immer ans die Erlangung der f tt r seinen Stand erforderlichen Tugenden und Vollkommenheit gerichtet." Anderswo heißt cs: „Nichts wird den nach Vollkommenheit strebenden Seelen von den hl. Vätern mehr empfohlen als die geistliche Lesung. In den wenigen Zeitabschnitten, > die dem P. Seiner von seinen Studien oder anderen I vorgeschriebenen Beschäftigungen übrig blieben, sah man ihn immer mit einem geistlichen Buche in der Hand. Mit Vorliebe las er die «Apis asceüca» des hochseligen Dr. Johannes Zwerger, wie anch die „Tugend- und Geisteslehrcn" des hl. Vincenz von Paul. Die stete Lesung so ausgezeichneter Werke musste in einem für die Tugend so empfänglichen Herzen, wie das des P. Seiner war, die schönsten Früchte bringen. So war es auch. Wer den P. Seiner näher gekannt, wird aufrichtig gestehen, dass P. Sein er ein braver, tugendhafter O r d e n s m a n u w a r." „In Betreff der Beobachtung seiner hl. Ordensgelübde kann P. Seiner," so heißt es wiederum, „im vollsten Sinne des Wortes als ein Muster hingestellt werden." Es sei nur einiges über das Wichtigste derselben, den Gehorsam erwähnt. Ein Wort, ein Wink des Obern genügte. Er war darin so genau, dass er den angefangenen Buchstaben unvollendet ließ, um dem Rufe zu folgen. Es kam ihm gar nicht in den Sinn, über das „Warum" eines Befehles zu forschen. Der Wille des Obern genügte ihm. Er sah eben im Obern nicht einen Menschen, sondern Gott. Er konnte es nicht leiden, dass man über die Befehle des Obern richte, und noch mehr verabscheute er Starrköpfigkeit und Widerspenstigkeit dem Obern gegenüber. Als Pedell musste er auch das Glockenzeichen zu den gemeinsamen Uebungen geben. Um nun zum Läuten nicht zu spät zu kommen, fand er sich schon einige Minuten vor dem Schlagen beider Glocken ein und las indessen fleißig ans einem geistlichen Buche." Ein Brief hebt insbesondere seine D e m u t h hervor. „Er war so demüthig, dass er, wenn er sich verfehlt hatte, sich sogleich beim Obern anklagte und um eine Buße bat. Doch öfters kam es vor, dass er auch noch überdies — und um was er nicht gebeten hatte — einen derben Verweis erhielt. DaS brachte ihn aber nicht aus der Fassung: er nahm alles mit Ruhe hin. Er liebte es vielmehr, zurechtgewiesen und ans seine Fehler aufmerksam gemacht zu werden. Er suchte sich dann mit aller Mühe zu bessern und war sehr bedacht, in diesen Fehler nicht wieder zu fallen." Einer seiner Mitnovizen verbreitet sich hauptsächlich über des Novizen Seiner Nächstenliebe. Nachdem er ihn im Umgänge mit seinen Mitbrüdern geschildert, fährt er fort: 120 Lebensbilder deutscher Missionare. X „Doch wo seine Nächstenliebe sich im hellsten Lichte zeigte, war es im öffentlichen Krankenhause. Er gönnte sich nie einen Augenblick Ruhe, sondern suchte sich überall nützlich zu machen. Hier brachte er einem ein frisches Glas Wasser, dort richtete er einem andern das Bett zurecht. Bald verband er wieder einem andern die Wunden, oder er half dem Krankenwärter. Während er jedoch den Kranken körperliche Hilfe leistete, suchte er auch auf die Seele einzuwirken, indem er sie tröstete, ermuthigte und anleitete, alles ans Liebe zu Gott zu ertragen und sich in seinen heiligsten Willen zu ergeben." An diese Lobeshymnen aus der europäischen Heimat reihen sich die Aeußerungen Afrikas in ganz gleichem Sinne, von denen wir einige hier kurz folgen lassen. „Die Negerknaben sprechen noch heute mit großer Hochachtung von ihm und wissen insbesondere seine Leutseligkeit und Freundlichkeit im Umgänge mit ihnen nicht genug zu rühmen . . . ." „Es scheint mir, als sähe ich ihn heute noch, wie er im Hofe vor unserm Missionshause auf einer Bank mit den Negerknaben zusammensitzt und ihnen theils erbauliche,, theils scherzhafte Geschichtchen erzählt, oder wie er an ihren so verschiedenartigen Spielen selbst thätigen Antheil nimmt . . . ." „Durch keine Schwierigkeit ließ er sich in seinen edlen Bestrebungen entmuthigen; im Gegentheil griff er stets mit frischem Eifer jede Arbeit auf und brachte bereitwillig jedes Opfer, das der Gehorsam gegen seinen Obern und die Sorge für das Wohl der Neger von ihm verlangte. Man hörte ihn nie klagen, weder über die Unannehmlichkeiten und Beschwerden des afrikanischen Klimas noch über die Schwierigkeiten in der Behandlung des Negers, noch auch über die misslichen Verhältnisse unserer Mission, welche der im Jahre 1882 ausgebrochene Mahdisten- Aufstand im Sudan während einer langen Reihe von Jahren über diese heraufbeschworen hatte: ein Beweis, dass er alle Ereignisse, die bösen, wie die guten, im Lichte des Glaubens betrachtete und der göttlichen Vorsehung die Lenkung seiner Lebcns-schicksale gänzlich überließ." Fassen wir alles, die Worte und Werke des edlen Verstorbenen zusammen, so begreifen wir es vollkommen, wie der Obere der Negercolonie Gesira seine Meldung über den Tod des P. Seiner mit den Worten schließen durfte: „Der Heimgang des jugendlichen, 28jährigcn österreichischen Missionärs hat in der centralafrikanischen Mission die schmerzlichsten Eindrücke hinterlassen. An seinein Grabe trauert der Bischof, welcher an ihm eine starke Stütze verloren, trauert der Missionsobere, dem er als gewissenhafter Ordensmann stets freudigen Gehorsam und religiöse Verehrung entgegenbrachte, trauert die Schar seiner ihn hochverehrenden Mitbrüder, denen er in treuer Anhänglichkeit ergeben war, trauert die Negercolonie Gesira und jede Stelle seiner Wirksamkeit, deren geistiges und zeitliches Wohl er mit rast- und selbstlosem Fleiße gefördert, für die er seine Gesundheit und sein junges Leben geopfert hat, gleich einer so großen Anzahl seiner österreichischen Landleutc, die ehedem als hochherzige Glaubensboten in den Sudan vorgedrungen sind und den dortigen Negerstämmen unter unsäglichen Mühen und Beschwerden und mit Hintansetzung aller irdischen Vortheile die Botschaft des Heiles verkündet haben. Er ruhe in Frieden!" Wir legen den Kranz treuer Erinnerung mit Grabe dieses ersten deutschen Priesters unserer Gesellschaft nieder, der in afrikanischer Erde schlummert, und scheiden gestärkt und ermuthigt von seinem erhabenen Bilde. Aus öem Uiffionsleben. Schwer geprüftesLeben und erbaulicher Tod der Negerin Theresia Osna. sna war geboren in Dofile am Weißen Nil ungefähr um das Jahr 1880. Ihr Vater war ein Bornunegcr, ihre Mutter aus dem Stamme der Dinka. Schon in ihren jüngsten Jahren war sie genöthigt, mit ihren Eltern die Heimat zu verlassen und sich nach Zanzibar zu begeben, von wo aus die kleine Familie sich später nach Kairo begab. Hier erlangte Osnas Vater eine anständige Stellung, welche ihm gestattete, sein braves und talentvolles Töchtcrlcin in einer mohammedanischen Mädchenschule unterzubringen. Da er aber nach kurzem Zeitverkauf in das unserem Institut nahegelegene Dorf übersiedeln musste, und das Mädcheninstitut unserer Missionsschwestern in Gesira einen guten Eindruck auf ihn gemacht hatte, entschloss er sich, Osua ans der mohammedanischen Schule zu entheben und sic bei den Schwestern chcr Mission unterzubringen. Somit vollzog er, ohne cs zu ahnen, die Pläne der göttlichen Vorsehung. Osna wurde nun Gabriele genannt; ihr einfältiger und bescheidener Ausdruck gewann ihr bald Aller Herzen, besonders ihrer Vorgesetzten: und das umsomehr, weil sic in Gabriele bald die Früchte christlicher Erziehung gewahrten. Sie befand sich allerdings jetzt in einer Sphäre, welche für ihre guten Neigungen sehr günstig war, so dass ihre natürliche Anlage zu einem tugendhaften Leben, bisher vom verpesteten mohammedanischen Luftkreis erstickt, jetzt ivieder erwache» konnte imb sie somit ein Gegenstand der Bewunderung für die Schwestern und ein stetes Beispiel für ihre schwarzen Kolleginnen wurde. Diese so herrliche Sittenünderung in Osna war ein Erfolg jenes evangelischen Lichtes, welches allein es versteht, die verdorbene Natur derart umzugestalten, dass sie sich erschwingt, die engelreinen Geister nachzuahmen: sie war ein Erfolg des fleißigen Studiums des Katechismus, den Osna durch und durch kennen lernen wollte, um, wenn es dem lieben Gott gefalle, ihm einst als Missiousschwester diene» zu können. Es warteten ihrer aber harte Prüfungen. Es war gerade der schöne Abend des 6. Februar 1896. Der Himmel war so heiter, die Luft so rein, wie kaum bei uns die herrlichen Maiabende. Tausende von Sternen funkelten an: Firmament wie Brillanten, so dass sie ein gutes Herz zur Freude einluden. Nur für die Schwestern sollte jener Abend eilt schrecklicher werden. Die Abendstunde war schon ziemlich vorgerückt, als es an der Hausthüre gewaltig läutete. Ein Neger trat ans Thor, das eine Schwester öffnete und mit roher Stimme gab er sich für den Väter Osnas aus. „Ich will meine Tochter-haben, ich will sie nach Hause führen." „Warum lttoscbce Kalt Bey in Kairo. 122 Aus bem Missioilsleben. sie denn fortführen und jetzt zu dieser Stunde," erwiderte verwundert die Schwester. „Osna ist meine Tochter," schrie er mit wildem Ton, „und das soll genügen!" Die gute Schwester suchte auf alle mögliche Weise ihn von seinem Vorhaben abzuhalten, aber umsonst, er gab ihr kein Gehör. „Schnell, schnell," schrie er, „eS ist schon alles für die Hochzeit bereit. Meine Begleiter, die dort stehen, wollen nicht mehr länger warten." Diese Nachricht traf Gabriele wie ein Blitzstrahl, sie sollte jetzt das Institut verlassen, die guten Schwestern, um sich zu vereinigen mit einem Manne, den sie nie gesehen, für den sie nie einen Liebesfunken empfunden! — Vor einem solchen Vorschlag wich ihr Herz zurück. Sie stellte sich ihrem Vater vor und bat ihn unter gar vielen Thränen, sie doch int Institut zu lassen, sie warf sich ihm zu Füßen, umarmte und küsste ihn, aber vergebens, denn der Vater, über daS Benehmen Osnas in Wuth gerathen, griff sie ohne weiteres bei der Hand und schrie wüthend: „Komm, sonst . . ." Es gelang jedoch Gabriele, sich seinen Händen zu entreißen, sie warf ihre Arme krampfhaft um den Hals der Oberin, die übrigen Schivestern umgaben sie, dann rief sie aus: „Von hier kannst du mich nicht losmachen." Da entbrannte ein Kampf, der kaum zu beschreiben ist. Die Oberin und die Schwestern vertheidigten sie nach Greiften; der Vater, wüthend vor Groll, versetzte den Schwestern mehrere Hiebe mit geballten Fäusten, um sich einen Weg zu öffnen. Endlich gelang es ihm, Osna den Schwestern zu entreißen; er hielt sie fest und schleifte sie am staubigen Boden hinter sich her. Arine Gabriele, sie war verloren! Als er im Hof bei dem Muttergottesaltärchen vorbeirannte, erwachte in Gabriele der Muth und das Vertrauen auf Rettung. Sie klammerte sich mit beiden Händen an einen dicken Pfeiler, der einem Weinftock als Stütze diente, warf ihren Blick aufs Marienbild und rief: „Lass mich, Vater, lass mich, ich bin Christin." Sie war es zwar nur im Herzen; siedachte, dass der Vater, von diesen Worten getäuscht, sie auf immer verstoßen oder gar ermorden würde. O, wie lieb wäre es ihr gewesen, für den hl. Glauben ihr Leben vor dem Muttergottesbild zu opfern! Dem war aber nicht so, denn der Vater, durch jene Worte noch mehr erbittert und mit seinen großen Zähnen knirschend, riss sie so lange hin uud her, bis er sie endlich vom Pfeiler losgemacht, worauf er sie zur Thür hinausschleppte mit den Worten: „Wenn du Christin bist, werde ich dich schon wieder zur Mohammedanerin machen." Eine Salve von Beifallklatschen und wildem Höllengeschrei empfieng die arme Osna am Thor. Es waren nämlich die Geführten des Vaters, welche schon ungeduldig über sein langes Zögern jetzt wie Besessene auf Osna, welche so hartnäckigen Widerstand geleistet, losstürzten und sie unter unsäglichem Lärm nnd Händeschwingen triumphierend nach Hause führten. Ihr Sieg sollte jedoch nicht lange dauern. Kaum war Gabriele, nun wieder Osna genannt, zu Hause angekommen, bot man das Möglichste auf, ihr den Glauben aus betn Herzen zu reißen. Aber umsonst, ja, eS gelang ihnen nicht einmal, ihr eine von den vielen Medaillen, die sie am Halse trug, abzunehmen. Nach ungefähr 14 Tagen peinlicher Oual fand die Hochzeit statt. Es war für Osna ein Tag der Trauer; von nun an musste sie ihrem mit Gewalt ihr angewiesenen Manne folgen, welcher sich alle Mühe gab, Osna von ihren christlichen Gesinnungen abzuwenden, was jedoch ohne jeglichen Erfolg blieb. In solchen Anfechtungen küsste Osna andächtig ihre Medaillen und wiederholte im Stillen die schönen Gebete, die sie im Institut gelernt und in welchen sie immer einen süßen Trost gefunden hatte. Unter die vielen Leidensthränen, die Osna nun so oft vergießen musste, wollte der liebe Gott, dass sich auch Thränen der Freude mischten. Ihr Wunsch war es, dem lieben Heiland möglichst viele Seelen zuzuführen; er sollte sich nun erfüllen. Eines TagcS kam ihre Nachbarin in aller Eile zu ihr, und mit Thränen in den Augen sagte sic zu ihr: „Osna, Osna, komm doch schnell, mein Kind ist am Sterben, du hast vielleicht eine Medicin, um cs zu retten." „Ja, ich habe die Medicin," antwortete Osna außer sich vor Freude. Hierauf nahm sie einen Krug voll Wasser, näherte sich dem Kinde und, ihm das Wasser über die Stirne gießend, sagte sie mit klarer Stimme in italienischer Sprache: Ich taufe dich im Namen des Vaters usw. Die kleine Theresia, so wurde sie von Osna genannt, öffnete nochmals ihre Augen, neigte ihr Haupt zum Sterben und ihre engelreine Seele kehrte zum Schöpfer zurück. Die Mutter des Kindes, der Osnas Handlung durchaus nicht entgangen war, gericth darüber in Zorn und überhäufte Osna mit den gröbsten Beschimpfungen. Sie aber ertrug alles im Stillen. Nach wenigen Jahren ihres Ehelebcns erkrankte ihr Mann und starb. Nun musste Osna in ihr väterliches Haus zurück. Daselbst fand sie ihre Mutter krank; sie leistete ihr die liebreichsten Dienste, die ihr die christliche Kindesliebe einflößte. Vor allem aber trachtete sie ihrer Mutter die schönen Wahrheiten unserer heiligen Religion beizubringen. Zu diesem Zweck erzählte sie gar viel von der Aus bem Missiouslebeu. 123 Schönheit unseres Glaubens, uon den Tugenden, die unter den Christen blühen, besonders aber von der unbegrenzten Liebe der Missionsschwestern für die verlassenen Kranken; hierin zeigte sie sich so geschickt, dass sie ihre Mutter bewog, ihre letzten Tage unter den Schwestern zuzubringen oder vielleicht gar noch die Genesung zu finden. Osna hätte sie gern selbst dorthin begleitet, wenn ihr Vater nicht dagegen gewesen wäre. Die arme Kranke wurde von den Schwestern empfangen und mit aller Sorgfalt und Liebe behandelt. Als sie sah, dass ihre Krankheit trotz aller sorgfältigen Mühen der Schwestern sich von Tag zu Tag verschlimmerte, äußerte sie den Wunsch, die Tochter Osna an ihrem Bette zu haben, • was ihr von ihrem Manne nicht gewährt wurde, der die Tochter sofort in ein ferngelegenes Dorf schickte, wo er sie streng bewachen und sie nie mehr ein Wort von ihrer Mutter hören ließ. Das war ein harter Schlag für Osna, die ihre Mutter so innig liebte. Sie sollte sie aber doch noch einmal sehen; aber ach, in welchem Zustand! Sie sah sie nämlich nur, als sie als Leiche ins Dorf zurückgetragen wurde, um sie nicht in den Händen der Christen zu lassen. Welcher Schmerz für Osna! Was sie aber am meisten betrübte, war der ihr unlösbare Zweifel: hat meine Mutter vor ihrem Tode die Taufe bekommen? Eine innerliche Stimme tröstete sie mit der süßen Hoffnung, dass sie im Schoße der Kirche gestorben sei; sie fürchtete aber doch, diese Hoffnung sei nur eine Täuschung ihrer kindlichen Zuneigung. Sie versuchte zu fliehen, um ihre peinlichen Zweifel zu lösen, aber umsonst. Indessen hatten die vielen Kränkungen ihre Gesundheit sehr geschwächt. Da ihr nun jegliche Hoffnung auf eine Flucht versagte, fasste sie den kühnen Entschluss, ihren eigenen Vater zu bekehren. Sie wusste wohl, dass er, obgleich er ein grobes Aeußere hatte, sie doch innig liebte. Es gelang ihr in der That, seine Aufmerksamkeit zu gewinnen. Sie stetig au, ihm die Wahrheiten und Grundsätze der christlichen Religion auszulegen. Der Vater kauerte vor ihr mehrere Stunden lang mit größter Aufmerksamkeit, ganz verwundert über das Wissen seines Kindes. „Welch schöne Sachen erzählst du mir," sagte er, „es muss wirklich so sein, wie du mir erzählst." Die Freude Osnas über die guten Dispositionen ihres Vaters war sehr groß, sollte aber nicht lange dauern. Denn eines Tages erschienen vor ihrem Hanse mehrere Polizeidiener; sie suchten ihren Vater, der sich mit einigen Anderen eines Schleichhandels schuldig gemacht hatte. Dieser harte Schlag traf Osna wie ein Blitz; ihre Gesundheit brach nun gänzlich zusammen; es blieb ihr nur mehr der Trost des Gebetes. Nun war aber auch die Zeit gekommen, ihren lang ersehnten'Wunsch erfüllt zu sehen, nämlich ins Missionsinstitut zurückkehren zu können. Wie sehr sie auch diesen Plan geheim halten mochte, kam er doch den Weibern des Dorfes, besonders der alten Hexe Hndschawa zu Ohren. Letztere schwur hoch und teuer, alles Mögliche aufzubieten, um Osnas Plan zu vereiteln. In der That sah Osna ihre armselige Hütte mehrere Monate lang von Weibern belagert, die ihr jegliche Flucht verwehrten. Wie gewöhnlich nahm sie auch diesmal ihre Zuflucht zum Gebet, in der festen Hoffnung, die Mutter Gottes würde sie in dieser Noth nicht verlassen. An einem schönen Maimorgen, ganz unerwartet, sah Osna zwei Missiynschwestern ihre Schwelle betreten. Welche Freude! Ihre Befreiung war also nahe! Jedoch erschrak sie, als sie hinter ihnen ein wildes Heer von Weibern sah, welche gekommen waren, um ihre Gefangenschaft zu verlängern. Osna wollte sich die Gelegenheit nicht entfliehen lassen, weshalb sie mit christlichem Muth ausgerüstet, ihr Anliegen so gut vertheidigte, dass sie von jenem Gesindel frei gelassen wurde, den Schwestern .zu folgen. Es kam endlich noch die alte Hadschawa, welche ihre Beute nicht fahren lassen wollte; sie überhäufte Osna mit allen möglichen Schimpf- und Fluchworten, aber vergebens. Es wurde vielmehr bestimmt, dass Osna noch am selbigen Tage zu den Schwestern übersiedeln sollte, was auch geschah. Nachdem sie ihre Siebensachen zusammengepackt hatte, wurde sie von den Weibern des Dorfes ins Institut begleitet unter vielen Thränen wegen ihres, wie sie sagten, bedauernswerten Schrittes. Osna hingegen war außer sich vor Freude. Dort angekommen, gedachte Osna, nur mehr sich auf die heilige Taufe vorzubereiten. Sie erkundigte sich über den Tod ihrer Mutter und dankte dem lieben Gott von ganzem Herzen, dass er ihr das Licht des Glaubens hatte zutheil werden lassen. Sie erfuhr, dass dieselbe sich gern im Katechismus unterrichten ließ und mit großem Verlangen um die hl. Taufe bat. Es wurde ihr überdies noch erzählt, dass auch zwei ihrer Brüderchen die hl. Taufe bekommen Hütten und jetzt für sie im Himmel beteten. DaS Uebel Osnas verschlimmerte sich von Tag zu Tag; jede Hoffnung auf Genesung war verloren. Sie selbst wollte nie den lieben Gott um Genesung Bitten, noch wollte sie, dass von anderen darum gebetet würde: „Ich will in den Himmel gehen zu meiner Mutter," daS waren ihre Worte. Indessen ist die Stunde für Osna endlich gekommen. Es war gerade am 1. Juni. Sie hatte eine pein- 124 Aus bem Missionslebeii. liche Nacht ausgestanden: die Schwestern fürchteten, sie würde den Tag über nicht mehr aushalten. Als der hochwürdige Pater BeduScki nach gelesener Messe seine Messkleider ablegte, wurde er in aller Eile zu den Schwestern gerufen, um eine Taufe vorzunehmen. Er wurde ins Krankenzimmer geführt: dort fand er Osna, ein Mädchen von dunkelbrauner Hautfarle im Alter von ungefähr 22 Jahren, in tiefer Andacht versunken. Sie war schon vollkommen im Katechismus unterrichtet und wartete mit Ungeduld auf die heilige Taufe. Sie wurde sofort gespendet. Osna erhielt nun den Namen Theresia, der für sie sehr trostreich war, denn er erinnerte sie an ein Englein, welches sie, wie wir bereits gesehen, in den Himmel geschickt hatte. — Alles geschah in höchster Stille, um den Weibern des Negerdorfes, die sich darüber zu Tode geärgert hätten, keinen Anlass zu geben, durch ihr wildes Höllengeschrei Osnas letzte Tage zu verbittern. Am folgenden Tage cmpficng sie mit dem größten Jubel ihres Herzens die hl. Communion. Ausgerüstet mit diesen heiligen Waffen harrte sie nun auf den letzten Kampf. Die Schwindsucht, von der sie befallen war, zehrte sie jetzt rascher als je ab. Am 17. desselben Monats, etwas vor Mittag, wurde der Pater wieder gerufen. Er reichte ihr die heilige Wegzehrung und die letzte Celling. Eine Stunde nachher war ihre schöne Seele ins Jenseits geschieden. Ihr Tod war ein süßer und erbaulicher. Sie starb mit dem Scapulier am Hals und mit dem Crucifix zwischen den gebleichten Händen. Welch herrliche Frucht unserer heiligen Religion! * * -i- Land n n b Leute am Süd- N ya nsa. Hochw. P. C. ©moor schreibt von der Insel ^ Ufereroe, 6. Jänner 1901: Diesmal möchte ich etwas Näheres mittheilen von der benachbarten Insel Bukarra, die nördlich von hier, ebenfalls im Nyansasee liegt. Neulich musste ich daselbst etwa drei Wochen zubringen, hauptsächlich, um dort Holz zu finden für den Altar und sonstige Kircheumöbel, nebenbei aber auch, um mich nach den dortigen Verhältnissen zu erkundigen, ob es eiroa angienge, auch den daselbst ansässigen Stämmen die Freudenbotschaft unserer hl. Religion zu bringen. In den Geschichtsbüchern ist öfters die Rede von den heiligen Eichen der ehemaligen Götzendiener in Germanien, in deren unheimlichen Schatten die damaligen Götzenpriester manchmal blutige Menschenopfer darbrachten. Auch hier auf Ufereroe fanden sich bei unserer Ankunft solche heiligen Haine vor, wo es früher kein Sterblicher gewagt hätte, einen Baum mit der Axt zu berühren. In Bukarra bestanden solche heiligen Waldungen bis in die Neuzeit, allein nun haben wir dieselben schon übel zugerichtet. Eingeweihte erklären sogar, dass wir dieselben gänzlich entehrt hätten, und ich möchte glauben, dass sie Recht haben. Die Eingeborenen nun wenigstens machen sich gar nichts mehr daraus, die abgehauenen Aeste, Zweige und für uns unbrauchbare Stücke kurzweg nach Hause zu schleppen und selbige — o des Frevels! — dort einfach als gewöhnliches Brennholz zu verwenden, hatten sie doch uns un-gestrast an der Arbeit gesehen, die heiligen Bäume zu fällen. Ja noch mehr: sie hätten, wenn ich einen solchen Vandalismus nicht verhindert hätte, in ihrer Gottlosigkeit alles, was noch dastand, klein und groß, grade und krumm, niedergehauen. Ich musste denn einen Befehl erlassen, dass alle aus dem Gebüsch kommen müssten, sobald meine Leute abends die Arbeit einstellten: baun dürste kein Beil-schlag mehr gehört werden, sonst würde der lleber-treler der Strafe nicht entgehen. Dies war das einzige Miitel, ihrer Vernichtungswuth zu steuern. Jeden Augenblick belästigten sie mich mit ihren Bitten: einer erbat sich einen Baum, damit er sich ein Kanu daraus machen könne; ein zweiter möchte gern ein Stück Holz haben, sich davon ein Ruder zu fabricieren; ein dritter bat mich recht eindringlich um einen Stamm, aus dem er sich ein Bett herstellen könne. Ja wirklich ein Bett, denn die Ba-karra, im Gegentheil zn allen anderen Negern, schlafen nicht wie diese auf einer Streu oder auf dem flachen Boden, sondern aus einem harten Brett. Der strengste Ascet in Europa würde sich nicht unterstehen, zu thun, roaS bei den Bakarra aus lauter Genusssucht geschieht. Sie spalten oder hauen sich einen beliebigen Baumstamm — einerlei ob derselbe gerade oder krumm sei — der Länge nach in zwei Hälften und fertig ist ihr Bettgestell, das weiter kein Polster oder sonstigen Uebcrzug braucht. Auf ein solches Bett nun legen sie sich hin und schlafen darauf königlich. Auch Bettdecken brauchen sie nicht einmal: jene, welche sich auf die rechte Seite legen, decken sich mit der linken, und die, welche gewohnt sind, auf der linken Seite der Ruhe zu pflegen, decken sich mit der rechten — das stimmt also immer genau. Diese Bukarra sind somit unter allen Negern die primitivsten, was ebenfalls von ihrer dürftigen Kleidung gilt und nicht weniger von ihren Gerüchen und Nahrungsmitteln. Sie bedienen sich eines hölzernen Grabscheites zur Bearbeitung des Bodens. Ein solches besteht aus einem einzigen Aus betn Missionsleben. 125 Stück Holz; der Stiel ist rund und der flache untere Theil, der in die Erde gesteckt wird, sieht dreieckig aus. Je nach der größeren oder geringeren Kraft des Besitzers ist der Spaten größer oder kleiner. Selbverstündlich kann mit einem so sthlechteit Gerttth kein schwerer Boden bearbeitet werden, allein dies ist auch nicht nöthig, denn die ganze Insel besteht aus Felsen und feinem Kieselsande, der sehr locker ist. Jeder Hausvater sorgt dort dafür, dass sein Ackerstück mittels Steinen von dem des Nachbars getrennt ist, was in den hiesigen Gegenden sonst gar kein Brauch ist. Sobald der erste Regen zu fallen anfängt, lockern sie die Oberfläche ihres Gartens oder Feldes mit ihrem Holzspaten und säen allsogleich ihren Mutama. Wenn derselbe gewachsen und gereift ist, wird noch ein zweites Gewächs auf demselben Grundstück ausgesäet, eine Art von Bohnen. Und damit haben sie alles, was sie zu ihrem Lebensunterhalt bedürfen. Die Bukarra sind also, wie die Neger überhaupt, richtige Vegetarianer. Nun soll aber einer nicht glaubeit, dass sie ein Stückchen Fleisch nicht liebten. Im Gegentheil, man kann es ihnen vorsetzen, trne man will: roh, gebraten oder gesotten, frisch oder verfault — so grässlich oder fein kann es nicht sein, dass die Herren Bukarra die Nase darüber auswerfen; die dicksten und zähesten Sehnen schmelzen gleichsam zwischen ihren scharfen Zähnen. Es ist wirklich kurios, in der Gegenwart dieser Urmenschen ein Zicklein für die Küche zu schlachten: nichts, gar nichts geht dann verloren, sogar die winzigen Fleischtheilchen, die nach betn Abhäuten an der Haut sitzen geblieben sind, werden mit den Zähnen von derselben abgenagt. So ärmlich sie auch leben, so ergibt doch der Boden ihrer Insel kaum genug, ihr Leben damit fristen zu können. Wie ich schon erwähnte, besteht die ganze Insel sozusagen aus einem großen Felsen mit tiefen Schluchten, in denen sich eine Erdschicht angesammelt hat. Bei starken Regengüssen nun werden diese Bodensenkungen gleichsam in Flussbette umgetvandelt und die schäumenden Gießbäche reißen stellenweise große Massen von der ohnehin so dürftigen vegetationsfähigen Erde mit sich hinab. Ihr Viehbestand ist kaum nennenswert: die wenigen Sitnbcr und Ziegen, welche die Bukarra besitzen, müssen die traurige Erfahrung gemacht haben, dass da für die Menschen und auch für die Thiere Schmalhans Küchenmeister ist, wo der Erdboden sich so wenig ergiebig erzeigt. In der trockenen Jahreszeit wächst auf ihren Wiesen soviel Gras tvie auf meinem Tische. Dann besteht das Viehsutter nur aus Baum-blättern, die dem Vieh recht kärglich zugemessen werden. Sind auch solche nicht mehr zu haben, so ziehen die Weiber, den Korb auf der Schulter und den Holzspaten in der Hand, aus und graben sich Grasivurzeln aus, wo sie dieselben nur finden können. Dabei sieht das Vieh denn auch aus wie Scelette und liefern die Kühe keine Milch. In all diesen Gegenden findet man überhaupt wenig Milch; eine Kuh gibt noch nicht ein Liter täglich und dies allein während der Zeit, da sie ein Kalb hat. Trotz all ihrer Armut halten die Bukarra große Stücke auf ihr Land. Obwohl sie ganz nahe bei der Insel Ukerewe wohnen und mit ihren Booten regelmäßig herüberkommen, will doch keiner sich hier ansiedeln und ebensowenig findet man in ihrem Lande Fremde. Sie gehören einer ganz anderen Rasse an und unterscheiden sich von unsern Insulanern durch einen schweren Körperbau. Wie sämmtliche anderen Neger lieben sie besonders den Schmuck einer schönen Kopffrisur, namentlich die jüngeren unter ihnen. Sie flechten sich allerlei Glasperlen in das Haar. Die Weiber tragen das Haar lang, so lang es wenigstens bei einem Zieger wachsen will. Hier auf Ukerewe dagegen rasieren sich die weiblichen Personen den Kopf ganz, so dass auch nicht eine Stoppel darauf übrig bleibt. Wenn nun das Haar der Bukarra-Negerin seine volle Länge erreicht hat, so lässt sie es von einer Freundin in sehr feine Flechten ordnen, die zu beiden Seiten an den Schläfen herabhängen. Diejenigen, welche über Mittel verfügen können, streichen über diese Einzelflechten rothe Erde, die mit Harz klebrig gemacht wird. Auch ihre Bauart ist gänzlich verschieden von der unserer Inselbewohner. Ein hiesiges Dorf nämlich besteht aus einer größer» oder kleinern Zahl Nka, die zwischen den Bananenpflanzungen und dem Mu-hago versteckt daliegen, und eine - Nka besteht aus drei bis vier Strohhütten, die von einem Kaktuszaun eingeschlossen sind. Vergebens würde man nach einem Wege suchen, da es höchstens nur schmale Schlängelpfade gibt, denn Ordnung und Regelmaß sind dem Neger nun einmal fremd. — Auf Bukarra sind die Häuser ebenso tvie hier von Stroh gemacht, allein dort sind sie größer und haben ein spitzeres Dach. Auch haben dort die Kühe das Vorrecht, dieselbe Hütte mit ihrem Herrn zu theilen, während auf Ukerewe nur die Ziegen im Wohnzimmer freien Zutritt haben. Die Gruppen der Häuser sind auf Bukarra größer als hier, und die Pfade zwischen denselben noch schmaler als hier, so dass man sich oft nur mit Mühe hindurchzmängen kann. Außer in dem sogenannten heiligen Walde findet man auf Bukarra fast kein Holz vor. Weil nun dieser heilige Wald bisher nur von unzähligen Raubvögeln und Myriaden von Mücken oder Mos- 126 Aus dem Missionsleoeil. silen bewohnt werden durfte und cs keinem erlaubt war, sich dort Holz oder Brennstoff zu holen, so mussten sich die Eingeborenen mit Mntamastcngeln begnügen, wollten sie ihre Speisen kochen. Diese Stengel wurden deshalb in Büschel gebunden und zeitweilig ans steilen Felsenspitzcn aufbewahrt, damit der Nachbar nicht das „Dein und Mein" verwechsele und die gefräßigen weißen Ameisen nicht helfen, den Vorrath zu schmälern. Bei der Geburt eines Negers und somit auch bei der eines Bukarra finden keine Feierlichkeiten statt. Das Kind kommt zur Welt und der Vater gibt ihm einen Namen: der erste beste Gegenstand, an welchen der Mann eben denkt oder den sein Auge streift, wird seinem Liebling den Namen verleihen. Es ist oft lächerlich, die verschiedenen Familienmitglieder ihrem Namen nach benennen zu hören, der Vater z. B. heißt Baumrinde, die Mutter Bohne, die ältere Tochter Kartoffel, ihre Schwester Pfeife, einer der Brüder heißt Heuschrecke, ein zweiter Krug, ein dritter Kalbfell usw. — denn die Kinder führen nicht den Namen ihrer Eltern. Bei Sterbe-fällen gerät?) die gesummte Nachbarschaft in eine schreckliche Bewegung. Neulich war jemand gestorben und sollte bei uns auf dem Friedhofe begraben werden, weil er ein Christ gewesen war. Man trug die Leiche nach der Missionsanstalt, und eben war man bei der Kirche angekommen, da regte sich der Todtgeglaubte und richtete sich empor. Die Umstehenden trauten ihren Augen kaum, als sie dies sahen. Sie behaupteten, der Mann sei wirklich todt gewesen und jetzt seine Seele in ihn wiedergekehrt. Wer weiß, wie oft hier schon Scheintodte lebendig begraben worden sind! Es herrscht hier der üble Gebrauch, die Leichen sofort in das Grab zu versenken, sobald man glaubt, der Tod sei eingetreten. Wir erlauben das unseren Christen nie und wenden alle Mühe an, auch die Heiden dahin zu bringen, dass sie wenigstens warten, bis die Leiche ganz kalt geworden sei. Sobald der Todte ins Grab hinabgelassen, wird er von seinen Hausgenossen buchstäblich einge^arrl; wer keinen Spaten hat, arbeitet mit beiden Händen und mit den Füßen tritt er die lockere Erde fest; andere gehen hin, Steine herbeizuholen, die auf dem Grabhügel aufgeschichtet werden. Die verschiedenen Steinhaufen zwischen den Häusern der Heiden deuten die letzte Ruhestätte der Vorfahren an. Weil wir auf Ukerewe schon mit Arbeiten überhäuft sind, hatten wir bisher noch keinen Versuch mit der Evangelisierung der Bukarra gemacht, um so weniger, weil ihre Sprache ganz anders ist als die hiesige. Kürzlich aber haben wir ein paar Kate- chisten hingeschickt, um unsere Vorläufer zu sein. Es wird aber eine Ricsenaufgabc sein, diese armen Lenle zu Christen umzugestalten, denn nicht nur der Unglaube, sondern auch der Aberglaube und die daraus hervorgehende Zauberei in ihrer schlimmsten Gestalt werden uns die größten Schwierigkeiten bei der Bc-kehrnngsarbeit bereiten. Natürliche Ursachen und Folgen bestehen für die Bukarra nicht, alles wird ihrer Meinung nach von den Zauberern und den Geistern bewirkt. Solange nun alles ihrem Wunsche gemäß geschieht, bekümmern sic sich um nichts, sobald aber irgend ein Unglück ihnen zustößt, tritt der Bösegeisterdienst in den Vordergrund. * * * Bekehrungsarbeitcn in Ug anda. ^>cr Hochw. P. I. Laane schreibt aus Mitala ^ Maria (Uganda), den 12. Mai 1901: In unserer Mission geht alles mit Riesenschritten vorwärts. Im vorigen Dccembcrmonate wurde unserer Mission ein neuer Pater zugesandt, sodass wir hier nunmehr drei Priester sind, und trotzdem können wir unsere Arbeit noch nicht recht bewältigen. Tagtäglich werden durchschnittlich 150 Beichten von uns abgenommen, und an den Tagen vor den Sonn» und Feiertagen steigt die Zahl oft ums Doppelte. Jeder von uns hat täglich einigemal Katechismusunterricht zu ertheilen. Morgens um 7 Uhr nach der hl. Messe halte ich z. B. Christenlehre für die neugetauften Christen während der ersten 6 bis 7 Monate nach ihrer hl. Taufe; in dieser Zeit wird die ganze Glaubenslehre unserer hl. Religion möglichst gründlich ausgelegt, damit die Neugetauften sich diese Wahrheiten noch einmal gehörig einprägen und sich also im Glauben befestigen können. Um 9 Uhr habe ich ineine zweite Unterrichtsstunde und zwar für die Erstcommunionkindcr. Samstags und Sonntags muss diese Stunde aber ausfallen, weil dann das Beichthören und das Hochamt mit Predigt diese Zeit beanspruchen. Diese Stunde nun ist die schwierigste von allen, die ich zu geben habe, weil ich mich dann darauf verlegen muss, das reine Kiganda (die Landessprache) zu gebrauchen, sonst verstehen mich die Kinder nicht. Selbstverständlich kann ich hierbei kein einziges Beispiel, das in Europa gilt, verwenden, davon begriffe keiner etwas, weil die Zustände hier so ganz anders sind als dort. Nur die Parabeln des Heilandes, wie wir dieselben im heiligen Evangelium vorfinden, sind für alle Theile der Welt gleich begreiflich. Wenn diese Kinder nun, die alle vor ihrem siebenten Jahre getauft worden sind, zu den hl. Sacramcnten zugelassen werden, wissen sie ihren Katechismus ebenso Aus bcm MisstonÄebeN. 127 gut wie die Erstcommunieanten in Europa, und ich behaupte, sogar besser als manche Kinder in ganz christlichen Ländern. Der Grund davon ist folgender: hier lernen die Leute und somit auch die Kinder weniger aus Zwang als auS lauter Liebhaberei die Glaubcns-sachen; bei vielen ist das Lernen eine wahre Leidenschaft geworden. Am Abende bei Mondschein sitzen alle auf bem kleinen Hofe vor ihrer Hütte, itnd dann hört man an allen Orten und Enden tactgemäß den Katechismus hersagen oder singen. Manchmal rufen die Bewohner eines Hügels mit lauter Stimme die Fragen des Buches, und auf einem andern Hügel, etwa 10 Minuten weiter, hört man das ganze Dorf die Antworten hersagen, oftmals sogar bis tief in die Nacht hinein. Und wenn ab und zu auf diesem oder jenem Hügclein wer ein Maricnlicd anstimmt, hört man allsoglcich tausend Stimmen von allen Hügeln zugleich mit einstimmen, gerade als wenn eine Verabredung getroffen wäre. Pater Tomaselli hält um 9 Uhr Christenlehre für die Erwachsenen, die den Katechismus schon ganz und gar auswendig können und sich zum Empfange des hl. Taufsacramcntcs vorbereiten. Drei Monate hindurch wohnen alle Betreffenden diesem Unterrichte regelmäßig bei. Nach dieser Zeit, falls sie die Schlussprüfung bestehen, werden sie zur nächsten Vorbereitung der hl. Taufe zugelassen; 600—700 andere kommen an ihre Stelle. Mein zweiter Kaplan, P. Gabon, hat seine Unterrichtsstunden um 2 Uhr nachmittags und zwar für diejenigen, die das soeben erwähnte Examen mit gutem Erfolge durchgentacht haben, denn während der letzten drei Monate vor der Taufe müssen sie ganz besonders in dem hl. Sacramcnte unterwiesen werden. Schließlich wird noch einmal ein Examen abgenommen, bevor sie in die dreitägige Absonderung eintreten dürfen, die unmittelbar zum Empfange der heiligen Sacramcnte vorbereiten soll. Nach ihrer Taufe empfangen sie von mir in der Kirche selber noch während 14 Tagen eingehenden Unterricht in der Religion, besonders in allem, was sich auf das hl. Altarsacrament bezicht: die wesentliche Gegenwart Gottes in den Brot- und Weingestalten, der Altar, die Monstranz usw. Dies geschieht, weil die Leute, solange sie noch nicht wirklich getauft sind, nicht in die Kirche kommen dürfen und somit von Dingen, die in der Kirche sind oder daselbst stattfinden, noch nicht viel wissen. Ist auch dieser Unterricht beendigt, so empfangen sie ihre zweite hl. Communion; dann kehren sie in ihre Dörfer zurück, völlig erneuert in Sitten und Gewohnheiten, voll christlicher Ideen. Nach ihrer Heimkehr kommen alle tvenigstcns einmal monatlich zu uns herüber und gehen in der Mission zur Beichte und hl. Coinmunion, selbst wenn sie 10—15 Stunden von der Kirche entfernt wohnen. Weiter haben mir hier noch drei Schulen für die Knaben und eine für die Mädchen. Es lässt sich leicht begreifen, dass damit viel Sorgen und Arbeit verknüpft sind. In Rubaga haben die Schwestern, denen man nicht Lob genug spenden kann, die Sorge für sämmt-liche Schulen übernommen. Sie fördern daselbst in recht kräftiger Weise die Verbreitung unseres heiligen Glaubens und erfreuen sich der aufrichtigsten Hochachtung der gesammten Bevölkerung, seien es Anglikaner, Mohammedaner oder Katholiken. Dies bildet einen grellen Gegensatz zu dem Verhältnis der Neger den protestantischen sog. Diaconisscn gegenüber, die auf einem andern Hügel in noch tticht halbstündiger Entfernung ihre Niederlassung haben; werden doch diese „Schwestern" von jedermann verlacht, verspottet; ja geradezu verachtet, sogar von ihreit eigenen Glaubensgenossen. Diese nachgeahmten „Schwestern" sind meistens die hässlichsten Damen aus England, die dort ihr Glück vergeblich gesucht haben; sie sind gekleidet ans europäische Weife und tragen ein recht dünn zusammengeschnürtes Corset, was den Negern ungemein lächerlich vorkommt. In den Augen der Schwarzen sehen diese flatterhaft herausgeputzten Damen mit ihrem ztisammengeschnürten Mieder und ihrem hinten erhabenen „Gut de Paris" recht hübsch den . . . Wespen ähnlich. Dazu kommt noch, dass die Neger dem Glauben zugethan sind, es sei ihnen (bett Diaconissen) nicht ganz richtig unterm Hute, denn erstlich tragen sie einen Strohhut — dieser ist im ganzen Lande ein unbekannter Gegenstand — und auf diesem Strohkörbchen, wie die Neger sich ausdrücken, haben sie todte Vögclcin festgenäht; weiter thun sie sich hervor mit einer un-natürlichen Fußbekleidung; ihre Schuhe sind so spitz wie die Hörner eittes Rehbockes. Kommt noch hinzu, dass diese Damcit den ganzen, lieben, langen Tag umherstolzieren und nichts anderes thun, als was erforderlich ist, um sich nach kurzem Aufenthalt in Uganda mit irgend einem anglikanischen Prediger, zti verheiraten, der seinerseits nichts besseres aufzutreiben weiß, als einen solchen unanschitlichen „Schatz". Weit höher stehen in den Augen der Uganda die katholischen Schwestern, die in ihrer sittsamen Kleidung keinen Schmuck tragen als das kleine Kreuzchen auf der Brust, das ihnen viel stattlicher steht, als alle bunten Hahnen- und Papageienfedern auf dem Hute, wie solche vor der Ankunft der Diaconissen in diesen Gegenden von den Zauberern getragen wurden. Die Schtvestern, die in aller 1-28 Zu unsern Bildern. Morgenfrühe, schon vor fünf Uhr, in der Kirche vordem hl. Altarsacramente hingekniet liegen, die nach der hl. Messe ruhig und sittsam nach Hanse gehen und dann Bis in den Nachmittag Unterricht geben im Lesen, Schreiben, Singen, Nahen und in der Christenlehre, die nachmittags die Kranken pflegen und nie auS dem Hause gehen, cS märe beim, um kranke Frauen und Kinder zu besuchen, die Schwestern, die immer gleich freundlich und gütig sind gegen die Neger, welche herbeikommen, sie zu besuchen — also ganz andere Menschen als die anglikanischen Fräuleins, welche immerfort befürchten, einer der Besticher möchte ihr niedlich eingerichtetes Zimmer mit seinen Teppichen und Gardinen beschmutzen: solche katholische Schwestern, ja, die möchte man hier herzensgern haben. Und wären im Vicäriat hundert solcher Schwestern, so wäre dies bei weitem nicht hinreichend, die Leute möchten viel mehr haben. an schreibt uns auS Assuan, 6. März 1901: Der hiesigen österreichischen Missionsniederlassung wurde am Donnerstag, den 6. März, die Ehre zutheil, ein Mitglied des kaiserlichen Hauses hier in Assuan zu sehen. Ihre Durchlaucht, k. u. k. Hoheit Fürstin Elisabeth zu Windischgrütz, geb. Erzherzogin von Oesterreich, weilte mit ihrem Gemahl, Otto Fürsten zu Windischgrütz, seit Mitte Februar in Aegypten. Sonntag, den 2. März kamen die hohen Gäste nach Dahabieh in Assuan an. Donnerstag, den 6. März, halb 11 Uhr erschienen Hochdieselben bei der Mission, um eine hl. Messe zu hören, die P. Münch, S. d. h. H., zelebrierte; derselbe Missionär empfieng auch in Abwesenheit bt§ Obern, der am 3. März nach Kairo reiste, die hohen Herrschaften. Am Schlüsse dankte er Ihrer k. k. Hoheit auch im Namen des Missionshauses M ü h l a n d für die im Stern ausgewiesene Spende. Iu unseren Vilöern. Zu dem Bilde ftrOKOdif (S. 103) siehe die I „Missionsfahrten auf dem weißen Nil" in Nr. 3, j in dieser und folgender Nummer. mosch« Kait-Bey. (S. 121.) Diese Moschee ist zwar keine der größten, aber sicher die schönste Grabmoschee bei den sogenannten Chalifen-Gräbern Kiav-rtS und eines der amnuthigsten Werke arabischer Baukunst. Der Jnnenraum, den unser Bild darstellt, fällt auf durch seine reizenden Fenster, die geschmack- vollen Mosaiken an Kibla und Mambar und die bemalte und vergoldete kassetierte Decke. Rechts von hier ist daS Mausoleum. Zu den Seiten des Sarkophages sind zwei Granitblöcke, der eine blau, der andere rot; auf jenem ein Abdruck der beiden Füße des Propheten, auf diesem der Eindruck nur eines Fußes; beide Würfel, die in kunstvollen Behältern verschlossen sind, soll Kait-Bey von Mekka gebracht haben. Für die Schriftleitung: P. XnUcr Geyer F. 8. C. — Druck von A. Weger'S fb. Hofbuchdruckerei, Brixen.